Die Kindheit eines Wolfs von Kazumi (Hogwarts 1971 - 1978) ================================================================================ Kapitel 12: 1.XII.Blutiger Kuss ------------------------------- ~~~~~ 1.Akt: Kapitel XII: Blutiger Kuss ~~~~~ Unter den Schülern brach regelrechte Panik aus, als das letzte Fünkchen Licht erlosch. Leises Wimmern setzte wieder ein. Das Stimmengewirr nahm an Lautstärke zu und dröhnte in der ganzen Halle wieder. Plötzlich jedoch wurde es erneut strahlend hell. Die Blicke der Schüler wanderten zum Lehrertisch. Dumbledore hatte es nur eines Fingerschnipsens bedurft, um die Kerzen erneut zu entfachen. Er stand hocherhobenen Hauptes da und starrte zur Tür. Sein Blick war emotionslos, als er die Gestalten dort sah. Die Schüler folgten seinem Blick und keuchten erschrocken auf, als sie sahen was dort stand. Der Gevatter Tod war nicht mehr allein. Der Kopflose, der Dementor und Remus, der Vampir, standen neben ihm. Ihre Wunden waren allesamt vollkommen verschwunden. Das schwarze Quartett wirkte in seiner Gesamtheit noch wesentlich angsterfüllender, als sie es einzeln schon getan hatten. Lediglich bei dem Erstklässler konnte man die Emotionen ablesen. Er grinste verschmitzt über das ganze Gesicht. Langsam verneigte sich der Ritter. Der Dementor und der Blutsauger taten es ihm gleich. Schließlich und schlussendlich verneigte sich auch der Sensenmann. In der Halle war es erneut mucksmäuschenstill geworden. Schließlich durchbrach ein einzelnes verwaistes Klatschen das Schweigen. Ungläubig richtete sich alle Aufmerksamkeit der Schüler Dumbledore zu. Dieser klatschte und grinste breit. In seinen Augen glitzerte der Schalk. "Ein wirklich sehr gelungenes Schauspiel", meinte er mit freudig heiterer Stimme. "Vielleicht ein wenig makaber, aber sehr unterhaltsam." Er stieß sowohl bei Erwachsenen, als auch Minderjährigen auf Unverständnis. Der Direktor ließ sich jedoch nicht beirren und fuhr fort: "Die Kostüme sind wirklich sehr einfallsreich und das Stück passt auch gut zu Halloween. Drei Hauspunkte für jeden von euch für Gryffindor." "Kostüme?", rief einer der Ravenclaws ungläubig. "Ein Theaterstück?", entfuhr es einem Hufflepuff. "Hauspunkte für Gryffindor?", knurrte Malfoy sauer und empört. Wieder wanderten die Blicke der Hogwartsbewohner zu den vier dunklen Gestalten. Der Ritter richtete sich langsam auf und nahm den Helm ab. Darunter kam der Kopf Peters zum Vorschein, der begonnen hatte zu feixen. Während der Dementor sich aufrichtete, streifte seine knöcherne Hand die Kapuze zurück, womit auch der Zauber brach. Mit seiner normalen Hand fuhr sich Sirius durch sein zerzaustes Haar und lächelte in die Runde. Während sich Remus aufrichtete umgab ein glitzernder Nebel ihn. Sein Zauber war auf Zeit begrenzt gewesen und nun stand er mit normaler Haar- und gesunder Hautfarbe da und lächelte zuckersüß, als ob er kein Wasser trüben könnte. Natürlich blieb für den vierten im Bunde nur noch einer übrig. Wie bereits der junge Black streifte das Skelett die Kapuze zurück. Auch James' Haar war sehr verwühlt, jedoch stellte es keinen sehr großen Unterschied zu seiner üblichen Art sein Haar zu tragen dar. Er grinste übers ganze Gesicht. Die vier jungen Gryffindors sahen sich an und schmunzelten, bevor sie sich den anderen vor ihnen zuwandten und synchron antworten: "Süßes oder Saures." Für einige Herzschläge sahen die anderen sie ungläubig an, bevor die ersten zu lachen begannen und schließlich der gesamte Saal mit einstimmte. Die vier Erstklässler sahen sich an und konnten das Grinsen noch immer nicht unterdrücken. Doch nicht alle Schüler hatten in das Gelächter mit eingestimmt. Einige Hufflepuffs waren stumm geblieben. Ihr Hausgefährte, welcher von Peter - scheinbar - gewürgt worden war, lag noch immer reglos am Boden. Sirius sah die skeptischen und besorgten Blicke. Er ging zu dem Jungen und hockte sich neben ihn. Mit der flachen Hand schlug er ihm mehrmals leicht ins Gesicht. Nach einigen Augenblicken öffnete der Erstklässler stöhnend die Augen und sah den Schwarzhaarigen verwirrt an. Der junge Black half ihm lächelnd auf. "Ich glaub der Trank war zu stark, oder?" Sein Gegenüber blickte ihn verständnislos an. Sirius - noch immer lächelnd - schob den Hufflepuff zu dessen Haustisch und drückte ihn mit sanfter Gewalt auf die Bank. "Deine Freunde erklären dir alles", meinte er zwinkernd. Er wandte sich zu den drei Gryffindors um, die noch immer vor den großen Flügeltüren standen. Mit einer Kopfbewegung deutete er an, dass sie ihm folgen sollten. Er selbst ging zu seinem eigenen Haustisch und nahm Platz. James, Remus und Peter taten es ihm gleich. Für einen Moment herrschte Stille. Fast schon andächtig griffen sie jeder nach einem Knallbonbon. Erneutes Zögern. Synchron rissen sie die süßen Überraschungen entzwei. Vier Feuerwerke schossen zischend in die Höhe und tauchten die Halle in eine unsagbare Farbenpracht. Die Feier ging bis in die späten Abendstunden hinein. Heute wurde für alle eine Ausnahme in Sachen Ausgangssperre gemacht. Nach einiger Verdauungsarbeit, war die Schmierenkomödie der vier Erstklässler im Allgemeinen auf positive Resonanz gestoßen. Sicherlich, nicht bei allen - waren da noch das Hause Slytherin und der Hufflepuff, der jedoch bereits wieder zu verzeihen begann - aber bei der großen Mehrheit. Sie wurden darüber ausgefragt, wie sie es geschafft hatten, solch echte Kostüme herzustellen. Alle vier hatten sie echt gewirkt. Der schwebende Dementor Sirius, der kopflose Peter, der sensenschwingende James und der blutsaugende Remus. Vor allem die Frage, wie die vier jungen Zauberer ihre qualvollen Tode überstanden hatten, bereitete den anderen Schülern einiges Kopfzerbrechen. Die vier Gryffindors schmunzelten bei diesen Fragen und gaben lediglich Bruchstücke ihres Wissen preis. Remus nippte an seinem Kürbissaft und lauschte Sirius' Anekdoten, während er seinen Blick durch den Raum gleiten ließ. Es war bereits kurz nach Zehn, doch die allgemeine Festtagsstimmung war noch nicht getrübt. Es ging weiterhin fortwährend fröhlich und ausgelassen zu. Auch die Lautstärke der Gespräche schien sich mit fortgeschrittener Stunde nicht zu minimieren. Im Gegenteil. Sie schien weiter anzuschwellen. Der Braunschopf seufzte. Seine Gedanken begannen schwer zu werden. Er war wirklich müde. Das Duell mit Sirius und James hatte stark an seinen Kräften gezerrt. Zwar hatten sie die Szene mehr oder weniger durchgesprochen und geübt, doch letztendlich hatte der Zauber doch mehr von ihm abverlangt, als er selbst gedacht hatte. Er fühlte sich, als könnte er die nächsten Wochen einfach durchschlafen. Wie ein Bär, der seinen Winterschlaf hielt. Allerdings würde er es wohl kaum durchhalten so lang zu nächtigen. Sein Magen würde sich rechtzeitig zu Wort melden und ihm aus seinem Tiefschlaf wecken. Eine andere Frage war, wie er sich dann fühlen würde - abgemagert und