Am Anfang war das Schulprojekt von Autumn (JoeyxSeto) ================================================================================ Kapitel 10: Erste Woche, Freitag (Teil 2) ----------------------------------------- Hallo, Ihr Lieben!!! *strahl* *alle Kommi-Schreiber feste drück* DANKE!!!!! Ich bin ja so happy! *Postbote sich reinschleicht* Autumn: "Was willst denn du hier?!?!" Postbote: "Ich bin einer Kettensäge, einem Flammenwerfer, einem Schwert, einem Dolch, einem Pfeilhagel, einem tollwütigen Hund, einer Dampfwalze und ähnlichem entronnen und deine Leser wollen mich immer noch ermorden!!!" Autumn: "Was kann denn ich dafür, dass du gerade im falschen Moment auftauchst?" Postbote: "Du hast es doch geschrieben!!!" Autumn: "Ich habe dir aber auch gesagt, was dir blüht, wenn du mir in die Szene platzt!" Postbote: *grummel* Autumn: *Postboten packt und irgendwo einsperrt* "So - damit du nicht wieder im falschen Augenblick kommst! Also, hier ist das neue Kapitel! Ich schätze, man wird merken, dass ich in letzter Zeit zu viel Kamikaze Kaitou Jeanne gelesen habe....aber als Inspirationsquelle hat es wirklich geholfen! Übrigens möchte ich noch erwähnen, dass der Striptease erst am Samstag der ZWEITEN Woche stattfinden wird, Ihr müsst Euch noch gedulden! Von der ersten Woche war nirgendwo die Rede! Aber wenn Ihr mir bis dahin treu bleibt....Und nun viel Spaß beim Lesen!" Postbote: "WAS IST MIT MIR?!?!" Autumn: "Du bleibst da, wo du bist!!!" Kapitel 5, Zweiter Teil: Erste Woche, Freitag Joey öffnete den Briefumschlag und las gründlich durch, was die Film- und Fernsehfirma denn nun für ein Interesse an ihm haben könnte, während Kaiba ab und zu mal über die Schulter spitzte, um anhand einer Gesichtsveränderung erkennen zu können, was auf dem Zettel stand. Ein breites Grinsen teilte die Lippen des Blonden und er sah aus wie ein wandelnder Christbaumengel. Dann stieß er einen Freudenschrei aus und tanzte durch die Wohnung. "Hat dich was gebissen, Wheeler, oder warum fällst du jetzt in die infantile Phase zurück?" "Ich freue mich, du Eisberg! Kein Wunder, dass du das nicht kapierst! Es ist so cool! Ich habe ein Rollenangebot bekommen!" "DU?!" "Mein Gott, das klingt ja wieder, als wäre ich der letzte Mensch! Stell dir vor, ICH!! Erlaube mir, dir vorzulesen: ,Sehr geehrter Mr. Wheeler, wir befinden uns schon seit geraumer Zeit auf der Suche nach einem geeigneten Darsteller für eine unserer Hauptfiguren und nachdem wir Sie auf einer Modenschau entdeckt haben, möchten wir anfragen, ob Sie eventuell Interesse hätten. Der Roman ,Interview mit einem Vampir' von Anne Rice dürfte Ihnen ja bekannt sein, ebenso die amerikanische Filmadaption mit Tom Cruise als Lestat und Brad Pitt als Louis. Unsere Firma hat sich nun die Rechte an dem Stoff gesichert und wir planen, das Ganze als TV-Serie umzusetzen. Wenn Sie diese Chance nutzen wollen, melden Sie sich bitte per Telefon und erscheinen nächsten Dienstag zum Vorsprechen für die Rolle des Lestat. Hochachtungsvoll....' Na, da bist du platt, was? Ich mache Karriere!" "Aussehen allein macht es aber nicht, Wheeler, man muss auch schauspielern können und ich glaube, da hapert es bei dir gewaltig!" "Punkt 1: Hör endlich auf, mich mit meinem Nachnamen anzusprechen, das fängt an zu nerven! Punkt 2: Ich war in der Mittelschule in der Theater-AG und habe ihr keine Schande