Embrace me, demon von NamiHeartphilia (How can you keep me in chains?) ================================================================================ Kapitel 3: _liar_ ----------------- Ohne auch nur ein Wort betraten wir das Foyer des Anwesens, in dem die Farbe Dunkelrot dominierte. Die schweren Vorhänge, die das Licht daran hinderten durch die riesigen Fenster einzudringen, die kunstvollen Teppiche ... Sie waren dunkelrot. Dies war schon früh eine Farbe gewesen, die aussagte, dass ihr Besitzer vermögend war. Doch wie wir Sir Edward kannten, war nicht der Reichtum der Grund für diese Wahl, sondern die Liebe zu dieser Farbe. Ich weiß nicht warum, er sie liebte. Vielleicht ... weil seine leider schon früh verstorbene Ehefrau Catherine diese Farbe vergötterte. Ja, ich erinnere mich an das Portrait, das ich in seinem Kabinett gesehen hatte. Die Frau war keine üppige Blondine (ich sah zu Adrian und verzog meine Mundwinkel), sondern eine Dame, die einfach etwas Bezauberndes an sich hatte ... Sie hatte diese Ausstrahlung ... Und ich hatte auch gemerkt, dass sie auf diesem Gemälde ein rotes Samtkleid trug. Das ruhige Lächeln war so lebendig. Ich glaube, wenn ich diese Frau gekannt hätte, müsste ich jedes Mal weinen, wenn ich das Gemälde sah. Deshalb bewunderte ich Sir Edward. Er hatte nie aufgehört sie zu lieben. Das nenne ich Ewigkeit. Nicht das, was mein allseits geliebter Partner hier immer vorschwafelte. Deshalb und weil er keine Angst hatte vor dem Schmerz, der aufkommen musste, wenn er das Bildnis und Dinge, die ihn an seine Frau erinnerten, sah. Er war ein starker Mann und kannte sein Niveau. "Bitte, warten Sie einen Augenblick.", sagte der Butler und verschwand hinter der massiven dunklen Tür. Adrian setzte sich ganz cool in einen der bequemen Sessel, die für die Wartenden aufgestellt worden waren. "Willst du dich nicht setzen?", fragte er. "Du erinnerst mich von Zeit zu Zeit an eine kalte Statue. Immer aufrecht und streng." Ich seufzte und schloss kurz die Augen. "Wenn ich erstmal anfangen würde DICH zu beschreiben, dann würdest du mich vermutlich hassen.", sagte ich kurz und drehte ihm den Rücken zu. "Ahhh so ist das. Dann schließe ich daraus, dass DU mich wohl bereits hasst, oder was?" Immer dieses blöde Gequatsche. Wieso kann er nicht mal die Klappe halten?! "Nein, Adrian. Ich hasse dich nicht. Du hast mir nichts getan. Und selbst wenn, müsste ich mir selbst die Schuld geben, weil ich das dann selbst zulassen würde." "Ok, dann bin ich beruhigt." "Es würde dich stören, wenn ich dich hassen würde?", fragte ich interessiert. "Ach, ein Mensch mehr oder weniger macht auch keinen Unterschied mehr.", antwortete er und stützte sich auf einem Ellenbogen auf. Im Moment hätte ich am liebsten "du rücksichtsloses Arschloch" gesagt, aber da kam auch schon der Butler zurück und bat uns rein. Deshalb entschied ich mich für "harmlosere" Variante und warf ihm einen arroganten Blick zu. Das schien ihn aber blöderweise anzumachen, weil er wieder einmal so dumm grinste. Endlich betraten wir das Kabinett unseres Chefs, der uns freundlich wie immer begrüßte: "Guten Morgen, setzt euch doch bitte." Er lächelte uns an und fragte: "Möchtest du Tee, Victoria?" Der Mann war an die fünfzig Jahre alt, mit grauen, fast