Die Kindheit eines Wolfs von Kazumi (Hogwarts 1971 - 1978) ================================================================================ Kapitel 11: 1.XI.Schwarz wie die Nacht -------------------------------------- ~~~~~ 1.Akt: Kapitel XI: Schwarz wie die Nacht ~~~~~ Es war noch früh am Tage. Der Morgen begann langsam zu grauen. Im Schloss herrschte noch vollkommene Stille. Auch auf den Ländereien war alles ruhig. Nicht die geringste Regung war auszumachen. Remus lag in seinem Bett und seufzte lautlos. Seit er vor gut einer Stunde aufgewacht war, hatte es nicht aufhören wollen zu regnen. Wieso war Mutter Natur nur so ungerecht zu ihm? Wieso schenkte sie ihm nicht einmal heute ein kleines Lächeln? Ein wenig Sonnenschein? Es war doch wirklich nicht zu viel verlangt. Oder doch? Vielleicht war er ja zu unbedeutend, als dass sie ihm diesen einen Wunsch gewährte. Vielleicht hatte Malfoy ja recht. Vielleicht waren einige Menschen wirklich besser als andere. Was wäre, wenn der blonde Schönling sich gutes Wetter gewünscht hätte? Hätte er es bekommen? Nur weil er angeblich besser war? "Was denkst du da, Remus?", murmelte er leise, während er sich auf die Seite drehte. ,So etwas ist doch vollkommener Unsinn', mahnte er sich selbst. ,Was hab ich schon großartig erwartet? Die letzten Tage hat es wie aus Eimern gegossen. Wieso sollte sich da ausgerechnet heute etwas dran ändern?' Wieder seufzte er. Was machte er sich nur für dumme Gedanken über das Wetter? Wenn es regnete, dann regnete es eben. Vielleicht würde es ja später aufhören und wenn nicht, dann war das auch nicht der Weltuntergang. Er musste den Tag möglichst positiv sehen. Heute war immerhin sein Geburtstag. Heute sollte es eigentlich keinen Anlass geben, der seine Laune trübte. Vor allem nicht Lucius. Wieso ließ sich der Erstklässler nur so stark von den Worten des Slytherins beeinflussen? Einige Menschen waren besser als andere? Reinblüter besser als Halbblüter oder Muggelstämmige? Das war doch ausgemachter Schwachsinn. Vollkommene Idiotie. Niemand war besser oder schlechter. Und kein Mensch hatte das Recht über einen seiner Zeitgenossen zu urteilen. Vor allem niemand, der so anmaßend, egoistisch und ichbezogen war, wie der Sprössling der Familie Malfoy. Wieder stahl sich ein nahezu geräuschloses Seufzen über die Lippen des Brünetten. Jetzt war er es, der über andere urteilte. Das war nicht gut. Egal wie schlimm eine Person auch sein mochte, so musste man möglichst objektiv bleiben. Wenn er weiter in diese Richtung nachdachte, dann würde er seinen Hass gegen den Platinblonden nur schüren und schlussendlich nicht besser sein, als dieser. Er wollte sich keineswegs auf dessen Niveau hinab begeben. Sein Blick wanderte zur nahen Uhr. Es war kurz nach Acht. Eigentlich war es langsam an der Zeit aufzustehen, doch verspürte er keineswegs die Ambition dazu. Im Gryffindorturm herrschte eine klirrende Kälte, die er sogar noch unter seiner dicken Daunendecke fühlte. Sie schien sich durch die Federn zu ihm hindurchzutasten. Es war wie eine kalte Hand, die langsam über seinen Körper strich und ihm nach und nach eine Gänsehaut bescherte. Er zitterte am ganzen Leib, und um der Kühle ein wenig entgegen zu wirken, rollte er sich wie ein Embryo zusammen. Zwar brachte es nicht viel, doch etwas mehr Wärme konnte er sich so doch sichern. Wenig später hörte der junge Lupin eine Decke rascheln. Er öffnete seine Augen und lugte ein wenig unter der Decke hervor, auf der Suche nach dem Übeltäter. Sirius saß in seinem Bett und streckte sich, wobei er lauthals gähnte und seine Knochen kaum wahrnehmbar knackten. Er sah sich verschlafen im Raum um und musste feststellen, dass die anderen noch schliefen. Doch als er Remus sah, lächelte er und murmelte ein stummes ,Guten Morgen.' Remus wunderte sich, dass der Schwarzschopf mitbekommen hatte, dass er wach war. Immerhin war er kaum zu sehen und hatte auch keine verräterischen Bewegungen gemacht. Gedanklich zuckte er mit den Schultern. Sirius musste es einfach erahnt haben. Er zog seine Decke wieder über den Kopf und versuchte noch ein paar Minuten zu ergattern, in denen er sich nicht der Kälte stellen musste. Er hörte, wie nackte Füße über Stein liefen und erschauderte. Wie konnte Sirius das nur? Ein eisiger Schauer lief ihm über den Rücken. Remus fror jetzt schon und der Nachwuchs der Blacks tapste ohne Schuhe durch das Zimmer. Der Braunschopf hörte Wasser rauschen. Anscheinend war Sirius unter der Dusche. ,Ob er auch noch kalt duscht?', grübelte er und schüttelte leicht den Kopf. ,Wie hält er das aus?' Er rollte sich unter seiner Decke enger zusammen. Sein Zittern wurde langsam schwächer und er selbst spürte, wie sich allmählich sein Blut erwärmte. Wieder seufzte er. Was hätte er nur dafür gegeben, wenn der Sommer noch einige Zeit lang angehalten hätte? Der Herbst sagte ihm schon nicht allzu sehr zu und der Winter erst recht nicht. Das Übergangswetter war schrecklich, aber nichts im Vergleich zu den dicken Schneedecken, die in wenigen Wochen über Hogwarts und dessen Umgebung liegen würden. Sicher. Er hatte nichts gegen den Schnee. Im Gegenteil. Er liebte das strahlende Eisblau, das wie Silber wirkte. Er liebte es draußen herumzutoben, einen Schneemann zu bauen, Schlitten zu fahren oder an einer Schneeballschlacht teilzunehmen. Er war nun mal ein typisches Kind und liebte diesen Zauber einfach. Er liebte es vollkommen kraftlos in die warme Stube zurück zu kommen und bei einer heißen Tasse Schokolade vor dem Kamin zu sitzen und sich zu wärmen und dabei ein gutes Buch zu lesen, Musik zu hören, seinen Eltern bei irgendetwas zuzusehen oder eine Partie Zauberschach zu spielen. Das Einzige, was er am Winter hasste, war diese klirrende, unnachgiebige Kälte. Die Tür ging und wieder ertönten Schritte. Doch diesmal trug Sirius Schuhe. Er musste sich wohl gleich im Bad angezogen haben. Remus lauschte angestrengt und versuchte auszumachen, wo sich der Schwarzhaarige ungefähr befand, doch plötzlich verstummten die Schritte und er hörte nur noch das Schnarchen Peters und das leise Prasseln der Regentropfen gegen das Fensterglas. Er wollte gerade nachsehen, als ihm vollkommen unerwartet die Decke weggezogen wurde. Er schrie auf, als der Morgen und somit die Kälte an ihm zerrte. "Sirius!", fauchte er und bedachte den Schwarzhaarigen mit bösen Blicken, als er sich - die Arme um seinen Leib geschlungen - aufgesetzt hatte. "Gib mir sofort meine Decke wieder!" Der Ältere grinste ihn nur belustigt an, während er die Decke zusammengeknüllt in Händen hielt. "Hol sie dir doch, wenn du sie unbedingt willst." "Hör auf mit mir zu spielen. Mir ist verdammt kalt, also her damit!" Der junge Black machte noch immer keine Anstalten der Bitte Folge zu leisten. Sein Grinsen wurde immer breiter. Schalk glitzerte in seinen Augen. "Jetzt steh endlich auf", meinte er schließlich gelassen. "Ich will frühstücken." "Dann geh mit James oder sonst wem. Ich will noch nicht aufstehen. Meine Intention geht gegen Null. Ebenso wie meine Ambition." "Aber die anderen schlafen doch noch", gab der Schwarzhaarige nun etwas kleinlaut und