Star Wars: What Lies Beneath von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 10: Fragments of Sorrow ------------------------------- WIEDER WAR SIE FORT UND IHM BLIEB ERNEUT NICHTS ANDERES ÜBRIG, als mit einem Seufzen zurück ins Haus zu gehen, nachdem sie mit dem Landspeeder hinter einer Biegung des Pfades verschwunden war. Langsam begann sich Maras Frustration auch auf ihn auszuwirken, denn nichts anderes rief ihr Verhalten in ihm hervor. Sie war störrischer als ein Bantha und er konnte sich nicht erklären, warum sie seine Hilfe nicht annehmen wollte. Es war ihm ein Rätsel. Sarzamin saß noch genau da, wo sie vor Maras überstürztem Abgang gesessen hatte, und wartete geduldig. Ihm entging jedoch nicht die Nachdenklichkeit, die sich ihrer Gesichtszüge bemächtigt hatte. Ihre Augen hatten diesen seltsamen Schimmer angenommen, den menschliche Augen immer bekamen, wenn man mit seinen Gedanken in weiter Ferne schweifte. Erst, als Luke sich setzte, erwachte sie aus ihrer Trance. „Ist sie fort?“ fragte sie ruhig. „Ja“, war die knappe Antwort. Er biss sich auf die Unterlippe und strich mit den Fingerspitzen über sein Kinn. Im Augenblick wusste er nicht, was er sonst noch hätte sagen sollen. „Ich muss Sie etwas fragen, Master Skywalker“, sagte Sarzamin und betrachtete ihn mit ernster Miene, „über etwas, das soeben gesagt wurde.“ „Fragen Sie“, meinte Luke müde. „Sie sagten vorhin, dass nur Miss Jade die Erinnerungen in Oriannas Amulett wachrufen kann, nicht? Dass sie wie eine Art Schlüssel funktioniert.“ „Richtig.“ „Und sie vermuten, dass es vielleicht der Jedi gewesen sein könnte, der Oriannas Erinnerungen speziell für Miss Jade abgespeichert hat?“ „Möglicherweise, wobei ich das für recht unwahrscheinlich halte. Erinnerungen in Objekten einzuspeisen ist selbst für einen Jedi eine schwierige Aufgabe, doch die Informationen dann auch noch so zu codieren, dass sie von nur einer bestimmen Person gelesen werden können, die – nebenbei bemerkt – zu diesem Zeitpunkt vermutlich nicht einmal geboren war, ist eine noch viel größere Herausforderung“, erklärte Luke. „Und sehen Sie“, meinte Sarzamin und beugte sich in ihrem Sessel leicht nach vor, „da glaube ich, irren Sie. Vielleicht ist nicht Mara der Schlüssel, sondern das Amulett. Vielleicht funktioniert dieses ganze Modell genau anders herum.“ „Sie meinen, Mara trägt die Erinnerung und das Amulett fördert sie zutage?“ hakte Luke mit gerunzelter Stirn nach. „Ganz genau.“ „Wie hätte der Jedi das anstellen sollen? Sie sagten selbst, dass er am gleichen Tag starb wie Orianna, dass er Dantooine also nie wieder verlassen hat. Er und Mara hätten zuvor in Kontakt treten müssen, damit diese Version der Geschichte funktionieren kann.“ Sarzamin setzte ein trauriges Lächeln auf. „Es gibt da eine Möglichkeit. Eine, die ich für äußerst wahrscheinlich halte.“ Luke warf ihr einen fragenden Blick zu. Er war sich nicht sicher, worauf sie hinauswollte. „Und die wäre?“ „Sie ist Oriannas Tochter.“ Das Herz sank ihm in der Brust und er konnte spüren, wie ihm die Farbe für einen kurzen Augenblick aus dem Gesicht wich. Wenn dem so war, wollte er nicht wissen, was geschah, wenn Mara dies erfuhr. „Es würde zumindest erklären, warum sie mich von Anfang an an Orianna erinnert hat“, fügte die Händlerin mit einem weiteren, traurigen Lächeln hinzu. „Charakterlich sind sie einander wohl kaum ähnlich, außer dass beide stur wie eine Kinrath sind, aber manchmal erinnerte mich die Art, wie sie sich bewegte an meine alte Freundin. Zumal Teint und Haarfarbe sich bis ins Detail gleichen.“ „Das kann nicht sein“, erwiderte Luke, dessen Stimme sich plötzlich rau und belegt anhörte. „Anders kann ich es mir nicht erklären“, gab Sarzamin zurück. Ihre Haltung und Stimme vermittelten eine Sicherheit, an der es Luke im Augenblick mangelte. „Und Orianna hatte ein Mädchen zur Welt gebracht, wenige Monate vor ihrem Mord. Ich dachte, man hätte das Kind ebenfalls exekutiert, bloß, um an dieser Familie ein Exempel zu statuieren. Anscheinend habe ich mir geirrt...“ Nun, da er darüber nachdachte, ergab Sarzamins Theorie durchaus Sinn. Es war die bislang schlüssigste Erklärung, die sie zur Hand hatten, für all die seltsamen Dinge, die mit Mara geschahen. Es erklärte sogar die tiefen Wunden, die Oriannas Erinnerungen an ihr hinterlassen hatten. Der ganze Prozess des Schmerzes rief in ihm die Bilder dessen wach, was einst mit ihm selbst auf Dagobah und auf Bespin geschehen war, als man ihm eröffnet hatte, wer Darth Vader wirklich war. Er war damals genauso unvorbereitet gewesen wie Mara jetzt, doch hatte es einen bezeichnenden Unterschied gegeben. Seine ganze Jugend hindurch hatte es ihn danach verlangt zu wissen, wer sein Vater gewesen war. Mara hingegen hatte nie nach einer Antwort auf die Frage ihrer Herkunft gesucht. Ihr Leben fing als Hand des Imperators an. Was davor gewesen sein mochte, war nicht weiter von Belang. Er hatte, im Gegensatz zu Mara, alles wissen wollen und deshalb traf sie die Wahrheit vermutlich um ein vielfaches tiefer als ihn. Seine Frustration wich schlagartig einer tiefschürfenden Sorge. Ob Mara eine derartige Verbindung zwischen sich und Orianna Matale bereits erahnte? „Ich... ich bin sprachlos“, sagte Luke und schüttelte dabei langsam den Kopf. „Ich weiß nicht, was ich sagen soll.“ „Also stimmen Sie mir zu?“ „Ich muss Ihnen wohl zustimmen, weil dies die wohl plausibelste Erklärung ist, die wir bisher haben“, erwiderte Luke und biss sich erneut auf die Unterlippe. Es fiel ihm schwer, sich auf Sarzamin zu konzentrieren und ihrem abwartenden Blick zu begegnen. Seine Augen nahmen einen glasigen Ausdruck an, als seine Gedanken von dem Hier und Jetzt fort schweiften. Einen Moment dachte er daran, was wohl gewesen wäre, hätte Sarzamin ihre Vermutung schon in Maras Beisein vorgebracht. Hätte Mara ihr Glauben geschenkt? Das Thema war so überaus heikel und sensibel, dass er selbst es nur ein einziges Mal anzuschneiden versucht hatte, nur um auf die vehementeste Gegenwehr zu stoßen, die er je bei einem Menschen erlebt hatte. Daher hatte er es – bis jetzt – vergessen und diese Dinge sich selbst überlassen, so wie Mara es auch tat. Doch nun... „Ich hätte sie nicht gehen lassen dürfen“, murmelte er mehr zu sich selbst und sobald er diese Worte ausgesprochen hatte, breitete sich eine Unruhe in ihm auf, die selbst mit Hilfe der Macht nur schwer zu besänftigen war. „Ich hätte ahnen müssen, dass so etwas mit ihr passieren würde. Wenn sie doch bloß mit mir darüber gesprochen hätte. Über alles.“ „Manche Frauen lassen sich nicht so leicht bändigen“, sagte Sarzamin, „und Jade machte auf mich nicht den Eindruck auf mich, als ob irgendetwas die Naturgewalten in ihrem Innern zähmen könnte. Nicht einmal ein Jedi-Meister.“ „Vielleicht“, brummte Luke. „Doch wenn sie wirklich einen Partner will, dann sollte sie endlich aufhören, solo zu fliegen.“ „Sie ist eine erwachsene, vernunftbegabte Frau. Denken Sie nicht, dass sie für sich selbst entscheiden kann?“ Luke hielt inne, unterdrückte ein Seufzen. „Eigentlich ja, Mara ist eine starke Frau. Aber diesmal ist sie an ihre Grenzen gelangt und hat ihre körperlichen und mentalen Kräfte über die Maßen strapaziert.“ „Wie meinen Sie das?“ „Sie ist nicht mehr sie selbst. Oriannas Erinnerungen haben sie verändert, wühlen sie im Innersten auf, bringen ihr mentales Gleichgewicht vollkommen durcheinander. Ihre Sinneseindrücke sind von Schmerz überschattet und rauben ihr den Fokus, den sie bräuchte, um ihre Fähigkeiten voll zu entfalten. Ich fürchte, dass sie diesmal ohne Hilfe nicht gewinnen kann.“ ADRENALIN BREITETE SICH MIT ÜBERLICHTGESCHWINDIGKEIT IN IHREM Körper aus und ließ ihr Blut durch ihre Adern pulsieren wie die Lavaflüsse von Mustafar. Sie wagte es kaum zu atmen, damit das Geräusch nicht die Laute um sie herum übertönte. Das Herz schien ihr mit einem Ruck in den Hals gesprungen zu sein und pochte heftig gegen ihren Kehlkopf. Ihre Muskeln waren bis zum Zerreißen gespannt, während sie in leicht geduckter Haltung zur noch immer offen stehenden Tür der Wohneinheit hinüber schlich und sich unmittelbar neben dem Türrahmen mit dem Rücken gegen die staubige Wand drückte. Sie lauschte angestrengt in die Stille hinein, eine Hand bereits fest auf dem Griff des Lichtschwerts an ihrem Gürtel. Wieder hörte sie ein Scharren, als wenn jemand über Kies oder Glas ginge und dann unwirsch etwas mit dem Fuß beiseite schob. Der Moder und der Dreck kratzte über den Durastahl. Mit Hilfe der Macht versuchte sie das wilde Pochen ihres Herzes zu beruhigen und ihre Sinneswahrnehmung zu schärfen, doch es gelang ihr nicht ganz, den notwendigen Fokus zu finden. Ihr Puls flaute zwar langsam ab, doch sie spürte noch immer das Adrenalin wie eine Droge durch ihren Körper rauschen. Jede Faser ihres Seins war in höchster Alarmbereitschaft. Doch die Macht verklärte sich zu einem verschwommenen Nebel, der ihre Wahrnehmung umgab. Die ächzenden Schritte wurden lauter, zeichneten sich jedoch auch durch eine Leichtfüßigkeit aus, die Mara nur einer Person auf diesem Planeten zutrauen würde, außer sich selbst. „Machen Sie es sich doch gemütlich, Montross“; sprach sie mit fester Stimme in die Stille hinein, „und fühlen Sie sich wie daheim. Schließlich waren Sie ja schon mal hier.