Embrace me, demon von NamiHeartphilia (How can you keep me in chains?) ================================================================================ Kapitel 2: _acting like ... _ ----------------------------- Das böse Klingeln des Weckers riss mich aus meinem traumslosen Schlaf. Ohne die Augen auch nur aufzumachen, tastete ich nach ihm, merkte aber irgendwann, dass das Klingeln aus meinem Zimmer kam und ich in Adrians Bett lag. Jetzt hatte ich gar keine andere Wahl als aufzustehen und in mein Zimmer zu wanken, um dieses nervtötende Gerät endlich abzuschalten. Unwillig glitt ich vom Bett herunter und rieb meine Augen. Dann begab ich mich in mein Zimmer und suchte nach dem Wecker. Als ich diesen mit Genuss endlich ausgemacht hatte, schlurfte ich langsam in Richtung Bad, wobei ich immer noch dieses dämliche Piepen in meinen Ohren hatte. Plötzlich fiel mir ein, was letzte Nacht passiert war, weil ich ungefähr an derselben Stelle stand wie letzte Nacht. Das Gefühl, das mich ergriffen hatte ... Ich wollte es noch einmal spüren. Es war nichts da gewesen außer dieser Hitze und Kälte ... Wie schwarz und weiß, die ineinander die Fülle finden und sich perfekt ergänzen. Denn nur auf schwarz erkennt man das Weiß am besten und nur auf weiß ist das Schwarze vollkommen wie sonst nirgendwo. Gegensätze, die einander zum Ausdruck bringen, indem sie sich vereinen, so paradox das auch erscheinen mag. Ohne das Gegenteil ist man längst nicht komplett. Es fehlt etwas ... Wie sehr oft schon unterbrach Adrian meinen Gedankenlauf, aber ich glaube, diesmal war ich ihm sogar dankbar, weil ich mich wahrscheinlich gänzlich in diesem absurden Schwachsinn verloren hätte. "Guten Morgen ..." Der schwarzhaarige Kerl, der mir aus dem Dampf strömenden Bad entgegenkam, war selbstverständlich kein Geringerer, als mein unverwechselbarer Partner. Ich wollte etwas entgegnen, war aber immer noch so müde, dass ich schließlich nur eine seltsame Geste hervorbringen konnte. "Ähm ... ich deute das jetzt mal als ,Guten Morgen, Adrian. Du siehst heute wieder toll aus!' Stimmt's?" Mit nur einem Badetuch um die Hüften ging er grinsend an mir vorbei. "Idiot ..." Ebenfalls grinsend schmiss ich mit einem Schwamm, den ich gerade im Bad ergreifen konnte, nach ihm und traf. "Hey, ich kann zwar deine Gedanken nich lesen, aber raten darf ich doch wohl!", verteidigte er sich und schmiss den Schwamm zurück, der dann an der Badezimmertür abprallte. Ich duschte mich kurz ab und erledigte den restlichen Schminkkram, weil ich unglaubliche Lust auf Kaffee hatte, aber noch mehr freute ich mich darauf, die Kohle beim Chef abzusahnen und dann endlich für die nächsten paar Tage meine Ruhe zu genießen. Zum Glück hatte Adrian den Kaffee schon fertig und saß - konnte man es anders erwarten? - immer noch allein nur mit dem Tuch bekleidet in der Küche. Müde ließ ich mich auf dem Stuhl gegenüber von ihm fallen und griff nach der Kanne mit dem dampfenden Kaffee. Dieses Getränk war wahrscheinlich meine einzige Droge, aber dafür auch gleichzeitig eine, von der ich auf ne gewaltige Weise abhängig war. Zigaretten fand ich langweilig, aber Kaffee hielt mich echt am Leben. Ich konsumierte sogar so viel davon, dass Sara sich öfters geäußert hatte, es würde mir schaden. Dann habe ich stets versichert, dass das schon ok sei und, dass ich das brauche, weil ich sonst nicht wach genug für die Jobs bin. Leider muss ich ihr insgeheim Recht geben, denn manchmal greift es mein Herz an und dann habe ich kurzzeitig Stechen, aber das ist mir bereits so scheißegal. Wenn's sein muss, bin ich halt weg vom Fenster. Na gut, es wäre für Sara ein Schock. Immerhin ist sie meine