Zuviel Nähe kann gefährlich sein von Karuhmaus ================================================================================ Kapitel 1: Ein neues Opfer -------------------------- Zuviel Nähe kann gefährlich sein Tja, wieder mal eine Fanfic von mir. Ist etwas verwirrend, ich weiß^^ Kommis wären nett. Eure Karuhmaus Kapitel 1: Ein neues Opfer Mit starrem Blick betrat der blaugrauhaarige junge Mann den dunklen Raum. Mit ein paar Schritten stand er vor einem Eichenholzschreibtisch, welcher das Prunkstücks des Zimmers bildete. Alles war nur sehr spärlich von einer schwachen Schreibtischlampe erleuchtet. Ein Umstand, der es äußerst schwer machte das Gesicht seines Gegenübers zu erkennen. Ein beleibter Mann saß hinter dem Schreibtisch in einem teuren Ledersessel und nahm träge eine Akte, die vor ihm lag. "Wieder einen Auftrag erledigt. Gut gemacht, Kai." Der Ältere lachte boshaft, nahm die Akte, auf welcher ein Foto, eines gestern erst verstorbenen Medienmonguls abgebildet war und schob sie mit einem zufriedenen Grinsen in den Aktenvernichter. Kai, der Angesprochene blickte seinen Boss nur kalt an und nahm das Geld, das der Ältere auf den Schreibtisch legte. "Tja, und weil du mein bester Mann bist, habe ich einen neuen Auftrag für dich. Töte das Mädchen." Bei diesen Worten schob er Kai einen Ordner zu, auf der ersten Seite war das Foto einer jungen, sympthatisch wirkenden Frau abgebildet. Kai klappte den Ordner zu und nickte stumm. "Gut. Viel Spaß in Frankreich, denn dort befindet sich die Kleine im Moment." Der Jüngere nickte wieder und verließ schweigend den Raum. Draußen beschleunigte Kai seine Schritte, während er in Gedanken schon bei seinem nächsten Opfer war. Ja, sein nächstes Opfer war diese junge Frau. Ein Auftragsmörder, ein brutaler Killer, das war er. Ohne größere Gefühlswallungen tötete er Menschen, der Grund, warum sie sterben mussten, war ihm egal. Das Töten bereitete ihm Freude, sein Adrenalienspiegel stieg allein schon vom blossen Denken an das nächste Mal, wenn er wieder den Tod brachte. Ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen, die einzige Gefühlsregung, die er sich erlaubte. Gefühle waren in seinem Beruf fehl am Platz, Gefühle waren etwas für Schwächlinge und er war stark. Dachte er zumindest. Schnellen Schrittes kehrte der junge Auftragsmörder in ein schäbiges Hotel zurück und packte in aller Eile seine Sachen. Mit einem Taxi fuhr er zum Flughafen und wartete dort geduldig auf seinen Flug nach Paris. Kai musste sich beeilen, immerhin hatte er ein Menschenleben auszulöschen. Prüfend blickte sich der junge Mann in dem großen, hellen Saal um. Die Frauen waren in edle Seidenkleider gehüllt und trugen protzigen Modeschmuck, der sichlich auch nicht billig gewesen war. Die Männer trugen teure maßgeschneiderte Anzüge. Die meisten Gäste hielten Champagnergläser und prosteten sich bei jeder Gelegenheit damit zu, während ein paar Männer in einfacher Dienstkleidung eifrig damit beschäftigt waren, jedem Gast ausreichend Alkohol zu bringen. Er selbst verabscheute Champagner, diese Getränk der Reichen. Außerdem konnte zu viel Alkohol seine Gedanken verwirren und das wäre hier sicherlich nicht sehr hilfreich. Um diese Frau möglichst schnell zu töten, musste er alle seine Sinne zusammen haben. Welch vornehmes Volk hier versammelt ist, dachte Kai, verächtlich lächelnd. Somit ließ er zu, dass seine steinerne Maske für einen kurzen Moment verrutschte und einen Blick auf den wahren Kai freigab. Von allen Menschen, die diese Verwandlung bemerken hätten können, sah es nur eine Person: Kais Opfer. Die junge Frau stand schweigend, in einem schlichten, hellen Kleid, neben einem älteren Herrn, ihm aufmerksam lauschend. Doch ihr sanfter Blick war auf Kai gerichtet. Sie sah ihn an, nur kurz und unauffällig, doch es reichte um tief in sein Innerstes zu sehen. Ihr Gesprächspartner stieg auf das Podium und hielt eine langatmige Ansprache auf französisch. Kurzer Applaus folgte, dann schritt Kais Opfer aus das Podium. Sie sprach in reinem Französisch und ihre klare Stimme brachte die leise tuschelnden Gäste zum Schweigen. Kai verfolgte das allles ohne jegliches Interesse, sein Ziel war es einzig und allein diese Frau zu töten. Langsam näherte er sich dem Podium und griff nach seiner Pistole. Kai warf seinem ahnungslosen Opfer einen kalten Blick zu und musste zu seiner Überraschung bemerken, wie die junge Frau ihn beim Sprechen ansah. Wusste sie etwa von seinem Plan oder war es nur reiner Zufall, dass sie gerade ihn beim Sprechen fixierte? Bevor der Killer seinen Plan ausführen konnte, war die Anprache zu Ende und der Zauber der Rede verflog. Missmutig, ja, beinahe schon ärgerlich, stand Kai an der Wand des Saales. Die Gelegenheit war günstig gewesen, doch er hatte gezögert. Jetzt musste er wohl oder übel einen anderen Weg finden, um sein Opfer zu erledigen. In Gedanken versunken, merkte der Killer fast nicht, wie ihn jemand ansprach. "Sie scheinen hier niemanden zu kennen, mein Herr. Dürfte ich Ihnen Madmoiselle Savage vorstellen?" Der Mann von vorhin stand vor ihm, Kais Opfer daneben, schüchtern lächelnd. Prüfend blickte Kai die beiden an, bevor er sich leicht verbeugte. "Bonjour, Monsier ..." Sein Opfer blickte ihn fragend an, während der Mann sich anderen Gästen zu wandte. "Hiwatari." Kai blickte die Frau ohne jegliche Gefühlsregungen an, doch musste er jetzt zugeben, dass sie aus der Nähe betrachtet viel jünger wirkte und schätzungsweise nicht älter als er selber war, eher ein, zwei Jahre jünger. Komisch, was konnte so eine junge Frau denn getan haben, dass jemand sich ihren Tod wünschte? Egal, der Grund war unwichtig, er musste sie töten, und zwar bald. Nur der Tod zählte, alles andere war unwichtig. Ein Kellner kam vorbei, noch zwei Gläser auf seinem Tablett. Beflissen bot er ihnen die Getreänke an. "Oh non, merci. Et vous, Mr. Hiwatari?" Kai schüttelte nur stumm den Kopf und der Kellner ging. Der Killer blickte sein Opfer herausfordernd an, in der Erwartung sie würde etwas sagen, doch sie blieb stumm. Französisch sprach er eigentlich nicht, also hätte er es wahrscheinlich sowieso nicht verstanden. Sie stand nur da und musterte ihn. Ein leichtes Lächeln auf den Lippen und einen Ausdruck in den Augen, den Kai nur schwer deuten konnte. Diese Frau wirkte so geheimnisvoll und erinnerte ihn an länsgt Vergessens aus seiner Vergangenheit. "Au revoir, Madmoiselle Savage." Kai verbeugte sich und verließ mit schnellen Schritten den Saal. Nur weg hier, das war sein einziger Gedanke. Weg von dieser Person, die er töten musste. Bis jetzt hatte Kai noch nie Schwierigkeiten damit gehabt jemanden zu ermorden. Viele von seinen Opfern hatte er gekannt, mit ihnen mehr oder weniger geredet. Was war jetzt anders? Diese Frau war ein Mensch wie jeder andere, sie war genauso wie seine früheren Opfer auch, leichtgläubig, naiv, leicht zu haben und somit auch leicht zu töten. Eine Frau war wie die andere, es gab keine Unterschiede. Die Namen seiner Opfer waren egal, wichtig war nur der Tod. Kai ging weiter, spazierte in Paris herum, weit weg, von ihr. Er wollte einfach nur vergessen. Vergessen, wie es früher war. Wohl oder übel musste Kai seinem Opfer folgen, auch wenn ihm das gar nicht gefiel. Diese junge Frau war ihm suspekt und er wollte sie so schnell wie nur irgendwie möglich töten, doch bis jetzt hatte es keine geeignete Gelegenheit mehr gegeben. Es war schwierig diese Frau zu töten, mehr Probleme tauchten auf als bei seinen früheren Opfern. Aber irgendwann würde er sie schon erwischen.Irgendwann erwischte er jeden. Ganz in Gedanken versunken spazierte Kai die Straße hinab. Da er seinem Opfer notgedrungen nachreisen musste, befand sich der junge Killer mittlerweile in einem kleinen, französischem Ort am Meer. Sein Opfer hatte er momentan aus den Augen verloren, aber er war auf dem besten Weg sie wiederzufinden. Plötzlich spürte er etwas Kaltes an seiner Hand und sah geradewegs in die treuen Augen eines Hundes. Kai konnte mit Tieren schon immer besser umgehen als mit Menschen, ja, denn die Tiere konnten seine Gefühle auch hinter seiner Maske spüren, das blieb den Menschen versagt. Der freundliche Collie schnüffelte vertrauensvoll an Kais Hand und blieb hechelnd vor ihm sitzen. Der junge Killer ging neben dem Tier in die Hocke und fing an seinen Kopf zu kraulen. Auf seine Umgebung achtete Kai nicht mehr. Er war nahe dran den Hund mitzunehmen, immerhin lief das Tier hier ganz alleine herum und ein Halsband trug es auch nicht. Das Leben als Auftragsmörder war einsam, er war ewig dazu verdammt alleine zu sein. Ein trauriges Schicksal. Ein Hund wäre da eine nette Abwechslung. Ein Pfiff ließ sowohl Kai wie auch den Collie aufhorchen. Der Hund sprang schwanzwedelnd auf und bellte ein paar Mal laut. Schon kam eine Frau um die Ecke, offenbar die Besitzerin des Hundes. Kai sah ihr entgegen und blickte geradewegs in das Gesicht seines Opfers. So hatte er auch endlich mal Gelegenheit sie genauer zu betrachten, ganz ohne Glanz und Glamour. Sie hatte ein recht hübsches Gesicht, umrahmt von dunkelblonden langen Haaren, leicht sonnengebräunt und grüne, katzenähnliche Augen, das Anziehenste an ihr, oder doch nicht? Kai musste feststellen, dass ihr freundliches Lächeln ebenfalls sehr attraktiv wirkte. Wieder ein Grund mehr um Kais Vorurteile zu verstärken, dass sein neues Opfer, genau wie die vorherigen, nur auf Männer aus war. Eine freundliche Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. "Aimez vous des chiens?" Kai sah die Frau an, sah wie sie den wild herumspringenden Collie streichelte und ihn dabei fragend an sah. "Ja." Kai weigerte sich energisch auch nur ein Wort Französisch zu sprechen, wenn sein Opfer ihn so nicht verstand, dann war das wohl ihr Pech. "Das ist Kaya und mich können Sie ruhig Cat nennen." Sie reichete ihm die Hand, lächelnd, ihre grünen Augen blitzen und Kais erster Gedanke, war nur dass dieser Name wirklich zu diesem freundlichen Wesen passte, welches vor ihm stand. "Kai." Er blieb wortkarg wie immer, und doch gab er seinem Opfer die Hand, eine Berührung, die er sonst nicht duldete, den sie spendete ein Gefühl von Nähe und das konnte er nun wirklich nicht brauchen. Auch war es das erste Mal, dass er seinen wirklichen Namen