ausgezehrt. Sicherlich noch schlimmer als im Moment. Er seufzte. Was dachte er sich schon wieder? Wie kam er nur immer auf so dumme Vergleiche? Es wäre wohl das Beste, wenn er schlafen ginge. Sonst würde er diese wirren Gedanken weiterspinnen und schlussendlich wieder an einer Stelle landen, an der er nicht hatte ankommen wollen. Einen Gähnen stahl sich über seine Lippen. Die Luft im Raum war mit der Zeit stickig und schwer geworden. "He, langweile ich dich so?", fragte Sirius und zog ein gespielt beleidigtes Gesicht. Remus konnte nur lächeln und schüttelte leicht den Kopf. "Nein, es ist nur so warm. Und die Luft macht einen ganz schläfrig." Der Schwarzhaarige nickte. "Stimmt." Remus stand auf. "Ich mache einen kleinen Spaziergang. Luft schnappen. Bis später." "Nimm dich vorm schwarzen Mann in Acht", meinte James und grinste. "Geh nicht zu weit weg und bleib auch nicht so lang weg." "Ja, Mami. Ich denk dran, Mami", gab der junge Lupin lächelnd zurück. Die anderen drei Gryffindors lachten bei diesem Kommentar, James allerdings erst, nachdem er dem Brünetten einen leicht säuerlichen Blick zugeworfen hatte. Remus wandte sich um und ging Richtung Flügeltüren. Aus den Augenwinkeln erblickte er eine Bewegung. Er sah zur Seite und folgte ihr. Severus war aufgestanden und ebenfalls auf dem Weg zum Ausgang. Anscheinend vertrug er die Wärme ebenso wenig. Der Braunhaarige drosselte seinen Schritt, sodass er kurz nach dem Slytherin bei den Türen ankam. Es war eine perfekte Gelegenheit, um mit ihm zu sprechen. Alle Schüler befanden sich in der Großen Halle und somit würde keiner ihr Gespräch in der Eingangshalle mitbekommen. Remus musste einfach mit dem Schwarzhaarigen sprechen. So ging es nicht weiter. Immer ignorierte er ihn. Und das, obwohl er nicht einmal wusste, was er Severus angetan haben sollte. Gut, er war ein Gryffindor. Und weiter? Das rechtfertigte das Verhalten des jungen Snapes in keinster Weise. Remus würde mit ihm reden. Ob Severus wollte oder nicht. Der Dunkelhaarige erreichte die Türen und verschwand nach draußen. Der Spross der Lupins beschleunigte seinen Schritt, um ihn einzuholen. Draußen in der Eingangshalle angekommen, sah Remus sich um. Severus war bereits nicht mehr zu sehen. ,Wo ist er nur?', fragte sich der Braunschopf verwirrt und durchquerte das Foyer seinen Blick dabei schweifen lassend. Seine Schritte leiteten ihn zum Kerker. An der Treppe, die in die Tiefe führte, blieb er stehen. Soviel er wusste, befand sich das Slytherinhaus irgendwo dort unten im dunklen Labyrinth aus Gängen und Gewölben. Er zögerte. Sollte er dort unten nach dem Älteren Ausschau halten? Vielleicht hatte er Glück und er würde ihn finden. Allerdings standen die Chancen, dass Severus sich bereits in seinem Gemeinschaftsraum befand und Remus sich dort unten verlaufen würde wesentlich besser. Schwer seufzend wandte er sich um und ging in den Eingangsbereich zurück. Es war keine sonderlich gute Idee nachts im Schloss herumzustromern. Zwar kontrollierten die Lehrer heute nicht, ob man im Bett lag, oder nicht, aber allzu verlockend, die Nacht schlafend auf dem harten Steinfußboden der Kellerkorridore zu verbringen, fand der Gryffindor diese Aussicht nicht. Er entschied sich nun doch für einen Spaziergang. Mit wenigen Schritten hatte er die Halle durchquert und war bei den Eichenportalen angelangt. Er zog an der Tür. Im ersten Moment rührte sich nichts. Er musste ein wenig mehr Kraft aufwenden, um die große Holztür aufzuziehen. Er ächzte leise. Als der Spalt breit genug war, stahl er sich hindurch. Mit einem lauten Knarren fiel die Tür hinter ihm zu. Im nächsten Augenblick schlug ihm bereits die eiskalte Abendluft entgegen. Seine Nackenhärchen stellten sich auf. Er schlang seinen Umhang fest um sich. Gleichzeitig kehrte eine angenehme Wärme in ihn zurück. Mit gemäßigtem Schritt ging er langsam voran und atmete tief die klare Nachluft ein. Seine Stimmung hob sich. Mutter Natur hatte sich im Laufe des Tages doch entschieden ihm ein wenig Sonnenschein zu Teil werden zu lassen. Die grauen Regenwolken vom Morgen hatten sich gänzlich verzogen. Der Himmel über ihm war mit funkelnden Diamanten besetzt, die den Abend ein wenig erhellten. Der Mond thronte über ihnen und lächelte den Schüler an. Dieser seufzte, als er ihn sah. Wie schön er doch war. Auch wenn er seine volle Pracht nur ein einziges Mal im Monat zeigte. Und dann auf für den Erstklässler grausame Weise. Doch dieser Anblick war einfach wundervoll. Im Augenblick begann der Erdtrabant abzunehmen und ging auf seine Neumondphase zu. Auch diese konnte faszinierend sein, wenn der Satellit vollständig in den Erdschatten eintauchte und in einem Blutrot über dem Horizont schwebte. Allerdings war dieses Phänomen recht selten. Zumeist war er nur teilweise rot und an anderen Stellen einfach nur schwarz, wobei er mit dem Himmel zu einer Einheit verschmolz. Ohne es recht mitzubekommen, verließ der junge Lupin das Schulgelände. Zunächst berührten seine Füße kalten Stein. Kleine Kiesel und sandgroße Körner knirschten immer wieder unter seinen Schuhen. Doch bald schon wurde dies durch das leise Rascheln von Gras abgelöst. Remus hatte die lange Treppe hinter sich gelassen und lief nun über eine weite Wiese, deren Boden wesentlich weicher war und seine Schritte dämpfte. Vor ihm erstreckte sich in einiger Entfernung ein riesiges schwarzes Nichts, in welchem sich das Mondlicht brach - der See. Er lag ruhig und still da und bot dabei einen fast schon idyllischen Anblick. Allerdings empfand der Brünette diese Stille als zu friedfertig. Für diese Jahreszeit war es jedoch nicht allzu verwunderlich. Der Herbst war bereits spür- und sichtbar eingebrochen und hielt nun deutlich auf den Winter zu. Mit dem Wechsel der Jahreszeiten hatte sich auch das Antlitz der Natur verändert. Die Bäume hatten bereits ihr Laub abgeworfen - besonders ein recht gereiztes Exemplar hatte es sehr eilig gehabt seinen Artgenossen zuvor zu kommen - und standen nun kahl in ihrer - für Remus so doch recht gewöhnungsbedürftigen - Pracht da. Auch das tierische Leben hatte sich im Vergleich zum Sommer stark geändert. Die Vögel waren schon vor mehreren Wochen nach Süden - in wärmere Regionen - aufgebrochen, wo sie den kommende Jahreszeit verbringen würde. Die Fische begannen sich in tiefere Wasserregionen des Sees zurückzuziehen. Einige Lurche gruben sich in das Erdreich ein oder verharrten in einer Winterstarre. Die Säuger zogen sich in ihre Unterschlüpfe - ob der Bär nun in seine Höhle oder der Fuchs in seinen Bau - zurück, wo sie überwinterten. Erst nach Frühlingseinbruch würden sie sich wieder sehen lassen. Und die Insekten? Auch von ihnen war nichts zu hören oder zu sehen. Das Zirpen der Grillen und das Summen und Brummen der Bienen war bereits verstummt. Es war einfach gespensterhaft still. Remus hatte nun den See erreicht. Die Wasseroberfläche war nahezu glatt. Der leichte Wind