Interitus von Daedun (Schatten der Vergangenheit) ================================================================================ Kapitel 28: Enigma ------------------ The Path of excess leads to the tower of wisdom W. Black Die zwei Matrosen steckten tuscheln die Köpfe zusammen, als sie die fünf merkwürdigen Gestalten zu dem alten Schiffswrack laufen sahen. Zwei von ihnen trugen jeweils eine große Holzkiste zwischen sich, während die erste ihnen den Weg mit einer kleinen Laterne wies. "Was zum Teufel suchen die bloß bei dem verfluchten Seelenverkäufer?" fragte der eine und zog seine alte Strickmütze noch tiefer ins Gesicht, um seine zusammengekniffenen Augen vor dem feinen Nieselregen zu schützen, der plötzlich ein setzte. "Keine Ahnung, aber ich weiß wohl das mich keine zehn Pferde zu diesem Wrack bringen würden. Dieses Schiff ist verflucht, denk nur an die ganzen Leichen die sie aus dem Holz gezogen haben und an den Kapitän!!" erwiderte der andere und spuckte aus. " Hat sich selbst ans Ruder gekettet, das arme Schwein und sein Gesicht soll vor Angst zu einer grässlichen Fratze verzogen gewesen sein." "Wer sagt das?" "Der alte Piet, der hat ihn selbst mit von Bord getragen und die anderen sollen ähnlich ausgesehen haben, aber weißt du was das schlimmste war? Kein Tropfen Blut soll mehr in ihren Körpern gewesen sein. Kein einziger! Kalkweiße Leiber die völlig zerfetzt waren!" Plötzlich zuckte ein greller Blitz über den pechschwarzen Himmel und erhellte für einige Sekunden den Bootssteg. Wie zwei spitze Hörner ragten die zersplitterten Masten auf einmal vor ihnen auf und die beiden Männer wichen entsetzt zurück. Dann wurde es wieder finster und ein dunkles Grollen erfüllte die Nacht. Der erste riss sich seine Mütze vom Kopf und bekreuzigte sich rasch. " Ich sage dir Mann, der Teufel selbst ist mit diesem Schiff aus der Hölle zu uns gefahren und wer weiß, wo hin Satan seine Schritte gesetzt hat." Dann drehten sie sich um und verschwanden mit eiligen Schritten Richtung Stadt ohne sich noch einmal umzusehen. " Das war die Letzte!" rief Seras und stemmte mit verbissener Miene noch einmal die Arme hoch. Migel, der von oben die Kiste entgegen nahm nickte zu Alucard hinüber. " Damit sind wir komplett und können ablegen." "Ablegen?" lachte Anderson laut auf. Er hatte sich auf das Steuerradhäuschen geschwungen und den Vampiren bei ihrer Verladetechnik zu gesehen. Übermenschliche Kräfte waren in manchen Situationen wirklich nicht zu verachten, das musste er wohl oder übel zugeben und nicht nur das. Es fuhr ihm kalt den Rücken runter und er biss wütend die Lippen zusammen. Aus den Augenwinkeln heraus beobachtete er Integra die jetzt aus dem Niedergang heraufkam. " Mich würde nur mal interessieren, wie du mit diesem Ding überhaupt irgendwo hin kommen willst, dieses Teil ist doch völliger Schrott und überhaupt ist es ein Wunder, das es nicht schon längst am Grunde des Hafenbeckens liegt." Alucard sah den Priester mit schiefgelegtem Kopf an. " Dabei solltest doch gerade du an Wunder glauben, aber lass dir deswegen keine grauen Haare wachsen mein Lieber, ich weiß schon wie man diesen Karren steuert." Damit ging er zum Bug des Schiffes hinüber und stellte sich wortlos an dessen Spitze. Zu erst geschah nichts, doch dann spürten die anderen wie das Holz unter ihren Füssen anfing zu beben und das ganze Schiff sich langsam in Bewegung setzte. Seras schaute ungläubig zu ihrem Meister hinüber, der wie eine