Aktfotos von abgemeldet (Kapitel 7: Size 7 - Dunkelkammern) ================================================================================ Kapitel 2: Size 2 - Nahaufnahmen -------------------------------- Guten Morgen, guten Tag und guten Abend^^ Titel: Aktfotos Autor: naglayos Teil: 2/? Abgeschlossen: nein (noch nicht) Art: multipart Fandom: original/reality Warnings: Shônen-Ai (DON'T LIKE; DON'T READ) Disclaimer: Meine Story, meine Charas, meine Idee. Widerrechtliche Übereinstimmungen zu anderen Storys oder gar lebenden Personen sind unwillentlich geschehen. Und ich werde hierfür (leider) nicht geldlich entlohnt. Kommentar: Ich habe, ehrlich gesagt, keine Ahnung, was ich sagen soll... Okay, außer: ENJOY the reading --°-- Size 2 - Nahaufnahmen --°-- Leicht schmunzelnd betrachtest du diese eine Wand in meinem Zimmer, die mittlerweile vollkommen mit Bildern tapeziert ist. Natürlich mit dir als Motiv. Lange habe ich alle möglichen Aufnahmen von dir gesammelt und die besonders schönen heraussortiert. In der Mitte hängt vergrößert eines, bei dem du direkt in die Kamera schaust. Du liegst bäuchlings auf dem Bett, hältst ein Kissen umarmt und schaust ernst, aber liebevoll in die Kamera. Dein Blick ist so intensiv, dass mich immer ein wohliger Schauer durchfährt, wenn ich es ansehe. Besonders warm wird mir aber immer nur, weil du auf diesem Bild nackt bist. Mann kann es auf dem Schwarzweißfoto zwar nicht sehen, aber du lagst auf dunkelroter Bettwäsche und deine helle Haut hob sich fantastisch davon ab. Bis zur Mitte deines Gesäßes lag eine Decke, die mehr versprach auf das, was sie noch verdeckte. Du streichst mit deinen Fingern sachte gerade über dieses Bild und siehst mich dann warm lächelnd an. Ich ziehe meine Kamera hervor und mache ein Bild von dir, genau in diesem Moment, genau mit diesem Blick. Demnächst wird es, ebenfalls vergrößert, neben dem hängen, vor dem du gerade stehst. --°-- Immer noch Samstag, der 4. Februar "Bin wieder da!", rief ich in die große, geräumige Wohnung rein und zog auch gleich meine Jacke und meine Schuhe aus. Nach einem ausgiebigen Frühstück, hatte ich mich schleunigst vom Acker gemacht. Allerdings nicht, ohne mich noch höflich für Kost und Logie zu bedanken. Schnell ging ich stur auf mein Zimmer zu, in der Hoffnung, auf kein Mitglied meiner Familie zu stoßen. "Oh, hallo! Man, siehst du scheiße aus!", kam es dann aber plötzlich von unten und ich verdrehte die Augen. Die kleine Mistgeburt hatte mir gerade noch gefehlt. "Auch schön dich zu sehen, Nervensäge.", gab ich monoton zurück und versuchte mich an dem kleinen Quälgeist vorbei zu quetschen, der sich mir mitten im Flur in den Weg gestellt hatte. Ich konnte mir schon vorstellen, was der Giftzwerg vorhatte. "Mama hat sich mächtig aufgeregt, als du nach zwölf immer noch nicht zurück warst.", gab er angeblich gleichgültig von sich und strahlte mich unschuldig an. "Sie wird nicht erfreut sein, wenn sie erfährt, dass du erst jetzt nach Hause gekommen bist." Ich knurrte und sah Lukas wütend an. Wie ich dieses kleine missratene Kind hasste. Wieso musste ich auch nur mit so einer kleinen Rotzgöre als Bruder bestraft werden? "Sind die beiden nicht zu Hause?", versuchte ich so ruhig, wie mir möglich zu fragen, doch Lukas zuckte nur mit den Achseln und tat so, als ob er von nichts wüsste. "Okay, was willst du?", zischte ich und sah ihn auffordernd an. Sofort fing das kleine Monster an