Die Kindheit eines Wolfs von Kazumi (Hogwarts 1971 - 1978) ================================================================================ Kapitel 21: 1.XXI.Merry Christmas and a happy new year - SPECIAL ---------------------------------------------------------------- Hallo meine Lieben^^ Fröhliche Weihnachten und einen guten Rutsch!^^ Ich denke mal der Weihnachtswunsch wird etwas verspätet kommen, dauert das Freischalten ja ein wenig, aber macht ja nichts. Dieses Kap ist mal wieder ein Special. Ich habe mir diesmal sehr viel Zeit genommen um es zu schreiben. Eigentlich hatte ich zwei Teile daraus machen wollen, aber da es das Weihnachtskap ist und Weihnachten bei mir morgen ist, hab ich es als eins geschrieben. Daher ist es diesmal doppelt so lang. Verzeiht.^^ Ich hoffe ihr tut es euch trotzdem an. Passiert ist inzwischen viel. Verzeiht mir auf den letzten Seiten (ab da ungefähr, wo es Geschenke gibt) die Fehler oder Wiederholungen. Da war ich im Ausnüchterungszustand (bin ich jetzt grad immer noch), da wir gestern Geburtstag mit Band gefeiert haben.^^' Lassen wir das an dieser Stelle lieber. Als nächstes kommt das Silvesterkap. Ich bezweifle, dass ich es rechtzeitig fertig bekomme, hab ich mir die Sachen noch nicht wirklich zurecht gelegt. Zudem sind meine Ferien total ausgebucht, also denke ich, dass ihr etwas darauf warten müsst.^^' Gomen. Bevor ich hier noch weiter schwafel: Viel Spaß beim Lesen.^^ Eure Kazu^^ PS: Die Liedtexte sind nicht von mir. Außerdem kommt die Ringparabel aus "Nathan der Weise" von Gotthold Ephraim Lessing mit drin vor. Wer sie nicht kennt kann entweder mich oder wikipedia.de fragen. Aber ich denke zum allgemeinen Verstehen ist sie nicht notwendig. PPS: Kennt ihr eigentlich das Lied "Morgen, Kinder, wird's nichts geben!" ? *g* ~~~~~ 1.Akt: Kapitel XXI: Merry Christmas and a happy new year - SPECIAL ~~~~~ "Santa Clause is coming to town..." Fröhlich pfiff Remus vor sich hin und lief die letzten Stufen zu seinem Schlafsaal hinauf. Er öffnete die Tür und trat ein. Auch die anderen Gryffindors waren da. Sirius zeigte Peter gerade wie man Zauberschach spielte. James stand im Handtuch da und rubbelte sich die Haare mit einem zweiten trocken. Anscheinend hatte er die Zeit nach dem Frühstück damit verbracht zu duschen, hatte er es am Morgen - aufgrund der Trägheit - versäumt. Der Nachwuchs der Lupins lief mit glücklicher Miene auf sein Bett zu ohne dabei mit dem Singen und zwischenzeitlichen Pfeifen aufzuhören. "He sees you, when you're sleeping. He knows if you are wake. He knows if you've been good or bad. So be good for goodness sake." Er lies sich auf die Knie sinken und holte seinen Koffer unter dem Bett hervor. Die verwunderten und verdutzten Blicke der anderen bekam er gar nicht mit. Er kramte in seinem Gepäck und zog ein kleines Buch heraus. Es war schon sehr abgegriffen und die Seiten vergilbt. Die schwarzen Lettern in Tiefdruck konnte man jedoch immer noch lesen. Oder zumindest einen Teil von ihnen. "Nathan" stand darauf geschrieben. Lächelnd stand der Brünette wieder auf und wollte seinen Blick kurz durch den Raum schweifen lassen, bevor er sich wieder nach unten verziehen würde, überlegte es sich jedoch anders, als er der Irritation gewahr wurde. "Was ist denn? Wieso schaut ihr mich so komisch an?" "Sag mal, Remus", begann Sirius nachhakend. "Ganz ehrlich. Bist du krank?" Nun war es der Gefragte, der nicht wusste was das Ganze sollte. Wollte der junge Black einfach nur äußerst komisch oder unterhaltsam sein? Oder worauf wollte er hinaus? "Nein, warum?" Sirius lehnte sich leicht im Stuhl zurück und sah den Jüngsten genauer an. "Naja, weil du normalerweise nicht singend und frohlockend durch die Gegend hüpfst. Da ist so eine Frage doch berechtigt, oder etwa nicht?" Remus schmunzelte leicht. "Ach das meinst du. Nein, ich bin vollkommen in Ordnung. Mir ging es lang nicht mehr so gut", erwiderte er lächelnd. "Heute ist einfach nur ein schöner Tag. Außerdem ist bald Weihnachten. Also wieso sollte ich da nicht ein paar Weihnachtslieder singen?" Der Schwarzschopf zuckte mit den Schultern. "War ja nur eine Frage. Tu was du nicht lassen kannst." "Was hast du da eigentlich?", fragte James plötzlich hinter Remus und nahm diesem das Buch aus der Hand. Er runzelte leicht die Stirn, als er den Titel las. Offensichtlich sagte ihm dieser nicht besonders viel. Aber dies hatte Remus auch nicht sonderlich verwundert. Immerhin sah der Gryffindor nicht so aus, als würde er oft Muggelbücher lesen. "Nathan der Weise? Was ist denn das? Sollen wir das für Geschichte lesen?" Remus lachte ein wenig und schüttelte amüsiert den Kopf. "Nein. Das müssen wir nicht. Das ist eine Muggelgeschichte." "Ach... Und worum geht's da? Ist sie spannend?" Der Kleinere zuckte mit den Schultern und nahm James das Buch wieder ab, wollte er nicht, dass dieser Wasserflecken darauf oder darin hinterließ. "Ich denke nicht, dass es dich interessieren würde. Nichts mit Sport oder so. Da geht es eher um Religion." Angewidert verzog der Schwarzhaarige das Gesicht. Das Thema schien ihm anscheinend wirklich nicht zu gefallen. "Religion? Oh Mann. Wie kannst du so was freiwillig lesen? Das ist doch... Zu so was würde ich mich noch nicht einmal zwingen lassen. Ist ja genauso schlimm wie Geschichte bei Binns." Die Worte waren anscheinend nicht gut genug gewählt, hatte Remus ihm - nachdem er ausgesprochen hatte, soviel Anstand besaß der Spross der Lupins noch - mit dem Buch eins übergezogen. Fluchend und sich den Hinterkopf haltend sprang James durch die Gegend. Er hatte Schmerzenstränen in den Augenwinkeln. "Aua, aua, aua, auaaaa! Wie kannst du nur so gemein sein? Ich wusste nicht, dass du so brutal sein kannst." Er kniff die Augen zusammen und rieb sich die schmerzende Stelle. Sirius lachte nur. Das Bild, welches sein Freund abgab, war einfach zu amüsant. Splitterfasernackt - beim Herumhupfen hatte sich das Handtuch gelöst und war zu Boden gefallen - stand der andere da und führte sich wie ein kleines Kind auf, das gerade hingefallen war und nicht mehr allein aufzustehen vermochte. Remus hingegen war rot angelaufen, als James' sonst so gut gelüftetes Geheimnis so unverblümt in die Welt hinaus ragte. Gut, von ragen konnte im Moment eigentlich keine Rede sein, baumelte sein kleiner Freund beim Herumzappeln einfach nur hin und her, aber so genau wollte der Brauschopf darüber auch nicht nachdenken. Und hinsehen wollte er eigentlich auch gar nicht. Er schloss kurz die Augen und seufzte leise. Dann sah er zum lachenden Black, um wenigstens irgendwo anders hinzuschauen und murmelte nur leise: "Und Gott sagte: Bedecke deine Blöße." James schien nicht gleich zu verstehen, doch als er inne hielt und der Kälte des Zimmers gewahr wurde, schauderte er und sah an sich hinab um festzustellen, dass er ja rein gar nichts mehr am Leibe trug. "Wie Sterntaler", murmelte Remus, "nur das die wahrscheinlich niedlicher aussah." Beleidigt blies James seine Backen auf und kam zu dem vorlauten Braunhaarigen zurück, der selbst zurückwich - immer weiter Richtung Sirius und Peter, die noch immer am Tisch saßen, zwischen ihnen das Schachbrett - wobei zu erwähnen war, dass der Älteste sich noch immer schief und krumm lachte. Doch Remus nützte das Ausweichen und Flüchten nichts, kam James näher und ergriff ihn schließlich, um sich an ihn zu drücken - beziehungsweise ihn an sich zu pressen. "Soll das etwa heißen ich bin nicht süß? Hast du irgendwas an meiner Blöße auszusetzen? Siehst du vielleicht besser aus? Das will ich erstmal sehen." James wandte Remus in seinen Armen, sodass dieser mit dem Rücken gegen seinen Oberkörper lehnte. Der Jüngste schien sichtlich überfordert, wusste er weder etwas zu sagen noch zu tun. Geschweige denn, dass er wusste, was der Nudist vorhatte. Ehe er es sich versah, machte sich James an Remus' Hose zu schaffen und zog den Reißverschluss hinunter. Der Nachwuchs der Lupins lief schlagartig so rot an, wie eine überreife Tomate. "He! Was machst du da? Was soll das?!" "Wenn du dich schon lustig machst, dann will ich sehen mit was du aufwarten kannst." Hitze schoss dem Werwolf in den Kopf. Sein Denken wurde lahm gelegt. Passierte das hier etwa wirklich? Oder war das einfach nur ein übler Traum? Ein Scherz? James Potter wollte ihm - Remus Lupin - doch gerade nicht wirklich an die Wäsche, oder etwa doch? Der Braunschopf wusste nichts zu tun. Sein Denken blockierte. Die unterschiedlichsten Gefühle wirbelten durcheinander. Kälte und Hitze jagten durch seinen Körper und brachten ihn vollkommen aus dem Konzept. Das Nächste, was war mitbekam, waren zwei Hände an seiner Hüfte. Sein Körper wurde von dem Kleidlosen befreit und im nächsten Moment fand er sich in ein paar anderen Armen wieder. Jemand zog ihn wieder richtig an und wies James zurecht, welcher recht bedröppelt dreinsah. Resignierend zog er sich zurück, schnappte sich sein fallen gelassenes Handtuch und ging zu seinem Bett um sich frische Sachen anzuziehen. Jemand hielt Remus plötzlich ein Buch vor die Nase. Es war das, was er bis vor Kurzem noch in Händen gehalten hatte. Hatte er es während des ganzen Hin und Hers fallen gelassen? Er nahm es und wanderte mit dem Blick den Ärmel entlang. Er drehte sich leicht und sah in ein Paar funkelnder blauer Augen. Sirius lächelte. "Besser?" Der Jüngere gab nichts zurück. Er war noch immer feuerrot im Gesicht. Langsam wurde er sich der Lage bewusst. Sirius hatte ihn vor James gerettet, indem er ihn aus den Armen des anderen zu sich auf den Schoss gezogen hatte. Peinlich berührt blickte er an sich hinab. Angezogen war er ja, aber seit wann saß ein Junge auf dem Schoss eines anderen Jungen? Der Dunkelhaarige schien sich nicht viel daraus zu machen. Er lächelte ihn nur weiter nett an und stupste ihm leicht gegen die Nasenspitze. "He, kannst dich wieder beruhigen. James lässt schon seine Griffel von dir." Er warf dem anderen einen zweideutigen Blick zu. Als Antwort erhielt er nur eine herausgestreckte Zunge und einen beleidigten Blick. Der Erstklässler war aller Wahrscheinlichkeit nach wirklich eingeschnappt. Sirius wandte sich wieder Remus zu und lächelte abermals. "Mach dir nichts draus. Du weißt ja. Die Hormone." Er drückte den Jüngeren leicht und auf versöhnliche Art und Weise, entließ ihn aber nicht. Stattdessen widmete er sich wieder dem begonnenen Spiel mit Peter. "Also wo waren wir?" "Sag mal", mischte sich Remus jedoch schnell wieder ein. "Könntest du mich vielleicht wieder runter lassen?" Sirius grinste und legte seine Arme um ihn. "Jetzt wo ich dich einmal hab? Nö. - Höchstens, wenn du mich mit einem Zug besiegst. Aber das würde ich nicht mal schaffen. Also schaffst du das auch nicht." Remus schmunzelte. "Das letzte Mal habe ich dich auch geschlagen." Er besah sich das Spielbrett, machte einen Zug und stand auf - ohne dass Sirius so schnell reagieren konnte. "Ich geh nach unten in den Gemeinschaftsraum und lese ein bisschen", meinte der Erstklässler nur und ging zur Tür. Als er diese geöffnet und schon fast nach draußen verschwunden war, warf er nochmals einen Blick in den Raum und grinste. "Ach ja, Sirius. Schachmatt." Weiter Weihnachtslieder singend ging der Gryffindor nach unten und ließ einen sehr irritierten und ungläubig dreinschauenden Black zurück, der gerade schadenfreudig von einem gewissen Nudisten ausgelacht und einem gutmütigen Blondschopf getröstet wurde. ,Heute ist doch ein herrlicher Tag', dachte Remus bei sich und feixte still vor sich hin. Wie er es liebte den beiden - James und Sirius - ihre Schranken aufzuweisen. Vor allem dann, wenn sie kurz zuvor noch so großschnäuzig gewesen und großkotzig getan hatten. Das tat einfach gut. Vor grauen Jahren lebt' ein Mann im Osten, / Der einen Ring von unschätzbarem Wert / Aus lieber Hand besaß. Der Stein war ein 7 Opal, der hundert schöne Farben spielte, / Und hatte die geheime Kraft, vor Gott / Und Menschen angenehm zu machen, wer / In dieser Zuversicht ihn trug. Was Wunder, / Daß ihn der Mann in Osten darum nie / Vom Finger ließ; und die Verfügung traf, / Auf ewig ihn bei seinem Hause zu / Erhalten? Nämlich so. Er ließ den Ring / Von seinen Söhnen dem geliebtesten; / Und setzte fest, daß dieser wiederum / Den Ring von seinen Söhnen dem vermache, / Der ihm der liebste sei; und stets der liebste, / Ohn Ansehn der Geburt, in Kraft allein / Des Rings, das Haupt, der Fürst des Hauses werde. [...] So kam nun dieser Ring, von Sohn zu Sohn, / Auf einen Vater endlich von drei Söhnen; / Die alle drei ihm gleich gehorsam waren, / Die alle drei er folglich gleich zu lieben / Sich nicht entbrechen konnte. Nur von Zeit / zu Zeit schien ihm bald der, bald dieser, bald / Der dritte, - sowie jeder sich mit ihm / Allein befand, und sein ergießend Herz / Die andern zwei nicht teilten, - würdiger / Des Ringes; den er denn auch einem jeden / Die fromme Schwachheit hatte, zu versprechen. / Das ging nun so, solang es ging. - Allein / Es kam zum Sterben, und der gute Vater / Kömmt in Verlegenheit. Es schmerzt ihn, zwei / Von seinen Söhnen, die sich auf sein Wort / Verlassen, so zu kränken. - Was zu tun? - / Er sendet in geheim zu einem Künstler, / Bei dem er, nach dem Muster seines Ringes, / Zwei andere bestellt, und weder Kosten / Noch Mühe sparen heißt, sie jenem gleich, / Vollkommen gleich zu machen. Das gelingt /Dem Künstler. Da er ihm die Ringe bringt, / Kann selbst der Vater seinen Musterring / Nicht unterscheiden. Froh und freudig ruft / Er seine Söhne, jeden insbesondre; / Gibt jedem insbesondre seinen Segen, - / Und seinen Ring, - und stirbt. [...] Kaum war der Vater tot, so kömmt ein jeder / Mit seinem Ring, und jeder will der Fürst / Des