nannte. Sonst nahm er andere an, passte sich ihnen an, schlüpfte in sie wie in Gewänder, verpasste sich eine neue Indentität. Sein wirklicher Name war sein Geheimnis geblieben, doch jetzt wusste die Frau, die eigentlich schon tot sein sollte, seinen Namen. Ihr Name, Cat, das klang so persönlich, nicht distanziert genug. Schon wieder ein Hauch von Nähe. Alles war viel zu nah. "Sie sind nicht von hier, nicht wahr?" Sie hatte die Sprache gewechselt, ein Zeichen dafür, dass sie aus irgendeinem Grund wissen musste, dass Kai kein Französisch sprach, doch woher? Vielleicht hatte Cat einfach nur eine sehr gute Beobachtungsgabe. Ihre Frage glich mehr einer Feststellung, sie kannte die Antwort noch bevor sie zu Ende gesprochen hatte. "Nein." Seine Antowrt so einsilbig, dass es beinahe schon schmerzte. Doch Cat sah darüber hinweg, blieb freundlich. Irgendetwas stimmte mit diesem Mann nicht, das wusste die junge Frau genau, denn wenn sie eines besaß dann war das eine ausgezeichnete Menschenkenntniss. "Mit Kaya scheinen Sie sich ja gut zu verstehen." - "Hm" So langsam wurde Kai dieses Gespräch zu viel, er wollte Cat, seinem Opfer, dieser jungen Frau, nicht noch näher sein. Früher hatte um die Nähe zu seinen Opfern nichts ausgemacht, aber wenn er seinen Opfern, diesen naiven Frauen nahe war, dann bezog sich das nur auf körperliche Nähe, aber bei ihr war das jetzt anders. Doch vielleicht bildete er sich das alles auch nur ein. Vielleicht war es einfach nur die Hitze, genau, das war die logischste Erklärung. Er hatte einfach nur einen Sonnenstich. Kai fuhr sich leise seufzend mit der Hand über die Stirn. "Fühlen Sie sich unwohl?" Cat sah ihn aus ihren wunderschönen Augen an, doch ihr Ausdruck wirkte besorgt, so fürgsorglich. Vorsichtig streckte sie die Hand aus und legte sie sanft auf Kais Arm. Der Killer zuckte zurück. Sie durfte ihn nicht berühren, nein, nein, nein. Keine Nähe, nicht so nah. Er konnte diese Nähe einfach nicht ertragen. Nicht mehr. Als Cat das Zusammenzucken Kais bemerkte nahm sie ihre Hand weg, noch besorgter dreinschauend als zuvor. Sie sah ihn an und ihren Augen war einzig und allein Schmerz zu finden. Kai war überrascht, natürlich, den Schmerz, welchen er tief in seinem Herzen spürte, sah er in den Augen seines Opfers. Vielleicht würde der Schmerz erlöschen, wenn sie endlich tot war, oder würde er dann nur noch stärker werden? Kai drehte sich blitzschnell um und rannte los, in Richtung Meer. Er konnte diesen Anblick einfach nicht mehr ertragen, sollte Cat doch denken was sie wollte. Vielleicht hielt sie ihn auch für verrückt, doch das war jetzt auch egal. Sie war ihm schon viel zu nah, das wusste er. Nähe war gefährlich, besonders in seinem Beruf, besonders für ihn. Er rannte und rannte am Meer entlang. Hoffte, dass die Wellen seinen Schmerz fortspülen könnten, dass seine Sorgen mit den Möwen über den Himmel tanzen und hinter dem Horizont verschwinden würden. Kapitel 2: Schmerzhafte Erinnerung ---------------------------------- 2. Kapitel: Schmerzhafte Erinnnerung Kai ließ sich auf einem noch von der Sonne aufgewärmten Felsen am Strand nieder. Sein kalter Blick ruhte auf dem Meer, ließ sich von den Wellen mitziehen, weit hinauf auf den offenen Ozean, dort wo die Welt in Ordnung war. Der Wind brachte die Sandkörner zum Tanzen, sie streichelten sanft über seine Wangen und gaben ihm so ein tröstendes Gefühl von Geborgenheit. Der endlose Strand war menschenleer, es war auch schon viel zu spät zum Baden und außerdem lag dieser Teil abseits, noch ein Grund dafür, dass hier nie viele Badegäste waren. Ein einsames Fleckchen Erde, geschaffen für einen einsamen jungen Mann. Das Meer war stürmisch, die Wellen peitschten hoch und dunkle Wolken zogen über den dämmrigen Himmel. Kai verlor sich in seinen Gedanken, er tauchte in sie ein wie in ein Meer, ein Meer aus Sorgen. Noch immer war ihm unbegreiflich was diesmal anders war. Diese Frau, Cat, war aus irgendeinem Grund als seine bisherigen Opfer. Sie hatte Mitgefühl gezeigt, für ihn. Niemand hatte das getan, keines seiner Opfer hatte sich um seine Gefühle gekümmert. Für all diese Frauen war er nur ein gefühlsloses Wesen, kein Mensch mit Sorgen. Hatte er denn Sorgen? Nein. Vielleicht. Ja. Ein Geräusch aus nächster Nähe ließ den jungen Killer aufschauen. Jemand ritt am Meer entlang, war schon fast bei ihm. Es war eine junge Frau auf einem weißem Pferd. Wer sollte das schon anderes sein als Kais Opfer? Cat sprang vom Pferd und ließ sich neben Kai in den noch warmen Sand sinken. Ihr Pferd hielt sie locker am Zügel. Sie blickte nicht Kai an, nein, die junge Frau sah auf das Meer hinaus. ihre Gesichtszüge wirkten so entspannt, während Kai so langsam unruhig wurde. Er verstand die Beweggründe dieser Frau nicht, suchte sie seine Nähe oder war dieses Zusammentreffen nur Zufall? Wenn sie nur wegen ihm hier her gekommen war, warum tat sie das? Sicher nicht weil er ihr so sympathisch war, nein, es musste einen anderen Grund geben. "Das Meer ist um diese Zeit wunderschön." Cat sprach dem Meer zugewandt. Ihre helle Stimme klang beruhigend und auch ihre blosse Gegenwart ließ den Killer schließlich ruhiger werden. Wer bist du, Cat? dieser Gedanke wirbelte, vom sanften Wind getrieben, in seinem Kopf herum. Er sah Cat an, wie sie da saß, die Frische des Meeres genießend. Ihr Pferd stand brav neben ihr, offenbar war es gewöhnt hier hier strand zu stehen und zu warten. "Wie wunderbar das Meer doch ist, standhaft und bewegt zu gleich, stark und doch so schwach. Einzigartig." Cat wandte Kai den Kopf zu und lächelte ihn kurz an. Ein warmes Sonnenlächeln. Befreiend, erfrischend, belebend, und doch viel zu nah. Lange Zeit saßen die beiden jungen Leute so nebeneindaner da, zufällige Beobachter könnten denken, die zwei wären ein Paar, passten sie doch sie schön zusammen. Die Sonne versank als blutroter Ball im Meer und auf dieses Zeichen hin, erhob sich Cat. "Kommen Sie ruhig mal vorbei, falls Sie unser Gespräch fortsetzen wollen." Mit diesen Worten stieg sie auf ihre Pferd und ritt davon. Kai sah ihr hinterher, auch dann noch als die zwei längst verschwunden waren und die Dunkelheit der Nacht sie verschlcukt hatte. Sie war mutig, das war klar. Lud einfach so einen fremden Mann zu sich nach Hause ein. Woher sollte er überhaupt wissen, wo sie wohnte? Und vorallem, was sollte er dort tun? Sie töten? Zu auffällig, viel zu auffällig. Was sollte er jetzt weitermachen? Hier sitzen bleiben und womöglich erfrieren? Obwohl, zum Erfrieren war es schon etwas zu warm, aber kalt würde es in der Nacht schon werden. Oder sollte er Cat besuchen? Nein, auf keinen Fall. Egal was auch kommen würde, Kai durfte nicht zu ihr gehen. Kai spazierte langsam durch das kleine Dorf. Der Kies knirschte unter seinen Füßen und kleine Staubwolken stiegen bei jedem seine Schritte auf. Ein Schwarm Stechmücken umsurrte ihn und ließ sich mit einer verscheuchenden Handbewegung vertreiben, um einen Moment später wieder zurück zu kommen. Lästige kleine Tiere. Wie konnten die Menschen es hier nur aushalten? Vielleicht waren sie schon daran gewöhnt, dauernd von Mücken gestochen zu werden. Kai war auf der Suche, doch nach was eigentlich? Das Haus dieser jungen Frau, seines Opfers? Was sollte er dort? Sie töten? Mit ihr reden? Fragen über Fragen und keine Antworten darauf. Kopfschüttelnd ging der junge Killer weiter. Die Häuser um ihn herum waren klein, sehr klein. Das Dach war bei den meisten aus dunklem Schilf, das einen starken Kontrast zu den weiß getünchten Hausmauern bildete. "Na Jungchen, findest du ihr Haus etwa nicht?" Eine alte Frau, der Hautfarbe nach zu urteilen eine Zigeunerin, in zerschlissenen Kleidern, stand urplötzlich vor Kai. Überrascht blieb er stehen und sah die Alte an. Diese lachte und entblösste dabei einige Zahnlücken. "Geh einfach diese Straße entlang, bis zum letzten Haus." Die Frau kicherte und verschwand in einer dunklen Seitengasse. Verwundert blickte Kai ihr nach. Woher wusste diese verrückte Frau, dass er auf der Suche nach Cats Haus war? In Gedanken versunken ging Kais weiter, bis die besagte Straße zu Ende war und vor einem etwas größeren Haus stand. War das etwa Cats Haus? Ein kleiner Garten umgab das Haus und dahinter konnte Kais Teile eines Pferdestalles erkennen. Es wirkte auf den ersten Blick sehr freundlich und einladend. Dieses Haus gefiel Kai. Es erinnerte ihn an etwas aus seiner Kindheit. Ein Hund bellte und sofort schossen drei Tiere hervor und sprangen bellend am Gartenzaun hoch. Die Hunde machten zwar einen Riesenlärm schienen aber freundlich zu sein. Einen kurzen Augenblick später kam ein Schwein aus dem Haus und sprang ärgerlich grunzend neben den Hunden auf und ab. Ein seltsamer Anblick. Bevor sich Kai weitere Gedanken über das seltsame Haustier der jungen Frau machen konnte, kam Cat aus dem Haus, freundlich lächelnd, wie immer. "Seid sofort ruhig." Die Tiere hörten augenblicklich auf zu bellen und verschwanden hinter dem Haus. "Kommen sie herein." Er stand da und sah sich um, ohne wirklich etwas zu sehen. Cat war in der Küche verschwunden um Tee zu machen und hatte ihn in ihrem Wohnzimmer zurück gelassen. Die Möbel darin waren alt, wirkten aber nicht abgenutzt. Zwei große Fenster sorgten für genügend Licht und ließen den Raum größer wirken als er eigentlich war. Ein paar Fotos standen auf der dunklen Anrichte, darunter auch ein Bild eines kleinen Mädchens, offenbar Cat in ihrer Kindheit. Ein kleines Mädchen saß auf einem winzigen Schlitten, vor dem ein dickes schwarz-weißes Pony gespannt war. Neben ihr im Schnee kniete eine hübsche Frau, die große Ähnlichkeit mit Cat hatte. Offenbar ihre Mutter. Die beiden schienen glücklich zu sein, sie lachten dem Betrachter des Bildes fröhlich zu. Die Landschaft erinnerte Kai stark an Russland, seine Heimat. Traurig lächelnd nahm Kai das Foto um es genauer betrachten zu können. Cat kam herein, sah ihm über die Schulter und lächelte, wobei ihre Augen so unendlich traurig aussahen. "Erinnerungen können sehr weh tun." Cats Stimme klang so zerbrechlich, wie dünnes Glas. Kai drehte sich zu ihr um, sah ihre schmale Gestalte im Licht stehen, leicht abgewandt von ihm. Irgendwie hatte er das Gefühl etwas sagen zu müssen, egal was, nur sollte es die drohende Stille durchbrechen. "Wo