Liebe, Leid und Leben von theDraco (Mamorus Jugend) ================================================================================ Kapitel 38: ------------ In der Schattendimension saß es keuchend auf dem Boden und versuchte verzweifelt, wieder zu Atem zu kommen. Die hohe Konzentration hatte ihm viel Energie abverlangt. Und doch war es nicht dazu in der Lage, wirkliche Ruhe zu finden. In der Unendlichkeit der zeitlosen Finsternis dauerte es eine Ewigkeit, bis die Kräfte wieder einigermaßen regeneriert waren. Überdeutlich konnte es spüren, wie dringend es neue Energie nötig hatte. In den letzten paar Tagen hatte sich sein Verbrauch enorm gesteigert. "Auf der ganzen Welt sammeln die alten Feinde ihre Truppen", so flüsterte es gerade vor sich hin. "Aber auch unsere Krieger erwachen allmählich, einer nach dem anderen, aus ihrem Schlaf. Doch die Chancen stehen schlecht, so lange wir den Silberkristall nicht in unseren Händen halten. Entweder das, oder..." Zögernd hob es die rechte Hand empor und betrachtete die silbern glänzende Waffe an seinem Unterarm. Bläuliche und grünliche Blitze wanden sich in unregelmäßigen Abständen um ICTUS und schrieen regelrecht nach einer Energiequelle. Das kreisrunde Loch, das in die Waffe eingelassen war und sich direkt über der Handinnenfläche befand, wirkte wie das aufgesperrte Maul eines sehr hungrigen Raubtieres. Dies war die Halterung für einen ganz besonderen Kristall, der vor Ewigkeiten entfernt worden war... "Ich muss ihn finden", sprach es zu sich selbst. "Ich habe schon so viele Länder dieser Erde durchsucht, bislang allerdings ohne jeglichen Erfolg. Doch ich darf nicht aufgeben! Die Mission steht über meinem Wohlergehen!" Mit aller verbliebenen Macht konzentrierte es sich und materialisierte sich wieder in der Welt der Menschen. Doch einer Physik folgend, die mit der Dimension der Menschen nichts gemein hatte, trat es nicht mehr in Japan aus der zeitlosen Finsternis heraus, sondern fand sich auf einmal auf einem völlig anderen Kontinent wieder, wo gerade die heiße Nachmittagssonne auf den trocknen Boden knallte. Und dort, zwar fein, aber dennoch gerade so im Bereich des Spürbaren, empfand es die Schwingungen einer großen Kraft. Erleichtert stellte es fest, dass sich das Jahrhunderte andauernde Warten und Suchen doch gelohnt hatte. Hier irgendwo sollte es also endlich fündig werden. Doch ehe es Gelegenheit finden konnte, nach dem Kristall zu suchen, musste es erst mal neue Energie beschaffen. Da kam der kleine Junge, der dort am Straßenrand spielte, doch gerade recht... Mit einem lauten Knall öffnete Kioku die Tür. Dann schaltete sie das Licht an und rief: "Kurzer! Aufwachen! Guten Morgen!" Ihm wehte aus dem Halbschlaf noch die Stimme der Unbekannten entgegen, die gerade noch so etwas gesagt hatte wie "Silberkristall"; und kaum, dass diese leise Stimme in seinem Kopf völlig verklungen war - jetzt, wo er wach war - da war Kioku schon längst wieder in der Küche verschwunden. "Wie kann man nur so grausam sein?", murmelte Mamoru, drehte sich wieder herum, zog sich die Decke über den Kopf und schloss wieder die Augen. Er war todmüde. Nicht mal eine halbe Minute später döste er schon wieder. Und exakt drei Minuten und fünfundzwanzig Sekunden später versuchte seine Tante schon wieder, ebendiesen Zustand zu ändern. "AUFSTEHEN!!!" "Übermorgen", tönte es dumpf unter der Decke hervor. "Nein, jetzt!" Und