gemacht! Punkt 3: Du bist bloß neidisch! Und Punkt 4: Ich finde, du wärst ein hinreißender Louis!" "Bist du bescheuert?!" "Nein, warum denn? Das ist nur ein harmloser kleiner Vorschlag, kein Grund, mir gleich ins Gesicht zu springen! Du bist manchmal echt empfindlich!" "Wheeler, auch nur der Gedanke, dein Filmpartner zu sein, treibt mir das Frühstück wieder hoch! Ich verzichte dankend!" "Ich halt's nichts aus....Seto, ab jetzt ist Schluss mit meinem Nachnamen, hast du kapiert?! Warum sträubst du dich bloß so dagegen? Lass mich raten: Du bist immer noch sauer, weil ich dich über deinen Kopf hinweg in der Blauen Rose angemeldet habe, stimmt's? Kindischer geht's wohl nicht mehr! Wenn ich dich gefragt hätte, hättest du nein gesagt!" "Unter Garantie, Köter! Punkt 1: Ich bin sauer auf dich und zwar ziemlich! Punkt 2: Ich bin nicht neidisch auf diese blöde Rolle, denn ich hasse den Roman und den Film sogar noch mehr! Punkt 3: Deinetwegen wird meine Firma den Bach runtergehen! Und Punkt 4: Ich kann dich nicht ausstehen!!" Damit schritt er zur Tür, öffnete sie schwungvoll, wies mit ausgestrecktem Arm nach draußen und befahl eisig: "Raus!!" "Du wirfst mich aus meiner eigenen Wohnung???" "Du hast es erfasst!" "Soso, und wer von uns beiden ist jetzt übergeschnappt? Allmählich reicht's mir wirklich! Ich kann schließlich nichts dafür, dass unsere Schule dieses dämliche Sozi-Experiment veranstaltet und wenn es nach mir gegangen wäre, dann hätte dieser ganze blöde Schnickschnack überhaupt nie stattgefunden! Aber da die Dinge nun mal so sind, wie sie sind, bleibt uns nichts anderes übrig, als damit zu leben und diese verfluchte Angelegenheit so gut als möglich über die Bühne zu bringen!! Also hör endlich auf, dich weiterhin wie ein blasierter, empfindungsloser, menschenverachtender Eiszapfen zu benehmen, du Idiot!! Und da wagst du, zu behaupten, du stündest nicht mehr im Schatten deines verhassten Vaters!!" Joey hatte sich in Rage geredet und wie sich zeigte, ließen seine Worte Seto keineswegs kalt. Zorn blitzte in seinen blauen Augen auf und dem Blonden wurde klar, dass er zu weit gegangen war. Das attraktive Antlitz verwandelte sich in eine von Wut verzerrte Maske und bevor der Sechzehnjährige recht begriffen hatte, was geschah, hatte sich der Ältere bereits auf ihn gestürzt und rangelte sich nun mit ihm auf dem Teppich. "Was denkst du dir eigentlich, du verdammter Mistkerl?!" zischte der Firmenchef. "Ich habe mich mit eigener Kraft von Gozaburo befreit und ihn in die Knie gezwungen!! Ich habe gelitten und mich von allen menschlichen Gefühlen, von Liebe, Wärme, Freundschaft, zurückgezogen, um ihn vernichten zu können!! Erzähl mir nicht, ich würde immer noch in seinem Schatten leben!!" Joey, der sich gerade zuunterst befand, stemmte den anderen von sich weg und presste hart hervor: "Es ist die Wahrheit!! Gozaburo wollte einen perfekten Geschäftsmann aus dir machen, einen emotionsarmen, unfreundlichen, herablassenden, selbstgefälligen Bastard wie er selbst einer war!!! UND?! Es ist ihm doch geglückt, oder nicht?!?!Du sagst, dass du dich erfolgreich gegen ihn gewehrt hast!! Ach ja?! Und warum bist du dann genauso, wie er dich immer haben wollte?! Du kannst nicht dazu stehen, dass du es trotz all deiner Versuche immer noch nicht geschafft hast, ihn in deinem Herzen zu zerstören!!" "Sei still, sei