Aus dem Tagebuch von Maxim Arthaud von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 1: 18.11.1812 --------------------- Liebe Leser, ihr kennt ja das Spiel. Da ihr nun schon so weit gekommen seit, lest doch einfach mal rein und schreibt auf jedenfall ein KOMMI. Das wär echt spitze. ^^ Wie jeder FF Schreiber wohl weiss, gibt es nichts dringenderes, als zu erfahren ob das Geschreibsel ankommt oder net. Also viel Spass beim Lesen!!!! ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ 18.11.1812 Die Nacht hatte mich erfasst. Der kleine Platz in Montmartre wurde vom Nachtleben überflutet. Prostituierte, Zuhälter und Taschendiebe mischten sich mit der Unterschicht der Pariser Bevölkerung, um den trostlosen Arbeitstag in großen Alkoholexzessen und Lustorgien zu verdrängen. Der Platz, der mehr an einen dreckigen Hinterhof erinnerte, war matt erhellt vom Licht der schmuddeligen Bars, in die sich die Leute drängten und sich unkoordiniert über das alte Kopfsteinpflaster schlängelten. Ich stand an eine ecke gelehnt, die zu dem Nachtclub "L´amour est Rouge" gehörte, und beobachtete das wirre Treiben um mich herum. Es war der beliebteste Treffpunkt für den Abschaum der Pariser Einwohner, die sich mit ihren niveaulosen Gesellschaften trafen und versuchten ihr Leben zu vergessen. Ich sollte mich hier mit einer jungen Dame treffen, die mir die Normalität meines trostlosen Lebens versüßen und mir die Lust am Leben wiedergeben wollte. Ein Arbeitskollege hatte sie mir empfohlen. Sie sei eine Göttin und gewillt dich in eine Welt der Lust zu schicken, aus der du nie wieder auftauchen möchtest. Ich blieb skeptisch. Meine Freunde sorgen sich um mich. Immer mehr verschließe ich mich und kann keinen Spaß am Leben finden. Ich stand also an meine Ecke gelehnt und versuchte unauffällig zu warten. Man sollte mir mein Unbehagen nicht anmerken. Ich war gespannt auf diese junge Dame, die so schön sein sollte, als habe sie Aphrodite persönlich geschickt. Die Leute liefen trunken an mir vorbei, grölten und stolperten. Als ich des Wartens schon müde war, entdeckte ich plötzlich einen jungen Mann mir gegenüber. Er lehnte wie ich an einer Ecke und beobachtete mich, als ich tiefer in die Schatten eintauchte und dem Geschehen auswich. Ich konnte den Mann nicht genau erkennen, aber er faszinierte mich auf eine besondere Art. Sein Gesicht lag im dunkeln, aber dennoch konnte ich seine Augen erkennen. Sie glühten förmlich und strahlten mir aus der Dunkelheit entgegen. Leuchtend blaue Augen - wie Saphire - als blickte man in einen tiefblauen Ozean, ein Fall in den bodenlosen dunklen Abendhimmel. Ich war gezwungen in diese Augen zu starren und das Bild brannte sich in meinen Kopf. Und er schaute gleichfalls mir direkt in die Augen. Es war, als sandte er Gedanken in mein Gedächtnis und versuchte mir etwas zu erzählen. Ein Lächeln legte sich auf das Gesicht des Mannes, als ich plötzlich von einem Betrunkenen umgestoßen wurde. Der Schlag kam so unerwartet, dass es mich auf den Boden legte. Eine Frau kam auf mich zu und half mir hoch. "Sie müssen Monsieur Arthaud sein. Alles in Ordnung?" Ich nickte mit dem Kopf und suchte die andere Straßenseite nach dem seltsamen Mann ab. "Entschuldigen sie bitte die Verspätung." "Macht nichts" Doch ich konnte die blauen Augen nicht mehr finden, der Mann war verschwunden. Kapitel 2: 19.11.1812 --------------------- 19.11.1812 Meine Gedanken kreisten den ganzen Tag um die gestrige Nacht. Ich war erst spät nach Hause gekommen. Dunkle Augenringe und miese Kopfschmerzen waren der Lohn dafür. Ich saß auf der Veranda