Die Argoth-Chroniken: Zikél von Alaska ================================================================================ Kapitel 7 --------- Titel: Die Argoth-Chroniken: Zikél Teil: 07/?? Autor: Alaska & BlueMercury Genre: Fantasy, Drama Warnung: Gewalt, Sex, Depri, Zucker (die Warnungen gelten jeweils nur für einzelne Kapitel, also nicht abschrecken lassen ^^) Kommentar: So, hier nun etwas verspätet Kapitel 7. Viel zu sagen gibt es eigentlich nicht. Es gilt das Gleiche wie immer: Viel Spaß beim Lesen ^.^ Und vielleicht noch der Hinweis: Nehmt am Fanart-WB teil! Und wenn ihr nicht die Lust habt, empfehlt ihn doch anderen ^^ Wir hätten wirklich gern Bilder von unseren Süßen. Die Besten kommen dann in die Steckbriefe der Charas (die ich irgendwann noch mal erstellen werden ^^'). C&C very welcome! ~7~ Mao hatte, nachdem Zikél seinen Platz eingenommen zu haben schien, im Gästebett im Esszimmer geschlafen. Und das nicht gerade gut. So, wie es aussah, hatte sein Herr mehr Gefallen an dem Blauen gefunden, als an ihm, aber so schnell wollte er seinen Sonnenplatz - denn genau das war es, in den Diensten Leonidas' zu stehen - nicht aufgeben. Früh morgens schlich er auf leisen Sohlen in das Schlafgemach seines Herren und schob sich lautlos auf dessen Seite des Bettes. Mit sanften Küssen suchte er ihn zu wecken, doch ohne die Augen zu öffnen, erwiderte Leonidas die Küsse des Braunen zunächst, blickte ihn danach erst an. "Guten Morgen, Herr." flüsterte Mao und fuhr mit einer Hand den Hals des Dracath entlang, bis runter zu seiner Brust. Ein trauriger Ausdruck lag auf seinem Gesicht. "Gefalle ich euch nicht mehr?" wollte er mit hängenden Ohren wissen und sah zu Leonidas herauf. "Wie könnte ich je mein Interesse an dir verlieren?" tadelte der Schwarzhaarige sanft und strich Mao eine Strähne aus seinem Gesicht. "Geh, ich möchte gleich frühstücken." Ein weiterer Kuss, ein Lächeln, und Mao verschwand wieder, um den Tisch zu decken. "Ist er eifersüchtig?" fragte Zikél leise und streckte sich leicht neben Leonidas. Er war schon aufgewacht, als Mao hereingekommen war. Seine Ohren waren scharf und er schlief selten so tief, dass er seine Umgebung nicht wahr nahm und wenn doch, dann nur, wenn er absolut sicher sein konnte, dass keine Gefahr drohte. Er hatte sich schlafend gestellt, da die leisen Schritte nur von Mao herrühren konnten und er neugierig war, was der Kleine wollte. Es gefiel ihm nicht wirklich, wie der Tama-i Leonidas weckte, weil er sich für sein unterwürfiges Verhalten verantwortlich fühlte, und so versuchte Zikél, es zu ignorieren. Die Antwort des Dracath dagegen beruhigte ihn, da Mao und sein Schicksal ihn seltsam berührt hatten. In Gefangenschaft geboren worden zu sein, war für ihn eine grausame Vorstellung. Mit einem kleinen Kuss begrüßte er nun den anderen Mann und räkelte sich noch einmal ausgiebiger, dehnte alle Gliedmaßen durch und lächelte versonnen. "Frühstück klingt wunderbar." "Nicht wahr?" Leonidas überging die Frage des Blauen und stand auf, streckte sich und warf sich seinen Tagesmantel über. "Der andere Mantel liegt noch am Fußende..." meinte er nur und sah Zikél auffordernd an. "Na komm, Kätzchen, Essen fassen." Mit einem breiten Grinsen stand Zikél vorsichtig auf und streifte den Mantel über. Sorgfältig band er ihn zu und schloss sich Leonidas an. Seine Laune war hervorragend und obwohl sein Magen knurrte, fühlte er sich satt. Wie versprochen hatte Mao bereits den Tisch gedeckt und erwartete sie, wobei Zikél das leise Gefühl hatte, dass das Lächeln, das der Braune an ihn richtete, kälter geworden war. "Hast du gut geschlafen, Mao?" fragte er freundlich und setzte sich an den Tisch. "Ja, habe ich. Danke der Nachfrage." Ein wenig Wärme schien ihren Weg zurück auf die Züge Maos zu finden. Doch der Schein trügte. "Und du? Wie fühlt man sich als neuer Gespiele des Hausherrn?" Angriffslustig und dabei sehr