versteinerte Statue dastand und auf den Horizont starrte. " Wie macht er das bloß?" "Er hat viele Talente." Antworte Migel trocken und schwang sich den Niedergang hinunter. "Dann wollen wir mal unsere Kojen klar machen." Seras folgte ihm nur Integra blieb zurück, die sich nun zu Anderson wandte, der immer noch auf dem Runder saß. Er musterte sie mit einem durchdringenden Blick, der ihr trotz der Gewissheit Alucard in der Nähe zu haben Unbehagen bereitete. Doch sie hielt den grünen Augen stand. " Es gibt zwei Dinge die mich interessieren, erstens was hat sie in diese Lage gestern Nacht gebracht und das zweitens woher habe sie dieses Schriftstück?" Der blonde Priester lächelte breit. " Ihre erste Frage Lady Hellsing ist ganz einfach zu beantworten. Ich bin durch Zufall auf einen Zeitungsartikel gestoßen, der von seltsamen Ereignissen in London berichtete, genauer gesagt von geheimnisvollen Vorfällen in Hampstead bei dem zahlreiche kleine Kinder auf rätselhafter Weise verschwanden und mit merkwürdigen Verletzungen an ihren Hälsen erschöpft und schwach wieder gefunden wurden." Integra merkte wie ihre ein kalter Stich in die Magengrube fuhr. Anderson redete indessen weiter. " Sie können sich bestimmt vorstellen Verehrteste das, dass meine Neugierde geweckte hat und nach dem ich mich entsprechend vorbereitet hatte, bin ich mit der erst besten Kutsche nach London geeilt, um meine eigentliche Aufgabe nach den Wünschen des Herrn zu erfüllen und die Seelen dieser armen Kinder zu schützen." Er sah sie jetzt belustigt über den Rand seiner Brille hin weg an. " Das war doch bestimmt ganz in ihrem Sinne nicht war? Ihre werte Familie hätte bestimmt genauso gehandelt." Die Absicht seiner Worte war ihm wohl bewusst, doch ahnte er nicht wie sehr sie Integra trafen. Sie versuchte immer noch ihre Fassung zu waren und Anderson nicht merken zu lassen. Sie biss die Zähne zusammen. " Tja aber meine Familie konnte es sich nicht leisten bei der Erledigung ihrer Aufgabe so stümperhaft vorzugehen, wir Hellsings hatten nur ein Leben und konnten uns nicht regenerieren." Die Parade saß. Das Gesicht des Priesters verzehrte sich vor Wut. " Ihr gottlosen Protestanten scheut euch aber auch nicht davor eure Seele dem Teufel zu verkaufen, wenn er euch dafür seine Dienste anbietet." Damit schwang er sich von dem Holzverschlag hinunter und schritt an ihr vorbei. Bevor er im Niedergang verschwand ruckte er noch einmal mit dem Kopf zu dem schwarzhaarigen Vampir hinüber, der immer noch zur Salzsäule erstarrt auf das nun vor ihnen offene Meer sah. " Ein hoher Preis für das Leben an der Seite eines Monsters." Dann tauchte sein Kopf unter und die Hafenmauern Londons blieben hinter ihnen zurück zusammen mit dem blassen Licht der Leuchttürme das noch schemenhaft über sie hinweg glitt. " Meine Güte hier unten sieht es ja aus wie in einem Schweinestall!" kopfschütteln schubste Alexander die lose herumliegenden Bretter, Eimer und Scherben die den ganzen Boden bedeckten beiseite. Seras die ebenfalls dabei war, sich einen Weg durch das Chaos um sie herum zu bahnen musste ihm zustimmen. Im ganzen Unterdeck sah es aus, als wenn ein Sturm gewütet hätte. Sie dachte kurz an ihren Meister. Na ja so etwas wie ein Sturm war es ja auch wohl gewesen. Ein Sturm mit Klauen und Zähnen die alles Menschliche zerrissen hatten was sich ihnen in den Weg stellte. Wie viele es wohl gewesen waren und von wo aus hatte ihre schicksalhafte Reise überhaupt