Star Wars: What Lies Beneath von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 4: A Dive Into the Heart -------------------------------- Skywalker stocherte schweigsam in seinem Rohkostsalat aus Rupyine-Bohnen und Elion-Paprika herum, die vom Küchenchef in der einheimischen Variante einer Vinaigrette ertränkt worden waren. Mara hingegen hatte ihr Nerf-Filet noch nicht einmal angerührt. Es stand immer noch da und wurde langsam kalt und Luke hatte es aufgegeben, sie zum Essen zu bewegen. Sie saßen auf der Dachterrasse eines kleinen, familiär wirkenden Restaurants ganz in der Nähe ihrer Landebucht. Die Siedlung lag friedlich zu ihren Füßen da und die Sonne tauchte die Häuser und Straßen in ein Licht von sanftem Gelb und Rosa. Die Luft war klar und trug noch die Kühle des vergangenen Winters mit sich. Auf dem Platz vor dem Restaurant fuhr gelegentlich ein Speeder vorbei und übertönte damit das leise Stimmengewirr auf der Straße. Der pastellblaue Himmel über Dantooine wurde nur vom Schleier kleiner Quellwolken bedeckt. Die Idylle hätte direkt aus einem Hotelzimmer-Gemälde stammen können. Mara, ganz versunken in die Lektüre eines Reiseführers, biss sich konzentriert auf die Unterlippe und versuchte das Szenario auszublenden, obwohl es angenehm war nach all den verkommenen Welten wie Ord Mantell und Belderone solch natürliche Harmonie zu genießen. „Und?“, fragte Luke, der gerade eine weitere Gabel Bohnen in Essig-und-Öl-Sauce herunter geschluckt hatte. „Schon Etwas gefunden, das uns weiter helfen könnte?“ „Nein“, sagte Mara gedankenverloren und wechselte die Karten in ihrem Datapad. Vorhin waren sie die einzigen Reisenden in dem winzigen Hafenbüro gewesen und eigentlich war seit dem alles ruhig und vollkommen normal verlaufen, auch wenn Skywalkers Erscheinen bei dem kleinen gedrungenen Mann hinter der Ladentheke fast einen Herzinfarkt verursacht hatte. Der Hafenleiter selbst – ein schlaksiger Mann zwischen dem fünfzigsten und sechzigsten Lebensjahr, wie Mara schätzte – war daraufhin erschienen, um sie in Solely City zu begrüßen und sie mit seiner Ehrerbietung zu überschütten. Nachdem Luke ihm eine ganze Weile die Hand geschüttelt hatte, war er dann gewillt gewesen, ihnen einige elektronische Reiseführer und Landkarten der Umgebung zu verkaufen. „Ich kann Ihnen auch nur herzlichst die umfangreiche Medienbibliothek unserer Stadtverwaltung empfehlen. Unsere Geschichte reicht immerhin fast fünftausend Jahre zurück und selbst die alten Jedi hatten hier einst eine Enklave!“ hatte er sich, wild gestikulierend, ausgelassen. „Wir nehmen die hier, danke!“, hatte Mara entschlossen interferiert und die Credits passend auf die Ladentheke geknallt, ehe Skywalker sich zu irgendwelchen historischen Ausflügen hinreißen ließ. Sie hörte, wie Luke seinen Teller leerte und sein Besteck ordentlich beiseite legte. Der Polsterbezug des Stuhls quietschte, als er sich zurücklehnte. „Mein letzter Besuch hier war nicht besonders erfreulich“, sagte Skywalker mit ernster Miene. „Dabei hatte ich gedacht, dass Gantoris' Leute hier sicher wären. Kaum zu glauben, wozu Daala fähig gewesen ist.“ Mara sah von ihrem Datapad auf und zog verwundert die dünnen Brauen nach oben. Die Unterhaltungen zwischen Luke und ihr waren seit ihrem Streit auf Belderone genau so unterkühlt gewesen wie die Frühlingsbrise, die gerade durch die Gassen wehte. Sie waren beide höflich, aber distanziert geblieben und hatten nur miteinander gesprochen, wenn es zwingend notwendig gewesen war. Die meiste Zeit war Mara ihm aus dem Weg gegangen und hatte sich in ihrer Kabine mit dem Papierkram für die Schmugglerallianz beschäftigt oder Nachrichten in ihrem Holo-Postfach beantwortet. Sie hatte es als Vereinbarung mit beidseitigem Einverständnis aufgefasst, als Skywalker keinerlei Anstalten machte, das Gespräch mit ihr zu suchen. Offenbar hatte sie falsch gelegen, denn nichts anderes war diese Äußerung: Der Versuch, ein Gespräch zu beginnen. „Wenigstens sind sie für ein paar Tage wirklich glücklich gewesen“, kommentierte Mara, die sich nochgut an die Schreckensbericht über die Vernichtung der Eol Sha erinnerte. Sie selbst war hatte vor zwei Jahren die Nachrichten zu Skywalkers Jedi-Akademie gebracht. Mara lege das Datapad beiseite und beschloss, ihr nun mehr lauwarmes Nerf-Filet endlich zu essen. „Vielen Lebewesen ist nicht einmal das vergönnt. Sie sollten sich deswegen keine Vorwürfe machen.“ Mara wartete nur auf sein „Das tue ich doch gar nicht!“, doch zu ihrer Überraschung nickte Skywalker bloß und ließ es dabei bewenden. „Wir haben also keine näheren Hinweise?“ hakte er nach. Mara spülte einen trockenen Bissen Fleisch mit einem Schluck Wasser hinunter. „Nein, haben wir nicht.“ „Aber es muss doch irgendetwas in diesem Reiseführer gestanden habe, oder?“ „Ja, das schon", erwiderte Mara und spießte einige Kartoffelscheiben auf ihre Gabel auf, „zum Beispiel, dass Solely City eine von drei befestigten Städten auf Dantooine ist; dass 67 Prozent der Festlandvegetation aus Steppe besteht und dass zwischen dem fünften und dem achten Monat die Regenzeit einsetzt. Ansonsten ist Dantooine hauptsächlich von Nomaden bevölkert. Die zerstörte Rebellenbasis, die Ruine einer alten Jedi-Enklave und ein dunkler Hain aus Steinen zählen zum galaktischen Kulturerbe der Alten Republik und einmal alle vierundzwanzig Monate findet eine traditionelle Iriaz-Jagd statt. Wollen Sie noch mehr hören?“ Er blinzelte sie an. „Äh, nein... danke“, sagte er langsam, als müsse er die ganzen Informationen erst einmal abspeichern. „Haben Sie denn auch schon eine Idee, was wir als nächstes tun sollen?“ „Zu erst“, antwortete sie zwischen zwei Bissen, „werde ich aufessen. Dann werden wir unsere Rechnung bezahlen. Und danach bin ich für jeden Vorschlag offen, den Sie mir anbieten können.“ Seine Mundwinkel zogen sich kaum merklich nach oben. Und so wartete er geduldig, bis sie ihre Mahlzeit ebenfalls beendet hatte, dann beglichen sie beim Wirt ihre Rechnung und traten hinaus auf den kleinen, runden Platz. Einige der Passanten warfen ihnen prüfende Blicke zu, da sie als Einzige nicht in blass gefärbte Leinenstoffen gewandet waren wie die Einheimischen. Skywalker kam mit seiner sandfarbenen Jedi-Robe dem lokalen Kleidungsstil schon nahe, doch Mara in ihrem schwarzen Bodysuit fiel völlig aus der Reihe. Sie wandten sich nach links und bogen in eine breite Fußgängerzone ein. An kleineren Ständen und in den Läden wurden importierte Waren von allen Welten des Middle und Outer Rim angeboten. Gelegentlich stand eine Hand voll Menschen vor einem der Stände und unterhielt sich angeregt. „Erinnert mich an Anchorhead“, warf Skywalker beiläufig ein, „nur nicht ganz so staubig und trocken. Wenn die Ernte auf der Feuchtfarm vorbei war, sind Onkel Owen und ich immer in die Stadt gefahren, um Geschäfte zu machen. Das waren in meiner Jugend die besten Tage des ganzen Jahres.