und versuchte die Welt um mich herum zu vergessen. Wir waren in einem kleinen Hotel untergekommen, nichts besonderes, aber dennoch gemütlich und vor allem sehr versteckt. Getrunken hatten wir auch, anfangs zusammen, danach habe ich für uns beide die Flaschen geleert. Und dennoch konnte ich nicht vergessen, wie ich in seine kristallblauen Augen sah. Mein Leben, mittlerweile so sehr aus den Fugen geraten, schreit nach einer Erlösung. Und er hatte mir für kurze Zeit diesen Zustand absoluter Freiheit vermitteln können. Die roten Möbel umgaben mich wie ein sanfter Sonnenuntergang; sie folgte all meinen Befehlen. Ich war in ihrem Gewahrsam und saugte ihre Schönheit in mich ein. Immer im Bewusstsein es gibt keine Lösung mehr suche ich nach dem verborgenen Schlüssel zur Tür am Ende des Gangs. Ihr Körper, so warm und weich, regte sich über mir im gleich bleibenden Rhythmus. Kein Schrei dringt nach außen, tief eingeschlossen in meinem Herzen wird er nicht erhört. Doch er hat ihn gehört, er kann meinem Leid Genesung bringen. Heute Nacht wurde ich daraufhin von Alpträumen geplagt - ein Schrecken, der mein Unterbewusstsein erschütterte. Hitze umgab mich und das Nichts war unerträglich, ich war eingesperrt in den Tiefen der Dunkelheit. Plötzlich erreichte mich der Hauch einer Stimme, unverständlich und verwoben in ihr Echo. Mein Herz raste und die Hitze brannte auf meiner Haut. Die Stimme schmolz in meinen Ohren und wurde allmählich deutlicher. Meine Haut wurde versengt, schwarz verkohlt bröckelte sie vom Fleisch. Meine Beine konnten das Gewicht nicht mehr halten und ich sackte zusammen. Die Schmerzen betäubten mein Gehirn. Mein Herz raste, die Stimme injizierte ihr tödliches Gift. Ich erwachte schwitzend im Bett. Dieser Traum hat mich tief berührt. Er hat mir einen Weg gewiesen, den ich bereit bin zu gehen: Der freiwillige Fall in die bodenlose Unendlichkeit, um dem ganzen Leiden ein Ende zu bereiten. Ich wünsche mir Rettung, doch wenn sie nicht kommt, dann muss ich tun, was ich für richtig halte. Ich hoffte, dass ich diese Rettung gefunden habe, doch das ist Schwachsinn. Ein Mann, der mir in die Augen blickte wird nicht mein Leben verändern. Es ist alles zu viel für mich, seit... Kapitel 3: 20.11.1812 --------------------- So, hier das neue Chap. Tut mir leid, ich schaffe es einfach nicht auf den Punkt zu bringen. Darum gibt es hier noch mehr Geschwafel, noch mehr geheimnistuerei und keine Handlung. Aber keine Sorge, die kommt auch noch. Hab gerade meine Philo-Phase. Hoffenltich gefällt euch das Chap trotzdem! Viel Spass beim Lesen! ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ 20.11.1812 Meine Gedanken schweifen immer wieder ab; zurück zu den schrecklichen Ereignissen. Heute sind es genau sechs Monate. Wie habe ich es nur geschafft diese Ewigkeit zu ertragen? Sechs Monate ist es also her, dass ich in diesem Elend dahinvegetiere. Kein Gaumenschmaus konnte seitdem mehr meine Geschmacksnerven erfreuen, keine Droge schaffte es meinen Schmerz zu lindern und niemand vermag es meine schwere Last mit mir zu teilen. Selbst jetzt, wo ich hier sitze und im schreiben versuche Ablenkung zu finden ist es mir nicht möglich mich zu konzentrieren. Diese Bilder... sie wollen nicht verschwinden... es sitzt noch zu tief, ich schaffe es noch immer nicht darüber zu schreiben. Zu grausam wäre der Weg zurück, um alles noch einmal zu durchleben. Es ist seltsam. Damals habe ich dieses Tagebuch begonnen, um mir allen Kummer von der Seele zu schreiben. Ich wollte dadurch meine Gedanken ordnen und hoffte auf diese Weise damit fertig zu