“ „Zu gütig“, gab May zurück, „aber warum empfängt mich die Hausherrin nicht persönlich? Das ist ganz schön unhöflich.“ „Ich erwidere nur die Höflichkeit, die Sie mir vorhin in dem Café erwiesen haben. Das werden Sie mir wohl kaum verübeln können.“ „Ach ja“, säuselte Montross und Mara konnte förmlich sehen, wie die andere Frau ein aalglattes Lächeln aufsetzte, „das Prinzip der ausgleichenden Gerechtigkeit. Ich sehe, jetzt wir auf einem Level, Jade.“ Mara hörte, wie Montross sich im Flur seufzend gegen eben jene Wand lehnte, auf deren anderer Seite sie selbst sich befand. Von außen betrachtet, musste die Szenerie den klischeehaften Anklang eines HoloVids haben: Die beiden Kontrahentinnen, deren Kampf kurz bevor stand und die nur durch eine einzige Durastahlwand voneinander getrennt waren. Blieb nur noch die Frage, wer von beiden den ersten Schritt machen würde. „Sagen wir, ich sehe die Dinge jetzt klarer“, sagte Mara. „Dafür haben Sie ja Sorge getragen.“ „Also hat Orianna endlich ihr jämmerliches Leben bis zum bitteren Ende offenbart?“ fragte May. „Bedanken Sie sich nicht bei mir für diese segenvolle Erleuchtung. Auch Eliashar Selva und vor allem Sie selbst haben dazu beigetragen, dass die Geschichte diesen Lauf genommen hat. Sie hätten nach den Ereignissen auf Belderone genauso gut zurück nach Ord Mantell oder sonst wo hin fliegen können, wo sich Talon Karrde und sein Gesindel üblicherweise herumtreiben. Sie hätten einfach umkehren und die Sache vergessen können. Niemand hat Sie gezwungen meiner Spur zu folgen. Außer Sie selbst natürlich.“ Mara knirschte mit den Zähnen. „Ich glaube kaum, dass Sie mich so einfach hätten gehen lassen, nicht wahr, Montross?“ „Diese Frage habe ich mir gar nicht gestellt“, gab die andere Frau zurück. „Ich habe Sie studiert, Jade, lange bevor Sie kamen, um mich im Namen des Imperiums zu verhaften. Ihre Gewohnheiten waren leicht zu durchschauen, wenn man gewillt war auf Palpatines pompösen Empfängen einmal genauer hinzusehen. Gouverneure und einfältige Muftis konnte Sie vielleicht davon überzeugen, dass Sie eine Mätresse des Imperators waren, doch mich nicht. Mein Interesse an Ihnen ging weit über das vernünftige Maß hinaus, will ich meinen, und doch hat es mir bislang nur zum Vorteil gereicht. Ich konnte Ihre scheinbar angeborene Neugierde und Ihren Übereifer, der Sie immer weiter antreibt, nach meinem Belieben manipulieren. Sie würden mir folgen, egal wie abstrus meine Hinweise auch sein mögen, dessen war ich mir sicher.“ „Ich fühle mich geschmeichelt“, brachte Mara in sarkastischem Ton hervor. „Womit hatte ich nur all die Aufmerksamkeit verdient?“ Sie hörte, wie May verächtlich schnaubte. „Sie sind Ilyas Tochter.“ „Und womit hatte er Ihr Augenmerk auf sich gelenkt? Waren Sie sein Schützling, den er in den Imperial Intel hinein geschleust hat, damit Rajasta Djae ja nicht vergas, dass er ihm noch einen Gefallen schuldig war?“ „Weit gefehlt“, erwiderte Montross kalt und hielt dann inne. Traurigkeit und Bedauern verzerrten ihre Worte. „Woher nehmen Sie sich bloß die Dreistigkeit, ihn für so herzlos zu halten?“ Plötzlich dämmerte es Mara. „Sie haben ihn auch geliebt, nicht wahr?“ Eine Spur von Mitleid mischte sich in ihre Stimme. May schwieg, was einer Zustimmung oder vielmehr einem Bekenntnis gleichkam. „Dann waren Sie ebenso töricht wie Orianna Matale. Sie hielt ihn auch für das Zentrum ihres Universums und Sie wissen ja, was es ihr genützt hat. Offenbar scheint Ilya Jade seinen Frauen kein Glück zu bringen.“ Obwohl ihre Wahrnehmung in der Macht gedämpft war, so spürte sie doch die brennende Wut, die in May Montross aufstieg und an die Oberfläche ihres Bewusstseins kochte. Mara konnte kaum verstehen, wie sich eine Frau nach all den Jahren des Mühsals noch solche Illusionen machen konnte. „Ich war dabei, als er Sie das erste Mal sah“, fuhr May fort. „Er hatte nie genau gewusst, was mit Ihnen passiert war, nachdem man Sie an Palpatine übergeben hatte. Vermutlich hoffte er insgeheim, dass seine letzte Verbindung zu Orianna Matale nicht durchtrennt worden war, da er auch sonst alles wie einen Schatz hütete, das ihn an sein altes Leben erinnerte. Vielleicht hoffe er auch auf eine Chance zur Wiedergutmachung. Ilya sprach niemals über den Tag, an dem Sie praktisch von den Toten wieder auferstanden sind. Doch ich wusste genug über ihn und auch über seine erste Geliebte, um zu wissen, welchen Schaden Sie anrichten konnten. Ziemlich quicklebendig und munter stolzierten Sie eines Tages einfach so in das Büro des Imperial Intel, als gehörte Ihnen der ganze Laden. Sie kamen herein, fünf Kohorten von Palpatines besten Sturmtruppen im Schlepptau, um irgendeinen kleinen Wicht zu verhören, den wir im Shelsha-Sektor aufgegriffen hatten. Ihre Selbstsicherheit und ihr Stolz waren Übelkeit erregend.“ „Ich habe aber noch nie von einem Agenten Jade beim Imperial Intel gehört“, sagte Mara langsam und wälzte in ihrem Gedächtnis. Kein Gesicht, an das sie sich noch erinnerte, wollte passen. „Was also hatte er mit dem Geheimdienst zu schaffen?“ „Oh, er war kein Imperialer Agent“, informierte May sie. „Nein, Sie fortzugeben hat ihm weit mehr eingebracht als einen militärischen Dienstgrad. Er wurde zu einem anderen Mann mit einem anderen Namen.“ „Wenigstens hatten Sie darin was gemein“, sagte Mara, die sich den bissigen Kommentar nicht hatte verkneifen können. Eine neue Weller der Wut und der Frustration ging über May hinweg. „Ihnen“, fuhr sie mit beherrschter Stimme fort, „ist er wohl besser als Fermor Fingal bekannt.“ Mara fühlte, wie ihr das Blut aus dem Gesicht strömte. Ja, diesen Namen kannte sie tatsächlich. Zur Zeit des Galaktischen Bürgerkriegs hatte es nur wenige gegeben, die ihn nicht kannten. „Der Besitzer der Corleil Corporation?“ hauchte Mara. „Das war also der Preis für mich?“ „Jedi sind schon eine Menge wert, nicht?“ Schadenfreude verlieh Mays Stimme neue Kraft. „Djae verschaffte ihm die Aktienmehrheit über die Firma, und er lebte damit viele Jahre nicht schlecht. Er zählte zu den reichsten Männern des Inneren Randes und konnte es auch mit den Tycoons der Kernwelten aufnehmen. Allerdings durfte er nie wieder er selbst sein. Doch selbst wenn Sie gewusst hätten, wer er war und was Sie ihm bedeuteten, Sie hätten vermutlich nicht einmal einen Blick für ihn übrig gehabt. Er hingegen ließ sie nie wieder aus den Augen. Da wusste ich, dass Orianna noch immer Macht über ihn hatte... und dass er nie ganz mein sein würde, solange er sich an sie erinnerte.“ „Das ist doch krank!“ spuckte Mara. „Ihretwegen ließ Djae ihn hinrichten. Ilya wollte Sie wieder haben, wollte seine kleine Tochter aus den Klauen des Imperiums entreißen und einen Teil seines alten Lebens zurück gewinnen. Was für ein törichter Gedanke und er war besessen davon!“ Mays eigener Zorn nahm ihr den Atem und sie presste die Worte mühsam hervor. „Djae brauchte nur eine Entschuldigung für Kommandantin Isard, um einen ihrer wichtigsten Geschäftsfreunde ermorden zulassen.“ „Und den fand er in Ihnen“, vollendete Mara, „weil Sie nicht die Person waren, die Sie vorgaben zu sein.“ „Oh, ich war genau die Person, die ich vorgab zu sein!“ Ein bedrohliches, mechanisches Klicken drang an Maras Ohr. Eine Vorahnung, wie ein eisiger Windhauch, aktivierte ihre Reflexe. „Ich war nur kein Mann.