Die Kindheit eines Wolfs von Kazumi (Hogwarts 1971 - 1978) ================================================================================ Kapitel 20: 1.XX.Remus, the singing werewolf -------------------------------------------- ~~~~~ 1.Akt: Kapitel XX: Remus, the singing werewolf ~~~~~ Es war still. Totenstill. Stumm blickten die Schüler zu ihrem Direktor auf, der mit langsamen Schritten die letzten Stufen der Marmortreppe hinter sich lies und sich schlussendlich Remus und seinen Freunden zuwandte. Er nickte nur kurz und gab ein kurzes Zeichen, sodass Madame Pomfrey die letzten Meter überwand und neben Lily zur Ruhe kam. Severus war zur Seite gewichen und lies sie zu ihrer Patientin heran. "Das sieht schlimm aus", murmelte die Hexe leise und sah zu Remus. "Wie geht es dir." Dieser nickte nur leicht, als Zeichen, dass er eigentlich in Ordnung war. Gut. Genau genommen war er ganz und gar nicht in Ordnung brannte sein Körper noch immer auf seltsame Weise, allerdings brauchte der Rotfuchs eher Hilfe, als er. Also musste es ihm zwangsläufig gut gehen. Madame Pomfrey nickte dem Spross der Lupins nur leicht zu, zog ihren Zauberstab und im nächsten Moment hatte sie die junge Gryffindor mit einem Schwebezauber in die Luft gehoben. Sirius und James wichen zur Seite, sodass die Krankenschwester mit eiligen Schritten die Treppen nach oben laufen konnte - neben ihr die Verletzte in der Luft mit dem Zauberstab taktierend. Die Blicke der Schülerschaft war ihnen gefolgt, doch als sie außer Sicht waren, ergriff Professor Dumbledore wieder das Wort und zog somit alle Aufmerksamkeit auf sich. "Meine Lieben. Ich bitte euch diesen Vorfall für heute auf sich beruhen zu lassen und schlafen zu gehen. Ich möchte eure Gemüter zu so später Stunde nicht beunruhigen, was eigentlich schon zu spät ist. Morgen beim Frühstück werden wir das Ereignis genauer diskutieren - in Anwesenheit aller Schüler. Solang möchte ich euch darum bitten ruhig zu bleiben und keinen falschen Anschuldigungen nach zu gehen. Zum Wohl aller." "Keine falschen Anschuldigungen?", rief eine Slytherin außer sich. "Aber es ist doch klar war Schuld an alledem hat." Sie deutete mit scharfer Geste auf Remus. Fast augenblicklich zog sich alles in dem Werwolf zusammen. Jetzt war es also wieder soweit. Nun musste er sich wieder den Spott, die Verachtung, den Hohn der anderen antun. Ihn ertragen, verdrängen, verarbeiten. "Er! Immer ist er da, wenn es um einen vermeintlichen Vampirangriff geht! Es kann nur dieser kleine-" "Halten Sie Ihre Zunge in Zaum, Miss Bloxam", schnitt eine kalte Stimme ihr das Wort ab. Die Schülerin sah irritiert und auch leicht erschrocken auf. Novis funkelte sie drohend an. Wie es Remus schien, schien sie ihren Ohren nicht glauben zu wollen. So wie er es ebenso wenig tat. Hatte Novis gerade wirklich Partei für ihn ergriffen? Wenn ja, warum? "Aber Professor...", begann sie ein wenig zerstreut, doch wusste nicht mehr, was sie zu sagen hatte und lies somit ihren Blick beschämt zu Boden sinken. "Ihr habt den Direktor gehört. Heute Nacht keine Beschuldigungen und Belanglosigkeiten. Geht schlafen. Wer in fünf Minuten noch hier ist riskiert 10 Punkte Abzug für das jeweilige Haus. Also, wenn ich bitten dürfte." Betretenes Schweigen trat ein. Es dauerte lang bis die ersten Schüler sich stumm in Bewegung setzten. In nur wenigen Minuten hatte sich die Eingangshalle geleert. Remus saß noch immer neben Severus auf dem Boden - sprachlos. Das Schwindelgefühl, die Übelkeit, die Hitze - sie erfüllten den Körper des Jungen ohne abzuklingen. Doch erst jetzt, nachdem Lily in Sicherheit war, spürte er sie wieder. Mit einem lautlosen Stöhnen griff er sich an den Kopf, sah er bunte Flecken vor seinen Augen tanzen. "Alles in Ordnung?", fragte Severus mit besorgt klingender Stimme und legte ihm besänftigend die Hand auf den Rücken. Remus konnte nur ein wenig nickten. Es ging ihm mehr oder weniger gut. Er sah auf. Auch die Blicke der anderen Anwesenden ruhten auf ihm. Sie schienen sich wirklich Sorgen um ihn zu machen. Gut. Vielleicht nicht alle. Novis blickte wie 7 Tage Regenwetter - wenn dies überhaupt reichte - drein. Um zu zeigen, dass es ihm gut ging, kämpfte er sich auf seine Füße. Auch wenn er ein wenig schwankte, er stand. An seiner Schulter spürte er eine ihn stützende Hand. Severus musste ihn festhalten. Das wusste er ohne hin sehen zu müssen. Wer sonst? "Ich bitte euch in mein Büro", sagte der alte, bereits ergraute Zauberer in sanftem Ton. "Auch wenn ihr den Schlaf nötig habt. Ich möchte und kann es nicht aufschieben." "Aber Professor", warf Andromeda ein, die still auf der Treppe stand und gewartet hatte, "Remus geht es nicht gut. Das sehen Sie doch. Vielleicht sollte er lieber auch auf die Krankenstation." Der Schulleiter warf erst dem jungen Gryffindor und dann der Ravenclaw einen Blick zu. Er lächelte sie an. "Es tut mir leid, Andromeda. Aber es muss sein. Ich kann keinen Aufschub dulden." Wieder drehte er sich zu Remus um. "Bist du damit einverstanden, Remus?" Die Stimme klang zwar beschwichtigend, aber einen Unterton eines Befehls war nicht zu überhören. Selbst wenn er gewollt hätte, er konnte nicht anders, als zu nicken. Was sollte er schon tun? Wenn der Zauberer mit ihm reden wollte, dann würde er mit ihm reden. Ob der Schüler es wiederum wollte oder nicht, das tat nichts zur Sache. "Gut. Gehen wir." Die Schüler und Professoren setzten sich in Bewegung. Severus half Remus dabei die Stufen zu erklimmen, schien es für ihn zu offensichtlich, dass sein Freund nicht mehr konnte, obgleich der Jüngere sich nichts anmerken lies. Außer einem leichten Zittern ab und an und ein wenig erhöhter Temperatur war äußerlich nichts zu sehen oder zu spüren. Remus konnte nicht anders, als leicht zu lächeln. ,Severus...' Als sie nach oben gingen, kam er an Andromeda vorbei, die noch immer starr dastand und ihn musterte. Sie erschien ihm aufgewühlt und durcheinander. "Alles in Ordnung?", fragte sie mit leicht belegter, bebender Stimme. Remus nickte nur ein wenig, konnte er ihr auf keine andere Weise antworten. "Ganz sicher?" Sie wollte ihm nicht glauben. Konnte ihm nicht glauben. Der Braunschopf wusste, dass sie weiterfragen wollte, doch als ihr Cousin ihr die Hände auf die Schultern legte, sie aufmunternd anlächelte und ein paar Stufen nach oben schob, ergab sie sich. Wahrscheinlich, so dachte sie, musste Remus es selbst besser wissen. Wenn er nicht wollte, dann konnte sie ihm nicht zu seinem Glück zwingen. Es wäre falsch. Und schlecht. Nicht nur für ihn. Auch für die anderen. Unglücklichsein steckte an. Die ganze Kolonne war schweigend durch das Schloss gewandert. Erst als Dumbledore das Passwort zu seinem Büro gesagt hatte - warme Honigmilch - hatte er sich zu