schmollend von sich. Er klang in den Ohren des Braunschopfes wie ein verzogenes Kleinkind, dass darauf bestand seinen Willen durchzusetzen, es jedoch nicht so ganz klappen wollte. Braune Augen funkelten ihn zornig an. "Jetzt gib mir endlich meine Decke. Es ist mir egal, ob du allein essen gehst oder mit irgendjemand anderem. Aber lass mich einfach in Ruhe. Ich will noch nicht aufstehen." Seine Stimme klang inzwischen schon nicht mehr wütend. Im Gegenteil. Er hatte bereits resigniert. Im Moment klang es so, als würde ein Erwachsener einem unbelehrbarem Kind versuchen einen Sachverhalt so glaubhaft darzulegen, dass das nervtötende Balg - Remus fand diese Worte in seiner jetzigen Lage in Bezug auf Sirius nur für allzu angebracht - nicht anders konnte, als zu begreifen und sich geschlagen zu geben. Doch nicht so Sirius. Dieser hatte seinen Mund bereits zur Antwort geöffnet, als ihm jemand zuvorkam. "Ich muss dir widersprechen, Sirius. Ich glaube jetzt sind wir wach." Der Angesprochene wandte sich in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war. James saß in seinem Bett und streckte sich leicht, dann grinste er. "Remus' Aufschrei war immerhin nicht zu überhören." Peter und Davy waren ebenfalls wach und saßen in ihren Betten, schienen jedoch nicht daran zu denken aufzustehen. Peter zitterte wie Espenlaub. Er schlang seine Bettdecke um sich. Davy sah noch recht verschlafen aus. "Heißt das, dass wir jetzt endlich frühstücken gehen können?", fragte Sirius hoffnungsvoll. "Wenn du mir nicht sofort meine Decke wieder zurückgibst, dann wirst du nicht mehr in den Genuss eines Frühstücks kommen", knurrte Remus. Gegen halb Neun fanden sich die Gryffindors in der Großen Halle ein. Es herrschte bereits reger Betrieb. Sie schienen zu den Letzten zu gehören, die an diesem Morgen den Saal betraten. Die einzigen Plätze, die sie noch ergattern konnten, waren am anderen Ende des Tisches, wo sie sich schlussendlich auch niederließen. Sirius begann unverzüglich alles, was sich in seiner Reichweite befand, zu verschlingen. James war froh, dass er aus Fleisch und Blut war und so dem gierigen Schlund seines Freundes entging. Remus ging alles etwas langsamer an. Er war noch immer leicht verstimmt und mied Sirius' Blick. "Mensch, Remi. Das war doch nicht so gemeint", sagte dieser. Seine Stimme hatte einen etwas flehenden, bittenden Unterton. Er sah seinen Gegenüber mit großen Augen an. Wäre er ein Hund gewesen, hätte Remus fast schon meinen können, ein Winseln gehört zu haben. "Verstehst du denn keinen Spaß?", fragte er verzweifelt. "Nicht am frühen Morgen", kam es knapp als Antwort zurück. "Man, Remi. Du bist fies. Bitte. Sei nicht mehr sauer. Es tut mir ja leid. Ehrlich." "Klar." Der Spross der Lupins nahm einen Schluck von seinem heißen Tee. Es tat gut. Eine wohlige Wärme durchströmte seinen Körper. Er seufzte zufrieden. "Remuuuuus!" Sirius zog das U in die Länge und entstellte somit den Namen. Es klang einfach grauenhaft. "Was?!", fuhr ihn der Kleinere an und schien ihn regelrecht mit seinen Blicken aufzuspießen. "Sei wieder lieb", murmelte Sirius. "Bitte..." Nun erweckte er wirklich den Anschein eines Hundes. Man konnte fast wirklich sehen, wie er die Ohren hängen ließ und seinen Schwanz einzog. "Wenn du dann endlich aufhörst mir die Ohren voll zu jammern", meinte Remus und nippte an seinem Tee. Sirius nickte leicht. "Versprochen. Ich hör damit auf. Ganz bestimmt." Wieder seufzte Remus. "Schön. Dir sei vergeben." Sirius jauchzte fröhlich auf. Remus stützte seinen Kopf in eine Hand und beobachtete den Schwarzhaarigen. Wie konnte man nur solche Gefühlsschwankungen haben? Einfach unverständlich. Er nahm einen weiteren Schluck von seinem Tee. Na wenigstens eine Person freute sich an diesem Tag. Sein Blick wanderte hinauf zur verzauberten Decke. Zwar war es inzwischen heller geworden, doch der Himmel war noch immer wolkenverhangen. Es regnete in Strömen und wollte einfach nicht aufhören. In diesem Moment schien sich das Rauschen zu verstärken. Doch Remus täuschte sich. Es war nicht der Regen, der zunahm. Durch die hohen Fenster flogen unzählige Eulen und Käuze in die Halle herein. Sie führten Zeitungen, Pakete, Briefe und unzählige andere Dinge mit sich. Sein Herz begann schneller zu schlagen. Ob es Cassandra noch rechtzeitig geschafft hatte? Ob er jetzt ein Paket bekommen würde? Oder doch erst später? Er wurde nervös und rutscht unruhig auf seinem Platz hin und her. "Was hast du?", fragte James, der den Jüngeren interessiert musterte. "Wie?" Remus senkte seinen Blick und starrte James verwirrt an. Er schüttelte den Kopf. "Es... Ach, nichts weiter", stammelte er und sah wieder nach oben. In diesem Moment hellte sich sein Gesicht auf, als er zwei Eulen, die ein Paket transportierten, auf sich zufliegen sah. Er stand auf und hob gerade noch rechtzeitig die Arme, um die Sendung aufzufangen, bevor diese auf dem Tisch landen konnte und das Geschirr laut scheppernd zerbarst. "Wer schickt dir denn so ein großes Paket?", fragte Sirius, während er und Peter vor Remus auf dem Tisch Platz schufen, wobei der Schwarzhaarige immer wieder aufpassen musste, dass seine Ärmel nicht in der Butter landeten. "Von meinen Eltern", meinte Remus und stellte sein dezent verpacktes Geschenk auf dem Tisch ab. Die zwei Eulen kreisten noch über dem Haustisch der Gryffindors. Remus hob einen Arm und kurz darauf ließen sich die Tiere auf eben diesem nieder. Der Brünette lächelte und streichelte die Vögel sanft. "Das habt ihr gut gemacht, Cassandra, Xander." "Xander?" James musterte den Uhu interessiert. Es war ein riesiges, prachtvolles Tier. Sein Gefieder war ebenfalls braun, wie das Cassandras. Allerdings hatte es einen leicht rötlichen Schimmer. Seine Augen waren gelblich bis braun. Remus lächelte. "Er heißt Alexander. Er gehört meinem Vater." Plötzlich kniff ihn der Uhu leicht in den Finger und hob kurz darauf sein Bein. Ab diesem befand sich ein Brief, den Remus noch gar nicht gesehen hatte. Der junge Lupin band das Schreiben mit der freien Hand ab und legte den Umschlag vor sich auf den Tisch. Er kraulte die beiden Tiere nochmals und lächelte erneut. "Ich danke euch. Cassandra, du warst wirklich schnell." Die Eule gurrte leise. "Xander, bevor du zurückfliegst, kannst du dich oben in der Eulerei ausruhen. Du kennst den Weg sicher noch. Grüß Mum und Dad bitte." Auch der Uhu gurrte zutraulich. Die beiden Tiere knabberten nochmals zutraulich an ein paar Haarsträhnen Remus', bevor sie die Halle wieder durch die Oberfenster verließen. Der junge Lupin sah ihnen noch einen kurzen Augenblick hinterher, doch dann senkte er seinen Blick und wandte sich dem Paket und dem Brief zu. "Was ist denn da drin?", fragte Peter, der das quadratische Paket musterte. Der Brünette hob die Schultern. "Ich weiß es selbst nicht." "Ein Geschenk?", fragte James. Wieder antwortete Remus nur mit einem leichten Schulterzucken. "Mach es doch auf. Dann wissen wir, was es ist", schlug Sirius vor und wollte schon fast zur Tat schreiten, doch der Jüngere zog ihm das Geschenk noch rechtzeitig aus den Händen. "So nicht, Mr. Black. Das