wurde diese Aufnahmen gemacht?" Noch bevor der junge Killer zu Ende gesprochen hatte, wusste er, dass er mit dieser Frage alles nur noch schlimmer machen würde. Außerdem verkürzte diese persönliche Frage die natürliche Distanz zwischen seinem Opfer und ihm. "In Russland. Ich bin dort bei meiner Großmutter aufgewachsen." Sie sprach beinahe normal, nur etwas leiser als sonst. Kai zuckte zusammen, nicht äußerlich, nein, nur innerlich. Diese Frau, sein Opfer, war in seinem Heimatland aufgewachsen, vermutlich war sie sogar zur Hälfte Russin. Doch was bedeutete das schon? Zwei seiner früheren Opfer waren ebenfalls aus Russland gewesen und damals hatte es ihm nicht das Geringste ausgemacht. Warum sollte es jetzt anders sein? Weil diese Frau nicht wie alle anderen Menschen war, darum. Sie war etwas Besonderes. "Sie sind Russe, nicht wahr?" Cat ging langsam zum Fenster, drehte sich für einen kurzen Moment zu ihm um und lächelte. "Ihre Art hat Sie verraten. Nur ein echter Russe kann seine Gefühle so gut verbergen. Leider" Dieses ''leider'' war für Kai fast nicht mehr hörbar, sie hatte es nur geflüstert. Russland war ein Land der Kälte, und genauso wie das Land waren auch die Menschen kalt, das wusste Cat nur zu gut. Leider. Kai blickte Cat überrascht an und machte ein paar Schritte auf sie zu. Ja, Russland war seine Heimat und seine Gefühle zeigte er keinem mehr seit... X FLASHBACK X Alles um ihn herum war weiß, weiße Wände, weißer Boden, weiße Einrichtungsgegenstände und grelles, weißes Licht. Wo war er hier? Und warum war er ganz alleine? Was war geschehen? Eine ältere Frau kam eilig auf ihn zu. "Er ist jetzt wach, Doktor." Ein Arzt kam an sein Bett und untersuchte ihn halbherzig. "Wird schon wieder werden." Der Arzt tätschelte ihm den Arm und verließ zusammen mit der Krankenschwester hastig das Zimmer. Er blieb allein zurück. Sie ließen ihn allein, mit all seinen Ängsten. Warum war er hier an diesem geschäftigen, unpersönlichen Ort? Was war passiert? Sie ließen ihn stundenlang dort alleine, in diesem weißen Bett, das in diesem kalten, grellen Raum stand. Er war alleine, doch warum? Was hatte er getan, dass sie ihn alle alleine ließen?? Warum antwortete niemand auf seine lautlosen Schreie? Irgendwann kam eine stark geschinkte, schon etwas ältere Frau in sein Zimmer. Ihre langen Nägel waren knallrot lackiert und wirkten für ihn wie die Krallen eines Raubvogels. "Na Schatz, erzähl mir doch was passiert ist." Ihre grellroten Lippen verzogen sich zu einem gezwungen Lächeln, während sie ihn zum Sprechen aufforderte. Diese furchteinflössende Frau setzte sich an sein Bett und versuchte ihm halbherzig den Kopf zu streicheln. Ihr Atem roch nach Zigarettenrauch und abgestandenem Bier. "Lass deine Gefühle zu, Kleiner. Deine Eltern sind tot und du hast alles verloren. Weine ruhig, Schatz." Kais Augen weiteten sich entsetzt, sein Pulsschlag bescleunigte sich und er began am ganzen Körper zu zittern. Diese Frau beugte sich über ihn und war gerade im Begriff ihn zu umarmen, als er plötzlich Angst bekam. Diese Frau war böse, sie erzählte ihm Lügen über seine Eltern. Oder waren sie wirklich tot? Warum ließen ihn denn nur immer alle alleine? Er floh panisch aus dem Krankenhaus, lief hinaus auf die Straße und sah sich dort verzweifelt um. "Mama? Papa?", rief er verzweifelt, doch es kam keine Antwort. Das Letzte, das er sah, waren die katzenaugenähnlichen Lichter eines Busses, der nicht mehr rechtzeitig bremsen konnte und so den 5-jährigen Jungen überfuhr. X FLASHBACK END X Diese Erinnerungen waren schmerzhaft für ihn. Beinahe siebzehn Jahre hatte er es geschafft sie in der hintersten Ecke seines Herzens zu verstecken und durch Cat waren sie wieder hervor gekommen. Warum gerde jetzt, bei dieser Frau? Wie schafftes sie es derartige Gefühle in ihm zu wecken? Weil sie selber schmerzhafte Erinnerungen hatte? Vielleicht, doch warum war sie dann immer so freundlich zu ihren Mitmenschen? Mit leerem Blick trat Kai auf auf die junge Frau zu. Sie dreht sich um, sah ihn an, sah den grenzenlosen Schmerz in seinen Augen. "Es tut mir leid." Ein trauriges Lächeln umspielte ihre Lippen, während sie langsam die Hand ausstreckte und sie auf Kais Arm legte. Erst jetzt bemerkte der junge Mann, dass er zitterte, sogar sehr stark zitterte. Wie konnte ihm das passieren? Gewöhnlich blieb er äußerlich und innerlich kalt, ohne jegliche Gefühlsregungen, doch jetzt war alles nur ein einziges Chaos. Verzweifelt hob er den Kopf und blickte Cat hilflos an. "Lass deine Gefühle zu." Dieser Aufforderung kam Kai nach, wenn auch ungwollt.Er brach weinend zusammen. Cat ließ sich neben Kai auf dem Boden nieder und legte sanft den Arm um seinen bebenden Körper. Er ließ diese Nähe zu, unfähig eine klaren Gedanken zu fassen. Die Trauer hatte die Herrschaft über sein Denken übernommen. Wann hatte er das letzte Mal geweint? Er konnte sich nicht mehr daran erinnern. Kapitel 3: Ein chaotischer Morgen --------------------------------- Nach langer Zeit lade ich endlich ein neues Kapitel hoch. Ich hoffe, ihr seid nicht sauer, aber mit dem nächsten Kapitel werde ich mich beeilen. Versprochen. Kapitel 3: Ein chaotischer Morgen Ein heller, frecher Sonnenstrahl stahl sich durch die Vorhänge in das verdunkelte Zimmer. Kai blinzelte müde, hob den Kopf und sah sich erstaunt um. Er lag in einem fremden Bett, das sich in einem, ihm unbekannten, Zimmer befand. Panisch setzte sich Kai auf und schlug die Bettdecke zurück. Wo war er hier? Dunkel kehrte die Erinnerung an seinen seelischen Zusammenbruch zurück. Wie war er hier hergekommen? Kai konnte sich nicht daran erinnern, dieses Zimmer jemals betreten zu haben. Während der Russe vorsichtig vom Bett aufstand, sah er sich in dem Zimmer um. Ein paar Kleidungsstücke hingen achtlos über einem Stuhl und auch sonst lagen einige Dinge herum, die ganz klar auf Cat hindeuteten. War das etwa ihr Schlafzimmer? Hatten sie die Nacht gemeinsam hier verbracht? Warum konnte er sich nicht mehr an die vergangene Nacht erinnern? Vorsichtig verließ Kai das Zimmer und wagte sich in den hellen, langen Flur vor. Aus einem Zimmer am Ende des Ganges hörte er leises Tellerklappern und andere morgendliche Geräusche. Offenbar war dies die Küche. Sollte er hineingehen oder sich einfach davon schleichen? Diese schwierige Entscheidung wurde ihm abgenommen, denn eine Schar junger Katzen kam übermütig auf ihn zugetapst. Die Kleinen miauten leise und ein besonders mutiges Kätzchen versuchte sogar an Kais Bein hoch zu klettern. Ein Lächeln huschte über das Gesicht des Russens, als er die junge Katze auf den Arm nahm und vorsichtig streichelte. Wie flauschig das schwarz-weiße Fell doch war, und wie azurblau die großen Augen leuchteten. Ein süßes Kätzchen. Für einen kurzen Augenblick vergaß Kai seine Sorgen, berauscht durch das Wunder des Lebens. Die Küchentür öffnete sich quietschend und Cat trat in den Flur. Sie lächelte freundlich als sie Kai mit dem Kätzchen auf dem Arm sah. "Morgen!" Die junge Frau scheuchte die kleinen Katzen wieder in die Küche und stellte ihnen zwei Schüsseln mit Milch hin, um die sich die Samtpfoten sofort drängten. Kai blieb nahe bei der Tür stehen und beobachtete sein Opfer. Cat werkte an irgendeinem Gerät herum und drückte Kai schließlich eine Tasse mit einem dampfenden Getränk in die Hand. Der junge Mann runzelte missmutig die Stirn. Höchstwahrscheinlich war Kaffee in dieser Tasse und dieses Getränk konnte er auf den Tod nicht ausstehen. Trotzdem nahm er einen kleinen Schluck davon, da er sehr durstig war. Angenehm überrascht sah er auf, da dieses Getränk russischer Tee war. Anscheinend sah man ihm sein Erstaunen an, denn Cat lächelte belustigt, als sie ihm einen Teller mit frischen Waffeln hinstellte. Sie setzte sich an den kleinen, mit allerlei Kleinkram beladenen Küchentisch. Kauend zeigte sie auf eine Thermoskanne und sagte, nach dem sie geschluckt hatte,: "Du kannst dir noch Tee nehmen." Sie aß weiter, während sie in einer Zeitschrift blätterte. Plötzlich sah sie Kai an und lächelte. "Du kannst dich ruhig setzen." Vorsichtig kam der Russe ihrer Aufforderung nach und ließ sich auf einem Stuhl möglichst weit weg von Cat nieder. Unsicher fing er an zu essen. Jetzt hatte er auch endlich Gelegenheit, sich genauer in Cats Küche umzusehen. Die Einrichtung war nicht mehr ganz neu und wirkte schon etwas abgenützt. Es gab zwei Fenster, die den Raum mit Licht durchfluteten. Ein sehr freundlicher, heller Raum. Durch die weit geöffnete Tür und die Fenster konnte man den nahen Strand sehen und das Meer riechen. Kai musterte Cat kurz. Sah wie sie in Jeans und einem T-Shirt da saß, mit einer Hand ein graues Kätzchen kraulte, mit der anderen versuchte sie Kaya und die beiden anderen Hunde, Sherry und Orion, davon abzuhalten, ihr Frühstück zu stehlen. Irgendwie schaffte sie es nebenbei auch noch in ihrer Zeitschrift zu lesen und ab und zu von ihren Waffeln abzubeißen. Durch die weit geöffnete Tür kam laut grunzend ein dickes Schwein in die Küche und verschwand im Flur. Cat stand auf, nahm eine Schüssel mit Futter und rief das Schwein. "Rosi!" Grunzend kam es angerannt, rutschte dabei mit seinen kurzen Beinchen auf dem glatten Boden aus und stieß dabei eine Milchschüssel um. Währenddessen sprang Smokey, das graue Kätzchen, auf den Tisch und knabberte an Cats Waffeln. Orion, Cats halbblinder Dobermann, interessierte sich ebenfalls für die Dinge auf dem Küchentisch. Schnüffelnd stieß er dabei Cats Teetasse um und überflutete alles mit Schwarztee. Innerhalb von wenigen Minuten hatten die Tiere Cats Küche in ein wahres Schlachtfeld verwandelt. Kai blickte verwundert die junge Frau an, die verträumt lächelnd neben dem Schwein hockte und es streichelte. Es erstaunte ihn, dass sein Opfer angesichts dieses Chaos so ruhig blieb. Jede andere Frau wäre hysterisch geworden, hätte geschrieen und die Tiere aus dem Haus gejagt. Cat jedoch war völlig ruhig. So langsam begann ihn sein Opfer zu interessieren. Die junge Frau bemerkte schließlich Kais Blick und lächelte ihn an. "Lach bitte nicht!" Sie ging zum Tisch, hob Smokey hoch und nahm einen Bissen von ihrer in Schwarztee getränkten Waffel. "Manchmal brauche ich dieses natürliche Chaos um mich herum einfach." Lächelnd setzte sie das