den Schülern und Lehrern umgewandt. "Ich würde zunächst gern mit dir allein sprechen, Remus", begann er und warf diesem einen kurzen Blick zu, bevor er mit den anderen hier Anwesenden sprach. "Ich bitte euch so lang hier zu warten. Es wird nicht lang dauern." Ein Großteil nickte, Novis tat nichts und Sirius - der schien seinen Ohren nicht zu trauen und begehrte auf. "Aber Professor. Warum können wir nicht gleich mit raufkommen? Remus sagt uns doch sowieso was passiert ist." Der Direktor lächelte milde. "Natürlich. Aber ich möchte trotzdem gern ein Wort unter vier Augen mit ihm wechseln. - Folge mir, Remus." Und damit war die - wirklich sehr kurze - Unterredung beendet. Ohne ein weiteres Wort ging der alte Zauberer voraus. Sein Schützling folgte ihm stumm. Man konnte Sirius' Proteste noch immer laut und deutlich vernehmen. Kurz darauf hörte man, wie er sich mit James stritt, schien dieser ihn besänftigen zu wollen. Besänftigen? James Sirius? Ja, manchmal war des Leben makaber. Die anderen - zuminderst Andromeda - schienen sich ebenso einzumischen, doch davon bekam Remus schon nichts mehr mit. Er war zu sehr in Gedanken. Nein. Eigentlich konnte er im Moment nicht wirklich denken. Er war einfach nur aufgelöst und starrte vor sich in die Leere. Die Treppe begann sich hinauf zu winden. Unten sprang der Wasserspeier wieder vor den Eingang und lies die anderen warten. Als sie die Bürotür der Schulleiters erreicht hatten, stoppten die Stufen. Dumbledore öffnete die Tür und trat ein. Er hielt sie seinem Schüler auf und wartete, dass dieser ihm folgte. Hinter Remus schloss er die Tür wieder, ging an ihm vorbei und auf seinen Schreibtisch zu. Dabei wies er auf den Ledersessel vor seinem Arbeitsplatz. "Bitte setzt dich, Remus." Schweigend und ohne Widerworte ging der Gryffindor auf die gepolsterte Sitzgelegenheit zu und lies sich nieder. Sein Blick war gesenkt. Er starrte auf die blutbefleckten Hände, die verschlungen ineinander in seinem Schoß lagen. Sein Blick war stumpf und starr. Zwar sah er seine Hände, sah sie aber zugleich nicht. Er nahm lediglich das von Lily an ihm haftende Blut war. Und es tat weh es zu sehen. Es schmerzte daran zu denken was für Höllenqualen seine Freundin gerade litt. Sie stand mit einem Bein im Grab, das wusste er nur zu genau, war die Attacke wirklich ernst gewesen. Doch helfen konnte er ihr trotzdem nicht. Ihr Schicksal lag nun in Madame Pomfreys Händen und er hoffte inständig, dass es ihr gelang den Rotschopf wieder gesund zu pflegen. Er wusste, dass sie ihre Arbeit wirklich gut verstand und auch ausführte, aber das beklemmende Gefühl in seiner Brust lies sich trotz des Gedanken nicht lindern. Es schnürte ihm halb die Kehle zu, mit der Ungewissheit im Nacken, dass Lily vielleicht... "Möchtest du einen Tee? Er ist gut für die Seele", sagte Dumbledore mit sanfter, aber auch eindringlicher Stimme. Remus schüttelte nur leicht den Kopf. Für seines Seele würde noch nicht einmal der Hogwartssee voll mit Tee genügen. Ein leises Seufzen drang an sein Ohr, doch er sah nicht auf. "Remus... Ich weiß es ist schwer, aber glaube mir - Poppy wird sich gut um Lily kümmern. Sei unbesorgt. In ein paar Tagen geht es ihr besser." Der junge Zauberlehrling sah auf. Wollte ihm an den Kopf werfen, wie er sich da so sicher sein konnte, waren die Verletzungen doch wirklich schlimm; doch über seine Lippen drang kein Ton. Nur seine Augen zeugten von Schmerz. Verbittert biss er sich auf die Unterlippe und senkte den Blick. Er ballte die Hände zu Fäusten. Ärger stand ihm ins Gesicht geschrieben. Malfoy würde dafür bezahlen. Ganz sicher. Das schwor sich Remus in diesem Moment. "Was wolltest du sagen?", fragte sein Gegenüber. "Egal. Ich bekomme ohnehin kein Wort über meine... Lippen?" Irritiert sah Remus auf. Seine Stimme war mit einem Mal wieder da. Er blickte den Zauberer an, welcher sanft lächelte. "Besser?" "..." Remus nickte leicht. Vor ihm auf dem Tisch stand eine einladende Tasse, deren Dampf nach oben in die Luft stieg und schon nach wenigen Zentimetern verflog. "Bitte trink", forderte der Direktor ihn auf und nahm selbst seine Tasse zur Hand. Er trank einen Schluck und lies dabei seinen Schützling nicht aus den Augen. Nach einigen Momenten des Zögerns griff der Erstklässler nach dem Trinkgefäß und hielt es mit beiden Händen fest. Er besah sich die klare Flüssigkeit. Sein Gesicht spiegelte sich ein wenig in ihr. Soweit er das beurteilen konnte, sah er grauenhaft aus. Fast so, als hätte er Nächte lang nicht geschlafen. Die Oberfläche der Labung bebte leicht, was wohl an seinen zitternden Händen lag. Der Spross der Lupins war sehr angespannt. In ihm herrschten noch immer Angst und Schrecken vor, die er so leicht nicht unterdrücken oder gar vergessen konnte. Still hob er die Tasse langsam zu seinen Lippen und trank zunächst einen kleinen, dann aber einen großen Schluck, mit dem insgeheimen Gedanken sich so von allem Vergangenen rein zu waschen, wohl mit dem Bewusstsein, dass es ihm nicht gelingen würde. Aber es war ihm einen Versuch wert. "Es tut mir leid, dass es so weit gekommen ist", begann der alte Mann langsam - gedehnt. "Ich hätte nicht zulassen dürfen, dass so etwas noch einmal geschieht." Remus' Augen verengten sich ein wenig. Da hatte sein Mentor tatsächlich Recht. Schon beim ersten Angriff hatte er geschworen etwas gegen den Vampir zu unternehmen und nun war es wieder passiert. Diesmal war es sogar noch schlimmer gewesen, als beim letzten Mal. Und diesmal war es zudem noch jemand aus seinem Bekanntenkreis. Nein, nicht Bekanntenkreis. Aus seinem Freundeskreis. Und wieder hatte der Direktor nicht helfen können. Hatte nun nur leere Worte - Floskeln für ihn. Mitleid. Dabei brauchte er kein Mitleid, hatte er selbst schon genug davon für sich übrig. Das, was Remus benötigte waren Taten - Hilfe. Lily bedurfte Hilfe. Und es musste endlich jemand gegen diesen Blutsauger vorgehen. Man konnte ihn doch nicht einfach ungeschoren davonkommen lassen. Das war ein Ding der Unmöglichkeit. Es war nur eine Frage der Zeit wann er wieder zuschlagen und ein neues Opfer fordern würde. Sah Dumbledore das denn nicht? War er auf seine alten Tage so blind geworden? Oder war er einfach so naiv? Selbst Remus war nicht so dumm dem Leitsatz des Direktors - "Jeder verdient eine zweite Chance." - in dieser Hinsicht zu folgen. Es war nicht einfach nur falsch. Es war frevelhaft. "Ich weiß, dass ich meine Pflichten als Schulleiter auf abgrundtief schlechte Weise vernachlässigt habe", fuhr der Lehrer fort, "und ich weiß auch, dass du mit Sicherheit zornig bist, dass ich nichts unternommen habe, Remus. Aber bis jetzt war es mir nicht möglich zu Handeln." "Warum?", fragte der Schüler und sah auf. "Warum ist es Ihnen nicht möglich