“ In eben jenem Moment, da May Montross ihren Blaster zückte und herumwirbelte, drückte Mara sich von der Wand ab und warf sich Cailetet Matales altem Sessel entgegen. Sie sprang darüber hinweg und ging Schutz suchend in die Hocke. Tod bringende rote Laserstrahlen zuckten durch den Raum auf sie zu, schlugen in die Rückenlehne des Sessel ein und ließen Asche aus dem alten Polsterbezug bröckeln. Ozon stach ihr in die Nase. Mara tastete nach dem Lichtschwert. Es würde in dieser Situation wenig bringen, ihren Blaster aus dem Halfter an ihrem Unterarm zu ziehen. Beide Frauen waren mit viel zu guten Reflexen ausgestattet, um mit einem jämmerlichen Fernschuss erledigt zu werden. Es musste ihr gelingen, so nah wie möglich an ihre Gegnerin heranzukommen. Montross wäre zwar sicherlich nicht dumm genug, sich auf einen Nahkampf mit einem Lichtschwertträger einzulassen. Dennoch musste sich Mara auf den einen unschätzbaren Vorteil stützen, den sie hatte: Die Macht. Immer wieder perforierten Blasterschüsse den Sessel und die Überreste des Teppichs. Für die ehemalige Hand des Imperators war es nicht schwer, anhand der Streuung der Schüsse und deren Einschlagwinkel Mays genaue Position zu bestimmen. Montross stand immer noch im Türrahmen, hinter dem sie zur Sicherheit verschwinden konnte. Sie wartete nur darauf, Mara mit ihrer Schießerei endlich hinter dem Möbelstück hervor zu locken. Zum Glück war Montross nie in den Genuss gekommen, Mara während ihrer Missionen zu studieren, sonst hätte sie vielleicht geahnt, was nun auf sie zukam. Unbeirrt vom Jaulen des Blasters, konzentrierte sich Mara auf die zerstörte HoloCom-Einheit. Mit Hilfe der Macht rüttelte sie an einem scharfkantigen Stück Metall, das an einer Seite der Konsole herunter baumelte. Sie versuchte, ihre körperliche und mentale Erschöpfung beiseite zu schieben. Das kleine Stückchen Durastahl, das einmal Teil der Tastatur gewesen war, musste zum Zentrum ihres Universums werden. Maras Muskeln zitterten, als sich das Bruchstück endlich von der Konsole trennte. Doch sie gestattete sich keine Erleichterung, sondern lenkte den Fluss der Macht um, richtete all ihr Denken auf May, die jenseits des Sessels immer noch wie eine Besessene feuerte. Sie hatte vermutlich nur einen Versuch. Mit größtmöglicher Präzision steuerte sie das Bruchstück und malte vor ihrem geistigen Auge ein genaues Abbild der Flugbahn aus. Als sie sich ihres Ziels sicher war, schleuderte sie es quer durch den Raum, direkt auf Mays Kehle zu. Sie hörte, wie Stoff zerfetzte und May einen spitzen Schrei ausstieß. Das Blasterfeuer verstummte. Mit Schweiß auf der Stirn und an den Schläfen gestattete sich Mara einen Blick über die Lehne des Sessels hinweg, das Lichtschwert mit einer Hand fest umklammert. Fluchend griff May nach einem langen Riss in ihrer glänzenden Jacke knapp unterhalb ihres Schlüsselbeins. Der schwarze Stoff entlang des Risses nahm in Sekunden eine eher bräunliche Farbe an und dunkles, dickflüssiges Blut ergoss sich über Mays Hand, als sie Maras provisorisches Geschoss aus ihrem Fleisch zog. Mara lag ein Fluch auf den Lippen. Sie hatte sich nur um wenige Zenitmeter verschätzt. Wenige, jedoch entscheidende Zentimeter. Plötzlich war sie sich nicht mehr so sicher, ob sie May wirklich besiegen konnte. „Nicht schlecht, Jade“, keuchte diese zwischen zusammengebis-senen Zähnen hervor. Ihr Gesicht hatte sich zu einer Grimasse der Abscheu verzerrt, während sie aufmerksam die Verletzung unter-suchte. „Wirklich nicht schlecht.“ Mara tauchte wieder in Deckung. Ihre Gedanken überschlugen sind. Es wäre das Klügste, sich auf das Raubtier zu werfen, solange es frisch verwundet war. Doch hatte nicht einst einer ihrer Trainer zu ihr gesagt, dass der Vorsk, der sein Ende nahen sah, stets der gefährlichste war? Ihre Hand umschloss das Heft des Lichtschwertes so fest, dass ihre Knöchel weiß hervortraten. Sie musste es versuchen. „Es gibt noch Nachschlag, wenn Sie wollen!“ rief Mara und hoffte, dass die Drohung nicht so leer war, wie sie klang. Mit einem Schrei sprang sie auf und wirbelte herum. Wie ein gleißender Blitz erwachte die Klinge des Schwerts zum Leben. Der Staub in der Luft verteilte das blaue Licht wie einen Schleier. Sie sprang behände über den Sessel hinweg, direkt auf die blasse Gestalt Mays zu. Diese riss ihren Blaster wieder in die Höhe, aber es war zu spät. Mit nur einen Hieb trennte Mara den Lauf der Waffe ab, so dass er qualmend zu Boden viel. Erschrocken warf May die nun nutzlosen Reste des Blasters von sich und machte einen Satz nach hinten. Ihre rechte Hand zuckte zu ihrem linken Ärmel hinüber. In dem Moment, da sie mit den Rücken gegen die vom Ruß geschwärzte Wand des Korridors prallte, zog sie ein Vibromesser hervor. Mara hielt inne, starrte erst die makellos polierte Klinge des Messers an, dann die entschlossene Miene ihrer Gegnerin. Das Lichtschwert hielt sie in einer niedrigen Standardkampfpose vor sich. „Wollen Sie mich etwa mit dem Zahnstocher da ernsthaft bedrohen?“ fragte Mara ungläubig. Und sie hatte Skywalker immer für naiv gehalten. „An Ihrer Stelle würde ich nicht so eine dicke Lippe riskieren, Jade“, versetzte May ätzend. Dann kam der Gegenangriff. Jedoch nicht von oben, wie Mara vermutet hatte. Zu spät sah sie Montross’ Bein hervorschießen. Der Tritt traf ihr Schienbein so heftig, dass es sie in die Knie zwang. Sie hatte ihren sicheren Stand aus lauter Arroganz geopfert. Der nächste Tritt traf die Wurzel von Maras Handgelenk und schickte einen stechenden Schmerz ihren Arm hinauf. Das Lichtschwert entglitt ihrem Griff und rollte davon. Die Klinge deaktivierte sich selbst und hinterließ nichts als schummrige Dunkelheit. Staub wurde aufgewirbelt, als Mara mit beiden Händen ihren Sturz abzufangen versuchte. Glücklicherweise entging sie damit einem Hieb, den May ihr mit dem Vibromesser versetzen wollte. In einer fließenden Bewegung drückte sie sich erneut vom Boden hoch und warf sich mit ausgestreckten Gliedern auf ihre Kontrahentin. Sie konnte Mays Blut riechen, das noch immer ungehindert aus dem Schnitt in ihrer Brust quoll. Sie prallten wieder gegen die Wand und tänzelten dann in einem bizarren Faustkampf den Korridor hinab. Einzig ihr keuchender, angestrengter Atem lag in der Luft. Es gelang Mara ihrer Feindin einige Schläge gegen Bauch und Brust zu versetzen, kassierte allerdings ebenfalls schmerzhafte Treffer. Ein Fausthieb traf sie in die Magengegend, ein anderer im Gesicht und riss ein Stück Haut von ihrer Unterlippe. Heißes Blut benetzte ihren Mund und rann über ihr Kinn hinab. Das Vibromesser streifte ihren Ärmel und schlitzte den Stoff ihrer Jacke auf. Ein Prickeln an ihrem Oberarm wies sie darauf hin, dass May sie auch dort getroffen hatte. Von Kopf bis Fuß mit Staub und Blut bedeckt gelang es May Mara erneut gegen die alten Durastahlpaneelen der Wand zu schmettern. Schmerz marterte von deren Schulterblättern abwärts durch ihr Rückgrat bis zum Steißbein und trieb ihr den Atem aus den Lungen. Diese eine Sekunde der Kampfunfähigkeit genügte May, um in diesem Kampf die Oberhand zu gewinnen. Mit einem tiefen Schlag schickte sie Mara zu Boden und warf sich dann mit all ihrem Körpergewicht auf sie. Mara hatte keine Zeit sich mit der einer Lähmung gleichkommenden Pein zu beschäftigen. Der Staub, der ihr plötzlich in die Atemwege geriet, ließ sie heftig husten. Dann spürte sie schon kühles Metall an ihrer Kehle, als May das Vibromesser gegen Maras Hals drückte. Finger versenkten sich in ihrem Schopf und krallten sich daran fest. Ihr war, als wollte man ihr den Schädel spalten. „Na los, kommen Sie schon, Montross“, brachte Mara hervor und rang mit ihrem Hustenanfall. „Das hier ist es doch was Sie wollten, oder? Jetzt bringen Sie’s endlich zuende.“ Es folgte ein Ruck, der jeden Haarfollikel bis zum Zerreißen spannte. Unwillkürlich stellte Mara sich vor, wie May ihr die Kopfhaut vom Schädel trennte. Dem Stechen und Ziehen in ihrem Kopf nach zu urteilen konnte es nicht mehr lange dauern, bis May sie skalpierte. „Ich entscheide, wann Sie den Löffel abgeben“, zischte diese, „und noch ist nicht der geeignete Zeitpunkt dafür gekommen.“ „Sie haben mein Leid wohl noch nicht zu genüge ausgekostet, was?“ „Nicht einmal annähernd, Jade. Nicht einmal annähernd.“ ER SCHALTETE DAS GETRIEBE DES SPEEDERBIKES AUF DIE HÖCHSTE STUFE und hörte, wie die Repulsoren widerspenstig aufjaulten. Auch der Motor ächzte sorgenerregend. Hoffentlich würde er noch lange genug durchhalten. Sarzamin hatte ihm das überholungsbedürftige Bike angeboten, denn selbst für einen Jedi-Meister war es eine lange Strecke bis zum Anwesen der Matales. „Wenn Sie es zu Schrott fahren, soll’s mir auch egal sein“, hatte sie gesagt. „Was will ich schon mit diesem alten Ding.