werden. Jedoch, welche Ironie, ich habe es nie geschafft auch nur eine Zeile über diesen Vorfall niederzuschreiben. Nichts weiter als Andeutungen, Banalitäten, um vom Wesentlichen abzuweichen. Vorhin habe ich den ersten Eintrag durchgelesen. Eigentlich sollte es auch der Einzige sein, aber ich schaffte es nicht auf den Punkt zu kommen. So quäle ich mich täglich mit der Last endlich Klartext zu sprechen, aber habe dennoch nie die rechte Überzeugung. Stattdessen nehme ich täglich diesen Ledereinband zur Hand und starte immer wieder einen neuen Versuch. Seit sechs Monaten immer derselbe Vorsatz. Und nie schaffe ich es. Ich bin so schwach, ich muss mich zusammenreisen, aber ich bringe es nicht fertig. Ich wollte damals alles niederschreiben, jede Einzelheit, jeden Augenblick nochmals aufnehmen und neu ausführen. Stattdessen handelt der Eintrag von abwegigen Nebensächlichkeiten, vom Wetter, von angedeuteten Gewissensbissen und von Schlafstörungen. Nun denke ich, was hat sich seither verändert? Im Grunde ist jeder Eintrag eine Wiederholung des vorherigen. Sinnlose Ausführungen über mein zerbrochenes Leben. Werde ich jemals wieder den Duft der Natur genießen können? Werde ich jemals wieder unter Menschen gehen und ihre Nähe suchen, anstatt sie zu meiden? Werde ich jemals wieder die Geborgenheit spüren, die mir früher so natürlich vorkam? Ich hatte mir nicht erhofft etwas zu fühlen, als ich jene Dienste vor zwei Tagen aufsuchte, die mir angeblich wieder etwas Wärme in mein Leben bringen sollten. Unter normalen Umständen hätte es die schönste Nacht meines Lebens sein können. Oh ja, sie weiß wie man die Männer glücklich machen kann. Sie war einfach wunderbar. Die geschmeidigen Bewegungen, der zarte Druck, die feinen Lippen. Alles wäre ein Festspiel der Sinne gewesen, doch ich spürte nichts. Ich bin mittlerweile vollkommen gefühlstaub, abgehärtet durch den unendlichen Schmerz, der mich erfüllt. Gleichgültig wandle ich durch das Leben, nur die Trauer bringt etwas Abwechslung. Es ist zu viel, ich halte es nicht mehr aus! Ich war gerade ein wenig spazieren. In dem Wäldchen hinterm Haus. Die Spätherbstliche Atmosphäre drückt genau das aus, was ich nicht schaffe zu sagen. Sterbende Blätter fallen sanft auf den schlammigen Grund. Matte Farben strömen über den Waldboden und schützen das Verborgene darunter. Das Laub treibt auf den kleinen Pfützen, wie goldene Boote im Meer der Unendlichkeit. Sie führen einen letzten Tanz auf, wie sie sich im Winde drehen und wenden. Immer in gemäßigter Bewegung spielen sie ihren monotonen Akt im lieblichen Waldleben. Die kalte Luft zieht durch die Bäume und flüstert die Ankunft des Winters. Der blaue Himmel schimmert durch die dürren Äste, die wie kahle Knochen in einer Todesstarre sich zum Himmel recken. Die Zeit wird langsamer, alles bereitet sich auf den großen Halt vor, den Winter, der immer Ende und Anfang von allem darstellt. Doch ist er auch mein Anfang? Gibt es für mich ein danach? Oder stellt er für mich das große endlose Ende dar? Wie tief kann ein Mann sinken? Wie viel Demütigung kann er ertragen? Albert hat einmal gesagt, dass jeder Mensch Niederlagen einstecken muss, größere und kleinere. Das gehört zum großen Ganzen dieses Lebens. Jedes noch so kleine Lebewesen muss mal einen Tiefpunkt überleben. Aber jeder solcher Tiefpunkt hat immer einen Höhepunkt zur Folge, einige Momente, die wir als Glück bezeichnen. Und je tiefer die Niederlage, desto höher daraufhin das Glücksempfinden. Dabei ist es nicht natürlich, dass Tief- und Höhepunkt proportional zueinander stehen, es liegt nur im Auge des