etwas zu unternehmen?" Der Zauberer mit schütterem Haar schüttelte nur leicht den Kopf. "Tut mir leid, aber diese Frage kann ich dir nicht beantworten, Remus." "Warum sagen Sie es mir dann? Wenn Sie mir die Frage ohnehin nicht beantworten? Ich verstehe Sie einfach nicht", fuhr der Braunschopf seinen Gegenüber in schroffer Weise an. "Wieso haben Sie nichts unternommen, als der Vampir das erste Mal sein Unwesen getrieben hat? Wieso haben Sie gewartet? Warum? Warum musste erst noch Lily angefallen werden? So etwas ist unverantwortlich! Unverzeihlich! Ich dachte Ihnen ist die Sicherheit ihrer Schüler wichtig. Aber so wie Sie handeln ist es mir ein Rätsel wie Sie ihre banale Versprechung in die Tat umsetzen. Es ist mir gleich, ob die anderen mich für den Schuldigen halten. Würden Sie den Vampir endlich ausfindig machen, dann wäre es ohnehin geklärt. Aber ich will nicht noch mehr unschuldige Opfer verzeichnen lassen. So kann das doch nicht weiter gehen. Ich meine... Meinetwegen können die anderen gern auf mir herumhacken solang niemandem etwas passiert. Ich bin ein Werwolf und kein Vampir! Aber Sie sollten etwas unternehmen, dass der Bluthund nicht noch mehr Schüler - ja, vielleicht auch Lehrer oder Leute aus Hogsmeade oder was weiß ich wen anfällt! Das ist ihre verdammte Pflicht!" Während er geredet - oder eher geschrieen - hatte, hatten sich Tränen ihren Weg gebahnt. Mit roten Augen und nassem Gesicht sah er den Zauberer auf der anderen Seite des Schreibtisches an. Sein Körper zitterte noch immer heftig. Nach wenigen Sekunden riss er seinen Blick los und starrte zu Boden. Erst jetzt wurde ihm bewusst was er gesagt hatte und vor allem wie und warum er es gesagt hatte. Eigentlich war der Direktor vollkommen unschuldig. Remus hatte einfach nur nach einem Ventil gesucht um seinen aufgestauten Frust und seine Wut los zu werden. Und dieses Ventil war Dumbledore. Er war einfach nur zur falschen Zeit bei seinem Zögling gewesen. Hätten sie morgen über die Sache gesprochen, hätte Remus' Reaktion wahrscheinlich ganz anders ausgesehen. "Entschuldigung... Es tut mir leid. Ich wollte nicht..." "Du musst dich nicht entschuldigen, Remus. Du hast vollkommen Recht." Zögernd sah der Gryffindor auf. Hatte er da etwa richtig gehört? Hatte Dumbledore ihm etwa zugestimmt? Ohne Kompromiss? Ohne Widerspruch? "Ich hätte mehr tun müssen. Ich hätte es vielleicht verhindern können. Aber nun ist es zu spät. Ich kann nur noch hoffen, dass Lily wieder gesund wird. Allerdings kann ich mich nur wiederholen, dass Madame Pomfrey ihre Arbeit wirklich versteht. Auch wenn es wie eine Ausrede klingt. Ich verspreche dir, Remus, es wird sich klären. Ich kann dir nicht viel sagen, nur soviel, dass ich ahne wer hinter allem steckt." "Wer?", fragte der Erstklässler rasch und erntete ein leichtes Lächeln, seitens seines Gegenüber. "Tut mir leid. Das kann ich dir wirklich nicht sagen, da ich noch nicht sicher bin. Und falsche Anschuldigungen gehören zu den fatalsten Dingen, die ein Mensch sich leisten kann. Ungeklärte Dinge sollte man unausgesprochen lassen." "Ich verstehe", antwortete Remus mit einiger Verzögerung und nickte leicht. Er wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. "Verzeihen Sie, dass ich so unhöflich war." "Du bist noch ein Kind", lautete die einfache Feststellung. Zwar klang es wie eine Beleidigung, doch der junge Lupin empfand sie als keine. "Kinder sind manchmal unhöflich, sprechen dafür aber die Wahrheit. Sie bringen sie auf den Punkt und beschönigen sie nicht auch noch." Ein sanftes Lächeln deutete sich an. "Dafür liebe ich sie. Dafür liebe ich sie und all die anderen Menschen, die in der Lage sind die Wahrheit zu sagen, die in diesen Tage so selten geworden ist. Doch wenn man einen Menschen richtig anfasst, dann kann man ihn dazu bewegen ein wenig mehr von seiner lichten Seite zu zeigen und der Wahrheit auf die Spur zu kommen. Darum sollte man jedem die Möglichkeit für eine zweite Chance geben. Niemand hat es verdient sofort verurteilt zu werden. Du weißt doch selbst wie schmerzlich es ist, nicht? Man muss dem Menschen immer wieder neue Chancen geben. Manchmal benötigen sie mehr, als nur eine Zweite. Manchmal bedarf es einem Dutzend oder noch mehr. Aber wenn man nicht aufhört sich zu bemühen, dann kann es etwas werden. Dann ist es durchaus möglich anderen den richtigen Weg zu weisen." Schweigend saßen sie da. Remus wusste nichts auf diese Worte zu antworten. Sie waren verwirrend, aber gleichzeitig auch sehr beruhigend und klar. Der Zauberer hatte recht. Man durfte die Flinte nicht ins Korn werfen, nur weil man einmal nicht ins Schwarze traf. Irgendwann klappte es sicher. "Vielleicht solltest du jetzt gehen, Remus." Ein sanfter, aber auch besorgter Blick ruhte auf dem Erstklässler. "Eigentlich wollte ich mit dir über den Vorfall reden, aber ich denke, dass du dringend Ruhe benötigst. Man sollte seinem Selbst nicht zu viel zumuten. Es wäre mir lieb, wenn du schlafen gehen und dich ausruhen würdest. Ich weiß, dass es dir schwer fällt in so einer Situation zu entspannen, aber das ist das Beste für dich. Morgen sieht alles ganz anders aus." "Darf ich... Darf ich Lily besuchen gehen, Sir?" "Nicht heute. Morgen. Sobald du gefrühstückt hast, kannst du jederzeit zu ihr gehen." Remus nickte leicht und stellte seine halbvolle Tasse auf den Tisch. "Ich danke Ihnen, Professor." "Nein. Ich habe zu danken. Du hast Lily gefunden." Remus antwortete nicht und stand nur langsam auf. "Darf ich gehen?", fragte er mit unsicherer Stimme und erhielt ein Kopfnicken als Antwort. "Sicher. Aber könntest du mir noch einen Gefallen tun? Die Große Halle müsste noch entdekoriert werden." "Der Zauber verfliegt gegen drei Uhr." Er warf einen Blick auf die nahe Uhr. "In einer halben Stunde ist der Saal so gut wie neu." Dumbledore nickte abermals. "Wenn du willst, kannst du gehen. Wenn du nach unten gehst, schicke mir bitte die anderen vorbei. Damit wärest du mir eine große Hilfe." "Sicher..." Der Erstklässler ging zur Tür und verschwand nach draußen. Mit gemächlichem Schritt ging er die Stufen nach unten, während sich die Treppe zusätzlich abwärts wand. Unten angekommen sprang der Wasserspeier abermals zur Seite und gab den Weg zum Korridor frei. Dort standen noch immer die anderen und sahen ihn gespannt an. "Professor Dumbledore wartet", war das Einzige, was er sagte, bevor er an ihnen vorbei ging und langsam in der Dunkelheit verschwand. Hinter ihm ertönten die irritierten Rufe Sirius', die jedoch schnell verstummten, schien er es einzusehen, dass er seinem Freund im Moment so nicht zusprechen oder helfen konnte. Mit langsamen Schritten durchquerte Remus das Schloss. Sein Blick war starr gerade aus gerichtet. Ein kalter Schauer durchlief