traurig funkelte er Zikél über den Tisch hinweg an. Leonidas betrachtete das Ganze amüsiert. Zikél blieben ruhig, doch in seinem Lächeln schwang ebenfalls Angriffslust mit, als er antwortete. "Oh, du brauchst keine Angst um deinen Platz als sein Bettwärmer zu haben. Für dich mag es erfüllend sein, doch für mich war es nur ein gemeinsames Stillen von körperlichem Hunger. Ich habe nicht vor, mich mein ganzes Leben lang zu unterwerfen, irgendwann finde auch ich meinen Lebenspartner." Zikél nahm sich von dem Brot und begann zu essen, ohne Mao noch einmal anzusehen. Mao starrte den Anderen an, stand dann auf und ging. Leonidas sah ihm nach. "Das war nicht sehr nett." meinte er an Zikél gewandt. "Er hat angefangen." gab Zikél mit vollem Mund zurück, blickte dann aber auf und Mao nach. "Was soll ich denn darauf auch antworten? Wenn ich gegessen habe, red ich mit ihm." Seine Worte taten ihm schon wieder leid, da er ganz genau wusste, dass Mao wohl nie jemanden finden würde, mit dem er glücklich wurde. Er würde wohl immer einen Herren haben, dem er dienen musste. Zikél aß schnell, bis er satt war und erhob sich dann. "Selbst wenn er sich für ein Leben in Freiheit entscheiden würde, wo sollte er dann hingehen? Er hat niemanden." merkte der Schwarzhaarige an. "Nicht jeder hat so viel Glück wie du." "Mag sein. Aber je mehr Zeit vergeht, desto unsicherer werde ich mir dieses Glückes." Damit drehte er sich um und verschwand in die Richtung, in die schon Mao davon gelaufen war. Gedanklich versuchte Zikél, sich Worte zurecht zu legen, die er dem Kater sagen konnte, aber es kam nichts wirklich Brauchbares zustande. Mao lag auf dem Bett, das Gesicht in das Kissen vergraben, auf dem Zikél die letzte Nacht verbracht hatte. Er ignorierte den Blauen, hatte ihn nicht gehört - oder wollte ihn nicht hören. Jedenfalls hob er seinen Kopf nicht aus dem Kissen, sein zusammengezogener Körper gab keinerlei Anzeichen dafür, ob Zikéls Anwesenheit erwünscht oder verhasst war. Still wartete er eine Weile auf eine Regung. Da aber nichts kam, setzte sich Zikél zu dem Anderen. Ein leichtes Schmunzeln lag auf seinen Lippen, als er sich zu Mao beugte und ihm leise ins Ohr flüsterte. "Na, bist du jetzt beleidigt und redest nie wieder mit mir?" Er berührte den Jungen leicht am Arm, wollte ihn dazu bewegen sich umzudrehen. "Nie nie wieder." patzte Mao in das Kissen. Einen Augenblick später schob sich erst ein Ohr weiter in Zikéls Richtung, dann drehte der Kater langsam den Kopf und blinzelte ihn aus einem Auge an. "Was willst du?" Der Blaue unterdrückte ein Grinsen, das den Kleinen wahrscheinlich gleich wieder verärgert hätte, aber nicht böse gemeint war. Er legte sich dichter neben Mao und schmuste seine Wange über den hellen Schopf. "Mit dir reden. Sieh mal, ich mag es nicht, wenn man mich so von der Seite angiftet, auch wenn du sehr dezent warst." Lächelnd zog er den Jungen näher an sich und kraulte ihn im Nacken. "Ich will dir deinen Platz nicht streitig machen, ich hatte genau genommen nie vor, mich Leonidas weiter zu näher, als ich für einen Schlag brauche, doch... die Dinge haben sich nun mal so ergeben. Er hat mich verführt, könnte man sagen. Aber ich hab es auch genauso zugelassen. Ich weiß nicht, was es dir bedeutet, bei ihm zu liegen, aber mir bedeutete es nicht mehr, als mein Körper verlangt hat. Ich mag ihn zwar, aber ich liebe ihn nicht, könnte es nie. Ich glaube an Treue und ich bezweifle, dass er das ist... besser gesagt, ich weiß es." Widerwillig ließ sich Mao die Kosungen gefallen, machte aber keine Anstalten, aus dem Griff Zikéls zu fliehen. "Woher sollst du wissen, was es mir bedeutet..." sagte er traurig. "Wenn Herr Leonidas mich nicht mehr haben will und weiterverkauft... was dann? Ich hatte es nirgendwo so gut wie hier..." Er zog seine Beine noch näher an sich heran. "Leonidas lässt einem wenigsten eine Wahl." Mao hatte