freche Kätzchen ab und begann langsam den Tisch abzuräumen. "Selbst wenn ich mich aufregen würde, das Chaos bleibt trotzdem bestehen. Außerdem kann ich meinen Tiere nicht lange böse sein." Kai nickt und stellte sein Geschirr in die Spüle. "Geh nur, wenn du willst." Cat zeigte zur Tür, jetzt lachte sie nicht mehr. Ernst sah sie ihn an. "Du bist frei. Ich zwinge dich hier zu nichts. Aber wenn du hier bleibst, kann ich dir lernen, wieder richtig zu leben." Kai sah sie an, unfähig eine Entscheidung zu treffen. Sollte er gehen oder bleiben, oder sein Opfer gleich töten? Nein, noch nicht. Das konnte warten. Erst wollte er sehen, was sie mit ihrem letzten Satz gemeint hatte. Es eilte nicht. Er würde Cat töten. Bald. "Ich reite in einer halben Stunde aus. Du kannst mitkommen, wenn du willst." Cat hatte seinen Entschluss offenbar erraten, denn jetzt wandte sie sich wieder dem Beseitigen des Chaos zu. Doch da läutete das Telefon und schon war Cat verschwunden. Kai schlich ihr vorsichtig nach, beobachtete Cat beim Telefonieren. Ihre Gesichtszüge waren entspannt und wirkten so lieblich. Lieblich? Lieblich wie Liebe? Fing er etwa an, sein Opfer zu mögen oder im schlimmsten Fall gar an sie zu lieben? Nein, das konnte nicht sein. Er wusste doch nicht einmal, was Liebe überhaupt war. Leise trat Kai wieder zurück und ging durch die Küchentür in den Garten. Das Meer war nicht so nah, wie er zuerst gedacht hatte. Zu seiner Linken stand ein kleiner Pferdestall, daneben ein Sandauslauf, dahinter eine gründe Weide. Zwei Pferde und ein dickes Pony standen Heu fressend im Auslauf. Drei Kinder hantierten an den Tieren herum, putzen sie. Der junge Russe lehnte sich an den Holzzaun und beobachtete die Kinder beim Arbeiten. Es waren zwei Mädchen und ein kleiner Junge. Eines der Mädchen hatte dunkle Haut, offenbar war Afrika ihre Heimat. Sie schien die Älteste zu sein und kommandierte die anderen herum. Das andere Mädchen hatte leichte Schlitzaugen, sie war eine kleine Chinesin. Der Junge, scheinbar das Jüngste der Kinder, arbeitete schweigend. Sein Heimatland war nicht zu ermitteln, aber Franzose war er bestimmt nicht. Seinem Aussehen nach zu urteilen, war er aus irgendeinem orientalischen Land. Die kleine Chinesin bemerkte schließlich den stummen Beobachter und machte die anderen auf ihn aufmerksam. Scheu blickten die Kinder Kai an. Die Afrikanerin kam schließlich vorsichtig zu ihm, das andere Mädchen folgte ihr, während der Junge sich hinter den Pferden versteckte. "Gu-ten Mor-gen." Das ältere Mädchen sprach langsam und deutlich. Lächelnd, wobei sie ihre strahlend weißen Zähne entblößte, zeigte sie auf sich und stellte sich vor. "Zara." Dann deutete sie auf das kleine Mädchen neben sich. "Meilin." Die Chinesin blickte Kai scheu an und lächelte schüchtern. Die beiden zeigten zu den Pferden, auf den ängstlichen Jungen. "Jugai." Erwartungsvoll blickten die beiden Mädchen Kai an. Dieser begriff sofort, zeigte auf sich und stellte sich ebenfalls vor. "Kai." Die zwei lächelten freudig und hüpften übermütig um ihn herum. "Le coq est morde, le coq est..." Verwundert blickte Kai die singenden Kinder an. Wie konnten die Kinder in einer Welt wie dieser nur so fröhlich sein? Woher kamen sie überhaupt? Cats eigene Kinder waren es definitiv nicht. Doch warum waren sie dann hier? Cat trat leise aus dem Haus und lächelte als sie Kai bei den Kindern sah. Sobald Zara und Meilin die junge Frau sahen, rannten sie zu ihr und umarmten sie. Ein ganzer Schwall fremdländischer Wörter kam aus den Mündern der Kinder, Cat antwortete ihnen auf Französisch und nickte Kai zu. Offenbar drehte sich das Gespräch um ihn. "Kann es losgehen?" Fragend blickte die junge Frau Kai an. Anstelle der Jeans trug sie jetzt eine beige Reithose, die sich ihrer schlanken Figur wunderbar anpasste. Kai nickte und wie auf ein geheimes Zeichen liefen die Mädchen zu den Pferden. Sie holten die beiden gesattelten Pferde, während das zottelige Pony alleine im Auslauf zurück blieb. Zara führte das kleinere Pferd zu Kai. Es war dunkelgrau und wandte sich scheu von der fremden Person ab. "Das ist Feryou.", stellte Cat des Pferd vor. Sanft kraulte sie den dunklen Hals des Tieres, das sich bei dieser Berührung etwas entspannte. "Sei nett zu ihm." Dann ging sie zu ihrem Pferd, Faithless, und saß auf. Langsam ritt sie auf einem kleinen Pfad Richtung Meer. Cat war eine sehr gute Reiterin, das merkte Kai sofort. Er selber konnte sich gerade so im Sattel halten. Feryou, sein Pferd, trottete mit gesenktem Kopf hinter Faithless her und blieb bei jedem Grasbüschel stehen. Kais Versuche, das Pferd anzutreiben, scheiterten erfolglos. Cat bemerkte es und drehte sich zu Kai um. "Du musst deinem Pferd vertrauen, Kai. Feryou tut dir nichts." Der junge Russe versuchte halbherzig ihrer Aufforderung nachzukommen, doch er würde es nie mehr schaffen, jemandem zu vertrauen, egal ob Mensch oder Tier. "Die drei Kinder sind süß, nicht wahr? Sie kommen aus dem Kinderheim im Dorf. Auch wenn es nur klein ist, leben dort über zwanzig Kinder. Sie helfen mir mit den Tieren und dafür gebe ich ihnen Reitunterricht." Kai sah starr gerade aus, auf Cats Rücken. Er wollte nicht sprechen, nicht jetzt, nicht mit dieser Frau. "Nimm die Zügel etwas kürzer." Die junge Frau hatte sich kurz umgedreht und versuchte Kais Reitstil zu verbessern. Entschlossen sah sie wieder durch den beiden weißen Pferdeohren hindurch auf den schmalen Sandweg. Ich werde dir helfen, Kai. Ich lasse dich nicht im Stich. Bei dem gleichen Felsen, auf dem Kai schon am Tag zuvor gesessen war, hielt Cat an und stieg ab. Sie ließ sich dort nieder und hielt Faithless am Zügel fest. Kai setzte sich weiter weg von ihr in den Sand und blickte stur auf das Meer hinaus. Sein Pferd stand so weit wie nur möglich entfernt von ihm, offenbar mochte es ihn nicht besonders. "Fällt es dir wirklich so schwer, anderen dein Vertrauen zu schenken?" Cat blickte ihn an, zweifelnd, aber nicht verzweifelt. "Was haben dir die Menschen angetan, dass du so geworden bist?" Kai wagte keinen Seitenblick auf die junge Frau, sondern starrte weiter gerade aus. Er hatte gehofft, dass sie ihn nicht ausfragen würde. Gedacht, dass sie anders wäre. Aber sie war wie alle anderen. Zumindest dachte er das. Noch ganz genau konnte Kai sich an all die Therapien erinnern. So viele, unzählbar viele, und keine hatte etwas gebracht. Alle Psychologen, jeder Einzige, hatte ihn aufgegeben. Niemand hatte mehr an seine Genesung geglaubt. Er selbst am aller wenigsten. Cat war aufgestanden und kraulte Feryous Ohren. Das Pferd genoss die Berührung sichtlich und ließ zufrieden die Unterlippe hängen. "Ja, mein Süßer. Ich tue dir nichts. So ist´s gut." Das vorher so verspannte Pferd lockerte sich sichtlich und fing an, spielerisch an Cats T-Shirt zu zupfen. "Komm her." Die junge Frau winkte Kai zu sich, doch dieser sträubte sich. Er wollte Cat nicht zu nahe kommen. "Nun, komm endlich her, Kai!" Es dauerte einige Zeit bis Kai neben der jungen Frau und dem Pferd stand. Feryou verspannte sich augenblicklich wieder und legte die Ohren an. Der junge Russe trat sofort zwei Schritte zurück, doch Cat hielt ihn sanft am Arm fest. Kai verspannte sich bei dieser Berührung fast genau so wie das Pferd. Er und Feryou waren sich ähnlicher, als er dachte. "Nein, nicht zurückweichen." Vorsichtig, so als wären seine Knochen zerbrechlich, nahm Cat die Hand des Russen und legte sie auf den Hals des Pferdes. Ein leichter Schauer lief über Kais Haut. Diese Berührung war so gefühlvoll, so warm. "Ich möchte dein Vertrauen nicht, Kai. Aber du solltest lernen, Feryou zu vertrauen." Kai blickte sie fragend und erstaunt an. Warum sollte er diesem Pferd vertrauen? Warum? Und warum wollte sie sein Vertrauen nicht? Kapitel 4: Zwischen Liebe und Hass ---------------------------------- So, wieder mal ein neues Kapitel. Diesmal geht es etwas aufregender zu. Viel Spaß beim Lesen wünscht Karuhmaus Kapitel 4: Zwischen Liebe und Hass Sie standen noch immer so da, nahe beieinander, das Pferd bei ihnen. Kais Hand lag noch immer auf dem warmen Hals des Tieres, das sich langsam beruhigte. Cat streichelte vorsichtig das Pferd. Dabei war es nicht zu vermeiden, dass sich die Hände der beiden jungen Menschen ab und zu berührten. Kai musste sich jedes Mal bemühen, nicht zurückzuzucken. Diese sanfte Berührungen und diese Nähe zu dieser Frau, seinem Opfer machten ihn fast wahnsinnig. Er war hier um diese Frau zu töten und nicht um Pferdeflüsterer zu spielen. Er musste sie töten, hier und jetzt. Mit seiner freien Hand tastete Kai nach seiner Pistole und zog sie langsam hervor. Das kalte Metall reflektierte das Sonnenlicht, das darauf fiel. Es wäre einfach gewesen, sein Opfer durch einen Kopfschuss zu töten und dann mit einem der Pferde zu fliehen. Vermutlich würden ein paar Stunden vergehen, bevor ein aufmerksamer Passant die tote Frau finden würde. Genug Zeit, so dass er das Land verlassen konnte. Ja, das war ein guter Plan. Vielleicht ein bischen problematisch, da die drei ausländischen Kinder ihn ja gesehen hatten, aber ansonsten durchführbar. Bevor Kai die Waffe entsicherte, warf der Russe Cat einen kurzen Seitenblick zu. Die junge Frau stand verträumt lächelnd da, den Kopf an den Hals des Pferdes gelehnt. Sie sah dabei so glücklich aus, so strahlend, wie die Sonne. Kai blickte wieder auf seine Pistole hinunter und steckte sie langsam wieder ein. Noch war der Zeitpunkt noch nicht gekommen. Erst wollte er diese junge Frau besser kennen lernen. Cat lächelte unwillkürlich, zupfte Feryou sanft am Ohr und gab dem Pferd einen Kuss auf die Stirn. Kai sah sie erstaunt an. Sie ging mit dem Pferd so um, wie manche Menschen mit ihrem Geliebtem. Eine seltsame Frau. Die junge Frau hatte sich wieder auf den Felsen gesetzt, während Kai immer noch unentschlossen bei dem dunkelgrauen Pferd stand. Ein leichter, warmer Wind trieb Sandwolken vor sich her. Es war schon sehr warm, obwohl es noch nicht einmal Mittag war. Der öffentliche Strand in der Nähe war von Touristen aller Länder überfüllt. Leises Kinderlachen und Stimmen drangen zu den beiden jungen Leuten durch. Es war ein Sommertag, wie er im Buch stand, warm, wunderschön und voller unerfüllter Träume. "Träumst du manchmal vom Tod, Kai?" Cat hatte