hinterlistig zu grinsen und kam mir bedächtig einen Schritt näher. "Ich weiß nicht... wir wäre es mit...", begann er langsam und tippte immer wieder nachdenklich mit seinem Zeigefinger gegen sein Kinn. Dieses... Ding! war gerade mal elf Jahre alt und war schon so hinterhältig, wie ein erwachsener Versicherungsverkäufer. "Ich würde sagen, dass du einen Monat lang meine Hausaufgaben machst.", erklärte er dann und lächelte unschuldig vor sich hin. Ich grollte und nickte nur, da ich wusste, dass ich sowieso keine Chance hatte. Wenigstens waren die Aufgaben, die Lukas erledigen musste nicht allzu schwer. Das wusste ich aus Erfahrung, da ich nun schon öfter seine Hausaufgaben hatte übernehmen müssen. Wie ich es hasste, wenn mich dieser Giftzwerg so in der Hand hatte. Aber einen Monat Hausaufgaben von Junior waren immer noch besser, als einen Monat lang Hausarrest zu haben, den meine Mutter immer noch recht gerne austeilte. "Na, dann. Du bist also um halb zwei wieder hier gewesen. Ich hab dich in dein Zimmer poltern gehört, während die Alten tief und fest geschlafen haben. Und übrigens, sie sind heute früh zu Oma aufgebrochen.", erklärte der Mistkäfer noch und verschwand dann gewinnerisch vor sich herlächelnd in seinem Zimmer. Wütend stampfte ich auf und ballte die Hände zu Fäusten. Nur schwer konnte ich einen Schrei unterdrücken, der mir tief in der Kehle saß. Ich konzentrierte mich darauf einmal bis zehn zu zählen und wurde dadurch immer etwas ruhiger. Warum hatte ich Idiot auch nicht mehr daran gedacht hier anzurufen, um zu sagen, dass ich bei Philipp schlafen würde? Gut, ich war schon neunzehn Jahre alt und sollte eigentlich das tun können, wonach mir der Sinn stand, aber ich wohnte Mietefrei bei meinen Eltern, wurde bekocht und meine Wäsche wurde gewaschen. Da hatte ich gerne eingewilligt mich den Regeln, die meine alten Herren aufstellten, noch für eine Weile zu beugen. Und normalerweise hielt ich mich auch daran. Nur manchmal konnte es eben passieren, dass ich versehentlich vergaß Bescheid zu geben, dass ich irgendwo übernachtete oder doch noch ein paar Stunden länger weg blieb. Und genau dann tauchte immer Lukas auf, um mich zu bedrohen. Und immer wieder gewann er haushoch. Verdammt, eigentlich sollte ich es sein, der ihn ärgerte und ihn dazu brachte meine Hausarbeiten zu übernehmen und nicht umgekehrt! Mit leichter Wut im Magen ging ich in mein Zimmer und wühlte mich durch den Haufen an Kleidung auf dem Boden zu meinem Schreibtisch, der mindestens genauso chaotisch aussah. Meine Mutter weigerte sich schon dieses Zimmer zu betreten, wenn ich nicht gerade erst aufgeräumt hatte. Mich selbst bemitleidend betrachtete ich den großen Stapel an Büchern und Heften, die mich unnachgiebig daran erinnerten, was ich noch alles für die Schule zu tun hatte. Sehnsüchtig schweifte mein Blick zu meiner Kamera, die als Einzige sauber, gut gepflegt und ordentlich verstaut in meinem Zimmer herum stand und geradezu danach schrie benutzt zu werden. Die Fotographie war mein einziges Hobby, welches ich mir ab und an leistete. Wobei ab und an untertrieben war. Immerhin hatte ich fast meine ganze Kraft darin investiert meine Eltern dazu zu überreden, dass ich den einen Kellerteil, den wir nicht benutzten, in eine Dunkelkammer umbauen zu dürfen. Lange hatte ich für die komplette Ausrüstung und die Ausstattung der Dunkelkammer sparen müssen, aber nun hatte ich eigentlich alles, was