Embrace me, demon von NamiHeartphilia (How can you keep me in chains?) ================================================================================ Kapitel 4: _trust me_ --------------------- Vom kalten Wind durchgepeitscht, genauso wie von dem dornenartigen Gefühl, die die Konversation mit Adrian hervorgerufen hatte, fand ich durch einen Park meinen Weg zu Saras Haus, das nicht sehr weit von dem Ort, an dem ich ausgestiegen war, lag. Die wenigen Leute in dem Park warfen mir, wenn überhaupt, verwirrte Blicke zu. Eine nette alte Frau fragte mich, ob alles in Ordnung sei, ich würde ja so blass aussehen. ... Dass es derart liebenswerte Menschen noch gibt, wunderte mich zu dem Zeitpunkt irgendwie. ... Zuerst konnte ich nichts antworten, aber dann brachte ich noch mit gequältem Lächeln ein "Ja, danke, es geht schon ..." heraus, um nicht unhöflich zu sein. Meine Hände waren bereits so kalt, dass ich es wahrscheinlich nicht einmal fühlen würde, wenn ich mir in die Finger schneiden würde. Höchstens würde ich das an den entlang der Hände rinnende Blut bemerken. Zitternd kam ich bei Sara an und klingelte ein paar mal. "Victoria! ... Wie schön d.... Was ist denn los?! ... Komm rein, ist was passiert?" Sie blickte mich wieder mit diesem besorgten Blick an und ich wünschte bloß, man könnte mir von außen nicht anmerken, wie es mir ging, nur damit SIE sich keine Sorgen mehr machte. Damit SIE sich nicht aufregte. " ... Setz dich, ich mach dir gleich einen Tee." ... Komisch ... immer bieten einem die Leute Tee an. Das war jedenfalls der Gedanke, der mir durch den Kopf ging. Total dumm, aber ich glaube, das war die einzige Sorte von Gedanken, die ich in meinem Kopf herumwandern ließ, nur um die Wut und den Schmerz zu unterdrücken und nicht an das Geschehene zu denken ... Ok, es war bereits zu spät ... Was war denn der Grund, weshalb ich mich aufregte? War es wegen meinem verletzten Stolz? Wegen meiner Vergangenheit oder einfach nur wegen ihm selbst? Weil er ein Ignorant war und rücksichtslos handelte? ... "Jetzt, sag schon, was ist denn mit dir los? Wo ist Adrian? ... H-hat er etwa ...?" Ich sah Saras dünne Augenbrauen, wie sie sich über ihren Augen zusammenzogen und ihre verschränkten Arme. " ...W-wir ... hatten eine ... kleine Meinungsv-verschiedenheit ..." "Ja, das kann ich mir mittlerweile denken. Und deswegen bist du so aufgebracht? Wegen einem Typen, der NUR dein Partner ist und an den du durch keinerlei Bande gekettet bist, wie du selbst immer zu sagen pflegst ... ?" Schweigend lehnte ich mich in dem kuscheligen Sessel zurück und versuchte mich zu beruhigen. Ja in der Tat. Das stimmte. Da hatte ich mich von meinen Gefühlen in die Irre führen lassen. Plötzlich hörte ich mein eigenes Gelächter in Saras Wohnzimmer erschallen. "Ach ja, ich war wohl zu gereizt und er hat mich bloß ein bisschen austicken lassen ... Das war's auch schon." Ich nahm einen Schluck Tee und atmete auf. "Hmmm ... das sah mir aber nicht so aus. Was ist los?" Sie sah mit unentwegt in die Augen. "Sag es mir. Ich sehe, dass da was nicht stimmt." Nein, nein und nochmals nein. Ich würde nie etwas zugeben, was nicht stimmt. Es war nichts. Punkt, Aus, Ende, verdammt noch mal. "Es geht mir wirklich gut, der Tee wirkt wahre Wunder." Lächelnd hob ich die Tasse und nahm noch einen Schluck, wobei ich versuchte ein bisschen vom Thema abzulenken. Wie es aussah hatte mein Lächeln sie überzeugt, auch wenn es zur Hälfte draufgeschmiert war. Ja, ich weiß, ich sollte ehrlich sein, aber das ... war nicht mal ne Lüge und außerdem wusste ich zu dem Zeitpunkt nicht mehr, was denn überhaupt wahr war und was nicht. Im Grunde