weißen Haaren und milden Falten im Gesicht. Er wäre wohl ein guter Großvater gewesen, doch das Leben hatte seiner Frau und ihm keine Kinder geschenkt. Ein weiterer bitterer Punkt. Geld allein macht eben doch nicht glücklich. Natürlich versteckte er das so gut wie möglich. "Oh, danke, Sir." Ich nahm gerne eine Tasse Tee und vermied es Adrian anzuschauen, weil er mich tatsächlich beleidigt hatte. Das Beste war natürlich, dass er immer darauf achtete keine Frauen zu beschimpfen bla bla, ABER ... leider fiel es ihm nie auf, wenn er jemanden wirklich mal beleidigte, indem er rücksichtslos war oder das, was er versprach, nicht einhielt. Wenn er nicht da war, wenn man ihn brauchte. Adrian war einfach unzuverlässig und ... im Grunde benahm er sich ... ich sage es noch einmal, wie ein verdammtes kleines Kind, das sich alles erlauben kann! ... Ich hatte nicht vor, sein Spielzeug zu sein, das immer wieder auf die Seite gelegt und dann wieder aufgegriffen werden konnte. Ja, ich komme erst jetzt zu der Tatsache, dass er mich wirklich enttäuscht hatte. ... Das habe ich vergessen anzufügen. Er hatte behauptet, ich könne auf ihn zählen, wenn es mir schlecht ginge. Und was ist passiert? Seltsamerweise ... war er zu solchen Zeitpunkten immer auf einmal verschwunden. Er war einfach nicht da. Mehrere Tage kam er nicht zurück und wenn ich ihn fragte, wo er gewesen sei, fand er immer irgendwas. "Dringende Geschäfte" und so weiter ... Letztendlich habe ich diese "du kannst mich mal" - Einstellung entwickelt. Versprechen nicht einzuhalten - das würde ihm nie als Enttäuschung oder Beleidigung vorkommen. Ich meine, erst ist er nicht da und dann ... belügt er mich. Meinte der echt, ich sei so blöd und würde ihm die "dringende Geschäfte" - Nummer glauben?! ... Ich wusste doch, wo der sich herumtrieb. Das störte mich ja weniger. Er log mir ins Gesicht. Das war es. Gott, ich hör mich an wie seine Ehefrau. Verdammt. Im Grunde war mir das bereits auch scheißegal. Sollte er doch machen, was er will. Verändern konnte ich ihn eh nicht. ... Aber ... wenn ich ihm das geglaubt hatte, dass er wirklich da sein würde, ... war ich doch tatsächlich dumm gewesen. Nie wieder. "Ihr habt wunderbare Arbeit geleistet. Gratuliere." "Danke, Sir, hier sind die Edelsteine." Ich reichte dem alten Herrn den Beutel mit den Steinen. "Ich hoffe, ihr habt eure behalten, nicht?" "Ja, Sir, haben wir.", nickte ich. "Vielen Dank, Sir." Er lächelte wieder und legte seine Hände auf den Tisch. "Dann ... will ich euch ja nicht weiter aufhalten, meine Lieben. Die nächsten Tage solltet ihr euch ausruhen. Wenn ein Auftrag da ist, bekommt ihr einen Anruf. Danke für euren Besuch." Ich trank aus und stellte die Tasse auf den Tisch. Wir verabschiedeten uns kurz und gingen wieder den ganzen Weg in die Tiefgarage, wo wir uns zurück in die Limousine setzten. "Der ganze lange Weg für die fünf Minuten ...", meckerte der Schwarzhaarige. Ich nickte nur und gab vor in der Tasche zu kramen. Diese ganzen Gedanken hätten beinahe meine Maske auffliegen lassen. Ein falscher Blick und er würde wieder fragen ... "Ist was mit dir, Schönes?" ... Aaargh ... Lass mich verdammt noch mal in Ruhe ... "Nein, alles ok." Schließlich holte ich einen kleinen Spiegel und Lippenstift raus. Während ich