das Fotographenherz begehrte. Leider musste ich aber etwas für die Schule tun und nicht für meine Leidenschaft. Mit wenig Lust machte ich mich an die Arbeit. --°-- Aufstöhnend, streckte ich mich und lehnte mich weit in meinem Stuhl zurück. Mein Rücken tat weh und fühlte sich steif an von der wenigen Bewegung. Mein Blick schweifte zu meiner Uhr und ich stöhnte auf. Sie zeigte eindeutig 15:00 Uhr an. Schon vier Stunden hatte ich damit verbracht sinnloses Zeug zu lernen und für Referate zu recherchieren. Ich sollte mir wirklich angewöhnen die ganzen Sachen nicht immer erst auf den letzten Drücker zu machen, dann hätte ich heute bestimmt nur eine Stunde über den Büchern gesessen. Aber nun war ich endlich fertig... na ja, zumindest fast. Die Hausaufgaben in Chemie und Physik schenkte ich mir, da ich sie sowieso nicht hätte machen können. Ich war eben wirklich eine Niete in diesen verdammten Naturwissenschaften. Ich beschloss mir etwas Essbares zu gönnen und schlenderte in die Küche. Sofort griff ich intuitiv in den großen Brotkasten und zog zwei Scheiben des Vollkornbrotes heraus, auf das meine Mutter immer so scharf war. Als ich dann noch nach dem Nutella greifen wollte, stoppte ich in der Bewegung, da sich ein kleiner, heller Zettel in mein Blickfeld geschlichen hatte. ~Hallo Fridolin Falls du endlich auch mal wieder zu Hause angekommen sein solltest, kannst du dich auch gleich wieder auf den Weg machen. Wie du (hoffentlich) noch weißt, hat deine Oma heute Geburtstag. Wir haben Lukas noch da gelassen, damit er dir sagen kann, wo wir sind, falls du den Zettel nicht finden solltest. Und über deinen nächtlichen Ausflug reden wir noch!~, stand dort geschrieben. Ich schrie leise auf und stürmte auch sofort in Lukas Zimmer. Wie erwartet lag der kleine Giftzwerg faul auf seinem Bett und lungerte so vor sich hin. "Hey, Made!", "sprach" ich ihn an und warf ihm den zusammengeknüllten Zettel an den Kopf. "Hey!", beschwerte er sich auch sogleich und sah mich wütend an. "Warum hast du mir nichts davon gesagt, dass wir den Alten nachfahren sollen, huh?", fragte ich diese doch so rhetorische Frage und funkelte meinen Bruder stocksauer an. Wegen diesem Balg würde ich wohl doch noch Hausarrest bekommen... schon wieder! "Keine Ahnung... Vergessen?", meinte er scheinheilig und zuckte nur mit den Schultern. Ich schrie einmal mit geschlossenem Mund auf, beruhigte mich dann aber wieder einigermaßen und packte meinen Bruder bei der Hand. Wenigstens hatte ich immer noch einen körperlichen Vorteil ihm gegenüber, den ich aber nicht als Drohung einsetzte, da ich im Grunde ein eingeschworener Pazifist war. Noch ein Grund nicht zur Bundeswehr zu gehen. Vielleicht hatte ich Glück und man würde mich wegen Homosexualität ausmustern... Meine Gedanken wieder ins Hier und Jetzt lenkend, lief ich noch schnell mit meinem keifenden und um sich schlagenden Bruder an der Hand in mein Zimmer, um mir meine Kamera zu holen. Wenn ich schon zu Omas Geburtstag fahren würde, konnte ich die Chance auch nutzen und die großartige Landschaft dort fotografieren. Nun war es etwas schwieriger meinen Bruder zu zerren und gleichzeitig darauf aufzupassen, dass meiner geliebten Kamera nichts geschah. Trotzdem schaffte ich es irgendwie meinem Bruder die Schuhe überzustreifen. Nachdem ich ihn das Treppenhaus beinah hinuntergeschmissen hatte, zwang ich ihn ins Auto und sperrte schnell ab. Ich dankte Gott noch schnell