Lebendiger Tod! von Morathi (vom Leben und Sterben) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Hier mal wieder eine One-Shot von mir ^^ Eben "etwas" depri. Wünsche euch viel Spaß beim Lesen ^^ Lebendiger Tod Ein Land. Nur ein kleiner Fleck auf der großen Weltkarte. Doch trotzdem ein großer Platz im Herzen der Menschen, die dort leben. Es ist Winter und in einem kleinen, gemütlichen Haus in der Mitte Deutschlands, sitzt ein alter Mann, umgeben von einer Horde Kinder. ?Nico! Erzähl uns was!? Die Augen der Kinder glänzen. Viele von den ungefähr 50 Kindern, leben nun schon fast ihr ganzes Leben in diesem Waisenhaus. Der alte Mann, Nico, ist der Nachbar und hat es sich zur Gewohnheit gemacht, sich mit dem jungen Volk zu unterhalten. Inzwischen ist er aus dem Haushalt einfach nicht mehr wegzudenken. Nico lächelt geheimnisvoll und wickelt die dicke Decke enger um sich. ? Mit dem Alter wird man halt leider auch immer empfindlicher. ? Denkt er sich seufzend, als er einige der Kinder nur im Pullover vor sich sitzen sieht. Die Erzieher und Erzieherinnen sitzen ebenfalls in einer Ecke und betrachten das Schauspiel glücklich. Einige der Jugendlichen, die nun wirklich schon lange hier wohnen, haben die Kleineren auf ihren Schoß genommen und blicken ?Onkelchen? genauso gespannt an. Keiner kann so erzählen, wie er. ?Nun gut.?, Nico macht eine Pause. Diese Geschichte wollte er schon immer mal erzählen. Doch meistens fühlte er sich selber nicht bereit dazu. Jetzt, wo er so alt ist, will er sich allem stellen. ?Wisst ihr, was Leben ist? Was Leben heißt?? Nico drückt sich enger an die Decke und beobachtet die Reaktionen. Manche der Älteren sehen ihn traurig an. Für sie ist es nicht selbstverständlich, dass sie leben. Manch einer hat vielleicht sogar versucht seinem Leben ein Ende zu bereiten. Doch zum Glück ist es noch keinem geglückt. Nicos Blick wird leicht glasig. Die Stille erdrückt ihn fast, denn keiner wagt es ein Wort zu sagen. ?Leben. Leben ist das, was jeder von uns besitzt. Nur das allein, kann man einem nicht wegnehmen. Ihr denkt jetzt: ?Was erzählt der Alte uns hier denn? Natürlich kann man durch die Hand eines anderen sterben.? Ja. Das kann man. Aber solange man lebt, kann man damit machen, was man will. Es liegt in der eignen Hand. Doch viele leben nicht. Für sie besteht das alles nur aus Arbeit und Alltag. Diese Leute leben nicht. Leben heißt, etwas aus der Zeit zu machen, die einem gegeben ist. Das Leben zu leben. Und darum geht es in dieser Geschichte: ?Wach auf....... Isa. Wach auf. Mum bekommt noch einen Kollaps.? Endlich regt sich der braune Haarschopf, der unter der Decke hervorlugt. Ihm folgt eine hohe, blasse Stirn und zwei hellblaue Augen, die den Störenfried verschlafen angucken: ?Bekommt sie den nicht auch so?? Eine Hand wischt genervt eine Strähne aus dem Gesicht. Der Junge, der vor dem Bett steht, sieht seine Schwester grinsend an: ?Das schon. Aber hast du Lust, das Blumenwasser abzubekommen, was sie gerade in einer Gießkanne hat?? Grummelnd erhebt sich Isa aus der angenehmen Wärmequelle: ?Ist ja schon gut Dennis Nicolo. Ich komme.? Dennis grinst sie noch einmal mit seinem unschuldigen Grinsen an und verschwindet dann aus dem Zimmer. Isa schleift sich gähnend ins Bad, macht sich frisch, ohne auch nur einmal in den Spiegel zu sehen, da sie auf ein Gespenst keine Lust hat, und sucht sich dann geeignete Klamotten aus dem Kleiderschrank aus, um ihre Mutter mal wieder einen Schock zu verpassen. Als sie schließlich mit der neuen, bereits zerrissenen