still, Straßenköter!!" Kaiba drückte ihn fest auf den Boden und fixierte ihn unheilvoll; sein Atem war keuchend und feiner Schweiß stand ihm auf der Stirn. Sein plötzlicher Gefühlsausbruch hatte ihn erschöpft. "Ich habe ihn bezwungen!!" "Nein, hast du nicht....weil du....schwach bist...." Der Siebzehnjährige hielt inne und starrte auf seinen Rivalen hinunter, der ihn mit seinen tiefen braunen Augen musterte, aber nicht feindselig oder erbost, wie er erwartet hatte. In seinem Blick lag etwas, das ihm einen Schauer über den Rücken jagte, weil er nicht damit umgehen konnte: Mitgefühl....und das Bedürfnis, ihn in die Arme zu nehmen und zu trösten. Außer Mokuba hatte ihn bisher niemand so angesehen....er wusste, wie man auf Kaltschnäuzigkeit, auf Hochmut und Heuchelei reagierte, denn das waren die Waffen der Geschäftswelt. Aber was sollte er erwidern auf Joeys sachlich gemachte Feststellung? Der Jüngere erhob sich langsam und setzte sich auf, Seto sass ihm gegenüber. Ohne es sich zweimal zu überlegen, legte Joey seine Arme um den Braunhaarigen und drückte ihn sanft an sich. Kaiba, der eine so vertrauensvolle Berührung normalerweise nie zugelassen hätte, versteifte sich darunter. Seine Kehle war wie zugeschnürt und als sein Mitschüler ihm über den Rücken streichelte wie einem Kind, eine Zärtlichkeit, die er nie erfahren hatte, explodierte etwas in seinem Inneren und seine lang - viel zu lang - unterdrückten Tränen brachen hervor. In diesem einen Moment, aufgewühlt und an seine eigene Schwäche erinnert, zersprang ein Bollwerk in ihm und er ließ sich in ein Paar starker Arme fallen, die ihn umschlossen und nicht losließen. Der Blonde spürte seine jähe seelische Erschütterung und flüsterte: "Bisher hast du nur dir selbst und Mokuba vertraut, aber das genügt nicht. Aber du hast den Mut verloren, der nötig ist, um anderen Menschen sein Herz zu öffnen und du weißt nicht, was Liebe ist, weil es dir niemand beigebracht hat. Aber dass dir nichts nahe geht, dir alles egal ist....du kannst dich nicht auf ewig selbst belügen!" Er packte Seto an den Schultern und zwang ihn, ihn anzusehen. Das saphirfarbene Blau schimmerte durchsichtig, denn er weinte. Langsam perlte eine Träne über seine Wange und Joey wischte sie behutsam fort. Seinen einstigen Kontrahenten in diesem Zustand zu erleben, erstaunte ihn, aber gleichwohl berührte es ihn auch, denn nun erkannte er deutlich, dass der Jungmillionär sich zwar dagegen gesträubt hatte, ihm aber dennoch Vertrauen entgegenbrachte, ohne es zuzugeben. "Du bist nicht allein, Seto....Mokuba ist für dich da. Und ich auch. Wir beide werden dir helfen, aus Gozaburos Schatten herauszutreten. Aber wir können es nicht schaffen, wenn du nicht mithilfst." "Wieso....?" "Wieso was?" "Wieso bist du so? Nach allem, was ich dir angetan habe, müsstest du mich hassen...." erklärte der Firmenchef und betrachtete verwirrt seine feuchten Hände, mit denen er sich durch das Gesicht gefahren war. Wie lange war es her, seit er sich seinen Schmerz von der Seele geschluchzt hatte? Er hatte noch nie vor jemandem geweint, nicht einmal vor seinem Bruder.... "Tja....das habe ich dir längst verklickert, Alter. Weil ich dich gar nicht mal so übel finde! Es wird wirklich Zeit, dass du ehrlich zu dir bist und dich nicht ständig in dein persönliches Schneckenhaus verkriechst! Und was soll ein Drache auch in einem