dafür, dass mein Corsa keine Zentralverriegelung besaß und fuhr dann, nachdem ich mir meine Brille aufgesetzt hatte, mit beinah quietschenden reifen los. Meine Eltern würden mittlerweile bestimmt doppelt so sauer sein, wie ich auf meinen Bruder und sie würden mir mit Sicherheit kein Wort glauben, wenn ich ihnen erklärte, weshalb ich die Nacht nicht zu Hause gewesen war und wieso ich und mein Bruder erst so spät auftauchten. Fiebernd überlegte ich, wie alt meine Oma denn heute geworden sein könnte. Siebzig, achtzig? Irgendwas dazwischen? Wieso konnte ich mir Zahlen nur so schlecht merken? Ich warf einen kurzen Blick auf Lukas, seufzte dann aber. Von der kleinen Nervensäge im Beifahrersitz konnte ich sowieso keine Hilfe erwarten, da die es sich in den Kopf gesetzt hatte zu schmollen. Und schmollen konnte Lukas leider besonders gut. --°-- Nach einer weiteren Stunde Autofahrt unter Schweigen, kamen wir beide endlich bei dem alten Haus meiner Großeltern an. Opa war vor gut zwei Jahren verstorben, doch Oma hatte es relativ gelassen hingenommen. "Jetzt kann er sich wenigstens den Wanst so voll schlagen, wie er will.", hatte sie einmal gesagt. Ja, Oma war schon immer eine Frau gewesen, die gut und viel kochte. Zum Leidwesen meines Herrn Großvaters allerdings auch sehr gesund. Er hatte, so lange ich mich erinnern konnte, gemeckert, dass ihm das olle Gemüse schon zum Halse heraushängen würde und er mal wieder ein fettes Steak bräuchte. Doch Oma war hart geblieben. Ich hatte die beiden insgeheim dafür beneidet, was für eine klasse Ehe sie bestimmt über vierzig Jahre geführt hatten. Nicht ein einziges Mal hatte ich davon gehört, dass sich die beiden Mal mehr als gekabbelt hätten. Streit war bei ihnen schon immer ein Fremdwort gewesen. Und als Opa dann starb; er war ganz friedlich eingeschlafen, war Oma zwar eine kurze Zeit lang etwas traurig gewesen, aber dann war sie schon wieder die Alte. Nichts konnte diese Frau unterkriegen. Und außerdem konnte ich mir gut vorstellen, dass sie ihrem Mann hatte versprechen müssen nicht um ihn zu trauern, sondern sich auf den Tag zu freuen, an dem sie sich wieder treffen würden. Mit Stolz konnte ich auch sagen, dass meine Oma für ihr Alter, welches sie auch immer haben mochte, noch wirklich fit. Hätte ich sie gefragt, ob sie mit mir Bungeejumping machen wollen würde, sie hätte zugestimmt. Ich parkte hinter meinen Eltern auf der großen Hofeinfahrt, setzte meine Brille ab, verstaute sie und stieg, mir die Kamera umhängend, aus. Lukas ignorierte ich dabei vollkommen. Ab jetzt konnte es mir egal sein, was er machte. Immerhin hatte ich ihn hierher gefahren und damit meinen Job erledigt. Sollte er jetzt abhauen, würde er Ärger mit unseren Eltern bekommen und das wusste er. Kurz nach mir hörte ich auch schon die Tür meines Autos zuschlagen. "Kannst du vielleicht mal warten, Schwuchtel?", rief er mir zu. Ich streckte ihm den Mittelfinger meiner rechten hand zu und ging weiter. Immerhin hatte die Rotzgöre nichts mehr gegen mich in der Hand. Den "Deal", den wir heute Mittag abgeschlossen hatten, war nun ungültig, da meine Eltern sowieso wussten, dass ich die Nacht nicht zu Hause verbracht hatte. Schnell ging ich den kleinen Weg um das Haus herum durch das kleine Beet, welches meine Oma selbst angelegt hatte, direkt in den Garten. Mit Sicherheit würde ich hier meine Familie antreffen, denn Oma ließ es sich nicht nehmen draußen ein Stück