Grüne Jade von Strawfly (Azureshipping-Fic (SetoxAnzu/Téa)) ================================================================================ Kapitel 4: Der Strich auf meiner Hand ------------------------------------- Der Lautsprecher knackte. „Ja, bitte?“ „Guten Morgen. Nein Name ist Anzu Mazaki. Ich möchte gerne zu Herrn Mokuba Kaiba.“ „Sind Sie angemeldet?“ „Nein, aber Herr Kaiba kennt mich.“ „Einen Augenblick bitte.“ *~* „Und, kennst du sie?“ Mokuba blickte zur Empfangsdame und dann auf den Monitor, auf dem Anzu zu sehen war. „Ja, du kannst sie rein lassen.“ Die Empfangdame betätigte eine kleinen weißen Knopf und sprach: „Frau Mazaki? Bitte gehen Sie geradeaus zum Vordereingang. Man wird Ihnen dort die Tür öffnen.“ Damit drückte sie auf einen Summer, der das schmiedeeiserne Tor vor der Kaiba-Villa öffnete. „Ich werde ihr aufmachen“, sagte Moduba und ging zur Tür. Es war ungewöhnlich, dass Anzu an einem Samstagmorgen vor den Toren der Kaiba-Villa stand und er fragte sich, was sie wohl wollte. Nicht, dass er sich nicht freute, wenn ihn jemand von Yuugis Clique besuchen kam, doch wurde er das ungute Gefühl nicht los, dass Setos merkwürdige Stimmung, der Zeitungsartikel, den sein Bruder gestern stundenlang angestarrt hatte und Anzus plötzlicher Besuch miteinander zusammenhingen. An Zufälle glaubte Mokuba nach all den Abenteuern schon lange nicht mehr. Vielmehr hegte er den Verdacht, dass diese Ereignisse den Beginn eines neuen Abenteuers signalisierten. Er öffnete die Tür und wartete, bis Anzu die Strecke zwischen dem Tor und der Haustür zurückgelegt hatte und vor ihm stand. „Hallo, Anzu.“ „Hallo, Mokuba“, lächelte sie ihn an und betrat das Haus. „Wie geht es dir?“ Mit Stolz beobachtete Mokuba, wie ihr Blick bewundernd über die Einrichtung der Kaiba-Villa glitt. Nachdem Seto Gozaburo seinen Platz als Vorstandsvorsitzenden weggenommen hatte, hatten er und sein Bruder die Einrichtung der Villa komplett erneuert. Jedes noch so kleine Detail, das von ihrem Stiefvater zeugte, war beseitigt worden. Das Haus, das einstmals dunkel und kalt erschienen war, strahlte von da an Wärme und Freundlichkeit aus. „Gefällt es dir?“ Anzu nickte. „Ja, es ist beeindruckend. Ganz anders als ich es mir vorgestellt hatte.“ „Seto und ich haben es so eingerichtet.“ Anzu hob überrascht die Augenbrauen. „Hätte ich nicht gedacht, dass Kaiba sein Haus so einrichten würde…“, murmelte sie und drehte sich einmal im Kreis. „Was kann ich für dich tun?“ Langsam wandte Anzu ihren Blick von einer der vielen Vasen ab, die vom Hauspersonal ständig mit neuen Blumen gefüllt wurden, und schaute Mokuba an. „Ich will, ehrlich gesagt, zu deinem Bruder“, sagte sie mit einem Seufzer. „Es gibt da etwas, worüber ich mit ihm reden muss.“ Er hatte sich schon gedacht, dass Anzu nicht seinetwegen hier war. Er verschränkte die Arme vor der Brust und betrachtete sie einen Augenblick. „Und da dachtest du, dass klappt am ehesten über mich.“ „Nun ja, dein Bruder hätte mich wahrscheinlich nicht reingelassen und es ist wirklich wichtig“, erwiderte sie nicht ohne rot zu werden. In der Stimmung, in der sich sein Bruder zurzeit befand - das konnte Mokuba nicht von der Hand weisen - wäre das wohl tatsächlich der Fall gewesen. „Du bist nicht die Erste, die so versucht an Seto ranzukommen“, fing er an und schritt an Anzu vorbei. Dann drehte er sich zu ihr um und grinste sie an. „Du bist allerdings die Erste, bei der es geklappt hat. Komm mit. Ich bring dich zu Seto.