Recht. Wissen konnte er es nicht, nur wage vorstellen. Der Katzenjunge musste schon viele schreckliche Dinger erlebt haben und Zikél gefiel die traurige Stimme gar nicht. Beruhigend begann er zu schnurren, ließ sich die Vibrationen auf den Kleinen übertragen und schmuste ihn weiter. Die eingerollte Haltung versetzte dem Blauen einen Stich, denn Mao wirkte dadurch verletzlich und beschützenswert. "Ich verspreche dir, dass ich dir deinen Herren nicht wegnehme, Mao. Aber... würdest du nicht lieber frei sein? Ob es dir hier nun gut geht oder nicht, du hast nicht deinen eigenen Willen." "Hier kann ich mich frei bewegen. Hier liege ich nicht in Ketten. Wenn ich mit Leonidas das Bett teile, dann weil ich ihm ein Stück weit Vertrauen und Sympathie entgegenbringe, nicht weil - weil..." Mao verstummte. "Und wenn ich frei wäre, was würde es ändern? Dann wäre ich frei, ja... aber allein. Wo soll ich denn hin? Meinen Stamm gibt es nicht mehr." Die dünne Stimme erschütterte Zikél und er schmiegte sich enger an Mao, küsste sanft seinen Nacken. Zudem traf ihn die Möglichkeit, bald auch keinen Stamm mehr zu haben, bis ins Mark und nahm ihm einen Augenblick den Atem. Bilder und Erinnerungen wurden entschieden in die hinterste Ecke seines Bewusstseins gedrängt und dort verschlossen, sicherlich nicht für immer. "Du bist so frei, wie Leonidas es erlaubt, Kätzchen." meinte er zärtlich, benutzte wohl bewusst diese Kosung. "Aber was... wenn du die Möglichkeit hättest, eine neue Familie zu finden?" Eine leise Idee formte sich in seinem Kopf. "Habe ich nicht." war alles, was Mao dazu zu sagen hatte. Doch endlich drehte er sich um und verkroch sich im Fell des Anderen. "Und solange ich sie nicht habe, werde ich nicht darüber nachdenken." Mit einem traurigen Lächeln drückte er Mao dichter an sich und strich ihm beruhigend über Kopf und Rücken. Er rang innerlich mit sich, ob er den nächsten Schritt tun sollte oder nicht, schließlich war er alles andere als sicher. Vielleicht machte er nur leere Versprechungen, vielleicht würde er bald selbst so dastehen wie der Braune und doch... "Möchtest du mit mir kommen?" Zikél stellte die Frage ganz leise, so dass Mao auch so tun konnte, als hätte er sie nicht gehört und doch baute sich in dem Blauen nun eine erwartungsvolle Spannung auf. Mao antwortete lange nicht, hatte die Frage wohl gehört und wollte, konnte sie nicht beantworten. "Ich bin nicht wie du. Versuch einfach, das zu akzeptieren." meinte er, löste sich dann von Zikél und stand auf. "Wenn du noch essen möchtest, tu das bitte. Ich möchte dann wieder abräumen." Zikél hielt ihn nicht auf, aber war sich aus unerfindlichen Gründen sicher, dass Mao ihn gehört und einfach Angst vor einer Antwort hatte. "Nein, ich bin satt. Du kannst abräumen, Kätzchen." Er rollte sich auf den Rücken, verschränke die Arme unter dem Kopf und starrte nachdenklich an die Decke. Etwas drückte in seiner Brust, doch er konnte sich nicht vorstellen, was. Mao wirkte hilflos in seiner Abwehr und den Versuchen, Distanz zu schaffen, um sein Herz vor dem endgültigen Bruch zu bewahren. Und das Bedürfnis, ihm zu helfen, wurde immer größer in dem Tama-i. "Nenn mich nicht Kätzchen." zischte Mao, bevor er das Zimmer verlassen hatte. "Schließ die Tür hinter dir." befahl Leonidas, und Mao kam dem Befehl nach. "Hör mir zu." begann Leonidas. "Ich möchte, dass du dich um Zikél kümmerst. Ich werde in den nächsten Tagen Vorbereitungen zu treffen haben. Du wirst dich um den Jungen kümmern." "Ja, Herr." "Du machst, was er von dir verlangt." "Ja." "Und wenn er dich will, soll er dich kriegen." "..." Mao nickte nur. Sein Gesicht war ausdruckslos, als er begann, den Tisch abzudecken. "Dass mir keine Klagen kommen..." warnte Leonidas halb ernst, halb im Scherz. "Sehr wohl." Zikél sann lange nach über die Dinge, die er Mao mit diesem einfachen Satz versprochen hatte, kam aber zu keinem befriedigenden