Betrachters. Je mehr wir am Boden zerstört sind, umso größer empfinden wir dann die Zufriedenheit beim Aufstieg. Albert hat mir mit dieser Überlegung damals eine wichtige Philosophie auf den Weg gegeben. Er weiß grundsätzlich im richtigen Moment das Richtige zu sagen. Vielleicht habe ich mit dieser Überlegung die letzten sechs Monate überstehen können. Denn somit wird allem Übel, jeder tiefsten Phase des Unwohlseins, die uns in den Abgrund katapultiert, ein Sinn zugestanden. Zwar besteht der einzige Sinn darin, dass der Mensch die nachfolgende Zeit, in der es bergauf geht, überhaupt wieder als Glück ansehen kann, aber somit wäre die Voraussetzung für jeden glücklichen Moment eine Trauerphase. Das klingt gar nicht so abwegig, wenn man bedenkt, dass Menschen sich an gewisse Umstände sehr schnell gewöhnen und sie irgendwann nicht mehr zu würdigen wissen. Die einzige Frage bleibt dann nur, wann es mit mir wieder bergauf geht? Nach dieser Theorie müsste ich nach einer so langen Zeit der Resignation in einen euphorischen Zustand geschleudert werden, der jeden bis dahin gekannten Glücksmoment in den Schatten stellt. Ich persönlich habe die Hoffnung aufgegeben. Und ohne Hoffnung kann mich nichts mehr halten. Kapitel 4: 22.11.1812 --------------------- 20.11.1812 Vergib mir Herr, denn ich habe gesündigt! Gestern war ich in der Kirche gewesen, um für mein Leben zu beten, um mein Seelenheil wieder im keuschen Licht durch ein gelobtes eröffnen meiner Ängste zu betrügen. Ich wollte eine Beichte ablegen, wollte dem Pfarrer meine abschließenden Worte anvertrauen und ihm meine verdorbenen Absichten offenbaren. Ich hatte einen endgültigen Entschluss gefasst und erhoffte mir Absolution. Der Pfarrer sollte meiner armen Seele helfen Erlösung im Jenseits zu finden. Ich hatte mir nicht erhofft, dass mein schwerer Entschluss toleriert wird. Jedoch gelang es mir nicht einmal Vergebung zu erhoffen, da ich eines noch schwereren Verbrechens schuldig wurde. Ich machte mich gesengten Hauptes auf den Weg in die Kirche. Meine Füße trugen mich, ohne dass ich einmal aufblicken musste. In Gedanken versunken schritt ich den Weg dahin. Die Umgebung um mich herum war verschwommen, nichts drang in meinen Kopf. Ich betrat in ehrfürchtiger Haltung das Gotteshaus und ein Schauer lief mir über den Rücken, als ich meine Gedanken wieder der Wirklichkeit meiner Umgebung öffnete. Kirchen machen mich noch immer ängstlich. Sie sind die Verbindungsstelle zwischen Gott und Mensch, nirgends fühlt man seine Anwesenheit mit solch abstrakter Heftigkeit. Ich beobachtete die hohen Rundbögen, die sich durch das gesamte Hauptschiff reihten und den Himmel mit Deckenbemalungen in unmittelbare Nähe holen, dennoch unerreichbar in ihrer Höhe. Ich setzte mich auf eine der harten Holzbänke sagte ein stilles Gebet. Nach einer Weile erhob ich mich wieder und ging auf den Beichtstuhl zu. Unschlüssig blieb ich davor stehen und überlegte mir meine Wortwahl. Wie sollte man ein so heikles Thema ansprechen? Ich wollte um Erlösung bitten, das stand fest, nur wie? Alle hoffen auf Erlösung im Jenseits, doch was erhofft sich ein jeder darauf? Bedeutet Erlösung Glück? Ich hoffe es, darum kann ich es nicht mehr erwarten diese zu erlangen. Ich sehne mich schon viel zu lange danach endlich wieder das reine Glück zu spüren. Doch war es für mich überhaupt möglich diese vollkommene Unbeschwertheit zu erreichen? Nun ja, dies zu erfahren war schließlich der Grund meines Besuches. Mein Ziel jedoch war es diese Erlösung zu erlangen. Die größte Angst der Menschheit ist die Ungewissheit. Wofür