What's love got to do with it von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 4: Who needs a heart when a heart can be broken ------------------------------------------------------- Seishiro wusste nicht, wie lange er - sie beide bereits so da lagen. Seine Finger waren noch immer in dem dichten Haar des Sumeragi vergraben, er verspürte den warmen Atem des Anderen auf seiner Brust, bemerkte fast beiläufig den rhythmischen Herzschlag seiner Beute. Zögerlich ließ er seine Finger aus dem Haar gleiten, zog seinen Arm zurück und setzte sich in dem Bett auf. Langsam glitt Subaru von seiner Brust und er achtete darauf, dass dieser nicht wieder aufwachte. Sein Blick fiel von dem so unschuldig wirkenden Gesicht hinunter auf die weiche, weiße Haut die sich zwischen dem aufgeknöpften Pyjama-Oberteil sichtbar machte. Er grinste verschmitzt und rutschte herüber zur Bettkante. Sein Anzug machte jetzt nicht mehr den besten Eindruck. Unberührt von alle dem begann er sein Hemd zuzuknöpfen und als diese Handlung abgeschlossen war, es wieder ordentlich in die Hose zu stecken. Mit jedem erneuten Atemzug sog er Subarus Eigenduft auf, nicht nur er hatte seine Markierungen auf Subarus Körper hinterlassen, auch er trug, auch wenn es nur vorübergehend war, etwas von seiner Beute an sich. Nicht einmal gewehrt hatte er sich, er hatte sich ergeben, hatte ihn machen lassen und sich perfekt seiner Rolle als Opfer, als Beute angepasst. Ohnehin, er hätte sich eh das genommen, weswegen er gekommen war...Er stand von der Bettkante auf, griff nach seinem Jackett, welches er über die Armlehne des Besucherstuhls geworfen hatte, und blickte zurück auf den schlafenden Sumeragi. Subaru war schwerer zu begreifen als früher, er war in der Tat nicht mehr so durchschaubar, wie es damals der Fall als 16-Jähriger gewesen war. Subaru hatte nur leise geflüstert, beinahe wären die Worte ungehört an seinen Ohren vorbeigezogen. Doch naiv, naiv war er noch immer. Er liebte seinen Feind? Denjenigen, der seine Schwester und unzählige andere Narren auf dem Gewissen hatte? Verstand man also unter Liebe gleichzeitig Hass? Hatte er geglaubt damit etwas verändern, etwas zu bewegen, damit etwas erreichen zu können, wenn er so etwas von sich gab? Verächtlich schnaubte er auf. Manche Dinge oder besser gesagt manche Menschen konnte man nicht ändern. Manche Menschen blieben eben, wie sie waren. Manche durften sich nicht ändern. Selbst dann nicht, wenn ein reines Herz sie inständig darum bat. Er blickte stumm auf die Krawatte in seiner Hand, zuckte die Schultern und ließ sie in der Jacketttasche verschwinden. Ein weiteres Mal schenkte er Subaru seine Aufmerksamkeit, beugte sich ein Stück hinab, ergriff die schlaff auf der Matratze liegende Hand und rieb sanft über den Handrücken. Das Mal leuchtete auf, es war befriedigt, es hatte seinen Besitzer wieder erkannt. Kaum berührte er den Handrücken leicht mit seinen Lippen, seufzte Subaru auf. Er wich ein wenig zurück - aber Subaru wachte nicht auf, sondern schlief tief und fest weiter. Jedoch war Seishiro sich sicher, dass er die Berührung gespürt hatte. Der Erddrachen Kamui hatte ihn darauf hinweisen wollen, dass Subaru einen anderen Wunsch hatte, als er dachte. Was sollte es sonst schon sein? Rache für den Mord an seiner Schwester Hokuto, Rache gleichbedeutend mit Tod, denjenigen auslöschen, der ihm das Wichtigste, seinen Halt im Leben genommen hatte. Weshalb war es so schwer in den Augen des Jüngeren zu lesen, seiner Mimik zu entnehmen, was er wirklich wollte. Sein innigster Wunsch...Seishiro hielt die Augen geschlossen und richtete sich wieder auf. Eigentlich lächerlich. Hokuto hatte ihm damals den Vorwurf gemacht, er habe Subaru mitgenommen, für immer? Wofür sich