Schneckenhaus? Hm? Du solltest lieber im Freien mit einem Hund spielen!" Diese Verwendung ihrer Spitznamen entlockte Kaiba ein Schmunzeln, als Joey plötzlich anfing, ihn zu kitzeln. Der Größere versuchte, auszuweichen, aber der Blonde erwies sich als ziemlich geschickt und gewandt. Wie ein paar Vierjährige kugelten sie über den Boden und schließlich konnte Seto nicht mehr anders, und brach in Gelächter aus. Ein unheimlich schönes Gefühl breitete sich in seinem gesamten Körper aus, von den Zehenspitzen angefangen bis hinauf in den Kopf; ein seltsames Prickeln durchrann ihn und es schien ihm, als sprenge dieses heitere Lachen eine weitere Kette um sein Herz. Nie hätte er geahnt, dass Lachen so wundervoll sein konnte. Joey grinste glücklich und musterte den anderen zufrieden. Wie verändert er aussah, wenn die Starre von ihm abfiel - noch schöner als sonst und viel jungenhafter, ein bisschen frech sogar. "Na? Wusste ich es doch! Du siehst wirklich süß aus, wenn du lachst! Wie ist es?" "Etwas ungewohnt....aber....angenehm. Sehr angenehm." Eine lange Stille senkte sich auf die beiden jungen Männer herab und keiner fand die richtigen Worte, um auszudrücken, was sie gerade bewegte, denn mit einem Mal, überraschend und erstaunlich zugleich, füllte ihre Zweisamkeit sie komplett aus. Mr. Red-Eyes-Black-Dragon neigte sich zu dem immer noch neben ihm liegenden Meisterduellanten hinüber und betrachtete ihn eindringlich, als sähe er ihn zum ersten Mal. "Seto...." "....Joey....?" Der Angesprochene rollte sich auf den geschmeidigen Körper unter sich, bis seine Lippen fast die seines Gegenübers berührten. Kaiba atmete einen berauschenden Duft von Zitrusfrüchten ein - offensichtlich sein Shampoo - und tauchte ungewollt aber bestimmt in das schmelzende Schokoladenbraun des verführerischen Schönlings ein, der er zweifellos war. Wie hypnotisiert starrten sie einander an, das Haus um sie herum hätte bis auf die Grundmauern niederbrennen können, es wäre ihnen nicht aufgefallen. Aber das Schicksal schien ihnen nicht wohlgesonnen zu sein, denn da klingelte das Firmenhandy. Joey stieß einen Fluch aus, stand missmutig auf und schnappte sich das Telefon. Am anderen Ende der Leitung war Ellen. "Mr. Wheeler? Entschuldigen Sie, dass ich außerhalb Ihrer Geschäftszeit anrufe, aber....es geht um Ihre Schwester!" "Was ist mit Serenity?! Reden Sie schon!" "Sie hatte einen Unfall in der Wohnung Ihrer Mutter! Sie ist die Treppe hinuntergestürzt!" Das Gesicht des Sechzehnjährigen versteinerte und wurde bleich wie der Tod. Seine Fingerknöchel umschlossen den Hörer so fest, dass sie beinahe weiß wirkten. Ellens Stimme drang wie von weit her an seine Ohren. "Sie befindet sich bereits im Krankenhaus, aber der zuständige Arzt sagt, dass es ein unglücklicher Sturz war! Ihre Mutter will Sie auf der Stelle sehen!" "Natürlich." erwiderte er monoton, griff sich seinen Schlüssel und berichtete Seto in Telegrammkürze, was geschehen war. "Also dann....bis Montag in der Schule!" Damit verschwand er durch die Tür und das Geräusch seiner Schritte verstummte nach und nach. Der Brünette blieb zurück, irritiert und erschrocken, denn die kleine Serenity hatte ihn in ihrer unbekümmerten, fröhlichen Art sehr an Mokuba erinnert. Und er war sich im Klaren darüber, was es bedeutete, sich um seine Geschwister zu sorgen. Er hockte sich auf einen Sessel und dachte