“ Lukes düstere Vorahnungen verdichteten sich mehr und mehr und nahmen langsam die Form einer schrecklichen Gewissheit an. Seine den Lehren der Jedi geschuldete Ruhe konnte er nur mit größter Anstrengung aufrecht erhalten. Also donnerte das Speederbike über die Steppe Dantooines hinweg. Der Wind schnitt ihm hart ins Gesicht und bauschte seine Jedi-Tunika auf, Luke nahm jedoch keine Notiz davon. Alles was zählte, war Mara zu helfen. Vielleicht konnte er dann noch das Schlimmste verhindern, obgleich er noch keine genaue Vorstellung davon hatte, was dies sein sollte. Er fühlte sich an seine eigene Machtlosigkeit im Kampf gegen den Geist Exar Kuns erinnert. Das Herz sank ihm in der Brust, als er das Speederbike um eine Biegung des Pfades steuerte und die Überreste des Energiefelds vor ihm auftauchte. Er brachte das Bike nahe dem Zaun zum Stehen, stieg ab und warf einen flüchtigen Blick auf die verwüstete Energiekupplung des Feldes, die jemand mutwillig mit einem Blaster zerschossen hatte. Mara war es jedenfalls nicht gewesen. Sie hatte den Landspeeder hier zurückgelassen und dann ihren Weg wohl zu Fuß fortgesetzt. Der Motor war inzwischen völlig erkaltet und hatte sie nichts Nennenswertes zurück gelassen. Luke ging neben dem Speeder in die Hocke und untersuchte ihn auf etwaige Sabotage, die nach Maras Verschwinden an dem Vehikel vorgenommen worden war. Doch weder so noch mit Hilfe der Macht ließ sich eine Gefahr ausmachen. Das Einzige, das ihm ins Auge fiel, als er aufstand, war eine diffuse Spur im Gras. Der Rückstoß eines Repulsors, wie sie beispielsweise in den alten, Imperialen Düsenschlitten verwendet wurden, hatte die Halme unter sich zu Boden gedrückt und eine schmale Schneise hinterlassen. Aber es war mehr als das. Mit seinen Jedi-Sinnen nahm er auch die Rückstände einer Präsenz wahr. Einer schrecklich vertrauten Präsenz... Hastig wirbelte er herum und sprang zurück auf das Speederbike. Stotternd kam das Getriebe wieder in Gang und mit einem Satz nahm das Bike wieder Fahrt auf. MARAS GEDANKEN ÜBERSCHLUGEN SICH IN SEKUNDENSCHNELLE. Fieberhaft spielte sie ihm Geiste alle möglichen Szenarien durch, alle möglichen Wendungen, die dieser Kampf nehmen konnte. Wenn sie jedoch nicht bald etwas unternahm, tendierten ihre Chancen auf einen Sieg gegen Null. Die Klinge des Vibromesser schnitt sauber durch die oberste Schicht ihrer Haut. Sie konnte spüren, wie ein schmales Rinnsal Blut langsam ihren Hals hinab lief und lautlos zu Boden tropfte. Mays heißer Atem strich unangenehm über ihre Wange. Sie leckte sich über die blutigen Lippen. Ihr war klar, sie musste ihre Gegnerin abschütteln. Es musste ihr gelingen, May abzuwerfen, zu entwaffnen und unschädlich zu machen. Aber wie? Immer hübsch der Reihe nach, schalt Mara sich. Ihre Hände zitterten, während sie sie mit gespreizten Fingern wenige Millimeter über dem Boden schweben ließ. „Was meinen Sie, womit sollte ich anfangen?“ fragte May, deren Stimme ebenso sadistisch klang wie sie sich aufführte. „Einen sauberen Schnitt durch die Luftröhre, und dann? Vielleicht sollte ich Ihnen die Daumen abschneiden und noch ein paar andere unwichtige Körperteile, während ich dabei zusehe, wie Sie langsam ersticken.“ „Lassen Sie mich raten“, begann Mara mit rauher Stimme. Sie versuchte so gelassen wie möglich zu klingen, während sie sich zum Sprung bereitmachte. „Sie haben den Folter-Workshop auf Carida damals als Klassenbeste abgeschlossen, oder?“ „Mit Auszeichnung“, fügte May hinzu. Mit dem Rest an Körperkraft, die Mara noch aufbieten konnte, stemmte sie sich plötzlich in die Höhe. Ehe May sich mit beiden Armen an ihr festklammern konnte, ließ sie eine Hand in die Höhe schnellen. Sie schob Mays Hand, welche das Messer hielt, von ihrem Hals fort. Mit dem Ellbogen hieb sie nach Mays Solarplexus und versetzte dem Knie ihrer Kontrahentin einen Tritt mit dem Absatz ihres Stiefels. Montross heulte auf und auch Mara war übel zumute, als Mays Kniescheibe mit einem Nacken heraussprang. May war sich auf den Rücken, die blutbespritzten Hände um ihr Kniegelenk geschlungen. Dies war Maras Gelegenheit und sie nutzte sie. Ihre Beine schienen weich wie Butter, doch sie hatte genug Zeit wieder auf die Füße zu kommen und sich mit einem kleinen Sprung in Sicherheit zu begeben. Ein weiteres, Übelkeit erregendes Knacken kam ihr zu Ohren, als May die Luxation ihrer Kniescheibe behob und der Knochen zurück an seine richtige Position schnappte. Bis May genügend Kraft gesammelte hatte, um sich vom Boden zu erheben, hielt Mara ihren eigenen Blaster bereits fest in einer Hand. Mit der anderen wischte sie das kribbelnde Rinnsal an ihrer Kehle fort. „Okay, jetzt herrscht wieder Chancengleichheit“, sagte sie und entsicherte die Waffe. May rührte sich nicht, sondern starrte Mara nur mit regungsloser Miene an. „Ganz so würde ich das nicht bezeichnen“, schallte plötzlich eine raue Männerstimme von der rechten Seite her. Das glucksendes Kichern eines anderen Mannes stimmte ein. Das Herz rutschte Mara in die linke Stiefelspitze. Sie hatte Mays Schergen Laz und Avarice ganz vergessen. Verflucht! Wie hatte ihr nur ein derartigen Fehler unterlaufen können? Ein selbstgefälliges und selbstsicheres Lächeln umspielte Mays Mundwinkel, während die beiden Piraten schlurfend näher kamen. Nur aus dem Augenwinkel erkannte Mara zwei imperiale Blastergewehre, entsichert und geladen. Vielleicht hatte sie es ja verdient wie ein reudiges Bantha abgeknallt zu werden, so dumm wie sie war. May stand geschmeidig wie eine Raubkatze auf und richtete erneut die Vibroklinge auf Mara. „Waffe fallen lassen“, bellte Avarice und hob das Gewehr schussbereit an seine Brust. Widerwillig ließ Mara ihren Blaster zu Boden fallen und nahm die Hände hoch. Selbst sie musste es einsehen, wenn eine Situation ausweglos war. „Ich sagte Waffe fallen lassen!“ wiederholte Avarice barsch. „Und zwar alle beide.“ Es war eine Freude zu sehen, wie die Farbe plötzlich aus Mays Gesicht wich und ihre Selbstsicherheit durch eine Mischung aus Verblüffung und Verärgerung ersetzt wurde. „Wie bitte?“ blaffte sie. „Los, runter mit dem Messer!“ brüllte Avarice zurück. „Na, wird’s bald?“ „Schluss mit dem Unsinn!“ keifte May. „Habt ihr zwei zuviel Gewürz durch die Nase gezogen und euch dabei das Gehirn verbrannt oder was?“ Avarice lächelte grimmig. Seine Miene sah im Halbdunkel sogar für Mara bedrohlich aus. „Wir haben keinen Bock mehr uns von dir für dumm verkaufen zu lassen, May“, sagte er. „Such dir wen anderes, den du verarschen kannst.“ Verblüffung wurde zu blankem Entsetzen. „Wie könnt ihr es wagen?“ Avarice deutete mit seinem Kinn in Richtung Mara, woraufhin Laz sich in Bewegung setzte und sie mit seinem Gewehr ins Visier nahm. „Lass uns vorgehen, Missy“, sagte er mit einem öligen Grinsen und drückte die Mündung des Blastergewehrs gegen ihre Brust. Mara wollte gerade den Mund öffnen, um etwas zu erwidern, als wider Erwarten helles, grünes Licht hinter ihr mit einem vertrauten Summen aufflammte. Ihr Herz machte vor schlagartiger Erleichterung einen noch größeren Sprung. „Ich habe da eine bessere Idee“, sagte Skywalker mit hoch erhobenem Lichtschwert. In den Schein der glühenden Klinge getaucht sah er wie eine äußerst machtvolle Erscheinung aus. Mit langen, entschlossenen Schritten kam er zu Maras Linken den Gang herunter. „Oh, nee“, stöhnte Laz. „Nicht der schon wieder.“ „Ey, Typ“, fügte Avarice hinzu, „langsam fängst du echt an, mich zu nerven. Gibt’s nichts anderes, in das du dich einmischen kannst?” „Ich fürchte nein“, erwiderte Skywalker ruhig. „Aber wir können diese Angelegenheit auch ohne einen Kampf beenden.“ „Ach ja? Was willst du?“ fragte der Pirat unfreundlich. „Lassen Sie Mara frei“, erklärte Luke, „dann verschwinden wir und Sie können tun, wonach Ihnen der Sinn steht. Ich werde Sie nicht aufhalten.“ Laz und Avarice tauschen einige verwirrte Blicke aus. Dann zuckte beide nacheinander mit den Schultern. „Von uns aus“, meinte Laz. „Nein!“ kreischte May dazwischen. „Noch hab ich das Kommando, ihr verfluchten Eidechsenaffen! Wenn ihr sie an den Jedi übergebt, bringe ich euch beide um.“ „Ach, halt doch die Klappe!“ fluchte Avarice. „Schein so, als gäbe es zwei Interessenten für dich, Missy“, sagte Laz an Mara gewandt und presste die Mündung des Gewehrs so fest gegen ihre Rippen, dass es schmerzte. „Mal sehen, wer bereit ist mehr zu zahlen. Momentan hat der Jedi das höhere Gebot getätigt.“ Unkontrollierter Zorn entstellte Mays Gesichtszüge. „Ihr kleinen, widerlichen...“ „Tja, May, hättest du uns mal unseren Anteil von der Beute ausbezahlt, als dieser ganze Job losging“, meinte Avarice. „Und hättest du mal Enyth nicht einfach so umgeblastert.“ „Oh, bitte!“ sagte May. „Ihr seid Piraten. Seit wann schert ihr euch denn darum, was mit anderen Piraten passiert? Ihr seid nichts weiter als ehrlose kleine Würmer, die nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht sind.“ „Richtig erkannt, Schätzchen. Und so wie ich das sehe“, fuhr Avarice fort, „ist Jade hier die einzige Beute, die uns noch geblieben ist.“ „Ich bin niemandes Beute“, warf Mara ein. „Noch bin ich der Preis für irgendetwas.“ „Natürlich nicht, Missy.