ursprünglich nach England begonnen? Diese Frage stellte sich wohl auch noch jemand anderes. Anderson war in die Knie gegangen und zog nun ein kleines, silbernes Kreuz unter einem durchlöcherten Segeltuch hervor. "Wenigsten sind sie als anständige Christen gestorben." Er stand auf und ließ das Kreuz in der Innenseite seines Talars verschwinden. Migel schaute ein wenig verdrießlich drein, sagt aber nichts, sondern wandte sich den Kisten zu, die er jetzt säuberlich neben einander schob. " Wie gemütlich!" spottete der Priester " Wollt ihr vielleicht noch einen kleinen Nachtschrank daneben stellen, dann sieht es noch mehr wie ein Schlafzimmer aus." "Ich an ihrer Stelle würde mich mal um eine eigene Übernachtungsmöglichkeit kümmern oder ziehen sie es nach ihrem gestrigen Abenteuer jetzt auch lieber vor in feuchter Erde zu schlafen?" Anderson erwiderte darauf hin nichts, sondern verschwand wortlos in den hinteren Teil des Schiffes. Seras konnte das laute Poltern seine Schritte hören. " Am liebsten würde ich ihn mit einem verdammt schweren Stein um den Hals über die Reling schmeißen, aber dummerweise werden wir ihn wohl noch brauchen." Das brachte Seras wieder zu dem Pergament zurück, das Anderson ihnen gezeigt hatte. "Was stand eigentlich auf dem Stück Papier, das er bei sich trägt?" fragte sie und Migel setzte sich seufzend auf eine Kiste. Nachdenklich begann er seine Stirn zu massieren. " Ich habe keine Ahnung woher er diese Abschrift hat und vor allem weiß ich nicht warum er sie uns jetzt erst präsentiert, aber eines weiß ich, dass diese Zeilen das Schicksal der Welt einst eingeleitet haben." Seras hob erstaunt die Brauen " Wie das Schicksal der Welt eingeleitet? Ich dachte das haben wir alles diesem Sandkorn zu verdanken." Migel nickte und sah dabei konzentriert auf die dreckverschmierten Planken zu seinen Füssen. " Das schon aber auch hier steht es wie mit allen Dingen. Keine Reaktion ohne Auslöser. Kein Beginn ohne Anfang." Seras merkte mal wieder das sie überhaupt nichts verstand. " Geht es vielleicht ein klein bisschen deutlicher?" Der Vampir lächelte entschuldigend. " Verzeih mir meine Gedankensprünge, aber das alles ist auch für mich verwirrend." Er räusperte sich kurz. " Nun die Geschichte mit dem Korn ist dir ja bekannt? Gut und die Geschichte über unsere Entstehung? Seras nickte schwach. " Dann ist es einfach zu erklären. Der Weg des Korns in die Hände der Kirche ist es, der auf diesem Pergament steht und der ist weiß Gott überraschend." Leise rollten die Wellen gegen die Wand und ließen das Holz schmerzhaft aufheulen, doch Migel fuhr unbeirrt vor. " Als Gott Kain wegen seiner Todsünde bestrafte, hatte er doch letzten Enden Erbarmen und überließ Kain noch ein Stück Erde, das unter ihm gedeihen sollte, wenn ihm einst Vergeben wird." "Wenn ihm einst Vergeben wird?" hauchte die Vampirin. "Ja" nickte Migel " Aber ist das denn möglich?" "Nun, ich bin nicht sicher aber," plötzlich krachte es fürchterlich und dann hörten sie Anderson wütende Stimme. " Verdammte Ratten, sind diese Viecher denn überall hier?" Mit einem eleganten Schwung stieß sich Migel von der Kiste ab. "Ich glaub ich halte mal unseren Priester davon ab voeilig unsere Vorräte zu erschlagen." Damit ging er in Richtung des Gepolters und Seras blieb allein zurück. Nachdenklich über Migels Worte begann sie den Deckel der ersten Kiste zu öffnen, als sie das braune Buch erblickte, fiel ihr auf, das es Integra Kiste war, die sie