in den Ersteren sah, konnte ich den Blick des Vampirs auf mir spüren. "Wirklich? ... Du weißt, wenn was ist, bin ich ..." "Ich weiß, bist du nie da ..." Nein. Das konnte ich unmöglich gesagt haben. Nein. "Wie ... bitte?" Ach was ... jetzt war es doch eh raus. "Ich sagte, dann bist du nie da." Kühl und ruhig sah ich ihn an. Sollte er es doch ruhig wissen. Das Statement hatte ihn überrollt. "Aber ... das ..." Für ne kurze Zeit, schien er verwirrt, was er sich unmöglich leisten konnte, also griff er wieder nach seinem geilen Image: "... das liegt daran, dass du nicht die Einzige bist, die meine Hilfe braucht ..." Hmm ... Moment mal, wie soll ich nur das Gefühl beschreiben, das ich bei diesem Satz empfand ...? ... Ich denke, ich wollte ihn packen, aus der Limousine schmeißen und ihn anschließend überfahren. Vielleicht war das auch noch milde ausgedrückt. "Pass auf, Adrian, ein letzter Auftrag und das war's. Ich hab einfach keine Lust mehr." "Was denn? Der kleine Scherz ... also ... Victoria ..." Auf meinem finsteren Gesicht breitete sich kein Lächeln aus und er wusste, dass ich ihm nicht glauben würde. "Wieso glaubst du mir nie?", fragte er fast schon empört. "Wieso lügst du denn immer?", fragte ich und machte seinen Ton nach. "Alles klar ... soll ich dir was sagen? Nur weil du dauernd angelogen wurdest, heißt das nicht, dass dich alle anlügen!", sagte er bissig. "Und nur weil dir alle Schlampen glauben, heißt das nicht, dass du denselben Dreck mit mir abziehen kannst!", antwortete ich genauso. Dann sagte ich dem Fahrer, er soll irgendwo anhalten, wo ich aussteigen konnte, ohne, dass Licht in den Wagen kam. "Dass ich also für dich da bin, nennst du also ..." Er sprach nicht zu Ende, denn ich hatte ihm bereits eine Ohrfeige verpasst, stieg aus dem Wagen und knallte die Autotür zu. Der Wagen fuhr ab und ich war froh, dass Adrian mir nicht folgen konnte. Meine Haare wehten im Wind und ich hoffte, die Tränen in meinem Gesicht würden einfrieren genauso wie mein Herz. Wer ... ich frage, WER verdammt noch mal, war ER, um mich SO zu erniedrigen?!!! ... Eingebildeter Idiot. Er ließ mich ausrasten. War es DAS, was er wollte? Höchstwahrscheinlich amüsierte er sich köstlich darüber, dass ich ausgerastet war. Egoistisches Arschloch. Natürlich war er da ... für SICH selbst. Denn nichts auf der gesamten beschissenen Welt liebte er mehr, als sich selbst!!! ... Ja, er hatte es "verlernt" ... natürlich ... Es wäre dasselbe, zu behaupten, er hätte das Saugen verlernt. Und ach ja ... "verdrängt" ... KLAR ... Wenn er das ... "verdrängt" hatte, WAS, verflucht, tat er denn noch hier? Wieso war er nicht schon längst in der Hölle?! Was hat man denn ohne Gefühle noch auf der Welt zu tun?! ... Er log. Er log so oft. Nur um sich zu schützen. Um nicht zugeben zu müssen, dass er doch noch irgendwo Mensch war. Deshalb das Theater, in dem er die Hauptrolle spielte. Mit dem ganzen Puder ... kiloweise Schminke ... prächtige Kleider ... Alle anderen waren für ihn nur Marionetten ... Aber ... eine kleine miese Marionette hatte gerade eben ihre Fäden durchtrennt ... und diese war niemand anderes als ich. Sein lächerliches Spiel würde ich nicht mitspielen. Denn ich ... habe meinen Stolz. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)