“ Sie spürte Skywalkers durchdringenden Blick auf sich ruhen, wie er ihre Emotionen behutsam zu ergründen versuchte. Es war May, die das Handgemenge begann. Wie eine Furie, die man entfesselt hatte, stürzte sie sich auf Laz und versuchte ihm das Gewehr zu entreißen. Skywalker als auch Avarice zuckten zusammen und gingen beinahe automatisch in eine Kampfhaltung über. Mara duckte sich und ballte die Hände zu Fäusten. Ein Schuss löste sich und Laz heulte auf, als ihn der rote Laserstrahl in den Oberschenkel traf. Das Gewehr entglitt seinem Griff und May bekam es endlich in die Finger. Avarice hob sein eigenes Gewehr an begann drauf los zuschießen. Die Querschläger wurden von Skywalkers Lichtschwert abgelenkt und brannten weitere schwarze Löcher in die Wand, richteten aber ansonsten keinen Schaden an. Mit dem Griff des Gewehrs versetzte May dem verwundeten Piraten einen Schlag gegen die Schulter. Laz ließ sich unvorteilhaft fallen und rammte Mara von der Seite. Sie taumelte. Auch der nächste Schlag verfehlte sein Ziel nicht. Weißes Licht schien vor Maras Augen zu explorieren, als May das Gewehr gegen ihre Schläfe stieß. Allumfassender Schmerz zermarterte ihr das Hirn. Das nächste, was sie spürte, war, wie sie mit Laz gemeinsam zu Boden ging. Übelkeit überkaml sie und die Ränder ihres Sichtfelds verschwammen, wurden langsam dunkler. Sie sah nur halb, wie Skywalker einen Satz auf sie zu machte und dabei Avarices Blasterfeuer zurückwarf. Dann schmeckte sie nur noch Galle in ihrem Mund und erbrach sich. Ein Schrei ließ sie ein letztes Mal aufblicken. Sie sah nur noch, wie May Montross‘ Gesichtszüge sich plötzlich entspannten und ihre Augen einen seltsam leeren Ausdruck annahmen, dann wurde sie von vollkommener Dunkelheit übermannt. ALLE GERÄUSCHE SCHIENEN SCHLAGARTIG ZUM ERLIEGEN ZU KOMMEN, als Avarices Schuss May direkt in den Rücken traf. Selbst der verwundete Laz, der vor Schmerzen gezetert hatte, verstummte. Dann fiel die ehemalige Agentin des Imperial Intel auf die Knie und ihr Körper sackte zur Seite weg. Luke spürte, wie ihre Lebensenergie in der Macht dahin schwand und schließlich vollends versiegte. Alles war so schnell gegangen, dass er für einen Augenblick lang vergessen hatte zu atmen. Avarice starrte Mays tote Gestalt mit einiger Zufriedenheit an, während Laz sich langsam wieder aufrappelte. Keuchend hielt er seinen Oberschenkel umklammert und humpelte auf seinen Kumpan zu. „Nehmen Sie Ihr Mädchen“, sagte Avarice nur und sicherte sein Gewehr. „Wir haben, was wir wollten.“ Damit drehte er sich um und die beiden Piraten marschierten in die Richtung davon, aus der er und Laz soeben gekommen waren. Luke hatte keine Zeit, sich über ihre Motive Gedanken zu machen. Er deaktivierte die pulsierende Klinge in seiner Hand und hackte das Lichtschwert zurück an seinen Gürtel. Mit nur zwei Schritten war er bei Mara. Ihre Stirn war heiß, glühte wie bei einem Fieber. Die Augenlider waren geschlossen, flatterten jedoch unruhig. Blut tropfte von ihrem Kinn und rann aus der frischen Platzwunde an ihrer Schläfe. Vorsichtig rollte er sie zu einer Seite und strich eine blutige Strähne beiseite, die an ihrer Wange klebte. Alles in allem schien sie nicht stark verletzt, doch sie war schwach und krank. Ihre Präsenz war nur noch ein dahinschwindendes Flimmern in der Macht. Er musste sich beeilen. „BEI ALLEN STERNEN!“ RIEF SARZAMIN AUS UND SCHLUG BEIDE HÄNDE über dem Mund zusammen, als sie Luke die Tür geöffnet hatte. Der Anblick von Maras über und über mit Blut und Dreck beschmutztem Gesicht trieb ihr die Farbe aus dem Gesicht. „Was ist passiert?“ „Keine Zeit für Erklärungen“, erwiderte Luke kurz angebunden und drängte an ihr vorbei ins Haus. Beinahe im Laufschritt trug er Mara zu dem Zimmer, in dem sie in den vergangenen Nächten geschlafen hatte und legte sie auf das Bett. „Haben Sie ein Medset im Haus?“ fragte er an Sarzamin gewandt, während der Maras Verletzungen noch einmal untersuchte. „Wir müssen die Wunden reinigen.“ Die Händlerin protestierte nicht, sondern verschwand in der Kücheneinheit, um dann wenige Augenblicke später mit einem kleinen weißen Kasten zurückzukehren. Gemeinsam desinfizierten sie die Platzwunde an Maras Schläfe und den Schnitt an ihrem rechten Oberarm. Die rote Flüssigkeit an ihrer Unterlippe war inzwischen geronnen. „Sie ist ganz bleich“, stellte Sarzamin fest und wusch den Schmutz mit einem feuchten Tuch von Maras Gesicht. „Wir sollten einen Arzt aus der Siedlung holen.“ Luke schüttelte langsam den Kopf. „Es sind nicht die Verletzungen, die ihr schaffen machen.“ „Sie meinen“, sagte Sarzamin gedehnt, „es hat was mit diesen Erinnerungen zu tun?“ „Ich fürchte ja.“ „Und was sollen wir jetzt tun?“ Er wünschte, er wüsste die Antwort auf diese Frage. Was sollte er schon tun? Der Kampf gegen Montross, diese auslaugende Schnitzeljagd durch die halbe Galaxis und die ungewollten Erkenntnisse, die Mara hier auf Dantooine gewonnen hatte, all das hatte ihrem Geist großen Schaden zugefügt. Es hatte sie für immer verändert. Um den zugefügten Schaden zu reparieren hätte er die Zeit zurück drehen und all diese Geschehnisse verhindern müssen. Doch das konnte er nicht. Die Erinnerungen waren in sie eingebrannt. Plötzlich rastete ein neuer Gedanke ein. Ihre Erinnerungen… Vor langer Zeit hatte Palpatine die dunkle Seite benutzt, um Maras Erinnerung an ihre Kindheit und ihre Herkunft aus ihrem Gedächtnis zu tilgen. Seine Motive waren damals alles andere als edel gewesen. Damals hatte der Imperator die Macht benutzt, um Mara zu seiner loyalen Dienerin zu machen, die ihm allein ergeben war. Doch was wäre, wenn er die Macht benutzt, um die jüngsten Ereignisse in ihrem Gedächtnis zu verwischen? Wenn er Orianna und Ilya und all die anderen auslöschen würde, wie man mit einem Kauter eine Wunde ausbrannte? Die Vorstellung jagte ihm ein eisiges Frösteln den Rücken hinab. Aber er war nicht Palpatine. Er tat es nicht, um Mara zu manipulieren oder zu seiner Marionette zu machen. Er wollte bloß den Schmerz eindämmen, die Erinnerungen wieder in ihr verschließen, so wie früher. Wenn er es nicht tat, würde sie wohl möglich nie wieder zu der Stärke zurück finden, die sie sich in all den Jahren seit dem Fall des Imperiums so hart erkämpft hatte. Es war ihre einzige Chance. Vorsichtig ließ er sich auf der Bettkante nieder und berührte mit den Fingerspitzen seiner linken Hand Maras glühend heiße Stirn. Ein neuer Schauer ließ ihn frösteln. „Wenn irgendetwas schief geht“, informierte er Sarzamin, die ihn mit weit aufgerissenen Augen beobachtete, „rufen Sie einen Arzt.“ Sie nickte nur stumm, und er schloss die Augen. Behutsam tastete er mit seinen Jedi-Sinnen nach Maras Bewusstsein. Die granitartigen Barrieren, die ihren Geist sonst so gut abschirmten, schienen zusammen gestürzt. Keinerlei Widerstand hielt ihn davon ab in sie einzudringen. Vor einem Monat noch hätte er sich über diesen Umstand gefreut, doch nun beunruhigte es ihn nur noch mehr. Also versengte er sich tiefer in die Überreste ihrer Präsenz, stieß immer weiter vor, bis sich seine eigene Bindung zur Realität vollkommen aufgelöst hatte. Sein Geist wanderte durch dichten weißen Nebel, der empfindlichen Grenze zwischen dem Bewusstsein und dem Unter-bewusstsein. Ihre Gedanken waren formlos geworden und hallten nur noch als gedämpftes Echo durch den Äther. Eine seltsame Beklommenheit lastete ihm schwer auf der Brust und raubte ihm den Atem. Dennoch setzte er einen Fuß vor den anderen, wanderte als mentales Abbild seiner selbst durch den Nebel und ließ ihn sanft zwischen seinen Fingern hindurch gleiten. Dann – endlich! – klärte sich die Luft, hinterließ nichts als unbeflecktes Weiß und gab den Blick frei auf etwas, das unendlich und unergründlich war. Ein Schritt und dann noch einen. Trockenes ersticktes Schluchzen lag in der Luft. Es war ein Laut, der ihm sehr vertraut und gleichzeitig beängstigend fremd vorkam. Hastig blickte er umher, suchte im unendlichen Weiß um sich herum nach einem Hinweis. Schließlich entdeckte er die Quelle des Klagens: ein kleines Mädchen, das sich in weiter Ferne zusammen gekauerte und die Arme schützend um ihren kleinen Leib geschlungen hatte. Sie konnte nicht älter als seine Nichte und Neffen sein, vielleicht 5 oder 6 Jahre alt. Er beschleunigte seine Schritte und lief schließlich so schnell er konnte auf das weinende Mädchen zu, um die Distanz zwischen ihnen zu überwinden. Doch obwohl sie seine Gegenwart sehr wohl spürte, wagte sie es nicht aufzusehen oder sich gar zu bewegen. Das würde nur noch mehr Schmerz verursachen. Voller Mitgefühl sank er neben ihr auf die Knie, doch er zögerte die Hand nach ihren bebenden Schultern auszustrecken oder ihr kupferfarbenes Haar beruhigend zurückzustreichen. Dies war der Kern ihrer Seele und der eine Teil von ihr, der dank Palpatine niemals den Weg an die Oberfläche ihres Bewusstseins gefunden hatte. „Mara…“, flüsterte er behutsam. Er wagte es nicht lauter zu sprechen. „Lass mich dir helfen.