aus versehen geöffnet hatte. Eigentlich wollte sie gleich wieder den Deckel schließen, aber plötzlich packte sie die Neugier und sie warf rasch einen Blick über die Schulter. Integra und ihr Meister waren immer noch oben und es sah nicht so aus, als wenn die beiden gleich nach unten kämen. Vielleicht konnte sie ja mal einen kleinen Blick hinein werfen nur einen klitzekleinen. Sie griff nach dem geschmeidigen Leder und lugte zwischen die Seiten. London der 13 Dezember 2002 Ich befürchte das die Eintragungen dieses Tages meinen Gemütszustand nicht annähernd wiederspiegeln. Heute wurde mir nur allzu deutlich vor Augen gefügt, dass ich meiner Aufgabe die ich einst bei meinen Leben versprach nicht erfüllen kann, so sehr ich dieses auch bedaure. Aber ich sollte von vorne Beginnen. Heute, am frühen Nachmittag bat mich Lady Integra nach ein paar Unterlagen die ihr Vater über die Organisation einst anfertigen ließ zu schauen und ich glaubte mich daran zu erinnern, das diese sich in den Gewölben des Anwesens befanden. So machte ich mich nach dem Tee daran nach diesen Akten zu suchen. Dabei traf ich durch Zufall auf einen Raum, der mir bis dato aus der Vergangenheit nicht bekannt war. Er war hinter ein paar Regalen verborgen gewesen, die ich bei meiner Suche umstellen musste. Die Tür war unverschlossen und nach dem ich mit einer Taschenlampe bewaffnet die vermeintlich leeren Wände abstrahlte, traf mich das Unvermutete wie ein Schlag. Es war unglaublich, um mich herum waren Abbilder der Lady des Hauses. Jemand hatte sie in künstlerischer Vollkommenheit an den Steinen verewigt. Dabei war es, als ob man eine Reise durch die Zeit bewunderte. Die junge Integra als Kind auf dem Arm ihres Vaters, als vierzehjähriges Mädchen und als starke und unbeugsame Frau in der Mitte ihrer unterstellten Truppe. Ich muss gestehen das mir bei diesem Anblick ein eisiger Schauer den Rücken hinunter lief, wusste ich doch im gleichen Moment wer allein für diese seltsame Sammlung verantwortlich war. Ich verließ den Raum so schnell wie möglich und verdeckte den Eingang rasch wieder mit den Regalen. Ich begann zu zittern als mir klar wurde, was meine Entdeckung bedeutete und was für eine alleinige Konsequents sie forderte. Ich war hin und her gerissen und konnte ich mich nicht zu einer entgültigen Entscheidung durch ringen. Zu erst wollte ich ganz im Sinne meiner versprochenen Pflicht handeln. So ging ich zu seinem Raum hinüber, in dem Meister Alucard bei Tage zu ruhen gedachte. Bewaffnet mit der Pistole, die mir einst Sir Hellsing selbst überließ um das zu tun was nötig sei um ihr Leben und die Organisation zu bewahren. Doch als ich über ihm stand, über seinem vermeintlichen Sarg in dem sein lebloser Körper lag, überkam mich erneut eine Welle des Zweifelns. Was, wenn meine Handlung zu voreilig war, wenn der Grund dieser Bilder ein anderer war, als ich in meiner überhasteten Überlegung vermutete? Dann würde ich dem Hause Hellsing die einzige Waffe nehmen, die ihren Erfolg garantierte und Lady Integra den einzigen wahren Schutz der sie umgab. Ich musste fast lachen als mir die aussichtslose Situation bewusst wurde in der ich mich befand. Ich konnte keine Entscheidung fällen ohne sicher zu sein. Zögern verließ ich daraufhin das Schlafgemach des Untoten, dessen Absichten mir nicht klar genug waren um ihn zu verurteilen, doch ich wusste das ich ab heute vorsichtig sein musste. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)