damit riss sie ihm die Decke vom Bett runter und ließ sie achtlos neben sich auf den Boden fallen. "Auf geht's!" "Ischbin ... müde...", nuschelte er. "Ischmir ... egal!", nuschelte sie zurück. "Und wenn ich Dich persönlich umziehen muss!" Und als er sich nicht rührte, da arbeitete sie tatsächlich so lange an ihm herum, bis sie ihm das Oberteil seines Pyjamas ausgezogen hatte. Doch dann wurde ihr das doch zu blöd. "Was ist denn bloß los mit Dir heute? Seit wann bist Du so verpennt?" "Weißnich. Lass mich. Will schlafn." "Das kommt gar nicht in die Tüte." Es wurde zu einem langen Kampf zwischen den Beiden. Er wollte und wollte einfach nicht aus den Federn. Schlussendlich behielt die Königin Tante aber doch die Oberhand. Denn auch wenn Mamoru so müde war, dass er im Stehen hätte schlafen können, so wurde selbst er mit einem Schlag glockenhellwach, als Kioku ihm ein Stückchen Eis in die Unterhose schob. "IIIIIIIIIIIKH! SPINNST DU???" Der seltsame Tanz, den er aufführte, bis er das Eis endlich wieder aus seiner Kleidung gefischt hatte, war so köstlich, dass Kioku sich lachend auf dem Boden kugelte. "Geschieht Dir recht", japste sie schwer nach Luft schnappend. Nachdem er sie mit seinem finstersten Blick bestraft hatte, ging er hocherhobenen Hauptes ins Badezimmer und begann mit seinen morgendlichen Ritualen. Einzig, als er nach der Rasierklinge griff, um sie aus dem Badezimmerschränkchen zu holen, hielt er inne. Er dachte einen Moment nach. Dann zog er grinsend seinen Arm wieder zurück... "Yo, Motoki!" "Hey, Mamoru! Wie geht's?" "Müde ... und Dir?" Er setzte sich neben seinen liebsten Klassenkameraden. "Sagen wir: Ich lebe." Motoki grinste. "Gibt's was Neues?", fragte Mamoru und stellte erst mal seine Schultasche ab. "Jepp", antwortete Motoki und kramte in seinem Ranzen herum. "Sogar ne ganze handvoll." "Ne handvoll was?" Mamoru lehnte sich etwas näher zu seinem Freund hin um einen Blick in dessen Tasche zu erhaschen. Nur kurze Zeit später wurden ihm die unter die Nase gehalten. "Briefe?" "Nicht nur irgendwelche Briefe", grinste Motoki. "Man beachte die Herzchen, Hasis und Sternchen..." "Och, nöh..." "Doch. Das sind ein gutes Dutzend Liebesbriefe. Mamoru, mein Freund, Du macht Dich langsam. Bin stolz auf Dich." "Aber die interessieren mich alle doch gar nicht! Ich hab doch Hikari", beschwerte sich Mamoru. Er begann dennoch damit, den ersten Brief zu öffnen. "Genau das ist es ja", meinte Motoki. In seinem Blick blitzte es. "Du hast sie ja gerade nicht. Was ist, wenn sie in fünf Jahren noch nicht aufgewacht ist?" "Und das wissen all die Mädchen, die mir hier schreiben?", fragte Mamoru ungläubig. Motoki lehnte sich gelassen zurück und gähnte. Dann meinte er: "Na ja, Du weißt ja. So was verbreitet sich wie Lauffeuer. Die Mädels sagen immer alle guten Jungs sind entweder vergeben, schwul oder tot, und da Du jetzt frei geworden bist..." "Aber ich bin nicht frei!", unterbrach ihn Mamoru jammernd. Er öffnete den nächsten Brief. "Nimm es positiv! Du könntest diese Mädels doch eines nach dem anderen ausprobieren und wenn Hikari wieder auf'm Damm ist, sagst Du ihr einfach, Du hättest erwartet, sie würde nie mehr erwachen." "Ja, darüber wird sie sich sicher freuen...", murmelte Mamoru sarkastisch, während er in den Liebesbrief vertieft war. "Okay, vielleicht auch nicht. Is ja gut. Aber hey, wenn Du an den Mädels kein Interesse hast, vielleicht ist für