“ Sie haben mich immer davor gewarnt, hörte er ihre Stimme wie die eines körperlosen Geistes durch den Äther hallen. Erinnerungen sind nur Leid und Schmerz, haben sie gesagt. Blicke niemals zurück in die Vergangenheit, haben sie gesagt. Aber ich hab nicht auf sie gehört… „Ja, manchmal ist das so“, antwortete Luke. „Aber nicht alle Erinnerungen sind böse. Wenn wir niemals gelitten hätten, woher sollten wir dann wissen, wann wir glücklich sind?“ Kannst du machen, dass es aufhört? „Ich werde tun, was ich kann“, sagte Luke und seine Brust war wie zugeschnürt, „aber du musst mir den Weg zeigen, Mara. Den Weg zum Ursprung.“ Stille senkte sich auf sie wie ein Leichentuch. Nur ihr gequältes Schluchzen hing in der Luft und rührte an sein Herz. „Mara!“ sagte er noch einmal, lauter diesmal. Und diesmal blickte das kleine hilflose Kind mit zitternden Lippen zu ihm auf, während es seine Tränen zurückdrängte. „Hier“, sagte sie und reichte ihm eine Hand. Eine überwältigende Energie trieb ihm den Atem aus den Lungen. Die weißte Leere wurde überflutet mit Bildern, Stimmen und Empfindungen, die zu lange verschlossen gewesen waren und brachen über ihm zusammen wie ein Sturzbach. Das Wissen lastete als bleierne Schwere auf ihm und drückte ihn zu Boden. „Warte!“ Oriannas Erinnerungen regneten auf ihn herab, entfalteten sich vor seinen Augen zu voller Blüte, mit all dem Glück und dem Leid, das sie enthielten. „Warte!“ Er schloss die Augen und suchte nach einem Fokus. Er musste den Mahlstrom ordnen und kanalisieren. Er musste eine Ordnung aus dem Chaos schaffen, um es von Mara fortzulenken. Sie hatte keine Kraft mehr dazu es selbst zu tun. Genau da! Er hatte ihn! Er fand sich selbst wieder, wie er den Strom begradigte und in eine stetige Bahn lenkte. Dann folgte er dem Fluss aus Bildern bis zu ihrer Quelle, dem Ort in Maras Geist, dem sie entsprangen. Sie leistete keinen Widerstand, als er die Quelle wie einen Stausee zurückdrängte und in ihre Schranken wies. Nach Atem ringend kämpfte er sich zurück in die Wirklichkeit, bevor er die Verbindung mit Maras Geist nicht mehr lösen konnte und sie wohl beide wohlmöglich für immer in einer Trance gefangen blieben. Sarzamins Haus erschien ihm plötzlich grell und laut und er blinzelte gegen die Sinneseindrücke an. Schweiß stand ihm auf der Stirn, sammelte sich an seinen Schläfen, rann seinen Nacken hinab. „Was haben Sie gemacht?“ fragte Sarzamin erschrocken. Sie stand noch immer am fernen Ende des Bettes und beobachtete den Jedi-Meister mit großer Furcht. Es dauerte einige Atemzüge lang, ehe Luke ihr zu antworten vermochte. „Ich habe die Erinnerungen an Orianna isoliert und tief in ihrem Inneren verborgen. Sie werden dort verschlossen und verschüttet sein, bis Mara die Stärke und vor allem den Willen erworben hat, sie wieder zu entdecken.“ „Aber...“, begann Sarzamin, als wagte sie nicht, ihm diese Frage zu stellen. „Woran wird sie sich dann erinnern?" „An eine Rivalin, die Himmel und Hölle in Bewegung versetzen wollte, um an ihr Rache zu üben. Dafür, dass sie auf Palpatines Befehl hin den Mörder ihres Liebsten aus dem Weg geräumt hat“, erklärte Luke und strich sich den Schweiß von der Stirn. Nun hatte er eine Ahnung davon, wie müde Mara sich durch Oriannas Erinnerungen gefühlt haben musste. „An mehr braucht sie sich nicht zu erinnern.“ „Ich hoffe, Sie wissen, was Sie tun.“ Das hoffte er auch. Er hatte gesehen, wie viel Schaden Maras Geist bereits genommen hatte. Nicht nur wegen May Montross und all der Dinge, die sie ihr gezeigt hatte. Als er in ihren Geist eingedrungen war, hatte er auch die entbehrungsreichen Jahre nach Palpatines Sturz gesehen. Sie hatte einen Überlebenskampf geführt, ehe Karrde sie gefunden hatte, und sie war siegreich daraus hervor gegangen. Nein, Mara brauchte das Wissen um ihre Herkunft nicht, um die zu sein, die sie war, dessen war er sich sicher. Niemand würde je erfahren, wer sie hätte sein können, und das war vermutlich besser so. Sie hatte selbst einen Weg gefunden, ein Leben, das sie selbst gestaltet hatte und das sie ausfüllte. Sie war zu einer besonderen Persönlichkeit geworden, auch ohne das Wissen über Ilya und Orianna. Es hatte keinen Sinn in einer Welt des Was wäre, wenn zu verweilen. Dies war eine der Lektionen, die sie ihn gelehrt hatte. Trotzdem würde die Zeit allein zeigen, ob er das Richtige getan hatte. Mit einem Seufzen ließ Luke der plötzlichen Erschöpfung ihren Lauf und sank neben dem Bett zu Boden. Voller Mitgefühl sah er, wie Flüssigkeit unter ihren geschlossenen Lidern hervor perlte und die silbernen Tränen der Erlösung ihre Wangen benetzten. ES DAUERTE ZWEI VOLLE TAGE, EHE MARA ZUM ERSTEN MAL AUF-wachte. Es kostete sie einiges an Kraft ihre schweren Lider zu öffnen und sich blinzelnd im taghellen Zimmer umzusehen. Nach und nach kehrte das Gefühl in ihren Gliedern und in ihrem Kopf zurück. Sie fühlte sich, als hätte sie wie eine Tote geschlafen. Ihr ganzer Körper schien und geheuer Schwer, drückte sie in die Kissen und machte es ihr unmöglich sich zu bewegen. Und dennoch fühlte sie sich von einer ungeheuren Last befreit, auch wenn ihr nicht einfallen wollte, um welche Last es sich dabei handeln mochte. Schon bald glitt sie in einen Dämmerzustand zwischen Erwachen und Schlafen. Sie hörte entfernt, wie hin und wieder jemand ins Zimmer kam, um nach ihr zu sehen. Als sie das nächste Mal die Augen aufschlug, hatten sich die Lichtverhältnisse im Zimmer verändert. Das grelle Licht der Mittagssonne war einem sanften Abendrot gewichen, das ihr nicht so sehr in die Augen stach. Vorsichtig stützte sie sich auf die Ellbogen und drückte sich in eine sitzende Position hoch. Es dauerte nicht lange und Skywalker erschien ihm Raum. Er brachte eine Flasche Wasser und ein Glas und trug eine Miene der Erleichterung zur Schau, als er diese auf den Nachttisch neben Maras Bett abstellte. „Wie fühlen Sie sich?“ fragte er sanft und füllte das Glas mit dem Wasser. „Besser?“ Sie nahm das Getränk und nickte vorsichtig. Ihr Nacken war vom Liegen ein wenig steif. Vorsichtig führte sie das Glas an die Lippen und ließ einige Tropfen Wasser in ihren ausgetrockneten Mund rinnen. „Ich habe bestimmt schon mal besser ausgesehen“, kom-mentierte sie, „aber ich werde schon wieder.“ „May muss Sie ziemlich erwischt haben“, meinte Skywalker und deutete auf die Schwellung über ihrer Braue. Unwillkürlich hob sie eine Hand zu ihrem Gesicht und befühlte die Platzwunde. Ja, richtig. Das war die Stelle, an der May sie mit dem Griff des Blastergewehrs getroffen hatte. Plötzlich kam ihr das ganze groteske Szenario wieder in den Sinn. „Was ist passiert?“ fragte sie und sah Skywalker durchdringend an. „Ich erinnere mich nur noch, wie es mich erwischt hat und dass dieser Avarice wie ein Schwachsinniger um sich gefeuert hat.“ Und da war noch der seltsam leere Ausdruck auf May Montross’ Gesicht, kurz bevor Mara die Besinnung verloren hatte. „Ist sie tot?“ „Ja“, bestätigte Skywalker. „Einer der Blasterstrahlen traf sie in den Rücken.“ Was für ein jämmerliches Ende für eine Frau mit solch ambitionierten Plänen, dachte Mara. Andererseits würde sie die andere Agentin sicherlich nicht vermissen. Sie hatte Mara lediglich in einen Haufen unnötiger Probleme verwickelt, die sich letzten Endes in einer Rauchwolke aufgelöst hatten. Sie freute sich nicht gerade auf den Moment, da sie Karrde erzählen musste, dass er keine neuen Verteidigungsanlagen bekommen würde und seine beste Mitarbeiterin ihre Zeit mit einer sinnlosen Banthajagd vergeudet hatte. „Sie sollten sich noch etwas ausruhen“, schlug Skywalker vor. „Sie sind immer noch ein wenig blass um die Nase.“ „Kein Wunder!“ rief Mara. „Immerhin liege ich seit Stunden, wenn nicht sogar seit Tagen in diesem Bett und bekomme die Sonne nicht zu Gesicht. Es wird Zeit, dass ich aufstehe und mich nützlich machte.“ Skywalker lächelte mild. „Dann machen Sie aber halblang. Frische Kleidung liegt dort drüben auf der Anrichte. Ich werde dann in der Zwischenzeit alles für unsere Abreise vorbereiten. Sarzamin wird es sich aber wahrscheinlich nicht nehmen lassen, Ihnen noch eine vernünftige Mahlzeit zu servieren, ehe wir aufbrechen.“ Sarzamin Saia. Mara musste daran denken, sich bei der älteren Frau in aller Form und Demut zu bedanken. „Ja, danke“, sagte sie und schlug die Bettdecke beiseite. Kühle Luft strich über ihre nackten Beine. Behutsam stellte sie einen Fuß nach dem anderen auf den Boden und bewegte alle Zehen, um sicher zu sein, dass sie noch alle vorhanden und funktionstüchtig waren. „Ich werde duschen und mich anziehen. Ich fühle mich, als hätte man mich mit Öl übergossen.“ „Sie sind der Boss“, sagte Skywalker. „Sagen Sie einfach Bescheid, wenn Sie soweit sind und wir brechen auf. Ich werde Sarzamin bitten uns in die Siedlung zu fahren, da ich den Landspeeder gestern zurückgebracht habe. Aber es dürfte nicht allzu lange dauern, die Formalitäten am Raumhafen abzuwickeln und aus diesem System zu verschwinden.