kämpfen, wenn man kein Ziel vor Augen hat? Die Ungewissheit bringt den stärksten Barbaren zu Fall. Ich war immer überzeugter Christ und glaubte auch immer an die Jenseitsvorstellung. Es gibt allerdings so viel zwischen Himmel und Erde, was wir uns nicht einmal ansatzweise nur vorstellen können. Ich lebte mein Leben mit dem Glauben an die heilige Schrift. Gottes Gebote und Lehren waren unantastbar, und sind es noch immer, aber dennoch hat sich meine Weltanschauung nach diesem Tag verändert. Aber ich sollte nicht zu weit vorweg greifen. Zurück zum Anfang: Langsam betrat ich den Beichtstuhl und setzte mich auf die harte Bank. Der enge hölzerne Schrank schien jede Überzeugung aufzusaugen und es blieb nur das Vermächtnis jeder Sünde zurück. Das kleine Fenster wurde aufgeklappt und ein schwacher bläulicher Lichtkegel erhellte meine Zelle. "Vater..." begann ich, aber meine Gedanken rasten wie wild und ich kam nicht weiter, Meine Zunge war verknotet und kein Wort wollte über meine Lippen, obwohl ich alle Wörter der Welt gleichzeitig sagen wollte. Der Pfarrer atmete leise ein und begann zu reden: "was hast du mir zu sagen, mein Sohn? Keine Sünde kann schlimm genug sein, um nicht vor Gottes Gericht vorgebracht zu werden." Sachte wob sich seine Stimme durch die Ruhe und gelangte wie eine sanfte Welle an mein Ohr. "Das Problem liegt nicht darin, dass ich nicht vor dem Herrn gestehen will, sondern dass ich nicht alles, was mich bedrückt, gegenüber dieser Welt und mir selbst offenbaren kann." "Du weißt, dass du irgendwann beichten musst. Nur so kannst du Absolution erlangen." "Aber Vater, sie sagten doch selbst, dass jede Sünde vor Gottes Gericht aufgenommen wird. Ist es nicht möglich von diesem Gericht selbst die Absolution zu erhalten?" "Wäre dies möglich, wozu bräuchte man dann die Kirche, mein Sohn?" "Ich weiß, dass der natürliche Weg die Beichte in der Kirche ist. Nur ist mein Vergehen so schlimm, dass ich nur mit dem Herrn darüber sprechen kann." "Und woher nimmst du dir dann die Gewissheit, dass der Herr sich deiner annehmen kann? Welches Verbrechen kann so schwerwiegend sein, dass keine Möglichkeit besteht, es dem Gesandten Gottes anzuvertrauen? Ich wurde auserwählt dem Herrn zu dienen, du brauchst dich vor mir nicht zu schämen." "Und doch ist es genau das, was ich tue. Gott weiß alles und vergibt dem Menschen. Jedoch könnte ich keine Sekunde den Gedanken ertragen, jemand anderes wüsste von meiner Qual. Ich habe mich nicht nur eines Verbrechens belastet. Eins führt zum anderen und nun frisst es mich von innen auf. Scham ist ein großes Manko, aber eins, dass ich nur allzu gern auf mich nehme, damit niemand etwas erfährt." "Ich fürchte, dann musst du bis zum jüngsten Tag warten, denn vorher wirst du keine Chance haben von Gott gerichtet zu werden." "Das ist wohl wahr, aber bis zum jüngsten Tag kann ich nicht warten, wenn er nicht noch diese Nacht eintritt." "du weißt hoffentlich, dass du Absolution nicht ins Himmelreich eintreten kannst." "Nun ja, Gottes Wege sind unergründlich. Wäre es nicht möglich von dem Herrn selbst die Absolution zu erhalten?" "sie kommt immer vom Allmächtigen selbst, mein Sohn." "Ja schon, aber nicht von ihm persönlich." "Wir drehen uns im Kreis, mein Sohn." "Vielleicht." Eine Pause trat ein. Ich musste nun den Sprung ins kalte Wasser wagen. "Ich habe einen Entschluss gefasst, Vater." Ich atmete leise und lies die kurze Stille auf uns wirken. Das Holz duftete angenehm und draußen konnte man das Klappern und Scheppern einer vorbeifahrenden Kutsche vernehmen. Und wie die Räder sich immer im gleichen