Am Anfang war das Schulprojekt von Autumn (JoeyxSeto) ================================================================================ Kapitel 37: Dritte Woche, Freitag (Teil 1) ------------------------------------------ Kapitel 19: Dritte Woche, Freitag „Das Duellfeld ist manipuliert?" Souichi D. Miller, diesmal im schwarzen und nicht im weißen Anzug, warf André über sein Sektglas einen fragenden Blick zu. Sie sassen beim Sektfrühstück im Miller‘schen Stadthaus und betrachteten durch das Panoramafenster des dritten Stocks die Skyline von Domino. „Selbstverständlich. Ich bin ein Profi, vergiss das nicht. Du wirst die Karte ohne Probleme spielen können - und gemeinsam mit deinem Vater dürfte es keine Schwierigkeit mehr für dich darstellen, den Fußboden des Kaiba-Stadions mit seinem Erbauer aufzuputzen!" „Oho, so direkt? Es scheint dich ziemlich zu ärgern, dass dein Angebeteter mit diesem arroganten Arschloch liiert ist!" „Ja, es ärgert mich! Wobei sie ja eigentlich gar nicht liiert sind, sie leben getrennt. Aber sie lieben sich noch, das ist ganz sicher. Wie kommst du überhaupt dazu, Kaiba-san als arrogantes Arschloch zu bezeichnen? Wer selbst im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen schmeißen!" „Treffende Bemerkung. Musst du mir denn immer meine gute Laune verderben?" „Wenn ich‘s nicht tue, fängst du höchstens an, dich zu langweilen. Und ein ehrgeiziger Geschäftsmann von deinem Charakter hasst nichts mehr als das Wörtchen ‚langweilig‘ - und natürlich das Wörtchen ‚warten‘. Typen wie du haben einfach keine Geduld, mon ami." Souichi fuhr sich lässig durch sein blondes Haar und fixierte den Franzosen mit seinen kalten blauen Augen. André pflegte als einziger Mensch nicht vor diesem Blick in die Knie zu gehen und das rang ihm ein gewisses Maß an Bewunderung ab. In Ehrgeiz und Willenskraft waren sie einander ebenbürtig, und beide schreckten sie nicht davor zurück, mal etwas schmutzigere Wäsche zu waschen, wenn es für sie von Nutzen war. Doch trotz seiner Berechnung und Hinterhältigkeit hatte Souichi etwas Edles in seinem Wesen, dem er sein Charisma verdankte: Er war aufrichtiger Gefühle fähig, wie seine Liebe zu André bewies. Er hatte aufgehört, sich Hoffnungen zu machen, seit er über Joey Bescheid wusste und obwohl oftmals der Stachel der Eifersucht ihn quälte, ließ er sich nichts anmerken. Er hatte verzichtet....und gerade dieser Verzicht war ein untrügliches Zeichen für die Ehrlichkeit seiner Empfindungen. Begeistert war er nicht, oh nein. Liebe war etwas für Schwächlinge und rückgratlose Feiglinge. Er war immun dagegen, das war sein Grundsatz, sein Prinzip, sein Glaube. Aber auch ein Miller hatte ein Herz. Und damit war er absolut nicht einverstanden. „Ich werde Kaiba einstampfen und seine Firma behalten! Ich bekomme meine Rache und du das Vergnügen, deinen Nebenbuhler am Boden zu sehen! Das Spiele-Monopol gehört mir und ich lasse es mir nicht wegnehmen!" André beobachtete seinen Kameraden aus Kindertagen nachdenklich. War dieser bittere Zug um seinen schönen Mund schon immer da gewesen? Er erinnerte sich an die Zeiten, in denen dieser verhärtete junge Mann fröhlich gelacht und mit ihm zusammen Unsinn gemacht hatte, um ihre Väter zu ärgern. Streiche hatten sie gespielt und einmal waren sie während eines Galeriebesuches ausgebüxt, ernsthaft bereit, nach Kanada auszuwandern, wie ein sieben- und ein zehnjähriger Junge sich das eben so vorstellten - als blinde Passagiere. Er schmunzelte der Erinnerung zu und bedauerte fast, dass sie nicht wirklich nach Kanada gereist waren. Er erhob sich von seinem Stuhl und trat zu dem Älteren, der ihm den Rücken zuwandte. Ein wenig unbeholfen legte er ihm eine Hand auf die Schulter. Souichi versteifte sich darunter. „Früher sind wir oft so gestanden - wenn unsere Väter Konferenzen oder Interviews oder ähnliches hinter sich bringen mussten....weißt du noch? Wir mussten uns um uns selbst kümmern, weil es sonst niemand tat. Wir waren ein bisschen wie Geschwister." „Wir waren genau wie Geschwister." unterbrach ihn der blonde Millionär mit einer seltsam leisen, schwermütig klingenden Stimme. „Was wir jetzt sind....ich weiß es nicht. Und aus irgendeinem Grund wage ich nicht, zu fragen...." „Warum nicht?" „Weil ich Angst vor der Antwort habe." Der Franzose sagte nichts, doch seine Hand glitt von der verkrampften Schulter herunter. Er drehte sich um und warf sich sein dunkelblaues Jackett über. „Ich habe alles zu deiner Zufriedenheit erledigt. Du wirst gewinnen. Ich werde mir das Duell dennoch ansehen, wenn du nichts dagegen hast, schon allein wegen der besonderen Karte, die du in deinem Deck hast. Also bis später, Souichi-san." „Ja....bis später." Die Tür fiel ins Schloss und schnelle Schritte entfernten sich, bis sie schließlich ganz verschwunden waren. Zurück blieb nur eine lastende Stille. Der Projektbericht war fertig. Wie Joey und Seto das geschafft hatten, war ihnen beiden nicht ganz klar. Sicher hatte Mrs. Sagami sie erbarmungslos angetrieben, weil sie zu den Nachzüglern gehörten, aber das war es nicht allein. Jeder von ihnen hatte für sich selbst noch einmal Notizen angefertigt und diese waren in die Arbeit mit eingeflossen. Seit der gestrigen Party herrschte allerdings tiefes Schweigen zwischen ihnen. Die Ankündigung, dass das Model Domino City, schlimmer noch, Japan verlassen könnte, hatte Kaiba tiefer getroffen als er je für möglich gehalten hätte. Und nun musste er sich auf dieses Duell konzentrieren, in dem es um seine Firma ging! Aber heute endete auch das Ultimatum und er hatte sich immer noch nicht entschieden. Und selbst wenn, was konnte es ihm nützen, wo doch diese unglaubliche Chance in den USA über ihm hing wie das Damoklesschwert? Er blickte sich um. Alle seine Klassenkameraden schienen froh zu sein, dass das Schulprojekt endlich vorüber war, aber er konnte diese Ansicht nicht hundertprozentig teilen. Vieles hatte sich verändert. »Das kann man wohl sagen! Ad Eins: Du kehrst nicht in deine Firma zurück, jedenfalls noch nicht, weil du sie erst aus Millers gierigen Händen reißen musst! Ad Zwei: Du verachtest Joey nicht mehr, sondern du liebst ihn. Ad Drei: Dein Charakter hat sich gewandelt. Nicht übermäßig, gegenüber allen anderen bist du immer noch derselbe miese Eisberg, aber bei Joey zeigst du dich von deiner besseren Seite. Ad Vier: ....öh, ja....was ist Ad Vier? Natürlich, das wichtigste überhaupt: Du hast mich kennen gelernt!« »Warst du nicht schon immer da?« »Eigentlich schon, du hast bloß nie auf mich gehört!« »Ich höre jetzt auch nicht auf dich und werde es nie tun!!« »Du bist schwieriger zu knacken als ein Tresor aus Panzerstahlplatten! Was ist da drin in deinem verqueren kleinen Kopf?!« »Nichts, was du verstehen könntest!« »Genau das befürchte ich....!