brachte sie immer wieder in gleichmäßigem Rhythmus zum Erzittern. In der Ferne verschmolzen die Wellen zu einer schwarzen Einheit. Der Gryffindor seufzte leise. Es war einfach herrlich. Diese Geräusche beruhigten ihn ungemein. Sie waren nichts im Vergleich zu dem Gelächter und Getöse oben im Schloss. Hier fühlte er sich wohl. Er schätzte die ruhigen Minuten, von denen man häufig nicht genug hatte. Er kostete jede einzelne Sekunde voll aus. Plötzlich wurde die Stille von einem leisen Rascheln unterbrochen. Der Erstklässler sah sich um. War ihm jemand gefolgt? Doch weit und breit konnte er niemanden sehen. Kein wehender Umhang und auch keine verräterischen Schatten. Hatte er sich getäuscht? Spielten ihm seine Sinne einen Streich? Er lauschte angestrengt und musste feststellen, dass er es sich nicht eingebildet hatte. Er war nicht allein. Zwar war das Rascheln verstummt, doch hörte er dafür ein leises Schluchzen. Zumindest nahm er an, dass es eines war. Es klang seltsam - hoch und verzerrt. Sein Körper setzte sich von selbst in Bewegung und ging in die Richtung, aus welcher das Wimmern kam. Seine Schritte verlangsamten sich, als er in kurzer Entfernung eine Gestalt am Boden kauern sah. Das Mondlicht schien auf sie herab, doch sie warf keinen Schatten. Die silbernen Strahlen sickerten durch sie hindurch und trafen das Erdreich. ,Ein Gespenst', dachte Remus und hielt schließlich inne. Es war ein kleines Mädchen mit langem wehenden Haar. Sie war so durchsichtig, wie die Hausgeister Hogwarts, doch ihre Erscheinung schimmerte leicht bläulich. Sie war fast noch ein Kind. In ihren Augen glitzerten weiß-silberne Tränen. Sie wirkte verängstigt und ein wenig niedergeschlagen. Langsam ging er wieder auf sie zu, doch sie schien keine Notiz von ihm zu nehmen, bis er sie schließlich ansprach. "Was hast du? Wieso weinst du?" Seine Stimme klang leise und hatte einen samtigen Unterton. Das Mädchen hob ihren Kopf und sah zu dem Schüler auf. "Wer bist du?", fragte sie leicht interessiert, doch zitterte ihre Stimme dabei leicht. "Mein Name ist Remus", erwiderte er lächelnd. "Und wie heißt du?" "Elena", lautete die einsilbige Antwort. Der Braunschopf trat neben sie und ließ sich zu ihr ins Gras sinken. "Wieso weinst du, Elena?" Das Mädchen, welchen ihn gerade so neugierig gemustert hatte, wurde mit einem Schlag von ihren Sorgen eingeholt. Sie wandte sich ab und starrte auf den See hinaus. "Sie sind so gemein zu mir", murmelte sie und unterdrückte ein Schluchzen. "Immer ärgern sie mich." "Wer ärgert dich?", wollte er wissen und sah das Geschöpf neben ihr leicht besorgt, leicht wissbegierig an. Wovor konnte ein Gespenst schon große Angst haben? Immerhin war es doch tot. Gut, irgendwelche Schüler konnten sie sicherlich zur Weisglut treiben, aber er hatte das Mädchen noch nie im Schloss gesehen. Somit war die Wahrscheinlichkeit gering das einige Jungzauberer und -hexen die Übeltäter waren. Vielleicht ein paar Kobolde? Mit denen hatte man auch oft seine liebe Not. "Meine Geschwister", flüsterte sie. Hatte er da gerade richtig gehört? Geschwister? Wie konnte das sein? War hier vielleicht ein Unglück geschehen, sodass mehrere Kinder oder gar eine ganze Familie ihr Leben hatte lassen müssen? Eigentlich war es ausgeschlossen. Es war selten, dass Hexen oder Zauberer als Geister verblieben. Und eine ganze Familie erschien ihm daher als absurd. Er musterte das Gespenst. Sie sah so aus, wie die Spukgestalten im Schloss. Aber gehörte sie wirklich zu ihnen? "Deine Geschwister?", fragte er nach einer halben Ewigkeit. Das kleine Mädchen nickte leicht. "Sie sagen, dass es meine Schuld ist. Wäre ich nicht so leichtsinnig gewesen, dann wäre das alles nie geschehen. Seit wir hier sind sticheln sie jeden Tag darin herum und lassen mich nicht zufrieden." "Seit ihr hier seid? Wart ihr vorher wo anders?" Als Antwort erhielt er lediglich ein weiteres schwaches Nicken. Anscheinend wollte sie ihm nicht allzu viel erzählen. Verständlich. Er war ein Fremder für sie. Doch je länger er bei ihr saß, desto mehr interessierte es ihn, was mit dieser Gestalt geschehen war. "Und was ist deine Schuld? Sagst du es mir?" Er war nicht sehr zuversichtlich, dass sie ihm diesen Gefallen tat. Sie wandte sich ihm wieder zu und sah ihn einen endlos langen Moment schweigend an, bis sie die Lider niederschlug. "Es ist meine Schuld, dass wir hier sind. Und jeden Tag..." Sie brach ab, schien sie nicht in der Lage weiterzusprechen. Doch der Spross der Lupins wollte nicht aufgeben. "Und jeden Tag?" Ihre Blicke trafen sich erneut. Eine schiere Unendlichkeit verging, in der sie nicht sprachen. Plötzlich begann Remus' Körper schwer zu werden. Es war als betäube ihn etwas. Ging dieses bizarre Gefühl etwa von dem Mädchen aus? Es dauerte einen Moment, bis er begriff, dass sie immer näher kam. Unerklärliche Angst schien in ihm auszubrechen. Am liebsten wäre er aufgesprungen und davongelaufen, doch er konnte nicht. Er war wie gelähmt - seine Kehle wie zugeschnürt. Das Nachtgeschöpf kniete nun vor ihm und beugte sich leicht über ihn. Schrecken erfüllte ihn, als er einen kühlen - nein, eisigen - Luftstrom auf seiner Haut spürte. Dieses Wesen atmete - und das taten Geister normalerweise nicht. Eine durchsichtige Hand legte sich auf seine Wange und streichelte ihn sanft. Die Berührung war nass. Das Wasser lief an ihm hinab und tropfte von seinem Kinn. "Wer oder was bist du?", keuchte er erschrocken. Als Antwort erhielt er lediglich ein sanftes und zugleich amüsiertes Lächeln. Die Augen des Mädchens begannen rot zu leuchten. Remus' Herz sank immer tiefer. Was war das? Mit was für einem Geschöpf hatte er es hier zu tun. Doch mit einem Mal wich das Leuchten aus ihren Augen und die Kreatur hatte ihn losgelassen. "Entschuldige. Ich..." Sie stotterte und sah ihn ein wenig aufgelöst an, während sie aufstand und einige Schritte zurückwich. "Ich wollte nicht... Es kam über mich... Verzeih..." Der Gryffindor konnte es noch immer nicht glauben. Was ging in diesem Wesen vor? Spielte es seine Spielchen mit ihm? Er schloss seine Augen und atmete tief durch, um sich ein wenig zu beruhigen. Als er seine Lider wieder aufschlug war er allein. Verwirrt sah er sich um. Wo war sie? Wie konnte sie nur so schnell verschwinden? Oder hatte er sich das alles nur eingebildet. Mit seiner Hand fuhr er über seine Wange. Sie war nass und eiskalt. "Was war das?", wisperte er, verharrte jedoch weiter auf dem Boden. Nach einiger Zeit ließ er sich auf den Rücken fallen und stöhnte leise. Was war das nur für ein merkwürdiger Tag? Sein Geburtstag... Das seltsame Mädchen beschäftigte ihn noch eine geraume Zeit, doch irgendwann schob er diese Gedanken beiseite. Das Gespenst - oder was immer es auch gewesen war - war verschwunden. Und so schnell würde es auch sicherlich nicht wieder auftauchen. Gedankenverloren starrte er in den Himmel. Die Sterne und der Mond funkelten ihm noch immer