Hauses sein. Man untersucht, man zankt, / Man klagt. Umsonst; der rechte Ring war nicht / Erweislich. [...] Die Söhne / Verklagten sich; und jeder schwur dem Richter, / Unmittelbar aus seines Vaters Hand / Den Ring zu haben. - Wie auch wahr! - Nachdem / Er von ihm lange das Versprechen schon / Gehabt, des Ringes Vorrecht einmal zu / Genießen. - Wie nicht minder wahr! - Der Vater, / Beteu'rte jeder, könne gegen ihn / Nicht falsch gewesen sein: und eh' er dieses / Von ihm, von einem solchen lieben Vater, / Argwohnen lass': eh' müss' er seine Brüder, / So gern er sonst von ihnen nur das Beste / Bereit zu glauben sei, des falschen Spiels / Bezeihen; und er wolle die Verräter / Schon auszufinden wissen; sich schon rächen. [...] Der Richter sprach: Wenn ihr mir nun den Vater / Nicht bald zur Stelle schafft, so weis' ich euch / Von meinem Stuhle. Denkt ihr, daß ich Rätsel / Zu lösen da bin? Oder harret ihr, / Bis daß der rechte Ring den Mund eröffne? - / Doch halt! Ich höre ja, der rechte Ring / Besitzt die Wunderkraft beliebt zu machen; / Vor Gott und Menschen angenehm. Das muß / Entscheiden! Denn die falschen Ringe werden / Doch das nicht können! - Nun: wen lieben zwei / Von Euch am meisten? - Macht, sagt an! Ihr schweigt? / Die Ringe wirken nur zurück? und nicht / Nach außen? Jeder liebt sich selber nur / Am meisten? - O, so seid ihr alle drei / Betrogene Betrüger! Eure Ringe / sind alle drei nicht echt. Der echte Ring / Vermutlich ging verloren. Den Verlust / zu bergen, zu ersetzen, ließ der Vater / Die drei für einen machen. [...] Und also, fuhr der Richter fort, wenn ihr / Nicht meinen Rat, statt meines Spruches, wollt: / Geht nur! - Mein Rat ist aber der: ihr nehmt / Die Sache völlig wie sie liegt. Hat von / Euch jeder seinen Ring von seinem Vater: / So glaube jeder sicher seinen Ring / Den echten. - Möglich; daß der Vater nun / Die Tyrannei des einen Rings nicht länger / In seinem Hause dulden wollen! - Und gewiß; / Daß er euch alle drei geliebt, und gleich / Geliebt: indem er zwei nicht drücken mögen, / Um einen zu begünstigen. - Wohlan! / Es eifre jeder seiner unbestochnen / Von Vorurteilen freien Liebe nach! / Es strebe von euch um die Wette, / Die Kraft des Steins in seinem Ring' an Tag / Zu legen! komme dieser Kraft mit Sanftmut / Mit herzlicher Verträglichkeit, mit Wohltun, / Mit innigster Ergebenheit in Gott / Zu Hilf'! Und wenn sich dann der Steine Kräfte / Bei euern Kindes-Kindeskindern äußern: / So lad' ich über tausend tausend Jahre / Sie wiederum vor diesen Stuhl. Da wird / Ein weisrer Mann auf diesem Stuhle sitzen / Als ich; und sprechen. Geht! - So sagte der / Bescheidne Richter. Remus schlug das Buch zu und sah auf dessen Deckel. Der junge Gryffindor saß in einem der bequemen Sessel des Aufenthaltsraumes. Er saß gegen die Sessellehne gelehnt mit überschlagenen Beinen - auf welchen nun das Schriftwerk ruhte - da und sah in das prasselnde Feuer. Mit den Fingern fuhr er gedankenverloren über die raue, unebene Oberseite des Buchumschlages. Ein leises Seufzen stahl sich über seine Lippen. Wie wahr diese wenigen Worte doch waren. Wie genau - wie allgemein. Die Muggel schienen in ihrer Welt ebensolche Probleme zu haben, wie die Zauberer und Hexen in seiner Welt. Es war interessant zu sehen, wie einfach man doch ihre Probleme übertragen konnte. Viele Probleme und Konflikte, die die Nichtmagier kannten, waren auch in der Zaubererwelt bekannt. Zum Beispiel arm und reich, jung und alt, Mann und Frau, krank und gesund, hässlich und schön - wobei zu erwähnen ist, dass die letzten beiden Dinge auch mithilfe von ein wenig Zauberei zu korrigieren waren. In der Muggelwelt stritt man sich um schwarz oder weiß - Christ, Jude oder irgendeine andere Religion. War es nicht eigentlich traurig, dass es auf Erden so viele Differenzen gab? War es das nicht? War schwarz und weiß bei den Magiern nicht das Gleiche wie schwarze und weiße Magie. Wie ironisch, dass es sogar die gleichen Farbnamen - gut, schwarz und weiß waren genau genommen keine Farben - waren. Und die Religionen? Hatten die Zauberer hierfür nicht auch einen Ersatz gefunden? Einen ganz einfachen? Reinblüter, Halbblüter, Muggelstämmige, Squibs und Muggel. War es nicht haargenau die gleiche Sache? War es nicht eben der gleiche Rassismus, wie auch bei den nichtmagischen Menschen? Nur, dass man nach anderen Kriterien bewertete und der Sache einen anderen Namen gab? Aber oberflächlich gesehen, war es nicht alles gleich? Beklommen sah der Erstklässler ins Feuer. Die Flammen loderten zischelnd auf. Es knisterte leise. Nehmt die Sache völlig wie sie liegt... Ja, wenn es nur so einfach wäre. Wenn es doch nur so einfach wäre. Ein schiefes Lächeln zierte sein Gesicht. Es gab immer wieder Vorurteile anderen Menschen gegenüber - schon allein aus verschiedenen Interessen herrührend. Es gab zu viele Ringe, als das man unter ihnen den Echten ausmachen konnte. Es gab zu viele um sie zu Einem zu vereinigen. Oder wäre es ein Leichtes dunkle Zauberer und Lichte zu vereinen? Nein, sicher nicht. Derer Ziele standen im 180°-Winkel einander gegenüber. Es mussten schon wahre Wunder vollbracht werden, bis die zwei Seiten einer Medaille sich vereinten und zur gleichen Zeit auf einer Seite landeten, nachdem sie in die Luft geworfen waren und auf dem Boden der Tatsachen landeten. Sicherlich war Pessimismus eines der Vorurteile, die ein ebensolches Kuriosum verhinderten, aber wenn Remus an seine bisherigen Erlebnisse dachte, so verlor er nach und nach den Glauben daran, dass irgendjemand früher oder später etwas richten konnte. Die schwerwiegendsten Erfahrungen mit dem Reinblüter-Schlammblüter-Konflikt - in Gedanken entschuldigte er sich bei Lily und den anderen Muggelkindern - hatte er erst hier in Hogwarts gemacht. Lucius und auch die anderen Slytherins hatten ihm aufgezeigt wie gravierend doch ihre Standpunkte und Ansichten waren. Sicher gab es einzelne Individuen - wie beispielsweise Severus - die nicht in das Bild passten, doch im großen und ganzen war die Verteilung doch nur allzu klar. Und wenn schon junge, auszubildende Hexen und Zauberer eine derartige Kontroverse an den Tag legten, wie sah es dann erst bei den Ausgewachsenen aus? Kinder kannten zumeist noch Maß und Disziplin - wenn ihre Eltern sie in ihrer Erziehung nicht allzu sehr vernachlässigt oder zu kurz kommen haben lassen - aber bei Erwachsenen schien dies nicht der Fall zu sein. Als Beispiel die Muggel. Remus hatte sie schon oft in seiner Stadt beobachtet. Spielten kleine Kinder im Sand, begannen Erwachsene großräumig die Natur umzugestalten und somit aus dem Gleichgewicht zu bringen. Spielten die Kleinen mit ihren Spielzeugautos, lieferten sich die Großen gefährliche, halsbrecherische Autorennen. Zankten sich die Jungen und schmollten einige Tage lang, vertrugen sich jedoch dann wieder, gingen sich die Alten derweil mit den Messern an die Kehle, lieferten blutige Schlachten vor Gericht, reichten Scheidungen ein und gingen in den Ignoranzmodus über. Wie lachhaft das doch alles war. Nur weil sie schon "erwachsen" waren - wer definierte diesen Begriff eigentlich? - durften sie sich also ein Übermaß an Emotionen leisten? Hieß es nicht, dass man als Kind emotional sein durfte und sich im Regelfall ein Erwachsener benahm? Aber wenn dies so war, wieso verursachten dann keine kleinen Kinder Kriege? Wieso saßen keine Säuglinge hinter schwedischen Gardinen, mussten diese doch ein Übermaß an gebündelter Energie darstellen? Waren am Ende die Kinder vernünftiger als ihre Eltern? Reifer? Oder waren ihre Erzieher einfach nur schon von innen heraus verfault und kannten ihre eigenen Ideale schon gar nicht mehr? Kannten die Süße des Lebens nicht mehr? Nur noch die Verfaultheit von Hass, Egoismus und schlussendlich Tod? War dies der Grund für andauernde Konflikte? Konnten sie die reifen Früchte ihrer Arbeit nicht mehr ernten? Kam es daher auch zu diesem schwarz-weiß-Denken? War dieser verrückt gewordene - wie hieß er noch? Ach ja - Voldemord im Grunde eigentlich auch nur eine dieser verfaulten Früchte? Oder litt er einzig und allein an einem zu hohen Maß an Emotionen, welches er auf andere verwendete und sie mit Vergnügen quälte und bloßstellte? Remus fuhr sich gedankenverloren durch das Haar. Begann Lucius auch schon zu verfaulen? Oder war er das schon? Konnte der Slytherin am Ende überhaupt nichts für seine Taten? Lag es am Ende einfach nur an der Tatsache des Erwachsenwerdens? Daran, dass er sich für eine Seite entschieden hatte und diese es ihm nun einmal mehr oder weniger vorschrieb so zu handeln? Ein gequältes Seufzen entglitt seinen Lippen. Oder war dies einfach nur Humbug? Dachte er schon wieder zu viel? Interpretierte er zu viel in die gelesenen Worte? Sicher tat er das. So, wie er es immer tat. In diesem vermaledeiten Buch ging es einzig und allein um drei Religionen. Mehr nicht. Es ging nicht um Malfoy, ihn selbst oder gar den schwarzen Magier. Alles Einbildung. Sein Blick glitt auf das Buch zurück. Er lächelte schwach und matt und ließ sich tiefer in den blutroten Sessel sinken. "Du schaffst mich wirklich, Lessing..." Remus stand in der kalten Dunkelheit. Vor wenigen Minuten waren einige herrenlose Kutschen angekommen. Mit diesen würden wohl die Schüler in einer knappen viertel Stunde nach Hogsmeade gefahren werden, so vermutete er. Er hatte nicht schlecht gestaunt, als er sie hatte in den Hof einfahren sehen. Zunächst hatte er es für einen Streich seiner Augen gehalten und sie daher mehrmals gerieben. Doch als die Droschken noch immer zwar mit Fahrer, aber dafür pferdelos in seiner Nähe gehalten hatten, hatte er sich damit abfinden müssen, dass es anscheinend doch Tatsache und kein Hirngespinst war. Die Fuhrwerke mussten von etwas - was er bis heute noch nicht gekannt hatte - gezogen werden. Immerhin stiegen immer wieder kleine weiße, dunstige Wolken auf, wie als wenn jemand atmen würde. In dieser Kälte konnte man den Atem wirklich gut sehen. Zudem hörte man immer wieder Geschaube, was wie das von Pferden klang und die Kutscher kümmerten sich hier und da um die anscheinend unsichtbaren Kreaturen. Sein Blick wanderte zum Himmel. Nach und nach hatte ein Schneetreiben eingesetzt. Sicherlich würde es eine grauenhafte Nacht werden. Bei diesem Wetter schickte man noch nicht einmal einen Hund vor die Tür. Er fröstelte. Am Liebsten hätte er sich wieder in einen der weichen, bequemen Sessel im Gryffindor-Gemeinschaftsraum gesetzt und bei einer Tasse heißen Tees dem Feuer beim Brennen zugesehen und sich gleichzeitig dabei in seine Decke gekuschelt. Aber diesen Wunsch würde er sich so schnell nicht erfüllen können. Erst musste und wollte er sich von Andromeda und Severus verabschieden. Er hatte sich wirklich sehr darauf gefreut mit ihnen Weihnachten und Neujahr feiern zu können, aber wie so oft liefen die Dinge anders als erwartet. Ein leises Seufzen stahl sich über seine Lippen. "Warum so deprimiert?", fragte eine gedämpfte Stimme hinter ihm, welche den Gryffindor lächeln lies. Langsam wandte sich Remus um und erblickte den Slytherin, der mit gemächlichem Tempo auf ihn zukam. Der Dunkelhaarige hatte sich in einen dicken, schwarzen Mantel eingehüllt. Ein grün-silbern gestreifter Schal verdeckte sein Gesicht bis zur Nase. Lediglich die Augen waren noch zu sehen, in welchen Remus eine Art von Amüsement lesen konnte. "Warum bist du so dünn angezogen?", fragte Severus und beäugte Remus, wobei man in seinen Augen leichte Besorgnis lesen konnte, wenn man - wie der Braunschopf - genauer hinsah. "Du holst dir den Tod." "Es geht schon", meinte der Spross der Lupins und zog seinen eigentlich für den Herbst ausgelegten Mantel, der für diese Jahreszeit viel zu dünn war, den er jedoch angezogen hatte, hatte er auf die Schnelle seinen dickeren Winterumhang nicht gefunden, fester um sich. "Lang dauert es ohnehin nicht mehr. Die Kutschen fahren doch in ein paar Minuten." Man konnte unter Severus Schal ein leichtes Lachen vernehmen. "Das klingt so, als wolltest du Andromeda und mich so schnell wie möglich loswerden." Leicht erschrocken und hastig schüttelte er den Kopf und sah seinen Gegenüber mit fast schon geschockten Augen an. "Nein! Von wegen! Im Gegenteil! Wie kommst du da überhaupt drauf? Ich würde euch niemals loswerden wollen. Ihr seid doch meine Freunde..." Und es folgte eine Geste, die Remus glatt die Sprache verschlug. Freundschaftlich und wenn nicht sogar zu sagen sanft fuhr der Ältere ihm -noch immer lachend - durch die Haare und verwuschelte sie ein wenig. "Jetzt nimm doch nicht alles gleich so ernst", sagte er mit - für ihn untypischer - weicher Stimme. Seine Augen verrieten dabei, dass er lächelte, blieben diese davon nicht unberührt. "Ich weiß doch, wie du es gemeint hast, also mach dir nicht so viele Gedanken darum, Remus." Remus antwortete nicht. Er nickte nur leicht und sah Severus an. Nach einiger Zeit der Stille, runzelte dieser die Stirn. "Geht es dir nicht gut?" "Doch", erwiderte der Gryffindor und lächelte. "Machst du das noch mal?" Das Haarewuscheln hatte dem Erstklässler recht gut gefallen. Es fühlte sich schön an, wenn er Finger eines anderen mit seinen Haaren spielten. Geduldig lächelte er Severus an, doch dieser schien nicht so recht zu verstehen. Fragend sah er ihn an. "Was soll ich noch mal machen?" Innerlich seufzte der Erstklässler und schüttelte schmunzelnd den Kopf. "Schon okay. Vergiss es einfach. Nicht so wichtig." "He, Jungs!" Die beiden wandten sich um. Andromeda kam mit schnellen Schritten auf sie zu. Sie wirkte energiegeladen wie eh und je. Ihre Haare wurden vom Wind zerzaust, als sie durch das Eichenportal ins Freie trat. Ihr Ravenclaw-Schal flatterte