Rhythmus bewegen, so sagte ich mit monotoner Stimme "Ich möchte nicht mehr Leben. Ich sehe keinen Sinn mehr darin. Ich..." Ein seufzen unterbrach mich und die mahnende Stimme des Pfarrers war zu vernehmen. "Selbstmord ist keine Lösung, es ist eine Sünde. Damit machst du alles nur noch schlimmer. Gott hat uns das Leben geschenkt, jedem einzelnen, und dieses Geschenk darf nicht leichtsinnig verschwendet werden. Ich habe mir schon gedacht, dass dein Entschluss darauf hinausläuft. Ich frage mich nur welche Qual deine Seele plagt, um so eine grässliche Idee zu entwickeln. (...)" Der Pfarrer steigerte sich in seine Moralpredigt und ich spürte, wie langsam Wut in mir aufstieg. Was wusste er schon von mit und meinen Gefühlen? Wie konnte ich nur hoffen Einverständnis seitens der Kirche zu bekommen. "(...) Gott wird dich zu sich holen, wenn es soweit ist, aber das entscheidet er und nicht du." Mit zitternder Stimme fiel ich ihm ins Wort. Meine Hände krallte ich in das weiche Holz und hatte das Gefühl es gleich zu zerquetschen. "Warum muss man denn warten, bis er einen zu sich holt? Warum kann man nicht zu ihm, wenn man selbst es möchte? Und wieso kann es nicht sein, dass er schon lange nach mir ruft, um mich endlich meiner Schmerzen zu befreien? Ich spüre seine Hand, wie sie an meiner Seele zieht und mich erlösen will, aber das Lebensband will einfach nicht reisen. Ich muss zu ihm, aber dazu miss ich selbst das Band durchtrennen. Vielleicht ist es ja meine letzte große Prüfung..." "Genug!" herrschte mich die zornige Stimme neben mir an. Das hatte er wohl noch nie erlebt, dass ihm jemand bei der Beichte Widerworte gab. Seine Meinung war unantastbar. Ich hingegen hatte mich so fest an meinen Entschluss geklammert, dass ich nicht bereit war die Richtigkeit zu leugnen oder nur zu überdenken. "Merkst du nicht, wie du von dunklen Mächten reingelegt wirst? Du stürzt dich in dein Unglück" Ungläubig nahm ich die Worte in mich auf und antwortete ihm voller Verachtung. "Mein Unglück steckt auf dieser Erde", zischte ich, giftig wie eine Schlange. "Ich habe mich schon von diesem Leben losgelöst. Es gibt keine Alternative, ich spüre es." Mit diesen abschließenden Worten stürmte ich aus dem Beichtstuhl in die kalte graue Kirche. Inzwischen war es schon dunkel geworden. Die Finsternis strömte durch die großen Fenster, um das Licht zu vertreiben. Schatten schlichen aus den Ecken, wie schwarze Todesengel, die ihre dürren Finger nach mir ausstrecken, um mir meine arme Seele zu entreißen. Ich stand kurz mitten in der Kirche und ließ dieses Bild auf mich wirken. Dann drehte ich mich nochmals um. "Ich hoffe sie beten trotzdem für mich, Vater, und verzeihen mir meine Sünde." Ich schritt auf das große Kirchenportal zu, hinaus in meine Freiheit. Meine Schritte hallten durch den dicken Stein, ich streckte die Hand nach dem Türgriff aus und betrat die eisige Nachtluft. ‹‹Ich irre mich nicht, ich irre mich nicht, ganz bestimmt!›› dies war der einzige Gedanke, der mich begleitete. Ich ging schnellen Schrittes zum Hafen und immer wieder sagte ich mir diesen Satz. Wut und Verzweiflung überkamen mich und ich beschleunigte zusätzlich mein Tempo, ein Antrieb, der mich in wilde Raserei führte. ‹‹Es ist meine Bestimmung, ich kann nicht mehr anders, mein Leben, zerstört, verkümmert, ausgebrannt, sinnloses Dasein, sinnlose Hoffnung, die meine Qual so lange Zeit nährte, wie ein letzte Versuch das erlöschende Feuer mit trockenen Spänen neu zu entfachen, wieder größer, immer heißer, immer tödlicher, je mehr Holz, desto gefährlicher das heiße Element, wie