einzige Freundin. Ihr kann ich einigermaßen trauen. Sie ist nämlich die einzige Ausnahme von den Leuten, die ich vorhin genannt habe. Sie ist zwanzig, hat langes blondes, fast weißes Haar und ganz blaue Augen. Immer wenn ich sie anschaue, kann ich mich entspannen. Ich denke, sie verbreitet eine sehr ruhige und warme Aura. Deshalb bin ich, so oft es geht, bei ihr. Oft mache ich ihr Geschenke. Ihre größte Leidenschaft sind Puppen. Also, sie näht selbst welche und diese werden dann so wunderschön. So lebendig. Viel lebendiger als Adrian es je war, ist oder sein wird. Manchmal habe ich das Gefühl, sie sitzen im Regal und beobachten dich. Aber nicht böse oder hinterhältig. Eher wie kleine Kinder. Wie kleine niedliche Stoffschutzengel. Neulich hat sie mir auch ein solches Püppchen geschenkt. Eine süße kleine Gothik-Lolita, die jetzt auf meinem Schreibtisch sitzt. Der ungehobelte Klotz, der mir gerade gegenüber saß, meinte dazu: "Na, seit wann spielst du mit Puppen?" Idiot. Ständig benimmt er sich ja so erwachsen. Dabei ist er selbst nichts weiter als ein dummes kleines Kind. Es gibt Momente, wo ich denke: "Gott, du machst mich krank ..." Wie auch immer, jedenfalls hatte er sich ein prächtiges Image aufgebaut. Richtig cool, stark, sexy, intelligent ... whatever ... Der letzte Punkt brachte mich allerdings zum Grübeln. Wie mich das ankotzte. Damit kommen wir zu dem Teil, dass gerade ER mich nicht unbedingt vermissen würde, wenn ich abkratzen sollte. Das würde dann so aussehen: "Och arme Victoria ... schade, warst echt süß ... Na ja ... ich geh jetzt mal in nen Nachtclub ..." Meine Mundwinkel zuckten auf und ich verschluckte mich fast an meinem heißen Kaffee, als ich mir seine Unschuldsmiene vorstellte. "Was denn? Hat mein Tuch irgendwo ein Loch?", fragte er verwirrt, als er mein Grinsen sah. "Du kennst mich doch. Hab nur gerade an was gedacht." "Ach super ... Du lässt mich ja nie an deinen Gedanken teilhaben. Das ist richtig fies, weißt du das?" "Ja ... ich weiß ...", seufzte ich theatralisch und nahm mir ein Brötchen, das ich sogleich mit Marmelade zu bestreichen gedachte. "Aber wo wir gerade dabei sind ... Du mich auch nicht." "Ich?!" Da war sie. Die Unschuldsmiene. Was musste ich mich zusammenreißen, um nicht loszulachen. Also wirklich. Wenn er gut drauf war, konnte er witzig wirken. Anders war's allerdings wenn wir grad am Einsatzort waren und er von Kopf bis Fuß angespannt war. Dann konnte er richtig unangenehm werden und von Zeit zu Zeit auch sehr gruselig wirken. Er hatte da so einen Blick, wenn's zum Beispiel brenzlig wurde oder ... wenn er jemanden überwältigte. Einmal ist es dazu gekommen und ich werde es wohl nie vergessen. Ein Unfall eher. Ja, ein Unfall war's. Wir hatten gerade vor, uns aus dem Staub zu machen, wurden aber von einem Wachmann erwischt. Bevor dieser allerdings Andere verständigen konnte, warf ihn Adrian zu Boden und brach ihm das Genick. Er hatte diesen teuflischen Anblick. Rasend. Glühend. Explodierend. Die Nacht davor war er schon gestresst gewesen. Zum Glück konnte ich ihn dazu überreden, kein Blutbad zu veranstalten, sonst wären wir bestimmt aufgeflogen. Der Chef war dann auch ein bisschen sauer, aber ich hab Adrian dann blöderweise verteidigt. Keine Ahnung, was in mich gefahren war. Vielleicht hatte ich nur Angst, er würde dann völlig ausrasten. Irgendwie aber ... waren das Momente, wo sein Innenleben zum Vorschein kam. Dann blitzten kleine Strahlen seines wahren Ichs auf. Seine hübsche stolze Marmorfigur splitterte und der Vorhang riss. Das alles waren Momente, die er hasste. Das sagte er zwar, aber die Wahrheit war anders. Er hasste sie nicht, er hatte Angst