“ „Klingt gut“, stimmte sie zu und rang sich zu einem Lächeln durch. „So schön es hier auch sein mag, langsam habe ich genug von diesem Planeten.“ SKYWALKER BEHIELT MIT SEINER VERMUTUNG NICHT GANZ UNRECHT. Die Unruhe wegen des von May angezettelten Vorfalls am Vortag hatte sich zwar noch nicht gänzlich gelegt – kleinere Gruppen von Technikern huschten geschäftig umher und überprüften alle möglichen Sicherheitslücken im System – doch es gab niemand behinderte sie auf ihrem Weg zum Büro des Hafenverwalters. Sarzamin wartete geduldig vor der Tür und hüllte sich in Schweigen. Seit Maras Erwachen am späten Nachmittag hatte sie kaum ein Wort gesprochen, sondern lediglich vieldeutige Blicke mit Skywalker gewechselt. Was auch immer in der älteren Frau vorgehen mochte, sie wollte es für sich behalten, und Mara war dies nur Recht. „Miss Jade! Master Skywalker!“ wurden sie voller Überschwang begrüßt. „Ich hoffe, Sie sind nicht hier um Anzeige gegen uns zu erstatten?“ Mara warf Luke einen fragenden Blick zu. „Wie kommen Sie darauf?“ fragte sie. „Nun, wegen der Unannehmlichkeit, die Sie gestern erdulden mussten“, sagte der Verwalter mit Entschuldigung heischender Miene. „Ich bedauere dies zutiefst.“ Mara winkte ab. „Machen Sie sich darüber keine Gedanken. Wir sind nur hier, um eine Starterlaubnis einzuholen.“ „Selbstverständlich.“ Er beugte sich über eine der Konsolen und bediente einige Tasten. „Wissen Sie, gestern ist das Schiff verschwunden, dessen Transpondercodes verändert worden sind. Wie vom Erdboden verschluckt! Ich kann nur hoffen, dass dieser Fall bald aufgeklärt wird. Ich schwöre Ihnen, in den achtund-zwanzig Jahren, die ich hier schon tätig bin, ist mir ein derartigen Vorfall noch nie untergekommen.“ „Ich bin mir sicher, das wird er“, versicherte Mara dem Mann. „Da würde ich mir nicht allzu viele Gedanken machen.“ Wenige Minuten später verließen sie das Büro mit den besten Wünschen und weiteren Entschuldigen des Hafenverwalters, sowie einer gültigen Starterlaubnis. Schweigend begleiteten Sarzamin und Mara Skywalker zu der Landebucht, in der sein X-Flügler untergebracht war. Seine R2-Einheit wurde soeben von zwei Technikern des Raumhafens auf den Sockel hinter der Pilotenkanzel gehoben. „Das war’s dann wohl“, sagte Skywalker langsam und drehte sich zu den beiden Frauen um. Er reichte der Händlerin eine Hand und schüttelte sie beherzt. „Ich danke Ihnen nochmals für die Gastfreundschaft.“ „Keine Ursache“, erwiderte Sarzamin. „Jetzt habe ich wenigstens etwas zu erzählen. Man trifft ja nicht alle Tage einen Jedi-Meister.“ Luke lächelte verschmitzt. „Mir fällt immer wieder auf, wie ähnlich sich Dantooine und Tatooine doch sind“, stelle er fest. „Nicht nur des Namens wegen.“ „Passen Sie auf sich auf“, sagte Sarzamin. „In Ordnung“, nickte Skywalker und warf Mara einen Blick zu. „Wir sehen uns im Orbit, nehme ich an?“ „Ja, ich werde mich gleich auch auf den Weg machen.“ Der Jedi nickte noch einmal, wandte sie dann um und ging in Richtung seines X-Flüglers fort. R2 begann aufgeregt zu trillern, als er seinen Herren entdeckte. „Kommen Sie“, sagte Sarzamin. „Ich begleite Sie auch noch zu Ihrem Schiff.“ „Nicht nötig“, antwortete Mara. „Sie haben in der vergangenen Woche schon genug gute Taten für ein ganzes Leben vollbracht – wofür auch ich Ihnen meine Dankbarkeit aussprechen möchte.“ „Wie schon gesagt, es war nichts“, gab Sarzamin zurück und machte eine wegwerfende Geste. „Wenn Sie mich fragen, so sollte man seine Mitmenschen immer so behandeln, wie man selbst von ihnen behandelt werden möchte.“ „Ein ziemlich noble Einstellung“, meinte Mara mit einem sardonischen Lächeln. „Ich fürchte, solche Ideale sind inzwischen aus der Mode gekommen.“ Sarzamin tätschelte Maras Schulter. „Ich hatte noch nie viel für Mode übrig. Das ist was für die Reichen und Schönen von Coruscant, nicht für eine kleine Händlerin von Dantooine.“ „Wo Sie gerade von Handel sprechen“, begann Mara und griff nach einer Tasche an ihrem Gürtel. Sie zog ein kleines Stück Flimsiplast hervor und reichte es an die ältere Frau weiter. „Dies hier wollte ich Ihnen noch geben.“ Die Händlerin nahm das Stück Flimsi mit zusammen gezogenen Augenbrauen an sich und warf einen Blick darauf. „Was ist das?“ „Nur ein paar Adressen, die Sie Ihrem Kundenstamm hinzufügen sollten“, erklärte Mara. „Diese Herrschaften haben einen ziemlich extravaganten Geschmack und werden Ihre Dienste sicherlich ausreichend zu würdigen wissen. Nennen Sie einfach meinen Namen, wenn Sie anrufen.“ „Herzlichen Dank“, sagte Sarzamin und verstaute das Flimsi in der Brusttasche ihres einfachen Overalls. „Aber das wäre nicht nötig gewesen.“ „Ich glaube doch“, entgegnete Mara und nickte in Richtung Ausgang. „Wollen wir? Die Maschinen er Jade’s Fire brauchen ein wenig länger zum Hochfahren als Skywalkers kleiner Sternenjäger und ich will ihn ja nicht im Orbit versauern lassen.“ Sarzamin lachte. „Wo Jedi doch einen bekanntermaßen so kurzen Geduldsfaden haben“, sagte sie ironisch und sie setzen sich in Bewegung.. „Sie wissen doch was ich meine.“ „Ja, natürlich“, meinte die Händlerin. „Geben Sie gut auf Skywalker Acht. Er hat ziemlich viel für Sie übrig.“ „Das will jetzt überhört haben!“ rief Mara. Den Rest der Strecke bis zur Andockbucht der Jade’s Fire legten sie wieder schweigend zurück. Mit vor der Brust verschränkten Armen schaute Sarzamin dabei zu, wie Mara noch einmal das Schiff von außen untersuchte und sich vergewisserte, dass sich seit ihrem letzten Besuch am Vortag niemand daran zu schaffen gemacht hatte. „Scheint soweit alles in Ordnung zu sein“, sagte sie, als sie ihre Inspektion beendet hatte und sich die Rampe des Schiffs langsam senkte, um sie einzulassen. „Passen Sie auf sich auf, Jade“, sagte Sarzamin. „Keine Sorge, das werde ich.“ Mit einem Lächeln wandte Mara sich ab und marschierte die Rampe hinauf. Gebannt beobachtete Sarzamin, wie die Repulsoren der Jade’s Fire zum Leben erwachten, die Rampe sich schloss und das Schiff sanft wie eine Feder vom Boden der Andockbucht abhob. Es gewann gleichmäßig an Höhe, stieg immer weiter und verschmolz schließlich mit dem violett schimmernden Abendhimmel über Dantooine. „Es ist alles in Ordnung, Orianna“, flüsterte Sarzamin in die Stille der hereinbrechenden Nacht. „Deinem Mädchen geht es gut.“ ALLEIN IN DER COCKPITKANZEL SEINES X-FLÜGEL-JÄGERS ERSCHIEN Luke die unendliche Schwärze des Weltalls plötzlich trist und leer. Es war schon seltsam, wie schnell man sich an die pastellfarbene Schönheit Dantooines gewöhnen konnte. Und auch an die Gegenwart einer anderen Person. Auf die ein oder andere Weise würde er Maras Gesellschaft bestimmt vermissen. Nun, er war ja nicht ganz allein. R2 war ja noch immer da, um die Einsamkeit des Fluges zur Jedi-Akademie zu vertreiben. Wie auf Kommando gab er Droide ein Trillern von sich und die Übersetzung flimmerte in roten Buchstaben über das Display. „Leg das Gespräch auf den Hauptkanal“, befahl er ihm. „Das ist nur Mara.“ Knisternd öffnete sich der Komkanal und Maras Stimme drang durch aus dem mikroskopischen Lautsprecher in seinem Helm. „So, da bin ich“, sagte sie in beiläufigem Ton. „Wollte nur schnell Auf Wiedersehen sagen.“ „Das dachte ich mir schon“, erwiderte er. „Vermutlich ist Ihr Holo-Postfach bereits mit wütenden Nachrichten von Karrde überschwemmt, wo Sie abgeblieben sind.“ „Ja, so in etwa“, stimmte sie zu. „Aber wollen Sie mal etwas Interessantes hören?“ „Nur zu.“ „Nach der letzten Übertragung hat Faughn noch einmal etwas tiefer in die Trickkiste gegriffen und versucht, weitere Informationen über May Montross zu beschaffen“, informierte sie ihn. „Und raten Sie mal, was sie dabei entdeckt hat?“ „Eine Auflistungen ihrer Aktivitäten, ehe sie die Pirate of the Perlemian unter ihre Kontrolle brachte?“ riet Luke. „So was in der Art, aber Sie waren schon nah dran“, sagte Mara. „Halten Sie sich fest, das wird ihnen gefallen. Sie hat mehrere Arztrechnungen und Pharmarezepte gefunden. Einige sind schon etwas älter und reichen bis zur Schlacht von Yavin zurück. Andere sind erst vor wenigen Wochen eingelöst worden, eine davon sogar auf Belderone. Sieht so aus, als wäre Montross medikamenten-abhängig gewesen.“ Luke runzelte unwillkürlich die Stirn. „Das ist in der Tat mal was Neues.“ „Das können Sie laut sagen. Hier mal ein kleiner Abriss ihrer Hausapotheke: Vicodin, Trilozitin, Lenilium… Das ganze Sortiment der Corleil Corporation.“ „Das sind alles ziemlich starke Psychopharmaka“, stellte Luke fest. „Ganz genau“, erwiderte Mara. „Sie litt wohl schon eine ganze Weile unter Depressionen. Kein Wunder, dass sie irgendwann den Verstand verloren hat.