log ich mich mittlerweile selbst an ... Idiotisch, nicht? Wie kann man sich selbst für dumm verkaufen? Tja, fragt die liebe Victoria - SIE weiß es ... "Eigentlich bin ich hier ... um, dir diese Edelsteine zu bringen. Sie sind besonders schön und da dachte ich, sie werden dir gefallen.", sagte ich und kramte in meiner Tasche. Der heulende Krampf in meiner Brust löste sich allmählich. Je länger ich bei Sara war und mich einfach ablenken ließ. Sie nahm das Geschenk gerne an, aber ich musste ihr versprechen, dass ich sie sofort anrufe, wenn es mir wieder schlecht gehen sollte. Schließlich verbrachte ich noch den Rest des Tages bei ihr und kam erst gegen 23 Uhr nach Hause. Das Appartement war leer. Erleichtert legte ich die Tasche ab und zog meinen Mantel aus. Dann hielt ich kurz inne ... Langsam wanderte ich in den Zimmern herum und strich sanft über die Möbel ... Ich überlegte ... Was nützte mir das ganze kindische Spiel? Streit ist dumm ... Nein, ich würde einfach wieder ich sein und mich nicht beirren lassen. Keine Gefühlsausbrüche für ihn. Nein. In der Dunkelheit fühlte ich mich wohl und so legte ich mich auf die Ledercouch, wo einen Abend zuvor Adrian noch so cool gesessen war. Lange noch starrte ich in Gedanken versunken die Decke an und kam zu dem Schluss, dass ich so tun würde, als wäre nie etwas passiert. Das war immer die beste Lösung gewesen. Wenn etwas wertlos war, sah man einfach drüber hinweg ... Irgendwann hörte ich, wie der Schlüssel seinen Weg in das Türschloss fand und die Eingangstür sich öffnete und wieder schloss. Tap, tap, tap ... Mit geschlossenen Augen verfolgte ich die Geräusche, die er machte: das Rascheln des Mantels, die Schritte ... Er blieb im Wohnzimmer stehen, das hörte ich, aber ich sah ihn nicht, weil ich mit dem Rücken zu ihm lag. Anscheinend war er überrascht, dass ich da war, allerdings machte ich keine Anstalten, aufzustehen oder auch mich nur umzudrehen. Jetzt würde bestimmt irgendeine blöde Bemerkung wie "Na, kannst du nicht schlafen?" kommen, aber ... da lag ich falsch. Das, was ich jetzt beschreibe, hat mich in höchstem Maße überrascht und so aus meinem Plan geschleudert, dass ich zunächst vollkommen desorientiert war, denn ich hätte dies nie für möglich gehalten. Ich hörte seine Schritte nämlich wieder. Er kam um die Couch herum, setzte sich neben mich und legte seine Hand auf meine. Das war das erste, was mich geschockt hatte, aber ich blieb ruhig und sagte: "Du warst wieder aus. Deine Hand ist noch warm." "Anders als deine. Wieso bist du wieder so kalt?" "Ich bin nur warm, wenn ich glücklich bin. Genau wie du.", sagte ich leise. ... Er rutschte näher zu mir her und beugte sich herab, um mir etwas zuzuflüstern. Ich weiß nicht, warum er das tat, immerhin waren wir alleine, aber ich vermute jetzt einfach mal, dass er näher sein wollte. "Es tut mir leid." - DAS hatte mich jetzt wirklich geschockt, sodass ich fast aufgesprungen bin. "W-was ... was hast du gesagt?" ... ER - die unantastbare perfekte Kreation entschuldigte sich?! ... "Es tut mir leid, dass ich dich vorhin verletzt habe. Wenn es Nacht gewesen wäre, wäre ich dir gefolgt, als du ausgestiegen bist ... Ich wollte dir nicht weh tun." . . . Ja, ich war platt wie eine Flunder. Mir ist sogar kurzzeitig der Gedanke gekommen, dass ich vielleicht eingepennt bin und das nur träume, aber ... es war tatsächlich real. Nun gut, ich wich sowieso schon ziemlich von meinem Plan ab und wenn ich jetzt bestreiten würde, jemals verletzt worden zu sein, dann wäre das nur noch schlimmer geworden. Also sagte ich das, was ich dachte: "Irgendwas stimmt nicht mit dir, Adrian. ... Du hast