selbstgebackenen Kuchen zu essen, wenn es nicht gerade in Strömen regnete. Der Garten war, wie immer, voll mit Bäumen aller Art, die einen kleinen Abschnitt Grasfläche umrandeten, allerdings mal wieder geschnitten werden mussten. Die Veranda war von schönen, großen Hecken umrandet, die als Sichtschutz dienten. Überall leuchteten die Blumen in den verschiedensten Farben und, hätte ich nicht gewusst, dass Frühling wäre, hätte ich mir einbilden können, dass schon die ersten Honigbienen hier herumflögen. Richtung Veranda konnte ich schon die Stimmen meiner Eltern hören, die eifrig von den letzten paar Wochen erzählten, in denen sie Oma nicht gesehen hatte. Ich fing an leicht zu rennen, da ich nicht wollte, dass Lukas meine werten Eltern zuerst erreichte, um ihnen seine Sicht der Geschichte zu erzählen. Schnell sprang ich durch den kleinen Eingang, ging auf meine Oma zu, umarmte sie schnell aber herzlich und setzte mich neben sie, wand mich dann aber meinen Eltern zu, die mich etwas verdutzt anschauten. "Also... Ich habe bei Philipp übernachtet, da ich Rotwein getrunken hatte und deshalb kein Auto mehr fahren konnte. Heut Morgen kam ich zurück und Lukas hat mir nur gesagt, dass ihr nicht da seid. Nicht, dass ich euch hinterherfahren soll. Erst um drei hab ich euren Zettel entdeckt und bin dann sofort hierher.", erklärte ich im Schnelldurchlauf und hängte noch ein ernstes: "Es tut mir Leid!" an. Meine Mutter wollte gerade Luft holen, um mir eine gewaltige Standpauke zu halten, als mir Oma mit ihrer Hand meine Schulter tätschelte und sagte: "Die Hauptsache ist doch, dass du überhaupt noch gekommen ist, nicht wahr Sonja?" Sie lächelte meine Mutter mit einem Blick an, der keine Widerworte duldete. Gezwungen lächelte Sonja, meine Mutter zurück, und nickte. Schnell drückte ich meine Oma noch einmal dankbar, als ich schon von Lukas zur Seite geschoben wurde, damit er auch seine Großmutter umarmen konnte, die das sehr freute. Ich wusste aber, dass Lukas das nur tat, da er hoffte, dass ihm Oma wieder einen Fünfer zustecken würde. Ich beobachtete meine Mutter, wie sie sich mit leicht zitternden Händen durch die hellbraunen, schulterlangen Haare fuhr und, wie aus ihren blauen Augen geradezu die Funken sprühten. Mein Blick glitt schnell zu Vater, der sofort reagierte und meiner Mutter beruhigend die Hand auf das Bein legte und ihr leise etwas sagte. Daraufhin schloss Sonja ihre Augen und atmete einmal tief durch. Ich tat es ihr gleich, allerdings tat ich es aus Erleichterung. Die Chancen standen immerhin gut, dass ich um eine kleine Strafe herumkam. Die allgemeine Spannung, die in der Luft lag, löste sich, als wir alle nach einem Stück Kuchen griffen, der wie immer vorzüglich schmeckte. Jetzt konnte eich mich sogar wieder einigermaßen gut mit meiner Mutter unterhalten. Mein Vater war so und so nicht allzu nachtragend und vergaß auch schon mal, wenn ich Mist gebaut hatte. Er konnte sich sowieso nie etwas besonders gut merken. Oma löcherte mich natürlich mit allem möglichen. Wie die Schule lief, was ich denn danach so plante, ob ich immer noch so viel photographierte und, ihre Lieblingsfrage, ob ich denn nun endlich mal einen Freund hätte. Und wenn ich mit nein antwortete, wurde natürlich gefragt, warum denn nicht. Ich sei doch so ein hübscher junger Mann mit einem lieben Charakter, als sie würde ja auf mich stehen, wenn sie fünfzig Jahre jünger und ein Mann wäre. Ich liebte meine