leise gesprochen, sich aber kurz umgewandt, um ihn anzusehen. Ihre Augen strahlten traurig, strahlten ihn an. Den Angesprochenen verwirrte diese Frage. Was sollte das? Vom Tod träumen? Er? Natürlich, der Tod war sein Beruf, aber das konnte er Cat wohl kaum sagen. Deshalb schwieg er und starrte stumm auf das Meer hinaus. "Und was ist mit dem Leben? Ist der Anfang und alles dazwischen nicht ebenso wichtig wie das Ende?" Jetzt blickte ihn die junge Frau zweifelnd an, so als erwarte sie eine ehrliche Antwort. Kai fühlte sich durch ihren Blick genötigt zu antworten. "Ich weiß es nicht." Cat stand langsam auf und ging auf Kai zu. "Du weißt es nicht? Gefällt dir das Leben, dein Leben, etwa nicht?" Der junge Russe blickte ihr starr in die Augen, ohne zu antworten. Ob ihm sein Leben gefiele? Natürlich nicht. Er hasste sein Leben, das Leben im Allgemeinen. Für ihn gab es nichts Schönes auf dieser Welt, überhaupt nichts. Seine Welt war dunkel und schwarz. Niemand konnte ihm ein Licht bringen. Niemand. "Lass mich dir helfen, bitte. Ich weiß, dass ich es kann." Vorsichtig streichelte die junge Frau Kai über die Wange. Nur ganz sanft, ein Hauch einer Berührung. Angenehm, lieblich und doch viel zu nah. Kai trat, von einer inneren Macht geleitet, mit einer schnellen Bewegung von Feryou und Cat weg, um weiteren Berührungen dieser Frau auszuweichen. Noch mehr Nähe konnte er in diesem Moment nicht ertragen. Durch die plötzliche Bewegung erschrak das ängstliche Pferd und grub seine Zähne in Kais Unterarm. Die Augen des jungen Russens weiteten sich überrascht, Schmerz spürte er eigentlich keinen, nur Wut. Kai hob die unverletzte Hand und schlug Feryou heftig aufs Maul. Das Tier wich entsetzt zurück und stieg, es versuchte zu fliehen, um Kais nächstem Schlag zu entgehen. Doch da hatte der Russe nicht mit Cat gerechnet. Als er zu seinem nächsten Schlag ausholte, riss ihn die junge Frau nach hinten, so dass er nach hinten fiel und im weichen Sand landete. Cat nutze das Überraschungsmoment und hielt Kai am Boden fest. Für ihre schmale Figur war sie ungewöhnlich stark und kräftig. "Wage es nie wieder eines meiner Pferde zu schlagen! Niemand schlägt meine Pferde. Niemand, hörst du!?" Cat war sehr aufgebracht, ein Umstand, den Kai so gar nicht verstand. Die junge Frau ließ den jungen Killer los und näherte sich vorsichtig dem ängstlichen Pferd. Sie sprach beruhigend auf ihn ein und massierte Feryou mit kreisförmigen Bewegungen. "Ganz ruhig, keine Angst. Ich tu dir nichts. Alles ist in Ordnung...", sprach Cat auf das Tier ein. Kai stand langsam wieder auf und klopfte sich den Sand von der Kleidung. Er warf noch einen Blick auf sein Opfer und das Pferd, dann drehte er sich um und ging langsam Richtung Stadt. Nur weg hier, weg von dieser Frau, die es wagte so mit ihm umzugehen. Bisher hatte niemand es gewagt ihn, den großartigen Kämpfer anzugreifen. Die Menschen, die so unvorsichtig gewesen waren und dies getan hatten, waren längst Geschichte, lagen tief unter der Erde und schliefen den ewigen Schlaf des Lebens. Cat würde ihnen bald Gesellschaft leisten. Bald würde sie für immer ihre wunderschönen Augen schließen. Er würde sie heute Nacht töten, ja, das war gut. Durch´s Fenster in ihr Schlafzimmer und dann schießen. Dann war alles vorbei. Das Leben würde wieder seinen gewohnten Gang gehen. "Wenn du jetzt gehst, bist du nicht mehr als ein elender Feigling, der vor dem Leben davon läuft." Cat war ihm nachgegangen, stand mit den beiden Pferden ungefähr einen Meter hinter ihm. Verärgert drehte Kai sich zu Cat um und blickte sie an, die Augen kalt wie Eis. "Anscheinend habe ich mich in dir getäuscht, Kai, in deinen hübschen Augen, der Regelmäßigkeit deiner Gesichtszüge, in deinem Wesen. Geh nur, wenn du zu große Angst vor dem Leben hast. Geh!" Cat nahm Faithless Zügel kürzer und stieg auf. Feryou führte sie neben her. Langsam ritt sie zurück, zurück zu ihrem kleinen Häuschen, zurück in ihre Welt. Obwohl sie sich schnell abwandte, konnte der Russe ein leichtes Glitzern in ihren Augen erkennen. Waren das etwa Tränen? Nein, unmöglich. Diese Frau weinte nicht so einfach. Nicht wegen einem daher gelaufenen Fremden, wie ihm. Er war doch nur ein Spielzeug für sie. Ein Spielzeug für eine Frau, die genug Geld hatte um sich die ganze Welt zu kaufen und keinen Skrupel hatte dies auch zu tun. Moment mal, was dachte er da überhaupt? Sollte Cat so falsch und verlogen sein, wie er dachte, müsste sie eine ziemlich gute Schauspielerin sein, denn bisher hatte es niemand geschafft ihn zu täuschen. Er hatte sie alle durchschaut. Doch Cat war anders, als er dachte. Sollte sie wirklich seinetwegen weinen? Nein, wahrscheinlich hatte ihr der Wind nur ein paar Sandkörner in die Augen geweht. Aber sie hatte sie verzweifelt geklungen. Fragend blickte Kai ihr nach. Einem inneren Impuls folgend, trat er ein paar Schritte vorwärts, um die Reiterin nicht ganz aus den Augen zu verlieren. Halt, was tat er da? Wollte er ihr etwa folgen? Ihr, seinem Opfer, der Frau, die ihn als Feigling beschimpft hatte? Nein, das konnte er nicht, das wäre gegen seine Natur gewesen. Aber wenn es doch Tränen gewesen waren? Sollte er ihr doch folgen? Ihr nachlaufen wie ein Hund? Nein, das war nicht seine Art. Seine Zeit würde kommen, bald. Genau wie der Tod. Rasch und mit festen Bürstenstrichen fuhr Cat mit der Kardätsche über Faithless´ Fell. Feryou stand ruhig grasend in dem kleinen Sandauslauf. Nach außen hin wirkte das junge Pferd ruhig, doch ein aufmerksamer Beobachter merkte sofort, wie nervös die Ohren des Tieres bei jedem lauten Geräusch zu zucken anfingen. Die drei Kinder, Cats Schützlinge, sahen ihr verschreckt dabei zu. Solches Verhalten waren sie nicht gewohnt. Normalerweise ging Cat mit den Pferden ruhig um und sprach dabei dauernd auf sie ein. Irgendwie hing ihr Stimmungswechsel mit dem seltsamen jungem Mann zusammen, der hier gewesen war. Zara, die mutigste von allen trat schließlich neben Cat und fragte langsam. "Alles - in - Ordnung?" Cat blickte das kleine Mädchen lächelnd an. "Natürlich, Liebes." Während die junge Frau ihr Pferd in den Auslauf brachte, bemühte sie sich fröhlich zu wirken und zu lächeln, um der Kinder willen. In ihrem Inneren war ihr überhaupt nicht zum Lachen zu mute. Wie hatte sie sich nur so in einem Menschen täuschen können? Auf sie hatte Kai gewirkt, als ob er bereit wäre, sein Leben, wie immer das auch in Wirklichkeit aussah, zu ändern. Als sie den Russen mit Feryou gesehen hatte, war ihr dieses Bild so harmonisch erschienen. Kai und der junge Wallach waren so ein schönes Paar gewesen, doch jetzt war das alles vorbei. Kai war anders als alle anderen Männer, die Cat bisher getroffen hatte. Er war so verletzlich, so einsam. Und er war klug, sonst wäre er alleine nie soweit gekommen, hätte nie überlebt. Traurig lächelnd winkte Cat den Kindern nach, die lachend ins Dorf zurückkehrten. Jetzt war sie allein. Wieder einmal. Kapitel 5: Zum Töten zu nah --------------------------- Hier bin ich mal wieder mit einem neuen Kapitel. Diesmal ist es etwas länger geworden, außerdem erfährt man endlich mehr über Cat und ihre Vergangenheit. Na ja, viel Spaß beim Lesen wünscht Karuhmaus Kapitel 5: Zum Töten zu nah Nun endlich wieder alleine stapfte Kai durch den tiefen Sand in Richtung Dorf. Dort wollte er so lange ausharre bis die Dunkelheit herein brach und er seinen Auftrag erledigen konnte. Danach würde er in Ruhe das Land verlassen und all dies hinter sich lassen. Ja, das war es, was er wollte. Einfach nur vergessen. Starr ließ der junge Killer sich auf einer altersschwachen Bank, die mitten im Zentrum von St. Maries de la Mer stand, nieder. Rund um ihn herum lief das Leben weiter wie gewöhnlich, nur ein paar Leute warfen dem mysteriös aussehenden Mann einen kurzen Blick zu. Die meisten Touristen hielten ihn für einen von ihnen, der auch den Strand, die Sonne und das Meer genießen wollte. Die Einheimischen aber wussten es besser. Sie wussten, dass zwischen Kai und Cat zumindest eine gewisse Verbindung bestand. In der Mitte des Platzes spielten kleine Jungen mit einem alten, dunklen Lederball. Die drei kickten sich den Fußball mehr schlecht als recht zu, so dass das runde Spielzeug meist gegen eine Hausmauer prallte oder einen harmlosen Passanten traf. Doch trotz allem schienen die Kinder Spaß an diesem Spiel zu haben, denn sie lachten ununterbrochen. Einer der Jungen, der kleinste und verwahrloseste von allen, versuchte zu seinen Freunden zu schießen, doch wegen mangelnder Treffsicherheit landete der Ball genau vor Kais Füßen. Zögernd kam der Kleine auf den jungen Mann zu. Anscheinend hatte das Kind Angst vor dem Mann, der nur teilnahmslos auf das Spielzeug starrte. "Peux-je avoir la balle?" Verständnisvoll sah Kai den Jungen an. Erstens verstand der junge Killer das Kind nicht und zweitens war er mit seinen Gedanken noch immer in einer anderen Welt. Alles um ihn herum nahm Kai schon gar nicht mehr wahr. Seine Gedanken kreisten noch immer um sein Opfer, das er einfach nicht aus seinen Gedanken verbannen konnte. Weinerlich blickte der kleine Junge den Russen an und versuchte es noch einmal, diesmal aber auf Englisch. "Darf ich bitte meinen Ball wiederhaben?" Endlich, nach langem, erwachte Kai aus seiner Starre und sah den Jungen vor sich. Die Kleidung des Kindes war zum Teil sehr schmutzig, das T-Shirt an einigen Stellen zerrissen, die Hose an den Knien schon etliche Male geflickt. Anscheinend stammte der Kleine, sowie die anderen Jungen, aus dem Kinderheim von dem Cat vorhin gesprochen hatte. Lächelnd hob Kai den Ball auf und hielt ihm dem Kind entgegen. "Merci." Verunsichert lächelnd lief der Junge wieder zu seinen Freunden zurück und kickte ihnen den Fußball zu. Vorsichtig zog Kai die Akte seines Opfers hervor. Bisher hatte er noch keinen Blick darauf geworfen, da ihn die ganze Geschichte dieser Frau nicht im Geringsten interessierte. Doch nun da es noch bis zum Einbruch der Dunkelheit dauert, konnte es nicht schaden sich all dies durch zu lesen. Gelangweilt schlug Kai den Ordner auf. Er fing dort an zu lesen, wo bekanntlich alles begann, bei der Geburt. Suchend überflog der junge Mann die Fülle an Daten bis er das Richtige gefunden hatte. Unter allen äußerlichen Beschreibungen, wie