verheißungsvoll entgegen. Es war einfach herrlich. Wie lange hatte er nicht mehr einfach nur so dagelegen und das Firmament begutachtet. Als er noch zuhause gewesen war, hatte er das oft getan. Doch in Hogwarts gab es noch immer die Ausgangssperre. Somit wurde die nächtliche Müßiggängerei erschwert, wollte man sich keine Strafarbeiten oder einen Punktabzug einhandeln. Novis war ihm dabei sicherlich nur allzu gern behilflich. Remus lächelte bitter. Dieser Lehrer war eine einzige Pest. Die Wochen, die er als Schüler für alles bei diesem Widerling verbracht hatte, waren die Hölle gewesen. Er konnte getrost auf eine weitere solche Lektion verzichten. Er wollte seinen Mentor nicht öfters zu Gesicht bekommen, als unbedingt nötig. Wenn er ihn sah, dann ging es ihm wie den meisten anderen Schülern, die nicht dem Hause Slytherin - waren dies die Günstlinge des Pädagogen - entstammten. Ein Übelkeit erregendes Gefühl erfüllt ihn, welches einiges an Kraft kostete, um es niederzukämpfen. Langsam begann die Kälte der Wiese sich durch seine Kleidung zu fressen. Eine Gänsehaut überzog ihn. Wie lang er wohl schon hier lag? Eigentlich hatte er Sirius und den anderen gesagt, dass er nur kurz nach draußen gehen würde. Er warf einen Blick auf seine Uhr. Seine Augen blitzten. In weniger als einer viertel Stunde war Mitternacht erreicht. Er musste nun schon fast zwei Stunden draußen sein. Allmählich wurde es wirklich Zeit zurückzugehen, wenn er nicht wollte, dass die anderen sich wegen ihm Sorgen machten. Er kämpfte sich auf die Beine. Sein Körper hatte sich - während er dort gelegen hatte - ziemlich versteift und machte sich nun schmerzlich bemerkbar. Leise stöhnend streckte er sich. Es knackte leise. Er stieß die Luft gedehnt aus und endete schließlich in einem zufriedenen Seufzen, als er sich wieder entspannter fühlte. Er schlang seinen Mantel um sich und setzte sich langsam in Bewegung. Sein Blick glitt nochmals über den dunklen See. Seine Gedanken glitten abermals zu dem kleinen Mädchen zurück. Wer war sie? Und was hatten ihre Worte für eine Bedeutung gehabt? Für ihn blieb sie ein Rätsel. "Elena", murmelte er leise. Dieser Name sagte ihm nichts. Ob die Bücherei etwas über sie hergab? Er bezweifelte es stark. Er riss seinen Blick vom schwarzen Gewässer ab und ging weiter. Schon nach kurzer Zeit erreichte er die Steintreppe, welche zum Schloss hinaufführte. Soweit er von hier unten aus erkennen konnte, war die Große Halle noch immer voll erleuchtet. Anscheinend feierte man ohne Unterbrechung. Er lächelte. Sicherlich saßen auch Sirius und James noch immer am Haustisch. Den beiden traute er viel zu. Und Peter? Nun, dieser - so konnte er es sich sehr gut vorstellen - schließ bereiz oder leistete den beiden Schwarzhaarigen Gesellschaft, wobei er gegen die Müdigkeit ankämpfte. Der kleine Blondschopf war zuhause sichtlich verhätschelt wurden. Manchmal - so hatte Remus bereits in den ersten Wochen feststellen müssen - konnte der Freund recht nervenaufreibend sein, doch wenn man ihn näher kennen lernte, dann lernte man damit umzugehen. Ob der junge Black es jedoch schaffen würde mit Peter auf einen grünen Zweig zu kommen - war sein Geduldsfaden bei dem etwas dicklichen Gryffindor ziemlich kurz und häufig zum Zerreißen gespannt - das wusste der Brünette keineswegs zu sagen. Vielleicht gelang es ihm, vielleicht würde er auch irgendwann so nervlich ruiniert sein, dass er Peter die erstbesten Flüche an den Hals hexte, die ihm einfielen. Und das konnten sehr viele sein. Er ließ die steinerne Treppe hinter sich und überquerte den Innenhof des Schlosses. Wenige Minuten später erreichte er das große Eichenportal. Diesmal gelang es ihm auf Anhieb die Tür zu öffnen, hatte er sich auf ihr Gewicht eingestellt. Mit einem dumpfen Laut schlug sie hinter ihm zu. In der Eingangshalle herrschte Gähnende Leere. Aus der angrenzenden Großen Halle strömte ihm heiteres Stimmengewirr entgegen. Ja, es schienen noch einige Schüler wach zu sein. Er wandte sich nach rechts und wollte sich gerade auf den Weg zum Saal begeben, als er aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahr nahm. Ein Schatten huschte an ihm vorbei. Verwirrt wandte er sich um, doch da war die dunkle Gestalt auch schon wieder verschwunden. Er war ein wenig ratlos. Hatte er sich das jetzt nur eingebildet oder war da gerade wirklich jemand gewesen. Vielleicht hatte er sich auch getäuscht, brannten hier schließlich keine Kerzen. Vermutlich spielte ihm sein Geist aufgrund der Geschehnisse am See Streiche. Ja, so musste es sein. Dennoch stand er einige weitere Augenblicke stumm da, wollte ein Teil in ihm dieser Idee nicht ganz Glauben schenken. Als er sich gerade entschlossen hatte die Sache auf sich beruhen zu lassen und nachzusehen, ob sich die anderen drei Gryffindors noch in der Halle befanden, wurde ein markerschütternder Schrei laut. Er kam aus der selben Richtung, in welche der Schatten verschwunden war. "Also war das doch keine Einbildung", murmelte er. Er zog den Zauberstab, wollte er auf alle Fälle sicher gehen. Seine Schritte führten ihn an der Marmortreppe vorbei, hin zu den Stufen, die unten im Kerker ihr Ende fanden. Er zögerte. Sollte er dort wirklich hinunter gehen? Vielleicht war es ratsamer einen Lehrer zu verständigen. Seine Meinung wurde jedoch schlagartig geändert, als ein weiterer spitzer Schrei ertönte. Nein, es war keine Zeit um jemanden zu holen. Diejenige - die Stimme war eindeutig weiblich - die dort unten in der Tiefe schrie, brauchte Hilfe - und das so schnell wie möglich. Er schob seine letzte Zurückhaltung beiseite und begab sich in die Kellergewölbe. Hier unten hatte eine klirrende Kälte die Vorherrschaft an sich gezogen. Er hätte schwören können, dass es in den Gängen kälter war, als draußen am See, wo ihn der Wind unbarmherzig gepeitscht hatte. Seine Schritte hallten in den Korridoren wider. Es war seltsam. Zwar waren die Kerker ein einziges Labyrinth, doch - obwohl die Schreie bereits verstummt waren - nichts desto trotz bewegte er sich mit einer Schnelligkeit und Zielsicherheit, dass es einem Angst einjagen konnte. Sein Laufen hatte sich in ein Rennen gewandelt. Er bog um die nächste Ecke und erstarrte. Am anderen Ende des Ganges stand eine dunkle Gestalt. In ihren Armen schien sie etwas zu halten. Durch den schwarzen Umhang und die Dunkelheit war es Remus kaum möglich etwas zu erkennen. Ein leises Wimmern drang an sein Ohr. Wieder beschleunigte er seine Schritte. "He! Lass das Mädchen sofort los!", rief er. Die Gestalt zuckte zusammen und sah auf. Der junge Lupin spürte den giftigen Blick, mit dem er bedacht wurde, auch wenn er das Gesicht nicht erkennen konnte. Die Kreatur ließ das Mädchen los und verschwand in der Dunkelheit. Die Schülerin sank stöhnend zu Boden und blieb dort reglos liegen. Der Braunschopf beschleunigte seinen Schritt. Ihm war klar, dass er den Missetäter nicht mehr erreichen