“ „Auf gewisse Weise sind doch alle Hinterwäldler-Systeme irgendwie ähnlich, oder nicht?“ fragte Mara, blieb stehen und besah sich einen Korb voll Barabelfrüchte. „Sie sind oft isoliert, haben eine schwache Infrastruktur und Industrie... aber das gehört wohl zu ihren Charme.“ „Charme?“ wiederholte Luke ungläubig. „Ich wüsste nicht, was an Tatooine charmant sein sollte, auch wenn es weit schlimmere Orte in dieser Galaxis gibt.“ „Sie sind dort aufgewachsen, Sie können das nicht verstehen“, meinte Mara und zählte ein paar Creditmünzen in die Hand des Obsthändlers. „Für jemanden, der auf Coruscant groß geworden ist, kann diese Ruhe und Abgeschiedenheit sehr erholsam sein. Zumindest gelegentlich.“ Sie nahm zwei Barabelfrüchte vom Obsthändler entgegen und drückte Luke eine davon in die Hand, als sie weitergingen. „Und ich dachte immer, Sie bräuchten ständig Action und so weiter“, sagte Skywalker, „schließlich haben Sie es auch nicht lange auf Yavin 4 ausgehalten.“ „Ich kann es nicht ertragen völlig von der Außenwelt abgeschnitten zu sein, wenn ich genau weiß, dass ich da draußen sein sollte, um mit anzupacken. Ich kann nicht tatenlos daneben stehen, während die gesamte Republik sich in einem politischen Dilemma verstrickt“, erklärte Mara ruhig und biss ins saftige, violette Fleisch der Barabelfrucht. „Das ist etwas vollkommen anderes, als sich in Zeiten des Friedens für ein paar Tage zurück zu ziehen und seinen Kopf frei zu bekommen.“ „Ich verstehe, was Sie meinen“, stimmte Luke mit einem humorlosen Lächeln zu, „nur, dass es selten eine Zeit des Friedens gibt, in der man sich ausruhen könnte.“ Mara nickte: „Das ist das Problem. Und wir sind ja auch nicht hierher gekommen, um Urlaub zu machen, oder? Auch wenn ich beim besten Willen nicht sagen kann, was genau wir hier vorfinden sollen.“ Der Gedanke geisterte ihr schon seit dem Moment, da sie ihr Schiff verlassen hatte, durch den Kopf. Welchen Sinn sah May darin, sie hierher zu locken? Oder machte sich Montross nur einen abgöttischen Spaß daraus, Mara ohne Sinn und Verstand umherirren zu sehen? Sie bogen in eine weitere, noch breitere Straße ein. Zwischen den Häusern waren hier kleine Bäumchen gepflanzt worden, die das Stadtbild ein wenig auflockerten. „Scheint die Hauptstraße zu sein“, vermutete Luke und sah nach oben. Entlang der Straße waren Girlanden aufgespannt worden, die über und über mit Blüten besetzt waren. Die Farben und Formen waren zahllos. Selbst an den Bäumstämmen und an den Eingangstüren der Läden ringelten sich Blumengirlanden und ergaben ein farbenfrohes, aber dennoch geordnet wirkendes Durcheinander. Vor ihnen jagten sich sechs Kinder, drei Jungen und drei Mädchen, gegenseitig über die Straße und warfen mit Blütenblättern um sich. Alle Erwachsenen drehten die Köpfe und schauten den Kindern mit einer Mischung aus Staunen und Wohlwollen hinter. Mara blieb stehen und sah interessiert dabei zu, wie eines der Mädchen zu einer älteren Frau hinging und ihr eine einzelne Blume anbot. „Danke dir, mein Kind“, sagte die Frau mit knarrender Stimme. „Richte deiner lieben Mutter einen Gruß von mir aus.“ Das Mädchen grinste breit und hüpfte dann weiter die Straße entlang, kam langsam in Maras und Lukes Richtung. Erst als sie knappe drei Meter von ihnen entfernt war, blieb das Mädchen stehen und starrte erst Luke, dann Mara an und taxierte sie von Kopf bis Fuß. Der Grinsen auf ihrem Gesicht erstarb. „Euch hab' ich hier aber noch nie gesehen“, stellte das Mädchen fest. „Seid ihr beide Außenweltler?“ Mara zog die Augenbrauen hoch und warf Skywalker einen prüfenden Blick zu. Dieser lächelte sanft und ging in Knie, um mit dem achtjährigen Mädchen auf Augenhöhe zu sein. „Ja, wir sind nur zu Besuch hier“, bestätigte Luke und bot dem Mädchen seine Hand an. „Ich bin Luke und das hier ist...“, er machte eine Pause, als suche er nach der richtigen Bezeichnung, als was genau er die Frau neben sich vorstellen sollte, „das hier ist meine Kollegin Mara. Wie ist dein Name?“ Bedächtig musterte sie Luke eingehend, unterzog dann erneut Mara einer gründlichen Prüfung und schüttelte schließlich Lukes Hand. „Ich bin Seena.“ „Hallo, Seena“, antwortete Skywalker und lächelte noch breiter. „Das ist wirklich ein hübscher Name.“ Mara verzog angesichts von Skywalkers rührigen Worten belustigt den Mund und verbarg ihre Grinsen hinter einer vorgehaltenen Hand. Wenn er den Kinderflüsterer spielen wollte würde sie ihn nicht davon abhalten. Das Mädchen kicherte verlegen und schwang mit dem Blumenkorb hin und her. „Kennst du dich gut mit Blumen aus, Seena?“ fragte Luke und nickte in Richtung Korb. Seena nickte äußerst enthusiastisch. „Jedes Jahr nach der Ernte gibt es ein großes Fest und überall werden Blumen aufgehängt. Das ist viel Arbeit, ich helfe immer.“ „Dann hast du doch sicher schon einmal so etwas hier gesehen, oder?“ fuhr Skywalker fort und fingerte eins der 'versteinerten' Blütenblätter aus seiner Gürteltasche. Seena starrte die Blatt eine Weile an, musterte es genauso intensiv und eindringlich wie Luke und Mara. „Wer solche Blumen haben will“, sagte Seena schließlich, „der muss zu Sarzamin Saia gehen.“ ~*~*~ Die sandsteinfarbene Fassade und die einfache runde Architektur ließen das Haus und damit Sarzamin Saias Geschäft ungewöhnlich klein aussehen, doch als Mara, Skywalker und Seena den Laden schließlich betraten, blieb sie einen Moment lang voller Verblüffung stehen. Der Blumenladen entpuppte als ein einziger, riesiger Garten, der viel breiter zu sein schien als das Gebäude von außen vermuten ließ. Die Wände waren so voll mit Blumen, Büschen, Sträuchern, Gestecken und anderen botanischen Kunstwerken, so dass die Regale, auf denen sie standen, nicht mehr zu erkennen waren. Die Luft war nun feuchter und dicker als auf der Straße und war mit vielen, exotischen Düften geschwängert, die Mara unentwegt die Nase kitzelten, während das Mädchen sie zwischen Tischen voller Blumensträuße und Topfpflanzen durch den Laden führte. Seena schlich durch die Regalreihen, als wären sie ihr Zuhause. Skywalker setzte sich in Bewegung und folgte dem Mädchen auf Schritt und Tritt, Mara schlenderte als Schlusslicht hinter ihnen her. Sie passierten eine Glastür und fanden sich in einem Gewächshaus wieder. Flache, breite Tische voll Blumenerde, Dünger und Kräuterbeete schienen vom Eingang bis zur rückwärtigen Wand zu reichen. Mittendrin hockten drei Frauen und ein älterer Mann und jäteten Unkraut. Alle vier trugen khakifarbene Tuniken, dicke Gärtnerhandschuhe und einen Strohhut, der sie vor der künstlichen Bestrahlung von der Decke schützte. „Sarza!“ rief das Mädchen und ruderte heftig mit beiden Armen, um auf sich aufmerksam zu machen. „Sarza, ich hab' Besuch mitgebracht!