also die Mühe machen, jemanden zu lieben, wenn die innigsten Wünsche über die so genannte geliebte Person niemals in Erfüllung gehen konnten. Es war lächerlich und unnütz. Noch immer. Ja, vielleicht war es vom Schicksal vorbestimmt worden, dass sich ihre Wege gekreuzt hatten, aber welchen Sinn hatte das jetzt noch? Noch immer nahm er den Geruch Subarus an sich wahr. Er mochte diejenigen verfluchen, die diesen Körper vor ihm hatten berühren dürfen. Vielleicht konnte man Subaru einfach als eine besonders süchtig machende Droge bezeichnen. Er lachte kehlig auf. "Dann gute Nacht, Subaru-kun" sprach er im leisen Ton, begleitet von seinem üblichen Lächeln, bevor er aus dem Zimmer verschwand. ............................... Als Subaru langsam von der Sonne geweckt wurde fand er sich alleine in seinem Bett vor. War die vergangene Nacht nur ein Traum gewesen? Nein, es musste wirklich passiert sein. Er konnte es fühlen, der Sakurazukamori hatte sein Territorium erneut markiert, eindeutig. Er seufzte laut auf, rutschte im Bett weiter nach oben und blickte an sich herunter. Nur langsam sammelte er seine Hose vom Boden auf, zog sie sich über und knöpfte sein Oberteil zu. Wann hatte Seishiro ihn verlassen? Er war sich sicher, dass er in seinen Armen eingeschlafen war und sich danach nicht hatte einsam fühlen müssen. Doch jetzt beschlich ihn wieder dieses traurige Gefühl der Einsamkeit. Hatte er geglaubt daran etwas ändern zu können? Er hatte es in der Illusion geglaubt, als Seishiro ihn genommen hatte, er hatte es geglaubt, als er nach dem Akt in den starken Armen des Sakura gelegen hatte - und er hatte es geglaubt, als er den ruhigen Herzschlag seines geliebten Feindes an seinem Ohr vernommen hatte. Doch es war nicht mehr gewesen als eine kurzzeitige Illusion einen Ausweg aus der ständigen Einsamkeit gefunden zu haben. Seishiro hatte nicht versucht die Wette auszulösen, wieder einmal hatte er sich einer Gelegenheit berauben lassen. Er hatte sich ohnehin nicht mehr wehren können, weshalb also zerstörte er ihn nicht endgültig? Subaru wollte sich jetzt waschen um den letzten Rest der Illusion von sich zu spülen. Obwohl er wusste, dass sich bestimmte Vorstellungen niemals in die Tat umsetzen konnten, wollte er nicht einmal mehr diese Illusion ertragen müssen. Sein Blick fiel auf den kleinen Plüschhasen, den Yuzuriha ihm dort gelassen hatte, damit er nicht so alleine war. Aber, selbst wenn man sich in Gesellschaft befand, wenn man Leute um sich herum hatte, die sich eventuell um einen sorgten, selbst dann konnte man sich alleine fühlen. ............................... "Schön, dass du gekommen bist" Subaru lächelte. Kamui hatte es sich natürlich nicht nehmen lassen direkt am nächsten Tag wieder vorbei zu kommen. "Das ist doch klar. Ich wollte dich sehen." Er ließ den Kopf ein wenig auf seiner Brust sinken. "Ich sagte dir, du sollst dir keine Vorwürfe machen!" tadelte Subaru ihn nicht wirklich böse, aber ernst. "Aber, dass du nie wieder auf dem Auge sehen kannst..." "Das ertrage ich schon, glaube es mir." Traurig blickte der Jüngere seinen Freund an. "Es gibt andere Dinge, die schwerer für dich zu ertragen sind, richtig?" Bedächtig nickte Subaru. Kamui wusste, dass Seishiro noch immer etwas Besonderes für ihn darstellte, auch wenn er vielleicht nicht ganz nachvollziehen konnte WAS genau es war. Er konnte ihm jedoch keinen Vorwurf machen, Fuma war sein Gegenstück genau so wie der Sakura das des Sumeragi-Oberhauptes war. "Er ist ja auch auf dem Auge blind, stimmt es? Willst du noch immer genau so werden, wie er ist?" Kamui hatte sich mehr zu Subaru herüber gelehnt, seine Hand ruhte auf der des Anderen. "Ich wünschte, ich könnte es..." Kamui schreckte ein wenig zurück. Subarus Blick