mich dann was dabei?" "Und was ist mit Reika?" Motoki verzog das Gesicht. "Oh ... stimmt. Musstest Du mich daran erinnern?" "Du musst erst daran erinnert werden?", fragte Mamoru skeptisch. "Ja, ja, ja. Kümmer Du Dich um Deine Angelegenheiten. Also? Was sind das so für Mädchen?" "Na ja", antwortete Mamoru gedehnt, während er schon den nächsten Brief öffnete. "Bis jetzt waren schon zwei recht hübsche Fotos dabei und in den Briefen steht prinzipiell immer das selbe drin. Mal sehen, ob hier..." Er hatte den Brief gerade auseinander gefaltet und die ersten paar Zeilen gelesen, da bekam er schon einen tomatenroten Kopf. "Was ist? Was ist denn?", fragte Motoki neugierig. "Was steht denn da?" "Ähm", machte Mamoru, "hier schreibt mir ein gewisser Massanorie..." "Ein Kerl?" "Kannst Du es noch lauter schreien?" "Klar kann ich..." "Wehe, Du wagst es!" Motoki zeigte daraufhin sein breitestes Grinsen. "Was wirst Du ihm denn antworten?" Mamoru seufzte. "Ich denke, ich werde einen Standartbrief verfassen. Und den kopier ich dann hundert Mal und werde nur immer die Anrede passend ändern." "Und was steht dann da drin? Dass Du das schlafende Dornröschen Hikari wieder wach küssen wirst, vielleicht?" Allmählich wurde es Mamoru aber doch zu bunt. "Motoki!", zischte er. "Du gehst wirklich zu weit. Das Ganze ist eine ernste Angelegenheit! Hikari liegt im Koma, damit ist nicht zu spaßen! Und außerdem..." Seine Stimme beruhigte sich allmählich wieder. "...außerdem musst Du nicht so auf meinen Gefühlen herumtanzen. Lass das bitte." Motoki wurde nun doch wieder ernst. Er senkte betreten den Blick. "Ich hab mich wohl etwas zu sehr gehen lassen, was? Entschuldige bitte. Ich hab es nicht bösartig gemeint." "Schon gut, schon gut", seufzte Mamoru. "Vergiss es. Ein Stück weit magst Du sogar recht haben. Aber ich weiß beim besten Willen nicht, was ich machen soll!" "Mamoru..." Motoki legte freundschaftlich seinen Arm um Mamorus Schulter. "...bist Du Dir mit Deinen Gefühlen wirklich immer noch so sicher? Ich meine Du hast ja jetzt schon etwas Zeit mit ihr verbringen können. Du hast wohl schon das eine oder andere mit ihr erlebt. ...Was das genau war, will ich gar nicht wissen... Jedenfalls, bist Du Dir dessen sicher, was Du da sagst? Was Du fühlst? Oder versuchst Du Dich womöglich noch verzweifelt an einen Traum zu klammern, der vielleicht schon lang geplatzt ist und Du willst das einfach nicht wahrhaben?" "Hmmm." Mamoru dachte darüber nach. Aber wie er es auch drehen und wenden mochte, er wollte Hikari nicht kampflos hergeben. "Motoki", seufzte er. "Weißt Du was? Ich versuche jetzt mal auf eine andere Art und Weise, es Dir zu erklären. Ein deutscher Dichter namens Erich Fried hat einmal ein Gedicht verfasst mit dem Titel . Und eben dies möchte ich Dir nun gerne vortragen." Er räusperte sich kurz, während Motoki ein Gesicht machte, als wüsste er nicht wirklich, was er davon halten solle. Doch er wartete stumm ab und ließ seinen Freund gewähren. "Es ist Unsinn sagt die Vernunft Es ist was es ist sagt die Liebe Es ist Unglück sagt die Berechnung Es ist nichts als Schmerz sagt die Angst Es ist aussichtslos sagt die Einsicht. Es ist was es ist sagt die Liebe Es ist lächerlich sagt der Stolz Es ist leichtsinnig sagt die Vorsicht Es ist unmöglich sagt die Erfahrung Es ist was es ist sagt die Liebe." Erwartungsvoll blickte Mamoru sein Gegenüber an. "Ääh, was?", meinte Motoki