gehört nicht Ihnen", gab Remus mit einem Grinsen zurück. Der Schwarzhaarige grummelte und ließ sich wieder auf die Bank fallen. "Dann mach du es eben auf." "Nicht so voreilig. Darf ich erstmal den Brief lesen?" Das Geburtstagskind nahm den Umschlag und öffnete ihn. Es kam ein Pergamentstück zum Vorschein, welches er entfaltete und glättete. Er überflog die Zeilen. Lieber Remus, Ich hoffe es geht dir gut. Hast du den Vollmond gut überstanden? Deine Mutter war mal wieder in Sorge, aber allmählich sollte sie sich doch im Klaren darüber sein, dass du kein kleines Kind mehr bist. Remus schmunzelte, als er diesen Satz las. Sein Vater hatte ihn schon immer wie einen vollwertigen Erwachsenen behandelt und ihn ernst genommen. Seine Mutter hingegen machte sich immer und immer wieder Sorgen um ihn. Es war fast so, als glaubte sie, dass er viel zu zerbrechlich für diese Welt war. Dabei konnte man dies eher von ihr behaupten. Remus fühlte sich jedenfalls nicht sehr hilflos. Manchmal konnte er zum Tier werden - vor allen in den Vollmondnächten. Er las weiter. Cassandra ist gerade noch rechtzeitig gekommen. Eigentlich wollten wir Alexander gerade losschicken. Wir haben improvisiert und noch zwei Lagen normales Papier darüber geklebt. Pack dein Geschenk also lieber erst später aus. Wir hoffen natürlich, dass es dir gefällt. Wir waren uns nicht ganz sicher, ob wir deinen Geschmack getroffen haben. Geschmack getroffen? Er runzelte die Stirn. Was sollte das denn heißen? Hatten sie ihm vielleicht ein paar Anziehsachen geschenkt? Oder hatten sie ihm einen Kuchen oder etwas Ähnliches mitgeschickt? Immerhin war das Paket etwas zu groß, als dass es nur Kleidungsstücke enthielt. Zudem hätten diese wohl kaum in einen festen Karton verstaut werden müssen. "Was steht denn nun drin?", fragte ihn Sirius ein wenig ungeduldig. "Ich bin noch nicht durch", meinte Remus knapp und widmete sich wieder dem Schriftstück. Es hat eine geraume Zeit gedauert, bis wir etwas passendes gefunden haben. Wenn dir das Geschenk nicht gefällt, dann kannst du es ruhig sagen. Remus lächelte. Als ob er das konnte. So unhöflich war er nicht. Sein Eltern schienen sich wie immer sehr um ihn bemüht zu haben. So undankbar konnte er nicht sein. Auch wenn sich das Geschenk als ein Alptraum entpuppen sollte, würde er sich - gezwungenermaßen - darüber freuen. Hoffentlich wird dein Geburtstag schön. Die Handschrift hatte mit dieser Zeile gewechselt. Nun war es seine Mutter, die im Brief fortfuhr. Das hiesige Wetter ist nicht das Beste, allerdings regnet es nicht. Ich hoffe, dass dies bei dir auch der Fall ist. Es wäre wirklich zu schade, wenn dein Geburtstag düster und grau ist. Heute ist ja auch Halloween. Verkleidet ihr euch? Ich würde dich zu gern in deinem Kostüm sehen. Aber benimm dich bitte, ja? Remus lächelte. Ja, so war seine Mutter. Immer wieder mahnte sie ihn sich höflich und zivilisiert zu geben. Und auch in diesen wenigen Zeilen konnte man ihre Sorge um ihren Sohn regelrecht spüren. Ihre Hand hatte ein wenig gezittert. Ob es ihr gut ging? Machte sie sich vielleicht wirklich zu viele Gedanken um ihn? Remus hoffte es nicht. Zwar war es ein schönes Gefühl nicht in Vergessenheit zu geraten und sicher zu sein, dass jemand an einen dachte, doch wollte er nicht, dass seine Mutter regelrecht von ihm besessen war und so zu nichts anderem mehr in der Lage war. Auf Dauer war dies schlecht für ihre Gesundheit. Er nahm sich vor ihr nochmals einen Brief zu schreiben, in dem er sie ein wenig beruhigen würde und sie darum bat sich nicht mehr allzu viele Gedanken oder zumindest Sorgen zu machen. Immerhin konnte er sich wirklich nicht beklagen. Er hatte nicht mehr Probleme, als andere Zauberer in seinem Alter auch. Ich hoffe, dass du dich mit den anderen noch immer gut verstehst. Wieso sollte er nicht? Es würde mich freuen, wenn du mit ihnen feiern würdest. Es tut dir nicht gut, wenn du dich nicht einmal ein wenig entspannst. Ich verstehe nicht, was daran so schlimm ist, wenn die anderen wissen, dass du heute Geburtstag hast. James und Sirius sind meiner Meinung nach sehr nette Jungs. Was hast du vor ihnen zu befürchten? Remus las die Zeilen noch einmal ungläubig. Seine Mutter riet ihm tatsächlich etwas auszuspannen? Seine Mutter? Seine Mutter, die immer wieder darauf bestand, dass er sein Bestes gab, um möglichst weit zu kommen? Er war wirklich erstaunt. Damit hatte er nicht gerechnet. Aber vor allem nicht damit, dass sie gegen seine Entscheidung war. Das war nur sehr selten der Fall. Insbesondere verstand er es nicht, da er ihnen doch im Brief erklärt hatte, wieso er nicht besonders versessen darauf war, dass die anderem von seinem Ehrentag erfuhren. Er schüttelte den Kopf und seufzte leise, bevor er weiter las. Ich hoffe, dass du ein angenehmes Halloween verbringst und würde mich freuen, wenn du uns bald zurück schreibst. Hat Professor Dumbledore euch schon etwas über dem Weihnachtsball gesagt? Freust du dich schon darauf? Ich habe ihn immer geliebt. Es ist einer der besten Wege um ein Mädchen kennen zu lernen. Hast du vielleicht schon jemanden ins Auge gefasst? Es verschlug ihm regelrecht die Sprache. Solche Worte von seiner Mutter? Wie lang war er nicht mehr zuhause gewesen? Zehn Jahre? Hatte sie sich doch so sehr verändert? Er schüttelte den Kopf und lächelte. Wie war das damals mit seinen Eltern gewesen? Hatten sich die beiden nicht auf einem der Weihnachtsbälle Hogwarts' kennen und lieben gelernt? In der Tat eine sehr romantische Angelegenheit, doch er selbst würde wohl kaum in den Genuss kommen, mit dem Mädchen seiner Wahl zu tanzen. Immerhin gab es dieses Mädchen nicht. Noch nicht. Eine kleine Stimme in seinem Inneren stemmte sich jedoch gegen diese Gedanken. Oder gab es sie vielleicht doch? Es würde mich für dich freuen. Cassandra wird unruhig. Sie scheint wieder zu dir zu wollen. Das heißt dann wohl, dass ich den Brief beenden muss. Schade, ich würde gern noch mehr schreiben. Papa und ich wünschen dir alles gute zum Geburtstag und viel Spaß beim Halloween-Essen. Lass die Finger von den schwarzen Gelee-Spinnen. Sie sind nicht besonders gut für deine Gesundheit. Pass bitte gut auf dich auf. Mum und Dad Remus lächelte und faltete den Brief zusammen, bevor er ihn wieder in den Umschlag steckte. "Und?", fragte Sirius noch ungehaltener als zuvor. "Was ist drin?" "Ich weiß es nicht. Haben sie nicht geschrieben." Sirius machte ein gequältes Gesicht. "Und wieso ließ du dann so lang?" "Weil der Brief ein wenig länger war?", entgegnete er. "Das ist mir schon klar", grummelte der Schwarzhaarige. "Und wieso fragst du dann, wenn du die Antwort schon vorher kennst?" Sirius sah Remus an und schien mit sich zu ringen, ihm etwas zu entgegnen oder es einfach dabei bewenden zu lassen. Er seufzte. "Na schön. Dann mach das Paket doch wenigstens auf. Ich will wissen was drin ist." Remus lächelte und stand auf. Der Schwarzhaarige sah ihn stirnrunzelnd an. Der Jüngere hob das Paket vom Tisch. "Ich glaube ich pack es später aus." Breit grinsend ließ er die anderen vier Gryffindors zurück. Sirius sah ihm ungläubig hinterher. Er wandte