vor ihnen. Er hatte davor Angst, dass ich ihn sehen würde. Sein Inneres. Das, was er für hässlich und abstoßend hielt und deshalb maskierte. Das, was alle abschrecken würde. Nun, das war wiederum paradox, denn er gab doch immer vor, es wäre ihm egal, was die anderen von ihm hielten. Es überraschte mich, wie viel ich von ihm wusste und zu meinem Glück vermutete er das nicht einmal, weil er nicht wusste, was in meinen Gedanken vorging. Vermutlich hätte er mich vernichtet, wenn er das gewusst hätte. Nur um seine Perfektion zu wahren. "Ich verberge doch NIE was vor dir, liebe Victoria!", bekräftigte er. "Ja klar ... und ich bin die Jungfrau Maria ...", parierte ich. Darauf sagte er dann nichts mehr, weil er wusste, er würde mich sowieso nicht überzeugen können, weil er log. "Weißt du, Adrian, mit der Masche, mir Dinge zu sagen, die ich angeblich hören will, kommst du nicht weiter." Er warf mir einen gespielt beleidigten Blick zu und fuhr sich durch die nassen Haare, die nach Shampoo dufteten. Allerdings ... er benutzte extra-super-geil-duftendes Shampoo. Eitel und eingebildet wie er war, konnte man das ja voraussagen. Ich glaube sogar, er hatte mehr Flakons als ich ... "Tu nicht so, als würde dir der Satz auch nur in geringster Weise was bedeuten.", sagte ich mit einem Siegeslächeln und nippte genussvoll an meinem Kaffee. "Findest du den Kaffee so befriedigend? Wenn man dich so ansieht, hättest du echt das Zeug zu einem Vampir.", bemerkte er. "Das kommentiere ich am besten nicht, sonst landen wir beim alten Thema.", meinte ich und fühlte mich nach dem Kaffee schon viel lebendiger. "Ok, dann geh ich mich mal anziehen." Er stand auf und suchte sein Zimmer auf. Als ich mein Frühstück beendet hatte, zog ich eine weiße Bluse, dazu einen schwarzen Rock und einen schwarzen langen Mantel an. Gerade als ich meine Schlüssel und die Edelsteine in meine Handtasche packte, erschien auch Adrian. Ich musterte ihn kurz und grinste: "So ... jetzt sind wir wohl tatsächlich im Partnerlook, was?" Er hatte nämlich dasselbe an, also ein weißes Hemd, schwarze Hose und einen ebenfalls schwarzen langen Mantel. "Ich kann nichts dafür.", zuckte er mit den Achseln. Ohne daraus eine große Diskussion zu machen, betraten wir den Aufzug, der uns in die Tiefgarage bringen sollte, wo bereits eine Limousine auf uns wartete. Selbstverständlich war das alles geplant und bestellt. Das Innere des Wagens war perfekt gegen das Sonnenlicht abgedichtet, sodass mein Gefährte keinerlei Gefahr durch einen der notwendigsten Faktoren des Lebens, sprich der Sonne, drohte. So nahm er wieder einmal gegenüber von mir Platz. Zum einen, weil er es liebte, Menschen in die Augen zu sehen, weil er sie somit kontrollieren konnte. Klar, bei mir wirkte das nicht. Das heißt, es war schon ein abnormes Gefühl in seine von Zeit zu Zeit magisch funkelnden Augen zu blicken. Auch längere Zeit, aber ... ich konnte mich jede beliebige Sekunde losreißen. Zum anderen drückte diese Sitzangewohnheit auch den großen Unterschied zwischen uns. Das merkte nur auf den zweiten Blick, denn für viele Menschen spielt das keine Rolle. Doch, wenn ich jetzt Sherlock Holmes zitiere, mag vielleicht unpassend wirken, aber für mich ist das ein angemessenes Beispiel: ,Sagen Sie, Watson, wie oft sind Sie diese Stufen schon emporgestiegen? - Bestimmt schon etliche Male. - Und? ... Wie viele sind es? - ... Das kann ich leider nicht sagen ...' Es geht darum nicht nur primitiv hinzuglotzen, sondern zu beobachten. Ein Satz, den auch Galilei gebraucht haben soll. Eine seltsame Art Dinge zu betrachten, aber ich hatte sie mir angelernt und wenn ich Adrian sah, schaute ich ihn nicht