“ „Die wird sie jetzt wohl kaum noch brauchen“, schloss er. „Ja, den Sternen sei dank.“ „Es tut mir leid, dass ich Ihnen während dieser Unternehmung nicht gerade eine große Hilfe war“, gestand Luke. „Ich hätte schon viel eher eingreifen sollen.“ „Ach, halten Sie die Klappe!“ schalt Mara ihn. „Wären Sie nicht gewesen, hätte Montross mich vermutlich kalt gemacht. Und Sie haben dafür gesorgt, dass sich Mays Schläger verzogen haben ohne weitere Schwierigkeiten zu machen. Dafür schulde ich Ihnen wohl jetzt etwas. Aber anscheinend stehen Sie ja darauf, dass Ihnen ständig etwas leid tun muss.“ Ein knappes Lächeln huschte über Lukes Gesicht. „Kann sein. Aber wenn Sie mir jetzt einen Gefallen schuldig sind, würde ich ihn auch gerne sofort einlösen.“ „Aha“, machte Mara. „Und was für ein Gefallen soll das sein?“ „Mir wäre es ganz recht, wenn wir endlich einmal zum du übergehen könnten“, sagte er. Einen Augenblick lang blieb der Komkanal stumm. „Wenn das dein Wunsch ist“, erwiderte sie schließlich, „dann kann ich ihn dir wohl kaum abschlagen.“ „Ich danke dir.“ „Und wohin fliegst du jetzt?“ „Nach Yavin. Zurück zu meinen Pflichten, zurück zu meinen Schülern und zurück zu einer verlassenen Schlafkammer.“ Er unterdrückte ein trauriges Lachen. „Ich werde bald sicherlich wieder genug Zeit für eingehende Meditationen und Schwertkampf-übungen haben.“ Selbst durch den Kopfhörer konnte er hören, wie sie sich ein entnervtes Aufstöhnen verkniff. „Ich kann es nicht oft genug sagen, Luke: trag die Erinnerung an Callista nicht mit dir herum wie ein Seelenstigma“, sagte Mara. „Andere Mütter haben auch schöne Töchter.“ Luke lächelte wehmütig. Interessant, dass sie gerade diese Rede-wendung benutzte. „Ich werde bei Gelegenheit daran denken“, erwiderte er sanft. Für eine Weile blieb der Komkanal stumm. „Nichts zu danken“, erwiderte sie schließlich. Ihre Stimme klang nun anders – weicher, beinahe zärtlich. „Schließlich sind wir doch so etwas wie Freunde, nicht wahr? Auch wenn dies wohl die seltsamste und verrückteste Freundschaft ist, von der ich je gehört habe. Die Ex-Imperiale und ihr Rebellenfreund.“ Über den Lautsprecher ließ sich ein vages Kichern vernehmen. Luke spürte eine sanfte Wärme in seinem Inneren aufsteigen. Es tat gut wieder ihre Sticheleien zu hören. Das bedeutete, dass es ihr gut ging und dass sie sich in ihrer Haut wohlfühlte. Sie war nicht länger der blasse, dem Fieberwahn erlegene Schatten ihrer selbst. Und er würde lügen, würde er behaupten, dass er nicht erleichtert war. Es tat gut, die alte Mara Jade wieder zu haben. „Wirst du mich auf Yavin 4 besuchen?“ fragte er. „Dich oder die Jedi-Akademie?“ erwiderte sie scharfsinnig. „Beides, um ehrlich zu sein.“ Er konnte ihr Lächeln in der Macht spüren. „Wer weiß solche Dinge schon, Skywalker? Wenn es der Wille der Macht ist, wird mich mein Weg vielleicht des Öfteren mal ins Yavin-System führen. Und nun sieh zu, dass du zurück zu deinen eifrigen Schülern kommst. Es liegt noch eine Menge Arbeit vor dir. Und vor mir auch.“ Nachdem sie ihr Gespräch beendet und sich von einander verabschiedet hatten, beobachtete Mara, wie Skywalkers X-Flügler Geschwindigkeit aufnahm und schließlich mit einem kurzen Aufblitzen in den Hyperraum sprang. Sie ließ den Navcomputer der Jade’s Fire durch die Astrogationskarten wälzen und die kürzeste Route in Richtung Coruscant berechnen. Eine Hand um den Steuerknüppel gelenkt, gab sie Schub auf die Backbordtriebwerke und brachte das Schiff weiter von Dantooine weg, weiter auf den Tiefraum zu. Dann wandte sie sich erneut den Nachrichten in ihrem Holo-Postfach zu, die immer noch auf einem Display der Hauptkonsole angezeigt wurden. Neben den Informationen von Faughn fanden sich noch einige andere Nachrichten in dem Postfach. Einige davon waren nichts weiter als Zwischenberichte einiger Einheiten der Schmugglerallianz, die irgendwo im Inneren und Mittleren Rand unterwegs waren. Andere kamen aus Karrdes Büro und zeigen eine höhere Prioritätskennung an. Sie wusste, sie sollte sich eine gute Erklärung für Karrde überlegen, warum sie so lange verschollen gewesen war. Immerhin hatte sie sich seit ihrem Aufbruch von Ord Mantell nicht mehr bei ihm gemeldet und das war nun schon fast einen vollen Monat her. War denn wirklich soviel Zeit vergangen, seit Calrissian sie als Gast auf die Daybreak eingeladen hatte? Mit einem Piepen beendete der Navcomputer seine Berechnungen. Mit nur einem Tastendruck speiste sie die Information in den Hauptrechner ein und steuerte das Schiff auf den berechneten Sprungpunkt zu. Der Hyperantrieb erwachte mit einem schwachen Jaulen zum Leben und die Sterne um sie herum verschwammen zu Linien und wurden schließlich zu der strahlenden surrealen Welt des Hyperraums. Mit einem zufriedenen Seufzen lehnte sie sich im Pilotensessel zurück, verschränkte die Arme hinter ihrem Kopf und betrachtete das abstrakte Farbenspiel jenseits des Cockpitfensters. Karrde würde noch ein paar Stunden warten müssen. Sie würde erst einmal aus diesem Sektor springen und sich danach um neue Vorräte und eine Ladung Treibstoff kümmern. Bis dahin würde sie sich in der Messe ein wenig körperlich ertüchtigen. Sie absolvierte gerade eine Reihe komplexer Dehnübungen, als der Bordcomputer ein Gespräch über den Hyperwellensender meldete. Eilig trocknete sie den Schweiß auf ihrer Stirn mit einem Handtuch und nahm den Anruf dann in ihrem Quartier entgegen. „Na, endlich“, begrüßte sie die vertraute Stimme Lando Calrissians. „Ich habe mich schon gefragt, wo Sie wieder stecken.“ „Ich freue mich auch von Ihnen zu hören“, erwiderte Mara sarkastisch. Gut, dass es sich bei dem Gespräch lediglich um eine Audio-Übertragung handelte, sonst hätte ihr schelmisches Grinsen sie wohl verraten. „Was kann ich für Sie tun?“ „In erster Linie wollte ich nur nachfragen, ob Sie und Luke bei ihrer Suche inzwischen Erfolg gehabt haben“, begann Lando. „Man hat eine ganze Weile nichts mehr von Ihnen gehört.“ „Lassen Sie mich raten“, sagte Mara, „Karrde hat Sie angerufen und sich über meinen Verbleib erkundigt, nicht wahr?“ „Erkundigen würde ich das nicht nennen“, meinte er. „Aufregen wäre wohl der bessere Ausdruck dafür. Also hat er mich beauftragt, weiter nach Ihnen zu forschen und Ihnen ihren nächsten, äh, Auftrag zu übermitteln. Sie sollen sich aber trotzdem so bald wie möglich bei ihm melden.“ „Auftrag?“ hakte Mara nach. „Erinnern Sie sich an die Fernbedienung, die Luke während der Thrawn-Krise auf Dagobah gefunden hat?“ „Ja, wieso?“ „Es hat neue Entwicklungen in dieser Sache gegeben“, erwiderte er. „Möglicherweise lässt sich herausfinden, woher die Fernbedienung stammte und wofür sie bestimmt war. Und die Spur ist noch heiß, man sollte also keine Zeit verlieren und die Verfolgung aufnehmen.“ „Interessant“, murmelte Mara. „Und woher hat Karrde diese Infomation?“ „Von einem meiner Geschäftspartner auf Kalarba“, erklärte Calrissian. „Das ist auch der Grund, warum er mich ebenfalls in diese Mission einbeziehen möchte.“ „Und ich dachte schon, Karrde wollte sie als mein neues Kindermädchen abkommandieren“, versetzte sie. „Kalarba sagten Sie?“ „Ja, genau.“ „Wann könnten Sie im Doldur-Sektor sein?“ „Wenn ich hier alles stehen und liegen lasse, in drei Standardtagen“, erwiderte Calrissian. „Was ist mit Karrde? Sollten Sie sich nicht zuerst einmal bei ihm melden?“ „Er hat die ganze Zeit lang gewartet, da kann er sich noch ein paar Tage länger gedulden. Außerdem weiß er, dass ich am besten funktioniere, wenn ich dort draußen bin und mich nützlich mache.“ „Verstehe.“ Calrissian war offensichtlich zwischen seinem geschäftlichen und persönlichen Interesse hin und her gerissen. „Nun, ich bin immer für ein Abenteuer zu haben, das wissen Sie.“ „Dann schlage ich vor, Sie machen die Lady Luck startbereit und machen sich auf den Weg in den Doldur-Sektor. Ich werde meine Vorräte auf Bandomeer auffüllen und komme dann umgehen nach.“ Calrissian schwieg einen Augenblick lang. „In Ordnung“, sagte er langsam. „Ich werde mich dann bei Ihnen melden und Ihnen meine genauen Koordinaten geben, damit wir auf dem Planeten nicht an einander vorbei rennen.“ „Gute Idee“, antwortete sie. „Wir sehen uns dann in ein paar Tagen, Calrissian.“ „Sehr gerne. Ich freue mich schon darauf.“ Mit einem leisen Knistern riss die Verbindung ab und die Komkonsole verstummte. Sie lehnte sich in ihrem Sessel zurück, legte eine Hand in ihren Nacken und drehte den Kopf um etwaigen Verspannungen vorzubeugen. Damit ist die Dantooine-Episode wohl endgültig abgeschlossen, dachte sie. Nun war Schluss mit der sinnlosen Zeitverschwendung. Sie erhob sich und kehrte ins Cockpit zurück, um den Navcomputer die neue Route berechnen zu lassen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)