Interitus von Daedun (Schatten der Vergangenheit) ================================================================================ Kapitel 39: Partus ------------------ Die Sonne wurde vom Mond verdunkelt Der Engel hat seine Flügel ausgebreitet Die Zeit für Schmerzliches ist gekommen.... University Hospital London 2003 Die Geräte piepten unaufhörlich in ihrem monotonen Rhythmus. Ihr hoher Ton schmerzte in seinen Ohren, doch er hätte alles dafür gegeben damit der Klang nicht aufhörte. Sein starrer Blick verfolgte die rasende Kurve ihres Herzschlages, dir immer wieder und wieder über den Bildschirm des EKG Gerätes lief. „ Der Kreislauf ist jetzt stabil wir können anfangen!“ ertönte eine knarrende Stimme durch einen der Lautsprecher über seinem Kopf. Er und Walter standen in einem der OP- Überwachungsräume, die es Studenten und Angehörigen erlaubten eine Operation aus der Vogelperspektive zu beobachten. Sie konnten jetzt sehen wie das Team aus vermummten Chirurgen anfing sich über die regungslose Gestalt zu beugen, die vor ihnen auf dem Metalltisch lag. Wie eine Horde Geier, die sich auf ihre Beute stürzen, fuhr es ihm durch den Kopf und doch wusste er, das diese Männer und Frauen da unten alles in ihrer Macht stehende taten, um den Menschen, der hilflos unter ihren Händen lag, am Leben zu erhalten. Walter seufzte leise „Das kann eine harte Nacht für sie werden.“ Er warf dem Vampir neben sich einen kurzen Seitenblick zu „Würden sie mich für eine Weile entschuldigen, ich muss noch einige Telefonate bezüglich dieses entsetzlichen Vorfalls tätigen.“ Das Schweigen, das er als Antwort erhielt faste er als stumme Zustimmung auf und verließ kurz darauf den Raum. Alucard blieb allein zurück. Gerade setzte einer der Ärzte das Skalpell an. Aus dem Schnitt den er vollzog, quoll sofort ein dünner Strahl Blut. Die roten Pupillen des Vampirs weiteten sich bei dem Anblick. Vor ihm erschien ihr schneeweißer Arm, über dessen Haut der köstliche Saft hinunter lief, mit dem sie ihn gestern Nacht in ihr Schlafzimmer gelockt hatte. „Absaugen bitte und noch eine Konserve anhängen!“ ertönte es über ihm. Ihr bleiches Gesicht wurde von einer Maske halb verdeckt, doch er konnte jede einzelne Kontur erkennen. Die hochstehenden Wangenknochen, die fein geschnittenen Lippen, zwischen denen ein dünner Schlauch hervorstach. Selbst in diesem Zustand unsagbar schön! Wie der Rest von ihrem Körper, der seit jener Nacht immer und immer wieder in seinen Gedanken durch seine Hände glitt. Wie lange hatte er auf diesen Moment gewartet. Jahrhunderte! Er hatte Ozeane der Zeit durchschwommen um sie zu finden und dann hätte er sie fast noch verloren! Er biss zornig die Zähne zusammen bis sie leise knirschten. Durch die Hand eines Gotteskriegers fast verloren, der sie ihm im letzten Moment entreißen wollte. Wieder der Lautsprecher „Wir haben die rupturierte Arterie gefunden und klemmen jetzt ab!“ Seine Gedanken durch liefen die Vergangenheit. Ihre erste Begegnung, die für ihn längst keine erste mehr war und seine unbeschreibliche Freude, als er sich ihrer wachsenden Perfektion bewusst wurde. Intelligenz gepaart mit Schönheit und vor allem mit Stolz! Die einsamen Jahre der Gefangenschaft hatten sich gelohnt und seine Geduld war gestern Nacht entgültig belohnt worden. Er sah ihre blauen Augen vor sich, aus denen Angst und Verachtung gewichen waren, um einem neuen Ausdruck Platz zu machen. Verlangen und Hingabe. Er schloss für einen Moment die Augen als er sich an die Wärme ihres Körpers erinnerte, die ihn völlig berauscht hatte. Damit war ihr Werden fast vollbracht und es galt nur noch den letzten Schritt zu vollziehen. Sie unzerstörbar zu machen. Er genoss den Anblick ihrer nackt schimmernden Haut, die langsam unter seinem weißen Verband verschwand. Doch diese Entscheidung lag allein bei ihr. Sie allein musste sich aus freien Stücken dazu entschließen ihm zu folgen. Das Lächeln auf seinen Lippen verschwand für einen Augenblick. Er konnte nur hoffen das er sich nicht geirrt hatte. Ihr Körper wurde nun langsam unter ihm aus dem Operationssaal gefahren und verschwand entgültig hinter zuschnappenden Schwingtüren. Er musste sich noch einmal in Geduld fassen, doch darin war er geübt. Langsam drehte er sich um und ging in Richtung Ausgang. Er hatte gelernt seinem Schicksal zu vertrauen und bis her hatte es ihn nie enttäuscht. Die Sonne war kaum unter gegangen, als die schweren Marmordeckel bei Seite geschoben wurden. Migel kletterte als erstes aus seinem Sarkophag und versuchte seine wilde Lockenmähne zu ordnen. „Ich muss schon sagen Pest Zimmerservice hat schwer nachgelassen.