“ Die vier fleißigen Gärtner hielten in ihrem Tun inne und richteten sich langsam, fast mühselig auf. Der Mann rückte sich den Strohhut zurecht, wodurch seine dichten, buschigen, grauen Augenbrauen zum Vorschein kamen. Dann flüsterte eine der Frauen – klein und ein wenig dicklich – den anderen etwas zu, worauf sie ihre Arbeit mit akribischer Genauigkeit fortsetzten. Sarzamin Saia wirkte wie eine strahlend schöne Blume, die sich langsam dem Herbst ihres Lebens näherte. Um die Augen und den Mund herum waren die ersten Fältchen zu erkennen und auch einige silbrig-weiße Strähnen hat sich wie Fäden durch ihren brauen Schopf gezogen. Doch obwohl sie wie eine Frau wirkte, die in ihrem Leben viel gelacht hatte, sah sie nun ernst und forschend drein, während sie sich ihren Weg durch die Beete zu ihnen bahnte. Anders als die beiden Männer von der Hafenbehörde, schien sie durch die Anwesenheit Skywalkers, des wohl prominentesten Jedi dieser Tage, ganz und gar nicht aus dem Häuschen zu geraten. Seenas Laune hingegen schien sich durch nichts trüben zu lassen und sie herzte Saia heftig, als sie das wartende Grüppchen erreichte. Mara warf Skywalker einen flüchtigen Seitenblick zu und wartete darauf, dass er etwas sagte, doch er lächelte nur selig vor sich hin. Dann wandte Sarzamin Saia ihre Aufmerksamkeit den beiden Jedi zu. Mit einer Hand nahm sie den Strohhut ab und zog dabei die Augenbrauen so heftig zusammen, dass sich auf ihrer Stirn eine senkrechte Furche bildete. Sie schien nicht besonders erfreut über ihren Besuch. „Guten Tag“, sagte Mara schließlich. „Ich hoffe, wir stören Sie nicht bei der Arbeit. Seena hat uns geraten, uns an Sie zu wenden. Ich bin…“ „Schon gut“, erwiderte Saia und wedelte mit einer behandschuhten Hand, „ich weiß, wer Sie beide sind. Man hat sie bereits angekündigt. Kommen Sie, lassen Sie uns in meinem Büro weiter reden.“ Die Blumenhändlerin wandte sich kurz noch einmal dem Mädchen zu und flüsterte ihr etwas zu, worauf Seena nickte und zu den anderen drei Gärtnern im Gewächshaus hinüber hüpfte. Das Lächeln war von Skywalkers Gesicht verschwunden, als Mara ihm einen weiteren Blick zu warf. Man hatte sie angekündigt? Wenn dem so war, dann gehörten ihre Nachforschungen hier zum Puzzle, das man für sie angefertigt hatte. Das brauchte sie der Lösung zwar nicht näher, allerdings wussten sie nun, dass sie auf dem richtigen Weg waren. Schweigend folgten sie Saia, die sie nun zurück in den Geschäftsbereich und dann links einen kleinen Gang hinunter führte. In ihrem Büro angekommen, welches mit Kisten und kleineren Fachtcontainern mit Düngemittel voll gestellt war, bat sie die beiden Jedi vor ihrem Schreibtisch Platz zu nehmen. Hastig sammelte sie einige Rechnungen und Bestellformulare von der Schreibtischplatte auf und verstaute sie in einer Kommodenschublade, ehe auch sie sich mit einem schweren Seufzen auf den einfachen Holzstuhl hinter ihrem Tisch fallen ließ und ihre Gärtnerhandschuhe abstreifte. Unruhig leckte Mara sich über die Lippen und beobachtete Saia sehr genau. „Nun“, sagte Saia und rieb sich müde die Augen, „ich hatte eigentlich später mit Ihrem Eintreffen gerechnet, obwohl ich nicht gedacht habe, dass Sie einen Jedi-Meister dabei haben würden. Aber, ich schätze, dieser Zeitpunkt ist wohl so gut wie jeder andere auch, nicht wahr? Ich würde Ihnen ja etwas zu trinken anbieten, aber unser Lieferant ist spät und wir haben zurzeit nur Leitungswasser im Angebot. Zwei Jedi wie Sie sind sicherlich Besseres gewohnt.“ Sie lehnte sie mit den Ellbogen auf die Kante des Schreibtisches und ließ ihre Blicke von Luke zu Mara und wieder zurück wandert. „Wie kann ich Ihnen also zu Diensten sein?“ Wieder flackerten Maras Blicke zu Skywalker hinüber, der mit unleserlicher Miene da saß und darauf zu warten schien, dass sie das Wort ergriff. Wahrscheinlich hatte sie ein wenig zu oft betont, das dies hier ihre Mission war und nicht seine. „Da Seena von Ihnen als Expertin für Pflanzenkunde empfohlen hat“, begann Mara, „möchten wir uns mit ein recht simplen Frage an Sie wenden. Was wissen Sie über die Steinerne Blume?“ Saia schmunzelte freudlos. „Ich denke, alles Wissenswerte, das es über Orianna-Blumen zu wissen gibt, finden Sie sich auch im HoloNet, oder? Immerhin sind doch Sie diejenigen in diesem Raum, die Bekanntschaften zu den angesehen Persönlichkeiten der Galaxis pflegen.“ „Oh, derartige Recherche haben wir bereits hinter uns“, erwiderte Mara. „Uns locken weniger die Einzelheiten über die Pflanze hierher, als der Umstand, dass Sie die einzige, in der Hemisphäre bekannte Exporteurin eben jener Pflanze sind. „ „Dann erhoffen Sie sich also Informationen bezüglicher meiner Kunden“, sagte Saia. Es war keine Frage. „Dann muss ich Sie enttäuschen, aber ich werde niemandem, nicht einmal zwei Jedi, derartige Firmeninterna verraten.“ „Es geht auch nicht um all Ihre Kunden“, beharrte Mara, „sondern nur um einen, um einen ganz speziell. Die gleiche Person, die erst vor kurzem eine Handvoll dieser Blumen – Orianna nannten Sie sie, ja? – bei Ihnen in Auftrag gegeben hat. Die gleiche Person, die, wie ich vermute, auch unser Eintreffen angekündigt hat. Und wenn es so ist, wie ich denke, wird diese Person Sie ebenfalls angewiesen haben, uns gerade soviel preiszugeben, dass wir wissen, wohin wir als nächstes gehen müssen, aber nicht, was uns dort erwartet. Abgesehen davon erwarte ich nicht, dass Ihre Kundenliste im Bezug auf dieses spezielle Produkt so ausgeprägt ist, dafür sind diese Pflanzen in der restlichen Galaxis zu exotisch und zu unbekannt.“ Fahrig strich sich die ältere Frau durch den dichten Haarschopf und ihre Augenlider begannen vor Nervosität zu flattern. „Glauben Sie uns“, warf Skywalker mit sanfter und wohl tönender Stimme ein, „wir sind nicht hier, um Ihnen Schaden zuzufügen. Ganz im Gegenteil, wir sind hier, um ihn zu verhindern. Diese Person, von der meine Kollegin eben sprach, hat eine Geisel genommen und zusammen mit einer Gruppe von Piraten bereits viel Ärgern in den Regionen des Middle Rim gemacht.“ Saia betrachtete ihre Fingernägel und kratzte dann mit der rechten Hand den Handrücken ihrer linken, ehe sie langsam und flüsternd zu einer Antwort ansetzte. Sie beugte sich nach vorn und sah sich noch einmal im Zimmer um, als befürchtete sie belauscht zu werden. „Ja, dieser Person, von der sie sprechen, war hier. Ich kann nicht genau sagen, ob es sich dabei um einen Mann oder eine Frau handelte, sie sah irgendwie androgyn aus. Jedenfalls kam sie in meinen Laden marschiert und machte sich nicht einmal die Mühe, den Blaster an ihrer Hüfte zu verbergen. Sie orderte ein Dutzend Orianna. Ich sagte ihr, dass wir erst in drei Wochen zur Ernte hinaus fahren, was sie ein wenig wütend machte. Sie bestand darauf, dass wir auf der Stelle diese Blumen besorgen, sie wollte dafür einen Aufpreis bezahlen. Des Weiteren bestand sie darauf mich zu dem Feld zu begleiten, wo die Blüten gepflückt werden.