ihn, war es inzwischen recht kalt geworden. Es war eine beängstigende Kälte. Es fühlte sich nicht normal an. Nicht so, als ob sie von außen her auf ihn einwirkte. Es fühlte sich so an, als ob die Kälte tief in seinem Inneren zu entstehen hatte begonnen. Seine Haut selbst fühlte sich noch angenehm war - inzwischen vielleicht sogar ein wenig heiß - an, während sein Blut - so fühlte es sich zumindest an - immer kälter würde. Remus glaubte, dass flüssiges Eis durch seine Venen floss. Oder halb flüssig, tat es ab und an weh. Fast so, als ob kleine Splitter die Gefäße verletzten oder durchbohrten - auch wenn es kein allzu schlimmer Schmerz war. Ob das Ganze die Nachwirkungen des Cruiatus waren? Fühlte es sich immer so grauenhaft an, wenn der Körper die letzten Schritte gegen einen der starken, verbotenen Flüche anwandte? Oder waren es die ersten Anzeichen der nahenden Vollmondnacht, die sich mit den heutigen Erlebnissen einfach nicht zu vereinen wussten? Heute war der achtzehnte - nein, inzwischen der neunzehnte Dezember. Und am Dienstag - in zwei Tagen - war Vollmond. Nur noch eine kurze Zeit. Es war nicht verwunderlich, dass der Nachwuchs dem Lupins daher so elend zumute war. Eigentlich war es eine einfache Reaktion des Körpers. Und trotzdem. Noch nie hatte er sich so schlecht gefühlt. Plötzlich riss ihn eine schrille Stimme aus seinen Gedanken. Er sah auf und erblickte das Porträt der in rosa gekleideten fetten Dame. Die Farbe des Kleides stach ihm auf entsetzliche Weise in die Augen, die sich gerade so sehr an die Dunkelheit gewöhnt hatten. "Oh mein Gott. Wie siehst du denn aus? Du bist ja blutüberströmt. Also ist das, was man sich erzählt wirklich war? Also hat schon wieder ein Vampir eine Schülerin angegriffen?" "Justitia", murmelte Remus nur matt das Passwort. "Eine Gryffindor, wenn ich richtig gehört habe", fuhr die Dame fort ohne auf ihn einzugehen. "Geht es ihr gut? Ist sie schwer verletzt? Jetzt sag doch etwas, Junge." "Justitia..." "Jaja, ich lass dich ja gleich rein. Aber jetzt sag schon. Geht es ihr gut?" "Verdammt noch mal! Justitia!", fuhr Remus sie an und musste sich beherrschen nicht wieder wie bei Dumbledore seinen Frust raus zu lassen. Die fette Dame verstummte augenblicklich und sah den Erstklässler schweigend an. Ohne ein weiteres Wort schwang sie zur Seite und gab den Weg zum Gemeinschaftsraum frei. Dieser war bereits leer, finster und kalt. Im Kamin glimmte die Glut noch ein wenig vor sich hin. Auch hier war es nicht wärmer, als in den anderen Teilen des Schlosses. Ohne sich weiter aufzuhalten ging Remus nach oben zu den Jungenschlafsälen. Als er den der Erstklässler erreicht hatte, öffnete er leise die Tür und schloss sie hinter sich, nachdem er eingetreten war. Er lief durch den Raum und ging ins Bad. Auch hier war es finster. Er war im Begriff seinen Zauberstab zu ziehen und ein Lumos zu murmeln, als ihm einfiel, dass das Zauberutensil noch immer irgendwo in der Eingangshalle lag. Ein leises Fluchen später zog er seine besudelten Sachen aus und lies sie auf den Boden fallen. Er ging unter die Dusche und drehte das Wasser auf. Nasse Hitze schoss ihm ins Gesicht. Das Wasser kochte regelrecht, doch Remus spürte es nicht. Er nahm es als warm wahr, fror er noch immer innerlich. Langsam begann er das Blut abzuwaschen. Er war zu dunkel, als das er sah, dass er wirklich alles erwischt hatte, aber es war ihm gleich. Egal wie lang er an einer Stelle schrubbte, sie fühlte sich nie sauber an. Auch Stellen, wo er im Unterbewusstsein wusste, dass sie sauber sein mussten, fühlten sich befleckt an. Der bloße Gedanke daran, dass ein Teil von Lily an ihm hafte war ihm zuwider. Er mochte den Rotschopf sehr, aber diese Art und Weise war einfach grässlich und beängstigend. Er ekelte sich selbst an. Hatte er nicht die Lust nach frischer Beute verspürt, als er sie in Armen gehalten hatte? Als er den süßlichen Geruch des Blutes in seiner Nase hatte? Hätte er es auch noch geschmeckt - diesen metallenen, eigensinnigen Geschmack - hätte er die Bestie in sich dann zurückhalten können? Hätte er es schaffen können? Oder hätte er sich selbst vergessen und sich an Lilys Leid - an Lily selbst gelabt? Selbst die Gedanken daran schreckten ihn ab und ließen ihn sich noch minderwertiger und unreiner fühlen. Fast schon verzweifelt versuchte er sich mit dem kochenden Wasser, welches seine Haut - ohne das er es merkte - bereits extrem gerötet hatte, seine Seele zu säubern und den Schmerz zu lindern, aber es funktionierte nicht. Immer gröber kratzte er sich über sie Haut, um den Dreck ab zu bekommen, doch vergebens. Tränen liefen erneut und er konnte sie nicht stoppen. Wieso war das alles nur geschehen? Warum? Und wieso ausgerechnet ihm? Mit einem Mal hielt jemand seine Hände fest, damit er sich nicht selbst weiter verletzte und den Brustkorb aufkratzte, flossen ohnehin bereits dünne Rinnsäle hinab. Der andere hinter ihm schien seine Kleidung noch zu tragen, fühlte dieser sich weich, aber gleichzeitig auch kratzig an. "Hör auf damit, Remus", wisperte Sirius leise. Der Werwolf wollte sich erst wehren, doch es brachte nichts. Matt lies er seine Hände sinken. Als sie ganz unten waren, lies der junge Black von ihnen ab und legte seine Arme um Remus, um diesen leicht an sich zu ziehen. "Du darfst dir nicht selbst weh tun, hörst du?" Ein weiterer Arm - auch bekleidet, aber nicht zu Sirius gehörend - drehte das Wasser ab. Sirius löste sich von Remus. Er fasste den Jüngeren bei der Hand und zog ihn herum. Noch immer leise schluchzend sah der Jüngste auf. Sirius' war vollkommen durchnässt. Seine Sachen klebten an seinem Körper. James Ärmel ebenso, als er das Wasser abgedreht hatte. Er hielt ein großes Handtuch in Händen und kam auf Remus zu. Behutsam legte er es um den Braunschopf und hielt es solang fest bis der Spross der Lupins es eigenhändig ergriff. Peter stand mit dem Zauberstab in der Hand an der Tür und erhellte das Zimmer. "Komm", sagte Sirius sanft und zog Remus mit sich. "Du solltest schlafen." Er ging mit ihm - vorbei an James und Peter - in den Schlafsaal zurück und brachte ihn zu Remus' Bett. Auf dieses drückte er ihn behutsam. "Sind deine Klamotten im Koffer?", fragte er und beäugte den Jüngeren neugierig. Dieser nickte nur leicht und sah zu, wie der Schwarzschopf das Gepäckstück unter seinem Bett hervorholte und darin kramte. Es dauerte nicht lang und er hatte dem Gryffindor ein paar Kleidungsstücke für die Nacht rausgeholt und auf das Bett gelegt. Nachdem der Koffer wieder verstaut war, erhob er sich und sah seinen Gegenüber mit besorgtem Blick an. "Wie geht es dir?" "Was denkst du?", murmelte Remus leise und schluchzte noch immer ein wenig. Behutsam legte der Ältere ihm die Hand auf die Wange und strich