“ Alucard, der Integra aus dem Sarg half kräuselte die Lippen. „Und dabei hat er uns noch die guten Zimmer überlassen.“ Beide lachten. Integra und Seras hingegen war, was den Verlauf des heutigen Abend betraf, nicht wirklich zum scherzen zu mute. „ Wo wird der Rat heute zusammen kommen, wenn nicht in Pests Anwesen?“ Alucard zuckte mit den Schultern, „Da bin ich genauso ahnungslos wie du, aber ich bin sicher, dass uns der gute Pest nicht lange warten lässt.“ Kaum hatte er das gesagt, öffnete sich die Tür der Gruft. „Hey Entschuldigung, schon mal was von Anklopfen gehört?“ fauchte Seras dem Soldaten der Hekaten an, der überrascht in der Tür stehen blieb. „Schon gut, die kleine Lady ist heute mit dem falschen Bein aufgestanden.“ Fuhr Migel schnell dazwischen und warf beim rausgehen Seras einen warnenden Blick zu. „Was ist den mit ihr los?“ fragte Integra mehr sich selbst als Alucard, der wiederum eine merkwürdige Antwort parat hatte. „ Wohl zufiel schlechte Kost gestern.“ Vor den Toren des Friedhofs wartete bereits eine Kutsche auf sie, in der schon zwei Passagiere saßen. Integra erkannte die rothaarige Frau und den einäugigen Vampir wieder, ihre finsteren Minen wirkten noch angespannter, als bei ihrer ersten Begegnung. Als sich der Fahrer auf den Bock schwang und die Kutsche anfuhr herrschte für einige Minuten schweigen, bis der Einäugige plötzlich das Wort an Alucard richtete. „ Wie kommt es eigentlich Graf das ihr und eurer Gefolge in dieser mysteriösen Angelegenheit verwickelt seid?“ Alucard tat überrascht „Wie soll ich eure Wort verstehen?“ Das azurblaue Auge war wie ein Scheinwerfer auf Alucards Gesicht fixiert und schien ihn durchleuchten zu wollen. Doch der Vampir spielte seine Rolle gut und verzog nicht einen Muskel. „ Ich meine,“ fuhr der Mann fort „ das es doch schon sehr merkwürdig ist. Kaum setzt ihr einen Fuß in diese Stadt, schon erscheinen unsere ärgsten Widersacher und drohen uns und unsere Brut zu überrollen.“ Er blickte kurz zu seiner Begleitung hinüber, deren katzenhafte Augen ebenfalls lauernd ihre Gesichter studierten. „Glaubt ihr wir hätten die Iscariot hier her gelockt um euch zu vernichten?“ fragte Migel aufgebracht. „Was für einen Grund hätten wir dazu?“ „Keine Ahnung.“ Erwiderte die Frau kalt „ aber vielleicht verratet ihr uns den ja noch.“ Integra spürte wie ein Kribbeln ihren Rücken hinunter lief. In diesem Moment hielt die Kutsche. Die Tür wurde geöffnet und sie stiegen wortlos aus. Die Pferde hatten vor einem schmalen Haus gehalten, vor dessen geöffneten Flügeltüren eine Reihe jünger hübscher Mädchen in weit geöffneten Röcken lachend hin und her stolzierten. Die rot schimmernden Laternen die sie beleuchteten ließen keinen weiteren Zweifel aufkommen, um was für eine Art Etablissement es sich hierbei handelte. Integra versuchte so schnell wie möglich dem Soldaten vor ihr zu folgen. Er führte sie durch die angrenzende Bar in einen Hinterraum, in dem sie Pest bereits ungeduldig erwartete. „Da seid ihr ja endlich.“ Er nickte den anderen beiden Mitgliedern der Conscienta zu, die seinen Gruß erwiderten und sich dann stumm an den großen Tisch im Raum setzten. Drei der Stühle waren damit noch frei. Pest runzelte verärgert die Stirn. „Wo bleibt denn Archemedis? Ich sagte doch das wie wichtig diesen Treffen heute Abend ist und er...“ Mit einem lauten Ruck wurde die Tür aufgerissen und Kapitän Navar stolperte aufgebracht herein. „ Es hat zwei weitere Angriffe gegeben gestern Nacht. In der Rue de la Croix Nivert und in der Rue de Grenelle. Die zwei Notlager sind regelrecht in Flammen aufgegangen!“ Pests bleiches Gesicht wurde noch eine Spur farbloser. „Merde!“ Er wirbelte zu Alucard und Migel herum, die ebenfalls eine erschütterte Mine aufgesetzt hatten. Die übrigen Vampire am Tisch redeten aufgebracht durcheinander „Es ist bereits so weit! Sie greifen schon an. Wir haben keine Zeit mehr, jetzt ist rasches Handeln gefragt!