Schluss. Es hing so viel von dem Wohlwollen eines Anderen ab und er hasste dieses Gefühl der Abhängigkeit. Mit einem leisen Rascheln erhob er sich und suchte Leonidas. Vielleicht konnte er auf irgendeine Weise erfahren, wie dieser zu einer Freilassung stand, obwohl er bezweifelte, dass der Mann nach seiner eigenen noch einmal zustimmen würde. Allerdings hatte er den Dracath in einigen Dingen falsch eingeschätzt. Leonidas hob den Kopf, als Zikél den Raum betrat. Er knabberte noch an einem Stück Obst und sah den Blauen fragend an. Kurz durchstreifte eben dieser den Raum auf der Suche nach einer Spur von Mao, doch der Kater schien nicht da zu sein. Schweigend setzte er sich und überlegte einen Moment. "Er ist verletzlich. Obwohl er es verstecken will, spüre ich deutlich, wonach er sich am meisten sehnt." begann er bedächtig und richtete die graublauen Augen auf Leonidas, beobachtete jede seiner Reaktionen. "Setz ihm keine Flausen in den Kopf. Mach ihm keine Hoffnung, wo es keine Hoffnung gibt, damit verletzt du ihn." Der Schwarzhaarige stand auf und strich seine Mähne über seine Schulter. "Er ist im Moment auch nicht wichtig." Zärtlich legte der Größere seine Arme um die Schultern Zikéls. Flüchtige Küsse trafen die empfindlichen Ohren. Sie zuckten unter den Lippen, doch hatte es nicht die gleiche Auswirkung, wie am vergangenen Tag. Diese Seite an Leonidas war Zikél fremd, er konnte sie nicht verstehen und wollte sie auch nicht akzeptieren. Er hatte selbst nie das Bedürfnis über Andere zu bestimmen, deshalb konnte er auch nicht die Selbstverständlichkeit in der Stimme des Mannes verstehen. "Du hast recht. Gibt es irgendetwas von Nitta? Eine Nachricht? Einen Hinweis?" Er ignorierte bewusst, die kleinen Zärtlichkeiten, die die Hände des Anderen ausübten. "Du erwartest Wunder, wie ich sehe. Nein, bisher nicht, und ich rechne auch erst in einigen Tagen damit." Gequält schloss Zikél die Augen. Er wusste selbst, dass es nicht so schnell gehen würde, aber trotzdem... ja, ein Wunder erhoffte er sich wirklich. "Einige Tage..." murmelte er und fühlte, wie die Verzweiflung erneut Besitz von ihm ergriff, sich langsam ausbreitete und jede Faser zum Zittern brachte. Er zwang sich, ruhig zu bleiben, sich gelassen zu geben. "Und was machen wir in der Zeit? Still sitzen und Tee trinken?" Der Unterton war beißend. "DU kurierst deine Blessuren. Ich kümmere mich um alles Weitere." Leonidas zog Zikéls Kinn herum, um den Jungen zu küssen. "Ich mache mich jetzt fertig und gehe." "Ich soll also rumsitzen und nichts tun. Was für Aussichten." knurrte er und ließ den Kuss zu. "Ja. Und ich leg mich brav ins Bett und langweile mich zu Tode, ja?" Geduld und Ruhigsitzen waren noch nie Zikél Stärken gewesen und er würde auch jetzt wieder schnell zu einem aufgewühlten, reizbaren Giftzahn werden. "Entweder das oder du gehst alleine suchen." schlug Leonidas vor. "Ich kann Nitta gerne mitteilen, dass er sich die Mühe nicht zu machen braucht." Der Blaue lächelte Leonidas zuckersüß an, obwohl man es auch mit einem Zähneblecken hätte verwechseln können. "Schon klar." knurrte er und begab sich wieder ins Schlafzimmer. Frustriert, weil ihm die Hände gebunden waren, schmiss er sich aufs Bett und verharrte in einer ähnlichen Stellung, in der er Mao noch vor kurzem angetroffen hatte. Er konnte nicht verhindern, dass seine Gedanken abdrifteten. Zu dem abgebrannten Dorf. Den leblosen Augen. Den vielen Gräbern. Und seiner Familie. Leonidas folgte und zog sich um. Seine kompliziert geschnittenen Gewänder waren eine Kunst für sich und es dauerte eine ganze Weile, bis er fertig war. Danach flocht er seine Haare und machte sich auf den Weg. Mao hatte seinem Herrn dabei geholfen und sah sich nun Zikél gegenüber. Er ging auf ihn zu, stieg über ihn rüber und kuschelte sich von hinten an den Anderen heran. Zikél hatte das Rascheln der Kleidung einfach ausgeblendet