die Tränen beiseite. Ohne Vorwarnung glitt die andere zum Handtuch und zog es leicht beiseite, sodass er freien Blick auf den geschändeten Oberkörper hatte. Remus zuckte zusammen und verbarg seine Haut schnell. "Was soll das?", fragte er erschrocken. Die Augen funkelten im Halbdunkel. Sirius dürfte nicht viel gesehen haben, auch wenn das Mondlicht direkt in das Zimmer und auf sie beide fiel. "Warum hast du das gemacht?", wollte der Nachwuchs des Hauses Black wissen. "Warum hast du deinen Oberkörper aufgekratzt?" Betroffen sah der Werwolf zur Seite und schwieg. Was sollte er ihm bitte antworten? "Ich weiß es nicht", wisperte er nach einiger Zeit, in welcher auch James und Peter ins Zimmer zurück gekommen waren. "Ich fühl mich so schmutzig... Ich wollte sauber werden, aber es geht einfach nicht..." Sirius schüttelte den Kopf und nahm den Kleineren wieder in den Arm. "Du bist nicht schmutzig, Remus. Ganz und gar nicht, hörst du? Du bist der beste, netteste und reinste Mensch, den ich kenne. Ich will nicht, dass du dir solche dummen Sachen einredest, verstehst du? Du bist nicht Schuld an dem, was Lily passiert ist. Und sobald sie wieder auf den Beinen ist, wird sie das sicher auch bezeugen. Sei dir da sicher. Aber bis es soweit ist, musst du stark sein. Du darfst dich nicht selbst fertig machen. Das hast du nicht verdient. Wir sind für dich da. James, Peter, ich - ja und auch Andromeda und Severus, hörst du? Wärest du so ein schrecklicher Mensch, wie du es dir gerade einredest, dann wären wir doch wohl kaum mit dir befreundet, oder? Hör zu, Remus. Du darfst dir das wirklich nicht einreden. Und du darfst auch nicht auf die anderen hören, die keine Ahnung haben. Vergiss das Gerede. Wir sind für dich da und passen auf dich auf." Während Sirius geredet hatte, war der Tränenfluss wieder unaufhaltsam stärker geworden. Remus hatte sich ihm entgegengedrückt und seine Arme um ihn geschlungen. Er erlag den Tränen. Sein Körper bebte unter dem Schluchzen. So gut es ging, krallte er sich in den Schwarzschopf und lies ihn nicht mehr los. Selbst wenn er gewollt hätte, hätte er nicht gekonnt. "Sirius..." Das Frühstück lief still ab. Der Vorfall des vergangenen Abends hatte bei einigen Gesichtern deutliche Zeichen hinterlassen. Die Atmosphäre war angespannt. Es knisterte regelrecht. Seit der Ansprache Professor Dumbledores vor wenigen Minuten, waren auch die letzten Worte erstorben. Die Schülerschar stocherte still in ihrem Essen herum. Zwar war es still, doch man konnte eine Aufbruchsstimmung spüren. Der Direktor hatte verkündet, dass am heutigen Tage - eine Stunde nach Beendigung des Abendessens - Kutschen vor dem Schloss warten würden und alle willigen Schüler, die nicht den Drang verspürten hier zu bleiben, sondern nach hause zu fahren, die Gelegenheit dazu bot und sie nach Hogsmeade brachte, um von dort aus mit dem Hogwarts-Express gen London zu fahren. So wie es aussah, würden viele Schüler dieses Gelegenheit ergreifen. Remus, der gerade seinen Tee trank, fragte sich, ob er - und Lily natürlich - der Einzige war, der hier bleiben würde. Wer wollte schon mit einem Vampir unter einem Dach leben und damit dem Risiko ausgesetzt sein als Mitternachtsmahl herhalten zu müssen? Viele wagemutige Junghexen und Jungzauberer würde es sicherlich nicht geben. Wie viele der Geschichte glauben schenkten, dass er der Schuldige war, das stand wieder auf einem ganz anderen Blatt. Leise seufzend stellte er die Tasse ab und fuhr sich durch sein zerzaustes Haar. Heute morgen hatte er keinen Elan gehabt sich besonders viel Mühe beim Zurechtmachen zu geben. Er war aufgestanden und hatte sich sehr, sehr langsam angezogen. Der Pullover, den er trug - sehr weich und in einem strahlenden, sauberen Weiß - war ein bis zwei Nummern zu groß für ihn, aber genau das brauchte er im Moment. Er brauchte etwas, worin er sich ein wenig verstecken konnte, nur um den Blicken der anderen zu entgehen. Sein Haar - offen schulterlang - war heute so verwirrt, wie das James'. Gekämmt hatte er sie nicht. Seine morgendliche Wäsche hatte aus Zähne putzen und Wasser ins Gesicht klatschen bestanden. Zu mehr hatte er keine Kraft gehabt. Unter seinen Augen waren dunkle Schatten. Es hatte einige Zeit gedauert, bis er schluchzend in Sirius' Armen eingeschlafen war. Seine Nacht war traumlos gewesen. Als er am nächsten Morgen aufgewacht war, hatte er sich noch immer erschlagen gefühlt. Ihm war noch immer eiskalt gewesen, obwohl er - dank Sirius - dick angezogen und in die Decke eingepackt war. Zum Glück war es nur eine ganz normale Kälte gewesen. Keine so schmerzhafte, wie vom Tag zuvor. Sein Blick glitt über Sirius und die anderen Gryffindors. Auch sie schienen vollkommen fertig zu sein. Inzwischen hatten die beiden Dunkelhaarigen ihr Gespräch wieder aufgenommen. Zwar wirkte es locker, doch die üblichen Scherze blieben aus. James' Haar war noch verwühlter, als sonst und das, obwohl er es sich gekämmt hatte und dabei sich fast einige Strähnen ausgerissen hätte, waren sie sehr verfitzt gewesen. Durch seine heute sehr blasse hat, war der Kontrast zu seinem Haar noch schlimmer, als sonst. Ansonsten war er aber ganz der Alte. Vielleicht ein wenig müde, aber sonst nichts weiter. Peter saß am Tisch und trank still seinen Kakao. Mal hörte er den beiden zu, mal Davy, der sich mit ein paar Gryffindor-Mädchen unterhielt. Aber so wirklich schien er nicht da zu sein. Seine Augen waren matt und das sein Pullover in seinen Cornflakes hing, das bemerkte er anscheinend nicht. Remus griff nach dem Arm des Blondschopfes und hob ihn an. Ein verwirrter Blick folgte. Peter starrte auf seinen Ärmel, von dem die Milch tropfte. "Oh... Danke Remus." "Schon in Ordnung." Er lächelte leicht und sah sich weiter um. Sirius neben ihm sah wohl noch am Besten aus. Ihm sah man die Nacht auf den ersten Blick nicht an. Nur wenn man ihn besser kannte, bemerkte man es. Auch in seinen Augen vermisste er den sonst vorhandenen überschwänglichen Glanz. Zudem fehlte das für ihn typische Lächeln, was ihn ab und an so smart erscheinen lies. Andromeda war zum Frühstück nicht erschienen. Innerlich hoffte Remus sie später bei Lily zu sehen. Allerdings war Severus da, was ihn beruhigte. Der Slytherin saß neben Malfoy und versuchte ihn wohl zu ignorieren. Wahrscheinlich sprach der Blondschopf gerade über ihn - Remus - wanderte der Blick immer wieder zu ihm herüber. Sicherlich wollte er Severus damit ein wenig anstacheln, war es offensichtlich, dass er ihre Freundschaft nicht billigte, hatten sie deswegen schon öfters Differenzen gehabt, doch beim Spross der Snapes stieß er heute Morgen augenscheinlich auf stumme Ohren. Dieser laß den Tagespropheten und ließ sich vom Geschwafel des Älteren nicht aus der Ruhe