noch nie so etwas zu mir gesagt ... WAS genau willst du?" Wie es aussah, hatte er mit der Frage gerechnet: "Nein, versteh mich bitte nicht falsch. Ich meine es ernst. Und ich will nichts. Vielleicht ... dass du mir verzeihst." Seine Worte waren genauso warm wie er, was mich immer noch sehr verunsicherte. Mein Misstrauen versuchte ich gar nicht erst zu verbergen, weil es ja schließlich angebracht war. Dennoch beschloss ich, ihm zu verzeihen. Was für eine andere Wahl hatte ich denn auch? Wir waren Partner und Konflikte machen die Arbeit doch nur schwieriger. "Du glaubst mir immer noch nicht." Er schüttelte den Kopf, lehnte sich wieder zurück und nahm auch seine Hand wieder weg. "Weißt du, ... wenn du nie jemandem ein Wort glaubst, dann ... ach, ich weiß nicht ... Hör mal, ... wenn wir unseren Job machen, dann vertraust du mir doch auch, oder?" Zögernd nickte ich und setzte mich auf. "Und ich habe das Vertrauen auch nie missbraucht, so weit ich weiß. Daher ... könntest du mir doch auch im Privaten mal vertrauen, nicht?" Wow, wieso dachte er auf einmal derartig logisch. Er konnte es wirklich, wenn er wollte ... "Hmmm ... ja, das stimmt wohl ..." Na ja, er hatte aber auch Recht. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Aber Vertrauen ist so eine Sache ... Ich war so unsicher, ob ich ihm vertrauen sollte oder nicht, weil es Argumente dafür und dagegen gab und die einzige richtige Entscheidung hing vom Gefühl ab. ... Die Entscheidung zerriss mich buchstäblich. Dennoch ... "Ok, Adrian ... ich werd's versuchen. Ich glaube dir und nehme deine Entschuldigung auch an. Andererseits habe ich mich auch daneben benommen. ... Aber weil ich dir vertraue, musst du aufpassen. Ein falscher Schritt und es ist weg. Für immer." Nachdem ich das gesagt hatte, fühlte ich mich auf eine Weise freier. Ich musste es zwar Stück für Stück lernen, aber ... es war bereits ein erleichterndes Gefühl, sich nicht ständig umdrehen zu müssen und sich zu fragen "Ist das wahr?". Kein unendliches Zweifeln mehr ... Ohne ein Wort legte er einen Arm um meine Hüfte und zog mich zu sich heran. Wie eine gewaltige Welle überrollte mich wieder dieses mächtige Gefühl, das ich schon einen Abend zuvor verspürt hatte, als ich ihm in die Augen gesehen hatte ... Dieses Mal war es elektrisierend und fesselnd. Schon wieder. Nein. Schon wieder ... konnte ich mich nicht losreißen von diesem glühenden und unfassbaren feurigen Blick. Verbunden mit der Wärme seines Körpers, durchblutet von dem fremden frischen Lebenselixier. Wie sehr ich mich auch wehren wollte, ich konnte nicht einen Zentimeter von ihm fort ... Was heißt "konnte nicht"? ... Es war vielmehr so, dass mich das Unterbewusstsein daran hinderte ... Der Wille, der in mir schlief. "Du darfst nicht so kalt sein ...", sagte er leise und schloss meine Hände in seine. "Hör auf ... bitte ..." wisperte ich flehentlich. "Tut mir leid ...", entschuldigte er sich und strich sanft über meine Wange. Dann stand er auf und zog seinen Mantel an. "Ich muss nur kurz was erledigen.", erklärte er. " ... Und leg dich schlafen. Es ist spät." Warum nur verhielt er sich so? ... Als würde er sich um mich sorgen ... War das seine Rache? ... Ach verdammt. Ich wollte doch damit aufhören. ... Ich nickte und als er dann die Tür hinter sich geschlossen hatte, folgte ich seinem Rat. Der Tag war tatsächlich lang gewesen und der Streit hatte mich mitgenommen. Deshalb fielen mir dann auch gleich die Augen zu. Das letzte, was ich realisiert hatte, bevor ich einschlief, was die Tatsache, dass meine Hände wirklich warm geworden waren ... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)