« Auch Joey war seltsam zumute. Drei Wochen lang hatte er versucht, Kaibas Leben zu führen, und es war alles andere als leicht gewesen. Drei Wochen, das waren 21 Tage....halt, nein, 19 Tage, wenn man das kommende Wochenende abzog, das nicht mehr zum Projekt hinzugezählt wurde. Es schien ihm, als wären in Wirklichkeit neunzehn Monate vergangen. Sein Handy piepste und erschrocken fischte er es aus seiner Schultasche, um es auszuschalten, zumal die Japanischlehrerin einen misstrauischen Blick in seine Richtung warf. Er hatte eine SMS bekommen, wieder einmal von André. Er lud ihn in ein pikfeines Café mit preisgekrönten Torten und Eisspezialitäten ein. Sollte er annehmen? »Große Lust habe ich eigentlich keine. Es ist nicht, weil ich ihn nicht mag - aber ich weiß, dass er sich ein bisschen mehr von mir erhofft als Freundschaft, und das kann ich ihm nicht bieten. Außerdem ist heute das Duell zwischen Seto und den Millers und mein Ultimatum läuft aus. Andererseits....vielleicht wäre es nicht schlecht, wenn ich mit André rede. Er muss einsehen, dass ich in einen anderen verliebt bin.« »Jawohl, das muss er! Er ist ja nett, aber er passt nicht zu dir. Im übrigen läuft er Gefahr, von Seto-chan einen Kopf kürzer gemacht zu werden!« »Hä?« »Erzähl‘ mir nur noch, dir wäre nicht aufgefallen, wie ‚begeistert‘ Mr. Blue-Eyes-White-Dragon über deine Bekanntschaft mit dem Franzosen war!« »Ach so....stimmt, er war eifersüchtig. Ich frage mich....wie er sich wohl entschieden hat....und ob der Plan überhaupt Erfolg haben wird. Ich möchte nicht, dass es mit uns zu Ende ist....« »Sei zuversichtlich, Honigbärchen! Wie du selbst gesagt hast: Wenn er dich wirklich liebt, wird er das Richtige tun!« »Ja....du hast recht.« Es war beschlossene Sache. Kurz nach halb vier trudelte der Blondschopf im ausgewählten Café ein, wo André, wie immer teuflisch elegant bis in die Knochen, auf ihn wartete. Sie begrüßten sich beide sehr herzlich, wobei der Ältere vielleicht einen etwas zu innigen Blick anwandte. Sie nahmen in einer versteckten Ecke Platz und der Kellner notierte ihre Bestellung: einmal Pfirsich Melba und einmal die eiskalte Kalorienbombe namens „Chocolate Dream", bestehend aus fünf Kugeln Schokoladeneis, unzähligen Schokoladenraspeln, üppigster Schokoladensauce, beigefügtem Nougatpraliné, geriebenen Nüssen und einem riesigen Klecks Sahne. Joey sass andächtig vor diesem beachtlichen Kunstwerk und beachtlich war auch die Geschwindigkeit, mit der bemerkenswerte Mengen der köstlichen Speise in seinem Mund verschwanden. André mit seinem Pfirsich Melba war im Vergleich dazu ein Ausbund an Bescheidenheit. „Warum hast du mich eigentlich eingeladen?" „Brauche ich dafür unbedingt einen Grund? Ich wollte dir nur eine Freude machen, mon ami." „Okay, aber ist das alles? Hör zu, ich hab Augen im Kopf. Wir haben uns angefreundet - und von meiner Seite aus ist nichts gegen eine Beziehung zu sagen, die über kollegiale Verhältnisse hinausgeht. Allerdings habe ich etwas gegen eine Beziehung, die über freundschaftliche Verhältnisse hinausgeht! Ist das klar?" Der Schwarzhaarige, der soeben den Löffel zum Mund führte, stoppte mitten in der Bewegung. Er blinzelte einen Moment verwirrt, ehe er sich wieder gefasst hatte. „Du weißt also, dass ich etwas für dich....