Hose, einem breiten, dunkeln Hemd, Nietengürtel, Lederband und zerzausten Haaren in die Küche kommt, wird ihr der übliche Empfang bereitet: ?Na endlich......... HAST DU EINEN KNALL?????? ZIEH DICH UM! ABER SOFORT! SO GEHST DU MIR NICHT ZU OPA UND OMA!!!!!? - Hatte ich das je vor? ? sagt Isas Mimik deutlich, was ihr Mutter geflissent übersieht. Wo sie doch auch noch mit einem hochroten Kopf am Herd steht und ihre Tochter geschockt betrachtet. Okay, so schlimm wie manchmal ist es nicht. Aber ganz sicher nicht für einen Besucht geeignet. Vor allem die schwarzen Fingernägel werden ihre Großeltern in einen Schockzustand versetzen. Isa setzt sich gelangweilt an den Tisch und beschmiert sich ein Brötchen. Wie nebenbei bemerkt sie, dass es ihr egal ist, ob sie nun hingeht und ihre Großeltern einen Ohnmachtsanfall bekommen, oder ihre Mutter ihr erlaubt, daheim zu bleiben. Genauso ist es ihr egal, dass ihre Mutter mal wieder einen Aufstand macht. Selbst das bringt ihr keine Befriedigung mehr. ? Vielleicht weckt das Messer da wieder Gefühle. ? Wie hypnotisiert betrachtet sie das Brotmesser, das so verführerisch vor ihr liegt. Genau in dem Moment, in dem sie sich vorbeugt, um danach zu greifen, wird sie am Ärmel gezupft. Erschrocken dreht sie sich um. Und sieht in die dunklen, lieben Augen ihres Brüderchens. ?Komm bitte mit. Sonst bin ich wieder so alleine.?, bei dem Anblick des Kleinen, wie er sie bittend ansieht, bricht sie fast in Tränen aus. Kann sie ihm diese Bitte abschlagen? Nein. Und wie sie ja ein paar Sekunden vorher bemerkt hat, ist es ihr egal, ob sich die Großeltern nun über sie aufregen, oder nicht. Sie will gerade nicken, als Dennis plötzlich hektisch in seiner Hosentasche kramt. Neugierig betrachtet sie, wie er etwas herauszieht. Zu ihrer Überraschung überreicht er ihr eine kleine Puppe. Mit glänzenden Augen erklärt Nico Isa, was es damit auf sich hat: ?Das ist eine Puppe, die wir im Werkunterricht gemacht haben. Sie stellt eine Person dar, die uns besonders am Herzen liegt. Das,?, er zeigt auf das Püppchen, ?bist du. Wenn du sie bei dir trägst, wird dir nichts passieren. Sie ist voll von meinen Gefühlen für dich.? Ehrfürchtig betrachtet Isa das Geschenk. Sie kann noch so viel Geld von ihren Eltern bekommen, kein einziges Geschenk wird sie jemals so rühren, wie die kleinen Dinge von ihrem Bruder. Nächstes Jahr wird er auf das Gymnasium gehen. Und bald wird er eine Freundin bekommen. Bald wird er in Clubs abhängen und mit seinen Freunden über seine alte Schwester lästern. Doch das ist ihr egal. Solange er sie nicht vergisst und ganz aus seinem Leben ausschließt, wird sie glücklich sein. Isa nimmt den Kleinen in ihre Arme und bedankt sich überschwänglich. Die Mutter betrachtet das Geschehen verwirrt und nachdenklich. Wieso kommt sie nicht so an Isa heran? Was Isa nicht bemerkt hatte, war, dass Dennis ihre Aktion und die Blicke zu dem Messer gesehen und verfolgt hatte. Nachdenklich und mit einer schlimmen Vorahnung. Mehrere Stunden später steigt die Familie aus dem Golf und betritt das kleine Grundstück, auf dem das Haus der Großeltern steht. Isa setzt schnell ihre Maske auf. Ihre eiserne Maske, die sie nur vor ihrem Bruder herunternimmt. Nach dem Essen verschwinden Isa und Dennis schnell, um den Gesprächen und Fragen der Erwachsenen zu entkommen. Dennis hat gerade eine Geschichte fertig geschrieben und will sie nun mit Isa nachspielen. Trotz seiner Kindlichkeit, schreibt er bereits beeindruckende Geschichten. Sie sind verspielt. Doch trotzdem enthalten sie Weisheiten, die