Größe, Augen- und Haarfarbe, fand er endlich wonach er gesucht hatte. ,Geboren am 4. Juli 1982 in Arles' stand da. Zufällig wusste Kai, dass dies die nächstgrößte Stadt war. Ein sanftes Lächeln glitt über das Gesicht des Russens. Natürlich war sie im Sommer geboren, wie hätte es auch anders sein können? Eine andere Jahreszeit passte nicht zu dieser Frau. Um noch mehr über sein Opfer zu erfahren, vertiefte sich der Killer immer mehr in die Cats Akte. Den Informationen zu Folge war ihr Vater ziemlich reich gewesen, sein Vermögen belief sich zum Zeitpunkt der Datenerfassung auf ungefähr 9 Millionen Euro. Verächtlich runzelte Kai die Stirn. Für reiche Leute hatte er rein gar nichts übrig, obwohl, Cat hatte nicht wie ein verwöhntes Millionärstöchterchen gewirkt. Eher das Gegenteil war der Fall. Cat kam wohl eher nach ihrer Mutter, die aus sehr ärmlichen Verhältnissen gekommen war. Diese schien aber, wenn man den Aufzeichnungen Glauben schenken durfte, sehr klug gewesen. Sie hatte ein Stipendium bei einer sehr guten Universität in Frankreich bekommen und anschließend in Amerika studiert. Die beiden hatten 1980 geheiratet und danach viele Reisen unternommen. Mehr war über Cats Eltern nicht zu erfahren, außer dass beide 1990 bei einem Aufstand im Sudan um´s Leben gekommen waren. Kai sah auf, blickte in die Ferne. Sein Opfer hat ihre Eltern schon früh verloren, genauso wie er. Das arme Mädchen. Seufzend wandte der Russe sich wieder der Lebensgeschichte seines Opfers zu. Anscheinend war die Frau schon als Kind sehr viel auf Reisen gewesen. Diverse Länder Afrikas, wie Äthiopien, Namibia und Kenia, Russland und der Irak waren nur einige davon. Ihre Eltern finanzierten einige Kinderheime in verschiedenen Ländern und arbeiteten nebenbei als Psychologen. Cat begleitete ihre Eltern auf allen Reisen und verbrachte so die meiste Zeit im Ausland. Unterrichtet wurde sie meistens von Privatlehrern oder von ihren Eltern. Anscheinend war Cat damals glücklich gewesen, sehr glücklich sogar. Ein Foto, das ebenfalls in der Akte lag, bestätigte das. Ein etwa neunjähriges afrikanisches Mädchen mit langen geflochtenen Haaren stand Arm in Arm neben der jüngeren Cat unter einem großen Affenbrotbaum, so vertraulich als wären die beiden Schwestern. Zudem hielt Cat ein kleines Löwenjunges in den Armen und lachte den Betrachter des Bildes strahlend an. Dies alles strahlte so viel Frieden und Ruhe aus, sodass Kai nicht anders konnte als zu lächeln. Nach einigen Sekunden wandte der Russe sicher wieder der Akte zu und las weiter. Nach dem frühen Tod ihrer Eltern hatte eine weit entfernte Verwandte die Verantwortung für Cat übernommen und das Mädchen nach Frankreich zurück gebracht. Doch dort blieb sie nicht lange, denn bald wurden ihre Auslandsaufenthalte wieder häufiger. Mit zweiundzwanzig brach Cat ihr Psychologiestudium ab, der Grund dafür war unbekannt. Sie finanzierte weiterhin mit dem Geld ihres Vaters mehrere Kinderheime in aller Welt. Außerdem setzte sich die junge Frau sehr für die Opfer von Gewaltverbrechen ein, speziell für Kinder, die vergewaltigt worden waren. Zufrieden schlug Kai die Akte seines Opfers zu. Nun hatte er endlich genug über diese Frau erfahren. Genug, um sie hassen zu können, so wie er alle Psychologen und Psychiater hasste. Durch das Klingeln eines Handys wurde Kai aus seinen Gedanken gerissen. Seufzend holte er es hervor und starrte auf den Display. Es verging einige Zeit, bevor er endlich abhob. Der Anrufer war, genauso wie er selber auch, ein Auftragsmörder. Die übrigen Killer kannten sich meist untereinander nicht, da der Boss der kleinen Firma alle Informationen strengstens geheim hielt. Nicht einmal den Namen ihres Bosses hatten die Angestellten erfahren. Nur die treu ergebensten und erfolgreichsten unter ihnen wurden in einige dunkle Geheimnisse eingeweiht. Kai zählte zu diesen Auserwählten, war er doch besonders kaltblütig und hinterließ bei seiner Arbeit niemals Spuren. Ein anderer, der zu dem kleinen Kreis der Eingeweihten zählte, war Tala. Er war genauso alt wie Kai, auch sonst ähnelten sich die beiden. Der Rothaarige war fast ebenso kalt wie der andere, aber statt seine Opfer zu hassen, benutze er sie nur im Spaß mit ihnen zu haben und sie anschließend zu töten. Ja, die beiden waren sich ähnlich, waren sogar fast so etwas wie Freunde, auch wenn Kai und auch Tala das natürlich leugnen würden. "Na, Auftrag erledigt?" Tala klang wie immer sehr gelassen und cool. "Heute Nacht ist sie dran", knurrte Kai in sein Handy. "Du lässt dir aber im Gegensatz zu sonst viel Zeit. Der Boss war in den letzten Tagen sehr nervös, weil du dich noch nicht gemeldet hast. Anscheinend setzt ihn sein Auftraggeber unter Druck. Du solltest die Kleine sofort töten und so schnell wie möglich wieder zurückkommen." "Natürlich." Kai nickte. Das war genau das, was er schon die ganze Zeit vor hatte. "Hattest du wenigstens Spaß mit der Kleinen? Wie ich dich kenne, wahrscheinlich nicht. Obwohl das bei dieser Frau auch sehr schwer wäre, denn immerhin ist sie eine Spezialistin in bezug auf Sexualverbrechen." "Ach ja?" Desinteressiert beobachtete Kai die Kinder, die noch immer in seiner Nähe Fußball spielten. "Natürlich. Liest du eigentlich nie Zeitung? In zwei Tagen fliegt dein süßes Opfer nach Russland, um einem jungen, ausländischen Flüchtlingskind zu helfen, das vergewaltigt worden ist. Dieser Fall erregt schon jetzt viel Aufsehen, da ein ganz hohes Tier aus der Finanzwelt unter Verdacht steht, der Täter zu sein. Jetzt will er die Frau natürlich ganz schnell aus dem Weg haben." Tala lachte. Ihm war es egal, wer oder wie viele Menschen durch ihn selbst oder durch Kai sterben mussten. Es ging Tala nur um die Macht, die er über seine Opfer hatte. Wortlos starrte Kai auf sein Handy. So war das also. Deshalb musste Cat sterben. Ohne ein Wort des Abschieds brach der junge Killer den Anruf ab und steckte sein Mobiltelefon wieder ein. So war das also. Deshalb musste Cat sterben, weil sie einem kleinen, schutzlosen Mädchen helfen und einen Mann auf Grund seiner Gewalttaten hinter Gitter bringen wollte. Traurig, wirklich. Falls er ein Herz hätte, würde er einige Tränen für sie vergießen, doch leider, sein Herz war kalt wie Eis. Jetzt da er die ganze Geschichte kannte, musste er endlich eine Entscheidung treffen. Nun musste Kai sich zwischen richtig und falsch entscheiden. Kai warf noch einen letzten Blick in den mittlerweile dunklen Himmel, stand auf und ging an den Kindern, die noch immer Fußball spielten, vorbei. "Au revoir, monsieur!", riefen die Jungen ihm nach. Ohne noch einmal zurück zu blicken, hob der junge Killer grüßend eine Hand und ging weiter seines Weges. Kai konnte sich noch gut an den Weg zu Cats Haus erinnern, denn immerhin war das Dorf nicht sehr groß und das Haus seines Opfers war keinesfalls zu verfehlen. Sein Weg führte vorbei an verschiedenen Bars und Restaurants, in denen die Touristen und jungen Einheimischen ausgelassen feierten. Mit verächtlichem Blick wich Kai den Betrunkenen aus, die orientierungslos auf der Straße herumtorkelten. Bald schon konnte er diese Straße hinter sich lassen und in einen ruhigeren Teil des Dorfes einbiegen. Durch das Wohnzimmerfenster fiel ein schwacher Lichtschimmer, außerdem konnte Kai das Flimmern des Fernsehers erkennen. Für ihn war es keine Schwierigkeit gewesen, das Schloss des Gartentores zu knacken. Derartige Aufgaben war er gewöhnt. Zum Glück befanden sich die Hunde im Haus, denn sonst hätte der Russe einige Schwierigkeiten bekommen, obwohl es ihm nichts ausgemacht hätte, die Tiere auch zu töten. Doch es wäre schade um seine Munition gewesen. Teuflisch lächelnd holte Kai seine Pistole heraus und schlich näher zum Fenster. Bemüht nicht auf einen Zweig oder etwas anderes, das Lärm verursachen könnte, zu treten, kam er dem Fenster und somit Cat immer näher. Schon war seine Chance zum Greifen nahe. Noch ein paar Schritte, dann hätte er sein Opfer im Visier. Ein einziger Schuss würde ausreichen, um diese Frau zu töten. Dann könnte er endlich wieder nach Russland zurückkehren. Dann wäre endlich alles wieder so wie früher. Ein kurzer Moment der Unachtsamkeit wurde Kai zum Verhängnis. Unerwartet war eine Gestalt hinter ihm, zwar von schmächtiger Statur, aber mutig. Mit einer schnellen, kräftigen Bewegung, die man dem alten Polizisten, der Kai entdeckt hatte, nicht zutrauen würde, holte der Mann aus und schlug ihn mit einer Taschenlampe nieder. Bewusstlos fiel Kai zu Boden, die Pistole noch immer in der Hand. Wiedereinmal war sein Vorhaben verhindert worden. Pierre Delacroix war schon seit vielen Jahren Polizist in St. Maries de la Mer. Seine Familie stammte aus diesem Dorf, also war es selbstverständlich, dass er nach seiner Ausbildung hier her zurückkehrte, um in seinem Heimatdorf für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Doch dies lag schon viele Jahre zurück, denn inzwischen machten sich Pierres Enkelkinder, Francois und Michel, bereit, um den Platz ihres Großvaters einzunehmen. Cat war in all den Jahren ein besonderer Schützling Pierres geworden. Der alte Mann hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, jeden Abend nach Einbruch der Dunkelheit noch bei dem Haus der jungen Frau nach dem Rechten zu sehen. Die Leute im Dorf nannten es, eine Spinnerei des Alten, doch an diesem Tag erwies es sich als das Richtige. Durch das laute Geräusch - denn der Vorfall lief keinesfalls leise ab - aufgeschreckt, verließ Cat das Haus und erschien bei der Unfallstelle. Kai lag, noch immer ohne Bewusstsein, am Boden, an der Stirn eine blutende Wunde, die Pistole neben ihm im Gras. "Was ist hier los?" Besorgt kniete die junge Frau neben dem Russen nieder und fühlte seinen Puls, erleichtert, dass sein Herz noch schlug. "Dieser Mann wollte dich überfallen, vielleicht sogar töten. Ich habe ihn gerade noch rechtzeitig überwältigt.", erklärte Pierre die Situation. Mit von der Gicht gekrümmten Fingern holte er rostige Handschellen aus seiner Tasche und wollte sie Kai gerade anlegen, als Cat dazwischen ging. "Halt, er gehört zu mir. Bitte, sperren Sie ihn nicht ein." Bittend sah die junge Frau zu dem alten Mann auf, den sie schon seit ihrer Kindheit kannte. Es war wichtig, sogar überaus wichtig, Kai jetzt nicht