Tabularasa von Daedun (Dein Wunsch ist mir Befehl) ================================================================================ Kapitel 45: Vertere ------------------- Seras rührte lustlos in ihrer Abendmahlzeit. Das unaufhaltsame Ticken der Standuhr begleitete das leise Plätschern der Flüssigkeit, die sie immer wieder vom Löffel in den Teller tröpfeln ließ. Sie war mit ihren Gedanken weit weg, als Integras Stimme aus ihrer Trance riss. Erschrocken guckte sie zu der Lady hinüber, die sie mit leicht gereizten Blick anstarrte. " Seras, tu mir einen Gefallen und hör auf damit, sonst werde ich wahnsinnig." Schnell steckte sich Seras den Löffel in den Mund und Integra schloss dankbar die Augen. Sie selbst hatte auch noch nichts von ihrem Teller angerührt. " Wie sieht das weitere Vorgehen von Kalham und seinen Leuten aus?" fragte sie plötzlich und Seras verschluckte sich fast. Mühsam versuchte sie zu sprechen. " Wir machen heute noch ein paar Übungen und dann will sich Gordon sich um die Ausrüstung kümmern." Integra öffnete wieder die Augen. "Wie lange glaubst du wird es dauern bis sie alles zusammen gebracht haben?" Seras überlegte kurz. "Ich schätze zwei drei Tage werden sie schon brauchen." Integra stöhnte. " Vielleicht sind sie ja auch schneller, wer weiß, vielleicht machen wir uns ja auch ganz unnötige Sorgen und Meister Alucard wird jeden Moment hier rein spazieren und sich über uns lustig machen." Integra lachte bitte auf. " Du ahnst nicht wie sehr ich mir genau das wünsche, aber machen wir uns nichts vor. Du und ich wissen genau, dass irgendetwas total aus der Reihe läuft." Seras ließ entgültig den Löffel in den halbvollen Teller sinken. Ihr großen roten Augen flackerten wie im Fieber. "Spürt ihr auch dieses merkwürdige Gefühl von..." "Schwäche?!" Integra haute mit der flachen Hand auf den Tisch. "Oh, ja und es wird von Tag zu Tag schlimmer." Er versuchte so gut es ging den Schmerz zu ignorieren, der ihm nach so vielen Stunden langsam wie ein alter Freund vorkam und weiterhin unerbittlich anhielt. Vorsichtig versuchte er seine Position zu verändern, doch seine Glieder gehorchten ihm nicht mehr. Mit einem leisen Stöhnen gab er auf. Charly blickte suchend durch die dichte Menschenmenge, die wie immer die engen Straßen füllte. Er war seit fünf Minuten am vereinbarten Treffpunkt angekommen, doch von Zdziarstek fehlte bis jetzt jede Spur, aber dann sah er ihn. Der kleine, schmale Mann mit dem buschigem Schnäuzer winkte ihm lächelnd zu, als er jetzt über die Straße lief. " Guten Abend, schön sie zu sehen Mr. Peterson, sie machen einen gesünderen Eindruck, als beim letzten mal, als wir uns trafen." Charly lächelte verlegen zurück. "Danke, ich fühle mich auch bedeutend besser." Der Professor deutete mit einem Kopfnicken zu einem der schwarzen Taxis hinüber, die wartend am Straßenrand standen. "Ich kenne ein gemütliches, kleines Restaurant in das ich sie gerne entführen möchte. Wollen wir?" Charly nickte und beide stiegen in das erste, das sie erreichen konnten. Während der Fahrt, fragte Charly sein Gegenüber nach dem Grund seines heutigen Besuchs. " Oh, wie ich ihnen schon vor ein paar Tagen sagte, halten mich ja noch geschäftliche Dinge hier in ihrem schönen Land." Damit schwiegen sie, bis das Taxi nach einer Viertelstunde das Ziel ihrer Reise erreicht hatte. Als Charly aus dem Wagen stieg, staunte er nicht schlecht. Sie standen vor einem kleinen Gasthaus, das ein Stück außerhalb in Richtung Newington lag. Charly hatte es noch nie gesehen. Sie gingen die beleuchtete Auffahrt hinauf und betraten den prächtig eingerichteten Vorflur. Die Ausstattung mutete ein wenig patriotisch an, denn überall waren Gemälde von berühmten Feldherren oder von Schlachten, die das vereinigte Königreich im Laufe ihres Bestehens bestritten hatte. " Der Inhaber scheint stolz auf sein Land zu sein." bemerkte Charly trocken und der Professor lachte wieder. " Ich habe mir sagen lassen, das am hier sehr gut speisen kann, den Tipp habe ich mir von einem ehemaligen General geben lassen." Sie setzten sich und bestellten eine Flasche französischen Wein. Beim Anblick der Speisekarte musste Charly kurz Schlucken, fast war es ihm peinlich sich bei den Preisen von Zdziarstek einladen zu lassen. Doch der Professor verzog beim lesen keine Mine und nach wenigen Minuten hatten sie sich entschieden. Nach dem der Ober ihre Bestellung aufgenommen hatte, räusperte sich der kleine Mann und musterte Charly über den Rand seiner goldenen Nickelbrille, die er zum Lesen der Karte aufgesetzt hatte. "Auch wenn ich Gefahr laufen sollte, sie zu nerven, aber meine