verwirrt. "Hab kein Wort verstanden..." "Oh, ups", entfuhr es Mamoru. Und dann übersetzte er das Gedicht ins Japanische. "Seit wann, zum Teufel, kannst Du Deutsch?", fragte Motoki entsetzt. "Oder hast Du mich gerade eben nur verarscht? Komm, das hast Du Dir doch ausgedacht!" "Ich seh auch aus wie jemand, der nix Besseres zu tun hat, stimmt's?", antwortete Mamoru in sarkastischem Ton. "Nee, keine Ahnung. Ich hab es vielleicht irgendwann mal mit passender Übersetzung gehört, oder so ... vielleicht kenn ich es auch schon lange, oder ... ach kein Plan." Obwohl er eigentlich eher den Eindruck hatte, als habe er dieses Gedicht wirklich erst vor ganz kurzer Zeit unter der Nase gehabt. "Darauf kommt es jetzt aber auch nicht an", fuhr Mamoru ungerührt fort. "Jedenfalls wollte ich ausdrücken, dass es manchmal Situationen in der Liebe gibt, die man auch nicht mit Wort und Tat verhindern kann. Es ist einfach, wie es ist. Ich glaube..." Seine Stimme senkte sich zu einem Flüstern. "...ich glaube, ich könnte sogar dann nicht von Hikari ablassen, wenn sie mir persönlich ins Gesicht sagen würde, dass sie mir alles Schlechte der Welt wünscht. ...Was sie natürlich nicht tut!" Die letzten Worte hatte er wieder in normaler Lautstärke gesagt. "Natürlich...", murmelte Motoki augenrollend. Gerade da kam Frau Hanabira ins Klassenzimmer. Sie legte ihre Englischbücher auf dem Pult ab, begrüßte die Schüler und begann mit der ersten Stunde. Der Schultag verlief weitaus normaler als in den letzten Tagen. Das Schattenwesen schien nicht andauernd in Mamorus Nähe zu sein (oder zumindest hatte er etwas Derartiges nicht bemerkt) und bald hatte er es ganz vergessen. Es gab nur drei Aspekte, die doch daran erinnerten, dass nicht alles seinen gewohnten Gang nahm. Erstens: Hikari war nicht da. Das nagte schwer an Mamoru. Zweitens: Chikara schlug den ganzen lieben langen Tag einen gewaltigen Bogen um ihn. Und Drittens: Er war so was von hundemüde. Es kam ihm beinahe vor, als habe er die ganze letzte Nacht nicht geschlafen. Dabei musste er doch eigentlich gepennt haben wie ein Ochse. So kämpfte er sich blinzelnd, gähnend und schwankend durch den Tag. Und als er dann endlich zu Hause ankam, war er noch todmüder als todmüde. "Ich bin wieder zu Hause!", rief Mamoru, warf die Schultasche in die Ecke und zog sich die Schuhe aus. "Was gibt's zu Essen? Ich hab mächtig Hunger!" "Tja, Kurzer", rief seine Tante zurück, "was hättest Du denn gern?" "Was ich gern..." Mamoru dachte kurz darüber nach, während er das graue Jackett seiner Schuluniform ablegte. "Also am liebsten würde ich..." Dann stutzte er. "...soll das heißen, Du hast noch nicht gekocht?" Jetzt erst kam seine Tante angeschlurft. Über ihrem schlabberigen, dunkelblauen Wollpullover und der alten Jeans trug sie ihre weiße Schürze, eigentlich ihr typisches Outfit für den Haushalt. Und genau das fiel dem verdutzten Mamoru auf. Kioku nickte. "Ja, genau das soll es heißen. Ich hab nämlich auf Dich gewartet." "Wieso?" Mamoru griff nach seiner Schultasche, um sie in sein Zimmer zu tragen. "Ist heute was Besonderes?" "So ist es mein Kurzer. Ein ganz, ganz besonderer Tag. Nämlich der Tag, an dem ich Dich in die hohe Kunst des Kochens einweihe." Mamoru wäre vor Schreck beinahe über den Teppich gefallen, der mitten im Flur lag. "Wie bitte?", fragte er entsetzt. "Davon wüsste ich was! Ich soll ... Aber wie kommst Du auf so absurde