war düster geworden, das grün seines Auges schien sich noch mehr zu verdunkeln und er schloss die Augen. Unter seinen Fingern konnte Kamui fühlen, wie Subaru seine Hände zu Fäusten ballte. "Ich wünschte ich wäre so wie er. Ich wünschte, ich würde nichts fühlen!" Trotz solch bitterer Worte war seine Stimme gefestigt, den Blick hatte er geradeaus gerichtet. "Subaru..." Kamui wollte nicht glauben, welche Worte sein Freund soeben ausgesprochen hatte. "Subaru!" Er schüttelte mit dem Kopf, stand auf, stützte sein rechtes Knie auf der Bettkante ab und streckte seine Hände nach Subaru aus. "Wie kannst du denn so etwas sagen? Wie kannst du denn nichts fühlen wollen?" Seine Hand wanderte herunter zu Subarus Brust und machte an seinem Herzen Halt. "Wie kann man leben ohne zu fühlen? Wie kannst DU leben ohne zu fühlen? Ich weiß, dass hier drin eines der schönsten Herzen schlägt, die ich kenne. Vielleicht mag es uns beiden oft unerträglich sein zu fühlen, weil wir so oft enttäuscht worden sind. Aber dennoch möchte ich es nie erfahren müssen, wie es ist, wenn man nichts mehr fühlt. Niemals möchte ich diese Gefühle verlieren. Denn Gefühle hat man doch für besondere Menschen, oder?" Langsam legte sich über Kamuis Hand, welche noch immer auf Subarus Brust ruhte, die Hand seines Freundes. Stumm blickten sie sich an, bis Subaru den Blick löste und sich ein leichtes Lächeln auf seine Lippen stahl. "Irgendwie...hast du ja schon Recht..." Er konnte noch immer Kamuis Blick auf sich spüren, wie sich der Blick in ihn hinein brannte, wie der gleichmäßige Atem des Anderen an seiner Haut abprallte. Als er seinen Blick wieder auf den anderen Himmelsdrachen richtete, war dieser noch ein Stück näher an ihn heran gerückt. Sein Daumen strich zärtlich über die Seiten seiner Finger. "Ich meinte das auch wirklich ernst, Subaru" versuchte Kamui seinen Worten Nachdruck zu verleihen. "Ich weiß doch" brachte Subaru noch hervor während er beobachtete, wie sich die Lippen des Anderen zusehend näherten. Kamui fühlte seine Schuldgefühle vermischt mit dem Schmerz über die Situation seines Freundes in sich aufsteigen. Er hatte ihm nicht helfen und hatte nichts an der Sache ändern können. Auch wenn Subaru es gewollt hatte, so hätte er es dennoch verhindern können, verhindern sollen? Und wenn er jetzt in das noch immer so hübsche Gesicht Subarus blickte wollte er sich hundertmal dafür entschuldigen, auch wenn die Worte nicht gehört werden wollten. Die Sehnsucht nach dem Sumeragi erwachte erneut, sehnte Kamui sich danach ein weiteres Mal mit den weichen Lippen des jungen Mannes zu verschmelzen. Und langsam schlossen sich seine Augenlider, als er bereits flüchtig das sanfte Gefühl auf seinem Mund spürte... ............................... Seishiro hatte ein großzügiges Trinkgeld hinterlassen, der Kellnerin in seiner gekonnt höflichen Art zugenickt und nahm zum Abschluss noch eine Tasse Tee in Empfang. Wohlweißlich hatte er sich umgeschaut und einen Platz im Raucherbereich ausfindig gemacht. Heutzutage gab es nicht mehr so häufig ein gemütliches und gutes Restaurant, in dem Mann nach dem Essen genussvoll eine Zigarette rauchen konnte. Er lehnte sich zurück, klopfte sich einen Glimmstängel aus der Packung, klemmte sie zwischen seine Lippen und zündete ein Streichholz an, sog einige Male an der Zigarette, bis sie glühte. Tief inhalierte er den ersten Schwall Nikotin, behielt ihn für einige Sekunden in der Lunge und stieß ihn dann in einem wieder aus. Sein Blick schweifte scheinbar gelangweilt in die Ferne. Er sah etwas an und sah doch nichts. Vor seinem inneren Auge lief das Geschehen des letzten Abends ab: Der Geruch des Sumeragi, der ihm wieder in die Nase stieg, die Hände des Jüngeren auf seinem Rücken, die