leicht im Wind. Mit geröteten Wangen blieb sie vor den zwei Jungzauberern stehen und lächelte sie fröhlich an. "Die Kälte ist wirklich grauenhaft", meinte sie mit leichtem Zittern in der Stimme. "Steht ihr schon lang hier?" Synchron schüttelten sie den Kopf, was ein Schmunzeln auf die Züge der Schwarzhaarigen zauberte. Sie sah zu Remus. "Wie kannst du ohne Schal hier draußen rumstehen? Und deine Sachen sehen auch nicht gerade dick aus. Ist dir nicht kalt?" "Es geht", meinte Remus und lächelte mild. "Im Schloss ist es ja warm." Protestierend schüttelte Andromeda den Kopf. Sie sah zu Severus. "Was meinst du? Darf er es jetzt schon aufmachen?" Severus nickte leicht. "Ich bestehe darauf. Sonst-" "Sonst hol ich mir noch den Tod?", warf Remus ein, indem er Worte des Slytherins von vorhin wiederholte. Der Schwarzhaarige nickte abermals. Andromeda begann unter ihrem Umhang zu kramen. Nach einiger Zeit zog sie mit freudigem Lächeln ein kleines, etwas ungeschickt eingepacktes Päckchen hervor und hielt es dem jungen Lupin entgegen. Leicht irritiert nahm er es an. Fragend musterte er es und sah dann zwischen seinen Freunden hin und her. "Ähm... Darf ich fragen was das ist?" Andromeda blies die Wangen auf und stieß die Luft - leicht genervt wirkend - wieder aus. "Na was wird das wohl sein?", fragte sie spitz. "In Geschenkpapier und - band eingepackt und Lily, Severus und ich schenken es dir. Na? Dein Geschenk zu Weihnachten." "Mein...?" "Dein Geschenk." "Aber..." Leicht verwirrt sah er auf das Präsent. Ein Geschenk für ihn? Von seinen Freunden für ihn? Aber... womit hatte er das verdient? Warum schenkten ihm seine Freunde immer wieder Dinge, hatten sich die Jungs aus seinem Schlafsaal es sich zu seinem Geburtstag immerhin auch nicht nehmen lassen und das, obwohl er sich eigentlich nicht in der Lage sah, ihnen eine Gegenleistung zu erbringen? "Ich... weiß nicht, was ich sagen soll." "Jetzt mach doch erstmal auf. Danach kannst du uns immer noch sagen, dass es dir nicht gefällt", meinte die Ravenclaw drängend, hatten sie nicht mehr besonders viel Zeit, bis die Fahrt Richtung Hogsmeade und somit auch Heimat begann. "Aber es ist doch noch gar nicht Weihnachten", gab der Brünette zu bedenken. "Remus Lupin, du packst jetzt sofort dein Geschenk aus, wenn dir deine Gesundheit und mein Seelenheil lieb ist." Der Gryffindor zuckte leicht zusammen, gehorchte aber seiner Gegenüber und machte sich am Geschenkpapier zu schaffen. Mit Handschuhen war es recht schwer, doch als er einen Teil des Papiers abgerissen hatte, kamen einige Streifen ans Tageslicht - welches in diesem Moment jedoch recht schwach war, verdunkelten die Schneewolken den Himmel. Der Erstklässler zog an ihnen und beförderte einen langen, gestrickten Schal zu Tag. Das Papier dabei loslassend, flatterte dieses - vom Wind ergriffen - in den frühen Abend hinein davon. Andromeda lächelte, schnappte sich beide Enden des Schals und wickelte ihn um Remus' Hals. Als dieser so eingemummt war wie Severus, ließ sie von ihm ab. Der Gryffindor fuhr mit seinen Fingern über den Stoff, spürte die Beschaffenheit aufgrund der Handschuhe jedoch nicht. Das Kleidungsstück war gestrickt. Er besaß vier Farben. Gold, Bronze, Silber und Schwarz. Sie wechselten sich regelmäßig ab. Zudem waren die vier Haus- und das Schulwappen integriert. Ein Lächeln deutete sich auf seinen Zügen an. Er sah auf. "Danke. - Ich... Ich weiß nicht was ich sagen soll... Er ist wirklich toll." "Du kannst uns ruhig die schonungslose Wahrheit sagen, wenn er dir nicht gefällt", meinte Andromeda grinsend. "Immerhin hat Severus zwei linke Hände was das Stricken angeht." Fragend sah Remus zu dem brummenden Schwarzschopf. "Du hast mitgestrickt?" Andromeda nickte rasch und zog eine der Hände des jungen Snapes aus der Tasche und entfernte den Handschuh. Man konnte sehen, dass die Finger recht zerstochen waren, auch wenn es teilweise abgeheilt war. "Siehst du", schmunzelte die Ravenclaw. Etwas ruckartig zog der Slytherin seine Hand zurück und zog grummelnd den Handschuh darüber. "Und?", murrte er. "Hätte ich nicht mitgemacht, dann wäre der Schal laut dir rosa geworden. Und du hättest mir das Monate lang vorgeworfen. Das hätte ich weder Remus noch mir antun wollen." Der Braunschopf lächelte gelinde berührt. "Danke. Ich weiß wirklich nicht wie ich euch beiden danken soll." Severus schüttelte den Kopf unterdessen er seine Hand wieder tief in seiner Tasche vergrub. "Lily hat auch mit geholfen. Sie hat die Wappen gemacht." "Stimmt", warf die Freundin ein. "Da haben wir uns beide zu dumm angestellt. "Wir beide?", fragte der Spross der Snapes und sah sie skeptisch an. "Du hast dich dumm angestellt. Und mir hast du es verboten, weil ich ja doch kein Talent hab." Andromeda streckte ihm die Zunge raus und schmollte. "Ich frag mich grad, warum ich dich gebeten habe uns zu helfen... Jetzt meckerst du ja doch nur wieder herum." Severus schmunzelte wohl, zumindest sah man es seinen Augen an. "Weil ich in Zaubertränke und Zauberkunst besser bin als du?" Sie grummelte, sah dann aber mit leuchtenden Augen zum Gryffindor, war ihr wohl etwas eingefallen. "Zauberkunst. Genau! Das hab ich ganz vergessen. Wir haben den Schal ein bisschen... sagen wir ausgestattet." Der Erstklässler runzelte irritiert die Stirn. "Was meinst du mit ausgestattet?" "Naja. Damit du dich nicht erkältest. Wenn du schon einen Schal bekommst, dann dachten wir uns, sollte er schon ein bisschen ausgebessert sein. Wir haben ihn mit ein paar Zaubersprüchen versehen. Er schützt dich vor Krankheiten und wenn du schon krank sein solltest, dann geht es dir recht schnell besser." Remus' Blick wanderte nach unten. Mit den Fingerspitzen fuhr er leicht über den Stoff des verfrühten Geschenkes. Seine Freunde hatten sich allerhand Mühe gegeben. Er hatte es wieder sagen können - und hatte damit ja auch eigentlich recht - ließ es jedoch, wollten die beiden davon nichts wissen. Er war ihnen wirklich dankbar. Und wie er sich revanchieren sollte, das war ihm schleierhaft. So ein wunderbares Präsent war nur schwer wieder aufzuwiegen. Aber einfach nichts schenken, dass konnte er nun auch wieder nicht. Es war unhöflich. Und er wollte ihnen auch in nichts nachstehen oder ihnen etwas schuldig bleiben. Aber wie sollte er in vier Tagen - gut, fünf, war erst am Morgen des Fünfundzwanzigsten reguläre Bescherung - noch angemessene Geschenke zustande bringen? Zumal morgen Vollmond war und er sich auch noch um Lily kümmern wollte. Er fühlte sich elendig zumute. Das konnte er doch niemals wieder gut machen. Noch ganz in Gedanken versunken, stupste ihm jemand leicht gegen die Nasenspitze. Er sah ein klein wenig auf und spähte in ein Paar blauvioletter Augen, welche das Blut in seinen Adern prompt erwärmte. Andromeda lächelte leicht. "Ich glaube er ist wieder aus seinen Tagträumereien zurück", meinte sich schmunzelnd. Der Gryffindor blinzelte sie ein wenig irritiert an. "Hab ich was verpasst?" Seine Gegenüber begann zu grinsen und schüttelte zur Antwort leicht mit dem Kopf. "Nein. Nicht so wichtig. Allerdings müssen wir jetzt langsam los." Remus warf einen Blick auf die Kutschen. Eine Hand voll war schon abgefahren. In andere wiederum stiegen noch Schülerinnen und Schüler zu. Er begann sich zu fragen, wie lang er wohl einfach nur so dagestanden und gegrübelt hatte. Vor wenigen Augenblicken waren sie doch nur zu dritt gewesen. Wie waren so schnell all die anderen gekommen? Manchmal war es schon erschreckend, wie schnell die Zeit verging, ohne es selbst mitzubekommen. "Schade, dass ihr schon gehen müsst", meinte er mit gedämpfter Stimme unter seinem Schal hervormurmelnd, unterdessen er die beiden Freunde mit seinem Blick fixierte. "Aber ich hoffe, dass es für euch erträglich wird. Wenn ihr wollt, dann schreibe ich euch." Die beiden Schwarzhaarigen sahen sich gegenseitig einige Sekunden schweigend an, bevor Andromeda zu sprechen begann. "Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist. Sie fragen uns sicherlich woher die Post kommt. Wir wollen dir keinen Ärger über die Ferien machen. Und ob wir Zeit zum Schreiben finden ist auch zweifelhaft..." Sie wollte zu weiteren Erklärungen und Entschuldigungen ausholen, doch Remus schüttelte nur sacht den Kopf. "Schon in Ordnung", murmelte er unter dem Schal hervor. "Das verstehe ich voll und ganz. So lang ist es ja auch nicht bis Neujahr. Ich denke das geht auch so." Die drei Freunde besahen sich stumm, unterdessen weitere Junghexen und -zauberer in die Kutschen stiegen. Severus und Andromeda schienen nicht so recht verabschiedende Worte zu finden, also beschloss der Braunschopf dies in die Hand zu nehmen. Sacht lächelte er, auch wenn die beiden es nicht sehen konnten. "Vielleicht solltet ihr langsam gehen. Es ist schon spät. Der Zug geht bald. Ich wünsche euch schon mal fröhliche Weihnachten und einen guten Rutsch. Kommt gesund wieder, ja?" Die beiden nickten synchron. "Ja das machen wir", erwiderte Andromeda etwas zögerlich. "Und pass du auf dich auf, ja? Und auf Lily. - Sie freut sich sicher, wenn du da bist, wenn sie aufwacht. Besser als allein zu sein." Der Gryffindor nickte ihr bestätigend zu. "Mach ich. Keine Sorge." Wieder trat kurzes Schweigen ein, doch dann rang sich Andromeda dazu durch Remus kurz zum Abschied zu umarmen. Dieser tat es ihr natürlich gleich. Der kurze Moment des wärmenden Körpers an sich, verdeutlichte ihm, wie kalt ihm eigentlich schon geworden war. Langsam sollte er wirklich wieder ins Schloss gehen, sonst würde er wohl erfrieren und Lily bald dauerhaft Gesellschaft leisten können. Als die Dunkelhaarige von ihm abließ, sah er zu Severus. Dieser stand da und wartete einfach nur. Von selbst würde er sich wohl kaum rühren. Der Gryffindor sah seinen Gegenüber an. Wie hatte er vergessen können, dass der andere ab und an seine leicht abweisende Maske aufsetzte? Aber was machte das schon? So war der Spross der Snapes eben. Er grinste unter seinem Geschenk. "Also, macht's gut." Wieder nickten die Abreisenden. Sie wandten sich um und gingen zu einer der Kutschen. Andromeda warf dem Jüngsten der Lupins noch einen letzten Blick zu, woraufhin dieser ihr kurz wank. Kurz darauf verschwand sie in der Droschke - dicht gefolgt vom Slytherin, der sich nicht noch einmal umwandte. Es dauerte nicht lang und zwei weitere Schüler stiegen ein. Nur wenig später fuhr das Gespann dann auch schon los. Remus sah ihm hinterher und seufzte leise, lächelte aber. Es machte ihn zwar traurig, dass seine Freunde nun fort waren, aber er hatte ja immerhin die Gewissheit, dass sie wiederkommen würden. Als die Karosse mit den unsichtbaren Zugtieren verschwunden war, wandte er sich langsam ab und wollte ins Schloss zurückgehen, als ihn einem ihm leider nur zu bekannte Stimme zurückhielt. "Fiffy ist bei dem Sauwetter unterwegs? Dann kann es noch nicht kalt genug sein, wenn sich so ein Köter nach draußen traut." Der Erstklässler sah auf. Einige Meter von ihm entfernt standen Lucius und sein Gefolge. Als er sie sah, war ihm kurzzeitig das Blut in den Adern gefroren, doch seltsamerweise dauerte dieser Zustand nur wenige Sekunden an und war so schnell verschwunden, wie er gekommen war. Er dachte an die Szenerie, welche sich in der Eingangshalle ereignet hatte, an die Pein, mit der der Nachwuchs der Familie Malfoy ihn gestraft hatte. Doch seltsamer Weise, konnte er ihm in diesem Moment nicht böse sein. Nicht einmal für die bissigen Kommentare. In just diesem Augenblick hingen seine Gedanken an dem Gelesenen. Lessing. Seine Grübeleien. Der Schluss, dass alle Erwachsenen nur so etwas ähnliches wie faule Früchte waren. Er schmunzelte, als er die Slytherins vor den Kutschen standen sah. "Ihr fahrt?", fragte er, wenn auch nur rethorisch. Langsam setzte er sich in Bewegung, ging auf die Gruppe zu. Mit den Augen ließ er den Platinblonden nicht mehr los. Er bohrte seinen Blick in den unnahbaren des Anderen. "Dann fröhliche Weihnachten und gutes Neues", meinte der Gryffindor mit leicht kühlem Unterton. Ohne auf eine Reaktion zu warten, ging er weiter - die verdutzten Gesichter hinter sich lassend. Er begann leicht unter dem Schal zu grinsen. ,Langsam lerne ich dazu.' Es hatte einige Zeit gedauert bis Remus das Treppenhaus hinter sich gelassen hatte. Nun streifte er durch die beleuchteten Gänge. Ein leises Gähnen stahl sich über seine Lippen. Es war schon später geworden, als er eigentlich angenommen hatte. Unten auf dem Hof war es ihm gar nicht bewusst geworden. Leicht lächelte er und schlenderte den Korridor entlang. Eigentlich hätte er es sich denken können. Natürlich feierten Blacks, Malfoys, Snapes und all die anderen - oder zumindest einige - zusammen. Natürlich würde der vermeintliche Schönling nicht umhinkommen nach hause zu fahren. Zumal sie ja alle von diesem bösen, bösen Vampir namens Remus Johnathan Lupin wegwollten. Das Grinsen wurde breiter. Wirklich ein ausgezeichneter Tag. Ferien ohne Malfoy. Weihnachten ohne Malfoy. Silvester ohne Malfoy. Schule ohne Malfoy. Perfekt. Besser ging es gar nicht. Nur Sirius, James, Peter und er. Da gab es wenig dran auszusetzen. Er seufzte leider. Nur schade, dass Andromeda und Severus hatten gehen müssen. Und dass es Lily so schlecht ging. Wären diese beiden Fakten nicht gewesen, hätte man es fast als perfekt bezeichnen können. Er gähnte abermals. Zumal noch diese steigende Träglosigkeit. Spätestens morgen früh würde er sich kaum mehr aus dem Bett erheben wollen noch können. Am Abend war Vollmond. Na ob er den heil überstand? Sicherlich. Gut - einige Kratzer würde er sicher wie immer abbekommen, aber ansonsten? Da fiel ihm ein, dass er ja noch immer ein paar Bücher aus der Hütte