Embrace me, demon von NamiHeartphilia (How can you keep me in chains?) ================================================================================ Kapitel 1: _rain on me_ ----------------------- Es regnete so schön. Ich liebe den Regen. Man könnte meinen, die kleinen Tropfen fallen in einen ungeheuren Geschwindigkeit aus einer gewaltigen Höhe um sich auf uns zu stürzen und momentan all das Unreine, was uns befleckt, abzuwaschen. Das wäre natürlich schön, doch es ist leider nicht möglich, denn sie waschen nur das ab, was sich an der Oberfläche befindet. Das jedoch, was in uns lebt, was wir sind, was wir verstecken, was nur wir kennen - das bleibt unberührt und wächst mit jedem Atemzug. Aber in jenem Moment stand ich auf der anderen Seite des Regens vor einem massiven Glasfenster und starrte die Menschen auf der Straße an, die von hier oben so klein erschienen. Mit einem Finger fuhr ich die Spur einer Regenperle auf dem Glas nach. Obwohl Feuer im Kamin loderte und ich einen Bademantel trug, fröstelte es mich ein bisschen. Das gedämmte Licht machte mich irgendwie schläfrig, aber ich hatte keine Lust meinen Blick von dem ewigen Regen abzuwenden, da er mich in seinen Bann gezogen hatte. "Was ist denn so schön am Regen?" Er saß hinter mir auf der Ledercouch. Ganz gelassen und cool wie immer. Auch wenn seine Gestik und Mimik Leute anziehen sollte und sein Lächeln so schön wie das eines Kunstwerks war, hasste ich das alles manchmal, denn ich wusste, dass das nicht er selbst war. Niemals, aber auch wirklich niemals würde er zeigen, wie es in ihm aussah. Von Zeit zu Zeit machte mich diese Art von Unehrlichkeit richtig krank. Wozu die ständige Schauspielerei? In seiner rechten Hand hielt er ein Glas von tiefsündigem Rot. "Na? Sag schon, was gefällt dir denn an schmutzigem Wasser, das vom Himmel fällt?" Mit einem Schlag hatte er die ganze Schönheit des Regens zerstört indem er einfach offen sagte, was der Regen tatsächlich war. Da Adrian nie sein wahres Ich preisgab, konnte das keiner mit ihm machen. "Es interessiert dich doch überhaupt nicht. Warum fragst du denn danach?" Nachdem er sein Glas abgestellt hatte, gesellte er sich zu mir ans Fenster. "Was ist denn mit dir, Victoria? Du bist heute so schlecht drauf.", fragte er und zwang mich dazu ihm in die Augen zu sehen. Ja, das konnte er gut. Wenn ich ihn gefragt hätte, was los sei, hätte er es mir nie gesagt. Großer Gott. Das nannte sich Partner. Nein, nicht Partner im Sinne von Liebe - wie lächerlich - nein, wir waren lediglich Partner, wenn wir unseren Job erledigen sollten. Das sah folgendermaßen aus: wir hatten einen Auftraggeber, der uns Informationen über bestimmte wertvolle Edelsteine gab und diese sollten Adrian und ich ihm dann beschaffen. Wir waren nicht die Einzigen, die der Lord beschäftigte. In diesem Sinne war Adrian also mein Partner. Mit der klitzekleinen Ausnahme, dass er kein Mensch, sondern ein Vampir war. Nicht dass mich das gestört hätte. Es hatte schon viele Dinge in meinem Leben gegeben, die mich geschockt haben und um ehrlich zu sein arbeitete ich lieber mit einem Vampir als mit Menschen. Seit dem Unfall meiner Mutter, über die Hochzeit meines Vaters zu der Tatsache, dass mich so viele Menschen enttäuscht hatten. Als allererstes mein war es Vater. Kurz nach dem Tod meiner Mutter hatte er wieder geheiratet. Ich glaube sogar, er hatte nur darauf gewartet um diese zickige Schlampe zu ehelichen. Wie auch immer. Sie hatten mich wirklich enttäuscht