“ *~* Der Raum, in den Mokuba Anzu schließlich führte, war ein geräumiges, grün gestrichenes Arbeitszimmer. Licht fiel durch ein großes Fenster in den Raum, von dem man aus den vorderen Garten der Villa sehen konnte. Ein Schreibtisch stand vor dem Fenster und auf der einen Seite des Raumes befand sich eine Sitzecke, während die andere Seite von einer Bücherwand geziert wurde. „Das ist Setos Büro“, erklärte Mokuba. „Warte bitte hier. Er kommt gleich her. Ich werde ihm sagen, dass er Besuch hat.“ Sodann verließ Mokuba das Büro und schloss die Tür. Anzu atmete einmal tief durch. Sie war immer noch nicht davon überzeugt, dass die Idee, hierher zu kommen, die richtige war, aber mit jeder Minute, die sie länger über alles nachdachte, wurden die Fragen in ihrem Kopf mehr und mehr. Jeder Versuch sich zu beruhigen, scheiterte an einer neuen Frage, die ihr vorher noch nicht in den Sinn gekommen war. Fragen, auf die nur Kaiba eine Antwort haben konnte. Was war sein Ziel? Wusste er, was er tat? Und vor allem: Wie viel wusste Kaiba wirklich? Das war die wichtigste von allen. Und vielleicht auch die ironischste. Denn, wie viel wusste sie wirklich? So, wie das Thema in ihrer Familie praktisch nie angesprochen wurde, konnte sie bei Weitem nicht behaupten, dass sie rundum über alles informiert war. Es gab eine ganze Reihe von Details, von denen sie nicht wusste, wie sie zu erklären waren. Doch bis vorgestern Abend hatte sie das nie gestört und konnte es einfach ignorieren. „Was willst du hier?“ Kaibas brüsker Ton riss sie aus ihren Gedanken. „Ich will, dass du mir ein paar Fragen beantwortest“, gab sie zur Antwort und drehte sich zu ihm hin. Kaiba stand in der Tür zu seinem Arbeitszimmer, die Hand hatte er immer noch auf der Klinke. Seine Miene verriet nichts und als einzige Reaktion auf ihre Forderung schloss er die Tür und ging an ihr vorbei zum Fenster. „Ich hätte nicht gedacht, dass du hier auftauchen würdest.“ Sie starrte einen Moment auf seinen Rücken und wartete darauf, dass er noch etwas Weiteres sagte. Doch er blickte einfach nur aus dem Fenster und gab keine andere Bemerkung von sich. „Kaiba, du weißt nicht, was du tust!“, platzte es schließlich aus ihr heraus. Daraufhin wandte er sich endlich ihr zu. „Ich weiß genau, was ich tue, Mazaki. Der Punkt ist, dass du nicht willst, dass dein kleines Geheimnis herauskommt“, stellte er fest. „Du brauchst mir nichts zu erzählen. Ich weiß, was das Foto bedeutet.“ „Du glaubst, du weißt, was es bedeutet.“ „Ach, wirklich?“ Kaibe musterte Anzu genau. Erst jetzt fiel ihr auf, dass sein Gesicht sehr fahl wirkte. „Willst du mir ernsthaft erzählen, es hätte nichts mit der Vermisstenanzeige zu tun, die vor 14 Jahren in fast allen Zeitungen Japans auftauchte?“ Diese Frage ließ sie zusammenzucken. Auch wenn ihr klar war, dass Kaiba das wusste, jagte es ihr doch einen Schauer über den Rücken, wenn es so direkt angesprochen wurde. „Was bezweckst du damit, Kaiba? Ich dachte, wir wären Freunde.“ Bei diesen Worten drehte sich Kaiba beinahe angewidert zur Seite „Freunde.“ Er spuckte dieses Wort förmlich aus. „Du hast doch nicht wirklich geglaubt, dass ich mich auch nur eine Sekunde zu eurer jämmerlichen Freundschaftsclique gezählt habe.