“ „Und Sie sind dieser Bitte nachgekommen?“ hackte Mara nach. „Ja, wenn auch ein bisschen widerwillig. Diese… Person war mir nicht geheuer. Um ehrlich zu sein habe ich befürchtet, dass sie mir gleich den Laden in Schutt und Asche legt. Ihre Körpersprache war sehr beherrscht, aber sie hatte dieses Funkeln in den Augen, wissen Sie was ich meine?“ Nun lächelte Mara humorlos. „Sie meinen Blutdurst?“ „Ja, so könnte man es ausdrücken.“ „Was passierte dann?“ fragte Skywalker. „Ich bat sie, bis zum Ladenschluss zu warten, dann trafen wir uns am Stadtrand und ich brachte sie zu der Aue, auf der die Orianna wachsen. Ich sammelte die Blüten und sie bezahlte bar. Sie sagte, ich würde schon bald Besuch von einer Frau namens Mara Jade bekommen, die ebenfalls nach den Pflanzen fragen würde. Dann fuhr sie auf einem Speederbike davon.“ Stille trat ein und die Blumenhändlerin stieß erneut ihre Fingernägel in ihren Handrücken, während Mara als auch Luke versuchten, aus dem eben Gehörten eine logische Schlussfolgerung zu ziehen. „Wo genau ernten Sie die Blüten?“ fragte Mara. „Die Aue auf der die Blume wächst gehört zum alten Anwesen der Matales.“ „Und Sie haben einen Pachtvertrag, dass Sie das Grundstück einfach so betreten dürfen?“ „Mir gehört das Grundstück“, antwortete Saia und ihre Mundwinkel zogen sich für einen kurzen Moment nach oben, als sie Maras verwunderten Gesichtsausdruck sah. Es lag eine unterschwellige Traurigkeit in ihrem Lächeln. „Ich war mit der letzten Erbin der Matale-Familie gut befreundet. Sie hat es mir vermacht, kurz bevor sie starb.“ Saia seufzte und der Ausdruck in ihren Augen ließ vermuten, dass ihre Gedanken für eine Sekunde in weite Ferne glitten. „Wie lange ist das jetzt her? 25, fast 30 Jahre.“ Die Blumenhändlerin schüttelte sachte den Kopf und strich sich vorsichtig die Haare aus der Stirn, ehe sie sich mit angestrengter Miene wieder auf ihre Besucher konzentrierte. „Ich nehme an, dass Sie es sehr begrüßen würden, wenn ich Sie zu dem Platz führe, an dem ich mit ihrem Verdächtigen war.“ „Da liegen Sie verdammt richtig“, erwiderte Mara mit einem entschlossenen Nicken, konnte jedoch nicht umher, die ältere Frau mit einem gutmütigen Lächeln zu bedenken. ~*~*~ Gelbgoldnes Gras wiegte sich in der lauwarmen Nordost-Brise, die über die Ebene wehte und durch Maras Haare strich. Die untergehende Scheibe der Sonne entflammte den Himmel mit allen Nuancen von Violett und Dunkelblau, ein scharfer Kontrast zu der blutroten Erde, die sich unter dem Gelb des Grases barg. „Ich habe selten einen so schönen Sonnenuntergang gesehen“, murmelte Mara leise und sog erneut die süßliche Luft ein. Es roch ein bisschen nach frisch gemähtem Gras und frischen Lilien. In mitten dieses farbengewaltigen Hinterlandes, am Fuß der Ebene, stand ein alter und gebrandschatzter Gebäudekomplex. Doch selbst die Folgen des verheerenden Brandes, der das Anwesen heimgesucht hatte, verblassten angesichts des nagenden Zahnes der Zeit, die im Begriff war, ihr altes Territorium zurück zu erobern. Selbst Pla- und Durastahl konnte der Macht der Natur nicht widerstehen. Irgendwann kehrte alles zu der Erde zurück, der es entstammte. „Ja, er ist nicht schlecht“, erwiderte Skywalker halb im Scherz, während er den A-1 Deluxe Speeder sicherte, den sie am Hafen gemietet hatten. Mara sah in kurz an und verzog den Mund, als sie sein ironisches Schmunzeln bemerkte. „Wissen Sie“, meinte Sarzamin Saia, die nun an Maras Seite trat und einen Blick über die Ebene warf und zuckte nur mit den Schultern, „wenn man lange genug auf Dantooine war, gewöhnt man sich daran.“ „Mag sein“, gab Mara zu, „aber so schön das Szenario auch ist, irgendwie ist es mir hier zu ruhig. Viel zu ruhig.“ „Was meinen Sie?“ fragte Saia. „Nun, es ist zu ruhig. Die Starkstrom-Barrieren waren vollkommen intakt, kein Zeichen von Manipulation, Beschädigung oder sonstigen Sabotageakten, das Gleiche gilt für das Aggregat, an dem wir vor ein paar Minuten vorbei gekommen sind. Nachdem sich unsere kriminellen Freunde sich solche Mühe gegeben haben, uns hierher zu locken, lässt dieser Umstand vermuten, dass sie entweder noch nicht hier eingetroffen sind – was ich bezweifle – oder noch sich noch etwas sehr viel Schlimmeres als eine Sprengladung am Sicherheitszaun haben einfallen lassen.“ „Nun, dann sollten Sie nicht unbewaffnet in das Haus gehen“, meinte Saia, „wobei ich mir eher Gedanken darüber machen würde, dass man die Kath-Hunde heute nicht schon aus der Ferne jaulen hört. Es ist ungewöhnlich, wenn diese Biester mal Ruhe geben.“ „Glücklicherweise“, betonte Luke, „verlassen wir fast nie das Haus ohne mindestens eine Waffe am Körper zu tragen.“ Wie um seine Worte zu unterstreichen, legte eine Hand sachte auf den Griff seines Lichtschwertes, dass wie eh und je an seinem Gürtel baumelte. „Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen, wenn ich hier beim Speeder auf Sie warte und die Gegend im Auge behalte. Für den Fall der Fälle.“ „Ist mir recht“, kommentierte Mara und überprüfte das Holster an ihrem Unterarm. Gut, die Batterien waren voll aufgeladen. „Skywalker, sind Sie soweit?“ „Bereit und willens“, sagte Luke. „Lassen Sie uns hoffen, dass das hier nicht so endet wie Belderone.“ „Wollen wir etwas andeuten?“ fragte Mara scharf ohne den Jedi-Meister anzusehen, was Saia dazu brachte, verwirrt von ihr zu Luke und wieder zurück zu blicken. Skywalker ließ ein frustriertes Seufzen hören. „Lassen Sie uns gehen, Mara.“ Ihren Abstieg hinunter zum alten Anwesen verbrachten sie schweigend. Gelegentlich nahm Mara ihr Fernglas vom Gürtel und suchte die Ebene nach potentiellen Bedrohungen ab, fand jedoch nichts weiter als eine Gruppe kleinerer Nagetiere, die auf ihrem Erdhügel standen und sich neugierig umsahen. „Die Aue, von der Sarzamin gesprochen hat, befindet sich auf der anderen Seite des Anwesens“, stellte Luke schließlich fest. Er hielt einen Moment inne und seine Lider senkten sich ein kleines Stück, während er sich nach der Macht ausstreckte und mit seinen mentalen Fühlern die Gegend erkundete. „Können Sie Etwas spüren?“ fragte Mara mit neutral-professionellem Geschäftston. „Ja“, antwortete Skywalker langsam, „zwei menschliche Präsenzen im Anwesen. Sieht so aus, als warten die beiden Männer, die Kostryka auf Belderone begleitet haben, in einem der Räume des Anwesens.“ „Laz und Avarice“, informierte sie ihn und taxierte das mit dunklem verkohltem Staub bedeckte Gebäude vor ihnen. „Ich hätte erwarten müssen, dass May mal wieder ihre Sandalenburschen schickt.“ „May?“ fragte Luke verblüfft. „Sie haben diesen Namen auf Belderone auch schon einmal benutzt. Gibt es irgendetwas, dass ich wissen sollte?