hatte, die er schon lange aus Langeweile gelesen hatte. Langsam sollte er sie wirklich wieder zurückschaffen. Und ein wenig neue Lektüre für die Ferien war sicher auch nicht schlecht. Wer weiß - vielleicht fand sich in einem der Bücher ja etwas Nützliches, was er Severus, Andromeda oder Lily schenken konnte. Irgendetwas brauchte er für die drei auf jeden Fall. Nur was war die Frage. Aber darüber konnte er sich auch noch später den Kopf zerbrechen, wenn er bei Lily gewesen war und dann wieder in seinem Bett lag. Vor dem Schlafen fielen einem doch bekanntlich die besten Dinge ein, oder etwa nicht? Er bog um die nächste Ecke und fand sich vor zwei riesigen Türen wieder. Ein wenig irritiert blickte er einmal nach oben und wieder nach unten. Wie hatte er es nur geschafft so schnell anzukommen? Es war ihm wirklich ein Rätsel. Etwas verwirrt kratzte er sich am Hinterkopf. ,Vielleicht sollte ich doch nicht mehr so viel denken. Ich krieg ja gar nicht mehr mit, was um mich herum passiert oder wo ich bin...' Er seufzte leise. Alte Angewohnheiten legte man nur schwer ab. Leicht kopfschüttelnd, öffnete er die Tür und ging nach drinnen. Leise schloss er hinter sich und sah sich im Raum um. Am Ende des Raumes brannten einige Kerzen. Ansonsten war es im Krankenflügel recht dunkel. Kein Wunder. Außer Lily gab es hier zurzeit keine Patienten. Gut so. Langsam setzte er sich in Bewegung und durchquerte den Raum. Von Madame Pomfrey war weit und breit nichts zu sehen, aber das störte ihn nicht weiter. Er näherte sich dem Bett der Freundin. Bei ihr am Fußende angekommen, hielt er zunächst inne und besah sie sich. Der Kerzenschein ließ sie blass erscheinen. Immer wieder fackelte der Schein der Flamme in ihrem Gesicht. Fast schon zögernd überwand er den letzten Meter bis zum Stuhl, auf welchen er sich jedoch nicht niederließ. Er blieb stehen und sah auf das Mädchen hinab. Einen kleinen Stich verursachte ihr Anblick ihm schon. Er hatte gehofft sie in besserer Verfassung zu sehen, doch seit seinem letzten Besuch hatte sich nicht viel getan. Sie sah nicht schlechter aus, das nicht, aber eine deutliche Verbesserung konnte er auch nicht feststellen. Er ergriff die Hand Lilys und drückte sie leicht. Eines Lächelns konnte er sich nicht verwehren. Wenigstens hatte sie eine normale Körpertemperatur zurück. Immerhin etwas. Zaudernd holte er seine andere Hand unter dem Umhang hervor und strich vorsichtig einige störende Strähnen aus dem Antlitz der Schlafenden. Er lächelte noch ein wenig mehr. Langsam ließ er sich in den Stuhl hinter sich sinken - zog ihn dabei mit einem Fuß leicht heran - ohne dabei die Hand des Rotschopfes loszulassen. Mit dem Daumen strich er leicht über den Handrücken, bevor er auch seine zweite Hand um die der Verletzten schloss. Er sah hinauf in ihr Gesicht und schwieg einige Augenblicke, bevor das Lächeln erneut auftauchte. "Weißt du, heut ist ein guter Tag. Lucius ist nach hause gefahren. Endlich lässt er mir mal meine Ruhe. Jetzt hab ich genügend Zeit für dich. Keine Angst. Du wirst sicher bald wieder gesund. Da bin ich mir ganz sicher. Madame Pomfrey meinte, dass es nicht lang dauern kann, bis du wieder bei Bewusstsein bist. Ich hoffe, dass das schnell passiert. Wenn nicht, dann verpasst du doch Weihnachten. Und das willst du doch nicht, oder? Andromeda und Severus sind leider auch heim gefahren, aber sie wollen auch, dass es dir bald wieder besser geht. Sie wären auch lieber hier geblieben, glaub mir. Da fällt mir ein: sie haben mir schon euer Geschenk gegeben. Danke. Der Schal ist wirklich toll. Aber ihr hättet euch meinetwegen wirklich keine Umstände machen müssen. So wichtig bin ich auch nicht. - ... - Aber ich bin euch trotzdem dankbar. Er ist wirklich schön. Und wie viel Mühe ihr euch gegeben habt... Ich weiß nicht, wie ich mich bei euch erkenntlich zeigen kann." "Das musst... du nicht..." Remus verstummte. Überrascht sah er auf Lily hinab. Diese hatte die Augen ein wenig geöffnet, sah ihn an und lächelte dabei ein wenig. "L-Lily, d-d-du... ", ihm fehlten die Worte. "Lily!" Er drückte ihre Hand ein wenig fester. Am liebsten wäre er ihr um den Hals gefallen, doch in ihrem Zustand war es wohl das Schlechteste beziehungsweise Dümmste, was er hatte tun können. "Hallo... Remus...", brachte sie mit leise, leicht kratzender Stimme nur bruchstückhaft hervor. "Du bist... kalt... deine Hände..." "Ich - Entschuldige. Ich war draußen." Er wollte schon von ihr ablassen, doch ein angedeutetes Kopfnicken reichte aus, um ihn auf der Stelle verharren zu lassen. Er spürte einen schwachen Gegendruck und verstand. Leicht lächelte er und schloss seine Hände um die der Erstklässlerin. "Wie geht es dir?" "Geht so...", murmelte sie. Der Jüngere nickte leicht. "Ich verstehe. Du solltest lieber nicht reden. Du musst dich ausruhen. Damit du schnell gesund wirst und mit uns feiern kannst." Er lächelte leicht, doch der Rotfuchs sah ihn leicht fragend an. "Mit uns meine ich James, Peter, Sirius und mich", antwortete er auf ihre nicht gestellte Frage. Ihre Augen funkelten spöttisch, als sie die Namen der anderen hörte. Mit den anderen feiern? Für sie würde es sicher die Hölle auf Erden werden. Vor allem mit den Spross der Potters. Remus lächelte milde. "Bitte Lily. Sei nicht sauer. Aber ich denke ihr solltet euch langsam vertragen. Und da im Moment wenig Schüler im Schloss sind und Weihnachten nah ist, da bietet es sich doch an." "Warum?" Stirnrunzelnd sah er auf sie. Diesmal schien er nicht ganz zu verstehen. "Warum sind... wenig Schüler... im Schloss?" Für einige Zeit trat Stille ein. Mit dieser Frage hatte er nicht gerechnet, auch wenn er es hätte tun sollen, lag sie ja immerhin auf der Hand. "Ich... Es ist wegen dem Weihnachtsball... Ich fang von vorn an, ja?" Gedankenversunken strich er weiter über ihre Hand und legte sich ein paar Sätze zurecht. Er starrte aus dem nahen Fenster. Langsam begann er zu sprechen. "Du warst weg... Und ich hab dich gesucht... Irgendwann hab ich dich dann blutüberströmt auf der Mädchentoilette gefunden. Du sahst... Ich hab gedacht du bist... tot... Mein Herz ist regelrecht stehen geblieben. Ich... Ich hab dich in die Eingangshalle gebracht. Weiter hab ich es nicht geschafft... Severus und Andromeda kamen dann. Andromeda hat Hilfe geholt und Severus sich um dich gekümmert... Und dann kamen die anderen. Sie... Also... Sie denken noch immer - oder schon wieder - dass ich der Vampir bin. Und da niemand mit einem Vampir unter einem Dach leben will, weil er sie ja jede Nacht anfallen könnte, sind die meisten nach hause gefahren... Deswegen sind so wenige da. Eine Hand voll..." Erneute Stille, aber diesmal bedeutend kürzer. "Aber... du warst... es doch... gar nicht..." Der Schüler wandte ihr seinen Blick und somit seine volle Aufmerksamkeit wieder zu. "Aber das glauben sie mir nicht. Nicht ohne dich... Wer hat dich... Kannst du mir sagen, wer dir das angetan hat?" Lily schüttelte sachte den Kopf. "Tut mir leid", brachte sie mit krächzender Stimme heraus. Remus griff nach einem nahen Glas und setzte es vorsichtig an ihre Lippen. Sie nahm zwei Schlücke, bevor ihr Gegenüber das Wasser wieder beiseite stellte. Sie lächelte kurz dankbar, fuhr dann jedoch fort. "Ich habe niemanden... gesehen..." "Was ist denn genau passiert?", hakte er weiter nach. "Ich... stand vor dem... Spiegel. Wollte mich... etwas abkühlen. Aber dann... hat mich jemand... von hinten... gepackt. Ich habe... niemanden ges-... gesehen. Der ... Spiegel war leer! Es ging... zu schnell..." Sie sah ihn entschuldigend an, doch er konnte nur leicht verneinen. Es war nicht ihre Schuld. Ganz und gar nicht. Was konnte sie dafür, dass ein Vampir sie angriff? Natürlich hatten Vampire kein Spiegelbild. Dafür, dass sie ihn also nicht gesehen hatte, musste sie sich nun wirklich keine Vorwürfe machen. Es war nun einmal so gewesen. Unabänderlich. "Gefällt dir... der Schal...?" Remus blinzelte sie ein wenig konfus an, bestätigte jedoch und lächelte sanft. "Ja. Er ist wunderschön. Danke. Das hättet ihr wirklich nicht tun müssen." "Doch", widersprach sie. "Du läufst... immer ohne herum. Du wirst... noch krank..." Der Jüngere lächelte und nahm das Geschenk ab, wodurch er noch verdutztere Blicke erntete. Behutsam legte er der Verletzten den Schal um den Hals und die Enden auf den Brustkorb, bevor er sie wieder wärmend zudeckte. "Was...?" "Im Moment brauchst du ihn nötiger als ich. Sev und Ann meinten, dass er mit ein paar Heilsprüchen versehen ist. Ich denke dass er für dich genau das Richtige ist. Mit einem Schnupfen werde ich schon fertig, aber du kannst jede Hilfe gebrauchen. Ich will, dass du zu Weihnachten wieder gesund bist. Du behältst ihn solang um, bis du wieder eigenständig auf zwei Beinen stehen kannst. Und ich will keine Widerworte hören, klar?" Der verwunderte Ausdruck auf Lilys Gesicht hatte sich zu einem verschmitzten Grinsen abgewandelt. "Du hörst... dich an wie... mein Vater..." Auf diesen Kommentar hin, konnte Remus nicht anders, als zu lachen. Die junge Evans schmunzelte ihn nur weiter an. "Au..." Remus zuckte leicht zusammen, als er die ziepende Wunde an seinem Bauch spürte. Langsam atmete er ein und wieder aus. Er sah sich um. Durch die vernagelten Fenster sickerte helles Tageslicht herein. Er seufzte leise. Sein Blick wanderte durch das Zimmer. Wie es aussah hatte er sich in der letzten Nacht ausnahmsweise mal zurückgehalten. Wenigstens etwas. Nichts desto trotz war ihm ohne Klamotten trotzdem eisig kalt. Die letzten Stofffetzen lagen auf dem Boden, auf welchem er im Moment saß, verstreut. Er brummte gedämpfte und stand auf. Leise keuchend schleppte er sich durch den Raum. Die Verletzung am Bauch war wohl tiefer, als er zunächst gedacht hatte. An einer anderen Stelle des Zimmers, ließ er sich wieder auf die Knie sinken. Er schob den Teppich beiseite. Eine kleine Luke kam zum Vorschein, welche er öffnete und aus welcher er seinen Zauberstab zutage förderte. Er hatte ihn letzte Nacht vorsichtshalber dort verstaut. Das letzte Mal war er nur knapp nicht zu Bruch gegangen, hatte er sich noch kontrollieren können. Dieses Mal hatte er es nicht riskieren wollen. Er richtete alles wieder so her, wie es war und stand auf. Ein kurzer Schwenk mit dem Zauberstab und einen Spruch später, fand er sich voll bekleidet im Raum wieder. Er lächelte leicht und steckte den Stab ein. Langsam und gemächlich verließ er das Zimmer und machte sich auf den Weg zum Lesesaal oder auch Wohnzimmer. Je nachdem, wie man es deuten oder auch bezeichnen wollte. Dort angekommen, ging er zum Bücherregal. Schon am Abend hatte er sich einige Bücher ausgeguckt, welche er hatte mitnehmen wollen. Nun musste er sie nur noch wieder finden. In ihnen hatte er auch eine Hand voll Anregungen für die Geschenke, die er seinen Freunden machen würde, gefunden. Allerdings durfte er sich nicht allzu lang damit beschäftigen. Heute war bereits der Zweiundzwanzigste. Weihnachten kam unaufhaltsam näher. Ob er die Schenkungen bis dahin fertig haben würde, das war eine andere Frage. Im Moment zweifelte er noch sehr daran, war er ja nicht der Allerschnellste. Er war weiß Gott nicht langsam, aber er tat sich mit den Entscheidungen dafür umso schwerer. Sein Blick eilte über die Titel. Wo hatte er die Bücher nur gelassen? Zwei hatte er immerhin schon gefunden, allerdings war dies seine eigene Lektüre bis zum nächsten Vollmond. Die wichtigeren Werke hatte er noch nicht gefunden. Er las die Letter auf den Buchrücken, wurde aber nicht wirklich fündig. Gedanklich begann er langsam, aber allmählich zu fluchen. Dabei waren doch so gute Ideen dabei gewesen. Vor allem für Andromeda und Severus hatte er etwas Passendes gefunden. Bei Lily war er noch etwas unschlüssig. Aber das half auch nicht im Augenblick, wenn er die Wälzer nicht mehr fand. ,So schwer kann das doch nicht sein. Das eine war giftgrün und das andere blau. Und das Dritte...? Ich weiß es nicht mehr. Mist.' Er seufzte tief. Einige Schritte trat er zurück und begann nach einem anderen Kriterium zu suchen. Wenn er direkt nach Farben ging, dann war es einfacher, als wenn er nur die Titel suchte. Und tatsächlich. Er hatte Glück. Die blaue und die grüne Publikation fand er nach einer knappen Viertelstunde, doch die letzte fand er nicht. Doch auch zum Suchen blieb ihm nicht wirklich die Zeit. Es war schon spät. Langsam musste er ins Schloss zurück. Immerhin gab es bald Essen und die Jungs würden ihn sicher vermissen, hatte er gesagt, dass er Lily heute über Nacht besuchen würde und früh zu ihnen stieß. Der Rothaarigen wiederum hatte er beichten müssen, dass er leider nicht zu ihr kommen konnte. Und da die Gryffindors die Verletzte ohne ihn aller Wahrscheinlichkeit nach nicht so schnell besuchen würden - hatte er ihnen weis gemacht, ihr ginge es noch ziemlich schlecht und sie brauchte Ruhe, was ja genauso genommen auch stimmte - war sein kleines Geheimnis auch für dieses Mal gewahrt geblieben. Glücklicherweise musste er sich nun erst wieder im Januar Gedanken darüber machen, wie er sich herausreden konnte, aber bis dahin war noch viel Zeit. Eine gesamte Mondphase. Bis dahin würde sich sicherlich etwas ergeben. Einige Sekunden lang besah er sich die Bücher. Sein Blick glitt über das Regal. Es war unmöglich das letzte Lektürestück noch rechtzeitig zu finden. Er würde sich wohl oder übel etwas einfallen lassen müssen. Vielleicht würde es schwer werden, aber irgendwas konnte er sicherlich zustande bringen, davon war er überzeugt. Sich Umhang und Schal anziehen, steckte er die Druckerzeugnisse sicher ein und machte sich auf den Rückweg zum Schloss. Die Große Halle war tatsächlich fast leer. Die Haustische waren