Oma, keine Frage, aber manchmal kam sie mir vor wie eine grässliche Talkshowmoderatorin, der man nichts, aber auch rein gar nichts verheimlichen konnte. Und wenn man nicht richtig auf ihre Fragen antwortete, nervte sie so lange weiter, bis sie jedes peinliche oder perverse Detail von einem kannte. Nach dieser expliziten Fragerunde über mein Leben entschuldigte ich mich auch schnell und machte mich, zusammen mit meiner Kamera, vom Acker. Langsam trottete ich durch das alte Dorf, in dem meine Großeltern schon immer gelebt haben, sogar als Kinder. Ich kannte mich hier fast besser aus, als in der Kleinstadt, in der ich aufgewachsen war. Früher, als ich noch klein war und wir meine Großeltern besucht hatten, war meine Mutter immer mit mir durch die Straßen getigert, hatte mir alle kleinen Abkürzungen und den schönen Park gezeigt, auf den ich nun auch zusteuere. Hier fühlte man sich wie in einer anderen Welt. Kein Smog, keine lauten Motorengeräusche, kein Zug, der an einem vorbeirauschte und keine immerwährende Hektik. Hier konnte man nur die Vögel hören und das leise Blätterrauschen. Und hier fiel ich immer wieder in diese widerlich-kitschige Melancholie. Zielstrebig lief ich über die kleinen Trampelpfade auf den großen Teich zu, der, umgeben von hohen Tannen, geschützt war von fremden Blicken und nur ab und an von Spaziergängern oder Fahrradfahrern beachtet wurde. Ich setzte mich auf einen etwas größeren grauen Stein und hielt mir die Kamera vor Augen, stellte die Schärfe ein und fing an den vom Sonnenlicht beschienenen und dadurch glitzernden Teich zu fotografieren. Schon oft war ich hier gewesen, um ihn mit meinem Objektiv einzufangen, doch nie hatte ich es getan. Ich hatte immer das Gefühl gehabt, dass noch nicht der richtige Zeitpunkt gekommen war, um diese wunderschöne Stelle bildlich festzuhalten. Doch heute, an dem Geburtstag meiner Oma und einen Tag, nachdem ich endlich mal bei meinem besten Freund zu Hause war, knipste ich so viele Bilder von diesem Teich, dass ich zwei Filme verbrauchte und doch schien es, als ob es noch nicht genug wären. Ich fragte mich, was mich so verändert hatte oder was diesen Tag so besonders machte, dass ich gerade heute diese Idylle fotografierte. --°-- Montag, der 7. Februar Fluchend schaute ich aus dem Fenster. Es schneite wie verrückt. Und so was Ende Februar! Ich überlegte krampfhaft, ob ich wirklich mit dem Auto zur Schule fahren sollte, denn gerade sah ich einen roten Polo unsicher auf der Straße vorbeischliddern und das machte mir nicht gerade Mut. Allerdings, wenn ich nicht mit dem Auto fahren würde, müsste ich den Bus nehmen. Hin zur Schule und zurück. Und ich hasste Bus fahren. Achtzehn Jahre lang musste ich täglich mindestens zwei Mal in diese schrecklichen Gefährte einsteigen, mich an deren Abfahrzeiten halten, mich durch meine Trägheit herumschleudern lassen und mich von Menschen anrempeln und wegschubsen lassen. Entschlossen griff ich nach meinen Autoschlüsseln und nach der kleinen Box, in der meine Brille lagerte. Ich mochte dieses Drahtgestell nicht sonderlich, aber ohne durfte ich meinen Corsa nicht fahren und außerdem fühlte ich mich sicherer, wenn ich alles vollkommen klar sah. Denn ohne meine Brille konnte ich Sachen in relativ weiter Ferne nur noch verschwommen erkennen. Wie die Tafel in der Schule, zum Beispiel, die mich allerdings herzlich wenig interessierte. Meinen Rucksack schulternd, ging ich aus