seinen Blick an James, deutete dabei jedoch auf den Braunschopf. "Das hat er jetzt nicht wirklich gemacht, oder?" "Was hat er nicht gemacht?" James grinste breit. "Dich nach Strich und Faden an der Nase herum geführt? Die zappeln lassen? Oder dich im Regen stehen lassen? Such dir was aus." Remus saß in einem der weichen Ledersessel und war über den Tisch gebeugt. Er kritzelte auf einem Blatt herum und seufzte. "Das klappt doch nie." Er sank zurück und fuhr sich durch das wirre Haar, während er auf den Zettel in seiner Hand sah. " ,Ganz einfach Remus. Das kriegen wir schon hin', sagt er, aber vorher ausprobieren tut er es natürlich nicht." Er seufzte. Wieso hatte er sich nur auf Sirius' Bitte eingelassen? Am Anfang hieß es, dass sie sich gemeinsam Kostüme ausdachten, mit denen sie Eindruck schinden wollten. Remus hatte zunächst heftig dagegen protestiert, wollte er nicht Gefahr laufen sich wegen Sirius' Geltungsdrang zum Narren zu machen. Mit einiger Überredungskunst, hatte ihm der Schwarzhaarige dann doch sein Einverständnis abgerungen. Hätte er gewusst, dass es nicht nur bei handwerklicher Arbeit blieb, sondern sie sich auch der Zauberei bedienen würden - wobei viel schief gehen konnte, vor allen wenn man ungeübt war - hätte er in keinster Weise zugestimmt. Remus nahm das Buch zur Hand, in dem er gelesen hatte und fügten seinen Notizen noch eine kleine Ergänzung hinzu. In diesem Moment schwang das Porträt am Eingang des Gryffindorturmes zur Seite und gab zwei Schülerinnen den Weg frei. "Und du willst dich wirklich nicht verkleiden?", fragte eine ihm unbekannte Mädchenstimme. "Nein", kam es kurz zur Antwort. Der junge Lupin zuckte unmerklich im Sessel zusammen, als er den Besitzer der Stimme erkannte. Er ließ sich tiefer in das Leder sinken und hob das Buch vor sein Gesicht, sodass er nicht mehr zu sehen war. Verstohlen blickte er über den Buchrand. "Wieso denn nicht, Lily?", fragte das blonde Mädchen. "Das ist mir zu kindisch. Sich verkleiden - das machen nur kleine Kinder." Ihre Begleiterin schmollte. "Aber es macht Spaß." Die Rothaarige lächelte sanft. "Klar macht es Spaß, aber ich mag es nun mal nicht." Sie liefen durch den Raum und ließen sich unweit von Remus in zwei andere rote Ledersessel sinken. Sie beachteten den jungen Gryffindor gar nicht. "Was meinst du, ob sich die Jungs verkleiden?", meinte die Blonde. "Ein paar sicher, wieso?" "Naja, ich frage mich, ob sich Sirius und James verkleiden." Lily verzog das Gesicht ein klein wenig "Könnten wir das Thema bitte wechseln?", fragte sie in einem schon fast herrischen Ton, der klar machte, dass sie keinen Widerspruch gelten lassen würde. "Man Lily, wieso bist du dann so schlecht auf die beiden zu sprechen?" Der Spross der Evans' antwortete nicht. Die andere Gryffindor seufzte und schüttelte leicht den Kopf. "Jetzt bist du kindisch, meine Liebe. Eigentlich haben dir die beiden nichts getan. Also solltest du auch nicht so ungerecht beziehungsweise unhöflich sein und sie gar nicht anreden. Und wenn, dann solltest du sie nicht immer gleich mit einem Blick ansehen, der töten könnte." "Das ist ganz allein meine Sache", meinte Lily patzig und nun war sie es, die sich verteidigte. Die Blonde seufzte erneut. "Entschuldige, so war das auch wieder nicht gemeint." Sie lächelte. "Ich hab nur überlegt, ob die beiden auf albern, cool oder widerwärtig machen." Lily grinste. "Bei letzterem müssten sie sich ja noch nicht einmal verkleiden." Für diese spöttische Bemerkung erhielt sie einen eisigen drohenden Blick. Doch dieser hielt die Rothaarige nicht davon ab, noch breiter zu grinsen. "Ich halte bei den beiden alles für möglich", lautete schließlich ihre Antwort. "Und Remus?" Der Genannte zuckte wieder zusammen. Er schielte erneut über den Buchrand, aber nur kurz, damit die beiden nicht bemerkten, dass er der angebliche Leser war. Sein Herz schlug bis zum Hals, als er darauf wartete, was Lily sagen würde. Hatte sie noch immer eine so schlechte Meinung von ihm? Oder spielte sie ihm diese nur vor? Ihre Augen sprachen bereits Bände. Bei der bloßen Erwähnung seines Namens, war sie verstummt und mit einem Mal herrschte im Raum eine eisige Stimmung. "Willst du mich heute bewusst reizen?", fragte sie grimmig. "Hab ich dir irgendwas getan?" Die Blonde schüttelte den Kopf. "Ach komm. Du kannst doch nicht auch noch sauer auf ihn sein. Langsam denke ich, dass du keine Jungs leiden kannst." Lily lächelte hämisch. "Nicht solche." Es war für Remus wie ein tiefer Schlag in den Magen. Er zuckte leicht zusammen und sank weiter in den Sessel. Der Tonfall, in dem Lily gesprochen hatte, zeigte, dass sie ihm keineswegs verziehen hatte und noch mindestens genauso sauer auf ihn war, wie vor wenigen Wochen. Normalerweise wäre der Junge bei der nächsten Bemerkung der Blonden rot geworden, doch er nahm sie gar nicht richtig war. "Aber Remus ist doch niedlich. Ich könnte ihn mir gut als kleinen Engel vorstellen." Sie kicherte. "Wohl eher als Wolf im Schafspelz." Die junge Evans erhob sich und verschwand in Richtung Mädchenschlafsäle. "Lily, jetzt warte doch", rief die Blonde und lief ihr hinterher. Der Braunschopf ließ das Buch sinken und seufzte gequält. "Womit hab ich das verdient, Lily? Wieso bist du so sauer auf mich?" Er schloss die Augen und horchte in sich hinein. Sein Kopf war leer und außer einem kleinen nagenden Gefühl an seinem Herzen, spürte er überhaupt nichts. Wenig später fanden sich auch James, Peter und Sirius im Gemeinschaftsraum ein. Remus saß noch immer mit geschlossenen Augen im Ledersessel und dachte einfach an gar nichts. Er sah auf, als die drei den Gang, der vom Porträtloch zum Gemeinschaftsraum führte, durchquerten und wenige Schritte hinter ihm stehen blieben. "Und?", fragte der junge Black. "Was hast du geschenkt bekommen?" Remus zuckte nur leicht mit den Schultern und lächelte ihn entschuldigend an. "Ich hab noch nicht nachgesehen." "Magst du keine Geschenke oder hast du Angst eine böse Überraschung zu erleben?" Der Brünette grinste leicht und zuckte wieder leicht. "Vielleicht ein wenig." Sirius runzelte die Stirn und wollte etwas erwidern, als James das Wort ergriff. "Was ist mit den Sprüchen?" Remus griff auf den Tisch und nahm den kleinen Zettel, auf den er vor kurzem gekritzelt hatte, zur Hand und wedelte James damit vor der Nase herum. "Alles fertig. Aber ich weiß nicht, ob ich da mitmache. Das Ganze ist nicht sehr einfach. Und wenn etwas schief geht-" "-dann haben wir alle etwas zu lachen", beendete Sirius Remus' Satz. Der Braunhaarige funkelte ihn sauer an. "Ja, auf meine Kosten." Der Nachwuchs der Blacks zuckte mit den Schultern. "Auf meine und James' auch." "Ihr habt die Sprüche ja wenigstens schon mal ausprobiert. Aber-" "Das klappt schon, Remi. Glaub mir. Das wird großartig. Die anderen werden Augen machen." "Klar." Remus wirkte nicht sehr überzeugt und auch nicht begeistert. Er seufzte resignierend. Es hatte keinen Sinn sich mit dem Schwarzhaarigen zu streiten, da dieser so oder so seinen Kopf durchsetzen würde. Das war ihm klar. Sirius war nun einmal von Geburt an ein Dickschädel und das wusste dieser