nach. Die letzten Minuten hatten sein Innerstes in ein völliges Chaos verwandelt, denn nicht nur, dass er im raschen Wechsel von Kummer in Lachen gefallen war, Auslöser dessen war ausgerechnet Wheeler. Der Köter hatte ihm Kontra geboten und seine Mauer durchbrochen. Er fühlte sich seltsam wund und roh, denn es war ihm, als hätte der Blonde ohne Hemmung auf seine Schwäche geblickt und somit ein vernichtendes, weil wahres, Urteil über ihn gesprochen. Wheeler kannte ihn so, wie er in seinem tiefsten Selbst war - und er hatte ihn nicht zurückgestoßen, sondern aufgefangen. Wie lange schon hatte er sich nach einem Menschen gesehnt, der seine Einsamkeit und seine Verzweiflung nicht ausnutzte, sondern ihn akzeptierte, einen Menschen, dem er nicht immerzu den eiskalten Geschäftemacher vorspielen musste und der ihn auch als gleichwertigen Mann betrachtete....Sicher vertrat Mokuba diesen Aspekt, aber Seto wollte nicht nur als Bruder, sondern auch als Mann geliebt werden.... Er stieß einen Seufzer aus und fuhr sich nachlässig durch sein dunkles Haar, das durch die Rangelei ein wenig aus der Fasson geraten war. Die wenigen vergangenen Tage hatten ihm den verlausten Kläffer in einem gänzlich anderen Licht gezeigt und nun hatte er ihm gegenüber seinen Gefühlen nachgegeben....was war bloß los mit ihm? Nun ja....eigentlich war Joey gar kein "verlauster Kläffer", sondern ein temperamentvoller, selbstbewusster und starker Mensch, der sich nicht unterkriegen ließ und sich durchbeißen konnte....manchmal ein heilloser Angeber und Besserwisser und nicht immer die Leuchte vom Dienst, aber....ein netter Kerl. Welch ein Sinneswandel, wenn er sich vor Augen hielt, wie er noch vorige Woche über Joey gedacht hatte! Konnte das sein....? Mochte er ihn? Oder war da....sogar noch mehr....? Jessica war sehr erleichtert, als ihr Sohn im Krankenhaus erschien und er nahm neben ihr Platz und fragte sie nach allen Einzelheiten des Unfalls. "Ich weiß nicht mehr genau....es ging alles so schnell und bevor ich mich versah, lag Serenity zusammen gekauert am Fußende der Treppe....ich hoffe, sie schafft es! Sie muss es einfach schaffen!" Sie presste sich in die herzliche Umarmung Joeys, der beruhigend auf sie einredete und im Stillen ein Gebet begann. Endlich, nach einer ewig scheinenden halben Stunde, trat der Arzt an die Wheelers heran. "Ihre Tochter ist über den Berg. Wäre sie noch unglücklicher hingefallen, hätte Sie sich das Genick brechen können. Das ist gerade noch einmal gut gegangen. Sie möchte gerne ihren Bruder sehen." "Okay." Jessica blickte dem Duellanten lächelnd hinterher. Wie froh war sie, dass ihr Kind außer Gefahr war! Früher hatte es sie geschmerzt, dass Serenity immer erst nach ihrem Onii-san rief, wenn sie Probleme hatte, doch mittlerweile hatte sie verstanden, wie tief die Bindung der beiden Geschwister war und so hatte sie sich damit abgefunden, dass sie für das Mädchen erst der zweitwichtigste Mensch in ihrem Leben war. Der Sechzehnjährige schlüpfte indessen in den hellen, freundlichen Raum und all seine Befürchtungen fielen von ihm ab, als Serenity ihn mit einem vergnügten "Willkommen" begrüßte. Ihr Hals steckte in einer dicken Krause. "Wie kannst du mich nur so erschrecken, Schwesterchen! Freude und Angst liegen heute irgendwie nah beieinander!" "Wie meinst du das?" "Na ja - ich habe ein Filmangebot