konnte - und selbst wenn er gekonnt hätte, das Mädchen war wichtiger. Als er bei ihr angekommen war, ließ er sich auf die Knie fallen und drehte sie auf den Rücken. Ihr Haupt bettete er auf seinen Schoß. Er erstarrte, als er sah, wie die Slytherin zugerichtet war. Von ihrem Hals rann jede Menge des roten Lebenssaftes hinab. Er presste seine Hände auf die Wunde, um die Blutung zu stoppen - doch es gelang ihm nicht. Was hatte dieses Wesen nur mit ihr angestellt? Ein süßlicher Geruch stieg ihm in die Nase, der ihm die Sinne betäubte. Etwas tief in ihm regte sich. Etwas Altes und Unbändiges - etwas, das regelrecht danach schrie freigelassen zu werden. Sein Kopf begann zu dröhnen. Eine Welle gemischter Gefühle schlug über ihm zusammen. Sein Verstand sagte ihm, er solle sofort Hilfe holen, würde das Mädchen sonst das nächste Sonnenlicht kaum mehr erblicke, doch im Moment begann sein Hirn langsam unter der Flut der Emotionen begraben zu werden. Er kämpfte sowohl gegen die aufsteigende Übelkeit als auch gegen dieses bizarre, bestialische Gefühl in seinem Inneren an, welches ihm allmählich die Kraft zur Konzentration raubten. Ein schwerer, bleierner Schleier schien sich über ihn zu senken. Gleichzeitig keimte eine Angst auf, die nur allzu leicht mit der vom See verglichen werden konnte. Er kannte das Gefühl in ihm. Er wusste was diese Bestie war. Und er wusste was sie wollte - was der Wolf in ihm wollte. Das Tier in ihm leckte bereits nach dem Blut der Slytherin - nein, es war für ihn keine Slytherin mehr, es war lediglich seine Beute - nicht mehr. Der Geruch des flüssigen Rots machte ihn halb wahnsinnig. Das Stechen hinter seiner Stirn wurde ihm unerträglich. Eine seiner Hände legte er auf seinen Mund, musste er die aufsteigende Übelkeit unterdrücken. Er schloss die Augen und versuchte wieder Herr über sich selbst zu werden. ,Ich muss ihr helfen. Und das schnell.' Kaum hatte er den Gedanken zu Ende gedacht, wurden schnelle Schritte laut. Er sah auf. Der Flur erhellte sich. Jemand kam schnell näher - Hilfe, Rettung. Einige Figuren bogen um die Ecke und erstarrten, als sie Remus und die Dunkelhaarige sahen. Erst jetzt erkannte der Erstklässler, wen er da in seinen Armen hielt. Es war eines der beiden Mädchen, die er und die anderen drei in ihren Kostümen in der Eingangshalle erschreckt hatten. Entsetzte Schreie und Keuchen schwappten vom anderen Ende des Ganges zu ihm heran. "Monster!", rief ein Mädchen - ebenfalls eine Slytherin - aufgebracht. "Er ist doch ein Vampir!" Ein anderes schluchzte. "Was hat er nur getan?!" Das Blut in den Adern des Gryffindors gefror augenblicklich. Anscheinend dachten die Neuankömmlinge er sei der Blutsauger, der über seine Fang hergefallen war und es nicht geschafft hatte rechtzeitig zu fliehen. Seine Augen weiteten sich vor Erschrecken, als ihm diese Tatsache bewusst wurde. "Ich war das nicht!", keuchte er. "Dein Mund ist blutverschmiert!", fauchte ein älterer Slytherin. "Aber... aber, ich..." Ihm fehlten die Worte. Im Moment musste sicherlich alle Farbe aus seinem Gesicht gewichen sein. "Macht Platz!", herrschte eine kalte Stimme die Schüler an, welche sofort auseinanderstoben. Die Professoren bahnten sich ihren Weg zu Remus und der Verletzten - allen voran Novis - blieben jedoch kurz vor ihm stehen. "Was um Himmels Willen-", stieß McGonagall aus und sah abwechselnd von der Langhaarigen zu ihrem Zögling. "Mr. Lupin! Wie ist das-" "Das war ich nicht!", unterbrach er sie. "Sie müssen mir glauben, Frau Professor! Ich-" In diesem Moment trat Dumbledore näher und dem Braunschopf blieben die Worte regelrecht im Halse stecken. Der alte Hexenmeister warf einen kurzen Blick auf das Vampiropfer, bevor er sich rasch an Professor Sprout und Flitwick wandte. "Bringen Sie sie unverzüglich auf die Krankenstation!", befahl er. Die beiden Lehrer gaben keine Widerrede. Dem Gryffindor wurde sie schon fast entrissen. Remus blickte den drei Gestalten hinterher. Erst die Stimme des Direktors riss ihn aus den Gedanken. "Und du kommst mit mir, Remus." Der Ton, in dem er mit seinem Schützling sprach, duldete keinen Einspruch. Gehorsam stand der Elfjährige auf. Sein gesamter Körper zitterte. Ihm war noch immer schlecht. Sein Blick flimmerte leicht. "Gehen Sie zurück in ihren Gemeinschaftsraum", ordneten Novis und Redwing fast synchron an. Sie warfen sich kurze Blicke zu. Die Schülerschar reagierte nicht sofort. Es bedurfte einer weiter Aufforderung, bis sie schließlich - vorher nochmals einen ängstlichen oder hasserfüllten Blick auf Remus werfend - in der Dunkelheit verschwanden. "Kommen Sie", sagte die Hauslehrerin der Gryffindors zu dem jungen Lupin. Dumbledore war ihnen bereits einige Schritte voraus. Der Junge nickte und folgte ihr und dem Schulleiter. Das Beben seines Leibes bekam er mehr oder weniger in den Griff. Er nahm jedoch nicht wirklich wahr, wie sie den Weg durch das Schloss zurücklegten, war er zu sehr in Gedanken. Was war da unten nur geschehen? Ein Vampir, der sich in Hogwarts herumtrieb? Wie konnte das sein? Seine Eltern hatten ihm gesagt, dass diese Schule einer der sichersten Orte auf der Welt sei. Wie hatte die Kreatur also ins Schloss kommen können und das arme Mädchen anfallen können? Wieder stieg die Galle in ihm hoch. Und zu allem Überfluss war er auch noch zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen. Was mussten die anderen nun von ihm denken? So wie sie die beiden vorgefunden hatten, mussten die Schüler zwangsläufig denken, dass er ihr das Blut ausgesaugt hatte. Dass er ein Vampir war. Und das, obwohl er vollkommen unschuldig war. Er war der Verzweiflung nahe. Was sollte er jetzt tun? Oder was konnte er tun? Nichts. Das Einzige, was ihm blieb, war, dass die Slytherin überlebte und sich der ganze Vorfall aufklärte. Kaum hatte er diesen Gedanken beendet, wurde er auch schon in die Realität zurückgerissen, als eine Tür hinter ihm zufiel. Er drehte sich verwirrt um. Professor McGonagall hatte die Eichentür des Büros geschlossen. "Setz dich, Remus", sagte der Direktor hinter ihm. Die Stimme war zwar keineswegs rau gewesen, doch er zuckt trotzdem leicht zusammen. Langsam wandte er sich dem alten Zauberer zu. "Professor, ich bin es wirklich nicht gewesen. Als ich ankam und mich der Vampir gesehen hat, da ist er geflohen. Sie müssen mir glauben", beteuerte er, doch der Direktor schüttelte nur mit dem Kopf und bedeutete ihm Platz zu nehmen. Der Erstklässler schluckte hart. Seine Kehle war staubtrocken. Zögernd ging er zu dem angebotenen Ledersessel und ließ sich auf diesem nieder. "Ich weiß, dass du unschuldig bist, Remus", begann der Bärtige mit ruhiger Stimme. "Sie wissen... Aber wieso haben Sie mich dann...", stotterte der Jüngere, schüttelte jedoch den Kopf und sah seinen Gegenüber an. "Und wissen Sie dann auch, wer dieser Vampir ist? Wer hat das Mädchen angefallen." "Mir ist es leider nicht möglich dir dieses Frage zu