“ Rief die Rothaarige. Pest fuhr sich nervös durch seine grauen Haare „Kapitän Navar! Sagen sie ihren Männer Bescheid und treffen sie die nötigen Vorbereitungen! Noch heute Nacht werden Truppen durch die Stadt geschickt um diesen verdammten Kuttenträgern Einhalt zu gebieten.“ „Ich würde Vorschlagen, dass die Herren mit von der Partie sein sollten.“ Meldete sich der einäugige auf einmal zu Wort. Alles verstummte, als er unbeirrt weiter sprach „Schließlich wissen sie, wo die Schiffe dieser Gottesfürchtigen liegen.“ Pest zögerte kurz, bevor er sich an Alucard wandte „ Ich muss Victor recht geben. Ihr wisst am besten über die Lage der Krieger Bescheid. Ich weiß das ich viel von euch verlange Graf, aber es geht um das Wohl unserer Gemeinschaft und.“ „Das ist doch selbst verständlich. Wir werden unser Bestes tun um euch in diesem Kampf zu unterstützen.“ Alucard grinste schief, als er den Einäugigen ansah. „ Ich möchte ja auch nicht den Gedanken in euch aufkommen lassen, wir hätten mit dem unerwarteten Auftauchen der 13 Inquisition etwas zu schaffen um euch zu schaden.“ Damit drehte er ich zu Integra um „Aber bitte erlaubt mir für heute Nacht meine reizende Begleitung in eurer Obhut zu belassen.“ Integra wollte etwas erwidern, doch Alucard Blick gebot ihr still zu sein. Pests strahlte trotz der ernsten Lage wie ein Honigkuchenpferd „Natürlich Graf. Ich werde mein Bestes tun, um sie vor Schaden zu bewahren.“ Zur gleichen Zeit in Notre Dame Das Pochen war schlimmer als je zu vor und es hatte ihn mit einer Heftigkeit durch den Tag getrieben, das er fast Wahnsinnig wurde. Kein Gebet hatte ihm Linderung verschaffen können, nichts konnte es besser machen außer.... Mit zitternden Fingern hielt er die silberne Klinge in das prasselnde Feuer des Kamins. Er hatte sorgsam die Tür verschlossen, bevor er sich seiner Kleider entledigt und vor den Kamin niedergekniet war. Die Klinge begann langsam zu glühen. Bei dem Gedanken was gleich kommen würde, begann er zu schwitzen und feine durchsichtige Perlen bildeten sich auf seiner Haut, die langsam seinen gebeugten Rücken hinunter liefen. Er musste es tun, es gab nur diesen einen Weg um die Qualen los zu werden. Er musste den Schmerz ertragen um durch ihn gereinigt zu werden. Langsam zog er das Schwert zurück, dann richtete er sich auf. Sein Atem ging stoßweise und er schloss die Augen. „Vater du bist bei mir“ murmelte er und richtete die Spitze auf seinen Unterleib. Eine Sekunde zögerte er noch, dann stieß er zu. Seras schrie wie ein getroffenes Tier und sackte auf die Knie. Alucard und Migel drehten sich überrascht zu ihr um. „Seras? Was ist los mit dir?“ rief Migel entsetzt und beugte sich zu ihr hinunter. Keuchend hielt sich die Vampirin den Bauch „Keine Ahnung“ flüsterte sie. „Ein Schmerz, ganz plötzlich, ich habe keine Ahnung warum.“ Alucard war nun ebenfalls neben sie getreten. Seine roten Augen musterten sie eindringlich. „Es scheint mir unser lieber Priester, hasst sich immer mehr selbst für das, was er tut.“ Migel sah ihn fragend an, doch Seras Blick verriet, dass sie verstand, was ihr Meister damit meinte. Sie nickte schwach und schloss für einen Moment die Augen. „Pater Anderson? Alles in Ordnung bei ihnen?“ die piepsige Stimme der Nonne drang sorgevoll zu ihm hinein. Doch sein Mund war so trocken, das er zunächst schlucken musste, damit er ihr antworten konnte. „Alles in Ordnung Schwester, es ist alles in Ordnung!“ mit leisem seufzen versuchte er wieder auf die Füße zu kommen, doch seine Knie waren noch zu schwach. Das leise Schaben vor der Tür verriet ihm, das die Schwester noch immer zögerte, doch dann hörte er ihre immer leise werdenden Schritte. Langsam erhob er sich. Der beißende Geruch von seinem verschmorten Fleisch ließ ihn husten und er taumelte zum Fenster. Als er die kleinen Laden öffnete und die frische Nachtluft in seine Lungen drang, spürte er wie der Schmerz in seinem Unterleib nach ließ. Er atmete noch ein paar mal tief ein, dann festigte sich sein Blick und er stemmte sich entschlossen vom Fensterbrett ab. Es wurde Zeit seine Mission zu vollenden. Mit oder ohne diese Schwäche. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)