nur an, sondern beobachtete ihn. Deshalb sollte er sich nicht wundern, dass ich ihn mehr lesen konnte, als er mich. Die Limousine fuhr ab und bald brausten wir durch die noch vermutlich schläfrige Stadt London. Ich sage ,vermutlich', weil ich das aufgrund der völlig abgeschirmten Fenster nicht beurteilen konnte, sehr wohl aber wusste, dass die Stadt um diese Zeit noch nicht so viele Menschen auf ihren Straßen erlebte. Es war erst ungefähr Viertel vor sechs an einem Sonntagmorgen. Dies war ebenfalls ein positives Argument für meine Vermutung. Da die Fahrt noch eine gute Dreiviertelstunde dauern würde, lehnte ich mich gemütlich zurück und schloss die Augen. Gleichzeitig knöpfte ich meine Bluse ein wenig auf, weil es in dem Wagen ziemlich warm war. "Was willst du denn heute noch machen?", fragte der Schwarzhaarige plötzlich. Er hasste lange und vor allem langweilige Fahrten und versuchte sich mit allem die Zeit zu vertreiben. "Hmm ... ich wollte Sara besuchen." "Du willst ihr deinen Anteil geben, oder? Also ich meine den Edelstein." Es war eine ,Tradition', dass die Partner jeweils einen Stein von der Beute behalten durften als ,Souvenir' sozusagen. "Ja, du weißt doch, dass sie eine Sammlung hat." "Meinst du nicht, dass der Stein zu ... wertvoll ist?" Ich glaube, nach meinem giftigen Blick, hatte er die Frage bereut. "Für solche Menschen ist mir nichts zu wertvoll. Im Gegensatz zu dir.", antwortete ich ihm in der Hoffnung, das würde ihn vielleicht ein bisschen kratzen. "Ach so." Ok, das schien nicht so zu sein. "Kannst ihr meinen dann auch schenken.", sagte er knapp. "Was ...?", fragte ich nach, weil ich glaubte, mich verhört zu haben. "Ja. ... Hey, was soll ich mit dem Teil? ... Kohle haben wir doch sowieso im Überfluss." "Ähm ... gut, wenn du ... darauf bestehst. ... Wieso gibst du ihn ihr nicht selbst? Sie würde sich sicherlich freuen.", schlug ich vor. "Nein, ich fahr nach dem Treffen sofort zurück und penne. Außerdem glaube ich, dass deine Freundin Angst vor mir hat." "Wenn man Angst und Respekt nicht unterscheiden kann, macht es wohl einen solchen Eindruck." "Komm, tu's einfach, ja?", sagte er gereizt. "Ok, ok, maul mich nich an.", zickte ich zurück. Daraufhin beugte er sich ganz nah an mich heran und flüsterte ,sanft': "Wie kann ich dich nur anmaulen, Herzchen? Das würde ich doch nie." Herzchen. Ein Wort, das ich hasste und er wusste das. In diesem Augenblick fiel mir auf, was für dichte schwarze Wimpern er hatte. Ein wunderschöner Kranz um diese kalt glänzenden roten Tore in die Unendlichkeit, die von dem Feuer beherrscht wurden, wenn Adrian gereizt oder erregt war. Es kostete mich einige Sekunden, seinem Blick auszuweichen. "Nenn mich bitte nicht so ...", hauchte ich ihm entgegen, " ... und ... Adrian ...?" "Jaaa ... ?", hauchte er zurück. "... hör gefälligst auf, mir in den Ausschnitt zu starren!", grinste ich und beobachtete, wie er sich zurück auf seinen Sitz fallen ließ. "Mann, Victoria ..." Wenn er menschlich gewesen wäre, dann würde er jetzt rot werden, was natürlich nicht der Fall war. "Ich weiß, ich weiß ... ,Ich bin auch nur ein Mann!' ... Stimmt's?", lachte ich. Er sah mich ausdruckslos an und sprach den Rest der Fahrt nicht mit mir. Wohl kaum, weil er eingeschnappt war, sondern weil er wusste, ich würde bei diesen dummen Konversationen immer gewinnen. Der Wagen rollte endlich in eine weitere Tiefgarage und wir durften aussteigen. "Ms. Leconte, Mr. Richards, ... Sir Edward Williams erwartet Sie bereits ... Bitte folgen Sie mir.", sagte einer der Angestellten, den wir schon kannten und wir folgten ihm schweigsam. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)