verschwunden. Es stand ein riesiger Tisch in der Mitte des Saales, wo ein Hufflepuff saß und mit seinem kleinen Kauz spielte. Der Lehrertisch war zur Zeit noch verwaist. Anscheinend waren nicht genügend Schüler da, als dass es sich lohnte alle Tische stehen und sich decken zu lassen. Eine Tafel - oder auch zwei, nahm man die der Lehrer extra - war wesentlich einfacher zu decken, als ein gesamter Saal. Mit gemächlichen Schritten, ging der Gryffindor auf die noch leere Platte zu. Langsam ließ er sich auf der Bank nieder und wickelte seinen Schal ab. Sein Gegenüber hatte aufgesehen und leicht gestockt, als er erkannte, wer da genau gekommen war. Scheu oder auch ängstlich hatte er den Blick gesenkt und beschäftigte sich intensiver, aber auch unruhiger mit seinem Haustier. Remus behielt ihn aus den Augenwinkeln her im Blick, während er sich entkleidete, war es hier drin wirklich warm. Er packte Umhang und Schal zu einem ordentlichen Bündel zusammen und legte es neben sich ab. Draußen hatte wirklich eine Eiseskälte geherrscht. Er war froh gewesen, als er nach scheinbar endlosem Marsch durchs Dunkel und anschließend durch weißes Natursilber endlich wieder im Schloss angekommen war. Sein Besuch auf der Krankenstation war kurz ausgefallen. Eigentlich hatte er Lily ein wenig beschäftigen wollen, aber Madame Pomfrey hatte ihn bereits an der Tür abgefangen und ihm mitgeteilt er solle leise sein, schliefe die Erstklässlerin. Anstatt eines Besuches hatte er also die Zeit genutzt und hatte sich versorgen lassen. Nachdem sein Bauch nicht mehr geschmerzt hatte, war dieser Tag gleich um einiges erträglicher gewesen. Ursprünglich hatte er nach seinem Abstecher in den Krankentrakt noch in den Gryffindor-Turm gewollt, hatte sich dann jedoch anders entschieden, war es schon spät gewesen. Genau genommen hatte er erwartet, dass James und die anderen schon hier saßen und sich den Bauch vollschlugen, doch dem war nicht so. Wie es aussah war er um einiges zu früh dran. Aber noch einmal nach oben gehen lohnte nicht. Wartete er hier, würden die anderen mit der Zeit schon von selbst kommen, wenn der Hunger sie antrieb. Bei diesem Gedanken konnte er sich ein Schmunzeln nicht vertreiben. Ja - mit Essen konnte man sie locken. Vor allem Sirius. Ab und an verschwand dieser ja des Nachts. Remus hatte inzwischen gelernt zu wissen, wann es so weit war. Spätestens wenn das Knurren des Magens des Älteren so laut geworden war, dass man davon selbst aus dem eigenen Schlaf erwachte, schlug der Spross der Blacks die Decke zurück und trottete aus dem Schlafsaal, Richtung Küche. Manches Mal erwischte er ihn auch, wenn der Dunkelhaarige zurückkam und sich zufrieden den Bauch rieb. Dies lies den jungen Lupin lächeln, war es immer wieder ein Bild für die Götter. Ein zufriedener Sirius, satt, glücklich und voll in seinem Element. Konnte man Essen eigentlich als Hobby bezeichnen? Wenn, dann hatte Sirius' ein recht Eigenwilliges. Und man sah es ihm noch nicht einmal an. Einfach nur zu beneiden. ,Aber solche Probleme hab ich im Moment nicht.' Sein Blick wanderte nach oben zur Decke. Das Schneetreiben nahm zu. Er seufzte leise und fuhr mit seinem Zeigefinger über die Tischplatte, wobei er immer wieder kleine Kreise drehte. Er langweilte sich sichtlich. Er sah seinen Gegenüber an. Als sich ihre Blicke trafen, zuckte dieser erschrocken zusammen und sah beiseite. Genervt grummelte der Erstklässler. Er hätte dem anderen nur allzu gern lang und ausführlich erklärt, dass er kein Vampir war - da er ja schon ein Werwolf war und das somit herzlich schlecht ging - aber dieser würde ihm ohnehin nicht glauben. Es war sinn- oder auch zwecklos. Also wieso erst groß Mühe geben? Dazu verspürte er dieser Tage wirklich keinen Drang. Er wollte nur noch entspannen, solang die Schule ihm mehr oder weniger allein gehörte. "Remus, da bist du ja." Der Gerufene sah auf. Sirius, James und Peter passierten das Eingangsportal der Großen Halle und steuerten auf den Tisch zu. Fröhlich lächelnd ließen sie sich bei ihm nieder. Der Hufflepuff hatte sich selbst ans andere Tischende verdrückt, schien er mit dieser Verschwörung nichts zu tun haben zu wollen. Remus musterte die anderen. Sie waren eingeschneit. Der weiße Schnee fiel bei jedem ihrer Schritte teilweise zu Boden und wurde von ihnen breit getreten. Stirnrunzelnd betrachtete der Nachwuchs des Hauses Lupin sie. "Was habt ihr draußen getrieben?" "Quidditch gespielt", gab James breit grinsend zurück und zog - wie auch die anderen - seinen Umhang aus. "Bei der Kälte?", fragte Remus ungläubig, war es immerhin nicht normal bei Minusgraden durch die Lüfte zu sausen, oder etwa doch? "Bei der Kälte", bestätigte der Schwarzschopf und grinste weiter. "Das macht wenigstens warm. Und so geht die Zeit schneller vorbei." "A-also w-warm bez-z-zweifle ich", brachte Peter zähneklappernd hervor. Den nassen Mantel hatte er zwar ausgezogen, doch darunter trug er noch einige Schichten. Nichts desto trotz sah ihr Kleinster steifgefroren und halb blau aus. James stieß leicht spöttisch die Luft aus. "Du bist ja auch in einem Schneckentempo geflogen. Kein Wunder, dass dir da kalt ist." "Ich kann h-halt nicht sch-schneller", brummte der Blonde ein wenig beleidigt. "Lasst das Jungs", warf Sirius ein, wollte er zu dieser Tageszeit keinen Streit. "Außerdem, Jamie. Deine Finger sind auch ganz steif. Du hast dich vorhin zur Genüge bei mir ausgelassen, dass sie dir sicher bald absterben und wie grausam kalte Finger doch sind. Oder verwechsle ich da gerade etwas?" "Kannst du auch einmal still sein, Sirius?" Der Gefragte begann zu Lächeln. Es war ein Lächeln, was so viel hieß wie "Ich kann doch keiner Fliege was zu leide tun. Ich bin ganz unschuldig. Was denkst du denn bitte von mir? Ich bin dein kleiner Sonnenschein und Engel." Kurz darauf folgte ein rasches Kopfschütteln, was James aufstöhnen ließ. Wie hätte es auch anders sein können? Natürlich konnte Sirius es nicht lassen. So war er eben. Remus konnte die ganze Sache nur beschmunzeln. Wie hieß es doch so schön? Was sich liebt, das neckt sich. "Du sitzt ja immer noch da. Es ist spät, Remus. Willst du nicht langsam schlafen gehen?" Der Angesprochene sah müde auf. Sirius war die Treppe, welche zu den Jungenschlafsälen führte, heruntergekommen und durchquerte den Gemeinschaftsraum. Remus selbst saß am Kamin und blätterte in einem Buch. In seinem Schoß lag noch ein Weiteres, doch dieses hatte er anscheinend schon zur genüge durchgearbeitet, ragten hier und da kleine Schnipsel heraus, die bestimmte Seiten markierten. "Ich kann noch nicht", gab er lahm und verzögert zurück. "Ich such noch nach Geschenken. Ich find die Stelle aber nicht mehr." Sirius seufzte leise und ließ sich in den Sessel neben dem Kleineren sinken. Der Sprössling der Lupins spürte den Blick des anderen auf sich ruhen, sagte jedoch nichts und las weiter. Einige Zeit verging still, in der der Neuankömmling nichts sagte und wohl - so vermutete der Brünette - seinen Gedanken nachging. Doch nach mehreren Minuten ertönte ein weiteres Seufzen. "Remus... Kannst du das nicht morgen machen? Es ist nicht gut, wenn du so lang aufbleibst." "Ich hab kaum noch Zeit. Ich muss, Sirius. Außerdem, warum bist du überhaupt noch wach?", gab er zurück ohne sich wirklich stören zu lassen. "Hm? Warum ich...? Ich weiß nicht. Ich konnte nicht schlafen." Nun sah der Jüngere doch auf. Leicht irritiert musterte er den anderen Erstklässler. "Du konntest nicht schlafen? - ... - Warum nicht?" Der junge Black zuckte mit den Schultern. "Ich weiß es auch nicht... Ich mache mir einfach nur Sorgen um Andromeda. Mehr nicht..." "Um Ann? Und warum? Ich versteh nicht ganz. Um diese Uhrzeit bin ich nicht mehr ganz so schnell." Sirius schmunzelte leicht, verkniff sich aber einen Kommentar, fuhr dafür relativ sachlich fort, um das Thema nicht unter den Tisch fallen zu lassen. "Es tut mir leid, dass ich nicht mit ihr fahren konnte. Ich meine... Sie muss mit ihrer Familie feiern. Mit meiner. Und mit... naja, den Malfoys und so... Du weißt schon." Remus nickte und schlug das Buch zu - signalisierte so, dass er dem anderen voll und ganz zuhörte. "Das wird sie mir ewig vorhalten... Sie ist sicher sauer... Aber ich wollte wirklich nicht nach hause. Das muss ich mir echt nicht antun." "Hm..." Remus grübelte ein wenig. Dachte über die Worte des Dunkelhaarigen nach. Nach einem kurzen Augenblick atmete er kurz ein und aus und sprach. "Ich denke nicht, dass sie sauer sein wird. Severus ist ja mitgefahren. Das wird schon irgendwie." Verächtlich stieß Sirius die Luft aus und funkelte seinen Freund - amüsiert, aber auch fast schon drohend und für verrückt erklärend - an. "Severus?", begann er langsam. "Remus... Ich weiß inzwischen, dass Severus kein zu schlechter Kerl ist. Nicht zuletzt dank dir. Aber... Der Severus, den du kennen gelernt hast und der, der zuhause lebt... Das sind zwei vollkommen verschiedene Welten. Glaube mir. Severus ist um sein eigenes Seelenheil mehr besorgt, als um das Andromedas. Wenn er sich entscheiden muss, dann hält er zu seinen Eltern. Immerhin muss er es mit ihnen öfter und länger aushalten, als mit meinem Cousinchen. Er wird ihr keine große Hilfe sein. Glaube mir." Remus' Mundwinkel zuckten leicht. "Ach ja...? Ich denke du bist der, der irrt. Severus ist kein schlechter Mensch. Du hast einfach nur deine Vorurteile. Er wird schon auf sie aufpassen. Er ist zuverlässig genug. Ich vertraue ihm. Voll und ganz." "Mag schon sein, Remus. Aber es ist Fakt, dass-" "Dass du mich nicht verstehen willst", unterbrach ihn der Jüngere und funkelte ihn leicht gereizt an. "Hör zu. Es ist zu spät um das mit dir ernsthaft auszudiskutieren. Dafür habe ich heute wirklich nicht mehr den Nerv. Ich habe verstanden, was du mir sagen willst, aber ich glaube dir in dem Punkt nicht. Ganz einfach. Belass es dabei. Du kannst mir weder beweisen, dass du Recht hast, noch das ich Recht habe. Ich weiß, dass du dir um Andromeda Sorgen machst, aber belass es einfach dabei, ja? Ich will mir über nicht noch mehr Dinge Gedanken machen. Mir schwirrt schon so viel zu viel im Kopf herum. Also bring mich bitte nicht auch noch zum Zweifeln. Außerdem ist bald Weihnachten. Belass es einfach dabei. Ich will mich nicht mit dir wegen so etwas verkrachen... Ja? Geh schlafen und lass mich in Ruhe weiterlesen. Das ist das Beste im Moment." Schweigend sahen sie sich an, bis sich Sirius erhob. Mit einem festen, aber nachgebendem "Gute Nacht" verabschiedete sich der Ältere und verschwand dorthin, woher er gekommen war. Remus seufzte leise und schlug das Buch wieder auf. Er las die Überschrift. Warum war der Schwarzschopf eigentlich genau dann gekommen, als er über dessen Geschenk gebrütet hatte? Seltsame Zufälle gab es schon. Er schlug die Lektüre wieder zu und starrte in das noch immer prasselnde Kaminfeuer. Innerlich hoffte er, dass der Erstklässler es ihm nicht übel nahm, war sein Ton schon relativ schroff gewesen. "..." Remus seufzte schwer, schloss die müden Augen und rieb sich diese leicht. "Vielleicht sollte ich doch schlafen gehen..." Sonne flutete durch die vereisten Fenster, brach sich dabei an diesen und warf hier und da vereinzelte kleine Regenbögen auf den Boden. Das Schneetreiben hatte sich im Laufe der Nacht gelegt. Draußen funkelte das weiße Silber und schmolz leicht in der wärmenden Wintersonne - allerdings nur sie oberste Schicht, sodass die Landschaft zwar herrlich berauschend war, trotz dessen jedoch eine Gefahr für jeden Spaziergänger darstellte. Im Gryffindor-Turm war es still. Seine letzten verbliebenen Bewohner schliefen noch. - Doch nicht alle. Remus war bereits seit einiger Zeit auf. Zwar war er erst sehr spät ins Bett - er hatte in der Nacht noch gewartet, wollte er nicht gleich nach Sirius nach oben gehen, hatte er wirklich keinen Bedarf gehabt mit diesem über das Erzählte zu sprechen - war jedoch putzmunter aufgewacht, hatte das Buch weiter gewälzt, sich Notizen gemacht und war nun dabei sich fertig anzuziehen, damit er sich in die - wie bereits erwähnt - schöne, aber heimtückische Natur stürzen konnte. So leise wie möglich wuselte er durch den Schlafsaal, um die anderen nicht zu wecken. Fertig angezogen und gut verpackt, wickelte er noch schnell den Schal um und ging dann zur Tür. Er war schon im Begriff sie zu öffnen, als eine gedämpfte Stimme ihn zurückhielt. "Wo willst du hin?" Langsam wandte sich der Braunschopf um und erspähte Sirius, der gähnend und sich durch die Haare wuschelnd im Bett saß. In ihm zog es sich leicht zusammen. Wenn man vom Teufel sprach... "Spazieren", gab er als geflüsterte Antwort von sich. "Warte, ich komm mit." Und schon kam Bewegung in die Sache, noch bevor der Jungzauberer etwas sagen konnte. Leicht rat- und tatlos stand er da und sah zu, wie sich der andere schnell aus dem Bett pellte, sich einen Klamottenhaufen schnappte und damit im Bad verschwand. Leises Wasserrauschen wurde laut. Remus wusste nicht so recht, was er tun sollte. Eigentlich hatte er allein gehen wollen, wollte er immerhin die Geschenke besorgen. Und nun kam Sirius als Begleitung mit. Das passte ja wie immer wie die Faust aufs Auge. Aber einfach gehen konnte er nun auch schlecht, würde er es sich so sicherlich mit dem anderen verscherzen. Also warum machte er sich einen Kopf darum? Er hatte ohnehin keine andere Wahl. Zudem wusste Sirius ja auch nicht, dass Remus unter anderem für ihn unterwegs war. Und was er - beziehungsweise das er etwas bekam, das wusste der andere auch nicht. Also wieso sollte Remus zu ein wenig Gefolge nein sagen? In diesem Moment öffnete sich die Badezimmertür. Der Spross der Blacks war in voller Montur. Selbst Umhang, Schal