übrig habe?" „Hey - ich bin nicht blind!" „Und du möchtest unsere Freundschaft nicht vertiefen?" „Nein. Du weißt doch, dass ich bereits vergeben bin." „Aber du hast dich doch von Kaiba getrennt!" rief André heftig erregt aus, seine höflich-zurückhaltende Fassade bekam einen Riss und ließ seine Eifersucht deutlich durchschimmern. Der Sechzehnjährige starrte ihn zunächst verdutzt an, als es ihm dämmerte. „Woher weißt du, dass ich mit Kaiba zusammen war?! Ich habe seinen Namen in unseren Gesprächen niemals erwähnt!" Die Atmosphäre schlug blitzartig um. Der Franzose schoss instinktiv aus seinem Stuhl hoch, als ihm klar wurde, dass er sich verraten hatte, doch Joey, der flink in seinen physischen Reaktionen war, packte ihn am Handgelenk. „Hier geblieben! Man bestellt nichts, ohne die Zeche zu zahlen!! Woher weißt du, dass ich mit Seto Kaiba zusammen war?! Antworte!" Die braunen Augen, die der Ältere als warm und fürsorglich kennen gelernt hatte, glichen urplötzlich einer wilden Feuersbrunst. André hätte nichts lieber getan, als sich loszureißen, aber sein Arm befand sich in einem eisernen Klammergriff....und ohne Arm konnte er schlecht davonlaufen. Sein Gegenüber bugsierte ihn auf den Stuhl zurück und funkelte ihn erbost an. Seine Stimme klang schneidend. „Raus mit der Sprache! Hast du irgendwas mit diesem Mistkerl von Kagashi zu tun?" „Wer?" „Kagashi, der schlimmste Klatsch-und Sensationsreporter von ganz Domino City! Zwei Drittel seiner Berichte basieren auf fragwürdigen Gerüchten und ein Drittel auf seiner eigenen Fantasie. Steckt er dahinter?" „Nein, ich kenne diesen Kagashi nicht, ich schwöre es!" „Woher weißt du es dann!?" Er zögerte, sah in dieses schöne, misstrauisch gewordene Antlitz und schluckte. Seine Finger krampften sich ineinander. So hatte er sich das Treffen nicht vorgestellt! „Das hat nichts mit irgendeinem Papparazzo zu tun. Ich....ich bin....der beste Freund von Souichi D. Miller, dem Juniorchef von Miller & Miller. Wir kennen uns seit unserer Kindheit." „WAS?! Du bist der beste Kumpel von diesem Schleimbeutel?!?! Er hat Seto seine Firma abgenommen, und zwar hinterrücks! Die gesamte Transaktion war verdammt zwielichtig! Er hat selbst die Aktien gekriegt, die überhaupt nicht auf dem Markt waren! Das war die Maßarbeit eines Profi-Hackers und nichts anderes! Und jetzt stellst du dich hier hin und sagst mir, dass du mit diesem Ekelpaket eine innige Freundschaft pflegst!?!" „Souichi-san ist kein Ekelpaket!" erwiderte André störrisch. „Du kennst ihn nicht so, wie ich ihn kenne! Genau wie bei mir hatten seine Eltern nie Zeit für ihn, er ist von Dienstboten und sonstigem Personal herumgereicht und aufgezogen worden! Freunde wurden ihm verboten, er sollte immer nur lernen, lernen, lernen! Du hast keine Ahnung, wie einsam er war!" „Na und?! Seto war auch sehr einsam! Und ist er ein Ekelpaket?!" „JA!!" Joseph ballte die Hände zu Fäusten. Einige Gäste des Cafés waren mittlerweile auf den Streit aufmerksam geworden, drehten sich um, tuschelten oder beschwerten sich, weil sie sich gestört fühlten. „Wie kannst du es wagen?! Du kennst ihn doch....!!" Er hielt inne, als ihm die Ähnlichkeit ihrer Worte und ihrer Standpunkte auffiel. „....du kennst....ihn....doch gar nicht....!", vollendete er schwach. „Nein! Egal, was du sagst....Seto ist nicht wie Miller! Er hat Qualitäten, die dein sogenannter Freund nie besitzen wird! Kein Fair Play, keine Ehrlichkeit, keine wahre Tapferkeit, keine Aufopferungsbereitschaft....das alles fehlt ihm!" „Aufopferungsbereitschaft?? Bei Kaiba? Sei nicht albern! Er denkt immer nur an sich!" „Das ist nicht wahr! Er hat Mokuba....und um seinen kleinen Bruder vor Gefahren