beantworten", erhielt er als bedauernde Antwort. "Mir ist jedoch klar, dass du keine Schuld trägst. Vielleicht hast du heute den Vampir gespielt, aber als Werwolf hast du schon genug zu tun. Meinst du nicht auch?" Wenn das witzig gewesen sein sollte, dann war es eindeutig der falsche Moment dafür. "Und das Mädchen? Was ist, wenn sie-" "Sie wird nicht sterben", beschwichtigte ihn der Zauberer. "Poppy versteht ihr Handwerk. Sei unbesorgt." Der Schüler wollte etwas erwidern, erhielt jedoch nur ein leichtes Kopfschütteln. "Mach dir darum bitte keine Gedanken. Lass das meine Bürde sein." Der Graukopf lächelte milde. Seine Augen funkelten Remus freundlich an. "Wenn, dann bin ich dir zu großem Dank verpflichtet." "Dank?", wiederholte der Gryffindor. Wieso sprach der Professor von Dank? Er wusste nicht, womit er diesen verdient hätte. "Hättest du die junge Slytherin nicht gefunden", fuhr Dumbledore fort, "dann wäre sie sicherlich nicht so glimpflich davon gekommen." Glimpflich?! Was verstand sein Gegenüber bitteschön unter glimpflich? Die Dunkelhaarige hatte kaum einen Tropfen Blut mehr im Leibe gehabt. Wie konnte der Schulleiter es dann als glimpflich bezeichnen? Der alte Mann schien eindeutig ein verzerrtes Bild der Realität zu besitzen. "Hättest du den Vampir nicht vertrieben, dann wäre sie bereits tot gewesen, bevor wir zur Stelle gewesen wäre. Du hast ein Menschenleben gerettet. Also hör bitte auf dir irgendwelche Vorwürfe zu machen. Wenn, dann solltest du stolz auf dich sein." Der Brünette wandte seinen Blick ab und starrte auf seine besudelten Hände. Er sollte stolz sein? Worauf? Darauf, dass er beinahe dem Werwolf erlegen wäre und sich über das Mädchen hergemacht hätte? Dass er sich an ihrem Leid gelabt hätte? Dass er unfähig gewesen war diesem verfluchten Monster zu folgen und den Gar auszumachen? Nein. Darauf konnte er nicht stolz sein. Beim besten Willen nicht. Der Hexenmeister schien zu spüren, dass sein Schützling seine Worte anders aufgefasst hatte, als er es beabsichtig hatte. Ein leiser Seufzer stahl sich über seine Lippen. "Ich glaube es wäre besser, wenn du schlafen gehen würdest. Es war ein ziemlich langer Tag. Ein wenig Schlaf würde dir sicherlich nicht Schaden. Außerdem musst du morgen früh aus den Federn, wenn du Professor Novis nicht verärgern willst." Der Schüler nickte leicht. "Ja, Herr Professor." Dumbledore wandte sich an McGonagall. "Würdest du ihn noch zum Gemeinschaftsraum begleiten, Minerva?" "Sicherlich, Albus." In just diesem Moment klopfte es an der Tür. Die Leiterin des Gryffindorhauses öffnete diese und Professor Redwing und Novis traten ein. Der Rektor schenkte ihnen einen kurzen Blick, bevor er sich wieder an den Schüler wandte. "Du solltest jetzt gehen. Schlaf gut. - Minerva?" Diese nickte und wartete darauf, dass ihr Schützling zu ihr kam. Jener stand langsam auf. "Gute Nacht, Professor Dumbledore", murmelte er und ging auf die Tür zu. Dabei kam er an den anderen beiden Lehrern vorbei. Redwing musterte ihn besorgt, während Novis ihn abwertend und kühl ansah. Remus fing ihre Blicke nur kurz auf. "Gute Nacht, Professor Redwing. Professor Novis..." Seine Stimme klang belegt. Er war noch immer viel zu sehr ihn Gedanken. Die Mentorin lächelte und verabschiedete ihn mit sanfter Stimme. Bei Novis sah das Ganze schon wieder anders aus. "Nur weil Sie heute einiges durchgemacht haben, werde ich es morgen trotz allem nicht dulden, dass Sie zu spät erscheinen, Mr. Lupin. Sollten Sie zu spät kommen, können Sie mit einem Punktabzug rechnen." Der Braunschopf bedachte ihm mit einem finsteren Blick, verkniff sich jedoch eine bissige Antwort. Wie er diesen Widerling doch hasste. "Ja, Herr Professor. Ich merke es mir", erwiderte er lediglich und schloss zu seiner Hauslehrerin auf. Diese verabschiedete sich mit einem knappen Kopfnicken und verließ mit ihrem Zögling den Raum. Gemeinsam stiegen sie die Wendeltreppe hinab. Der Wasserspeier am unteren Ende sprang zur Seite und gab ihnen den Weg frei. Sie liefen durch die Korridore. Von der heutigen Festtagsstimmung war nichts mehr zu spüren. Die Fackeln an den Wänden waren bereits alle erloschen. Die Hexe musste ihnen den Weg mit ihrem Zauberstab leuchten. Schweigend lief er neben ihr her. Sein Blick wanderte ab und an zur Spitze des Stabes. Das Licht sickerte es dessen Ende hervor und erhellte den Gang auf spärliche Art und Weise. Der Anblick ließ den Jüngeren schläfrig werden. Er riss sich von dieser Szene los, würde er sonst noch beim Laufen einschlafen und sich einfach auf den Flur legen. Keine besonders angenehme Art der Übernachtung. Er sah sich um. Diese Szene kam ihm nur allzu vertraut vor. Es war bereits das zweite Mal, dass er und McGonagall zusammen das Büro des Direktors verließen und zu zweit auf dem Weg zum Gemeinschaftsraum der Gryffindors waren. Wie beim ersten Mal war es finster und die Zeit bereits fortgeschritten. Das Schloss lag in einer trügerischen Stille da. In wenigen Stunden würde dies anders aussehen - das wusste er, war es jeden Tag so. Sobald die Sonne aufgegangen war, regten sich die ersten Schüler und spätestens zur Frühstückszeit war ganz Hogwarts von ihnen erfüllt. Er seufzte leise. Im Moment war ihm das Frühstück eigentlich egal. Der Appetit war ihm nach dem Anblick der jungen Slytherin gründlich vergangen. Das Einzige, was er wollte und dringend benötigte, war eine Mütze voll Schlaf. Mehr bedurfte es nicht. Er beäugte die Hexe neben ihm. Ob es noch öfter vorkommen würde, dass sie ihn des Nachts durch die Korridore führte? Er hoffte es nicht - hieß dies schließlich, dass irgendetwas - bei dem er nicht unbeteiligt gewesen war - geschehen war, was sicherlich nicht gerade positiv sein würde. Er korrigierte sich. Was sicher ganz und gar nicht positiv sein würde. Davon war er felsenfest überzeugt. Ein Besuch bei Dumbledore konnte nie etwas gutes bedeuten. Normalerweise - stellte man nichts an - wurde man ja auch nicht zu ihm zitiert. Er seufzte leise. Hoffentlich bekamen seine Eltern von der Sache nichts mit. Vor allem seine Mutter würde sich um ihn Sorgen. Wenn sie fast schon in Hysterie verfiel, würde sie vielleicht noch auf die glorreiche Idee kommen ihn wieder von Hogwarts zu nehmen, war es hier ja anscheinend auch nicht mehr sicher. Vermutlich würde sie meinen, dass ihr geliebter Sohn nur bei ihr so sicher wie im Schoß Abrahams sei. Ob er dies jedoch wollte oder nicht, dass stand bei ihr dann nicht zur Debatte. Manchmal hasste Remus die Fürsorge seiner Mutter doch sehr. Er liebte sie - ja - aber das ewige Verhätscheln und die fast schon kranke Behutsamkeit, mit der sie sich um ihn kümmerte, machten es ihm doch recht schwer. Sicher - es ging jedem Kind in seinem Alter so. Noch waren sie längst nicht erwachsen. Sie zählten ja noch nicht einmal zu den Jugendlichen. Es war nur natürlich, dass die Eltern alles dafür taten, dass ihre Sprösslinge glücklich waren und eine angenehme