Gedanken?" Sie grinste ihn nur an. Aber ihr Grinsen wirkte weniger freundlich als umso mehr schadenfreudig und spitzbübisch. "Och, ich dachte nur, Du willst endlich mal selbstständig werden. Aber wenn Du nicht magst ... dann bleibst Du eben den Rest Deines armseligen Lebens als hilfloses Muttersöhnchen zu Hause hocken und lässt Dir alles an den Arsch tragen. Jedoch das Eine werd ich Dir jetzt mal sagen, mein Freundchen: Damit kann man das weibliche Geschlecht nicht unbedingt beeindrucken. Aber wie Du meinst. Soll ich Dir jetzt einen heißen Kakao machen und Dir die Wärmflasche ans Bett tragen, mein kleiner, süßer, schnuckeliger Spatz?" "Du bist herzlos, Tante Kioku", nörgelte Mamoru kleinlaut und kickte einen imaginären Stein weg. "Kann ich mich damit nicht vielleicht befassen, wenn ich satt bin?" "Dann ist es ja witzlos!", beschwerte sich Kioku. "Du hast die Wahl! Entweder Du hörst jetzt auf das, was ich sage und zauberst Dir Dein erstes, eigenes Festmahl, oder Du beschränkst Dein zukünftiges Dasein auf Wasser und Brot." Mamoru zog einen Schmollmund, aber er wusste, wer in diesem Gespräch die Oberhand hatte. Er seufzte schwer. "Okay, okay. Bereite schon mal alles vor, ich zieh mich nur mal schnell um. Ich will keine Flecken auf meiner Uniform riskieren." "Jawohl, mein General Kurzer!", meinte Kioku, salutierte dann wie ein Soldat und verschwand in der Küche. Mit dem Ausdruck hatte Kioku kein Stück übertrieben. Jedoch den Begriff hätte man lieber austauschen sollen mit der weitaus passenderen Bezeichnung , denn Mamoru stand unter ihrem Kommando satte drei Stunden in der Küche und rackerte sich Einen ab. Die Schufterei lohnte sich schlussendlich dann doch, mal ganz abgesehen von der Tatsache, dass das Hühnchen ziemlich scharf und etwas dunkler als geplant war, man sich am Reis schier immer noch die Zähne ausbiss und das Gemüse nur noch aus einem wabbeligen, gleichmäßig braunen Brei bestand. Aber man konnte es immerhin essen. Einigermaßen. "Ich denke, ich sollte Seigi lieber etwas Anderes kochen. Der verdirbt sich ja sonst den Magen", überlegte Kioku laut. "Danke!", brummelte Mamoru beleidigt. "Du wolltest doch unbedingt, dass ich koche!" Und dann fiel ihm etwas auf. "Ja, genau, wo bleibt Onkel Seigi eigentlich so lange?" "Ach", seufzte Kioku, "Du weißt doch, dass er manchmal etwas länger auf der Arbeit bleiben muss. Keine Angst, der kommt schon wieder heim. Meine wahnsinnige Attraktivität zieht ihn immer wie magisch an." "Es muss etwas mit Magie zu tun haben. Anders könnte ich mir das auch nicht erklären...", erläuterte er trocken. "Das meinst Du! Aber nur, weil Du es nicht besser weißt, Kleiner." "Wie auch immer", seufzte Mamoru, "ich muss mich jetzt um meine Schularbeiten kümmern." In der Welt der Schatten war viel Zeit vergangen während seiner Abwesenheit; und das, obwohl es für ihn selbst nur einige Stunden waren, da es sie in der Welt der Menschen verbracht hatte. Doch hier in der zeitlosen Finsternis herrschten andere Gesetze der Physik. Hier konnte es verweilen und ohne jeglichen Energieverlust existieren, doch in der Welt jenseits der unendlichen Schatten gab es all das, wonach es trachtete: Leben, frische Energie, Materie, Licht, Freiheit und vor allem eine etwas konstantere, auf alle Fälle viel schneller dahinfließende Zeit. Denn das Grausamste am Gefängnis der zeitlosen Finsternis war die Tatsache, dass die Zeit absolut keine