“ Mara winkte ab. „Nicht jetzt.“ In leicht geduckter Haltung schlich Mara die letzten Meter der Grasbewachsenen Anhöhe hinunter, eilte mit katzenhafter Eleganz zu einem rechteckigen erhöhten Blumenbeet, das etwa zehn Meter vom Eingang des Anwesens entfernt war, und lauschte in die Stille der Wildnis hinein. Mit geschlossenen Augen versuchte sie alle Naturgeräusche herausfiltern, blendete das Rauschen des Windes in den Grashalmen oder das Knirschen der roten Erde unter ihren Füßen vollkommen aus. Und da war es, so leise, dass es wie ein heiseres Flüstern klang. Klick, Klick, Klick. Blinzend schlug sie die Augen erneut auf und richtete ihre Fokus auf den Rahmen des alten Eingangs zum Vorgebäude des Anwesens. Das Material war uneben von vielen verkohlten Ornamenten, die einst in den Durastahl gearbeitet worden waren. Vorsichtig suchte sie die mattgraue, schwarz befleckte Oberfläche ab, bis sie schließlich fand, wonach sie suchte. Direkt oberhalb des Rahmens, nicht einmal so groß wie ihre geballte Faust, sah sie eine Ausbuchtung, die nicht zu dem alten Kunstmuster im Rahmen passen wollte. „Was sehen Sie?“ hörte sie Skywalker plötzlich hinter ihr sagen. Er hatte die Stimme zu einem Flüstern gesenkt, als befürchtete er belauscht zu werden. „Einen Bewegungssensor“, erklärte Mara angespannt, „mit einer ziemlich kurzen Reichweite. Sobald wir uns der Tür nähert wird höchst wahrscheinlich ein Alarm ausgelöst und unsere Kumpels wissen, dass wir hier sind.“ „Hm“, machte Luke, „das ist, in der Tat, ein Problem. Irgendwelche Vorschläge?“ „Bis jetzt noch nicht“, erwiderte Mara, ihre Blicke immer noch starr auf den Sensor oberhalb des Türrahmens gerichtet. „Diese Dinger sind wirklich schwer zu umgehen.“ Unbehagliches Schweigen trat ein, während sie beide fieberhaft eine kluge Taktik zu überlegen versuchten, mit der sie in das Haus eindringen konnten ohne von diesem oder anderen elektonischen Überwachungsgeräten erfasst zu werden. Und Mara ging davon aus, dass dies nicht der einzige Sensor war, den die Piraten am Gebäude angebracht hatten. Vermutlich war jedes einzelne der zerborstenen Fenster mit einem solchen Detektor versehen. Doch während sie noch überlegte, wie sie am geschicktesten an diese Sache heran gingen – sie überlegte sogar, ob Skywalker sie nicht beide auf das Dach levitieren konnte, damit sie sich ihren Weg ins Innere mit ihren Lichtschwertern frei schnitten – kamen ihr von Zweifel erfüllte Gedanken. May wusste, wozu Mara fähig, wusste, welche Fähigkeiten sie während ihres Trainings unter Palpatine erworben hatte. Sie kannte das Schema, nach dem Mara all ihre Mission erfüllte, egal, ob als Hand des Imperators oder Karrdes erster Offizier. Es war wie eine Doktrin, die man ihr seit dem Tage ihrer Geburt anerzogen hatte. Und eben jenes Wissen würde sie sicherlich zu ihrem Vorteil nutzen. Es war mehr als wahrscheinlich, dass sie Mara dazu zwingen wollte, nach diesem alt bekannten Muster zu agieren, um sie wohl möglich in eine sehr tödliche Falle zu locken. Rasch wandte sie den Kopf und musterte Skywalkers Gesicht für einen Moment. Er selbst war so tief in Gedanken versunken, dass ihm die Konzentration in jeden Gesichtszug geschrieben stand und einen flüchtigen Moment lang fragte sie sich, was wohl in seinem Kopf vorgehen mochte. Doch sie hatte sich bereits eine Lösung für ihr Problem überlegt. Um dieser Falle zu entgehen, musste sie einfach nur aus ihrem Muster ausbrechen. Sie inhalierte die süßliche Luft Dantooines mit einem scharfen Atemzug und spürte, wie sich die Muskeln in ihrem Körper sich anspannten. Dann trat sie hinter dem Blumenbeet hervor, hinaus auf den gepflasterten Bereich vor dem Eingangstor. Wenige Sekunden später hörte sie, wie der Sensor surrend zum Leben erwachte und die Wärme ihres Körpers und den Schall, den ihre Schritte erzeugten, berechnete. Nur einen Herzschlag später vernahm sie ein rasches, hoch taktiertes Piepen und eine kleine rote Diode flammte am oberen Teil des Sensors auf. Gut, Mays Handlager waren nun gewarnt. Doch dann mischte sich ein neues Geräusch unter die anderen. Ein tiefes, fast brummendes Rauschen, wie sie es früher schon oft gehört hatte. „Mara!“ rief Skywalker, der nun völlig vergas seine Stimme zu senken. „Kommen Sie da weg!“ Abrupt hielt sie inne und ließ ihren Fokus von der Diode am Sensor zu den Rändern des Eingangsschotts wandern. Die Stelle, an der die Tür in den Rahmen überging, mit ihm verschmolz, schien mit einem Mal weiß-glühend aufzuleuchten. Sie hatte weder die Zeit, sich wieder in den Schutz des Blumenbeetes zu begeben, noch sah sie eine näher liegende Möglichkeit, um in Deckung zu gehen. Also drehte sie sich hastig herum, sprang und ließ sich dann flach und mit dem Bauch gen Erde fallen. Gerade rechtzeitig, als die Tür in tausend Teile zerbarst. Schrapnell polterte mit einem Mal über den Vorplatz und der beißende Geruch von Rauch stieg ihr in die Nase. Das melodische Surren von Skywalkers Lichtschwert verriet ihr, dass er sein bestes Tat, die umher segelnden Splitter abzuwehren, während Mara sich mit verkrampften Muskeln fester gegen den Pflasterstein drückte und hoffte, von herumfliegenden, scharfkantigen Durastahlstücken verschon zu werden. Dann, so plötzlich wie die Explosion gekommen war, verstummte sie und hinterließ nichts weiter als Stille. Kein Blasterfeuer, kein aufgeregtes Rufen, kein Drohen. Alles was sie hörte waren Skywalker ungewöhnlich dumpfe Schritte, als er zu ihr hinüber eilte. „Ist alles okay?“ fragte er ernst. „Sie sind Sie unverletzt?“ „Ja“, bestätigte Mara, die nun vor dem Hindernis stand, dass ihre verkrampften Muskeln ihr nur widerwillig gehorchen wollten, als sie sich aufsetzte. „Ja, ich bin in Ordnung.“ „Was, bei allen Sternen, haben Sie sich bloß bei dieser Aktion gedacht?“ fragte Luke und beäugte sie voller Verwirrung, sein Lichtschwert immer noch einsatzbereit in einer Hand. Doch Mara kam nicht dazu, ihm zu antworten. Während sie sich in eine sitzende Position kämpfte und sich den Staub der Detonation von ihrem Bodysuit klopfte, bemerkte sie unwillkürlich einen schwarzen Schemen, der sich von der maroden Finsternis im Inneren des Hauses abhob. Erst glaubte Mara, dass die dunkle Silhouette nichts weiter war als ein Streich, den ihre Sehkraft ihr spielte, doch dann sah und spürte sie die raschen Bewegungen des Schattens gleichermaßen. „Skywalker!