Kindheit verlebten. Es war auch ganz natürlich, dass sie sie liebevoll großzogen und verhätschelten - wollten sie ihre Kleinen so lang wie möglich an sich binden. Wie sagten viele Leute doch? Kinder wachsen so schnell und werden so schnell erwachsen. Das war der Grund, wieso seine Eltern - besonders seine Mutter - so viel Zeit wie möglich mit ihm verbringen wollten. Er liebte sie wirklich. Allerdings fühlte er sich schon lange nicht mehr als kleines Kind. Seit sie wegen Hogwarts fast täglich zuhause diskutiert hatten, hatte er begonnen seinen eigenen Willen durchsetzen zu wollen - sich von zuhause losreißen zu wollen. Und als er es endlich - wirklich und wahrhaftig - geschafft hatte, war etwas in ihm losgetreten worden. Was genau es gewesen war, vermochte er noch nicht zu sagen. Doch was er wusste: es würde noch lange Zeit rollen. Aus einem losgelösten Kiesel wurde nach und nach ein Steinschlag - eine Steinlawine. Wann diese den Fuß des Berges - und somit den endgültigen Stillstand - erreichen würde, das lag noch im Dunkeln. Während er wieder einmal in Gedanken versunken war, hatten sie den Weg zum Gemeinschaftsraum in gedehntem Schweigen hinter sich zurückgelegt. Die Professorin blieb vor dem Gemälde der Dame in Rosa stehen. "Passwort", verlangte das Bild, doch wurde es missachtet. McGonagall wandte sich zu dem Braunschopf um. "Gehen Sie bitte unverzüglich ins Bett. Die Ereignisse des heutigen Abends sollten Sie nicht weiter kümmern. Ich kann Professor Dumbledore nur zustimmen. Sorgen Sie sich nicht weiter deswegen. Ihre Sorge würde uns nicht sehr hilfreich sein und ich denke, dass Sie bereits genügend schlaflose Nächte haben." Remus nickte stumm. Ja, die hatte er in der Tat. Das Dasein als Werwolf war anstrengend genug. Die Hauslehrerin schien sich mit der knappen Antwort zufrieden zu geben. "Schlafen Sie gut, Mr. Lupin." Als sich auch Remus von ihr verabschiedet hatte, wandte sie sich um und verließ ihn mit wehendem Umhang. Der Lichtkegel wurde immer kleiner und schließlich blieb der Erstklässler im Dunkeln zurück. Von der Wand her drang ein unzufriedenes Grummeln an sein Ohr. "Was ist jetzt mit dem Passwort? Willst du rein oder kann ich weiterschlafen?", fragte die fette Dame ein wenig kratzbürstig. "Äh, ja... Lunatic", murmelte Remus. Wie auf Kommando schwang das Porträt zur Seite und er konnte durch das Loch in der Wand schlüpfen. Auch im Gemeinschaftsraum herrschten gähnende Leere und Finsternis vor. Sein Blick fiel auf die große Uhr. Es war bereits kurz vor zwei Uhr morgens. Wie war das noch mal? Schlafen? Genügend schlafen? Wie sollte er das? In wenigen Stunden musste er wieder aufstehen. Und zu allem Übel war die erste Stunde, die er hatte, auch noch mit seinem geliebten Novis. Seine Laune stieg von Sekunde zu Sekunde je länger er daran dachte. Eine spannungsgeladene Doppelstunde Zaubertränke, in der er gegen die Müdigkeit ankämpfen durfte, von den anderen wegen des Vorfalles im Kerker schief angesehen, von Severus und Lily vehement ignoriert und von Novis angeschnauzt und schikaniert wurde. Oh ja! Er freute sich schon darauf. Wenn er viel Glück hatte, dann durfte er mit Peter zusammenarbeiten. Peter - dessen stärkstes Fach Zaubertränke war - natürlich nach Verwandlung, Fliegen, Zauberkunst und wie die anderen Fächer noch alle hießen. In Gedanken schalt er sich einen Narren. Wie konnte er nur so schlecht von Peter denken? Peter war sein Freund. Sicherlich war er nicht der beste Schüler, aber so schlecht war er nun auch wieder nicht. Ihm fehlte es einfach an Übung. Mehr war es nicht. Außerdem war er selbst ja auch kein Genie in Zaubertränke. Stöhnend fuhr er sich mit einer Hand durch sein Haar. Er bereute es Augenblicklich, blieben einige kleben. Er hatte ganz vergessen, dass seine Hände voller Blut waren. Inzwischen war es halbwegs eingetrocknet, doch es klebte noch immer höllisch. Ein erneutes Seufzen entrann seiner Kehle. Wieso musste es immer ihn treffen? Wieso wurde er immer in solche Dinge mit reingezogen? Er schüttelte leicht den Kopf. Es wäre besser, wenn er nicht weiter darüber nachdachte. Im Moment war er aufgestachelt und aufgewühlt. Er verrannte sich mit seinen Gedanken. Am besten ging er heiß duschen und anschließend schlafen ohne weiter über die Ereignisse des heutigen - nein, gestrigen Abends zu brüten. Mit schleichenden Schritten durchquerte er den Raum und ging die steinerne Wendeltreppe nach oben. Jeder Schritt, den er tat, fiel ihm schwerer. Er war unendlich müde. Alles in ihm schrie nach Schlaf. Nach Ruhe. Nach Erholung. Er erreichte die Tür zu seinem Schlafsaal und wollte sie aufschieben, hielt jedoch inne. Durch einen Spalt drang fahles Licht aus dem Zimmer. Er lauschte und musste sich nicht besonders anstrengen, um zu hören, was beziehungsweise das dort drin etwas vor sich ging. Füße tapsten über den Boden und immer wieder wurde ein verräterisches "Psst!" laut. ,Was machen die da drin?', fragte er sich verwirrt und überlegte, ob er wirklich reingehen sollte. "Wo bleibt er nur?", fragte James laut. "Er muss doch bald mal kommen." Warteten die anderen etwa auf ihn? Aber wieso? Doch ihm blieb nicht genügend Zeit, um weiter darüber nachzudenken, denn just in diesem Moment wurde die Tür geöffnet. "Ich schau mal nach ihm", sagte Sirius an die anderen gewandt, ohne auf den Weg vor sich zu achten. Remus wollte einen Schritt zurückweichen, doch zu spät. Der Größere lief direkt in ihn rein. Sie gingen beide ächzend zu Boden. Dem Braunschopf tat alles weh, war er hart auf den Stufen gelandet. Sirius blinzelte ihn verwundert an. Er lag auf dem Jüngeren - womit er weicher gefallen war - und grinste ihn an. "Ich hab ihn gefunden!", rief er den anderen zu. Er stand auf und reichte Remus die Hand, doch dieser nahm sie nicht an, sondern stand allein auf. Wieder blitzte in den Augen des Schwarzhaarigen Verwirrung auf. Hatte er was falsch gemacht? "Entschuldige Remus. Sei nicht sauer. War keine Absicht." Der angesprochene Gryffindor lächelte nur milde. "Ich bin nicht sauer." Sirius fragte sich sicherlich, wieso Remus sich nicht hatte von ihm aufhelfen lassen. Es lag ganz allein daran, dass seine Hände mit dem roten Lebenssaft besudelt waren. Er würde dem Dunkelhaarigen damit nur einen heiden Schreck einjagen. Bei seinem letzten Satz hatte sich das Gesicht des jungen Black erhellt. Er lächelte. "Komm mit! Schnell!" Er lief voraus. Der Brünette schmunzelte. Er zog seinen Umhang zu, um die Blutflecken zum größten Teil zu verbergen und folgte. Hinter ihm viel die Tür ins Schloss. Irritiert wandte er sich um. Peter lächelte, war er der kleine Hausgeist gewesen. "Auf drei!", meinte James. Diesmal drehte sich Remus zu dem Spross der Potters. Was sollte das Ganze? "Eins - zwei - drei!" "Alles Gute zum Geburtstag", gaben die drei Gryffindors synchron von sich. Jetzt war er vollkommen ratlos. Durcheinander sah er seine Mitbewohner einen nach dem anderen