Bedeutung hatte. Es geschah einfach nichts. Man war darauf beschränkt, in ewiger, stillschweigender Einsamkeit zu verharren und über die Vergangenheit nachzudenken. Doch seit es den Weg zurück in die Welt des Lichts gefunden hatte, war es von dem unbändigen Wunsch beseelt, diesen Ort des Grauens zu verlassen, und das auf schnellstem Wege! Wohl wird es schon bald dazu in der Lage sein, auch etwas längere Zeit in der Welt der Menschen zu leben. Das Schwierige war der Anfang. Doch sobald es genug Energie gesammelt hatte, um daraus die Materie für seinen neuen Körper zu formen, würde es diesen grässlichen Ort endlich verlassen können. Eigentlich wäre es schon lange dazu in der Lage gewesen, sich einen Körper zu fertigen, denn es hatte weitaus mehr Energie dafür gesammelt, als nötig gewesen wäre. Doch zum Ersten musste es primär an seine Mission denken, und zum Zweiten musste es seine gesamte Energie aufteilen. Auch jetzt gab es einen Teil seiner Kraft ab, die es eigentlich dringend für sein Erwachen benötigte. Doch das hier war ein Stückchen wichtiger. "Bitte erhebe Dich endlich aus Deinem Schlummer", wisperte es. Zwar verschluckte die Stille seine Worte, kaum dass es sie ausgesprochen hatte, aber dennoch musste es sprechen. Aus alter Gewohnheit heraus. Um der Einsamkeit zu entfliehen. "Bitte, wach endlich auf! Bald wird mein Körper wieder auferstehen. Mein alter, und zugleich mein neuer Körper. Aber Du! Du bist noch immer gefangen in den aller tiefsten Tiefen der zeitlosen Finsternis, aus denen nicht einmal ich Dich befreien konnte! In der alten Zeiten Namen bitte ich Dich; erwache!" Und nach Ewigkeiten des tiefen Schlafes regte sich zum ersten Mal seit ungezählten Jahrhunderten wieder ein Muskel des Tieres. Das schwere Fell hob und senkte sich langsam und unendlich träge über seiner Brust. Es stieß einen langen, tiefen Seufzer aus, der sofort von der Finsternis aufgesogen wurde. Dennoch registrierte es das Geräusch. "Bald bist Du wach!", flüsterte es ungläubig. Wäre die Finsternis nicht so vollkommen gewesen, hätte man seine vor Glück strahlenden Augen gesehen. "Du, mein treuer Kampfgefährte! Ich bin so froh Dich schon bald wieder an meiner Seite zu wissen! Mein Wort darauf: Schon bald wirst auch Du wieder das Licht der Welt erblicken! Ich werde uns schon bald das Tor aufstoßen in eine Welt voller Menschen, deren Energie wir uns zueigen machen können! ...Doch ... zuerst..." Mit einem Stocken unterbrach es sich. Es musste seinen Plan noch einmal überdenken, um sicher gehen zu können. Dann grinste es siegessicher vor sich hin. "Herr der Erde", murmelte es unhörbar in der Finsternis. "Tja, Herr der Erde, wie bringe ich Dich also dazu, das zu tun, was ich von Dir will?" Lange Zeit dachte es nach... Und dann kam ihm die rettende Idee. "Seigi Chiba", flüsterte es. "Seigi Chiba... Ich denke, es wird allmählich wieder Zeit, ein wenig Schicksal zu spielen..." [Anmerkung des Autors]: Der etwas weiter oben genannte Charakter "Massanorie" gehört nicht mir, sondern meiner lieben Freundin RallyVincento. ^^ Wer ihre hammergeile Story "Sind die Sterne gegen uns?" auch mal lesen will, der klicke hier: http://animexx.4players.de/fanfic/?doc_modus=startseite&ff=88158 (Sollte der Link nicht funktionieren, sagt mir bescheid... ich muss dann halt hier ein wenig herumtesten...) Is echt ne super Geschichte! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)