und Handschuhe trug er. Er kam auf den Jüngeren zu und lächelte. "Meinetwegen können wir." Remus nickte nur leicht, wandte sich um und öffnete endlich die Tür. Mit bedächtigen Schritten ging er nach draußen, schliefen James und Peter ja noch immer. Sirius selbst folgte und zog die Tür leise hinter sich zu. Gemeinsam stiegen sie die Treppenstufen nach unten. Im Gemeinschaftsraum angekommen, brach der Größere das Schweigen. "Entschuldige wegen gestern. Das war dumm von mir." Der Braunschopf schüttelte nur den Kopf leicht und lächelte unter seinem Schal, auch wenn sein Freund es nicht sehen konnte. "Schon in Ordnung... Lass es auf sich beruhen, ja?" "Hm... Wie du willst." Sie stiegen durch das Porträtloch nach draußen auf den Gang und setzten ihren Weg Richtung Treppenhaus fort. "Wohin willst du eigentlich?", fragte Sirius neugierig und sah Remus von der Seite an. Dieser zuckte nur mit den Schultern und schmunzelte weiter. Es war interessant zu sehen, wie schnell Sirius' Stimmung umschlagen konnte. Und nicht nur das. Er wusste nicht wie, aber es war ihm tatsächlich ein Rätsel, wie man innerhalb von nur fünf Minuten vollkommen wach und geistig da sein konnte. Und dann auch noch gut gelaunt. Bei ihm selbst dauerte es schon eine geraume Zeit, bis er sich überhaupt aus dem Bett quälte. Aber sein Begleiter war einfach aufgewacht und sofort aus den Federn gesprungen. Aller Wahrscheinlichkeit nach, würde er den anderen wohl nie - oder nur sehr schwer - verstehen. "Ich will in den Wald", griff Remus den Faden wieder auf, hatte der Energieprotz bereits zur erneuten Frage angesetzt, blickte jedoch nun, da er die Antwort kannte, leicht verdutzt drein. "In den Wald? Aber ist das nicht gefährlich? Was willst du da?" "Spazieren gehen. Sagte ich doch schon", meinte er grinsend und nahm die letzte Stufe der Treppe, durchquerte eine Tür und fand sich in der Eingangshalle wieder. Sirius stieß die Luft aus. "Und warum gerade im Wald? Der ist doch gefährlich. Was ist, wenn da der Vampir rumschleicht. Oder ein Werwolf? Vorgestern war immerhin Vollmond. Oder irgendetwas anderes?" Remus' Herz hatte sich leicht verkrampft, als der Schüler auf das Thema Werwolf zusprechen gekommen war, ließ sich jedoch nichts anmerken. "Du bist doch bei mir und passt auf", meinte er in besänftigendem Ton. "Außerdem: es ist tags. Da laufen keine Vampire herum. Und Werwölfe sind außerhalb des Vollmondes nicht gefährlich." "Und woher weißt du das?" "Das ist Allgemeinwissen, Sirius", fuhr er gedehnt fort, auch wenn ihm das Herz bis zum Hals schlug. "So etwas weiß man." "Und was ist, wenn da irgendwas anderes da drin rumkriecht oder rumläuft? Was dann?" "Dann hat dich dieses Etwas sicher schon längst aufgefressen, bevor du irgendwas mitkriegst." Während sie sich unterhielten, öffnete Remus das große Eichenportal und zwängte sich nach draußen. Als Sirius zwischen Tür und Angeln war, hielt der Brünette ihn zurück. "Du musst ja nicht mitkommen, wenn du nicht willst. Ich kann auch allein gehen." Er hatte damit gerechnet, dass der andere dies nun tatsächlich in Erwägung zog, doch ohne zu zögern schüttelte Sirius den Kopf. "Nein, nein. Schon gut. Ich komme ja mit. Ich kann dich ja schlecht allein lassen, oder? Am Ende frisst dich wirklich irgendwas auf." Remus wurde von Sirius einige Schritte rückwärts geschoben, sodass auch dieser nach draußen treten konnte. Das Eichenportal fiel derweil mit einem dumpfen Ton ins Schloss. "Also: gehen wir", fuhr Sirius fort, drehte Remus um und ging dann mit diesem weiter. Der Jüngere war sichtlich irritiert, als er hinter dem anderen hergezogen wurde, folgte aber kompromisslos. Eine ganze Weile gingen sie nebeneinander her, ohne viele Worte zu wechseln. Remus begutachtete die Natur in ihrer vollen Pracht. Neben der Kälte, so konnte er ohne jeden Zweifel sagen, war der Winter wirklich eine fabelhafte Jahreszeit. Die Luft war klar, die Landschaft funkelte und die Sonne besaß eine wohlige Wärme. Sein Blick glitt zum See hinüber. Er schmunzelte, als er das gefrorene Gewässer sah. Wieder stiegen in ihm die Erinnerungen auf, als er mit Severus versucht hatte Schlittschuh laufen zu lernen und es mehr oder weniger im Desaster geendet war. Schon seltsam. Aber aufgeben würde er so schnell sicher nicht. Severus würde es lernen. Ob er wollte oder nicht. "Willst du Schlittschuhlaufen?", fragte Sirius, hatte er den Blick des Jüngeren bemerkt. Dieser schüttelte rasch mit dem Kopf und wandte sich wieder dem Wald zu, welcher nach und nach näher rückte. Wie weit sie wohl in das Gehölz vordringen mussten bis er fündig wurde? Hoffentlich nicht allzu weit. Er hatte keine besonders große Lust schlussendlich doch noch Bekanntschaft mit einem Einwohner des finsteren Forstes zu machen. Solche Erlebnisse hatte er in letzter Zeit zur genüge gehabt. Erst traf er Elena, dann tauchte ein Vampir auf und schließlich hatte auch Lucius leichten Verdacht über Remus' wahre Natur geschöpft, überspielte dies jedoch gekonnt. Remus seufzte leise. Nichts desto trotz bereute er es auf so eine dumme Idee gekommen zu sein. Warum hatte er sich nicht etwas anderes einfallen lassen können, was er Severus, Sirius und Peter hatte schenken wollen? Wie dumm hatte er sein können? Und warum hatte er eigentlich nicht Hagrid gefragt, ob er für ihn die Besorgung gemacht hätte? Oder sich bei Novis etwas ausgeliehen? Gut - Letzteres wusste Remus nur leider zu genau zu beantworten. Novis verhehlte seine Abneigung den Schülern gegenüber nicht. Und auch der Junge der Lupins war nicht sonderlich erpicht darauf unnötig Zeit mit dem Zaubertrankprofessor zu verbringen, als unbedingt notwendig. Die Schulstunden reichten ihm voll und ganz aus. Sicher ging er recht in der Annahme, dass er sich bei besagtem Lehrer nicht ohne weiteres etwas hätte borgen können. Bei diesem Erzieher gab es mehr als nur einen Haken. Er wollte doch aus allem seinen Vorteil haben. Innerlich seufzte der Schüler. Nein. Es blieb ihm keine andere Wahl, als sich die Zutaten selbst zu besorgen. Hagrid hatte mit Bestimmtheit genug zu tun und konnte sich nicht auch noch um Remus' Problemchen kümmern, auch wenn der gutherzige Hüne es sicher gern getan hätte. Am Waldrand angekommen blieb der Gryffindor zunächst stehen und sah sich um. Schon nach wenigen Metern verlor sich das Licht im Dickicht und lies einen dunklen Irrgarten zurück. Auch der helle Schnee auf den Wipfeln der Bäume sorgte nicht sonderlich gut dafür, dass es lichter wurde. Ein beklemmendes Gefühl erfüllte den Erstklässler. Sollten sie wirklich hineingehen? Sein Blick wanderte zu Sirius. Auch dieser wirkte unentschlossen. Ihre Blicke trafen sich. Remus schluckte schwer. "Also? Willst du noch immer weitergehen?", fragte der Ältere, wobei man einen leichten Unterton mitbekam. Die Stimme des Freundes klang trocken, gleichzeitig aber auch belegt. Anscheinend gefiel ihm diese Aussicht nicht besonders gut, doch überließ er dem Braunschopf die Entscheidung. Dieser nickte etwas zögernd. "Ja... Gehen wir. Aber ich würde sagen... Lass uns am Waldrand langgehen, ja?" Wie erwartet erhielt er ebenfalls ein Nicken zur Antwort. Der Nachwuchs der Blacks wirkte mit einem Mal viel entspannter. Und auch die Atmosphäre zwischen ihnen war wieder leicht gelockert. Ohne weitere Worte gingen sie weiter - nur ein paar Meter hinein, wo es noch Licht gab. Dann wandten sie sich leicht und folgten der Grenzlinie - man konnte es schon fast so bezeichnen - zwischen Licht und Dunkel. Remus sah sich mit wachsamem Auge um. Irgendwo hier musste es sein. Wenn er Glück hatte. Er hoffte inständig darauf fündig zu werden und nicht weiter in den Wald hineingehen zu müssen. Lange liefen sie nebeneinander her. Kaum ein Wort fiel. Ob nun wegen des gestrigen Abends - obgleich sie dies ja schon geklärt hatten - oder wegen dem Wald, in welchem sie sich befanden. Das vermochte der Jüngere nicht zu sagen. Eine gute Stunde waren sie schon unterwegs, doch nichts. Des Öfteren hatte Sirius etwas von umkehren verlauten lassen, doch Remus war immer wieder nicht darauf eingegangen. Im Gegenteil. Nach und nach waren sie nun doch in das Unterholz vorgedrungen. Der Braunschopf hatte sogar seinen Zauberstab gezogen und leuchtete ihnen den Weg mit Lumos. Es wurde immer schwerer voranzukommen, ja tiefer sie kamen. Glücklicherweise war ihnen noch keine Kreatur begegnet, deren Bekanntschaft sie nur allzu sehr bereuen würden. Das Einzige, was Remus sah, waren Mücken - ein Wunder, dass diese bei der Kälte noch nicht erfroren waren - Krabbeltiere, die laut zerknallten, wenn man ihnen zu nahe kam, vereinzelte Vögel, die den Winter hier verbrachten, leuchtendgoldene Gräser, die zusammen mit einigen Blumen auf einer riesigen Lichtung wucherten, ein Reh mit seinem Kitz, das... Moment. Blumen? Goldenes Gras? Abrupt und ohne Vorwarnung blieb er stehen, sodass Sirius direkt in ihn hineinlief. "Au... Remus... Warum bleibst du auf einmal stehen?" Doch eine Antwort erhielt er nicht, war der Gryffindor bereits zur Lichtung gestürzt und begann dort zu wüten. "Und deswegen wolltest du in den Wald?", fragte Sirius zum abertausendsten Male, als sie wieder im Schloss angekommen waren. Remus konnte nur weiter lächeln. Er trug ein Stoffbündel in seinen Armen, in welches er den Fund aus dem Wald eingewickelt hatte. "Ich musste! Das war wichtig. Ich brauche die Sachen für Severus' Geschenk. Also nein. Das ist Severus' Geschenk um genau zu sein." "... Gras? Du schenkst ihm Gras?" "Das ist kein gewöhnliches Gras, Sirius", brummte der Kleinere. "Sehe ich. Es ist golden." "Sirius!", stöhnte er genervt und sah ihn augenrollend an. "Das verstehst du nicht. Das... Ach, vergiss es. Ist ja auch unwichtig." Der Schwarzhaarige hatte zu einer weiteren Antwort ausholen wollen, als er schroff unterbrochen worden war. James kam die Treppe runtergestürzt. Er sah sauer aus. "Wo wart ihr?!", fuhr er sie an und brachte die letzten Meter hinter sich. "Sirius, wir haben dich gesucht! Du weißt doch genau, dass wir heute morgen was vor hatten." "Ups... Das war heute?" James knurrte leise und nickte mit säuerlichem Blick. "Ja, heute", erwiderte er gedehnt. "Vor ein paar Stündchen um genau zu sein." "Entschuldige. Ich dachte erst morgen. Ich hab mich im Tag geirrt." "Im Tag geirrt... Im Tag geirrt! Morgen ist der Vierundzwanzigste!" James packte Sirius leicht grob am Arm und zog ihn mit sich. "Tut mir leid, Remus, aber ich muss ihn mir mal ausleihen. Man sieht sich." Und damit verschwanden die beiden Freunde nach oben, wenn auch der junge Black protestierte. Leicht kopfschüttelnd hatte der Jüngste ihnen nachgesehen, seufzte dann jedoch leise und machte sich auf den Weg zu den Kerkern. Sollten die beiden doch ihre Machenschaften treiben. Ohne Sirius konnte er wenigstens die Geschenke fertig machen. Er hatte noch viel vor. Unten in den Kellergewölben war es wie nicht anders zu erwarten sogar noch kälter als draußen im Wald. Es war erstaunlich. Eigentlich konnte es ja gar nicht möglich sein, aber dieses Schloss schien es immer wieder zu schaffen seine Bewohner zu überraschen. In den Steinkorridoren hallten Remus' Schritte wieder. Es war schon ein wenig beängstigend. So ganz allein hier unten. Niemand sonst. Was, wenn der Vampir nun auftauchte? Aber nein. Es war mitten am Tag. Das war unmöglich. Plötzlich setzte sein Herzschlag aus, als er ein Geräusch wahrnahm. Es wurde lauter, kam näher. Schritte. Sein Atem stockte ihm. Er wusste nicht was er tun noch denken sollte. Wenn nun doch der Blutsauger auftauchte, was dann? Hier war niemand. Nichts und niemand. Der Schüler war auf der Stelle festgefroren und spähte in die Dunkelheit. Am Ende des Ganges begannen sich Umrisse abzuzeichnen, die nach und nach größer und deutlicher wurden. Ein Stimmengewirr. Es dröhnte nur leicht in seinen Kopf. Den Klang verstand er nicht, auch wenn es in seiner Sprache war. Dafür rauschte ihm zu sehr das Blut im Körper. Dafür schlug das Herz zu schnell und zu laut. Dafür rasselte der Atem zu schnell. Dafür war die Angst zu groß. Mit einem Mal verstummten die Stimmen. Er konnte Blicke auf sich spüren. Allerdings wusste er sie nicht zu definieren. Es war ein grausiges Gefühl, allerdings nicht so, als ob ein Jäger seine Beute ins Visier nahm. Es war einfach so, als wusste man, dass man beobachtet wurde, wusste aber nicht von wem. Die Schatten wurden größer. Langsam nahmen sie vollends Konturen an. Er atmete erleichtert auf, als er das charmante Lächeln seiner Lehrerin sah, welche in männlicher Begleitung den Flur entlang geschlendert kam, schien sie es nicht eilig zu haben. "Morgen Remus. Was machst du denn hier unten?", fragte Professor Redwing und blieb kurz vor dem Schützling stehen. Vladimir Redwing tat es ihr gleich. Stumm blickte er auf den Jungen und grüßte ihn mit einem leichten Kopfnicken. "Ich... ich wollte zu Zaubertränke." "Zu Zaubertränke? Warum das? Möchtest du etwas vom Professor?" Remus schüttelte den Kopf. "Nein, das nicht. Ich wollte ein paar Weihnachtsgeschenke machen." "Geschenke?" Sie lachte leicht und schmunzelte. "Willst du jemanden vergiften?" Der Junge lief rot an und schüttelte erneut mit dem Kopf. "Nein", gab er etwas kleinlaut von sich. "Aber zwei Tränke muss ich schon machen." "Na wenn das so ist", meinte die Lehrerin lächelnd. "Professor Novis ist heute nicht im Schloss. Aber ich denke es geht in Ordnung, wenn du allein arbeitest. Oder was meist du, Vlad-Schatz?" Sie sah ihren Begleiter an, lächelte und gab ihm einen sanften Kuss auf die Wange. Dieser nickte nur leicht zur Bestätigung. "Ich denke er weiß, wie man einen Trank zubereitet", meinte er nur mit tiefer rauer Stimme und musterte den Jungen vor sich mit langen