und ich war immer vor allen, die mich enttäuscht hatten, weggelaufen. Vor meinem Partner brauchte ich nicht flüchten, denn wir hatten glücklicherweise keinerlei Gefühlsbindung und er konnte im Grunde nur unseren Chef enttäuschen, was sich dann auch auf ihn selbst auswirken würde. "Ich weiß auch nicht. Er ist eben schön. Du weißt doch, ich liebe schöne Dinge." Ich hoffte, er würde das nicht sofort auf sich beziehen, selbstverliebt wie er war. "So wie diese hübschen kleinen Rubine, die wir uns gestern geholt haben?", fragte er und seine Augen funkelten in der Farbe des von ihm genannten Steins. Wenn das geschah, konnte man sich fast nicht rühren, weil es so bezaubernd, gefährlich und verdammt anziehend war. Jedoch hatte ich mich daran gewöhnt. Seltsamerweise bekam ich diesmal Gänsehaut und das unangenehme Gefühl, ihn berühren zu müssen. Schon eigenartig, denn das war nicht meine Art. Berührungen. Nein. Das war ich nicht. So gut es ging, mied ich sie. Jetzt verspürte ich den Drang die schwarzen Haarsträhnen aus seinem Gesicht zu streichen. Vielleicht lag es daran, dass ich schon etwas mehr getrunken hatte. Ja, das musste es sein. Der Kerl war mir so ziemlich gleichgültig. Zwar war er ein Vampir, aber immer noch ein Mann. Das heißt, seine Opfer waren meistens weiblich, jung und hübsch und wurden erst ausgesaugt, nachdem er mächtig Spaß mit ihnen hatte. Anscheinend erfüllte ich mit meinen 24 Jahren, langen dunkelbraunen Haaren und einer eigentlich angemessenen Figur diese Kriterien. Denn als der Chef ihn mir als Partner zugeteilt hatte, hatte Adrian als allererstes versucht mich mit seinen Fähigkeiten um den Finger zu wickeln. Hatte doch tatsächlich die Rechnung ohne mein dominantes Verhalten und Schlagfertigkeit gemacht. Während ich in Gedanken versunken war, musste ich grinsen. Mein Partner musterte mich verwundert. "Mann, Victoria, du erstaunst mich immer wieder.", sagte er plötzlich. "Was meinst du?" "Einen Moment lang spielst du hier den sterbenden Schwan und im nächsten Augenblick grinst du so teuflisch. Woran hast du gedacht?" Er sah mich verdächtig an. "Warum liest du denn nicht meine Gedanken?", grinste ich ihn weiter an, weil ich genau wusste, dass er ausgerechnet meine Gedanken nicht lesen konnte. Niemand wusste warum, aber bei mir funktionierte es nicht. "Unglaublich komisch. Du siehst fertig aus. Vielleicht solltest du ins Bett gehen." Tatsächlich. Dieser Vorschlag war gut. Ich fühlte die Müdigkeit in meinem Körper, wie sie ihn runterzog und schwer machte. "Ja, mach ich. Die Nacht gestern war schon anstrengend." "Der Regen ist tatsächlich schön. Das habe ich früher nie wirklich gemerkt.", bemerkte er und lächelte. Er lächelte wirklich. So weit ich mich erinnern konnte, hatte er das fast nie getan. Es war normalerweise dieses verstellte dreckige Grinsen oder ein Lächeln, das die Intention hatte, Menschen zu verführen. Doch dieses Mal war es echt. Hatte ich etwa schon so viel getrunken? Und plötzlich fand er den Regen auch schön, wie? "Er ist so schön, dass ich jetzt mal ein bisschen durch die Straßen gehen werd.", beschloss er spontan. "Ach das ist es." Ich hob eine Augenbraue und malte mit den Händen den groben Umriss einer Frau in die Luft. "Hey, Bedürfnisse sind da, um sie zu befriedigen." Das schöne Lächeln wurde wieder einmal zu einem dreckigen Grinsen und ich bereute es ihn überhaupt darauf angesprochen zu haben. "Und dich darf ich ja schließlich nicht anfassen. Wenn's anders wäre, müsst ich jetzt