zu schützen, würde er auch sein eigenes Leben opfern! Deshalb ist Miller ärmer dran als Seto, denn wenn es stimmt, was du mir gerade erzählt hast, dann ist er mindestens dreimal so verbittert und vereinsamt und hartherzig wie Seto, weil er absolut niemanden hatte! Mokuba hat ihm seine Menschlichkeit bewahrt - was hat Miller sich bewahrt?!" „Er....!" Der junge Schauspieler stockte. Sicher waren sie beste Freunde, oder waren es einst gewesen, bevor ihre unterschiedlichen Lebenswege sie voneinander geschieden hatten, sodass ihre Freundschaft auf seltene Verabredungen zusammenschrumpfte. Von einer „innigen Freundschaft" konnte also keine Rede sein. Warum nicht? Wäre es ihnen denn unmöglich gewesen, den Kontakt stärker aufrechtzuerhalten? Oder wollten sie das einfach nicht? Souichi hatte ihm ab und zu e-mails geschrieben und manchmal mit ihm telefoniert, genauso wie er, aber das alles hatte irgendwann den Charakter einer guten Bekanntschaft angenommen....von den alten Zeiten sprach man nicht. Was war von dem Jungen geblieben, dem er vor Jahren bedingungslos vertraut hatte? Was war von ihm selbst geblieben? Er vergrub sein Gesicht in den Händen und schwieg. Der Blonde musterte ihn skeptisch, aber schließlich siegte sein Mitgefühl. Er fragte leise: „Du vermisst ihn?" „Wen, ‚ihn‘?" „Das Kind, das er einmal war. Den besten Freund, mit dem man Pferde stehlen konnte. Den Jungen, der mit dir gelacht hat, bevor er ein knallharter Geschäftsmann wurde - denjenigen, dem du dein Herz geöffnet hast, bevor du ein knallharter Geschäftsmann geworden bist, denn auch du bist nichts anderes. Schauspielerei ist wie Modeln kein leichter Job, aber du hast diesen wirklich großen Ehrgeiz, erfolgreich zu sein. Hindernisse werden aus dem Weg geräumt. Diese Art von Ehrgeiz. Rücksichtsloser Ehrgeiz. Ihr könntet beide mehr sein, wenn ihr wieder zueinander finden würdet, denn offensichtlich seid ihr die einzigen Menschen, die einander jemals Halt gegeben haben. Soll das wirklich vorbei sein?" André schüttelte stumm den Kopf. Erst nach einer Weile meinte er: „Wie glühend du Kaiba verteidigt hast, obwohl ihr so oft gestritten habt....Du liebst ihn von Herzen, n‘est-ce-pas?" „Ja." Es war ein ruhiges, eindeutiges und entschiedenes „Ja". Eine Zustimmung ohne jeglichen Zweifel. „Was für ein Dummkopf ich war....Selbst wenn es mit euch beiden endgültig aus gewesen wäre, ich hätte dich doch nie erobern können. Kaiba ist einer dieser Männer, die für immer eine Spur im Herzen eines Menschen hinterlassen....wie könntest du ihn je vergessen! Wirst du....wirst du dir das Duell ansehen?" „Natürlich. Wenn ich schon nicht daran teilnehme, möchte ich wenigstens zusehen. Seto und Yugi werden die Millers fertigmachen - das kann ich mir nicht entgehen lassen!" „Und wenn die beiden verlieren?" Joey erinnerte sich an Souichis unverhohlene Siegesgewissheit und das ungute Gefühl überkam ihn von neuem. „Wieso glaubst du, dass zwei der besten Duellanten der Liga gegen Miller & Miller verlieren könnten?" „Erst einmal sind auch die Millers bekannte Duellanten und ziemlich erfolgreich. Aber das ist es nicht allein. Weißt du, was ‚verbotene‘ Karten sind?" „Klar doch. Das sind Karten, die entweder schwer zu kontrollieren sind oder mächtige Fähigkeiten besitzen, die ein Duell sinnlos machen, wie zum Beispiel - keine Ahnung, ein Schaden von viertausend Punkten bei jedem Angriff oder sowas ähnliches. Jedenfalls handelt es sich