man ihm nicht zutrauen würde, die aber nur ein Kind besitzen kann. Nach 3 Stunden wilden Herumgehopses, erklärt sich Isa bereit, etwas zu trinken zu besorgen. Als sie am Esszimmer vorbeigeht, hört sie das Gespräch der Erwachsenen mit an, die sich nicht einmal darum bemühen, leiser zu reden: Oma: ?Dieses Kind. Was ist geschehen, dass wir so gestraft wurden?? Opa: ?Die Erziehung kann es nicht sein. Sie wurde verdorben.? Vater: ?Verdorben? Ja. Aber von wem, oder was?? Oma: ?Der Teufel hat sie verführt.? Mutter: ?Der Teufel?? Opa: ?Ja. Da bin ich mir sicher. Der Tod sollte sie holen.? Mutter: ?Dabei läuft sie bereits wie der lebende Tod herum.? Oma: ?Soll er Isabell ganz holen!? Mit einem Mal beginnen Isas Beine zu zittern. Sie hat es sich ja gedacht. Sie hat sich ja gedacht, dass diese Leute, die sich ihre Familie schimpfen, von ihr reden. Doch die Worte ihrer Großmutter haben das jetzt bezeugt. Sie hört nicht mehr, was weiter gesprochen wird. Die Geräusche, die Umwelt, verschwindet. Verliert an Bedeutung. Und Isa wird klar, dass sie nie eine Bedeutung hatte. Nicht in ihrem Leben. Mit schwankenden Beinen begibt sie sich in die Küche und wühlt panisch in den Schubladen. Da. Das sollte genügen. Die Lippen zu einem spöttischen Lächeln verzogen, holt Isa das Fleischmesser heraus. ? Da klebt sowieso schon genug Blut dran. ? Sind ihre Gedanken, bevor sie sich tief in ihre zarte haut ritzt. Blut, dickes, rotes Blut quillt hervor. Isa atmet erleichtert den angehaltenen Atem aus. Dann stockt sie. Sie spürt nichts. Nicht den kleinsten Schmerz. Dabei sollte sie schon fast heulen vor Schmerzen. Nein. Nichts. Sie beginnt wieder zu zittern. Tränen sammeln sich in ihren Augen. Verdammt. Da geht die Küchentür auf. Geschockt blickt sie sich um. Dennis sieht sie prüfend an: ?Wo bleibst du denn?? Nein. Er darf sie nicht so sehen. Nicht in diesem Zustand. Ohne groß nachzudenken, stürzt Isa an ihrem kleinen Bruder vorbei nach draußen. ?ISA!? Es nützt nichts. Dennis seufzt auf. Er weiß, dass seine Schwester oft ihre Ruhe braucht. Also wird er sie jetzt in Ruhe lassen. Doch trotzdem geht ihm ihr verstörter Gesichtsausdruck nicht aus dem Kopf. Nachdenklich sucht er die Schränke ab, um Gläser zu finden. Plötzlich stutzt er. Seine Augen weiten sich erschrocken. Da liegt das Fleischermesser. Voll mit Blut. Blut, welches ebenfalls auf dem Küchenboden ist. Isas Blut. Da ist Dennis sich sicher. Wollte sie etwa.......? Mit einem Mal wird ihm kotzübel und er stürzt auf den Gang. Isa läuft und läuft. Er darf nichts erfahren. Was wird er sonst von ihr denken? Erschöpft bleibt sie stehen. Na wunderbar. Sie spürt nichts, wenn sie sich schneidet. Aber Seitenstechen dann schon, oder was? Mit weit aufgerissenen Augen sieht sie sich um. Und erblickt eine Müllhalde. Eine Müllhalde, auf der ein zerborstener Spiegel liegt. Oder besser, Teile davon. Ein Schmerz zieht durch ihre Brust, als Isa an das Geschenk denkt, dass sie noch an dem Morgen von Dennis bekommen hat. Und ihr wird bewusst, dass sie es wahrscheinlich nie aushalten würde, wenn er sie später nicht mehr beachten würde. Wenn es andere Frauen in seinem Leben geben würde. Langsam geht Isa auf die Müllhalde zu und hebt einen Splitter hoch. ? Der hat die richtige Größe. ? bemerkt sie zufrieden. ?Mein Ein und Alles!?, schreit das gequälte Mädchen, bevor sie den Splitter in ihre Brust stößt. Das erste Mal spürt sie wieder Schmerzen. Wohltuende Schmerzen. Und das erste Mal, kann sie wieder schreien. Schreien für ihren Bruder, schreien, für das Leben, das