auch, dann als Remus den Laut des Unwillens ausstieß, begann er über das gesamte Gesicht zu grinsen. Es war acht Uhr abends. Vor einer knappen halben Stunde hatte das Halloweenfest begonnen. Schüler und Lehrer befanden sich in der Großen Halle. Dumbledore hatte sich nicht lang mit großen Worten aufgehalten, hatte er seinen Zöglingen angesehen, dass sie vor Hunger fast umkamen. Die Stimmung war recht ausgelassen, selbst am Tisch der Slytherins. Severus lauschte Lucius' angeberischen Reden. Oder zumindest tat er so. Schon seit geraumer Zeit hatte er das Interesse an diesem Geschwafel verloren. Er hatte seinen Kopf in eine seiner Hände gestützt und strich sich gerade eine seiner schmierigen Haarsträhnen aus dem Gesicht, während sein Blick unstet durch den Saal wanderte. Einige Schüler hatten sich verkleidet. Bei manchen Kostümen wusste er nicht, ob er eher lachen oder weinen sollte. Ursprünglich waren sie sicher dazu gedacht im Dunkeln Angst einzuflößen, doch schlussendlich waren sie einfach nur lachhaft. An seinem eigenen Haustisch hatte sich niemand verkleidet. ,Ein Slytherin würde sich niemals so tief sinken lassen', hatte die älteste der Blackschwestern vernehmen lassen. Am Tisch der Ravenclaws hatten sich nur eine Hand voll Schüler verkleidet. Ihre Kostümierungen waren noch am erträglichsten, doch die der Hufflepuffs und der Gryffindors - bei diesen Häusern gab es kaum Schüler, die sich nicht verkleidet hatten - waren einfach grotesk. Erbärmlich. Ja, das waren sie. Erbärmlich. Sein Blick glitt am Haustisch der Gryffindors entlang. Er suchte nach ein paar Erstklässler, runzelte jedoch irritiert die Stirn, als er sie nicht ausfindig machen konnte. ,Wo stecken sie nur?' Er hätte zu gern gewusst, als was sie die beiden Clowns Black und Potter verkleidet hatten, waren diese zu allem fähig. Geistig zuckte er die Schultern. Sie fehlten. Das machte nichts. Es konnte ihm egal sein. Plötzlich ertönten die gellenden Schreie mindestens zweier Mädchen. Im Saal wurde es mucksmäuschenstill und alle wandten ihre Köpfe fragend den geöffneten Flügeltüren zu. Die vier jungen Gryffindors gingen die steinerne Marmortreppe hinunter. "Und wie hast du dir das genau vorgestellt?", fragte Remus. James zuckte mit den Schultern und grinste. "Es muss irgendwie cool rüberkommen. Wir müssen einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Das ist alles." "Das ist alles", wiederholte Remus und seufzte. "Das sagst du so einfach. Ich weiß nicht, ob das wirklich klappt." "Keine Angst. Wir bekommen das schon irgendwie hin. Nicht so pessimistisch." Kaum hatte er dies ausgesprochen, blieb er abrupt stehen. Sirius wäre beinahe in ihn hineingerannt, konnte jedoch noch rechtzeitig stoppen. "Verdammt, James! Was soll das? Wieso bleibst du-" Der junge Potter brachte den Schwarzhaarigen mit einer Handbewegung zum Schweigen. "Was ist?" James deutete nach unten. Peter und die anderen beiden sahen an ihm vorbei. Unten am Treppenabsatz standen zwei Mädchen und unterhielten sich. Sie schienen noch nicht das Bestreben zu haben sich zu den anderen in die Große Halle zu gesellen. James grinste. "Denkt ihr das selbe, wie ich?" "Das ist doch nicht dein Ernst, oder?", fragte die Brünette in ungläubigem Ton. "Wenn ich es dir doch sage", erwiderte die Schwarzhaarige grinsend. "Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie blöd sich die Schnepfe angestellt hat. Ich konnte mich vor Lachen kaum noch halten. Aber naja, was willst du von einer Gryffindor anderes erwarten? Das sind doch alles nur ein Haufen Versager. Ich weiß nicht, wer schlimmer ist. Gryffindor oder Hufflepuff." Die zwei Slytherins lachten. "Das ist eine wirklich gute Frage", meinte die Braunhaarige und wollte noch etwas hinzufügen, verstummte jedoch augenblicklich. "Was hast du?" Die Dunkelhaarige sah ihre Freundin mit fragenden Augen an. "Hörst du das?", zischte ihre Gegenüber. Der Schwarzschopf lauschte. Ein metallenes Scheppern erfüllte die Eingangshalle. Die Mädchen sahen sich ein wenig verwirrt und auch verstört an. "Was ist das?", fragte die Schwarzhaarige. "Ich glaube, dass ich das gar ni- Da! Da oben!" Sie deutete die Marmortreppe hinaus. Die zweite Slytherin lies ihren Blick in diese Richtung schweifen und erstarrte zur Eissäule. Langsam schleppte sich ein Ritter in blecherner Rüstung, welche silbern glänzte, auf sie zu. Der Schimmer der Rüstung wurde jedoch durch mehrere schwarze Flecke und Streifen verdeckt. "Ist das Blut?", keuchte die Brünette und verzog ihr Gesicht angewidert. Wenige Schritte vor ihnen, blieb der Ritter stehen. Einige Zeit herrschte Stille. "Wir sollten lieber gehen. Das gefällt mir nicht", murmelte die Braunhaarige. "Ach quatsch!", gab die Schwarzschopf zurück. "Das ist nur Peeves, der uns einen Streich spielen will. - Stimmt doch Peeve, oder? Komm aus der alten Blechkonserve raus!" Sie ging ihm entgegen, wich jedoch mit einem erschrockenen Schrei zurück, als der Ritter noch einen Schritt machte und dabei sein Kopf ins wanken geriet. Der Helm fiel von den Schultern und dort, wo ein Kopf hätte zum Vorschein kommen müssen, herrschte gähnende Leere. Klangvoll polterte die Kopfbedeckung die letzten Stufen hinunter und blieb vor den Füßen der Mädchen liegen. Die beiden keuchten schwer. Angst stand in ihre Gesichter geschrieben. "Peeves! Das ist nicht witzig!", sagte die Dunkelhaarige, doch in ihrer Stimme schwang ein seltsamer Unterton mit. Sie wollte ihm drohen, doch da schrie ihre Freundin neben ihr auf. Sie wirbelte herum und erstarrte, als sie das sah, was ihre Freundin erschreckt hatte. Ganz in ihrer unmittelbaren Nähe standen drei weitere finstere Gestalten und bewegten sich langsam auf sie zu. "Das ist nicht Peeves", murmelte die Brünette. "Das... das..." Sie konnte es nicht beschreiben, doch das musste sie auch nicht, denn in diesem Moment fehlten ihr schlagartig die Worte. Der kopflose Ritter hatte sein blutbeflecktes Schwert gezogen und dieses hoch über seinen Kopf geschwungen. Die beiden Slytherins kreischten panisch und suchten ihr Heil in der Flucht. Gerade noch rechtzeitig, denn dort, wo sie gestanden hatten, sprühten Funken, als Stahl auf Stein traf. Noch immer lauthals aus voller Kehle schreiend, liefen sie in die große Halle, wo sich die anderen Schüler umgewandt hatten und sie verdutzt anstarrten. "Da... da sind...", keuchte die Brünette, konnte ihr Grauen aber nicht in Worte fassen. Es war totenstill. Alles wartete auf eine Erklärung ihrerseits, doch die Mädchen rannten lediglich zu ihrem Haustisch, als sie wieder das scheppernde Geräusch hörten. Zunächst wurden sie noch von verwunderten Blicken bedacht, doch dann richtete sich wieder aller Aufmerksamkeit auf die Flügeltüren. Das Poltern kam immer näher. Licht reflektierte, als die lebendig gewordene Rüstung mit staksigen Schritten den Saal betrat. Die meisten Schüler sogen synchron die Luft ein, sofern sie noch dazu in der Lage waren. Der Ritter trug den Kopf unter seinem linken Arm, sein Schwert befand sich wieder in der Scheide. Kurz vor den Haustischen blieb er stehen. Die vordersten Schüler drängten sich entweder so weit es