eigene Haut auf der des Anderen, der beschleunigte Atem und die warme Enge, die ihn eingenommen hatte. Langsam führte er die Teetasse an seinen Mund und nahm einen großen Schluck. ~~~~ "Ich bin so froh von dir getötet zu werden, Seishiro..." Er spürte jetzt noch ihre kalten Hände auf seinem Gesicht, sah den Ausdruck in ihren Augen, als sie ihn anblickte. "Wirklich?" Er setzte ein Lächeln auf, griff nach den schlanken Armen, blickte in das makellos schöne Gesicht. "Ja, es ist das größte Glück von demjenigen getötet zu werden, den man liebt!" "Du liebst mich?" Liebe? Sie beugte sich ein Stück weiter zu ihm, strich ihm zart und liebevoll über die Wange. Noch immer waren ihre Finger kalt. "Oh, ich liebe dich über alles!" Sie lächelte. "Ich liebe dich auch....Mutter" Lüge! Er blickte in die unergründlichen Tiefen ihres Augenpaars. Ihr Gesichtsausdruck veränderte sich kaum merklich, doch der kleine Schimmer, der über ihr Gesicht gehuscht war, war Seishiro nicht verborgen geblieben. "Aber nicht über alles...." Ein bitteres Lächeln umzog ihre Lippen, während sie sich eine störende Haarsträhne aus dem Gesicht strich, um ihm direkt wieder ihre Aufmerksamkeit zu schenken. "Töte mich, Seishiro!" ~~~~ Er setzte die Tasse ab, entschied sich im gleichen Moment noch dazu, etwas Zucker dazuzugeben. Der Tee hinterließ einen etwas zu bitteren Nachgeschmack. Die Zigarette verqualmte währenddessen im Aschenbecher, weshalb er lieber eine Neue ansteckte und gleich mehrmals tief den grauen Dunst in sich aufsog. ~~~~ "Töte mich, Seishiro!" Sie blickte ihn mit diesen wunderschönen Augen an. Sie ließen ihn kalt, so wunderschön sie auch waren, er fühlte nichts. "Wie du wünschst" Er spürte, wie sein Arm sich durch ihre Brust bohrte, wie sie gepeinigt von dem Schmerz aufstöhnte, wie sie langsam nach hinten kippte und schwer atmete. Er fühlte nichts. Sie streckte die Hand nach ihm aus. "Hiermit...wirst du...Sakurazukamori" Ihre Stimme klang leise, sie schluckte mehrmals hintereinander. Ihren Blick hatte sie starr auf Seishiro gerichtet, der seine Mutter stützte. "Und wer dich tötet, Seishiro..." er legte den Kopf leicht schräg "wird nächster Sakurazukamori!" Sie lächelte. "Wer wird mich wohl töten?" Er schüttelte leicht den Kopf, so als wollte er nicht glauben, dass es jemals jemanden geben würde, der stärker, kälter als er selbst war. Sie strich ihm abermals zärtlich über die Wange. "Der, den du über alles liebst." Unberührt blickte er auf die schwer atmende Frau, nahm ihre Hand, führte sie an seinen Mund und grinste. "Es gibt Niemanden, den ich liebe, Mutter..." Er hauchte einen kalten Kuss auf ihre genau so kalte Hand. "Das müsstest du am Besten wissen!" ~~~~ Er legte kurz die Zigarette beiseite, nur um sie von der Tasse Tee abzulösen. Er schloss die Augen und behielt den warmen Tee einige Momente im Mund, bis er ihn vollends runterschluckte. Subaru hatte diesen Tee fast jedes Mal getrunken, wenn sie unterwegs gewesen waren. In diesem einen Jahr, welches sie gemeinsam verbracht hatten. Er lächelte erneut. Damals hatte ihn noch nie jemand bei einem Mord beobachtet, und zu alle dem schien dieser kleine Junge auch aus dem gleichen Metier wie er zu sein - nur gehörte er der anderen Seite an. Und als er aus seiner Ohnmacht erwachte und anscheinend keine Erinnerungen mehr an den Mord hatte, war selbst er überrascht. Was für ein seltsames Kind. Ein Junge mit reinem Herzen, den er eigentlich hätte töten sollen. Was er bis zu diesem Tag noch nicht getan hatte. Diese dumme Wette... ~~~~ "Tja, was machen wir denn jetzt?" Der Junge sah ihn mit großen Augen an, weshalb Seishiro tief Luft holte. "Also pass auf. Wenn wir uns wieder sehen sollten, du und ich, dann lass uns ein gemeinsames Jahr