“ rief sie und reckte das Kinn in Richtung Tor, als der Schatten in die Hocke ging und rasch eine Hand ausstreckte. Luke wirbelte herum, das Lichtschwert in Defensivhaltung erhoben. Doch wieder erklang kein Blasterfeuer und keine roten Energiestrahlen ionisierten die Luft um sie herum. Alles, was sie hörte war das sanfte metallene Klingen als hätte jemand eine einzelne Creditmünze zu Boden geworfen. Rasch versuchte Mara die Macht zu sich zu rufen und richtete die mystische Energie auf den Schemen im Schatten. Doch sie spürte keine Gefahr, erhielt nicht einmal einen Hinweis auf die Absichten ihres schattenhaften Gegenübers. Alles was ihr zuteil wurde war ein kurzes Aufflackern der Zufriedenheit. Skywalker, der wohl genau wie sie eine Granate oder ähnliches erwartete hatte, versteifte sich kurzzeitig, ehe er lossprintete und wenige Meter vor dem Tor wieder zum Stehen kam. Er streckte eine Hand aus und rief mit Hilfe der Macht ein glänzendes flaches Objekt in seine Hand, das für Mara im ersten Augenblick tatsächlich wie eine Creditmünze aussah. „Sithspucke“, fluchte sie und stemmte sich wieder auf ihre Füße, bereit, dem dunklen Schatten im Inneren des Hauses hinterher zu spurten. Doch als sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Dunkelheit jenseits des Eingangstor richtete, war er verschwunden. ~*~*~ „Wären Sie nun gewillt, mir zu erläutern, wer May ist?“ fragte Skywalker und bedachte Mara mit einem durchdringenden, jedoch keineswegs bösartigen Blick. „Wenn Sie mir das Amulett geben, verrate ich es Ihnen vielleicht“, erwiderte Mara leicht gereizt. „Sie bekommen es, wenn Sie mir gesagt haben was Sie wissen, Mara.“ Die Nacht war mit einer beinahe abrupten Endgültigkeit über Solely City gefallen und das Licht von drei Monden tauchte nun die malerische Landschaft in einen silbrigweißen Schein, der die Idylle Dantooines noch unwirklicher erscheinen ließ. Und das flache, runde, münzenartige Amulett in Skywalkers Hand schien das Licht aufzusaugen und wie eine Aureole zurück zu werfen. Sie saßen auf einer kleinen Veranda hinter Sarzamin Saias Haus, welche dem Balkon des Restaurants, in dem sie am Mittag gespeist hatten, sehr ähnlich war. Der kühle Wind, der nun durch die Straßen und über die Steppe wehte, ließ die Fackeln flackert, die ihre Gastgeberin im Garten entflammt hatte. Hin und wieder drang das knisternde Rauschen der Flammen an Maras Ohr und verschaffte dem Moment eine seltsame deplatzierte Lagerfeueratmosphäre. Nachdem sie zu ihrem Speeder zurückkehrt waren, hatte die Blumenhändlerin darauf bestanden, ihnen zumindest für diese Nacht ein ruhiges Quartier anzubieten. „Kommen Sie. Ich habe so selten Gäste in meinem Haus. Für mich allein ist es ohnehin zu groß, daher freue ich mich, wenn es mit ein wenig Leben gefüllt wird“, hatte Saia gesagt und damit Skywalkers und Maras Aufmerksamkeit von ihrem neuerlichen Streit fort gelenkt. Denn Luke hatte Mara nur unter großer Mühe davon überzeugen können, dass es klüger war, sich diesem neuen Puzzleteil zu widmen, dass er vor dem Tor aufgelesen hatte, anstand das Anwesen nach den Piraten zu durchsuchen. Mara, die nun mehr als versessen darauf war, May Montross zur Rede zu stellen, war von dieser Idee nur wenig begeistert. „Womit haben wir nur solche Großzügigkeit verdient?“ hatte Mara auf Sarzamins Einladung hin gefragt, doch die Worte hatten bitterer und schärfer geklungen, als sie es beabsichtigt hatte. Doch Sarzamin Saia hatte Maras Sarkasmus einfach übergangen und so getan, als hätte sie ihn nicht bemerkt. Stattdessen hatte sie nur ein kühles, beinahe herablassendes Lächeln aufgesetzt. „Sie wollen genauso sehr wie ich, dass dieses Gesindel bekommt, was ihm zusteht.“ Daraufhin war Maras Ärger ein wenig verpufft und sie und Skywalker hatten einstimmig Sarzamins Einladung angenommen. Zumindest in diesem Punkt waren sie sich einig gewesen. Dennoch ließ die friedliche Nacht sie ihren Eifer, endlich hinter des Rätsels Lösung zu kommen, nicht vergessen. So saßen sie nun hier und versuchten einander in diplomatischem Ton die Gedanken des anderen abzuringen. Doch obschon Skywalkers Gestalt größtenteils mit dem nächtlichen Schatten um sie herum verschmolz, glitzerten seine Augen wachsam. „Nun gut“, seufzte Mara und fügte sich in das Ferienausflugsambiente um sie herum. Er wollte eine Lagerfeuergeschichte hören, er würde sie bekommen. „May, beziehungsweise May Lynn Montross ist… nennen wir es eine alte Bekannte, wobei wir uns nie besonders nahe standen und eigentlich weiß ich nicht sehr viel über sie, nur das, was in ihrer Akte stand. Und selbst die kam mir nur unter die Augen, weil es in ihrer Abteilung Probleme gegeben hat.“ „In ihrer Abteilung?“, fragte Skywalker und seine Stimme klang nun wieder weich, weniger fordernd als zuvor. Voll aufrichtigem Interesse beugte er sich vor und stützte sich mit einem Arm auf die Tischplatte ohne dabei das Amulett aus der Hand zu legen. „Sie warf eine Spionin beim Imperialen Geheimdienst, dem Imperial Intelligence, allerdings war sie dort nie ein so großes Licht wie es Daala und Isard bei der Imperialen Flotte waren.“ Skywalker gestattete sich ein freudloses Lächeln. „Und da soll noch einmal jemand sagen, dass Imperium hätte nichts für Frauen im Militärdienst übrig gehabt.“ „Ganz so einfach war ihr Fall leider nicht. Erinnern sie sich, dass Sarzamin sagte, sie konnte nicht sagen, ob die Person, die in ihrem Laden war männlich oder weiblich war, dass sie irgendwie androgyn wirkte? In der Tat ist es so, dass sie die Akademie nur bestand, weil man sie damals für einen Mann hielt. Und nicht nur auf der Akademie, auch eine ganze Weile danach hat sie es geschafft, ihre Vorgesetzten davon zu überzeugen, dass sie ein Mann wäre. Allerdings brachte es sie in entsprechend große Probleme, als man ihr Täuschungsmanöver durchschaute. Lieutenant Z’rya von der Abteilung für Interne Angelegenheiten hat den Vorfall gemeldet, weswegen sie wegen arglistiger Täuschung vor Gericht gestellt wurde.“ „Was geschah dann?“ „Ich weiß nur noch, dass sie unehrenhaft aus dem Dienst entlassen wurde, was eine ungewöhnliche milde Strafe ist, wenn man bedenkt, wie schnell manche Herzblut-Imperiale mit einem Todesurteil bei der Hand waren.“ „Klingt ganz so, als hätte jemand einen schützende Hand über sie gehalten“, kommentierte Skywalker. „Ja, das glaube ich auch. Nun, ich, für meinen Teil, bin ihr nur einmal begegnet. Ich gehörte zu der kleinen Einheit, die sie in ihrer Wohnung auf Coruscant festnehmen sollte, was wir auch getan haben. Von der Gerichtsverhandlung habe ich keine wirkliche Erinnerung und danach hat man auch nichts mehr von ihr gehört. Zumindest bis jetzt. Es war mir jedenfalls eine zu belanglose Angelegenheit, als das ich dieser Sache große Beachtung geschenkt hätte“, schloss Mara. Wieder lächelte Skywalker knapp: „Dann ist es ein Wunder, dass Sie sich nach all diesen Jahren noch an ihren Namen erinnern.“ „Ich vergesse niemals ein Gesicht.“ Halb sah sie, halb spürte sie, wie seine Augenbraue für einen kurzen Augenblick lang nach oben zuckten. Sicherlich erinnerte er sich daran, wie versessen Mara darauf gewesen war, ihn zu töten. Sein Gesicht würde sie wohl ihren Lebtag lang nicht mehr vergessen. „Zufrieden?