Blicken. "Ja, das denke ich auch", erwiderte die Professorin fröhlich und schaute ebenfalls zu ihrem Schützling. "Also falls jemand fragt, du hast meine Erlaubnis, ja?" Remus nickte leicht. Mehr brachte er im Moment nicht zustande. Seine Lehrerin lächelte zufrieden. Ihr Geleit sah jedoch nicht besonders glücklich aus. Eher gelangweilt. "Lass uns gehen Fiona", gab er mit herrischer, aber auch schon leicht bittender Stimme von sich. Die Frau nickte rasch und hakte sich bei ihm ein. "Ja natürlich. Entschuldige. Wir wollten ja spazieren. Gern doch. - Also dann Remus. Schönen Tag noch." Noch immer lächelnd schob sie sich mit Mr. Redwing an dem Gryffindor vorbei und ging ihrer Wege. Leicht verwundet sah der Erstklässler ihnen hinterher, drehte sich dann jedoch wieder um und setzte seinen Weg fort. Wirklich viel Zeit hatte er nicht mehr. "Du bist unbezahlbar, Cassandra. Danke." Remus nahm seiner gerade angekommenen Eule ein Päckchen ab. Der Vogel schuhute leise. Das Paket zur Seite legend, widmete er sich wieder der begonnenen Arbeit. Die braune Schleiereule drehte den Kopf leicht von der linken auf die rechte Seite und beobachtete ihren Herren. Sie schien ein wenig mürrisch und wartete auf eine Belohnung. Nachdem einige Zeit lang nichts geschehen war, stieß sie einen spitzen Schrei aus und pickte den Brünetten an. Dieser sah zu dem Tier und seufzte leise. Mit einer Hand begann er ihr Gefieder zu streicheln. "Tut mir leid, Cassie. Im Moment geht es wirklich nicht. Ich muss das noch fertig einpacken. Und du musst es noch wegbringen." Die Eule gurrte böse und funkelte ihren Gegenüber an. "Wirklich. Es ist wichtig. Severus und Andromeda sollen ihre Geschenke pünktlich bekommen. Dazu muss das ganze nachher noch los. Morgen ist immerhin früh Bescherung. Bitte. Du musst mir den Gefallen tun und es noch heute wegbringen. Ich weiß, dass ich dich ganz schön in Anspruch nehme, aber verzeih es mir dieses eine Mal, ja?" Er lächelte das Tier an und kraulte es leicht unterhalb des Schnabels. "Wenn du willst backe ich dir die Kekse, die du so gern hast. Sobald du zurück bist. Na, was sagst du dazu?" Die Schleiereule begann mit den Flügeln zu schlagen und schmiegte sich mit der Brust gegen die streichelnde Hand. Damit war ihr Einverständnis gegeben. Remus ließ von ihr ab und machte sich daran den Rest einzupacken. Mit der Feder beschriftete er das braune Paketpapier. Gut, dass das zu versendende Stück klein genug war, dass Cassandra es allein tragen konnte. Er hatte schon befürchtet erst noch einmal in die Eulerei gehen zu müssen, um ein zweites Tier zu besorgen. Aber dem war zum Glück nicht so gewesen. Er lächelte und band noch eine Schnur um alles, dass der Vogel es tragen konnte. "Fertig", sagte er und hielt die Schlaufe ein wenig hoch. Cassandra flatterte hoch und schnappte sich diese, bevor sie sich auf das Präsent sinken ließ und wartete. Der Gryffindor stand auf und ging zum Fenster. Er öffnete es. Die kalte Nachtluft des Winters strömte ihm entgegen. Leichte Gänsehaut überzog seine Unterarme, spürte er die klirrende Kälte selbst durch seinen Pullover hindurch. "Remus, mach das Fenster zu!", rief James, der unter seiner Bettdecke hockte - Sirius ihm gegenüber, spielten sie gerade Zauberschach. "Gleich", gab der Jüngere zurück. Er lief zum Tisch, nahm Cassandra samt Päckchen hoch und lief mit ihr zum Fensterstock. Er lächelte das Tier sanft an, als er sie absetzte. "Beeil dich, ja? Und pass auf dich auf." Die Eule gurrte leicht, begann wieder mit den Flügeln zu schlagen und flog zusammen mit dem Geschenk in die Dunkelheit hinaus. Ihr Besitzer konnte ihr nicht weit nachblicken, war es zu finster, als dass er sie erkannte. Nichts desto trotz blieb er eine geraume Weile einfach nur dort stehen und sah auf die Ländereien hinab, die Minusgrade dabei ignorierend. Vor ein bis zwei Stunden hatte es begonnen zu schneien und hatte noch immer nicht aufgehört. Es war ein wunderbarer Anblick die kleinen Schneekristalle dicht am Fenster vorbeiziehen zu sehen, wobei sie durch die Lichter, welche im Schloss loderten immer wieder angeleuchtet und so zum Strahlen gebracht wurden. Erst die Stimme des Schwarzschopfes riss ihn aus seinen Gedanken. "Verdammt noch mal! Remus! Mach gefälligst das Fenster zu! Es ist eiskalt!" Leise seufzte der Ermahnte, kam der groben Aufforderung jedoch nach. Schlafen war wohl nun die beste Option um die Gemüter vor dem nächsten Morgen zu beruhigen. Die Nacht war viel zu kurz gewesen, beziehungsweise der Morgen viel zu früh gekommen. Die Rufe eines nervtötenden Schreihalses rissen Remus aus den Träumen. Leise grummelnd drehte er sich auf die andere Seite und zog die Decke über den Kopf. Wohlig brummte er, als er angenehme Wärme in seinen Glieder spürte. Doch dieser Zustand hielt nicht lange an. Keine fünf Sekunden später entriss ihm jemand die Decke und setzte ihn der grausamen Kälte des Schlafsaales aus. Wie ein Embryo rollte er sich zusammen, um die Körperwärme bei sich zu behalten. Die Augen waren fest zusammengepresst. An Aufstehen war nicht zu denken. Nur über seine Leiche. Allerdings schien jemand dies nur allzu wörtlich zu nehmen. Ohne große Kompromisse und lediglich mit einem genervten, aber doch trotzdem fröhlichen "Jetzt komm schon, Remi", wurde dieser aus dem Bett gezerrt. Ohne zu warten bis dieser überhaupt die Augen offen hatte, wurde er ins Bad bugsiert. Geistig noch immer schlafend fragte sich der Erstklässler was das eigentlich alles sollte und was er hier sollte. Als er jedoch eisiges Wasser ins Gesicht geklatscht bekam, setzte sein Herz für einen Augenblick aus. In diesem riss er die Augen auf und begann erschrocken zu keuchen und sich gegen den Griff des Älteren, der ihn festhielt, zu wehren. "SIRIUS!" Sein Schrei war vermutlich im gesamten Gryffindor-Turm zu hören. Gut, dass sie lediglich zu viert hier waren. "Bist du vollkommen übergeschnappt?!", keifte er den Jungen hinter sich an und riss sich los. Er wandte sich um und funkelte ihn stocksauer an. "Was sollte das?!" "Ich wollte dich wach kriegen", ließ Sirius grinsend verlauten. "Und das hab ich ja wohl geschafft, oder?" "Nicht nur das. Jetzt bin ich auch noch stinksauer, mein Lieber." "Ach jetzt sei nicht so", warf der Zauberer ein und wuschelte dem Kleinen durch die leicht durchnässten Haare. "Lass uns lieber runtergehen. Geschenke auspacken. James und Peter hocken auch schon vor dem Weihnachtsbaum und reißen die Sachen nur so auf." Remus grummelte leicht, nickte aber und lächelte dann. "Ist gut. Aber hetz bitte nicht so. Ich schlaf noch." "Soll ich dich ganz ins Wasser tutschen?" "Nein danke", brummte der Spross der Lupins genervt. "Na komm schon. Lass uns runter gehen." Gesagt getan. Sie ließen Bad und Schlafsaal hinter sich und stiegen die Treppe nach unten. Als sie den Gemeinschaftsraum erreichten, stockte Remus wirklich der Atem. Es sah aus, als hätte die Bombe eingeschlagen. Überall lagen Geschenkpapier und Schnüre herum. Die anderen beiden Erstklässler saßen im Zentrum des Chaos' und vergrößerten es zusehends mehr. "Cool!", rief James und hielt ein Buch in die Höhe. "Tausend und ein Trick bis zum Quidditch-Champion. Klasse! Sie haben dran gedacht." Er drückte das Buch wie einen Schatz an sich und rieb sich leicht an ihm. Sirius begann über's gesamte Gesicht zu grinsen. "Der wolllüstige James in Aktion." Der Verspottete hielt inne und wandte sich zu Sirius um. Den Kommentar überging er gekonnt. "Schau mal! Sie haben es mir wirklich geschenkt! Ist das genial oder genial?!" Er wedelte unruhig mit der Lektüre, doch Sirius wank nur ab. "Später Jamie. Ich will auch erstmal meine Geschenke. Und Remi auch." Der Jüngste wurde von ihm Richtung Baum geschoben und dort nach unten gedrückt. Leicht irritiert sah Remus sich um. Unter der Tanne lagen zwei Päckchen. Er lächelte, als er sie sah. Er wusste auf Anhieb, wer von seinen Eltern welches eingepackt hatte, stellte sich sein Vater dabei häufig ziemlich ungeschickt an. Er nahm das erste zur Hand und packte es gemächlich aus. Etwas flauschiges wölbte sich ihm entgegen. Das Lächeln wurde sanfter, als er den schwarzen Wollpullover in Händen hielt. Leicht fuhr er darüber. Er war genauso weich wie der Schal, welchen er vor ein paar Tagen von Andromeda, Lily und Severus geschenkt bekommen hatte. Zufrieden seufzend legte er ihn wieder zusammen und beiseite. Danach griff er sich das zweite Präsent und verfuhr mit diesem wie mit dem Ersten. Er musste grinsen, als er sich vorstellte, wie schwer sich sein Vater mal wieder damit getan hatte alles einzupacken. Und wie seine Mutter mit dem Pullover schon eine geraume Zeit lang fertig gewesen war und ihm von der Seite her zusah und immer wieder Tipps und Ratschläge gab und vorschrieb, wie er es auf keinen Fall machen sollte. Wie entnervt sein alter Herr gewesen war, als er endlich fertig war und wie erleichtert, als die Geschenke endlich unterwegs waren. Der Braunschopf lachte leicht und entfernte die letzte Schicht Geschenkpapier. Einige Bücher kamen zum Vorschein. Die Titel ließen ihn strahlen. Seine Eltern hatten ihm wirklich die Freude gemacht. Er hatte gar nicht mehr daran zu glauben gewagt. Als er die Werke im Buchladen in London gesehen hatte, hatte er sie nur allzu gern kaufen wollen, es aber gelassen, waren sie zu teuer gewesen. Und nun? Nun hielt er sie doch tatsächlich in Händen. Doch neben der Freude mischte sich auch ein wenig Bitterkeit in sein Denken. Es war ihm unwohl bei dem Gedanken daran, dass sein Vater für ihn so viel Geld ausgegeben hatte. Lieber hätte er es sparen oder für sich ausgeben sollen. Remus war schon so zufrieden mit dem, was er hatte. Zu viel Luxus wollte er sich eigentlich nicht gönnen, wollte er seine Mutter und seinen Vater nicht auch noch finanziell belasten. "... Danke ihr beiden", wisperte er und lächelte. "Remus, Remus. Wir haben was für dich", sagte James und schmunzelte. Der Gerufene wandte sich leicht um und sah die drei Freunde nebeneinander stehen. Peter in der Mitte - einen Kuchen haltend. Langsam erhob er sich und ging auf die drei zu. Er besah sich das Gebäck. Es wirkte ein wenig zu knusprig und zu dunkel, fast so, als ob es zu lang im Ofen gewesen war. Wenn er es mit einem Wort sagen sollte: gewöhnungsbedürftig. Allerdings unterdrückte er seine Äußerung und sah die Jungs abwechselnd an. "Für mich?" Sirius nickte rasch. "Ja. Den haben wir gestern gemacht. Wir dachten, weil es dir das letzte Mal nicht sonderlich gefallen hat, dass die Hauselfen aufgeräumt haben, nachdem wir Kuchen gebacken haben, wollten wir das diesmal gut machen. Wir haben ihn für dich gebacken. Ich weiß nicht, ob er genießbar ist, aber du bist der Erste, der das herausfinden darf. Aufgeräumt haben wir auch." James brummte leicht. "Ja. Ich hatte vom Töpfe Schrubben ganz wunde Hände..." Verdattert sah Remus ihn an. "Seit wann braucht man zum Kuchenbacken Töpfe?" "Nicht?", fragten die drei anderen synchron. Leicht ängstlich schüttelte der Braunschopf den Kopf. "Sagt mir. Wie habt ihr den Kuchen gebacken?" Seine Stimme klang wirklich ziemlich zittrig, was Sirius lachen ließ. Es dauerte nicht lang und die anderen - auch Remus - fielen in dieses mit ein. Als sich die Gemüter beruhigt hatten, brachte der Jüngste den Kuchen zum Tisch und stellte ihn dort ab, bevor er sich wieder an die drei wandte. "Ich hab auch was für euch", fuhr er fort und lief zum Baum. Dort lagen noch immer vier verpackte Geschenke. Drei davon griff er sich. Nacheinander drückte er jedem eines in die Hand und lächelte. "Packt aus." Ohne zu zögern kamen die Schüler der Anweisung nach. Wieder raschelte Papier. Wenige Sekunden später schrie James auf, unterdessen Sirius und Peter ratlos dastanden. Erstgenannter fiel dem Sprössling der Lupins um den Hals und drückte ihn fest. Lachend und lächelt erwiderte Remus die Umarmung. Als der Schwarzhaarige von ihm abließ und sein Geschenk erneut betrachtete, strahlte er über's ganze Gesicht. In Händen hielt er zwei Paar rot-goldener Handschuhe. Einmal mit, einmal ohne Finger. "Das ist wirklich super von dir, Remus. Woher wusstest du, dass ich welche brauche?" "Weil du den ganzen Winter über herumlamentiert hast, dass deine Finger schon absterben", erwiderte dieser schmunzelnd. "Und du mir damit zu sehr in den Ohren lagst. Da musste doch jemand etwas tun, oder nicht?" "Hm", James lächelte und ging nicht auf die spitze Bemerkung ein, war die Stimmung gerade viel zu gut dafür. "Ich find es einfach nur klasse. Danke! Du bist unbezahlbar." Der Kleinere hatte etwas erwidern wollen, kam aber nicht mehr dazu, wurde er auch schon von zwei Zeigefingern angetippt. Fragend wandte er sich um und zuckte zusammen, als zwei kleine Fläschchen direkt vor sein Gesicht gehalten wurden und Peter und Sirius synchron fragten, was sie genau damit sollten und was sie da eigentlich geschenkt bekommen hatten. Remus begann von einem Ohr zum anderen zu grinsen. Ihm fiel es sichtlich schwer sich zu kontrollieren und zusammen zu nehmen, damit er nicht sofort laut loslachen oder gar schon -prusten musste, war das ganze genauso genommen schon ein Bild für die Götter. Er schüttelte den Kopf, wich zurück und schmunzelte weiter. "Probiert, dann wisst ihr es." "Wenn du den Kuchen mit einem Mal aufisst gern", erwiderte Sirius schnell, erntete jedoch ein heftiges, protestierendes Kopfschütteln. "Nichts da Kuchenessen. Ich glaub du willst mich wirklich vergiften, oder?" "Na und du? Du uns doch auch. Jetzt sag schon was drin ist." Der weihnachtliche Giftmischer seufzte ergebens und nickte leicht. "Die Sachen sind ganz nützlich für euch, denke ich", begann er und nahm Peter sein Geschenk kurz ab. Er drehte es leicht und