dabei um Karten, die nur als Einzelstücke existieren und nicht für den Verkauf freigegeben sind. Yugis Göttermonster gehören auch dazu, fallen aber in eine ganz spezielle Kategorie, weil sie spielbar sind. Gewöhnliche verbotene Karten werden vom Hologrammprojektor einer Duellarena nicht dargestellt, man erhält statt dessen eine Fehlermeldung." „Und wenn das Duellfeld manipuliert wäre?" „Was sagst du da?!" „Was wäre, wenn das Anzeigesystem der Arena manipuliert wäre? So, dass es verbotene Karten nicht mehr erkennen und man sie spielen kann?" „André!" Der Jüngere sprang auf. „Soll das heißen, Miller hat eine verbotene Karte?!" „Genau. Er hat mich gebeten, es ihm zu ermöglichen, diese Karte auf einem offiziellen Duellfeld zu spielen. Also habe ich das Computersystem des Kaiba-Stadions auseinander genommen und es neu konfiguriert." „Du hast das getan!? Du bist der Hacker!?" „Ja. Das ist meine andere Identität als ‚Black Spider‘. Ich bin weltweit tätig, für Politiker, Börsenmakler, Bankiers, Firmenchefs, Diebe und Betrüger. Die Geschäftswelt ist korrupt und verlogen. Vertrauen kannst du nur dir selbst. Eine harte Lektion, die mein Vater mir eingetrichtert hat. Mutter hat ihn auch betrogen - erst mit einem anderen Mann und später um eine beachtliche Menge seines Vermögens. Ich war schon Hacker, bevor ich als vielversprechendes neues Talent für den Film entdeckt wurde, und das auch nur durch puren Zufall. Seither führe ich ein Doppelleben." „Aber....warum ausgerechnet Hacker?" „Vaters Firma ging bankrott und er flüchtete sich in den Alkohol und bekam Depressionen. Ich verdiente als Kassierer gerade so viel, um die Miete für unsere Wohnung zu bezahlen, und musste nebenher die Schule beenden. Ein alter Geschäftsfreund meines Vaters hatte von meiner überdurchschnittlichen Intelligenz gehört und nahm mich unter seine Fittiche. Er machte mich zum professionellen Hacker und knüpfte für mich erste Verbindungen mit hohen Beamten. Und so bin ich geworden, was ich heute bin. Ich erwarte nicht, dass du das akzeptierst. Ich wollte nur, dass du es weißt." Der Blondschopf fuhr sich nachdenklich durchs Haar. „Kannst du die Manipulation rückgängig machen, bevor das Duell anfängt?" „Nein. Es beginnt in zwanzig Minuten. Das ist zu kurzfristig." „Verstehe. Warum hast du Miller eigentlich diesen Gefallen getan? Nur weil ihr Freunde seid?" „Weil ich Kaiba am Boden sehen wollte. Du hast recht, chér ami. Ich habe mich in dich verliebt und wollte dich für mich allein. Aus Eifersucht. Aus Egoismus. Aber ich bin nun mal nicht mehr als ein egoistischer Mensch. Ich kann mit Niederlagen und Schmerz nicht besonders gut umgehen - ich konnte es nie." Joey betrachtete ihn ernst und erkundigte sich erstaunlich gefasst: „Wieso hast du mir dann die Wahrheit gesagt? Du hättest die Sache mit dem Duellfeld für dich behalten können. Das hast du nicht. Warum nicht?" Der Franzose lächelte. Es war ein trauriges, gezwungenes Lächeln. „Wegen Kaiba. Weil du ihn wirklich liebst....und weil er dich auch liebt." Schweigen. „Weißt du was, André? Du kannst ein Mistkerl sein, kein Zweifel....aber du bist ein guter Mistkerl! Genauso wie Yami, und der ist ein toller Freund." „Yami? Wer ist das?" „Vergiss es. Lass uns lieber zum Stadion fahren. Es wird Zeit!" Das Kaiba-Stadion war bis auf den letzten Platz besetzt. Yugi befand sich am Eingang für die Duellanten, während seine Freunde sich zu ihrer Tribüne begaben; selbstredend