an. "Woher wisst ihr, dass ich... dass ich heute..." "Dass du gestern Geburtstag hattest?", fragte Sirius lächelnd und deutete auf die Uhr, um ihm nochmals zu verdeutlichen, dass es bereits weit nach Mitternacht war. Als Antwort erhielt er ein schwaches Nicken. James grinste. "Naja, deine und meine Eltern sind ja gut miteinander befreundet. Deswegen war es nicht besonders schwer", erwiderte er schmunzelnd, doch auf seinem Gesicht machte sich etwas Fragendes breit. "Wieso hast du uns nicht gesagt, dass du Geburtstag hast?" Der Braunschopf zuckte ein wenig unbeholfen mit den Schultern und senkte seinen Blick. "Ich wollte nicht feiern. Ich hasse es im Mittelpunkt zu stehen." "Ja und? Einmal im Jahr geht das schon", meinte Sirius, der ihn noch immer unversonnen ansah. "Ja, aber..." Der junge Black lief zu ihm und lächelte. Er ging in die Knie und sah zu ihm auf. "Nichts aber. Jetzt vergiss deine Vorsätze und feier' gefälligst! Das ist ein Befehl!" "Ich..." Er wandte seinen Blick ab. Eigentlich wollte er ja feiern, aber die anderen hatten es sicherlich nicht nur dabei belassen. Wahrscheinlich hatten sie ihm auch noch irgendwelche Geschenke besorgt. Genau genommen war das der ausschlaggebende Faktor gewesen. Wenn sie ihm etwas schenkten, dann war es nur allzu verständlich - allein des Anstandes wegen - wenn er ihnen wiederum auch etwas zurückgab. Aber ob es ihm auch finanziell möglich war? Er fühlte sich unwohl in seiner Haut. Wieso gab es so etwas wie Geburtstage überhaupt? Und wer hatte sich den Brauch ausgedacht, dass man dieser Tage etwas geschenkt bekam? Sicherlich niemand ohne Geld. Vielleicht ein Großvater, der seinen Enkeln eine Freude hatte machen wollen. "He, Remi. Hör auf so ein Gesicht zu ziehen", meinte Sirius und fasste ihn am Arm. "Jetzt komm... Was hast du denn da gemacht?!" Er sah geschockt auf die entblößte Hand Remus'. Er schob dessen Umhang beiseite. Auch die Kleidung des Geburtstagskindes war beschmutzt. "Du bist ja voller Blut. Woher..." Auch die anderen starrten ihn entsetzt an. In James' Augen blitzte es. "Ach du warst das! Unten im Kerker. Die anderen haben etwas von Vampir gefaselt. - Du warst da unten, oder?" "Stimmt das, Remus?", wollte Sirius wissen. Der Braunschopf machte sich los und wandte sich von den anderen ab. "Ja, das war ich", erwiderte leise. "Aber... Ich bin unschuldig." "Was ist da unten genau passiert?", fragte der junge Potter. Einige Zeit herrschte Stille, bis der Brünette sich schließlich in Bewegung setzte und Richtung Bad ging. "He, Remus. Jetzt warte doch mal", rief der Schwarzhaarige und lief ihm hinterher. "Ich geh duschen", sagte dieser nur und verschwand im Nebenzimmer. Man konnte ein Klicken wahrnehmen. Die Tür war verschlossen. James blieb einen Moment reglos stehen, bevor er sich zu Sirius umwandte und ihn fragend ansah. Dieser zuckte lediglich mit den Schultern. Remus seufzte gequält. Während er auf die Dusche zuging, pellte er sich aus seiner Kleidung und lies diese unbeachtet auf dem Boden liegen. Er drehte das Wasser auf und erschauderte zunächst, als ihm das kühle Nass über die Haut strömte. Es dauerte nur wenige Augenblicke, bis er sich an die Temperatur gewöhnt hatte und sich langsam entspannen konnte. Er besah seine Hände. Das Wasser vermischte sich mit dem daran haftenden Blut und schwemmte es langsam fort. Zu seinen Füßen bildete sich ein roter Strudel. Sein Blick trübte sich. Er musste unweigerlich an das Slytherinmädchen denken. ,Was für eine Bestie tut einem Menschen so etwas Grausames an?', dachte er betroffen. ,Wie konnte dieser Vampir nur ins Schloss kommen? Papa hat doch gesagt, dass Hogwarts einer der sichersten Orte auf der ganzen Welt sei und niemand so einfach ohne weiteres unbefugt hineingelangen kann. Wie ist er also reingekommen?' Eine äußerst verzwickte Lage. Wenn er richtig lag, dann musste ihn gezwungener maßen jemand eingelassen haben. Aber wer sollte schon so dumm sein? Oder besser gesagt: wer sollte ein Motiv haben einen Blutsauger einzulassen, der womöglich die Hälfte der Hogwartsbewohner binnen kürzester Zeit ausgesaugt hatte? Ein Schüler? Nicht sehr reell. Die niederträchtigsten von allen befanden sich im Hause Slytherin und einen Schüler aus dem eigenen Hause anfallen? Schwer denkbar. Ein Lehrer? Aber waren die Lehrer nicht dazu da, um ihre Zöglinge zu beschützen? Dumbledore hätte wohl kaum jemanden eingestellt, der es darauf abgesehen hatte, seinen Schäfchen etwas anzutun. Wobei er sich da bei Novis recht unsicher war. Vielleicht hatte er ja doch... Am besten versuchte er dem Ganzen auf den Grund zu gehen. Ein wenig Detektivarbeit konnte nicht schaden. Für alles musste es eine vernünftige Erklärung geben. "Naja, mehr oder weniger vernünftig", murmelte er. Er griff nach dem Shampoo und begann seine Haare zu waschen, waren diese ebenfalls verklebt. ,Es wird schwer werden genaueres herauszubekommen.' Er seufzte. Im Moment war das Misstrauen seiner Schüler ihm gegenüber geweckt, hatte die anderen ihn mit dem blutüberströmten Mädchen in Armen gesehen. Sie würden ihm mit argwöhnischen Blicken hinterher sehen. ,Hör auf drüber nachzudenken, Remus', ermahnte er sich in Gedanken. ,Was geschehen ist kannst du nicht ändern. Das wird sich alles wieder einrenken. - Hoff ich zumindest...' Er drehte das Wasser aus, griff sich ein Handtuch und trocknete sich mit eben diesem ab. Schließlich schlang er das Stück Stoff um seine Hüfte und hob seine Klamotten auf. Diese nahm er zu einem Bündel zusammen und steckte sie in den Wäschekorb. Kurz hielt er inne und verfluchte sich. Er hatte keine Sachen zum Umziehen mit rein genommen. Und so wollte er nicht rausgehen. Dann sahen die anderen seinen geschändeten Körper. Sein Blick glitt zu seinem Bademantel. ,Geht nicht. Dann muss ich mich draußen umziehen...' Nachdem er den Raum ein zweites Mal abgesucht hatte, musste er über seine eigene Vergesslichkeit schmunzeln. Am Morgen hatte er sich hier umgezogen und glücklicherweise seinen Pyjama liegen lassen, in welchen er nun schlüpfte. "Manchmal hat es doch seine Vorteile sich nicht alles merken zu können." Er knöpfte den letzten Knopf zu und ging schließlich zur Tür. Mit einem weiteren Klicken schloss er diese auf und öffnete sie. Sirius, James und Peter sahen ihn gespannt an, doch schon nach einem Wimperschlag schlugen Sirius Gesichtszüge um. "Äh, Remus...", begann er in ungläubigem Ton. "...wieso... hast du deinen Pyjama an? Du willst doch jetzt nicht wirklich schlafen gehen, oder?" Der Brünette lächelte. "Naja, ich dachte, dass ich nach der Party zu müde bin um mich noch umzuziehen. Und so kann ich mich dann schließlich gleich ins Bett fallen lassen." Zunächst erntete er überraschte Blicke, doch bald schon begannen die anderen drei bis über das ganze Gesicht zu grinsen. "It's showtime", meinte der junge Black feixend. ~~~~~ 1.Akt, Kap.XII - Ende ~~~~~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)