bringen. Von Weitem war dem Erstklässler nichts anzusehen, trug er wie so oft seine kalte, gleichgültige Maske, wenn er unter Leuten war. Remus würde ihn nach dem Essen abpassen und bitten mit auf die Krankenstation zu kommen. Sicherlich wollte Severus Lily ebenfalls sehen und sich vergewissern, dass es ihr gut ging. "Fährst du heim, Remus?" Remus zuckte zusammen und sah auf. James musterte ihn fragend. "Was?" "Ob du heim fährst", wiederholte der junge Potter erneut seine Frage. "Ach so... Nein", erwiderte er kopfschüttelnd. "Meine Eltern hätten keine Zeit mich abzuholen. Außerdem ist es nicht schlecht, wenn sie mal wieder ungestört Weihnachten feiern. Und wie steht es mit euch? Fahrt ihr?" Synchron schüttelten Sirius und James den Kopf. "Das letzte was ich will, ist mit meiner Familie Weihnachten feiern", meinte Sirius. "Seit ich nach Gryffindor gekommen bin, lassen sie kein gutes Haar an mir. Darauf kann ich gut und gerne verzichten. Außerdem, wenn ich Pech habe, müsste ich die Malfoys und so weiter ertragen. Soweit ich weiß wollten meine Eltern zum Essen einladen." Er zuckte mit den Schultern. "Mir auch egal." "Und ich fahr nicht, wenn ihr hier alle versauert", meinte James. "Das find ich ungerecht." "Hm... Und du Peter?" Remus sah zu dem Blondschopf, der noch immer an seiner Tasse nippte. "Meine Eltern wollten, dass ich heim komme", meinte Peter und legte den Kopf ein wenig schief. "Aber ich will nicht. Ich bleib lieber hier." "In Hogwarts, wo sich ein Vampir herumtreibt?", fragte James und sah ihn überrascht an, hatte er wohl gedacht, dass Peter sofort die Flucht ergreifen würde, war dieser ja nicht gerade der Mutigste. "Ja... Es ist doch sicher hier. Ich meine, wenn man nicht mitten in der Nacht allein durch das Schloss rennt, oder? Warum sollte ich mir da Sorgen machen?" Er lächelte ein wenig. "Ihr seid doch noch da, oder nicht?" James grinste. "Ich glaub dich werde ich nicht so schnell begreifen, Peter." Peter hakte das Ganze nur mit einem Lächeln ab und leerte seine Tasse. Remus tat es ihm gleich und stand auf, als er sah, dass Severus ging. "Bis später, Leute. Ich hab noch was vor." "Wo willst du hin?", fragte James irritiert. "Zu Lily." Damit war er auch schon aufgestanden und lief nach vorn, wo er kurz mit Severus redete, ein leichtes Nicken erntete und dann mit ihm nach draußen verschwand. Der Spross der Potters seufzte leise und nahm einen Bissen von seinem Brot. "Ich weiß immer noch nicht, was er so genau an Snape findet... Langsam fang ich zwar an zu verstehen, aber wissen tu ich es trotzdem nicht." "Heißt das, du lässt Severus jetzt endgültig zufrieden?", wollte Sirius wissen und musterte seinen Freund, der nur mit den Schultern zuckte. "Ich weiß nicht. Er ist mir ein Rätsel. Wenn ich ihn sehe, dann tut er immer so unnahbar und spielt Mr. "Ich brauche keine Hilfe. Ich bin ohnehin der Beste". Aber wenn er mit Remus oder den Mädels zusammen ist, dann ist er irgendwie ausgewechselt... Ich versteh es nicht. Gestern hat er sich ja auch für Remus eingesetzt. Deswegen frag ich mich, wie er eigentlich wirklich ist. Ob er so ein arroganter Arsch ist oder doch ganz annehmbar." Sirius lachte leicht und grinste seinen Freund an. James verstand nicht, was so lustig war und sah seinen Gegenüber dementsprechend an. "Was ist denn bitte so witzig?" "Nichts weiter. Du fragst dich nur gerade, ob Severus so ist wie du." "Wie ich? Sag mal, was soll das denn schon wieder heißen?!" "Naja, du bist doch auch ein ganz nettes, annehmbares, aber arrogantes Arschloch, nicht?" Sirius schien den Nagel mal wieder auf den Kopf getroffen zu haben, wodurch er sich eine heiße Schokoladendusche einfing. Es dauerte nur wenige Augenblicke und zwischen den beiden entbrannte eine heiße Essensschlacht. Nach und nach lockerte die Stimmung im Saal auf. "Was hat Lucius vorhin schon wieder erzählt", fragte Remus, während er und Severus zusammen den Korridor entlang liefen. "Nichts weiter. Nur dumme Dinge, wie gewöhnlich. Er meinte, dass du der Vampir bist und das du nur so scheinheilig tust, aber in dir eine Bestie steckt oder so etwas in der Art. Dass deine Augen und Zähne Beweis genug wären. So oder so ähnlich zumindest. Wie gesagt, dumme Dinge." Bei diesen Worten musste der Gryffindor unweigerlich an die Auseinandersetzung in der Nacht denken. Anscheinend hatte er einen bleibenderen Eindruck bei dem Siebtklässler hinterlassen, als er es selbst gedacht hatte. Wie es schien, war es kein übler Scherz gewesen, als der Slytherin ihn als Monster bezeichnet hatte. Anscheinend hielt er ihn tatsächlich für eines. Und was sollte das eigentlich mit den Augen, was Severus gesagt hatte? Hatte er da selbst etwas nicht mitbekommen? Oder übertrieb der Platinblonde einfach nur? Vielleicht war es ja doch einfach nur ein dummer Witz? Bei dem Slytherin konnte man sich da wirklich nicht sicher sein. Soweit Remus es sagen konnte, würde er nie zwischen Provokation, Witz und Wahrheit des verfeindeten Hauses unterscheiden können. Aber wer musste das schon? Im Endeffekt waren die drei Begriffe ohnehin das Selbe. Gerne machten die Slytherins viele Worte, doch Taten ließen sie selten sprechen. Daher war ihr Wortschatz auch groß genug, um mehrere Definitionen ein und des selben Wortes zu finden. Provokation, Witz, Wahrheit. Ja, sogar Freundschaft, Hilfsbereitschaft oder Dienstleistung. Schlussendlich hieß dies doch alles einfach nur "Verrat". Auch wenn es hart klang und der Spross der Lupins nur ungern verurteilte, im Nachhinein waren die meisten der kerkerbewohnenden Schüler nach diesem Muster gestrickt. Oder etwa nicht? Sicherlich gab es auch Ausnahmen, das wollte er nicht bestreiten, aber im Großen und Ganzen verhielten sich die Dinge so, wie Remus sie sich gedanklich immer wieder auflegte und vor Augen führte. "-mus? Remus, geht es dir nicht gut?" Der Angesprochene sah auf. Schwarze, besorgte Augen sahen ihn durchdringend an. Rasch schüttelte der Braunschopf den Kopf. "Nein, nein. Schon in Ordnung. Mir geht es gut. Ich hab nur nachgedacht. Hast du irgendetwas gesagt?" "Nichts weiter. Ich habe mich nur gefragt, wie es Lily geht und ob sie lang auf der Station bleiben muss." "Ich weiß es nicht. Hoffentlich ist sie soweit in Ordnung. Aber wir sehen es ja gleich. Und hoffentlich ist Andromeda da. Ich hab so ein schlechtes Gefühl was sie angeht. Gestern sah sie auch nicht besonders gut aus." "Das sagst ausgerechnet du. Meiner Meinung nach hättest du auch mit Madame Pomfrey mitgehen sollen." "Ich?" "Ja, du! Du sahst auch grauenvoll aus. Was ist eigentlich passiert, bevor wir gekommen sind und euch gefunden haben?" Remus schwieg einen Augenblick und überlegte, ob er es dem Größeren wirklich sagen sollte, fragte sich dann jedoch was ihn daran hindern