war es eine ganz vorne. Ryo drückte seinem Schatz als Glücksbringer einen Kuss auf den Mund und gesellte sich schließlich zu den anderen. Auch Serenity und Mokuba sassen in ihrer Tribüne und begrüßten sie fröhlich. Draußen fuhr eine chromblitzende Limousine vor und die Millers entstiegen ihr; beide gekleidet in sündhaft teure graublaue Zweireiher. Sie straften den kleinen Yugi mit eisiger Nichtachtung, doch den Bunthaarigen kümmerte das nicht im geringsten. Sollten diese eingebildeten Typen nur denken, was sie wollten! Er umklammerte die Kette, an der das Millenniumspuzzle hing und kontaktierte sein Alter Ego. Das ägyptische Artefakt glühte auf und die Mächte von einst wurden in ihm entfesselt. Der Pharao übernahm seinen Körper. Zwar konnte er sich mit Hilfe des Puzzles einen eigenen Körper erschaffen, wenn er es für nötig hielt, aber die meiste Zeit verbrachte er als Geist, da dieses Dasein gewisse Vorteile hatte - unter anderem war er nie hungrig oder durstig, nie erschöpft und wurde nicht krank. Hauptsächlich benutzte er die Kraft des Gegenstandes, um sich auf intime Zusammenkünfte mit seinem geliebten Grabräuber vorzubereiten. In einer eleganten Bewegung zog er sich die Jacke der Schuluniform aus und warf sie sich lässig über die Schultern. Auf halbem Weg zur Arena begegnete ihm der Jungmillionär. Er trug seinen weißen Smoking mit der blauen Krawatte und wirkte kühl und beherrscht wie immer. Er ließ seinem „Partner" ein sachliches Nicken zuteil werden und gemeinsam schritten sie zum Kampfplatz hinaus. Roland betätigte sich als Stadionsprecher und Schiedsrichter. Würdevoll stand er in seinem besten Anzug und mit seiner unvermeidlichen Sonnenbrille am Rand der Arena und verkündete: „Sehr verehrtes Publikum, ich begrüße Sie alle zu diesem Ausnahmeduell, bei dem es um den Besitz der größten Spielefirma des Landes geht: der Kaiba-Corporation. Sollten die Herausforderer den Sieg davontragen - was äußerst unwahrscheinlich ist...." „Seien Sie gefälligst unparteiisch!" unterbrach ihn Souichi genervt. „Ehem, Verzeihung. Also, sollten die Herausforderer den Sieg davontragen, so wird die Firma in ihren Händen bleiben! Sollten jedoch die Herausgeforderten gewinnen, so wird die Corporation wieder Seto Kaibas Eigentum! Es ist ein Viererduell, aber jeder kann jeden angreifen, sollte es von Vorteil oder unabwendbar sein, um sich den Sieg zu sichern. Hier sind unsere Duellanten! Ich präsentiere Ihnen die Herausforderer, Souichi D. Miller und Soun Miller von Miller & Miller!!" Die Menge applaudierte, obgleich sich die Begeisterung auf manchen Plätzen stark zurückhielt. „Und die Herausgeforderten: der König der Spiele, Yugi Muto, und unser formidabler Gastgeber, Seto Kaiba!!" Das Klatschen brauste auf zu einem Orkan und die Kontrahenten nahmen ihre Positionen ein, wobei sich der Pharao Miller Senior gegenübersah, während der Brünette natürlich mit dessen Sohn konfrontiert wurde. Die Dueldiscs wurden aktiviert und die Zähler wanderten hoch auf viertausend Punkte. „Zeit für ein Duell!!!" Also: Ich verstehe nicht viel von dem Kartenspiel, daher werde ich mich bemühen, das Duell im nächsten Kapitel so authentisch wie möglich zu schildern. Ich weiß auch nicht, ob es wirklich verbotene Karten gibt, das habe ich mir nämlich nur ausgedacht...ich hoffe, das stört Euch nicht!^^ Wir sehen uns wieder - beim großen Finale!^^ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)