“ fragte sie nach einer Weile und lehnte sich auf dem spartanischen Holzstuhl zurück, die Arme gebieterisch auf die Lehnen geschmiegt. „Absolut“, erwiderte Skywalker, legte die flache Münze auf den Tisch und schnippte sie quer über die Platte in Maras Richtung. Sie schlitterte die Zentimeter mühelos zu ihr hinüber, blieb dann jedoch neben ihrer Tasse Kräutertee liegen. „Entschuldigen Sie mich bitte einen Moment“, erklärte Skywalker dann und erhob sich von seinem eigenen Stuhl. „Ich werde sehen, dass ich R2 auf der Jade’s Fire erreiche. Vielleicht kann er uns ein paar Informationen darüber beschaffen, was May Lynn Montross noch ihrer Suspendierung noch so getrieben hat – und warum sie so versessen darauf ist, mit Ihnen Katz und Maus zu spielen.“ Ohne ihre Antwort abzuwarten, wandte er sich ab und trat durch die transparente Tür in das bescheid eingerichtete Wohnzimmer von Sarzamin Saias Haus. „Ja, das wüsste ich auch gern“, murmelte Mara in die Stille, während ihre Blicke für einige Sekunden an ihm hängen blieben. Doch der Schein, der auf der Münze lag wie ein milchiger Nimbus, forderte gleich seinen Tribut und zwang sie dazu, das Amulett mit fragenden Blicken zu bedenken. Welchen Sinn nur sah May darin, ihr diesen Nippes zukommen zu lassen? Sie streckte die Hand nach dem Anhänger aus, konnte das eingefangene Mondlicht unter ihren Finger spüren, als wäre es ein lebendes Ding… … und wurde sogleich von einer Welle der Benommenheit überrollt, als ihre Haut das Metall berührte. Einen Moment lang glaube sie sich erbrechen zu müssen, während ihre Sicht immer weiter davon schwamm und sich farbige Linien in die Dunkelheit der Nacht mischten. Angestrengt zwang sie ihren Körper dazu, Luft in ihre Lungen zu pumpen, obgleich ihre Brust wie zugeschnürt schien. Wenn es sich so anfühlte, wenn Skywalker eine seiner Jedi-Ahnungen hatte, wollte sie nicht mit ihm tauschen. Beinahe zwanghaft klammerten sich ihre Finger um das Amulett, das plötzlich eine ungewöhnliche Hitze auszustrahlen schien. Doch selbst die Befürchtung, sich an dem Metall zu verbrennen, konnte sie nicht dazu bringen, die Münze loszulassen. Bei allen Sternen…, stöhnte sie stumm und schloss ihre Augen so fest sie konnte, um wieder Herr ihrer Sinne zu werden. Doch die Farben tanzten immer noch vor ihr, bildeten zunächst abstrakte Muster, verwoben sich dann miteinander und begannen ein Bild vor ihr zu malen wie ein altes alderaanisches Moos-Gemälde. Und ohne zu ahnen, was sie erwartete, ließ sie los, ließ die Macht walten und gab sie sich der Vision, die ihren Weg aus der Vergessenheit suchte, voll und ganz hin: Es war kurz vor Sonnenaufgang und der rot strahlende, mit Purpur befleckte Himmel über der weiten Steppe, erweckte den Planeten zum Leben. Die Luft war erfüllt vom fernen Geheul der Kath-Hunde, als ein aufgeschrecktes Iriaz sich majestätisch und auf mächtigen Schwingen in den Himmel erhob. Die Wärme der ersten Sonnenstrahlen streichelte zärtlich ihr Gesicht, wie aus weiter Ferne. Sie setzte sich langsam auf, blinzelte gegen das helle Licht an. Dann ließ sie die abdunkelnde Tönung der Fensterscheiben mit einem Knopfdruck erlöschen, strich sich eine lockige Strähne aus dem Gesicht und trat ans Fenster, um den neuen Tag zu begrüßen. Sie lächelte. Doch es war ganz so, als wäre sie nicht sie selbst. Maras Seele war nun gefangen im Inneren eines Gefäßes - eines Körpers - der nicht ihr gehörte. Jeder Atemzug kam ihr vor, als tät ihn jemand anderes und nicht sie. „Orianna!” Die Stimme einer Frau drang an ihr Ohr, gefolgt vom Donnern eiliger Schritte auf den Treppenstufen. „Orianna!” Es war ihre drei Jahre ältere Schwester Casseia, aufgeregt und stürmisch wie immer. Schwester? dachte Mara, Welche Schwester? Die Schritte näherten sich, bis die magnetische Versiegelung ihrer Zimmers klickte und die Tür mit beharrlichen Zischen auf glitt. Casseias tiefbraunes Haar fiel ihr in voluminösen, fülligen Wellen über die Schultern und rahmten ihr rundliches Gesicht mit den großen Augen und den vollen Lippen ein, wie ein antikes Gemälde. Offenbar war Casseia auch noch nicht lange wach, denn sie trug noch ihr cremefarbenes Nachtgewand, das im Licht der aufgehenden Sonne glänzte. Orianna drehte sich zu ihr um, das Lächeln auf ihrem Gesicht schmolz dahin und erstarb als eine freundliche Maske. „Orianna!“ keuchte Casseia atemlos, „Oh, wie schön, ich habe dich nicht geweckt! Ich sage dir, ich konnte kaum schlafen! Ich bin ja so aufgeregt!“ Nach Atem ringend sank sie auf Oriannas Bett, den Blick auf ein altes Hologramm der beiden Schwestern an der Wand gerichtet. Casseia hatte erst vor kurzem die Volljährigkeit erlangt, um die Orianna sie täglich beneidete. „Bithras ist noch gestern Abend mit Vater auf die Jagd gegangen!“ informierte Casseia ihre kleine Schwester, die nach einem Streit mit ihren Eltern direkt nach dem Abendessen auf ihr Zimmer geschickt worden war. „Hoffentlich stimmt Vater der Verlobung zu!“ Orianna konnte sich allzu gut vorstellen, wie ihr Vater den jungen Bithras mit abschätzigen Blicken bedachte und überlegte, welche Mitgift er ihm zusammen mit seiner Tochter vermachen sollte – und ob sich das Geschäft lohnen würde. Bithras Marjumdar, Casseias potentieller Verlobter, war ein Abkömmling der alten Sandral-Familie. Als Orianna und Casseia noch sehr kleine Mädchen gewesen waren, hatte ihre Mutter ihnen jede Nacht die alte Geschichte von der viertausend Jahre alten Blutfehde der Sandrals mit dem ebenso vermögenden Clan der Matales erzählen müssen, die durch eine geheime Romanze ebenso angefacht, aber schließlich beendet wurde. Aber Orianna wusste, dass die Zeiten mittlerweile sehr geändert hatten. Heute fürchtete sich der alte Cailetet Matale kaum davor, Casseia in die Hände eines Sandrals zu geben. Mara – oder war es Orianna? – betrachtete ihre Schwester, deren Wangen sich von Aufregung und Anstrengung rosig färbten. Ihre Mundwinkel zogen sich freudlos noch oben. Wieso konnte sie sich nicht einfach auf die beinahe sichere Hochzeit ihrer Schwester freuen? Da musste noch mehr sein! dachte sie und Mara wusste nicht, ob der Gedanke ihr selbst entsprang oder der jugendlichen Orianna. „Sieh nur!“ rief Casseia aus, als sie an Orianna vorbei aus dem Fenster sag. „Die Sonne steht schon so hoch am Himmel! Lass uns hinunter gehen und die Droiden das Frühstück zu bereiten lassen! Vater und Bithras werden sich sicher freuen, wenn sie wieder nach Hause kommen!