“ Für einen Augenblick legte sich ein geschockter Ausdruck auf Anzus Gesicht. „Du warst immer einer unserer Freunde, Kaiba“, sagte sie mit Nachdruck in der Stimme. „Du und Mokuba.“ Kaiba schaute sie an, aber sein Mienenspiel ließ seine Gedanken nicht nach außen dringen. „Deswegen verstehe ich auch nicht, was du damit erreichen willst. Was habe ich dir jemals getan?“ *~* Es war als würde in Seto ein Schalter umgelegt. Ihm liefen die Bilder durch den Kopf, die ihn Nacht für Nacht heimsuchten. Er sah sich selbst auf Pegasus’ Schloss und beobachtete, wie die Pfeile auf ihn zukamen. Was habe ich dir jemals getan? ratterte wie ein Mantra durch seinem Kopf, während er immer und immer wieder dabei zusehen musste, wie er von der Brüstung stürzte. Wie ihm die Dunkelheit unter ihm beinahe wie ein Segen erschien, solange er nur nicht von den Pfeilen getroffen wurde, die ihm unnachgiebig selbst in die Tiefe hinein folgten. Die Litanei ihrer Worte halte und vermengte sich, zog Erinnerungen in sein Bewusstsein, die ihn nur des Nachts verfolgten. Der Boden entzog sich seinen Füßen, er sah winzige graue Kiesel, grau wie die Grabsteine, sah wie die Kiesel größer wurden, quadratischer und sich in Fliesen verwandelten; er blickte in die Augen seiner Mutter, blickte in Mokubas trauriges Gesicht, grau-violette Augen, deren letzter Schimmer Hoffnung sich wie ein Anker an ihn kettete. Er hörte das Schreien eines Babys und die Stille eines Friedhofs. Er hörte das Rauschen des Meeres im Abgrund hinter ihm, Mokubas leises Schluchzen neben ihm, die schwache Stimme seiner Mutter vor ihm. Er hörte all dies begleitet von Mazakis Stimme, die von überall zu kommen schien. Du hast verloren, Seto Kaiba. Sie rauschte durch seinen Kopf, stieß gegen die Bilder seiner Erinnerung und wurde wieder und wieder auf ihn zurückgeworfen. Du hast nicht den Mut, dir selber ins Gesicht zu sehen, Kaiba. Die Bilder begannen zu verschmelzen. Immer mehr engten sie ihn ein. Die Stimmen der Erinnerung vermischten sich, wurden zu einem unverständlichen Gemurmel, das weder Anfang noch Ende kannte. Yuugi hat gewonnen, Kaiba, denn er hat dich vor dir selbst beschützt! Die Erinnerungen formten sich zu Fingern, Krallen, die nach ihm griffen und ihn zu sich zogen. Der Wirrwarr an Bildern sauste vorbei, sog ihn immer weiter in sich rein, bis die Pfeile, denen er zu entkommen suchte, wieder direkt auf ihn zusteuerten. Die Pfeile, die ihn nicht treffen durften, ganz gleich was passieren würde. Er musste ihnen entkommen, koste es, was es wolle. „Kaiba!“ Seto schreckte auf. Eine Hand schüttelte seine Schulter und er brauchte einen Moment, bis ihm klar wurde, dass diese Hand Mazaki gehörte. Sein Blick schnellte nach oben. Mazakis Gesicht war direkt vor seinem. Ein merkwürdiger Ausdruck lag in ihren Augen. Fast wie damals auf Pegasus’ Schloss. Schlagartig stieß er sie von sich weg. So einen Gesichtsausdruck war das letzte, was er jetzt noch brauchte. „Verschwinde!“, brachte Seto mit einem Keuchen hervor. Er musste sie loswerden. Jetzt sofort. Mazaki regte sich nicht. Sie stand wie versteinert einige Schritte entfernt und sagte nichts. Seto richtete sich in voller Größe auf und schaute sie an, vermied jedoch ihr in die Augen zu sehen. Sein Atem ging schwer. Er holte ein paar Mal tief Luft, um seine Kräfte zu sammeln. „Hast du mich nicht gehört? Du sollst verschwinden!