verbringen. Denn dein Herz ist das genaue Gegenteil von meinem: warmherzig, unschuldig und - ehrlich. Und das wird sich auch nicht ändern, wenn du erwachsen bist. Es wird immer schön sein." Ein schönes Herz... "Deshalb: Sollten wir uns wiedersehen werde ich versuchen dich lieb zu gewinnen, nur ein Jahr, und wenn ich irgendetwas Besonderes für dich empfinde nach diesem Jahr, hast du gewonnen und du bleibst am leben. Empfinde ich allerdings nichts Besonderes für dich, werde ich dich töten. Und nur deshalb" er legte dem Jungen seine Hand auf die Schulter "lasse ich dich heute davon kommen!" Er lächelte, denn er würde dem Jungen diese Erinnerung ebenfalls rauben und dann würde sich zeigen, was geschehen sollte. ~~~~ Etwas Besonderes. Etwas, jemand, den man anders behandelt als gewöhnlich. Er drückte die Zigarette aus und ließ den Tee stehen, der mittlerweile kalt geworden war. Ungenießbar. Er hatte zu lange diesen sinnlosen Gedanken nachgehangen. Er schlüpfte flink in seinen Mantel. Jetzt hatte er noch einem Job nachzugehen, allerdings konnte er sich damit auch ein wenig Zeit lassen. Ein frischer Wind empfing ihn beim Verlassen des Restaurants, doch das kümmerte ihn wie gewohnt wenig. ~~~~ "Es gibt Niemanden den ich liebe, Mutter. Das müsstest du am Besten wissen!" Er hatte in diesem Moment nichts in sich spüren können. Wissend blickte seine Mutter ein letztes Mal auf und das schönste Lächeln umspielte ihre weichen Lippen. "Ja, nicht wahr? Ich dachte früher auch so, bis du zu mir kamst!" ~~~~ Lässig setzte er seine Sonnenbrille auf, vermied es somit, auf seinem sehfähigen Auge von der Sonne geblendet zu werden, und setzte sich gemütlich in Bewegung Richtung Arbeitsort. Seine Hände hatte er tief in den Manteltaschen vergraben. "Bis du zu mir kamst!" Er blickte kurz gen Himmel. War bereits alles entschieden? Er zuckte mit den Schultern und setzte seinen Weg fort. Er spürte, dass es bald soweit war. Hokutos Tod war nicht umsonst gewesen, das wusste er bereits, als er ihr Herz mit seiner Hand durchbohrte. Und Subarus Wunsch würde nicht mehr lange auf sich warten lassen. ............................... "Und du bist sicher, dass es schon geht?" Skeptisch hatte Sorata seinen Blick auf Subaru gelegt, der anscheinend fest entschlossen schien. "Natürlich, es wird sich nichts an der Situation ändern, niemand hier kann da jetzt noch etwas dran ändern, also ist es gut so, wenn ich wieder in meine eigene Wohnung komme." Sorata zuckte mit den Schultern. Wenn der Sumeragi einen Entschluss gefasst hatte, war er vermutlich nicht mehr davon abzubringen. Kamui schwieg. Wollte er dazu nichts sagen oder hatte er ganz simpel nichts dazu zu sagen? Ohnehin konnte keiner von ihnen Subaru dazu zwingen sich weiterhin zu schonen. Der Reißverschluss der Umhängetasche zog sich zu. "Können wir dann?" Kamui blickte auf, Subaru stand vor ihm und lächelte ihm entgegen. Er nickte nur und stand auf. "Keine Sorge, ich weiß schon, wie ich damit umgehen muss. Und viel mehr kann mit meinem rechten Auge jetzt auch nicht mehr passieren!" Subaru versuchte zuversichtlich zu wirken, er wollte Kamui nicht noch mehr Sorgen bereiten. Auch wenn er bereits unzählige Male die Bemerkung hatte fallen lassen, es sei sein eigener Wunsch gewesen, so hatte er sich damit nicht abfinden wollen. Insgeheim wünschte er sich, Kamui nicht so nah an sich heran gelassen zu haben. Aber er mochte die Wärme des Jüngeren, mochte das angenehme Gefühl der Zuneigung die er ihm entgegen brachte. Dennoch schien dies nicht gesund für Kamui zu sein. Und so kam es, dass er ihn bat ihm etwas Ruhe zu geben, er musste nachdenken. Er hatte nur aufgeblickt, um Etwas auszusprechen, was dagegen sprach, hatte dann aber geschwiegen und war mit Sorata