gar nicht raus in den kalten Regen." "Das hättest du wohl gern. Du bist unverbesserlich." Wenigstens hatte er mich zum Lachen gebracht. "Danke, du aber auch. Weißt nie mein Angebot zu schätzen." Während er sich zur Tür begab, knöpfte er sein Hemd zu und wartete doch tatsächlich darauf, ob ich denn nicht doch meine Meinung ändern würde. "Du kennst mich doch schon drei Jahre. Langsam solltest du wissen, was ich bin und was ich nicht bin." Ein Flittchen ganz bestimmt nicht. "Hmmm. Wenn du allerdings kein Mensch mehr wärst, dann würdest du nicht mehr altern, du wärst so wie ich und noch schöner als jetzt - geht das? Und…“ "... und wir würden nicht mehr zusammenarbeiten können!", beendete ich seinen Gedankenlauf. "Hast du vergessen, dass der Chef nur Menschen mit Vampiren arbeiten lässt und nie gleiche Rassen zusammen? Du weißt doch ganz genau, dass er das tut, weil das Paar dadurch gleichzeitig die Stärken eines Menschen und die eines Vampirs innehat." "Eins zu null für dich. Ich geb auf. Zumindest vorerst!", wieder grinste er cool. Als hätte er nichts begriffen. Ich hatte mich oft gefragt, ob er nur so tat oder ob er wirklich so stur war. Bevor ich etwas entgegnen konnte, hörte ich das Knallen der Tür und weg war er. Schlafen. Das hatte er gesagt? Ja, ich brauchte jetzt Schlaf. Der Kerl konnte gut reden, er hatte ja auch massig Energie. Auf dem Weg in mein Schlafzimmer zog ich meinen Bademantel aus und warf ich rücksichtslos auf den Stuhl in einer Ecke des Zimmers. Ich betrachtete kurz einen der Rubine, die wir gestohlen hatten und die nun auf meinem Tisch lagen. Sie waren so wunderschön, so einzigartig und geheimnisvoll. So wertvoll. Ich nahm ihn in die Hand und beobachtete, wie der Stein das Licht aufzusaugen schien. Schließlich ließ ich mich erschöpft aufs Bett fallen und schloss meine müden Augen. Irgendwann später wachte ich auf, weil ich spürte wie etwas Kühles an meinen Beinen entlang kroch. So angenehm, wie sanfte Hände, die langsam meine erhitzte Haut streichelten. Mein Zustand war schon fast fiebrig und diese unsichtbare Kraft wanderte hinauf über meine Schenkel zum Becken und Bauch. Mein Körper schien nach dieser ersehnten Kühle zu dürsten. "Adrian, bist du es?", hörte ich mich wispern, doch es kam keine Antwort und ich sah weiterhin nichts, denn es war finster. Nur das geheimnisvolle Leuchten der Edelsteine auf meinem Tisch konnte ich erkennen. Der Griff der unbekannten Macht wurde fester und wilder. Die Kühle breitete sich aus und versuchte die Hitze in meinem Leib zu ersticken. Sie legte sich auf mich wie ein hauchdünner Schleier. Kalt und warm - gepaarte Gegensätze, die mich in den Wahnsinn trieben. Als die Kühle siegte, verwandelte sie sich in eine Körperform, die mich festhielt und an sich zog. Dieses Etwas fuhr mit seiner Zunge über meine Lippen und Hals. Ich wagte es kaum zu atmen und verlor gänzlich die Kontrolle. So furchtbar ordinär ich das jetzt beschreibe, so fühlte sich dieser seltsame Tanz aus Leidenschaft an. Die kalten Ketten, denen sich das Feuer gebeugt hatte, hatten den Besitz ergriffen und mich zu ihrer Sklavin gemacht. Entfachte Gier nach der erlösenden Kälte machte mich betrunken und flüsterte mir die süßesten Wunschträume zu. Die zarte Besessenheit legte ihre sündigen Finger um mein Herz und schaltete mein Hirn völlig aus. Ich musste wohl mein Bewusstsein verloren haben, denn auf einmal war alles verschwunden und als ich das nächste Mal die Augen öffnete, sah ich Adrian vor