ging nach hinten - von ihm weg - oder starrten ihn mit großen Augen an. Es herrschte erneut Totenstille. Die jungen Hexen und Zauberer waren zwischen Entsetzen und Erstaunen hin und her gerissen. Zumindest die meisten. Am Slytherin-Tisch hielten sich die Emotionen jedoch in Grenzen. Lucius verzog seine Lippen zu einem hämischen Grinsen. "Wer hat sich denn diesen makaberen Scherz ausgedacht? Das ist ja einfach lachhaft." Severus sah gebannt zu der Rüstung. Er konnte sich bereits denken, war hinter diesem Zauber steckte. Es gab immerhin nur vier Schüler, die sich noch nicht in der Großen Halle zum Essen eingefunden hatten. Einer der Hufflepuffs schrie bestürzt auf, als er grob am Kragen gepackt und in die Luft gerissen wurde. Die Umsitzenden kreischten und wichen noch weiter zurück. Der Junge baumelte hilflos in der Luft und trommelte mit seinen Händen gegen den Eisenhandschuh, in dessen Griff er sich befand, wobei er sich selbst weh tat, dem Ritter jedoch keinerlei Schaden zufügte. Der Würgegriff schnürte dem Schüler die Luft ab, wodurch seine Schreckensschreie erstickt wurden. Blankes Entsetzen und Panik zierten seine Miene, doch so schnell er von der Rüstung gepackt worden war, so schnell wurde er auch wieder fallen gelassen. Der kopflose Ritter ging mit lautem Scheppern zu Boden und blieb - wie auch der junge Hufflepuff - reglos liegen. Erneutes Gekreische folgte, als hinter dem Trümmerhaufen eine schwarze Gestalt wie aus dem Nichts aufgetaucht war. Das Wehen seiner Robe wurde durch den Luftzug bewirkt, der durch das Zerteilen der Luft, als die Sense durch eben diese glitten war, entstanden war. Der Kerzenschein brach sich an dem Metall der Waffe, welches in einem seltsamen Glanz erstrahlte. Es war kein gewöhnliches Metall, welches das Licht in Rottönen zurückgeworfen hätte. Der Stahl - oder was immer es war - schimmerte in einem seltsamen Blau. Das Gerät wurde von einer knöchernen, weißen Hand eines Skelettes gehalten. Die Gestalt richtete sich langsam auf. Unter der Kapuze des schwarzen Mantels konnte man einen nackten Totenschädel erahnen. Zwei rotglühende Augen funkelten die Schüler- und Lehrerschaft herausfordernd an. Das Gewand des Todes wehte noch immer, obwohl der Windhauch schon längst vergangen war. Die Schüler waren inzwischen noch hektischer zurückgewichen. Gut das erste vordere Drittel der Haustische war wie leergefegt. Mit gemächlichen Schritten ging das schwarze Unheil auf den Lehrertisch zu. Sein Gang war federnd. Er glitt jedoch viel mehr über den Boden, als das er wirklich ging. Erneutes angsterfülltes Keuchen drang an sein Ohr. Plötzlich hielt er mitten in der Bewegung inne. Langsam - fast wie in Zeitlupe - wandte er sich um. Der Kopflose hatte sich gänzlich lautlos erhoben. Wie es schien hatte Gevatter Tod seine Arbeit noch immer nicht richtig getan, doch dies sollte ihn nicht weiter kümmern. Der Ritter schlug um sich, flatterte ein kleines Getier um ihn herum. Der Kopf des blechernen Hünen gab ein grimmiges Grunzen von sich. Er zog sein Schwert und attackierte das Tier, schlug jedoch lediglich ins Leere. Das Tier stieß immer wieder herab und brachte den Koloss somit ins Wanken. Das schwirrende Ungetüm gab ein helles, ohrenbetäubendes Kreischen von sich, als der kalte Stahl der Klinge es nur knapp verfehlte. Es flatterte ein Stück davon, auf das schwarz gewandete Scheusal zu, doch auf halber Strecke machte es kehrt. Je näher es auf die lebendige Rüstung zuflog, desto größer wurde es. Erst nahm das Tier eine formlose, klumpige Gestalt an, doch mit einem Mal stand eine Person auf dem schmalen Gang zwischen den Haustischen. Das Erscheinen des Subjekts blieb nicht ohne Reaktion. Nun mischte sich eine gewaltige Dosis Verwirrung unter die bereits vernebelten Gefühle der Schüler. Es war ein Junge, elf Jahre zählte er. Sein Haar war rabenschwarz und ein wenig kürzer, als dass man es als schulterlang bezeichnen konnte. Seine Augen hatten ein unnatürliches eiskaltes Blau, strahlten jedoch ebenso stark und hell, wie die des Gesellen. Seine Haut war fast transparent. Er war vollkommen in Schwarz gekleidet, lediglich die Innenseite seines Umhangs wich davon ab, war diese blutrot. Zwar war die Person - konnte man diese Erscheinung noch als solches bezeichnen - nicht besonders hochgewachsen, doch strahlte sie durch ihr gesamtes Auftreten eine unheimliche Aura aus. Vielleicht sogar noch stärker, als die des Gevatters an sich selbst. Womöglich war ein weiterer ausschlaggebender Faktor dafür, dass es sich bei dem Jungen um keinen anderen, als Remus Lupin - einen Erstklässler aus Gryffindor - handelte. Nur hatte er sich äußerlich - bis auf seine Gesichtspartie und seine Körpergröße - vollkommen verändert. Die Schüler waren ratlos. War dies nun Spaß oder Ernst? Schauspiel oder Realität? Es war Remus, also musste es zwangsläufig ein Scherz sein. Allerdings lag der junge Hufflepuff noch immer leblos am Boden. Sein Oberkörper hob und senkte sich nicht, sodass klar wurde, dass der Junge nicht mehr atmete. Und das konnte definitiv kein Scherz sein. Mit geschmeidigen Schritten - einer Raubkatze gleich - lief er auf den Kopflosen zu. Dieser hatte bereits sein Schwert erhoben und schwang es nun berserkergleich. Remus duckte sich unter dem Schlag hinweg. Auch einen zweiten Hieb parierte er. Mit einer kaum wahrnehmbaren Handbewegung, brachte er seinen Zauberstab zum Vorschein. Einen Augenschlag später knisterte die Luft und der Ritter ging abermals zu Boden. Langsam schlenderte der Schwarzhaarige auf seinen - wenn man es so bezeichnen mochte - Gegner zu. Dieser regte sich noch immer nicht. Langsam ließ sich der Junge auf die Knie sinken und streckte seine Hand aus. Ein weißer Schleier aus Dunst stieg von der Rüstung auf und begann sich um Remus zu hüllen. Wenige Atemzüge später war ein leises Ächzen von dem Helm, welcher einige Meter entfernt am Boden lag, zu vernehmen und kurz darauf verblasste der Ritter, bis er ganz verschwunden war. Der Spross der Lupins erhob sich und wandte sich dem Tode zu. Auf seinem Gesicht machte sich ein hämisches Grinsen breit. Mit seiner Zunge fuhr er über seine Zähne, wobei zwei gefährlich spitze Eckzähne zum Vorschein kamen. Die Schüler keuchten erschrocken auf. "Ein Vampir!" Ein paar Mädchen kreischten, doch waren es weniger als zuvor. Der Schrecken saß allen in den Gliedern. Zudem wuchs die Ungewissheit von Moment zu Moment an. Der Gevatter hob seine Sense. Die Lichter der Kerzen begannen zu flimmern. Leises Gemurmel ging durch die Schülerscharen. Nun erhob sich auch Dumbledore endlich aus seinem Stuhl. Bis jetzt hatte er alles für ein Spiel gehalten und amüsiert zugesehen, doch nun war er sich selbst der Sache nicht mehr ganz so sicher. Seine Augen weiteten sich unmerklich, als er eine weitere finstere Gestalt durch eines der hohen Fenster gleiten sah. "Das kann nicht sein", murmelte er fassungslos. Der schwarze Schatten glitt über die Köpfe der Mädchen und Jungen hinweg, welche bereits zum unzähligsten Male entsetzt aufschrieen. Ein dünner Nebelschleier sank von der Decke hinab. Die Getränke in den Kelchen und das Essen auf