gegangen. Müde ließ sich Subaru auf seinem Bett nieder. Sein Blick wanderte vom Kopfkissen herunter zur Bettdecke. Er hatte es nicht abgezogen nachdem Seishiro gegangen war. Er ließ sich rücklings aufs Bett nieder und schloss die Augen. Es fühlte sich seltsam an, hatte Seishiro damals nicht den gleichen Schmerz empfunden? Nein, wenn dann anders, da er ein anderer Mensch war als er. Was hatte er sich eigentlich von diesem Wunsch erhofft? Es hatte ihn auch kein Stück näher an den Sakurazukamori gebracht, ließ ihn nicht mehr verstehen als vorher. Er drehte sich um und starrte auf die Kommode, öffnete gedankenverloren die Schublade und hielt nur wenige Sekunden später das Bild von sich, Hokuto und Seishiro vor sein Blickfeld. Traurig strich er über das Glas des Bilderrahmens. Weshalb war damals alles nur eine Illusion gewesen. Er hatte geglaubt diese Zeit in seinem Herzen als eine der Schönsten zu behalten, jedoch lag nun in der Gegenwart ein Trümmerhaufen vor ihm. "Hokuto..." Er biss sich auf die Lippen, den Verlust seiner Zwillingsschwester hatte er nicht verkraften können, weshalb nur hatte sie sich Seishiro im Kampf stellen wollen? Er hasste Seishiro, er hasste seine Herzlosigkeit, er hasste dieses hämische Grinsen und das Verhalten des Mörders. Er bereute nichts. Und er behandelte ihn selbst wie ein Spielzeug, wie eine Marionette...Und wie er ihn doch noch immer liebte. Er stellte das Bild auf die Kommode, seine Hand legte er auf den Verband, welcher noch immer sein Auge schützte. Wenn der Erddrachen Kamui diesen Wunsch kannte, konnte er dann auch ahnen, konnte er wissen, welcher sein innigster Wunsch war? Er blickte wieder hoch, sah das Bild scheinbar minutenlang an. Hokuto...sie konnte ihm nicht mehr helfen stark zu sein. Schmerzhaft zog sich sein Herz zusammen. Dennoch, trotz all dem was Seishiro ihm angetan hatte, ob er ihn verraten oder seine geliebte Schwester umgebracht hatte, er gab ihn nicht frei. Warum nur? War der Hass des Sakurazukamori so groß, war er es ihm nicht Wert die Wette auszulösen? Und was war mit ihm selbst? Er schien genau so wenig bereit überhaupt freigelassen zu werden. Er ahnte Kamuis Gefühle jedes Mal, wenn er ihm in die Augen blickte, Kamuis Wunsch ihm nahe zu sein war in der letzten Zeit mehr als offensichtlich geworden und doch hatte er sich nicht so emotional fallen lassen können. Sein linkes Auge brannte, es war nicht gewohnt seinen Partner zu ersetzen. Also schloss Subaru die Augen und verfiel nur nach wenigen Minuten in einen traumlosen Schlaf. ............................... "Ich vermute du hast mal wieder saubere Arbeit geleistet. Vielleicht war es deshalb umso mehr ein Kinderspiel den Bannkreis zu zerstören!" Locker lehnte sich Fuma gegen die Brüstung des Hochhauses, hob den Arm an und tauchte seine Zunge in die kalte, weiche Eiscreme. Der Sakurazukamori hatte nur stumm genickt und seine Zigarette weg geschnippt. "Es ist überhaupt ein Kinderspiel, die Himmelsdrachen kommen nicht nach!" Fuma grinste, denn bis hierhin war es nicht schwer gewesen dem Ziel näher zu kommen. Und Kamui schwankte noch immer, der innigste Wunsch schien noch nicht erkannt zu sein. Und viel zu sehr wurde er von seinen anderen Gedanken abgelenkt, wartete eine andere unerfüllte Sehnsucht in ihm. Er blickte auf. Der Sakura besah sich scheinbar belustigt das Schauspiel, was sich unter ihnen bot. "Du warst beim Sumeragi, deinem kleinen Spielzeug, he?" Er lachte leise in sich hinein während er wieder die cremige Süße in seinen Mund nahm und den anderen Erddrachen musterte, welcher sich nun aufgerichtet und seinen Blick auf ihn selbst gerichtet hatte. Seishiro schwieg. Es war überflüssig etwas dazu zu sagen. "Ich verstehe, du möchtest dazu nichts sagen!?" Er