und die Beiden ignoriert, da Leonidas ihm ebenso keine Beachtung schenkte. Warum auch? Es war alles für den Moment gesagt. Die plötzliche Berührung ließ ihn leicht zusammen zucken, doch er brauchte sich nicht umzublicken, um zu wissen, wer es war. "Auf einmal wieder anschmiegsam, hm?" fragte er kratzbürstig. Zu den Sorgen um seine Familie, seine gesamte Zukunft, kamen nun auch noch die Gedanken über Mao hinzu, die an ihm nagten. "Ja." gab Mao offen zu. "Ich dachte mir, du könntest ein wenig Gesellschaft vertragen." "Was du nicht alles denkst." Zikél drehte sich um und starrte den Jungen durchdringend an. "Und was gedenkst du zu tun? Nur hier liegen und mich anglotzen?" "Ich gehe, wenn du willst." Mao zeigte sich wenig berührt von der Borstigkeit des Anderen. "Was willst du denn?" konterte Zikél und wartete. Er wollte den Jungen zu nichts zwingen, nicht mal Nähe, wenn er es nicht wollte, obwohl er sich denken konnte, dass Leonidas dem Jungen Anweisungen gegeben hatte. "Dasselbe wie du, schätze ich..." Mao schloss die Augen und ließ sich von Zikél weg auf seinen Rücken fallen. "Nicht mutterseelenallein hier rumtigern und nichts tun..." Der Ansatz eines Lächelns erschien auf den angespannten Zügen und er rollte sich auf die Seite. "Erzähl mir von dir, Kätzchen. Wieso bist du in Gefangenschaft aufgewachsen?" "Nenn mich nicht so." bat Mao sehr eindringlich und seufzte. Was er dann sagte, wirkte wie eine tausendmal abgespulte Geschichte, die er selber nicht mehr glaubte. "Mein Stamm wurde eingefangen. Von Händlern. Viele von uns wanderten in die Mienen, viele in die Sklaverei, einige in den Kochtopf. Ich wurde auf der Reise zu den Sklavenmärkten geboren. Jaho starb kurz nach meiner Geburt an Wundbrand. Jalla und ich wurden an eine wohlhabende Familie verkauft, wo ich dem Kind des Hauses als Haustier diente und mein Vater als Dienstbote. Er versuchte, mit mir zu fliehen, wurde aber gefangen und man drohte ihm an, mir, sollte er das noch einmal versuchen, die Hände abzuhacken. Deswegen ließ er es, denn schlecht behandelt wurden wir nicht. Als ich älter wurde, wollte er es noch einmal versuchen, mit mir... und wieder ohne Erfolg. Sie knüpften ihn auf, mich verschenkte man auf dem Markt. Nach einigen Jahren und etlichen Besitzerwechseln geriet ich an einen Barbesitzer, der mich in einem Hinterzimmer seiner Spielunke an einen Eisenring kettete und mich an Männer verkaufte. Die Stunde für 10 Dinar (was nicht viel ist; Prostituierte dürften so 15, 20 Dinar verlangen...). Da verbrachte ich sehr viele Monde... und eines Tages stand Herr Nitta in der Tür. Ich dachte, er wäre ein weiterer Freier, aber er hatte mich freigekauft. Glaube ich." Mao erzählte all das, als hätte er es schon tausend mal getan, als wäre es nicht seine Geschichte, als erkläre er ein Kochrezept. Emotionslos, kalt. Es lief ihm kalt den Rücken hinunter, als er schweigend den Ausführungen lauschte. Zikél fühlte seinen Magen rebellieren und er schluckte hart, um die Übelkeit zu vertreiben. Maos Geschichte erschütterte ihn bis in die Tiefen seines Inneren. Doch mit der Trauer und dem Mitleid, stieg auch die Wut über die Menschen. Das alte Feuer wurde geschürt und Zikél ballte die Hände zu Fäusten, dass sich seine Klauen in die Handflächen bohrten. Seine Stimme war leise, doch man konnte den unterschwelligen Zorn eindeutig heraushören. "Dann hat er dir wohl das Leben gerettet." Zikél bebte, Schwanz und Ohren zuckten. Er erhob sich langsam, da der innere Druck übermächtig wurde. Das Bedürfnis, etwas zu zerstören, wurde immer größer in Anbetracht der Hilflosigkeit seines Volkes. Und da wunderten sie sich, wenn er so schnell es ging seine Familie finden wollte? Mit einem lauten Krachen rammte er seine Faust in einen der Bettpfosten, der darunter splitterte und zerbarst. Auch wenn er nun den Schmerz in seiner Hand spürte, ließ der in seinem Herzen etwas nach, er