der Tür, aber nicht ohne noch ein "Bin dann weg!" in die Wohnung zu brüllen. Wieder einmal hatte mich mein angeblich bester Kumpel wach geklingelt, hatte mir heute aber noch mitgeteilt, dass ich doch bitte Taxi für ihn spielen möge. Da ich auch so ein herzensguter Mensch war, fuhr ich auch gleich zu ihm, was einen Umweg bedeutete, ich dafür aber meine "Schulbrote" gleich in die Hand gedrückt bekam und somit nicht bis zur Pause warten musste. Ich klingelte auch sogleich Sturm, wobei ich nicht einmal wusste, wann Phils Vater aufstehen musste oder ob dieser überhaupt noch zu Hause war. Immerhin stand ich gerade erst das zweite Mal in meinem kurzen Leben vor dieser Tür und wusste so gut wie nichts über den Vater meines besten Freundes. Dementsprechend doof hatte ich dann geschaut, als mir der gute Herr Reiter vollkommen verschlafen, mit wild abstehenden Haaren und dunklen Augenringen, sowie einem mürrisches Gesichtsausdruck die Tür öffnete. "Äh... guten Morgen... Wolfgang? Hehe... Ist Phil schon fertig?", fragte ich schnell und kratzte mich mit einem obligatorischen Grinsen am Hinterkopf. Eine Angewohnheit, die immer hervortrat, wenn ich nervös war. Schlagartig änderte sich jedoch Wolfgangs Erscheinung. Er straffte sich, fuhr sich schnell und glättend durch die schwarzen Haare mit den schon leicht grauen Ansätzen an Stirn und Schläfen und schaute auch gleich etwas wacher aus den braun-grünen Augen zu mir herunter. Wie hatte dieser Mann nur so groß werden können? Er war bestimmt 2 Meter hoch. War das noch normal? Zumindest für mich nicht, denn irgendwie fühlte man sich so... erdrückt, wenn man so hoch zu jemanden aufschauen musste. "Hallo Fridolin. So schnell hätte ich dich hier nicht mehr erwartet. Philipp wird sicher bald kommen!", versprach er und lächelte mich freundlich an, während er sich gegen den Türrahmen lehnte. "Fredo, nicht Fridolin!... Nun, wenn er schon für mich kocht, kann ich ihn auch ab und an mal mitnehmen." "Ja, er kocht wirklich gut, nicht?", fragte Wolfgang und strich sich, wahrscheinlich unabsichtlich, über die Brust. Erst jetzt fiel mir auf, dass er einen hellblauen Bademantel trug, auf dem doch tatsächlich kleine Krokodile abgebildet waren, die Ringelreihe tanzten. Mir das Lachen verkneifend, was wirklich schwer war, nickte ich nur und versuchte krampfhaft in eine andere Richtung zu schauen, was mir aber nicht wirklich möglich war. Zu meiner Rettung sah ich Phil anstürmen. Er war schwer bepackt wie ich sah und das meiste davon musste etwas Essbares sein, was meine Laune gleich ein Stück höher klettern ließ. Mit Essen konnte man mir immer kommen. "Hier!", meinte er als Begrüßung und drückte mir eine rote Plastedose in die Hand und ging dann weiter zu meinem Auto. "Tja...", sagte ich langsam. "Dann bis zum nächsten Mal... Tschüß!" Schnell drehte ich mich um und ging zu Philipp, der bereits in meinem Auto saß und hibbelig darauf wartete, dass ich endlich losfuhr. Ich fragte mich, was denn sein konnte, dass er so erpicht darauf war zur Schule zu kommen. Doch ich konnte mich an nichts Wichtiges erinnern, was heute in der Schule passieren sollte. "Ja, bis hoffentlich bald!", hörte ich noch Wolfgang rufen. Doch als ich mich noch einmal umdrehte, hatte er schon die Haustüre hinter sich zugeschlagen. Schultern zuckend stieg ich in mein liebes, gutes Auto ein, dass ganz bestimmt auch bei Glatteis und Schneefall sicher und gut fahren würde... Zumindest