“ Seine Stimme schnitt wie Glas und ließ Mazaki unweigerlich erschaudern. Es war diese Reaktion, die ein Gefühl der Genugtuung bei ihm auslöste und ihn langsam wieder Herrn über sich selbst werden ließ. „Ich weiß nicht, was du hier willst, aber wir sind nie Freunde gewesen. Du brauchst dir also keinerlei Hoffnung zu machen, dass ich dein Geheimnis für mich behalten werde.“ Er verzog seine Lippen zu einem finsteren Grinsen. „Ganz im Gegenteil, ich habe längst angerufen.“ Mazakis Augen weiteten sich. Ihr Mund öffnete sich, um etwas zu sagen, doch ihre Lippen bewegten sich nur lautlos. Seto hatte wieder die Kontrolle erlangt. Ohne ein weiteres Wort zu sagen, ging er an Mazaki vorbei zur Tür. „Kaiba, du weißt nicht, was du tust“, nahm er ihre fast erstickende Stimme zur Kenntnis. „Das hattest du schon erwähnt.“ Er öffnete die Tür und verließ den Raum. Hinter der geschlossenen Tür lehnte er sich gegen die Wand und atmete tief durch. Seine Kleidung klebte vom Schweiß auf der Haut, dessen Ausbruch die Bilder ausgelöst hatten. Er musste Mazaki von sich fern halten. Was er eben erlebt hatte, heimgesucht von seinem Albtraum am helllichten Tag, lag nur an ihr. Ihr und ihrer verfluchten Frage. Was habe ich dir jemals getan? Er schnaubte innerlich, als er daran dachte. Mit einer Hand wischte er sich den Schweiß von der Stirn und richtete sich auf. Mit einem letzten Blick auf die Tür zu seinem Arbeitszimmer setzte er sich in Bewegung. Er würde jemandem vom Hauspersonal Bescheid geben, Mazaki nach draußen zu begleiten. *~* Was war passiert? Noch immer hatte Anzu Schwierigkeiten zu verstehen, was eben geschehen war? Kaibas Verhalten war mehr als seltsam gewesen. Es waren zwar nur ein paar Sekunden, doch in diesen Augenblicken wirkte er wie weggetreten. Sie weiß nicht, wie viel Mal sie seinen Namen gerufen hatte bis er endlich eine Reaktion zeigte und ihr mit beinahe kalkweißem Gesicht in die Augen starrte, aber er sah aus, als ob er wirklich Angst gehabt hätte. Kaiba und Angst? Wenn überhaupt, dann hatte er nur Angst um Mokuba. Sie kannte ihn lange genug, um zu wissen, dass ihm alles andere egal war. Kaiba war niemand, der sich einschüchtern ließ. Anzu schüttelte verwirrt den Kopf. Wahrscheinlich hatte sie sich das nur eingebildet. Sie hatte keine Ahnung, was Kaibas Aussetzer ausgelöst hatte. Es kann alles gewesen sein, aber Angst war es bestimmt nicht. Sie war auch nicht hier hergekommen, um sich darum Gedanken zu machen. Sie war hier, um Antworten zu erhalten. Ich habe längst angerufen. Es war nicht viel, was sie als Antwort bekommen hatte, doch das… Angerufen. Er hatte es wirklich getan. Der Gedanke an diese Worte ließ sie entsetz und enttäuscht zugleich zurück. Wie hatte sie sich in Kaiba nur jemals so täuschen können? Sie wusste, dass ihre Überzeugungen oft belächelt worden, aber sie hatte niemals aufgehört daran zu glauben. Ihre Freunde konnten immer auf ihre Unterstützung zählen und selbst Kaiba hätte sich ihrer sicher sein können. Auch wenn anders als bei Yuugi, Jounouchi, Honda und ihr auf seinen Händen kein schwarzer Strich zu finden war. Aber Anzu hatte jedem ihrer anderen Freunde gedanklich einen Strich