ging einen Schritt auf ihn zu. "Willst du mal? Ist ziemlich lecker!" Seishiro grinste. "Gerne. Ich bin so frei?" Er beugte sich über das Eis und probierte, es war wirklich köstlich. "Hmm, wirklich sehr lecker. Wo gibt's das?" Fuma lachte auf. "Man konnte es mal dort kaufen!" Er deutete auf die Trümmer unter ihnen. "Zu schade..." bemerkte Seishiro knapp. Fuma musste ihm nichts vormachen, er gab ihm keine Rechenschaft ab, abgesehen davon, dass er nicht anders zu "seinem" Spielzeug war. "Lust auf Crêpes?" Heucheln, das fiel keinem von ihnen schwer. "Gerne, kennst du was Gutes?" "Natürlich, allerdings wird es etwas schwierig sein dorthin zu kommen!" Sie grinsten beide. Seishiro musste zugeben, dass ihrer beider aufeinander treffen ab und an amüsant enden konnte. Auch wenn sie sich gegenseitig egal waren. Wenn ihre beiden Spielzeuge eine innigere Beziehung zu pflegen schienen - weshalb sollten sie sich nicht gegenseitig amüsieren? ............................... Subaru stand mit einem seltsamen Gefühl im Magen auf. Sein Kopf schmerzte, er hatte die halbe Nacht ohne Kissen in der Gerade verbracht, nicht gerade sehr bequem und so dankte ihm sein Nacken dies mit einem starken Ziehen. Er fasste sich in den Nacken, rieb sich den Selbigen und setzte seine Füße auf den Boden. Das Bild auf der Kommode ignorierte er ebenso wie das eigene Spiegelbild. Nachdem er sich gewaschen und umgezogen hatte ging er in seinen Alltag über und genehmigte sich zum Frühstück eine Zigarette. Würde er doch nur wirklich stärker werden dadurch...Der Tag draußen versprach nicht sonderlich schön zu werden. Und auch wenn Subaru das nicht besonders wichtig war, nahm er davon Notiz. Alles war unwichtig. Alles außer Seishiro und seinem Wunsch von der Hand des Sakurazukamori erlöst zu werden. Seishiro hatte eindeutig bewiesen, dass er keine Ahnung mehr von dem hatte, was in ihm vorging. Mochte er den 16-jährigen Subaru Sumeragi noch in seinem Gedächtnis haben - er hatte sich geändert. Und das war einzig und allein Seishiros Handwerk. Und nun glaubte er, Subaru noch immer in und auswendig zu kennen? Das Telefon klingelte und erschrocken blickte er den Apparat an. Wie hypnotisiert starrte er das Telefon an, bis er seine Zigarette im Aschenbecher zurück ließ und abhob. Es war seine Großmutter. Natürlich war er noch immer auf der Suche nach dem Sakurazukamori, natürlich - oh Großmutter... - würde er sich selbst achten, natürlich würde er auf der richtigen Seite stehen. Er hatte kaum ein Wort von sich gegeben, seufzend musste die alte Dame dies hinnehmen. Ihr Enkel liebte sie zwar, war ihr aber schon vor langer Zeit entglitten. Und sie war sich sicher, dass dies nicht erst geschehen war, nachdem der Sakurazukamori die Wette offenbart hatte. ............................... Langsam schritt er die Straßen entlang, beachtete nicht die vorüber fließende Masse von Menschen und Autos, hörte nicht die Geräusche der Stadt, nur selten hob er den Kopf um sich zu vergewissern, dass er noch auf dem richtigen Weg war. "Ich fühle gar nichts, selbst wenn ich töte fühle ich nichts. Selbst bei meiner Mutter spürte ich nichts, als ich sie tötete. Und seither ist es egal. Mir bedeuten Menschen und Dinge das Selbe, es ist nichts Besonderes. Selbst wenn ich sehe wie du leidest, fühle ich nichts!" Noch immer verletzten ihn diese Worte tief, wenn er an sie zurück dachte. Er war es Seishiro nicht Wert, er fühlte sich ihm in diesem Moment mehr unterlegen denn je. Konnte sich niemals etwas daran ändern, wollte er ihn nicht endlich erlösen - oder ging es gerade darum, dass er es genoss ihn leiden zu sehen? Am Zielgebäude angelangt erhielt er sofort Einlass. Hinoto hatte ihn rufen lassen, er war der Einzige gewesen, der für sie erreichbar