sollte. "Ich habe sie in der Mädchentoilette gefunden. Und dann hab ich sie in die Eingangshalle gebracht." "Und wieso hast du nicht gerufen, als du sie gefunden hast? Dich hätte sicher jemand gehört." Der Erstklässler schüttelte betrübt den Kopf und blieb stehen. "Nein, das glaube ich nicht. Ich konnte nicht..." "Du konntest nicht? Warum?" Wieder nur ein stummes Kopfschütteln. Mehr gab er nicht zur Antwort. Gerne hätte er von Malfoys Missetat berichtet, aber seltsamer Weise konnte er es nicht. Seine Zunge rührte sich nicht. Sie brachte keinen Laut über seine Lippen. Leicht biss der Gryffindor sich auf die Unterlippe. Was hatte Lucius nur mit ihm angestellt? Warum konnte er Severus nichts sagen? "Und was hast du eigentlich in der Mädchentoilette gemacht?", fragte der Slytherin und musterte Remus weiter. Dieser spürte den Blick. Es war ihm unangenehm. Unerträglich. Er konnte es ihm einfach nicht sagen. Wollte, aber konnte nicht. Ein wenig hilflos sah er seinen Freund an. Nachdem einige Sekunden vergangen waren, nickte dieser nur. "Verstehe. Du willst nicht darüber reden. Das ist in Ordnung." "Nein, das ist es nicht... Es ist nur... Ich kann einfach nicht. Tut mir wirklich leid." Severus lächelte sanft. "Du musst dich nicht entschuldigen. Ist doch egal." Ohne ein weiteres Wort ging der Dunkelhaarige weiter. Remus sah ihm hinterher und seufzte leise. Langsam setzte er sich wieder in Bewegung. Sein Blick ruhte dabei auf dem Slytherin. Ein leichtes Lächeln zierte seine Lippen. Womit hatte er nur jemanden wie ihn verdient? Sicher - Sirius mochte er auch sehr, war er da, wenn er ihn brauchte, aber auch Severus war in den wenigen Monaten sehr wichtig für ihn geworden. Es tat gut jemanden zu haben, dem man alles erzählen konnte, wenn man wollte, ohne das er es weiter sagte - und das würde Severus nicht tun, das wusste Remus. Gut - auch den anderen - Sirius, James, Peter und die Mädchen - ihnen konnte man ebenfalls vertrauen, aber was den Spross der Snapes so wichtig für den Brünetten machte, war die Tatsache, dass der Slytherin keine Fragen stellte. Wollte Remus ihm nichts anvertrauen, dann stellte der Ältere auch keine weiteren Fragen. Er lies ihm die Zeit, die er brauchte, während die anderen - vorzugsweise Sirius und James - häufig so lang auf seinen Nerven herum trampelten, bis er nicht mehr anders konnte, als ihnen die ganze, schonungslose Wahrheit an den Kopf zu werfen. Es wunderte ihn ohnehin, wie es ihm gelungen war den anderen noch nichts von seinen Eigenarten - er dachte selbst schon an das Wort Abarten, aber dieser Tage tat es seinem Seelenheil wirklich nicht gut, wenn er sich selbst schlecht machte - welche sich zu Vollmond auftaten, zu berichten. Vielleicht hatte er ja noch nicht vollends die Selbstkontrolle verloren und konnte hier und da noch ein wenig Widerstand aufbringen. Doch mit jedem Tag, der verging, wusste er, dass er irgendwann nicht mehr konnte. Er hasste es sie anzulügen, wenn sie ihn fragten, wo er diesen Abend schon wieder hinging. Er wollte sie nicht anlügen. Aber er musste zwangsläufig. Doch irgendwann würde er es ihnen sagen - oder sagen müssen. Das wusste er. Noch immer in Gedanken, wäre Remus benahe in den anderen gelaufen, schaffte es aber gerade noch rechtzeitig stehen zu bleiben. Ohne das er es bemerkt hatte, waren sie beim Krankenflügel angekommen. Severus öffnete die Tür vorsichtig und spähte hinein. "Niemand zu sehen", meinte er nur und schob die Tür ein wenig weiter auf. Nachdem der Gryffindor gefolgt hatte, schloss er sie wieder. Gemeinsam liefen sie an den Betten vorbei und sahen sich nach ihrer Freundin um. Am Ende des Raumes, unter einem der Fenster, saß Andromeda. Ihr rabenschwarzes Haar fiel ihn strähnenweise ins Gesicht und verdeckten es so. Auch, wenn sie ihr Antlitz nicht sahen, wussten die beiden, dass sie es war. Wer sonst? Sie trag einen dunkelblauen Pullover und einen schwarzen Rock über einer ebenfalls schwarzen Hose. Ihre Hände waren auf seltsame Weise übereinander gelegt. Wahrscheinlich, so vermuteten sie, hielt die Ravenclaw die Hand Lilys. Langsam kamen sie näher. Der Schwarzschopf sah auf und lächelte milde, als sie die Neuankömmlinge sah. "Morgen Jungs." "Morgen", erwiderten die zwei gleichzeitig. "Wie geht es ihr?", fragte Severus und ging auf die andere Seite von Lilys Bett. Remus folgte ihm und sah auf die Freundin. Sie war kreidebleich, aber glücklicher Weise war kein Blut mehr zu sehen. Am Hals hatte die Krankenschwester ihr einen Verband angelegt. Vermutlich heilte die Wunde nicht allzu schnell. Im Moment schien der Rotfuchs zu schlafen. Allgemein sah sie recht gut aus. "Sie ist in Ordnung", gab Andromeda leise zurück. "Madame Pomfrey hat sich gut um sie gekümmert. Im Moment vermehrt sich das Blut. Madame Pomfrey hat ihr einen Trank gegeben. Wenn alles gut geht, dann ist sie morgen früh vielleicht schon wieder wach." Die Ravenclaw lächelte. Diesmal war es wirklich freudig. "Das klingt wirklich gut", gab Severus zurück und strich der Schlafenden eine störende Strähne aus dem Gesicht. Remus hatte nach der anderen Hand der Verletzten gegriffen und streichelte mit seinem Daumen sanft über den Handrücken. Sie fühlte sich nicht besonders warm an. Im Vergleich zu gestern Nacht jedoch, glühte sie regelrecht. Er war froh, dass sie nicht mehr ganz so eisig war und allen Anschein nach wirklich auf dem Weg der Besserung. Er hoffte inständig, dass es auch wirklich so war und nicht nur ein Lichtblick, der früher oder später verglomm. Er würde es sich niemals verzeihen können. Wäre er diesem verdammten Malfoy nicht über den Weg gelaufen, dann hätte er Lily eher gefunden. Und hätte er sie eher gefunden, dann wäre es unter Umständen gar nicht erst so weit gekommen. "Remus, hör mir zu." Der Angesprochene sah auf und blickte in ein Paar blauvioletter Augen. "Hast du etwas gesagt, Ann?" Sie seufzte leise. "Ja, das habe ich. In der Tat. Hör auf dir selbst die Schuld zu geben." "Schuld? Wovon sprichst du?" "Das sieht man doch. Du denkst du bist Schuld daran, dass es Lily so schlecht geht." "Nein, das tue ich nicht", widersprach er und sah zu Boden. "Oh doch! Das tust du. Rausreden bringt da gar nichts. Ich kann es in deinen Augen sehen. - Hör auf damit. Du hast wirklich nichts damit zu tun. Was passiert ist, ist passiert. Wärest du nicht gewesen, dann wäre sie jetzt vielleicht nicht hier. Oder in noch schlechterer Verfassung." "Schon, aber..." Er sah wieder auf. Sein Blick wanderte über alle drei und blieb dann schließlich an der Gryffindor hängen. "Wenn ich eher gekommen wäre, dann würde es ihr vielleicht besser gehen." "Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Ich will jedenfalls nicht, dass du dich damit so fertig machst. Und Lily will das sicher