den Tischen wurden von einem dünnen Eisfilm überzogen. Das Gewand - konnte man es als solches noch bezeichnen, erinnerte es mehr an einen alten, zerschlissenen Fetzen - flatterte noch wilder und unbändiger, als das des Gesellen. Vielleicht wirkte dieses Geschöpf sogar noch angstheischender auf die Schüler, als es der Tod an sich tat, hatte diese Gestalt noch nicht einmal ein Gesicht. An Stelle des Kopfes befand sich ein schwarzes Nichts, dass alles in sich aufzusaugen drohte. Seine Hände waren noch abstrakter, als die der anderen dunklen Figur. Es waren mehr Klauen, als Hände. Sie waren ebenso knöchern, jedoch noch viel feingliedriger und spinnenartiger. "Ein Dementor", stieß eines der jüngeren Ravenclawmädchen mit zittriger Stimme aus. Das pechschwarze gespensterähnliche Wesen glitt nochmals über einen der Haustische, bevor es direkt auf Remus zuhielt. Dieser bückte sich und griff nach dem am Boden liegenden und letztlich verbliebenen Schwert des Ritters und hob es auf. Mit seinem Blick fokussierte er den Dementor, der mit rasender Geschwindigkeit näher kam. Als dieser nur noch ein bis zwei Armlängen weit entfernt war, riss der Vampir das Schwert in die Höhe. Die Klinge glitt durch kalte Luft und sirrte leise. Remus war dem Ungetüm mit seinem Blick gefolgt. Er nutzte den Schwung des Hiebes und kam von seiner knienden Position durch eine Rückwärtsrolle auf die Füße. Einen winzigen Wimpernschlag später stürzte sich die schwarze Gestalt auf den Jungen hinab, welcher mit einem kraftvollen Satz zur Seite auf eine der leeren Sitzbänke sprang. Der Dementor glitt dicht über dem Boden auf den Lehrertisch zu. Professor Flitwick quiekte erschrocken, als er das Monstrum immer näher kommen sah. Die anderen Lehrer - bis auf Novis und Dumbledore - wirkten ebenfalls nervös. Professor Sprout biss sich unruhig auf die Lippe, McGonagalls Hand wanderte langsam unter ihren Umhang, bereit ihren Zauberstab zu ziehen, sollte die Bestie einen der Anwesenden attackieren. Professorin Redwing rutschte näher zu dem ebenfalls in schwarz gekleideten und fahlen Mann neben ihr, der gut zehn, wenn nicht sogar zwanzig Jahre älter war als sie. Novis starrte mit eisiger Miene auf die dunkle Kreatur. Bei ihm regte sich kein einziger Muskel. Der Direktor stand vor seinem Stuhl und ragte über die Köpfe aller hinweg. Auch bei ihm konnte man meinen, dass er sich nicht regte und dem Grauen lediglich entgegenblickte, doch dem war nicht so. Wer genauer hinsah, konnte sehen, wie der Körper des alten Zaubermeisters leicht zu beben begonnen hatte. In seinen Augen flackerten zornige Flammen. Innerlich schien er einen regelrechten Kampf mit sich um seine Selbstbeherrschung zu führen. Der Dementor kam immer näher. Nur noch wenige Meter und er hatte den Lehrertisch erreicht. Hinter ihm schepperten Teller, Bestecke und Tassen. Die Schüler schrieen vor Schreck auf, als Kelche und Essen durch die Luft flogen. Remus stürmte über die Tische, dem schwarzen Giganten hinterher. Dabei achtete er nicht sonderlich darauf, wo er hintrat und hinterließ somit ein wahres Schlachtfeld. Der Dementor hielt auf den grauhaarigen, hochgewachsenen Zauberer zu, der sich noch immer nicht rührte. Er streckte seine Klauen gierig nach dem faltigen, runzligen Gesicht das Schulleiters aus. Der junge Vampir erreichte das Ende des Haustisches und stieß sich von eben diesem ab. Er ließ das Schwert über dem Kopf kreisen, packte es dann blitzartig mit beiden Händen und stieß es in den Körper des schwarzen gestaltgewordenen Nichts. Ein tiefer Basston erfüllte die Halle, was der Schrei des Monstrums zu sein schien. Das Schwert schlitzte einen Großteil der Robe auf, doch nagelte es den Dementor nicht am Boden fest. Dieser glitt zur Seite und hinterließ eine Spur aus schwarzer, wabernder, zäher Flüssigkeit. Der Erstklässler setzte ihm nach, doch der zweite Hieb verfehlte sein Ziel. Nichts desto trotz ereilte das Schicksal sein Opfer. Der Dementor stieg einige Meter an der Wand empor, bevor sein Körper sich langsam in zwei Teile teilte und ein kalter Erguss des schwarzen Saftes auf Remus niederging. Dieser keuchte auf und wischte sich leicht knurrend das dunkle Blut aus dem Gesicht. Er wandte sich um und stand dem Gevatter Tod gegenüber, welcher langsam seine Sense sinken ließ, mit der er gerade seine grausame Tat vollführt hatte. Die Klinge des Gerätes strahlte jedoch noch immer das seltsam fluoreszierende blaue Licht aus. Von schwarzem Blut war an ihr nichts zu erkennen. Hinter Remus flatterte das Kleidungsstück des Dementoren lautlos zu Boden. Von dessen Körper war nichts mehr übrig. Auf dem Boden begann sich ein großer finsterer See zu bilden. Für einen winzigen Moment wurde es totenstill in der gesamten Halle. Die beiden unmenschlichen Gestalten fixierten sich. Remus tastete seinen Gegenüber mit seinen Blicken ab, auf der Suche nach einer Schwachstelle, doch ihm blieb nicht genügend Zeit seinen Gegner zu analysieren, als sich dieser mit geschmeidigen Bewegungen - und ohne dabei einen Laut von sich zu geben - auf ihn stürzte und mit seiner Sense zuschlug. Um Haaresbreite entging der Untote dem Angriff. Stoff riss. Ein langer Riss zierte seine Brust, doch die Haut darunter war unversehrt. Weitere Hiebe folgten, bei denen der Junge immer wieder zurückweichen musste. Nur selten konnte er parieren. Eine Attacke seinerseits war undenkbar. Die Kräfteverhältnisse waren klar verteilt. Der Schwarzhaarige wich weiter zurück, bis eine der Sitzbänke ihn daran hinderte. Er duckte sich unter einem weiteren Schlag hinweg, bevor er rückwärts auf die Bank und schließlich auf den Tisch stieg. Der Gesell folgte ihm mit gleitenden Bewegungen. Die Schüler, die am entsprechenden Haustisch saßen, sprangen auf und zogen sich soweit es ging vom Schauplatz des Spektakels zurück, um nicht selbst getroffen zu werden. Einige der Mädchen und auch eine Hand voll Jungen hatten zu weinen begonnen. Getröstet wurden sie nur spärlich, waren die anderen Schulbewohner doch zu sehr vom hitzigen Gefecht mitgerissen. Wieder ging die Sense auf den jungen Lupin nieder, doch diesmal senkrecht. Er machte einen ausfallenden Schritt zur Seite. Das blaue Metall bohrte sich lediglich eine Hand breit neben ihm in das polierte Holz. Remus nutzte dieses Gelegenheit drehte das Schwert in der Hand, sodass es wieder richtig lag und stach zu. Der kalte Stahl bohrte sich tief in den Leib des schwarzen Mannes - hatte der Tod eigentlich ein Geschlecht? Eine Ewigkeit schien zu vergehen, in der die beiden reglos in dieser Position verharrten. Langsam begann sich ein triumphales und gleichzeitig spöttisches Grinsen in dem Gesicht des Elfjährigen breit zu machen. Unter der Kapuze war mit dem Stich auch das Glühen der Augen verschwunden. Der Vampir löste sich aus der Anspannung - ein fataler Fehler. Plötzlich loderte das flammende Rot blenden hell auf. Die knöcherne Hand umfasste das Handgelenk des Jungen. Dessen Augen weiteten sich vor Überraschung. Ehe er reagieren konnte, hatte der Tod ihn mit solcher Wucht in die Luft gerissen und über seine Schulter geworfen, sodass er nach einigen Metern des