betete ich dafür. Schnell, da mich Philipps Nervosität ansteckte, setzte ich mir mein Drahtgestellt auf und fuhr los. Phil hibbelte neben mir auf seinem Sitz hin und her. Alle fünf Minuten klappte er den Sichtschutz herunter und besah sein Aussehen in dem kleinen Spiegel nur um ihn dann stöhnend wieder zuzuschlagen. Gerade klappte er den Sichtschutz wieder mit voller Wucht hoch, was mich nun endgültig zum Platzen brachte. "Was ist denn los, verdammt?!?", schrie ich und gab unabsichtlich immer mehr Gas, fuhr aber trotzdem noch sicher. Ich hatte nicht umsonst meine Führerscheintheorie und auch Praxis ohne Fehler bestanden. Auto fahren lag mir einfach. Erschrocken hielt sich Phil die Hand an sein Herz und sah mich entrüstet an. Ich schickte ihm einen Blick, der ihm sagte, dass er sich nicht so künstlich aufregen sollte. Genervt rollte er mit den Augen und starrte dann aus dem Fenster. "Na... du weißt schon... Eleonore.", druckte er herum und fuchtelte wild mit seinen Händen durch die Gegend. Dabei sah er mich noch immer nicht an, als ob diese Sache ihm peinlich wäre. Eleonore... Eleonore? Wer ist denn Eleonore?, überlegte ich fieberhaft, doch wieder einmal konnte ich mit einem Namen nichts anfangen. Es war schon schrecklich, wenn man solch ein grottenschlechtes Namensgedächtnis hatte. "Und? Was ist mit ihr?", fragte ich, um nicht zu zeigen, dass ich keinen blassen Schimmer hatte, von wem er redete. "Na, die hat heute Geburtstag, sie wird siebzehn. Und da hab ich ihr eben... was gekocht und so.", stammelte er leicht und drehte den Kopf noch weiter zu dem Seitenfenster hin. Ich grinste. Konnte es sein, dass Philipp gerade rot geworden war? Noch einmal dachte ich über diese Eleonore nach. Wer war noch mal dieses Mädchen? Plötzlich fiel es mir wieder ein und ich musste mich gedanklich schlagen. Eleonore war das so genannte Genie in unserem Jahrgang. Sie war mit fünf Jahren schon eingeschult worden und übersprang dann noch mal schnell die zehnte Klasse, weshalb sie nun erst siebzehn wurde. Dafür war sie für ihr Alter aber nicht nur besonders schlau, sondern auch ziemlich weit entwickelt, was das Denken betraf. Und wenn ich mich richtig erinnerte, hatte sich Phil schon einige Male mir ihr angeregt unterhalten. Und, dass er ihr heute solch ein Menü gekocht hatte, sprach doch dafür, dass da mehr als nur eine kleine Freundschaft war. Zumindest, was Philly betraf. Ich grinste nur noch mehr, schwieg aber, da ich meinen Freund nicht noch mehr in Verlegenheit bringen wollte. Obwohl... wie er mir, so ich ihm! "Na, haben wir uns da etwas ein wenig verliebt?", neckte ich ihn und lachte auf, als er sich knallrot, halb aus Wut halb aus Scham, zu mir drehte und mir seinen besten Mörderblick schenkte. Entspannt und sicher fuhr ich weiter. Wir kamen sogar noch zu meinem Bedauern pünktlich in der Schule an und konnten noch vor Stundenbeginn der lieben Eleonore alles gute zum Geburtstag wünschen, wobei sie sich über Philipps Geschenk ganz besonders freute, was man an ihren leicht rosa Wangen und dem nicht mehr verschwinden wollenden Grinsen in ihrem Gesicht erkennen konnte. --°...tbc...°-- Morddrohungen, Briefbomben, Kritik, Selbstmordattentate, Heiratsanträge, Bildervorschläge für die Charas, Lob, Ideen, Fragen und Vorschläge sind immer gern in einem Kommi gesehen. Nur so... als keine Notiz am Rande... XD ---> des nagla Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)