hatte wieder Luft zum Atmen. "Ich hasse die Menschen. Sie sind das niederste Volk, das jemals hervorgebracht wurde." Er ließ sich wieder auf die Bettkante nieder. Bilder von einem verängstigten kleinen Jungen in einer dunklen Ecke eines dreckigen Hinterzimmers tauchten vor seinem inneren Auge auf. Angekettet. Ausgeliefert. Hilflos. Und das Verlangen, Mao zu beschützen, wurde immer größer. Mao war unter dem Wutausbruch Zikéls zusammengezuckt. Doch nach dem Schreck begann er sofort, die Splitter vom Bett zu sammeln und Ordnung zu schaffen. "Das darfst du doch nicht tun..." wisperte er. Erst jetzt konnte man erkennen, dass der Braune plötzlich völlig neben sich stand. Zikél hob den Kopf, beobachtete den verhuschten Jungen kurz und stand dann langsam wieder auf. Mühevoll versuchte er sich zu beruhigen, doch es wollte ihm nicht gelingen. Selbst jetzt dachte Mao noch an seine Pflichten, sie hatten es ihm so tief eingestanzt, dass er keine andere Wahl hatte. Grob packte er ihn am Arm und zog ihn mit einem Ruck hoch und warf ihn aufs Bett. Zikél folgte sofort, die Augen zu schmalen Schlitzen verengt, aus denen der Zorn glomm. Er drückte Mao tief in die Matratze mit seinem Gewicht und schüttelte ihn leicht an den Armen. "Was redest du da eigentlich? Merkst du denn gar nichts mehr?" schrie er ihn an. Dann schlug seine Stimmung plötzlich um und er umfing den zitternden Körper mit seinen Armen, legte eine Hand auf den Hinterkopf und drückte Mao an sich. "Verdammt, Kleiner. Man hätte dir das nicht antun dürfen." sagte er leise und mit so weicher Stimme, das man glauben konnte, der Ausbruch gerade wäre eine Illusion gewesen. Zikél rollte sich von dem Braunen runter und auf die Seite, hielt ihn immer noch sicher in seinen Armen und gegen seine Brust gepresst. Mao zitterte. Und das Zittern wurde stärker. Ihm war heiß und kalt und er wusste nicht so recht, was er jetzt tun sollte. Er hatte Angst, schreckliche Angst und blickte hektisch hin und her, konnte die Berührungen Zikéls kaum ertragen. Schwankend zwischen seinem Fluchtinstinkt und dem Wissen um die Befehle, die Leonidas ihm gegeben hatte, rang er mit sich, bis er es schließlich nicht mehr aushielt und mit einem Satz von der Matratze verschwand. "Ich muss... das Bett..." erklärte er und begann abermals, die Splitter aufzuheben. Zikél versuchte, ihn zu beruhigen, sanfte Worte in die bebenden Ohren zu wispern, doch es half alles nichts und als sich Mao aufbäumte, ließ er ihn los. Es war ein schwerer Schlag, da er dem Jungen eigentlich hatte helfen wollen, doch wohl eher das Gegenteil bewirkt hatte. Der Blaue war so ein Narr... Mit traurigem Blick setzte er sich auf und sammelte sich wieder. Ruhig aber bestimmt, ohne Widerworte zu dulden, befahl er: "Mao, hör auf damit. Ich habe es kaputt gemacht, also werde ich es auch aufräumen." Als er auf den am Boden Kauernden zuging, wich dieser zurück. Schmerzhaft wurde ihm sein Fehler bewusst, doch er schluckte es runter. Es schmeckte bitter. "Setzt dich aufs Bett, ich mach das schon." wies er leise an und bückte sich selbst, sammelte alles auf. Mao ignorierte den Blauen erst, verlangsamte dann aber seine Arbeit, bevor er schließlich ganz damit aufhörte. "Ich werde dem Dienstpersonal Bescheid geben." meinte er und machte Anstalten, das Zimmer zu verlassen. "Nein, du bleibst hier. Hier bei mir, hast du verstanden?" rief Zikél etwas lauter, seine Hilflosigkeit machte ihn gereizt, obwohl er gleichzeitig Mao nur helfen wollte. Doch die Frage war, wie? "Kleiner, komm her." Zikél hatte sich wieder aufgerichtet und streckte seine Arme nach dem Jungen aus. Noch nie hatte jemand so sehr seinen Beschützerinstinkt geweckt, vielleicht Telis, doch auf eine andere Weise. "Nenn mich gefälligst bei meinem Namen!" fauchte Mao. "Und ja, ich habe verstanden, Herr." Das letzte Wort spuckte er regelrecht aus. Einen Moment stand er ganz still, irgendeine