zu verlieren. Vielleicht konnte sie ihm ja doch noch helfen. Sie hoffte es so sehr. "Kindchen, dieser Mann wollte dich töten. Ich kann ihn nicht einfach frei in der Gegend herum laufen lassen." Kopfschüttelnd blickte Pierre die junge Frau, die so besorgt neben dem Russen kniete, an. Zu all den Falten, die sein einst so schönes Gesicht zerfurchten, gesellten sich nun noch ein paar Sorgenfalten. "Worauf hast du dich denn nur wieder eingelassen, Cat?" Mit einem traurigen Lächeln stand sie auf und sagte leise: "Vielleicht kann ich ihm noch helfen. Bitte, sperren Sie ihn nicht ein." Seufzend gab Pierre nach, Cats wunderschönen Augen konnte er noch nie einen Wunsch abschlagen. "Wirst du es schaffen?" - "Ich weiß es nicht, aber ich muss es versuchen." Entschlossen hob Cat die Pistole auf und ließ sie in ihrer Jackentasche verschwinden. "Na, dann bringen wir den Burschen mal rein." Mit einer Leichtigkeit, die man dem alten Mann niemals zugetraut hätte, hob Pierre den Russen hoch und trug ihn ins Haus. "Pass auf dich auf, Kleines." Schon ging der alte Mann wieder seines Weges, besorgt über den seltsamen jungen Mann mit der Waffe, der die reichste Frau des Ortes, vielleicht sogar des ganzen Landes, töten wollte. Später würde Pierre es bereuen, Kai nicht eingesperrt zu haben. Doch jetzt beherrschten nur mehr die frischen Muscheln, die seine Frau Jacqueline zum Abendessen kochte, seine Gedanken. Kopfschüttelnd legte Cat die Pistole auf den Wohnzimmertisch, genau neben die Glasschüssel mit den frischen Rosenblättern. Traurig lächelnd blickte die junge Frau Kai an, der das Bewusstsein immer noch nicht wiedererlangt hatte. Das Blut an seiner Stirn war inzwischen eingetrocknet und wie Cat feststellen konnte, war die Wunde nicht besonders tief. Also bestand keine Gefahr für den jungen Russen. Cat schalteten den Fernseher aus, sperrte die Hunde, die Kai nur gestört hätten, in den Garten und ließ sich mit einem Buch gegenüber von dem Russen auf einem Fauteuil nieder. Ab und zu blickte sie auf und warf einen liebevollen Blick auf Kai, der ruhig atmend da lag. Kapitel 6: Teufelskreis ----------------------- So, da bin ich endlich wieder mit einem neuen Kapitel. Ein großes Sorry, dafür das es so lange gedauert hat. Den Anfang des Kapitels hatte ich schon beinahe vor einem Jahr fertig, aber dann fiel mir einfach nichts mehr ein. Ich hoffe, ihr könnt mir verzeihen^^ Kapitel 6: Teufelskreis Ein kleiner, frecher Sonnenstrahl stahl sich durch einen winzigen Spalt zwischen den zugezogenen Vorhängen. Er malte helle Kringel auf den niedrigen Glastisch und blendete dabei auch die junge Frau, die sich auf dem Fauteuil zusammengerollt hatte und schlief. Langsam räkelte Cat sich und öffnete verschlafen die Augen. Nachdem sie sich an das helle Licht gewöhnt hatte, stand Cat vorsichtig auf und zog die Vorhänge zur Seite. Dabei konnte sie ein leises Stöhnen nicht unterdrücken, denn ihre Glieder waren noch von der langen Nacht in der unbequemen Haltung verspannt. Behutsam streckte sie sich und gähnte dabei ausgiebig. Als der ganze Raum mit hellem Sonnenlicht durchflutete wurde, wandte sich die junge Frau dem Mann zu, der noch immer auf der Couch schlief. Langsam näherte sie sich ihm, wie ihm zu sehen, ob sein kaltes Herz noch schlug. Ein Lächeln huschte über Cats Gesicht. Schlafend wirkte Kai genauso verletzlich wie die anderen Menschen. Nichts Gefährliches oder Bedrohliches war mehr an ihm. Ein beinahe friedlicher Ausdruck lag auf dem Gesicht des jungen Mannes. Nichts wies mehr auf all den Schmerz, den er in seinem Herzen mit sich trug, hin. Im Schlaf sah Kai wie ein ganz normaler junger Mann aus. Attraktiv. Lässig. Klug. Und doch viel zu nah. Liebevoll lächelnd beugte sich Cat über den jungen Killer, wobei sie sanft mit einem Finger eine Narbe nachzog, die direkt unter Kais Haaransatz verlief. Vorsichtig hauchte sie ihm einen leichten Kuss auf die Stirn, bevor sie – erschrocken über ihren eigenen Wagemut – wieder die Haare des Mannes über die Narbe strich. Mit einem traurigen Glanz in den Augen wandte Cat sich von dem jungen Mann ab und verließ den Raum. Obwohl es erst früh am Morgen war, stand die Sonne schon ziemlich hoch im Himmel. Die Quecksilbersäule des Thermometers war in der letzten Stunde um einige Grade höher geklettert und brach dabei fast alle Rekorde. In diesem Sommer war es wirklich ungewöhnlich heiß. Am Marktplatz war zu dieser Zeit schon viel los. Viele Bauern aus der Umgebung sowie einige Bewohner des Dorfes, die Tomaten und Paprika auf dem Balkon züchteten, boten dort ihre Ware zum Verkauf an. Es gab Salami vom Stier mit Kräutern, Pfeffer und Nüssen, außerdem frisches Obst. Riesengroße Nektarinen türmten sich zu einem Stapel, daneben reife Marillen, tief orange, frische Erdbeeren und monsterhafte Wassermelonen. Es gab noch viel mehr zu sehen, doch da Cat dieses Bild mehr als vertraut war, nahm sie alles gar nicht mehr wahr. Zielstrebig marschierte die junge Frau von Stand zu Stand, verhandelte mit den sonnenverbrannten Männern, um die Ware etwas billiger zu bekommen, als sie angeboten wurde. Als letztes besorgte sie zwei Stangen frisches Baguette von einer kleinen Bäckerei gegenüber des Platzes. Freundlich lächelnd grüßten die alten Männer, die wie jeden Tag um diese Zeit Botcha spielten, die junge Frau. Fast alle Menschen in dem Dorf kannten Cat schon, seit sie ein Baby war und von ihrer Mutter im Kinderwagen durch den Ort kutschiert worden war. Damals war sie für alle das hübscheste Baby auf der ganzen Welt gewesen. Als sie älter wurde und jeden Tag lachend, gefolgt von einer übermütig bellenden Hundeschar, durchs Dorf rannte, war sie für alle nur das kleine Mädchen von nebenan und heute nannte die ältere Generation sie noch genauso. Obwohl Cat mittlerweile ziemlich reich war, war sie für die Menschen immer das einfache Mädchen aus ihrem Dorf geblieben. Mit einem voll gefüllten Einkaufskorb machte Cat sich schließlich auf den Heimweg. Es war schon beinahe Mittag, als der junge Killer aus seinem nahezu komatösen Schlaf erwachte. Müde schlug er die Augen auf, sah das Zimmer und war nicht einmal besonders überrascht, dass er sich in Cats Wohnzimmer befand. Das ländliche Ambiente war ihm inzwischen genauso vertraut wie seine Zweizimmerwohnung in Moskau. Vorsichtig setzte Kai sich auf, nicht ohne dabei stöhnend zusammenzuzucken. In seinem Kopf pochte es schmerzhaft, was vermutlich auf seine Verletzung zurückzuführen war. Verdammt, dieser alte Polizist musste ganz schön fest zugeschlagen haben. Das hätte er dem alten Knacker gar nicht zugetraut. Als er sich behutsam über die Stirn strich, bemerkte er das Pflaster, das sich dort befand. Für einen kurzen Moment zogen sich Kais Mundwinkel nach oben, fast wie bei einem Lächeln. Einige Sekunden später wirkte er jedoch genauso abweisend wie zuvor. Nur keine Gefühle zeigen. Niemals. Vorsichtig sah Kai sich um und entdeckte sofort seine Pistole auf dem Wohnzimmertisch. Ungläubig griff der Killer danach und drehte sie herum, betrachtete sie von allen Seiten. Überrascht stellte er fest, dass sie noch geladen war. Mit einer langsamen Bewegung ließ Kai die Pistole in seiner Jackentasche verschwinden. An den gestrigen Abend konnte er sich nur schemenhaft erinnern. Er wusste noch, dass er Cat töten wollte und dann… war dieser alte Polizist gekommen und hatte ihn niedergeschlagen. Aber was war dann passiert? Hatte sein Opfer ihn etwa wieder bei sich aufgenommen? So dumm konnte sie doch nicht sein. Wahrscheinlich war das ganze Haus von Polizisten umstellt. Genau, das war die einzige wahrscheinliche Möglichkeit. Auf Zehenspitzen schlich der Russe zum Fenster und schielte nach draußen, doch dort war nichts. Nichts außer dem normalen Leben. Kein einziger Polizist war zu sehen. Seltsam. Vielleicht hatte Cat die Polizei nicht gerufen. Ja genau, das musste es sein. Entweder war Cat sehr dumm, oder aber, sie vertraute ihm. Beide Möglichkeiten erschienen ihm im Moment sehr unwahrscheinlich. Kopfschüttelnd drehte Kai sich um und verließ das Haus durch die Vordertür. Weit kam Kai nicht, denn gerade als er das Grundstück verlassen wollte, kam ihm die junge Frau entgegen. Beladen mit einem wunderschönen Strauß Lavendel, sowie einem überaus vollen Einkaufskorb schlenderte sie über die Straße, grüßte die anderen Leute und wirkte einfach nur glücklich. Für einen kurzen Moment hielt der junge Killer inne und starrte sein Opfer einfach nur an. Irgendetwas löste diese Frau in ihm aus, er wusste nur noch nicht was. Vielleicht war es besser, das niemals herauszufinden. Er blieb mitten im Vorgarten stehen, eine Hand bei seiner Waffe, jederzeit bereit zu schießen und so endlich seinen Auftrag zu Ende bringen. Sie kam auf ihn zu, mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen. Verdammt, warum lächelte sie? Weil sie ihn in ihrer Gewalt hatte. Nein, falsch. Er war es doch, der mit ihrem Leben spielte. Nein, das war auch wieder falsch. Ungläubig schüttelte Kai den Kopf, er konnte einfach keinen klaren Gedanken mehr fassen. Was war richtig, was falsch? Bevor er das herausfand, wurde ihm schwarz vor Augen. Anfangs bekam er gar nichts davon mit, erst als er am Boden lag, erwachte er aus seinem tranceartigen Zustand. War er etwa ohnmächtig geworden? Nein, er doch nicht. Das Nächste was er sah, war Cat, die sich besorgt über ihn beugte und seine Hand hielt. Und da war es wieder, dieses seltsame Gefühl in seinem Bauch, das Kribbeln auf seiner Haut. Was sollte das bloß? War sie wirklich besorgt, fürchtete sie etwa um sein Leben oder war das alles nur gespielt? Er wusste es nicht. „Ist alles in Ordnung?“ Ein Ausdruck der Angst war in ihr hübsches Gesicht getreten und gern hätte er gesagt, es ginge ihm gut, nur um wieder ihr Lächeln sehen zu können. Langsam setzte Kai sich auf und antwortete leise: „Das war es noch nie.