Neugierde ist unerbittlich. Ihre Erlebnisse sind zu interessant. Ich weiß sie haben mir eigentlich schon alles erzählt, aber dennoch sind mir beim Grübeln über die Sache noch ein paar Fragen gekommen." Charly nippte an seinem Wein. Er war köstlich. Auch er räusperte sich bevor er anfing zu reden. " Nur zu, sie sind der einzig der über das alles Beschied weiß." Ungläubig blickte ihn der Professor an. " Na, ja," lachte Charly auf. " Meinem Vorgesetzten kann ich doch mit all dem nicht kommen. Was soll ich dem erzählen? Ich habe leibhaftige Monster gesehen, die irgendjemand mit Hilfe von Computerchips entwickelt hat und ein paar edle Herrschaften spielen dazu Polizei und bewachen in bewaffneten Horden die Parks von London?" Er lachte immer noch als er wieder zu seinem Weinglas griff. Doch der Professor lachte nicht. " Nun, ich für meinen Teil finde es sehr bedauerlich." Jetzt war es Charly der überraschte drein schaute. "Was finden sie bedauerlich?" Die Stimme des Professors bekam auf einmal einen merkwürdigen Klang. " Das man sie mit in diese Sache gezogen hat." Charly verstand nicht was er meinte, außerdem hatte er das Gefühl, dass sich das Profil des Mannes vor ihm langsam auflöste. Die Stimme schien auf einmal von sehr weit weg zu kommen und er versuchte zu blinzeln. Zdziarstek saß immer noch ungerührt auf seinem Stuhl, als der Kopf des Polizisten langsam auf die Tischplatte fiel. Zwei Männer in schwarzen Anzügen nährten sich den beiden. " Sie hätten meinen Rat befolgen sollen und die Nächte des Mondes meiden sollen, mein lieber Mr. Peterson." Sagte der Professor und trank sein Glas leer. Zur gleichen Zeit Behutsam strich er über das blank schimmernde Holz, das im Schein der vielen Kerzen wie ein geschliffener Edelstein leuchtete. Auf den ersten Blick hätte man fast davon ausgehen können, es mit einem Schmuckstück zu tun zu haben. Wären da nicht sie silbernen Messingriffe an den Seiten und das silberne Kreuz auf dem Deckel gewesen. Der Mann erhob sich aus seiner hockenden Position, in der er vor dem Sarg gesessen hatte. Jetzt trat er ein paar Schritte zurück und betrachtete ihn von allen Seiten. Das dunkle Ungetüm lag auf einem steinernen Sockel, in dem hineingeschlagen, Engel in theatralischen Verengungen ihre Leiber wanden. Der grauhaarige Mann griff nach einem der Kerzenständer und mit einem leisen Knirschen begann der Sarg mit dem Podest im Boden zu versinken. Zufrieden Lächeln wandte sich der Mann zum gehen. " Bald wirst du deinen Frieden finden und deine Flügel zurück bekommen, gefallener Engel." Mit langsamen Schritten verließ er die einsame Kapelle, als sich die schwere Marmorplatte über den verborgenen Spalt geschlossen hatte. Einige Stunden später wachte Charly mit dröhnenden Kopfschmerzen wieder auf. Er versuchte die Augen zu öffnen, doch etwas versperrte ihm die Sicht. Nach wenigen Minuten musste er feststellen, das sowohl seine Hände, als auch seine Beine zusammengebunden waren und er somit wie ein Paket verschnürt, auf einem feuchten, kalten Boden lag. Verzweifelt unternahm er die Anstrengung sich zu befreien, doch nach ein paar Minuten kam er zum dem Schluss, das es sinnlos war und keuchend und klatschnass vom eigenen Schweiß hörte er auf sich hin und her zu winden. Das Blut rauschte in seinen Ohren, als er fieberhaft darüber nach dachte, was das alles zu bedeuten hatte. Integra wollte eigentlich an der Kreuzung den Weg nach rechts einschlagen, um zu Bretons Haus zu gelangen, doch dann entschied sie sich auf einmal für links. Seras sah sie fragend an, doch Integra fuhr mit nachdenklichem Blick die Straße hinunter. Als wenig später den Wagen am Gehsteig parkte, konnte Seras ihre Neugierde nicht mehr länger zügeln. " Was wollen wir hier?" " Einen guten, alten Freund nach Neuigkeiten fragen." Antwortete sie knapp und ging zum Eingang des Mietshauses. Seras beeilte sich ihr zur folgen. Integra drückte einer der Klingeln, doch nichts rührte sich. Doch das hielt die Lady nicht ab, sie öffnete mit einem raschen Ruck die Eingangstür und verschaffte sich somit Zutritt. Immer noch schweigend liefen sie hintereinander die Treppen hinauf. Im dritten Stockwerk blieb Integra stehen. Wieder klingelte sie, bevor sie nach dem ungehörten Versuch sich erneut ihre Kräfte einsetzte. Die Tür gab ein Ächzen von sich als das Schloss nachgab. " Mr. Peterson?" Integra und Seras betraten die dunkle Wohnung, die sie still empfing. "Scheint niemand da zu sein" flüsterte Seras und sah sich suchend in den Räumen um. Integra Blick fiel auf den blinkenden Anrufbeantworter. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)