“ Orianna nickte und schloss die Augen für einen Moment. Plötzlich wurde alles stumm und Mara erfuhr nicht, wie der Tag für das junge Mädchen weiter ging. Erst als sie wieder die Augen auftat drangen neue Sinneseindrücke auf sie ein. Leichtes Kopfweh plagte sie und wollte einfach nicht weg gehen. Orianna hatte nie viel von Medikamenten gehalten und würde die Schmerzen tapfer ertragen. Dumpfes Gemurmel rauschte durch die Korridore, vermischt mit dem Klang alter Musik. Es klang fast so wie Jizz, aber nicht ganz genau so. Orianna saß ruhig vor ihrem rahmenlosen Spiegel, das rotblonde Lockenhaar zu einer komplizierten Frisur aufgesteckt und geschmückt mit kristallenen Haarnadeln und Perlenketten. Sie war dezent geschminkt, so zart, dass man es nur erahnen konnte. Viel mehr als das hätten ihre Eltern ohnehin nicht gestattet. Prüfend strich sie sich über die Lippen, ihre Finger glitten an ihrem langen Schwanenhals hinab und berührten das flache Medallion, während sie ihre kindliche Erscheinung in der spiegelnden Fläche über dem Schminktisch ihrer Mutter betrachtete. Sie war schlanker als Casseia und ihr fehlten die rundlichen Züge, die ihrer Schwester eigen waren. Die weiblichen Rundungen ihrer Taille und Hüfte ließen sich bisher nur erahnen und ihr Busen würde, wie Orianna hoffte, in den kommenden Monaten noch ein wenig wachsen. Nur der Ausdruck in ihren dunklen Augen ließ sie älter wirken, als sie war. Dennoch, trotz all dieser Dinge, fand sich Orianna in ihrem kobaltblauen Gewand an jenem Abend vor langer Zeit wirklich schön und erwachsen. Möglicherweise schöner als ihre frauliche Schwester. Manche der Gäste mochten sie vielleicht noch immer für ein kleines Kind halten, doch sie wollte sich nur an die halten, die sie ihrem Alter gebührend behandelten. Wie töricht, dachte Mara beinahe belustigt, doch Orianna nahm keine Notiz davon. Die naiven Träume einer Fünfzehnjährigen. Die schrille Stimme ihrer Mutter rief sie, sie solle endlich heraus kommen und sich unter die Gesellschaft mischen. Orianna erhob sich, öffnete die Tür und trat hinaus auf den Flur zu ihrer Mutter. „Liebes! Geht es dir etwas besser? Los, komm, deine Tante würde dich gern sehen!“ Mit wachsendem Desinteresse schüttelte sie alternden Freunden ihrer Eltern und entfernten Verwandten die Hände. Niemand schien ihr große Aufmerksamkeit zu schenken. Aber was hatte sie auch anderes erwarten sollen? Alle waren schließlich wegen der lang ersehnten Verlobung von Casseia Matale mit Bithras Marjumdar aus dem Haus der Sandrals gekommen. Ihre Schwester strahlte glücklich und ihre pausbackigen Wangen waren erneut von sanftem Rosa überschattet, während sie ihrem zukünftigen Gemahl hungrige Blicke zuwarf, die er glühend erwiderte. Doch beide wahrten höflichen Abstand zu einander und niemand schien die offensichtliche Liebe zwischen ihnen zu bemerken – außer Orianna. In ihrem Herzen spürte sie wieder ein diffuses Schmerzen nach dem Armen eines starken Mannes, der sie beschützte und liebte. Orianna ahnte nicht, dass eben dieser Mann sie bereits aus den Augenwinkeln beobachtete. Verzückt von Oriannas lieblicher und zerbrechlicher Erscheinung wandte er erst de Blick von ihr, als Bithras ihn mit lautem Gebaren begrüßte. „Casseia, schau!“ tönte er und führte den Mann hinüber zu seiner Verlobten, „Das hier ist mein alter Freund Ilya. Wir kennen uns von der Universität auf Corellia.“ „Ja, und Dantooine ist wahrlich so schön, wie er es mir immer erzählt hat!“ sagte Ilya mit tiefer, sanfter Stimme, die wie Balsam in Oriannas Ohren widerklang. Überrascht sah sie von ihrem Glas Wasser auf, das sie sich gerade an die Lippen führen wollte, als habe sie der Schlag getroffen. Sie sah sich um und hörte ihn lachen, als Bithras einen bizarren Scherz machte und Orianna entdeckte ihn in der Menge, Er war groß und schlank. Sie reichte ihm vielleicht bis zu Schulter und sein langes, braunes Haar war schlicht zurück gebunden. Nur eine einzige Strähne fiel ihm ins Gesicht, im starken Kontrast mit seinen blassgrünen Augen. Offenbar bemerkte er Oriannas fasziniertes Starren, denn nun spürte sie das ganze Gewicht und die Intensität seines Blicks auf sich. Scheu wandte sich Orianna ab und nippte am Wasserglas. Sie schloss die Augen so fest sie konnte, ihre Finger spielten wieder mit dem Anhänger um ihren Hals. Wenn sich der Augenblick doch nur für immer in ihr Gedächtnis brennen würde, so dass sie ihn niemals vergessen konnte. Sie wünschte es sich so sehr, dass es wehtat... „Mara!“ hörte sie Skywalker überrascht rufen und spürte seine Hand auf ihrem Oberarm. Er musste zurückgekommen sein, während sie den machtvollen Bildern erlegen war, die das Medallion eingegeben hatte. „Mara! Was ist los?!“ Sie riss abrupt die Augen auf und mit einem dumpfen Poltern fiel der Anhänger aus ihrer Hand rollte klirrend über den Tisch und fiel schließlich mit einem melodischen Klingen zu Boden. Weder sie, noch Luke, sahen ihm nach. „Was ist passiert?“ fragte Luke noch einmal mit milder und sorgenerfüllter Stimme. „Ihre Erinnerungen waren so mächtig, dass sie dem Medallion immer noch anhaften“, sagte Mara ohnmächtig und wunderte sich, wie schwach ihre eigene Stimme klang. Obwohl sie Oriannas Gefühle und Erinnerungen wie durch Watte empfunden hatte, war sie noch immer von den Eindrücken überwältigt. Sie schüttelte den Kopf, als wollte sie die Benommenheit verscheuchen, und sah Luke offen an. Noch immer voller Sorge, blickte Luke sie mit seinen treuen, blauen Augen an und ihr war bewusst, dass ihre kurze Antwort ihn nicht zufrieden stellte. Doch Mara wusste, dass er sie nicht dazu zwingen würde, ihm mehr zu berichten. Zumindest jetzt nicht. „Schon gut, Skywalker!“ Ihre Beine zitterten wie bei einem Anfall plötzlicher Schwäche, als sie sich von ihrem Stuhl erhob und sich dabei Halt suchend auf den Tisch stützte. Für einen kurzen Moment verschwamm alles in ihrem Blickfeld und färbte sich an den Rändern schwarz. Die Welt um sie herum schien sich wie auf einem Karussell zu drehen und sie fühlte sich wie jemand, der zu schnell zu viele Gizerbiere getrunken hatte. „Ich… bin müde“, sagte sie schlicht und übte sich darin, Skywalkers fragenden Gesichtsausdruck zu ignorieren, während sie sich zur Tür hinüber schleppte. Ihr war immer noch ein wenig übel und sie wurde von plötzlicher Müdigkeit übermannt, als hätten die Erinnerung der jungen Orianna ihr alle Kraft entzogen. Was war der Sinn? Sie verstand es nicht. In der Tat wurde das Rätsel, das May ihr aufgab, immer komplexer, immer undurchschaubarer. Vielleicht hatte May sie deshalb für diese Banthajagd ausgesucht, vielleicht hatte sie gewusst, dass dies geschehen würde. Sie musste gewusst haben, dass das Amulett eine Geschichte in sich trug, eine Geschichte, die sich nur Mara offenbaren konnte. Doch warum? Zu welchem Zweck? Und während sie sich auf dem Bett ausstreckte, in dem Zimmer, dass Sarzamin ihr zur Verfügung gestellt hatte, fühlte sie plötzlich eine klaffende Leere in ihrem Innern. Eine Leere, die nur darauf wartete gefüllt zu werden. Was geschah nur mit ihr? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)