bekommen!" "Was, ehrlich? Das ist ja toll! Herzlichen Glückwunsch, großer Bruder! Dann wirst du jetzt also eine international bekannte Berühmtheit!" "Übertreib nicht immer gleich so!" "Was ist es denn für eine Rolle?" "Kennst du ,Interview mit einem Vampir'? Ich soll mich für das Vorsprechen für den Lestat melden!" "EINE HAUPTROLLE?!?!" schrie Serenity so laut, dass ihr Bruder und ein Großteil der Hospitalangestellten vor Schreck zusammenfuhren. "Und dann auch noch Lestat! Ach, wie aufregend! Ich liebe den Roman und den Film! Wobei ,Interview mit einem Vampir' ja bloß einer von drei Romanen aus der ,Chronik der Vampire' ist. Hab ich alle gelesen!" "Ist der Film nicht erst ab 16? Wann oder wo hast du den gesehen?! Und die Bücher, woher hast du die?!" "Alles von Tea! Ich gebe ja zu, ab und zu habe ich mich wirklich schrecklich gegruselt, aber trotzdem sind die Romane toll und auch der Film! Am besten gefällt mir ja das zweite Buch aus der Chronik, ,Der Fürst der Finsternis'. Da werden Lestats Gefühle gegenüber Louis richtig beim Namen genannt....hm, klasse!" "...." Joey war von dieser begeisterten Schwärmerei sichtlich erstaunt und er fing an, sich zu fragen, ob er nicht irgendeines von Serenitys Hobbys außer Acht gelassen hatte. >>Singen und Musik hören: check! Tanzen: check! Lesen: check! Kochen: check! Mangas und Animes: check! Aber Horror?!?!?! Hab ich irgendwas nicht mitgekriegt?!?!<< "Offengestanden, Fanfictions mit dem Thema liebe ich mindestens genauso! Tea und ich verschlingen fast alles, was es darüber gibt!" "Ich wusste gar nicht, dass du ein Horror-Fan bist...." "Wer redet denn hier von Horror??" "....Hä? Ja, du! Oder vielleicht doch nicht?" "Nein, Onii-san! Ich rede von Shonen-Ai!" >>WIE BITTE WAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAS?!?!?!?!?!?!?!?!?!?!?!?!<< "Deshalb bin ich auch immer happy, wenn ich in deiner Wohnung bin! Du hast wirklich eine super Sammlung an Manga-Titeln, die mein Lieblingsthema behandeln! Gravitation, Zetsuai, Yami no Matsuei, Fake, New York New York, Lumen Lunae....und in dem Schrank daneben sind auch noch welche drin, du weißt schon, der mit der Glasfront! Aber der ist zugesperrt...." >>.......Hehe....was auch sonst???? Den sperre ich immer ab, wenn ich weiß, dass sie vorbeikommt! Ich meine, da sind Sachen drin wie Kizuna und Ludwig II. und ein Haufen Doujinshis, die nicht unbedingt jugendfrei sind....da fällt mir ein....vielleicht sollte ich Yami no Matsuei auch da reintun....da gibt's stellenweise Szenen....Moment mal!!! Meine Schwester hat gerade zugegeben, dass sie Shonen-Ai-Fan ist!!!!<< "Es ist ärgerlich, dass ich erst 14 bin, sonst könnte ich auch die etwas intensiveren Storys lesen, aber ich glaube, da würde Mutter einen gewaltigen Aufstand machen...." >>ABER HALLO!!!! NICHT NUR SIE!!!!<< "....Aber sag mal, Bruderherz....es ist für einen Mann ziemlich ungewöhnlich, dass er sich für das Genre Shonen-Ai oder Yaoi interessiert! Wie kommt es, dass du das magst? Ich hatte bisher angenommen, du stündest mehr so auf Action-Sachen wie zum Beispiel Bastard...." >>Hol gaaaaaaaanz tief Luft, Joey....! Du solltest ihr am besten gleich reinen Wein einschenken, sonst verkomplizierst du die Lage nur unnötig! Mein Gott, da liebt sie Shonen-Ai und schwingt große Reden darüber, aber dann ist sie wieder zu naiv, um zu verstehen, wie solche Comics in meinem Schrank landen bzw. wieso....! Mann, was habe ich nur verbrochen, dass ich so gestraft werde?!