Veränderung schien in ihm vorzugehen. Dann setzte er sich in Bewegung und ließ sich auf der Bettkante nieder. Zikél spürte, wie es in seiner Brust begann zu brennen und zu stechen. Er fühlte sich plötzlich elend und nur, weil Mao dieses eine Wort ausgesprochen hatte. Stocksteif, regelrecht gelähmt, stand er da und starrte an die Wand, bis er auf das Laken sank und das Gesicht in den Händen vergrub. "Ich bin nicht dein Herr. Würde es nie sein wollen." flüsterte er entkräftet. Warum verletzte es ihn nur so sehr? "Warum verhältst du dich dann so?" wollte Mao geknickt und bitter wissen. Nein, er fragte danach, aber so genau wusste er selber nicht, ob er eine Antwort auf seine Frage wollte. Ein tiefes Seufzen entrang sich der Brust des Blauen, halb Erleichterung, halb Bedrückung. Wenigstens redete der Junge noch mit ihm, auch wenn die Worte schmerzhaft waren. "Es tut mir leid, ich... ich wollte dich nicht herumkommandieren. Ich war nur so... wütend. Auf die Menschen. Auf das, was sie dir angetan haben." Hilflos hob er den Kopf und setzte sich näher zu dem Braunen. "Ich weiß nicht warum, aber... ich will dir helfen, für dich da sein. Es tut mir weh, wenn ich sehe, wie verletzt du bist." Zikél wunderte sich selbst über diese Offenheit, doch Mao war einfach... anders. Er weckte Gefühle in ihm mit einfachen Gesten oder Worten, die der Blaue nicht kannte oder einordnen konnte. Maos Blick wurde dunkler. "Ja, ich bin verletzt. Ich leide. Du willst mir helfen? Warum reißt du alte Wunden auf und stocherst in ihnen rum? Warum muss, was für dich gut ist, auch für mich gut sein?" Verärgert und gekränkt von der ganzen Situation wandte Mao sich ab, griff seinen langen Zopf, löste ihn und öffnete seine Haare, nur um sie mit den Fingern neu zu ordnen und sie wieder zu flechten. Mit traurigem Blick senkte er den Kopf und ließ sogar die Ohren hängen. Es schien, dass alles, was er tat und sagte, immer das Falsche war. Er war nie wirklich begabt, Andere zu überzeugen von seiner Meinung, doch in diesem Fall... "Dann sag mir, wie ich dir helfen kann. Ich wollte dir nicht schaden... ich..." Er verstummte kurz, nahm sich dann aber zusammen und krabbelte hinter den Jungen. Leicht berührte er das glänzende Haar auf dessen Schultern. "Darf ich?" fragte er vorsichtig und konnte an der Haltung genau erkennen, dass es Mao eigentlich nicht recht war, doch trotzdem nickte er. Mit einem kleinen Lächeln begann Zikél, das dicke Haar mit Fingern und Krallen zärtlich durchzukämmen, um es dann gleich darauf in gleichmäßige Strähnen aufzuteilen. "Ich weiß, dass ich manchmal ein ganz schöner Trampel bin. Mein Bruder sagt das auch immer, aber... ich will dir wirklich nicht weh tun, Mao. Was kann ich tun, damit es dir besser geht?" "Ist dir nie der Gedanke gekommen, dass ich keine Hilfe brauche? Das ich mich wohl fühle, zumindest im Moment?" Kurz stockte er in seiner Bewegung, machte dann aber schweigend weiter. Mit geübten Fingern und besonderer Sorgfalt flocht er die Strähnen und kam nicht umhin, leicht an ihnen zu schnuppern. Es war ein angenehmer Duft, nicht überdeckt von Seife oder Parfümen. "Vielleicht liegt es daran, dass ich es mir nicht vorstellen kann. Mag sein, dass deine jetzige Situation sich verbessert hat im Gegensatz zu früher, doch... glaubst du, das wird für immer halten? Ich will Leonidas nichts unterstellen. Gibt es... gibt es nicht etwas, das du dir wünschst? Einen Traum, dessen Erfüllung du dir herbeisehnst? Willst du nie versuchen, ihn zu erfüllen?" Mao drehte sich zu Zikél um, ein trauriges Lächeln auf den Lippen. "Zikél... wer in einem Hinterzimmer eingesperrt ist und immer hofft, die Schritte, die man hört, mögen an der eigenen Türe vorbeiführen... glaub mir, so jemand hat keine Träume. Ich habe keine Träume. Aber das ist in Ordnung. Bitte nimm die Situation hin, wie sie ist. Ich werde Sorge tragen, dass Herr Leonidas mich