“ Cat hatte es irgendwie geschafft, Kai in die Küche zu verfrachten. Der junge Mann hatte zunächst Einwände dagegen erhoben, sich jedoch dann widerstandslos gefügt. Daher stand Kai nun etwas verloren in der ländlichen Küche, während sein Opfer erstmal die Einkäufe verstaute. „Wenn du noch Kopfschmerzen hast, kannst du dir eine Schmerztablette aus dem Bad holen“, meinte Cat beiläufig, während sie den Katzen frisches Wasser gab. Mit einem stummen Nicken begab sich Kai auf die Suche nach dem Badezimmer, das er auch ziemlich bald fand, da das Haus ja nicht sehr groß war, was ihn jetzt im Nachhinein ziemlich wunderte. Immerhin hatte Cat genug Geld um sich eine riesige Villa mit geheiztem Swimmingpool, Heimkino und sonstigem Schnickschnack bauen zu lassen. Aber egal, wichtig war vorerst nur das Bad, denn dort befand sich rechts neben dem Handtuchhalter ein kleiner Medizinschrank. Zwei Minuten später wühlte Kai immer noch mit gerunzelter Stirn in dem kleinen Kästchen. Da er sich ja gerade in Frankreich befand, waren auch diese Medikamente auf Französisch beschriftet. Das war ein „kleines“ Problem, denn der Russe konnte kein Wort davon lesen. „Verdammt...“ Er konnte nicht einmal ein Mittel gegen Kopfschmerzen von einem Beta-Blocker unterscheiden. Auf gut Glück schnappte Kai einfach ein weißes Schächtelchen mit blauen Streifen an der Seite, das ungefähr so aussah wie etwas, das Schmerztabletten enthielt. Damit machte er sich wieder auf den Weg in die Küche, wo Cat gerade mit Kochen beschäftigt war. Gerade als Kai zwei der Tabletten mit einem Glas Wasser herunterspülen wollte, spürte er plötzlich Cats Hand auf seinem Arm, die ihn davon abhielt. „Ich glaube, du solltest diese Tabletten besser nicht nehmen, außer natürlich du hast besonders starke Regelschmerzen.“ Während Cat die ganze Geschichte eher lustig fand, war Kai absolut nicht zum Lachen zumute. Er war ziemlich wütend, dass gerade ihm solch ein Fehler passiert war. Natürlich hätte er es ja voraussehen müssen, denn mit seinen spärlichen Französischkenntnissen kam er hier nicht weit. Mürrisch starrte Kai die junge Frau an, die im jedoch nur lächelnd auf den Rücken klopfte – eine Berührung, die er nur ungern ertrug. „Das kann doch jedem mal passieren“, beruhigte sie ihn. „Warte, ich hole dir die richtigen Tabletten. Lauf ja nicht weg!“ Und schon wirbelte sie herum und war verschwunden. Als Cat mit dem richtigen Schmerzmittel zurück in die Küche kam, war Kai verschwunden. Sie fand den Russen jedoch nach kurzem Suchen wieder. Er stand im Garten bei den Pferden und beobachtete die Tiere, die friedlichen neben dem Unterstand grasten. Während die junge Frau sich wieder dem Kochen zuwandte, warf sie hin und wieder einen Blick nach draußen. Beruhigt stellte sie fest, dass Kai versuchte, sich mit Feryou anzufreunden. Vielleicht würde doch noch alles gut werden. Durch das aufdringliche Läuten der Türklingel wurde die friedliche Idylle gestört. Da beinahe jeder im Dorf wusste, dass Cat daheim war, blieb ihr nichts anderes übrig als zur Tür zu gehen. „Hallo Ray“, begrüßte sie den Chinesen, der im Garten stand. Der junge Mann mit den langen, schwarzen Haaren war ein guter Freund von Cat, der oft vorbeikam, um nach ihr zu sehen. „Geht es dir gut? Du bist nicht ans Telefon gegangen, deshalb bin ich vorbei gekommen“, meinte Ray besorgt. Mit einer Handbewegung bat Cat den Chinesen ins Haus. „Es ist alles in Ordnung, mach dir keine Sorgen.“ Seufzend folgte Ray der jungen Frau uns Wohnzimmer. „Hast du Durst? Warte, ich hole dir schnell ein Glas Wasser.“ Und schon war sie weg. Kopfschüttelnd blickte der Chinese Cat nach. Sie war so zerbrechlich und dünn. Wahrscheinlich hungerte sie schon wieder. Seufzend ließ sich Ray auf´s Sofa sinken und dachte über Cat nach. Seit ihrer Kindheit kannten sie sich schon, denn damals hatte seine Mutter als Schneiderin für Cats Familie gearbeitet. Oft hatten sie ihn zu dieser Zeit mit zum Anwesen der Savages mitgenommen und dort war er stundenlang mit der Tochter des Hauses durch den Garten getollt. Er hatte ihr gezeigt, wie man Fußball spielte und ein Rad schlug. Sie wiederum hatte ihm Reiten beigebracht, wobei er immer noch eine ziemliche Abneigung gegen diese großen Tiere hegte. Seit dieser Zeit war er der jungen Frau ein guter und treuer Freund gewesen. Gern wäre er noch mehr als das gewesen, doch Cat hatte alle seine Annäherungsversuche ignoriert. Irgendwann hatte Ray sich damit abgefunden, nur der Beschützer der jungen Frau zu sein. Das war sein Schicksal. Zufällig blickte Ray aus dem Fenster und sah dabei Kai, der noch immer am Gatter lehnte und die Pferde beobachtete. Schon begannen bei ihm die Alarmglocken zu läuten, war dies doch eine ihm unbekannte Person, denn eigentlich kannte er die meisten von Cats Freunden, waren das doch nicht gerade viele. Aus zwei Dingen war der Chinese stark beunruhigt. Erstens, weil eine fremde Person einfach so bei Cat war und zweitens, weil diese Person ein Mann war, der sogar aus dieser Entfernung gefährlich aussah. Gerade während Ray nachdachte, wer der Mann sein könnte, kam Cat wieder ins Wohnzimmer. „Hier, dein Wasser.“ – „Wer ist das?“, fragte der Chinese. „Wer?“ Erstaunt sah sich Cat im Zimmer um. „Wer ist der Kerl, der dort draußen bei den Pferden steht?“, rief Ray aufgebracht. „Oh, das ist Kai, antwortete Cat, als würde das alles erklären“ – „Kai?“ Die junge Frau nickte und ließ sich in einen der Fauteuils sinken. „Wer zum Teufel ist Kai?“ – „Kai ist... ein Bekannter“, versuchte Cat die Situation zu erklären. „Er wohnt vorrübergehend hier.“ Das hätte die Frau besser vor Ray geheimgehalten, denn diese Nachricht war zuviel für den Chinesen. Normalerweise war er eher ein sanftmütiger Mensch, doch wenn es um Cat ging, war er ganz anders. Und außerdem war vor seinem geistigen Auge gerade eine nicht jugendfreie Szene von zwei verschwitzen Leibern in einem zerwühlten Bett aufgetaucht. Aufgebracht sprang Ray auf und schrie, wenn auch nicht sehr laut: „Wie kannst du so etwas nur tun?“ - „Warum regst du dich so auf, Ray?“ Cats Augen funkelten wütend, während sie den Chinesen anstarrte. „Warum ich mich aufrege?!“ Der sonst so ruhige Ray schrie Cat zornig an. „Du kennst diesen Kerl überhaupt nicht und lässt ihn einfach so bei der wohnen! Nach allem was passiert ist, hätte ich dich für klüger gehalten.“ Kummervoll blickte Ray die junge Frau an. „Er braucht Hilfe, Ray. Meine Hilfe.“ Mit durchdringendem Blick sah Cat den Chinesen an. Leicht lächelnd hob sie anschließend eines der Kätzchen, die im Haus herumliefen, auf und kraulte sein flauschiges, graues Fell. Aus einem inneren Impuls heraus trat Ray ein paar Schritte auf die junge Frau zu, blieb jedoch kurz vor ihr stehen. „Er wird dir wehtun.“ - „Vielleicht, doch wenigstens merke ich dann, dass ich noch lebe.“ Eine perlengroße Träne rann über Cats Wange und verschwand im Fell des Kätzchens. Sanft strich Ray der jungen Frau die Haare aus der Stirn und streifte dabei leicht ihre Wange. „Pass auf dich auf.“ Cat hob den Kopf und lächelte. „Keine Angst, Ray. Mir wird nichts passieren.“ Mit diesen Worten verließ sie den Raum. Ray blieb alleine mit seinen Gedanken zurück. „Hoffentlich.“ Kai hatte weder von Rays Kommen, noch von dem kleinen Streit etwas bemerkt. Lässig lehnte der Russe am Gatter der Weide und sah den Pferden beim Grasen zu. Durch leises Schnalzen mit der Zunge wollte er Feryou, den jungen, grauen Wallach, zu sich locken, doch dieser ignorierte ihn völlig. Einzig und alleine Faithless, der große Schimmel, kam neugierig auf Kai zu und reckte ihm seinen wuchtigen, weißen Kopf entgegen. Leicht erschrocken wich der junge Mann ein paar Schritte zurück, war er doch so große Tiere nicht gewohnt. Da Faithless nichts Böses im Sinn hatte und seine Augen außerdem sehr freundlich wirkten, wagte Kai sich ein wenig näher an das Pferd heran. Zögernd hob er die Hand und streichelte sanft über die samtweiche Nase des Wallaches. Mit der Zeit wurde auch Feryou auf den Menschen aufmerksam, der da seinen Stallnachbarn so liebevoll kraulte. Vorsichtig näherte sich das junge Pferd dem Russen und versuchte Faithless wegzudrängen. Als ihm das aber nicht gelang, wandte Feryou sich dem Russen zu. Argwöhnisch beäugten sich die beiden und schließlich rang sich Kai dazu durch, den Wallach behutsam zu streicheln. Anfangs hatte das Pferd seine Ohren noch flach am Kopf liegen, aber nach und nach schien er Vertrauen zu fassen und stellte sie auf. Während Kai sich gerade seelenruhig mit den Pferden anfreundete, passierten in Russland ganz andere Dinge. „Komm näher, Tala.“ Es war derselbe Raum, indem auch Kai seinen letzten Auftrag entgegengenommen hatte. Auch war die Person, die die Befehle erteilte die gleiche. „Was willst du von mir, Boris?“ Der Mann in dem fleckigen Ledersessel winkte den jungen Russe mit einer drohenden Handbewegung zu sich, während er in der Tasche seines Jacketts nach seinem Feuerzeug suchte. Eigentlich war es ja verboten, den Boss beim Namen zu nennen, das wusste Tala genau. Der Letzte, der es gewagt, die Identität des Chefs gegenüber seiner Verlobten auszuplaudern war mit Steinen in der Tasche in der Moskwa versenkt worden. Seit daher hütete sich jeder davor, Boris´ Zorn zu erwecken. Aber da Tala einer seiner besten Männer war – vermutlich sogar der Beste, denn Kai war ja manchmal ziemlich psychotisch – konnte er sich derartige Dinge schon mal erlauben. „Ist Kai schon wieder aus Frankreich zurück?“ Boris Stimme klang als wäre das nur eine beiläufige Frage, aber Tala kannte seinen Boss mittlerweile gut genug, um zu wissen, was wirklich hinter diesen Worten steckte. „Schon möglich“, antwortete der rothaarige Russe ausweichend. „Nein, ist er nicht!! Er ist immer noch bei...“ – „Dieser Frau?“, half Tala seinem Boss weiter. Das war wohl etwas zu viel, denn Boris schlug wutentbrannt mit der Faust auf die Tischplatte. „Hör auf mit diesen Spielchen, Tala“, wetterte er. Nachdem Boris sich wieder halbwegs gefasst hatte, was nur seiner Quai d´Orsay zu verdanken war, schob er Tala einen kleinen Umschlag zu. „Du fliegst in zwei Stunden nach Frankreich. Erledige den Job und wenn es sein muss auch Kai. Ich kann jemanden, der es nicht einmal schafft eine wehrlose Frau umzulegen in meiner Firma nicht brauchen.“ Diese Worte beherrschten Talas Gedanken auch noch, als die überfüllte Halle des Flughafens betrat. Er würde tun, was nötig war, auch wenn er dafür seinen besten Freund töten müsste. So, das war´s mal wieder. Ich hoffe, das Kapitel hat euch gefallen... ist auch eines der letzten, denn so langsam geht die FF ihrem Ende zu. Bis zum nächsten Mal eure Karuhmaus Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)