besah es sich in aller Seelenruhe. Dann blickte er zu dem Blonden und lächelte. "Das ist Konzentrationstrank. Ich dachte mir, ab und an fällt es dir schwer dich zu sammeln und zu konzentrieren. Er hilft dir etwas. Ein, zwei Tropfen reichen schon." Sirius grinste verschmitzt. "Peter kann sich nicht zusammennehmen. Das wussten wir ja schon alle." Dieser stieß dem Schwarzschopf schmollend den Ellenbogen in die Seite. Leicht keuchte der Jungzauberer auf und funkelte Peter an. Dieser erwiderte den Blick in gleichgearteter freundschaftlich-neckischer Bosheit, drehte sich dann aber zu Remus, drückte dieser ihm die Mixtur wieder in die Hände und lächelte. "Danke Remus. Das kann ich wirklich gut gebrauchen. Nett von dir." "Keine Ursache. Es freut mich, dass es nicht vollkommen daneben war." Rasch schüttelte Peter den Kopf. "Nein, nein. Ganz und gar nicht. Ich freue mich. Ich-" "Und was ist mit mir?", unterbrach Sirius. "Was willst du mir unterjubeln?" Der Jüngste sah ihn mit rollenden Augen an. "Unterjubeln will ich dir gar nichts. Du kannst es mir auch wiedergeben." Als er es nehmen wollte, zog der junge Black es zurück und schaute Remus abwartend an. "Sag mir erst was es ist. Dann überleg ich es mir." "Unsichtbarkeitstrank. Für deine nächtlichen Fressorgien, damit du nicht erwischt wirst", gab der Gryffindor zurück. Ein vollkommen verdattertes und verstörtes Gesicht blickte ihn an. So hatte er den anderen lang nicht mehr gesehen. Es war einfach nur herrlich. Solche Gesichtsausdrücke liebte er doch am meisten. Vor allem bei Sirius und James - dem Unruhestifterpärchen eben. Es dauerte ein Stück bis sich sein Gegenüber erholte und wieder stockend zu Wort melden konnte. "Was... Woher... Warum... Woher weißt du das bitte?" "Weil du leider nicht leise genug bist, wenn du dich rausschleicht beziehungsweise zurückkommst, Fresssack." "Was? Wie hast du mich grad eben genannt?!" "Fresssack", wiederholte Remus eigens für den Schwerhörigen. Wohl ein Fehler, reichte Sirius - mit lauerndem Blick, bereit zum Angriff - Peter das Fläschchen. Er ließ seine Finger knacken. Remus zuckte zusammen und brachte einen Sicherheitsabstand zwischen sie. In dem Moment, als Bewegung in den Größeren kam, setzte auch er zurück und ergriff die Flucht. "Bleib stehen! Du entkommst deiner Strafe nicht! Ich kenne kein Erbarmen." Sirius war schneller als der Sohn der Lupins und holte ihn rasch ein. Im allerletzten Moment konnte Remus jedoch einen Haken - einem Karnickel gleich - schlagen und zur Seite ausweichen. Sirius bremste ab, wandte sich um und jagte hinterher. Der Brünette vergewisserte sich, wie viel Vorsprung er noch hatte. Als er sich wieder nach vorn umwandte, begann er abrupt zu bremsen, stand dort ein rothaariges Wesen im Weg. Er glitt aus, landete auf seinen vier Buchstaben, schlitterte noch einige Meter und blieb genau vor Lily sitzen. Er sah auf. Ungläubig blickte er in ihre grünen Augen, die konfus und verängstigt - hatte sie mit einem Zusammenstoß gerechnet - auf ihn hinab stierte. Das Lächeln Remus' wurde deutlicher. Er sprang auf die Füße und umarmte die neu Angekommene zurückhaltend stürmisch, war sie ja eigentlich noch immer krank. "Lily! Ich freu mich so. Ich dachte du musst heut noch-" Doch weiter kam er nicht, rasselte ihm Sirius hintendrauf. Er keuchte leicht auf und wandte sich mit dem Kopf um. Der Schwarzschopf grinste, hielt er gerade beide anderen Erstklässler in Armen. Er sah zu Lily und befreite sie von dem Jüngsten. Er hob sie leicht um und drehte sich mit ihr, sodass das Mädchen ein wenig erschrocken aufschrie und sich an seinen Schultern abfing und abstützte. "Hallo Lilylein! Da bist du ja wieder. Feierst du Weihnachten doch mit uns? Das ist toll! Komm in meine Arme." Er ließ sich noch unten und gab ihr eine richtige Umarmung. Der Rotfuchs stand noch immer leicht neben sich, freute sich jedoch. "Mit so einem Empfang hatte ich nicht gerechnet", meinte sie lächelnd. Sirius ließ von ihr ab und gab ihr Freiraum. "Wir hätten dich schon geholt. Oder besucht, wenn du nicht gekommen wärest. Allein feiern ist doch dumm. Weißt du, Remi hat uns schon die Ohren vollgeheult, dass du nicht mit uns feierst, weil es dir so schlecht geht und dass er Angst um dich hat." "Das hab ich gar nicht. Erzähl nicht solche Lügenmärchen!", rief der Hagere, der bereits rot angelaufen war. Lily lächelte nur milde, wusste sie ja, wie es gemeint war. "Ich bin dafür, dass wir jetzt ein wenig feiern. Ihr nicht?" "Klar! Feiern doch immer", gab Sirius schmunzelnd zurück. Es war schon spät geworden. Die fünf Gryffindors saßen in den Sesseln vorm Kamin und unterhielten sich. Lily sah in die Runde und lächelte. "Was haltet ihr von einem abschließenden Lied?" "Oh ja", erwiderte James schmunzelnd. "Ich bin dafür, dass Remus uns was vorsingt. Er singt die letzten Tage ja fast ununterbrochen Weihnachtslieder." "Ich soll was?", fragte der Genannte, der gerade an seiner heißen Schokolade genippt hatte. "Singen", brachte Sirius nun an. "Außerdem hast du eine wirklich gute Stimme. Komm sing für uns, ja? Nur eins." Ein wenig unwohl brummte Remus und sah in die Gesichter der anderen. Eigentlich hatte er keinen Bedarf mehr. "Ihr wollt wirklich das ich etwas singe?" Die vier Anwesenden nickten gleichzeitig, was den Werwolf schwer seufzten ließ. "Na schön. Aber beschwert euch hinterher nicht. - Ähm... Lasst mich überlegen." Er grübelte, welches Lied er jetzt wohl noch am besten anbringen konnte. Er wollte es kurz machen, aber es auch nicht einfach herunterleiern. Nach einigen Sekunden lächelte, hatte er eines gefunden. Er räusperte sich und begann zu singen. "Stille Nacht, heilige Nacht! Alles schläft, einsam wacht Nur das traute hochheilige Paar, Holder Knabe mit lockigem Haar, Schlaf in himmlischer Ruh, Schlaf in himmlischer Ruh. Stille Nacht, heilige Nacht! Die der Welt Heil gebracht, Aus des Himmels goldenen Höhn, Uns der Gnaden Fülle lässt sehn, Jesum in Menschengestalt, Jesum in Menschengestalt! Stille Nacht, heilige Nacht! Wo sich heut alle Macht Väterlicher Liebe ergoss, Und als Bruder huldvoll umschloss Jesus die Völker der Welt, Jesus die Völker der Welt! Stille Nacht, heilige Nacht! Lange schon uns bedacht, Als der Herr vom Grimme befreit In der Väter urgrauer Zeit Aller Welt Schonung verhieß, Aller Welt Schonung verhieß!" Stille trat ein, in welcher sich Remus nur kurz räusperte. Nach einigen Sekunden erhielt er Applaus, was ihn lächeln ließ. Er lehnte sich im Sessel zurück und nippte an seinem Getränk. In gedämpften Ton unterhielten sich die Freunde noch ein wenig weiter bis Lily sich gähnend erhob. "Ich geh schlafen. Schlaft gut", meinte sie und ging am Weihnachtsbaum vorbei Richtung Mädchenschlafsäle. Remus sah ihr hinterher und wollte ebenfalls noch eine gute Nacht wünschen, als seine Freundin ins Schwanken geriet. Sie kippte nach hinten über. Noch ehe er hätte aufspringen und sie fangen können, war sie schon zusammengesunken. Der zu erwartende Aufprall blieb jedoch aus, hatte James dafür umso schneller reagieren können. Er hielt sie sicher in Armen. "Alles in Ordnung?", fragte er besorgt. Sie nickte leicht, hielt sich aber an ihm fest. "Ja... Danke. Es geht schon wieder... Ich sollte besser wirklich schlafen gehen." Der junge Potter lächelte. "Aber vorher noch Eines." "Und wa-" James verschloss ihr mit den seinigen Lippen die ihrigen. Ungläubig sahen sie, als auch die anderen drei Jungs drein. Keine Sekunde verging und Lilys Hand rauschte durch die Luft. Haut prallte auf Haut. Auf der Wange des Sünders blieb ein riesiger roter Abdruck zurück. Lily sah ihn wütend, aber auch verletzt an. "Wie kannst du es wagen?!", rief sie sauer, riss sich von ihm los und ging - wenn auch noch mit unsicheren Schritten - nach oben und ließ ihn stehen. Remus war aufgesprungen und zu James gelaufen. Dieser hielt sich die Wange und spähte dem Rotschopf hinterher. "Was hast du dir dabei gedacht?!", fragte der Jüngere in ebenfalls schockiertem Ton und machte damit der Junghexe Konkurrenz. Zur Antwort deutete James nur leicht nach oben. Über ihm hing ein Mistelzweig, den der Brünette erst jetzt mitbekam. Er verschluckte sich regelrecht an seinem Kommentar, fiel ihm die Sprache. Kopfschüttelnd folgte er Lily. Er kam nicht weit. Nur wenige Schritte war er gegangen, als sich die Treppe in eine Rutschbahn verwandelte und er zum Ausgangspunkt befördert wurde. Er grummelte und zog seinen Zauberstab, konnte er seine Kameradin nun unmöglich allein lassen. "Wingarium Leviosa!", rief er und deutete auf sich selbst. Kurz darauf schwebte er in der Luft. Mit dem Zauberutensil taktierte er sich nach oben. Vorm Mädchenschlafsaal der Erstklässlerinnen angekommen, klopfte er an, doch keine Reaktion. Langsam drückte er die Türklinke herunter und schwebte herein. Im Raum ließ es sich auf dem Boden nieder und schloss die Tür hinter sich. Er steckte den Stab ein und durchquerte sich umschauend den Saal. Eine wirkliche Veränderung oder Abweichung zu ihrem eigenen Schlafdomizil gab es nicht. Gut, hier und da war es ein wenig kitschiger eingerichtet, aber sonst... Vom Ende des Raumes drang ein leises Schluchzen an sein Ohr, was alles in ihm sich zusammenziehen ließ. Mit bedächtigen Schritten näherte er sich die Rotschopf, der zusammengekauert am Fenster saß. Kurz vor ihr blieb er stehen und wartete still, ob sie reagierte. "... Das war unfair", brachte sie zerknirscht hervor und schluchzte. "Ich... So ein Idiot..." "Es ist nicht so wie du denkst, Lily. Da war ein Mistelzweig. Er wollte nur-" "Ich weiß das da ein Mistelzweig war!", rief sie aufgebracht und sah den Jüngeren mit tränennassen Augen an. "Darum geht es nicht! Das war... das war mein erster Kuss... Den wollte ich mir aufsparen und nicht an jemanden... an jemanden wie diesen Volltrottel von Potter verlieren. Das ist ein Alptraum, Remus!" Dieser überwand den letzten Meter. "Ach Lily", brachte er schwer hervor. Sanft streichelte er über ihre Wange und legte anschließend seine Arme um sie, um sie an sich zu ziehen. Beruhigend strich er ihr über den Rücken, unterdessen sie ihr Gesicht immer tiefer in seinem Pullover vergrub. Remus tat es leid. Er hatte seine Freundin an einem eigentlich so wunderbaren Abend keinesfalls in solch einer Stimmung sehen wollen. Wie konnte er es nur... Ja. Er kannte die Lösung. Behutsam schob er sie von sich. "Wenn ich dir jetzt etwas gebe, versprichst du mir dann nicht mehr zu weinen?" Sie sah ihn mit geröteten Augen an und schien zu überlegen. Nach einigen Sekunden nickte sie schwach. Remus lächelte und holte ein kleines Päckchen hervor. Er reichte es ihr. Zögernd nahm sie es an und packte es langsam aus. Ihr Gesicht begann sich aufzuhallen und schließlich lächelte sie sogar richtig ehrlich. "Oh Remus. Das ist wirklich lieb von dir." Sie strich über das in Leder gebundene Buch und blätterte durch die noch unbeschriebenen Seiten. Auch die Feder war ein Prachtexemplar. Sicherlich würde sie lang halten. Die Schülerin sah auf. Mit inzwischen schon wieder sanftem Blick sah sie ihren Wohltäter an. "Danke", wisperte sie, beugte sich nach vorn und hauchte ihm einen Kuss auf die Wange. "Du bist süß." Remus' Herz begann schneller zu klopfen, doch er riss sich ihr zuliebe zusammen. Er nahm ihr die Geschenke ab und legte sie auf den Fensterstock. "Geh schlafen, ja? Und denk nicht weiter über den heutigen Tag nach. Du musst erst wieder richtig gesund werden." Lily nickte leicht. "Ja... Tu ich." Schlitternd kam Remus zum stehen, war er die Rutschbahn des eigentlichen Treppenhauses zum Mädchenterritorium heruntergeglitten. Im Gemeinschaftsraum sah er sich um. Nur Sirius stand noch da - nahe dem Weihnachtsbaum, wo vorhin das Malheur geschehen war - und blickte zum Jüngeren. "Wo sind James und Peter?", wollte der Braunschopf wissen und blieb vor dem jungen Black stehen. "James hat sich verkrochen. Hat sich über Lily aufgeregt, wie brutal sie ist und so. Peter passt auf, dass er keine Dummheiten macht. - Und wie geht es ihr?" "Sie hat sich beruhigt. Alles wieder in Ordnung. Sie schläft jetzt. Das sollten wir vielleicht auch tun. Oder was meinst du?" Sirius nickte leicht und sah zum Mistelzweig auf. Er begann zu grinsen. Remus war seinem Blick gefolgt und stöhnte leicht entnervt auf. Die schelmischen Gedanken des anderen konnte er nur allzu gut erraten. "Na mach schon. Damit wir schlafen gehen können." Noch immer feixend beugte er sich zu dem Erstklässler hinab und gab ihm einen Kuss. Remus war überrascht. Der Ältere stellte sich besser an, als er gedacht hatte. Zudem fühlte es sich auf besser an, als erwartet. Sirius hatte seine Arme um den Kleineren gelegt, gehörte dies immerhin zu einem Anständigen Kuss dazu, wollte er keine Ausflüchte dulden. Im Spross der Lupins begann es angenehm in der Magengegend zu kribbeln, als er die Augen geschlossen hatte und einfach an gar nichts mehr dabei dachte. Eigentlich war es schon recht verwerflich, dass sich zwei Jungs so nahe kamen. Aber erstens waren sie noch Kinder und ein wenig Übung fürs Leben konnte nicht schaden, zweitens waren sie allein und drittens war er im Moment gar nicht in der Lage nein zu sagen, fühlte es sich viel zu gut an - fast annähernd so gut, wie der Wangenkuss von Lily zuvor - um wahr zu sein. Viel zu schnell löste sich Sirius von seinem Freund. Als Remus die Augen wieder öffnete, lächelte der Dunkelhaarige nur, wobei das Grinsen leicht durchschien. Nichts weiter sagend, ging der Gryffindor an dem Honigkuchenpferd vorbei und Richtung Schlafsaal. "Komm, Sirius. Schlafen gehen. Morgen ist auch noch ein Tag." "Ja... Ich komme." ~~~~~ 1.Akt, Kap. XXI - Ende ~~~~~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)