<< "Also, die Sache ist folgendermaßen, Schwesterchen....ich bin....eh....homosexuell." "NEIN!!!" "Doch." "...." "....Serenity?" "Oh wow, wie COOL!!!! Wenn das so ist, dann verkuppele ich dich mit Kaiba-san!!!" >>Ach nee....Augenblick mal, WAS?!?!?!?!?!?!?!<< Joey, der kurz davor war, die Bodenfließen zu küssen, hielt sich am Bett fest und rang um seine Fassung. Schließlich blickte er seine jüngere Schwester perplex an und erkundigte sich mit verdächtigem Sanftmut in der Stimme: "Wie kommst du ausgerechnet auf Seto?" "Na ja, er streitet doch normalerweise mit dir....außerdem fängt er meistens auch damit an und versucht, deine Aufmerksamkeit zu erlangen. Dafür, dass Kaiba-san es eigentlich vorzieht, so wenig wie möglich mit anderen Menschen in Kontakt zu treten, gibt er sich bei dir erstaunlich viel Mühe! Davon abgesehen ist er ebenfalls schwul." "WOHER WEIßT DU DAS?!?!?!" "Ich hab doch Augen im Kopf! Als du uns am Mittwoch besucht hast, konnte man direkt mit verfolgen, wie er dich buchstäblich mit den Blicken ausgezogen hat! Und jetzt, da du mir gesagt hast, dass du homosexuell bist, Onii-san, steht eurem Glück nichts mehr im Wege!" "Äh, Schwesterchen, ich glaube nicht, dass Seto und ich zusammenpassen...." "Letzte Woche hast du ihn noch ,Kaiba' genannt und jetzt ,Seto'! Durch euer Sozi-Experiment hast du ihn viel besser kennen gelernt, neh? Ich finde, ihr wärt ein Super-Paar!" !KRACH! "Joey? Was machst du denn da unten? Ist dir nicht gut?" "....Wie kommst du darauf?!" "Ha!" Das kleine Zimmer neben dem Schlafraum, das Kaiba ursprünglich für eine Abstellkammer gehalten hatte, zeigte, dass es erstens doch weitaus größer war als eine Kammer und darüber hinaus über ein paar Fitnessgeräte verfügte - unter anderem ein Trainingsrad und einen Sandsack, den der Brünette gerade mit bandagierten Fäusten bearbeitete. Er war wütend auf sich selbst, weil er Joey, seinem "Feind" (Wer soll ihm das eigentlich noch abkaufen?!), seine zweite Seite bewusst offenbart hatte....und das nur, weil der Kerl einen einfachen, simplen Satz gesagt hatte, der jede Gegenwehr im Keim erstickt hatte.... "....Weil du....schwach bist...." Ein weiterer Hagel Schläge ergoss sich auf den Sandsack, der wild in seiner Halterung hin und her schlenkerte und mit jedem Treffer wurden die Attacken aggressiver. Was zum Teufel hatte er sich dabei gedacht?! Er vertraute niemandem und er brauchte niemanden!!! Verflucht sollte er sein, dieser dämliche Straßenköter mit seinem unwiderstehlichen Lächeln und seinen wunderschönen Augen!! Verflucht sollte alles sein, was er in den letzten Tagen erlebt hatte - das verlorene Duell, die Entschuldigung in Form von Nougat-Schokolade mit dem süßen Brief, die Fahrt auf dem Motorrad und das Foto-Shooting, die Sache mit der Eiscreme, die Mund-zu-Mund-Beatmung, die Konfrontation im Krankenhaus, die damit geendet hatte, dass sie sich mit dem Vornamen anreden wollten und schließlich das, was heute geschehen war, das übliche Wortgefecht wegen dem Striptease, die peinliche Angelegenheit mit den Fotos, die Rauferei und der Moment, in dem Joey seine Mauer, seine Fassade zerbrochen und ihn getröstet hatte....und natürlich das Kitzeln, bis er, Seto Kaiba, in Gelächter ausgebrochen war, erfüllt von einer seltsamen