gewesen war. Seine Schritte hallten in den leeren Fluren des Gebäudes wider. "Menschen, die etwas Böses tun, sind vielleicht alle traurig?" Nein, weshalb sollte Seishiro traurig sein, wenn er so etwas wie Traurigkeit gar nicht kannte... "Sumeragi-san!" erklang die helle Stimme Hinotos und riss ihn somit aus seinen Gedanken an den geliebten Feind. "Ich bin so dankbar für die schnelle Reaktion!" Subaru wollte etwas sagen, wurde jedoch sofort unterbrochen. "Ich weiß welcher Bannkreis als nächstes zerstört wird!" Er tat einen Schritt auf sie zu. "Welcher Bannkreis soll fallen?" Hinoto seufzte und sackte ein wenig in sich zusammen. "Die Rainbow Bridge. Bitte....ich....erreiche keinen der Anderen." Sie ließ sich auf den Boden sinken, hielt ihr Gesicht in Richtung Subarus gerichtet und streckte ihren Hand aus. "Ein Erddrache befindet sich in der Nähe. Der Sakurazukamori. Bitte..." Seishiro? Und der nächste Bannkreis. Keiner der Anderen war erreichbar gewesen, war das ein Wink des Schicksals? "Ich werde hingehen und wenn es sein muss auch allein!" Nach einem letzten Blick auf Hinoto drehte er sich um. Kaum hörbar waren für ihn die Worte eines Dankes. Eiligen Schrittes näherte er sich dem Ausgang. Und das teuflische Grinsen, welches nun Hinotos Lippen zierte, kam ihm nicht mehr zu Augen. (Ehrlich gesagt habe ich gerade keine Ahnung wie Hinoto Subaru anspricht ^^") ............................... Erst vor wenigen Sekunden hatte er die Zigarette angezündet. Er hatte sich sehr beeilt, stand nun auf der Rainbow Bridge. Unruhig nahm er den ersten Zug und sah sich um. Er spürte etwas in sich, der Sakura musste in der Nähe sein, weshalb also ließ er sich nicht blicken? Wollte er der Auflösung der Wette noch immer aus dem Weg gehen? Ein weiterer Zug an der Zigarette folgte, bis er sie wieder von sich weg hielt. Subaru zuckte leicht zusammen, als er plötzlich eine Hand bemerkte, die sich vorsichtig und warm hinter die Seine drückte. Fühlte nur wenige Zentimeter hinter seinem Rücken den starken Körper der dunklen Gestalt. "Hallo, Subaru-kun!" Der warme Atem Seishiros streifte seinen Nacken und ließ Subaru einen Schauer über den Rücken laufen. Ungewollt lehnte er sich ein wenig nach hinten, dem Sakura entgegen, wessen Hand noch immer seine umschloss. Müde blickte er auf ihre sich berührenden Hände. "Die Asche...Sie fällt auf deine Hand." Seishiro musste lächeln, verkniff es sich aber leise aufzulachen, antwortete stattdessen amüsiert "Und das macht dir was aus?" Leicht schüttelte er den Kopf. "Wie gutmütig du doch bist, Subaru-kun. Noch immer!" Ruckartig hatte sich der Sumeragi umgedreht, seine Zigarette an den Feind verloren, blickte ihm aufgebracht ins Gesicht. Noch immer diese Wunde..."Es ist nicht mehr wie früher. Ich bin nicht mehr wie früher. Ich habe mich geändert, das sagte ich dir doch bereits!" Seishiro verzog keine Miene, was Subaru umso mehr verärgerte. Er wand den Blick von seiner Beute ab und nahm einen tiefen Zug. Subarus Blick erhärtete sich, als er das Blut am Arm des Sakuras sah. "Du hast hier jemanden umgebracht, richtig?" presste Subaru hervor. Er konnte Andere töten und überging ihn? "Ich bin eben Sakurazukamori!" Leicht zuckte er mit den Schultern und blickte durch die dunklen Gläser seiner Sonnenbrille seine Beute an. Scheinbar eine Ewigkeit sahen sie sich an ohne etwas zu sagen. Subaru schluckte, dann schloss er die Augen, konzentrierte sich um seinen Bannkreis zu errichten. Seishiros Augen verengten sich, er wartete nur darauf, dass sein Opfer in wenigen Sekunden wieder seinen Blick auf ihn richten würde. Es war entschieden. ~~~~~ "Wer wird mich wohl töten?" "Der, den du über alles liebst." ~~~~~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)