hinzugefügt. Auch Kaiba. Sie spürte, wie ihre Augen brannten. Die Enttäuschung darüber, was Kaiba getan hatte, lag wie ein Stein in ihrem Magen. Es war zwar ein Schock gewesen, als Kaiba das Foto gefunden hatte. Ein Schock, als Grüne Jade in ihrem Schuhschrank gelegen hatte. Ihr war bewusst gewesen, dass Kaiba bereit war, wenn es sein musste, weit zu gehen. Aber dass er es tatsächlich getan hatte, war für Anzu wie ein Vernichtungsschlag. Tränen rannen über ihre Wangen. So als wollten sie die bittere Pille der Wahrheit auflösen. Eine Pille, die sie nun schlucken musste. Wir sind nie Freunde gewesen. Sie unterdrückte den Schluchzer in ihrer Kehle und betrachtete ihren Handrücken. Sie war so was von naiv gewesen. *~* Das Telefon klingelte. Der Mann, der an seinem Schreibtisch über einen Stapel Papiere gebeugt saß, schaute auf. Er warf einen kurzen Blick auf die Uhr und griff dann zum Hörer. „Ich bin’s.“ „Du bist früh“, antwortete der Mann. „Ich hätte frühestens heute Abend mit dir gerechnet.“ „Die Zeit drängt. Triff die letzten Vorbereitungen. Wir treffen uns in einer Stunde.“ Der Mann summte zustimmend. „Alles schon erledigt. Wir haben eine Menge zu besprechen.“ „Ich weiß. Bis dann.“ „Bis dann“, verabschiedete er sich und legte auf. Er streckte die Arme in die Luft und brachte die Glieder zum Knacken. Mit einem Seufzer stand der Mann auf und sah aus dem Fenster. Wer hätte gedacht, dass es dazu noch mal kommen würde? *~* „Ich bedaure, aber Herr Kaiba möchte heute keinen Besuch empfangen.“ „Sagen Sie ihm, hier ist Katsuya Jounouchi, der ihn zu einem Duell herausfordern will.“ „Sag eher, Yuugi will ihn herausfordern“, mischte sich Honda ein. „Ich kann mir nicht wirklich vorstellen, dass Kaiba gegen dich spielen will.“ „Was soll das denn heißen? Ich bin ein genauso guter Duellant wie Yuugi.“ „Es sagt ja auch niemand etwas Gegenteiliges“, beschwichtigte ihn Otogi. „Aber du musst das aus Kaibas Sicht sehen.“ „Außerdem sind wir gar nicht hier für ein Duell“, kam es von Yuugi. „Wir wollen ja nur mit Kaiba reden.“ „Ja, schon“, erwiderte Jounouchi. „Aber anders als so kommen wir doch überhaupt nicht an ihn ran. Kaiba ist nun mal, wie soll ich sagen… duellgesteuert.“ „Duellgesteuert?“ Die fünf Jungs prusteten los, als sie Jounouchis Wortschöpfung hörten. „Meine Herren, bitte!“, sagte die weibliche Stimme aus dem Lautsprecher. „Es war Herr Kaibas ausdrücklicher Wunsch von niemandem gestört zu werden. Deswegen bitte ich Sie jetzt zu gehen. Vielleicht kommen sie an einem anderen Tag wieder.“ Mit diesen Worten schaltete der Lautsprecher sich ab. „Das hat nicht so geklappt, wie ich mir das vorgestellt hatte“, gab Jounouchi seufzend von sich und ließ sich auf dem Bordstein nieder. Die anderen stimmten ihm zu. „Weitergebracht hat es uns nicht“, meinte Bakura. „So werden wir nicht erfahren, was mit Anzu los ist und was Kaiba damit zu tun hat.“ Honda blickte durch das Tor auf die Kaiba-Villa. „Und wenn wir uns reinschleichen?“ Aber Otogi schüttelte den Kopf. „Versuchs erst gar nicht. Villen werden äußerst gut bewacht, und das ist Kaibas Haus. Der hat die Überwachungstechnik wahrscheinlich selbst entworfen. Es wird also so gut wie unmöglich sein, unerlaubt dort einzudringen.“ „Verdammt“, fluchte Jounouchi. „Wir müssen unbedingt mit Kaiba reden.