auch nicht. Sie ist dir sicher dankbar. Also denk nicht weiter drüber nach. Morgen ist sie ja vielleicht schon wieder auf der Höhe. Und vielleicht kann sie uns dann sogar sagen, wer sie angefallen hat. Dann kannst du dich immer noch abreagieren. Das ist es doch was du willst. Oder nicht? Du willst denjenigen finden, wegen dem du so viel durchmachen musstest." "Sieht man mir das so sehr an?", fragte er matt und schien sich geschlagen zu geben. "Nein", meinte Andromeda und schüttelte den Kopf. "Aber wenn man sich etwas in dich hineinversetzt, dann ist es doch nur logisch. Mir würde es nicht anders gehen. Und dir, Sev?" Der Angesprochene zuckte nur mit den Schultern. "Wahrscheinlich nicht." "Siehst du?", fuhr die junge Hexe fort. "Also hör auf dir Vorwürfe zumachen. Solang Lily nicht wach ist, nützt es dir ohnehin nichts, also. Geh lieber raus, spiel ne Runde Quidditch, spann aus, les ein Buch, schlaf etwas, ess Kuchen oder tu sonst etwas. Aber ruh dich einfach mal aus. Das tut dir gut. Heute Abend fahren einige Schüler heim. Dann hast du erst einmal Ruhe. Das ist doch gut. Meinst du nicht auch?" Remus besah sich Lily, doch eigentlich starrte er ins Nichts. Wenn er es sich eingestand, dann hatte seine Freundin recht. Im Moment konnte er wirklich nichts anderes tun als warten. Und er war an der ganzen Sache nicht Schuld. Also wozu Vorwürfe? Wozu immer diese verdammten Vorwürfe? Sie änderten ohnehin nichts. Er seufzte leise. Und wenn Lucius und die anderen Slytherins nicht mehr da waren, dann würde er vielleicht wirklich ein wenig entspannen können und Ruhe und Frieden finden. "Vielleicht hast du ja recht...", begann er zaghaft, wurde jedoch sofort unterbrochen. "Natürlich hab ich recht. Und jetzt sitz hier nicht mehr so trübe rum und mach was. Ich muss heute Abend leider heimfahren. Solang bleib ich noch bei Lily. Wenn ich gehe, dann könnt ihr zwei ja auch sie aufpassen. Aber solang amüsiert euch etwas." "Du fährst nach hause?", fragte Remus und ging auf die anderen Dinge, die Andromeda gesagt hatte, gar nicht weiter ein. "Warum das? Ich dachte du bleibst hier." Der Spross der Blacks schien kurz zu überlegen, was sie genau antwortete, entschied sich dann aber ihm die Wahrheit zu sagen und die zurecht gelegten Ausreden zu vergessen, würde Remus sie ohnehin durchschauen. "Meine Eltern wollten es so. Sie meinten, dass ich nicht in der Schule bleiben soll, wenn ein Vampir darin herumgeistert. Naja, eigentlich geht es ihnen gar nicht um den Vampir. Zumindest nicht im eigentlichen Sinne. Meine Schwestern glauben, dass du Schuld hast", bei diesem Satz klang sie ein wenig unbehaglich, "Sie wollten unbedingt nach hause fahren. Und meine Eltern wollten nicht, dass ich allein hier bleibe. Deswegen muss ich fahren. Ich frage mich immer noch was sie sagen werden, wenn sie erfahren, dass ich mich mit Gryffindors angefreundet habe und nicht in Slytherin gelandet bin. Bis jetzt musste ich es ihnen ja nicht sagen. Aber wenn ich ehrlich bin... Ich hab Angst nach hause zu fahren. Meine Eltern können wirklich grausam sein, wenn sie wollen. Ich denke dieses Weihnachten wird mir noch länger in Erinnerung bleiben. Vor allem, weil wir bei meiner Tante feiern. Dann muss ich Lucius und die anderen ertragen... Ich glaube, dass ich das nicht aushalte..." "Wird es wirklich so schlimm?", fragte Remus irritiert. Andromeda nickte nur ein wenig geknickt. "Schlimmer", antwortete Severus für sie. "Wenn du willst, dann kann ich auch mitfahren." Die Schwarzhaarige sah überrascht auf. Sie schien ihren Ohren nicht ganz glauben zu wollen. "Wie? Auch mitfahren? Was meinst du damit?" Der Spross der Snapes zuckte nur mit den Schultern. "Ich habe meinen Eltern noch nicht geschrieben, ob ich komme oder nicht. Sie wollten ohnehin in London Einkäufe erledigen. Wenn du möchtest, dann kann ich dich begleiten. Und unterstützen, wenn es sein muss." Andromedas Augen funkelten voller überschwänglicher Freude. "Das würdest du wirklich für mich tun? Ist das dein Ernst?!" Er nickte nur, lächelte nicht. Es war ein einfaches Angebot für ihn. Nichts, wofür er sich derart freuen oder aufregen würde. Andromeda hingegen schon. Die Erstklässlerin lies von Lily ab, sprang auf, umrundete das Bett und warf sich mit Schwung in die Arme des anderen. "Danke, danke, danke, danke, danke, danke, danke! Ich weiß nicht was ich sagen soll. Du bist einfach der Größte, Severus!" "Größer als du allemal", meinte er nur und erntete eine Kopfnuss. Die Ravenclaw grummelte ihn beleidigt an, grinste dann jedoch schon wieder und kuschelte sich an ihn, sodass ein Abschütteln unmöglich war. Sie konnte es einfach nicht lassen sie ausgiebig bei ihm zu bedanken, doch langsam wurde es zuviel. Remus stand auf und sah zu den beiden. "Ich geh dann mal. Vielleicht ist ausspannen wirklich ganz gut. Ich... Bis heut Abend. Ich bin da wenn ihr fahrt." Ohne auf eine Antwort zu warten, ließ er Lilys Hand zögernd los und ging dann auf die Tür der Krankenstation zu. Von den anderen beiden wurde er nicht aufgehalten, sodass er nach einigen, endlos erscheinenden Sekunden die Tür hinter sich schloss. Aufatmend lehnte er sich gegen eben diese und schloss die Augen. Er sog die kühle Luft, welche ihm Schloss zirkulierte ein. Von einem Moment auf den nächsten fühlte er sich unsagbar erleichtert. Es dauerte einige Sekunden, bis er sich von der Tür abstieß und sich auf den Weg zum Gryffindor-Turm machte. Seine schlechten Gedanken waren wie weggeblasen. Für ein halbwegs entspanntes Weihnachten stand grundsätzlich nichts mehr im Wege. Vielleicht konnte er es ja wirklich genießen. Und vielleicht konnte er es mit Lily und den anderen in munterer Atmosphäre zusammen feiern. Es würde ihn wirklich sehr freuen, wenn es ihm vergönnt wäre. Ein sanftes, zufriedenes Lächeln zierte seine Lippen. Vielleicht noch ein kleiner Brief an seine Eltern, dass es ihm gut ginge, dass sie unbesorgt sein sollten und ein Gruß zu Weihnachten und Neujahr und es wäre fast perfekt. Die Augen des Erstklässlers begannen zu leuchten. Zunächst begann er leise vor sich hin zu pfeifen und dann "Jingle Bells" zu singen. Er wusste zwar nicht den wirklichen Grund, aber ihm ging es wieder blendend. Vielleicht lag es ja an Andromedas Worten oder ihrer aufheiternden Art. Er wusste es auch nicht. Aber es war auch egal. Heute war einfach ein herrlicher Tag. Kein Malfoy, keine Anschuldigungen, kein Vampir, klarer Sonnenschein, der durch die großen Fenster ins Schloss hinein flutete, frischer Schnee, der in der Nacht gefallen war und Lily auf dem Wege der Besserung. Besser konnte dieser Tag eigentlich gar nicht sein. "Jingle Bells, jingle bells, jingle all the way..." ~~~~~ 1.Akt, Kap. XX - Ende ~~~~~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)