meine Qual, je mehr Hoffnung, desto tödlicher mein Entschluss, endgültig, erlösend, nichts mag mich jetzt noch zu retten, ich irre nicht, er ruft mich, er versteht mich, oh Erlösung, wie sehne ich mich nach deinen sanften Fingern, die mich leicht umschmeicheln, ihre Zärtlichkeiten meiner Seele gönnen, warte auf mich, geliebte Erlösung, ich suche dich, meine sanfte Erlösung, errette mich aus den Fängen dieser Scheußlichkeit, die sich Leben nennt, sieh nun, wie ich dir davonrenne und in die warme Geborgenheit der süßesten Erlösung flüchte.›› Atemlos blieb ich abrupt an einem Geländer stehen, krallte mich dran fest und blickte tief hinab in die schwarze Seine. Und für eine Ewigkeit gab es nichts. Die Welt um mich herum blieb stehen und nur die schmerzhafte Kälte schlug gegen meinen erhitzten Körper. Nichts! Meine Gedanken schwiegen; langsam lehnte ich mich immer weiter vornüber, bis ich nur noch das Gewässer unter mir sah. Ich musste nur noch loslassen und ich würde hinunterstürzen in das liebliche Nass, dass meinen Tod empfing. Mit lachenden Wellen rief mich der starke Fluss, lud mich ein in seiner Tiefe zu schmelzen und ich erkannte meine Sehnsucht. Dies also war mein ende. So sollte alles aufhören; mitgerissen von den erbarmungslosen Fluten würde ich den Freitod erwarten. Würde es wohl schmerzhaft und beängstigend sein oder, meiner Hoffnung entsprechend, endlich das glücklichste aller Abenteuer darstellen? Da wurde mir klar, dass es vollkommen gleichgültig wäre, da mein Körper schon genug Schmerzen erlitten hatte und das Glück würde sicherlich eintreten, endlich! Der Wind peitschte mir um die Ohren, der nasse Duft der Seine kitzelte meinen Gaumen, mein Rücken begann zu brennen unter der unnatürlichen Haltung, aber ich harrte weiter aus, zögerte den Moment hinaus, der alles beenden würde und kostete jede Sekunde vor dem vernichtenden Fall voll und ganz aus. Da ließ ich plötzlich los! Wasser und Wind, beides kreuzte meinen Fall. Wie in Zeitlupe, so glaubte ich, bewegte sich mein Körper vornüber und trat seine lange, aber ewige Reise in die erwartungsvolle andere Welt an. Mein Atem setzte aus, meine Augen versagten ihren Dienst. Das Rauschen, es wurde immer lauter und drängender. Ich glaubte das Ziel meiner Sehnsucht erreicht zu haben, aber ein starker Arm packte mich von hinten. Mein freier Fall in Richtung Unendlichkeit änderte seine Richtung. Als ich die Augen aufschlug entfernte sich der Boden und das All näherte sich meinen Sinnen. War dies der Flug meiner Seele in das Himmelsreich? Wo war der Aufprall gewesen oder hatte ich ihn durch mein Sterben gar verpasst? Ich suchte nach einer Antwort, während ich immer höher emporstieg. Ein Engel geleitete mich auf dem geheimnisvollen Weg. Plötzlich fuhr ein Schmerz durch meinen ganzen Körper; mein Hals brannte und ich spürte, dass mein Blutkreislauf nicht mehr seinen gewöhnlichen Fluss tat, sonder an einer Wunde am Hals unterbrochen wurde. Sonderbar war nur, dass ich nicht das Gefühl hatte, als würde ich bluten. Und wie konnte ich ein körperliches Empfinden haben, da ich doch dachte ich sei gestorben und nur noch als Seele auf der letzten Reise? Ich erlitt einen Schock. Mein Herz raste und pumpte immer mehr Blut in die Wunde. Ich war betäubt, nichts als unerklärliche Angst jagte meine Gefühle. Und dann lag ich auf dem Boden, entlassen aus dem festen Griff, unterbrochen war meine sehnsuchtsvolle Reise; zurück auf dem Erdboden verlor ich das Bewusstsein und stürzte in das schwarz des Vergessens. Hosted by Animexx e.V. 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