“ Für einen Moment hingen die Fünf ihren Gedanken nach, überlegten, ob es nicht doch eine Möglichkeit gäbe, mit Kaiba zu sprechen. „Lassen wir es gut sein“, sagte Otogi schließlich. „Sofern Kaiba nicht herauskommt, um einen Spaziergang zu machen, gibt es nichts, was wir hier tun können.“ Die anderen Jungs zögerten ein wenig, ehe sie einsahen, dass Otogi Recht hatte und nickten. „Wir sollten noch mal mit Anzu reden“, schlug Yuugi vor. „Wir sind ihre Freunde. Sie sollte doch am besten wissen, dass wir zu ihr halten, ganz gleich was los ist.“ Jounouchi richtete sich auf. „Richtig, Yuugi. Immerhin ist sie diejenige, die sonst immer so hartnäckig auf dieses Thema besteht.“ „Aber wolltest du nicht Mai fragen, ob sie mit Anzu redet?“, fragte ihn Honda. Jounouchi machte ein etwas verlegenes Gesicht. „Ja, nur ist Mai übers Wochenende nicht da. Sie wird also vor Montag nicht mit ihr sprechen.“ „Verstehe. Na dann, los.“ Mit neuer Entschlossenheit setzten sich die fünf Jungs in Bewegung. Sie wussten noch nicht, dass sie hinter der nächsten Ecke das braunhaarige Mädchen finden würden. Sie kauerte vor der Mauer, die das Kaiba-Anwesen einzäunte und hatte ihren Kopf in ihren Armen vergraben. Ihre Schultern zitterten und ein leises Schluchzen war zu hören. „Anzu?“ Langsam hob sie ihren Kopf. Als sie erkannte, wer vor ihr stand und sie verwirrt anstarrte, wischte sie sich schnell mit einer Hand die Tränen aus ihrem Gesicht. „Jungs.“ Sie wussten nicht genau, was sie sagen oder machen sollten. Ein wenig unbeholfen sahen sie sich gegenseitig an und warteten darauf, dass irgendjemand den Anfang machte. Es war letztendlich Yuugi, der sich zusammenraffte, - vielleicht hatte Jounouchi auch mit einem kleinen Stubser nachgeholfen - auf Anzu zutrat und sich vor ihr hinhockte. „Ist alles in Ordnung?“ „Yuugi…“ Sie schluchzte ein weiteres Mal. Ihr Blick wanderte von ihrem besten Freund zu den anderen Vieren, die jetzt ebenfalls auf sie zukamen. „Was macht ihr hier?“ „Eigentlich wollten wir mit Kaiba reden…“, sagte Honda. Yuugi wühlte in seiner Hosentasche herum, bis er ein weißes Taschentuch herauszog und es Anzu hinhielt. „Hier.“ „Danke.“ „Anzu“, Yuugi legte sanft die Hand auf ihre Schulter. „Bitte sag uns, was los ist.“ „Was hat Kaiba getan?“, fragte Otogi. Anzu sah bedrückt zu Boden. „Das ist nicht so einfach zu erklären“, flüsterte sie. „Wir wollen dir nur helfen, Anzu“, ergriff Yuugi wieder das Wort. „So wie du uns immer hilfst, wenn wir mal nicht weiter wissen.“ Noch einmal blickte Anzu der Reihe nach ihre Freunde an. „Weißt du“, sagte Honda, als er bemerkte, wie ihr Blick bei jedem auf dem Handrücken landete. Er hob seine eigene Hand und deutete mit dem Kopf auf deren Rücken. „Die Farbe ist zwar längst abgewaschen, aber es bedeutet für uns immer noch dasselbe. Wir halten zusammen, ganz gleich, wie ausweglos die Situation erscheint.“ „Honda…“ Bakura nickte. „Er hat Recht, Anzu.“ Er und Otogi wussten wovon Honda sprach. Irgendwann mal hatten die anderen ihnen die Geschichte von dem Gesicht auf ihren Händen erzählt. Anzus Augen ruhten auf ihrer Hand. Fuhren die unsichtbaren Linien nach, die sie alle miteinander verbanden. Sie schloss die Augen und traf eine Entscheidung. „Ich werde euch alles erzählen…“ Hosted by Animexx e.V. 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