noch lange in seinen Diensten hält." Verzweiflung und Wut kamen wieder in ihm hoch, da diese Hoffnungslosigkeit begann auch ihn anzustecken, doch er wehrte sich dagegen. Er schloss kurz die Augen und legte dann eine Hand an Maos Wange, strich sanft mit dem Daumen über sie und erwiderte den Blick. "Willst du so weiter leben? Für immer? Das kann ich mir einfach nicht vorstellen! Du hast das nicht verdient, auch wenn Leonidas dich gut behandelt, das ist kein Leben. Die Zeit in diesem Hinterzimmer ist vorbei, Mao. Ich werde nicht zulassen, dass dir noch einmal jemand weh tut..." Nur kurz streiften seine Lippen die Stirn des Jungen. Dann ließ er ihn wieder los, flocht den Zopf zuende und fixierte ihn. Mao beugte sich unvermittelt vor und küsste Zikél auf die Lippen. "Für mich ist diese Zeit nicht vorbei. Sie wird nie vorbei sein." wisperte er, kaum hörbar, und lächelte. Er wich überrascht zurück. Weder hatte er solch eine Aktion erwartet, noch wollte er es. Der junge Tama-i hatte sein Leben lang nichts anderes gelernt, als zu dienen und die Wünsche der Personen zu erfüllen, die um ihn herum waren. Wie sollte er ihm da verständlich machen, dass er nicht wollte, dass er sich zu etwas gezwungen fühlte. "Die Wunden sind frisch, die Erinnerungen noch greifbar. Aber irgendwann, Mao, irgendwann... kannst du vielleicht darüber hinweg kommen. Lass mich dir helfen. Komm mit mir." Dieses Mal sprach er die Bitte laut genug aus, wollte eine Reaktion aus dem Braunen herauskitzeln. "Hast du mich freigekauft? Nein. Hat Herr Leonidas sein Einverständnis dazu gegeben? Nein." Unschlüssig und etwas aufgebracht taxierte er Zikél und machte einen anderen Vorschlag. "Du willst mir helfen? Dann bleib bei mir. Deine Familie ist so gut wie tot, und woanders kannst du nicht hin. Bleib bei mir." Zikél wollte zuerst widersprechen, doch dann verschlug es ihm schlicht und einfach die Sprache. Ein Eisklumpen bildete sich in seinem Magen und kalte Schauer überzogen seinen Rücken. Das konnte der Andere nicht von ihm verlangen. Nicht so kaltblütig. Zikél wich zurück und starrte Mao erschüttert an, als hätte der Junge ihm einen Schlag versetzt. "Wie kannst du so etwas sagen?" flüsterte er. "Wie kannst du so etwas nur sagen! Meine Familie ist nicht tot! Ich werde sie retten, ich gebe nicht auf!" Aufgebracht sprang er vom Bett und rannte zur Tür. Mao hatte einen empfindlichen Nerv getroffen. "Ich bin nicht allein. Ich habe Telis, er braucht mich. Ich werde ihn nicht im Stich lassen. Ich werde mit ihm und meiner Familie zurück in die Wälder kehren und unser Dorf neu aufbauen!" Rückwärts stolperte er gegen die Tür. "Sie sind nicht tot." Damit verschwand er aus dem Schlafzimmer. "Und ich brauche deine Hilfe nicht!!!" keifte Mao hinterher und blieb verbittert, wütend und traurig zurück. Es tat ihm fast ein bisschen leid, dass er einen so krassen Vergleich heranziehen musste, aber was blieb ihm übrig? Zikél würde sonst nie damit aufhören, ihn zu belästigen mit Freiheit und Familie und diesem ganzen Kram... Er stand auf. Sein Weg führte ihn zum Balkon. Er öffnete die Tür und setzte sich auf die Balustrade, wo er sein erklärtes Lieblingsplätzchen gefunden hatte und schaute über das Land. Er würde es gerne einmal kennen lernen. Zikél verkroch sich im hintersten Winkel der Suite, wollte allein sein. Mao hatte all die Befürchtungen heraufbeschworen, die er mühsam verdrängt hatte, die er einfach nicht in Betracht ziehen wollte. "Sie sind nicht tot. Nein, ich werde sie retten. Sie dürfen nicht tot sein." Zikél bemerkte nicht einmal die heißen Tränen, die sich ihren Weg über seine Wangen bahnten. Er saß zitternd da und versuchte sich immer wieder einzureden, dass es seinen Vätern, seinen Brüder gut ging. Wie hatte Mao es nur geschafft, ihn so sehr aufzuwühlen? Diese plötzliche Schwäche machte dem Blauen Angst. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)