sie nie hatte und schreien für die Schmerzen. Ihre Beine geben nach und sie stürzt zu Boden. Langsam verdunkelt sich ihr Blick. Endlich. Endlich. Isa schließt die Augen. Stimmen. Moment, Stimmen? ? Lasst mich in Ruhe. ? Arme. Zarte, liebevolle Arme umschließen ihren Oberkörper und eine Stimme flüstert ihren Namen. Isa nimmt ihre ganze Kraft zusammen und öffnet noch einmal ihre Augen. Dennis. Als hätte sie es nicht gewusst. Das hinter diesem ihre besorgte Mutter und ihr angsterfüllter Vater stehen, nimmt sie nicht wahr. Nur Dennis. Lächelnd hebt Isa eine blutverschmierte Hand und streicht ihm über das Gesicht: ?Dennis, mein Ein und Alles, finde dein Glück.? Das geschockte und tränenverschmierte Gesicht vor ihr verschwimmt immer mehr. ?Isa. Wir brauchen dich. Wir alle. Geh nicht. Bitte. Tu mir den Gefallen.? Dann wird alles dunkel.? Nicos Stimme bricht ab. Nur leise erzählt er weiter: ?Ich kann euch jetzt erzählen, dass sie weitergelebt hat. Das sie gerettet wurde. Doch das wäre eine Lüge. Ich kann euch auch erzählen, dass sie gestorben ist.? Nico macht eine Pause und sieht in die geschockten Gesichter. Normalerweise haben seine Geschichten immer ein gutes Ende. Schwerfällig fährt er fort: ?Das wäre ebenfalls eine Lüge. Die Wahrheit ist, sie wurde wiedergeboren. Sie begann zu leben. Nach einer Woche Koma, ist sie im Krankenhaus aufgewacht. Sie hatte keine lebenswichtigen Organe verletzt. Doch wäre sie wohl bald an hohem Blutverlust gestorben. Als sie aufwachte, lag neben ihr ihr Bruder. Er hat sie so zusammengeschissen, dass sie immer kleiner wurde. Das war wohl die heftigste Standpauke, die sie je bekommen hat. Plötzlich verspürte sie keinen Wunsch mehr nach dem Tod. Sie begriff, wie wertvoll das Leben ist und dass sie selbst dafür verantwortlich war und ist, was daraus wird. Ihre Eltern haben ihr dann erklärt, dass sie die Großeltern ziemlich zusammengestaucht haben. Aber anscheinend war das der Teil gewesen, den Isa nicht mehr mitbekommen hat.? Nico lächelt verschmitzt in die Runde: ?Wollt ihr wissen, was mit ihr passiert ist?? Ein einstimmiges Nicken ist die Antwort. Verträumt fährt Nico fort: ?Natürlich kann man sich nicht von einem Tag auf den anderen ändern. Aber Isa warf alles, was sie vorher gemacht hatte, außer die Dinge mit ihrem Bruder, über Bord und stellte sich allem, als würde sie es das erste Mal sehen. Nichts und niemand konnte sie aufhalten. Selbst der Tod nicht. Und als dieser sie schließlich abholte, lächelte sie ihn nur an, hackte sich bei ihm unter und verschwand glücklich aus dem Leben. Das Leben, das sie am Ende dargestellt hatte.? Einige Minuten des Schweigens brechen an. Doch plötzlich bricht eine zarte Stimme die Stille: ?Was ist aus dem Bruder geworden? Aus Dennis?? Gespannt beobachten alle den alten Geschichtenerzähler. Dieser lehnt sich müde zurück: ?Der? Der ist älter geworden. Er hat seine Schwester nie vergessen. Sie sind immer wie Kletten aneinandergehangen. Er hat, im Gegensatz zu ihr, nie geheiratet, sondern zusammen mit seinen Freunden gelebt. Er hat einige Bücher herausgebracht. Und schließlich ist er zum Geschichtenerzähler geworden, der in seinen alten Tagen den Kindern eine Freude bereitet.? Für einen Moment erscheint Isas Geist im Raum und grinst frech. Nico lächelt ein verschmitztes Lächeln, was ihm das Aussehen eines kleinen Jungen gibt. ?Ich habe mein Glück gefunden. Danke Isa.? Ende. Und? Wie hat sie euhc gefallen? Freu mich, wenn ihr ein paar Kommis da lasst ^^ cu tsusuki Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)