mir - sichtlich mit der Frage ,Was zur Hölle war hier los?' auf der Zunge. Ich sprang auf und das Gefühl der Leichtigkeit schenkte mir Gewissheit, dass dieses seltsame Etwas mich losgelassen hatte. Sogar frei atmen konnte ich wieder. "Was ist hier passiert? Hast du dich etwa selbst geschlitzt?", fragte er und erst jetzt merkte ich, dass er verdächtig Abstand hielt. "Ich versteh nicht ...?" Verwirrt blickte ich an mir herunter und stellte zu meinem Entsetzen fest, dass mein Nachthemd, sowie alle Stellen, wo dieses Wesen mich mit seiner Zunge berührt hatte, blutbefleckt waren. Meine Lippen, mein Hals, mein Oberkörper. Es war nicht meines. Denn nirgendwo war ich verletzt. Verwirrt schaute den Vampir an. "Du ... solltest dich waschen. Der Anblick ist für mich sonst zu reizbar.", meinte er krampfhaft und ich sah, dass er sich bereits zusammenreißen musste. Völlig durcheinander stolperte ich ins Bad und wusch das Blut von meinem Körper. Nachdem ich das Erlebte einigermaßen überwunden hatte, suchte ich Adrian auf, der wieder auf der Couch saß. Erst jetzt fiel mir auf, dass er klatschnass war. "Ist es etwa angenehm in nassen Klamotten rumzulaufen?", fragte ich und setzte mich in den großen weichen Sessel. "Hatte noch keine Zeit mich umzuziehen. Bin draußen im Regen spazieren gewesen. Ich hatte den Eindruck, es stimmt etwas nicht, also bin ich wieder hierher gekommen. Kaum war ich zur Tür rein, hörte ich schon irgendwas zerbrechen. Dann bin ich sofort in dein Schlafzimmer." Er zog das nasse Hemd aus und strich die ebenfalls nassen Haare zurück. "Was ist denn jetzt eigentlich passiert?" Ich schilderte ihm, was ich gefühlt hatte und was passiert war. Sein Gesichtsausdruck gefiel mir gar nicht. "Sag jetzt bloß nicht, dass dir das auch noch gefallen hat.", meinte er und kniff die Augen zusammen. "Also... es war nicht unbedingt eine Qual.", musste ich eingestehen. "Ich bin mir nicht sicher, ob das ein Incubus sein könnte, aber du solltest nicht so leichtsinnig sein. Du hast dieses Wesen doch nicht mal gesehen. Wenn ich das gemacht hätte, hättest du mich doch gleich gepfählt.", grinste er und lehnte sich zurück. "Nun ich weiß ja nicht, ob ich das witzig finden soll. Zuerst hatte ich schon Angst, aber dann war's doch auf ne Weise vertraut. Ich dachte einen Augenblick lang, das wärst du." "Aha! Das heißt also…“, begann er. "Das heißt gar nichts! Ich war nur in einem Fieberzustand. Deshalb konnte ich nicht mehr klar denken." Ja, ich hatte es wieder einmal bereut diesem Kerl etwas verraten zu haben. Sein Gesichtsausdruck sagte wieder nichts. Ich wusste nicht, ob er das zum Lachen fand, ob er sich Sorgen machte, ob ihm das egal war. Gar nichts. "Ach übrigens - die Steine haben sehr eigenartig geleuchtet." "Wenn du meinst, sie hätten etwas damit zu tun, sei beruhigt. Wir bringen sie...", er warf einen Blick auf die Uhr, "… in ca. fünf Stunden zum Chef." "Was? Schon so bald? Gott, ich bin so kaputt. " Gähnend machte ich mich ins Schlafzimmer auf. "Hast du schon vergessen, dass dein Bett blutbefleckt ist?", rief er mir hinterher. "Ach das ist mir jetzt auch egal.“, antwortete ich erschöpft. "Du kannst in meinem Bett schlafen.", schlug er vor. Ich sah ihn schief an. "Ich schlafe natürlich auf der Couch - was dachtest du denn?", grinste er ,unschuldig'. "Ok, wenn du meinst.“ Verloren torkelte ich in sein Zimmer und legte mich aufs Bett. Im nächsten Moment war ich schon eingeschlafen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)