Fluges hart auf am anderen Ende des Haustisches aufschlug. Er ächzte laut auf und blieb reglos liegen. Sein Atem ging rasend schnell. Der Blick des Schnitters wanderte an sich hinab und blieb an dem Schwert hängen, welches noch immer in ihm steckte. Langsam schlossen seine Finger sich um den Griff der Waffe und schon fast gemächlich zog er sie aus sich heraus. Einige der Schüler und Schülerinnen würgten oder stöhnten leise. Hatte man erwartet, dass die Klinge von einer ebensolchen schwarzen Flüssigkeit, wie bei dem Dementoren, besudelt war, hatte man sich geirrt. Der harte Stahl glänzte so rein, als hätte man ihn gerade erst poliert. Einige Zeit lang sah der schwarz Gewandete noch auf das Schwert, als er es dann achtlos fort warf. Scheppernd fiel es auf den steinernen Boden. Es schlitterte noch einige Meter weiter, bis es vor den Füßen eines Hufflepuffs liegen blieb. Dieser wurde mit einem Mal kreidebleich. Er schien in Sekundenschnelle zu altern. Remus lag noch immer auf dem Tisch, hatte sich jedoch auf den Bauch gedreht und war nun auf allen Vieren, wobei er versuchte aufzustehen. Der Gevatter zog die Sense mit einem kräftigen Ruck aus der Tischplatte, welche dabei leicht vibrierte. Er wandte sich zu seinem jungen Gegner um und ging langsam auf diesen zu. Der Spross der Lupins kämpfte sich auf die Beine. Eines gequälten Stöhnens konnte er sich nicht verwehren. Er taumelte leicht. Sein gesamter Körper war von einem dumpfen Schmerz erfüllt, doch er ignorierte ihn, war es nicht gerade der passendste Zeitpunkt, sich seinen Wehwehchen zu ergeben. Er fixierte den schwarzen Hünen. Sein Blick war wieder fest und eisig geworden. Er wirkte so abweisend und kalt, dass selbst Malfoy mehr schlecht als recht damit hätte mithalten können. Sein Mund war von einem metallischen Geschmack erfüllt. Er fuhr sich mit seinem Handrücken über die Lippen. Warmes, rotes Blut blieb daran kleben. Genüsslich leckte er es weg - dabei seinen Widersacher nicht aus den Augen lassend. Dieser beschleunigte seinen Schritt, schien jedoch noch immer über alles hinweg zu gleiten. Ihm waren noch keinerlei Zeichen von Müdigkeit anzumerken. Auf den letzten Metern war sein Laufen in eine Art Rennen übergegangen. Remus sog die Luft ein und machte sich auf das Kommende gefasst. Es war klar, dass er ihm unterlegen war. Niemand kam gegen den Tod an. Noch nicht einmal ein Unsterblicher. Früher oder später würde sich der alte Sensenmann das holen, was ihm zustand. Diese Aussichten gefielen dem Blutsauger jedoch herzlich wenig. Das Arbeitsgerät des Hünen sauste auf den Knaben nieder. Der Alte hatte auf den Hals des Jüngeren gezielt, doch vergeblich. Der Hieb ging daneben. Allerdings sollte das noch nicht das Ende der Attacke sein - wie der Schwarzschopf gedacht hatte. Zwar war das Blatt der Sense vorbei, doch wurde er hart vom Griff das Werkzeugs getroffen. Die Wucht war so stark, dass er von den Füßen gerissen wurde und mit einem dumpfen Laut auf den Boden klatschte. Diesmal blieb ihm weniger Zeit, bis der Geselle ihn erreicht hatte. Der Vampir keuchte schwer, als er die schwarze Gestalt näher kommen sah. Er wollte sich aufrichten, doch misslangen die Versuche kläglich. Rote Augen funkelten ihn amüsiert an. Die Sense senkte sich langsam. Remus war wie gelähmt, als er sie auf sich zukommen sah. Er sog die Luft ein und spannte sich an, als die Spitze des Stahls über seine Wange schrammte und diese aufschlitzte. Eine feine dünne rote Linie zierte sein Gesicht. Warmes Blut floss über seine Wange. Wie in Zeitlupe hob sich das Schneidwerkzeug und senkte sich erneut, zielte jedoch diesmal auf das Herz seines Opfers. Dieses löste sich jedoch noch rechtzeitig aus seiner Betäubung. Er griff unter seinen Umhang und zog seinen Zauberstab. Ein roter Lichtblitz erfüllte den Raum. Als das grelle Licht langsam wieder abschwoll, war der Gevatter verschwunden. Der Junge richtete sich langsam auf und ließ seinen Blick kreisen, wobei er nach seinem Rivalen Ausschau hielt. Der Zauberspruch hatte lediglich dem Zwecke gedient das alte Knochengerippe auf Distanz zu halten, nicht um es verschwinden zu lassen. Wo war es also abgeblieben? Er wandte sich um, doch zu spät. Mit einem sirrenden Geräusch flog die Sense kreiselnd durch die Luft. Die blauen Augen wurden groß. Ein brutaler Schmerz schoss durch seinen Körper, als sich der blaue Stahl nur wenige Zentimeter unterhalb seines Adamsapfels in seine Kehle bohrte und ihn an die Wand nagelte. Remus röchelte leise. Mit jedem Blutstropfen, der aus der klaffenden Wunde floss, wich ein Teil seines Odems aus ihm. Seine Augen wurden stumpf. Der Tod schritt auf ihn zu. Dessen Augen glitzerten noch immer belustigt. Er ergriff das Ackerwerkzeug. Der junge Lupin stöhnte leise auf. Mit einem kräftigen Ruck zog er sein Arbeitsgerät wieder heraus, wobei dem Erstklässler ein halblauter Schmerzensschrei entwich, war er zu mehr nicht mehr in der Lage. Wenige Sekunden stand er noch auf seinen Beinen - das Blut floss weiter unaufhaltsam. Seine Lider begannen zu flackern. Langsam sank er ächzend zusammen und blieb reglos in einer Lache aus Blut liegen. Der schwarze Koloss wandte sich ab. Er besah seine Sense, von welcher der Lebenssaft tropfte. Mit einer schnellen Bewegung zerteilte er die Luft. Ein roter Regen ging nieder. Die Klinge blitzte wieder in verheißungsvollem Blau. Die Waffe senkte sich. Mit langsamen Schritten durchquerte der Gevatter den Raum der Breite nach. Vor den großen Flügeltüren blieb er stehen und wandte sich dem Lehrertisch zu. Im ganzen Raum war es still geworden. Selbst das Schluchzen einzelner Anwesender war verstummt. Zwar war sein Gesicht bis auf die Augen nicht sichtbar, doch wer den schwarz Gewandeten ansah, wusste, dass dieser lächelte. Es war ein kaltes Lächeln, dass einem das Blut in den Adern gefrieren ließ. Die Kerzen im Raum flackerten stark. Gut die Hälfte war bereits beim Erscheinen des Dementoren erloschen. Der Tod hob eine seiner knöchernen Hände und vollführte eine langsame, ausladende Geste, mit der er den gesamten Raum bedachte. Nach und nach erloschen die Kerzen - eine nach der anderen. Die klirrende Kälte schien von einen auf den anderen Moment hin spürbar zuzunehmen. Der Atem der Schüler begann in weißen Dunstschwaden aufzusteigen. Im gesamten Saal brannte lediglich noch eine Kerze über dem Haupte des Skelettes. Seine Hand senkte sich und mit einem markerschütternden grausigen Lachen erlosch die letzte der Flammen und hüllte somit die gesamte Halle in Dunkelheit und Grabesstille. ~~~~~ 1.Akt, Kap.XI - Ende ~~~~~ Und? Wie hat es euch gefallen. Dieses Mal ist das Kap doch ziemlich anders geworden, aber ich konnte es einfach nicht lassen eine Kampfszene mit einzubauen. Ich liebe solche Stellen einfach.^^ Allerdings kann ich sie nicht besonders gut beschreiben. Ich hoffe, dass es verständlich war. Soweit ich im Moment voraussehen kann, wird so schnell keine ähnliche Szene kommen. Aber es kommen noch welche (irgendwann^^). Ich würde mich daher freuen, wenn ihr mir sagen würdet, wie sie euch gefallen hat. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)