Geborgenheit, welche die Nähe des Blonden im vermittelt hatte.... Er drehte sich blitzschnell um die eigene Achse und kickte hart gegen den Sandsack, noch einmal und noch einmal. Er hatte mit Joey gezankt. Er hatte sich mit ihm duelliert. Er hatte mit ihm geflirtet. Er hatte ihm im Schwimmbad das Leben gerettet. Er hatte sich Sorgen um ihn gemacht. Er hatte sich die Kalender und später sogar die Bilder in der "Playgirl" angesehen. Er hatte sich mit ihm geprügelt. Er hatte vor ihm geweint und sich umarmen lassen. Er war von ihm zum Lächeln und heute zum Lachen gebracht worden. Er hatte sich wohl gefühlt.... "NEIN!!" Ein neuer Schlag donnerte auf das Fitnessutensil, ein zweiter, ein dritter und sogar noch ein vierter, gefolgt von einer Reihe Tritte, und dies wiederholte der Jungmillionär, bis ihm der Schweiß in Strömen vom Körper rann. Nachdem er sich abreagiert hatte, wischte er sich mit einem Handtuch über das erschöpfte Gesicht und stolperte ins Wohnzimmer zurück, schaltete den Fernseher ein und wartete auf den Börsenbericht. Im Moment lief allerdings noch irgendein Modemagazin und Kaiba wollte schon genervt weiter zappen, als Joeys Konterfei auf dem Bildschirm erschien. Zwar war das Interview eine Aufzeichnung, aber trotzdem....warum unbedingt jetzt?! "Was sind Ihre Pläne für die Zukunft, Mr. Wheeler?" "Gute Frage! Keine Ahnung....ich hoffe, dass ich noch eine Weile Model bleiben kann, weil ich es wirklich gerne mache, auch wenn es ziemlich anstrengend ist. Ansonsten kann ich nur abwarten, was noch so alles auf mich zukommt....aber eines weiß ich: Dass ich eines Tages einen liebevollen Partner an meiner Seite haben möchte, mit dem ich gemeinsam durchs Leben gehen kann. Es ist nicht schön, einsam zu sein und ich wünsche allen Menschen da draußen, dass sie jemand Besonderen haben, mit dem sie sowohl Glück als auch Leid teilen können!" "Wir danken Ihnen für dieses Gespräch und wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg!" Seto warf die Fernbedienung verärgert neben sich auf das Sofa und wanderte gereizt in dem Apartment auf und ab. Warum ließ ihn dieser Typ nicht in Frieden?! Jeder nur erdenkliche Zufall schien es sich in den Kopf gesetzt zu haben, ihn irgendwie mit Joey zu konfrontieren!! Aber er wollte das nicht!! Er wollte es nicht, weil er Angst hatte....Angst davor, wieder verletzt zu werden....und dennoch.... Die rechte Faust des Firmenchefs krachte vernehmbar gegen das Fenster, von dem aus man eine hübsche Aussicht auf Domino City hatte. In der Ferne erhob sich majestätisch der Wolkenkratzer der Kaiba-Corporation und in einigem Abstand das Hospital. Irgendwo dort draußen war er jetzt, der "verlauste Straßenköter". >>Was mache ich bloß? Wie lange ist es her, seit ich wirklich vertraut habe? VERDAMMT!!! Ich will es nicht....aber meine Gefühle sind stärker....Ich hasse dich, Joey....<< Er drehte sich um und ließ sich an der kalten weißen Wand hinunterrutschen. Er hatte seine Augen geschlossen und rief sich die anmutige Erscheinung des Blonden in Erinnerung, wie er ihn warm anlächelte. >>....und....ich liebe dich....<< Das war's für diesmal. Und wer jetzt glaubt, nun, wo Seto sich seiner Gefühle bewusst geworden ist, kämen die beiden endlich zusammen....Nein! So leicht werde ich es den beiden nicht machen! Bis zum nächsten Kapitel! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)