Son of Ra von Autumn (YamixBakura) ================================================================================ Kapitel 1: Das Auge der Kobra ----------------------------- Jetzt hab ich zig andere Storys, die ich noch lange nicht beendet habe, und trotzdem fange ich eine neue an....*Kopf schüttel* Ich bin total übergeschnappt! Bakura: "Allerdings....wie kommst du dazu, eine FF über mich und den blöden Pharao zu schreiben?!?!" Yami: "Das würde mich auch interessieren - ich und dieser geistig minderbemittelte Vollidiot?!?!" Bakura: "Wen nennst du hier einen Vollidioten?!?!" Aber, aber, Jungs, nur keine Aufregung! *drop* Ich mag euch beide zusammen nun mal unheimlich gern, und da das noch andere tun, habe ich beschlossen, eine Geschichte zu verfassen! Also, viel Spaß beim Lesen! Kapitel 1: Das Auge der Kobra Das Museum von Domino City war ein großes und altehrwürdiges Gebäude aus grauen Steinen und einem Säulenportal, unter dessen steingewordener Majestät sich die neuen Besucher sehr klein vorkamen. Yugi sah beeindruckt bis hinauf zum Torbogen, auf dem antike Verzierungen angebracht waren und sein Blick glitt über die Menschenmenge hinweg, die sich ins Innere drängte. Eine berühmte Ausstellung mit uralten ägyptischen Schätzen und Kunstwerken hatte sich in den Räumen des Museums ausgebreitet und lockte zahlende Besucher in die geschichtsträchtigen Mauern, unter anderem auch Yugi, Ryo, Joey, Tristan, Duke und Tea. Die Freunde teilten sich auf, weil jeder die Besichtigung mit einer anderen Abteilung beginnen wollte und so trennte man sich. Tea begutachtete den einstigen Goldschmuck der Frauen, Yugi und Ryo waren bei den Kunstgegenständen und die übrigen Jungs in der Waffenkammer. Der Bunthaarige war überwältigt von der Pracht, die sich ihm darbot und er spürte, dass auch der Pharao davon nicht unberührt war. Der Geist des Millenniumspuzzles erschien neben ihn und meinte: "Es ist schön, dass es solche Ausstellungen gibt. Wenn ich hier bin, habe ich das vage Gefühl, mich wieder an alles erinnern zu können. So viele Jahre liegen hinter mir und doch sind mir nur Bruchstücke aus diesem Leben bekannt, das ich einmal geführt habe. So oft schon habe ich mir gewünscht, ich könnte die Zeit zurückdrehen und erleben, was ich vergessen habe...." "Sei zuversichtlich, Yami. Wir sind so weit gekommen und ich bin ziemlich sicher, dass du dich bald erinnern wirst. Leviathan ist besiegt und die Bedrohung für die Welt abgewendet. Bestimmt wird sich für dich alles aufklären!" "Wenn ich bloß so optimistisch sein könnte wie du...." schmunzelte der Pharao und betrachtete gedankenverloren die vielen Vitrinen, die sie umgaben. ~~ Sohn des Ra! ~~ Abrupt drehte er sich um und fixierte einen der gläsernen Behälter hinter sich. Dieser spezielle stand auf einem Sockel und wurde von extra Lichtquellen bestrahlt. "Was ist los? Stimmt was nicht?" "Hast du....das auch gehört?" "Wovon redest du?" "Diese Stimme, Yugi! Ich bin ganz sicher, sie vernommen zu haben!" "Welche Stimme?" "Du....hast nichts gehört?" Der Kleine schüttelte bedauernd den Kopf und Yami zog die Stirn in Falten, verwirrt und durcheinander. Hatte er sich das nur eingebildet? Aber er hätte schwören können, dass jemand oder etwas zu ihm gesprochen hatte....Er hob den Blick und musterte den Inhalt der erhöht angebrachten Vitrine mit vorsichtiger Neugier. Sie enthielt die goldene Statue einer Kobra in Kampfstellung, die ihren Rachen geöffnet hatte und ihre spitzen Zähne sehen ließ. Das Eigentümliche an ihr war jedoch, dass ihr linkes Auge von einer gezackten Narbe gezeichnet war. Einzig das rechte Auge, das aus einem roten Edelstein gefertigt worden war, schimmerte klar und hell. Was für ein seltsames Stück! ~~ Sohn des Ra! ~~ tönte es erneut, ebenso zischend und bedrohlich wie zuvor. Der Pharao wich zurück und starrte sich an dieser Kobra fest. Träumte er? War es die Schlange, die zu ihm sprach? Aber das war lächerlich, sie war nur ein Gegenstand! Dennoch....wieso hatte er plötzlich das untrügliche Gefühl, als würde das harte rote Auge dieses Tieres ihm folgen? "Ryo ist zu Joey und den anderen gegangen. Kommst du?" ~~ Hütet Euch vor meiner Rache, Sohn des Ra! ~~ Yami hatte schon halb zu seinem Freund aufgeholt, als ihn diese Ankündigung traf wie ein Blitzschlag. Noch einmal wandte er sich um, wie von einer unsichtbaren Kraft dazu gezwungen. Das Herz hämmerte ihm wild in der Brust und mit einem Mal - er konnte selbst nicht erklären, woher - stiegen eine solche Furcht und eine solche Abscheu in ihm hoch, dass ihm der Schweiß ausbrach. Das Auge der Kobra schien sich in seine Seele zu brennen und er empfand ihren Gesichtsausdruck mehr als boshaft. Die dumpfe Übelkeit breitete sich in ihm aus wie eine Krankheit und die Knie wurden ihm schwach. In seinem Inneren drehte sich alles, verzerrte Bilder seiner Vergangenheit tauchten vor ihm auf, verschwammen miteinander und lösten sich wieder auf; Flammen und Blitze, fahles Licht, das auf ein Maul mit erschreckenden Zähnen fiel, Blut und Angst drangen auf ihn ein und schnürten ihm die Luft ab. Yami kämpfte gegen die unbarmherzige Macht an, die in ihm wütete, doch sein Aufbegehren dauerte nur kurze Zeit. Dann wurde es dunkel um ihn. Er blinzelte. Das grelle Licht der Deckenlampe blendete ihn und schmerzte ihn in den Augen. Er richtete sich mühsam auf und erkannte, dass er in Yugis Bett lag. Auf dem Nachtkästchen stand ein Tablett mit Milch und Keksen. Yami seufzte in komischer Verzweiflung, als sein Partner zur Tür hereinkam. "Ah, du bist wieder aufgewacht! Ich habe mir schon Sorgen gemacht!" "Was ist passiert?" "Du bist im Museum zusammengebrochen. Als du umgekippt bist, hat das Puzzle plötzlich zu leuchten begonnen und seitdem....bist du so!" "Bin ich wie?" "Na, so....echt!" Der Pharao blickte an sich herunter und er stieß einen verblüfften Ausruf aus. Ungläubig berührte er seine Arme, seinen Oberkörper, seine Beine, sein Haar. Zögernd griff er nach einem der Kekse. Vorhin hatte er noch geseufzt, weil er in seinem Zustand als Geist nichts essen konnte, aber er hatte dabei übersehen, dass er in durchsichtiger Seelenform auch schlecht in einem Bett liegen konnte. Behutsam biss er ab, kaute und schluckte. "Schmeckt gut...." sagte er erstaunt, als könne er nicht fassen, was geschehen war. "Ich....ich verstehe das nicht. Wo kommt dieser reale Körper her?" "Das fragst du mich???" "Es ist so lange her, dass ich etwas gegessen und geschmeckt habe....oder den Stoff von Laken und ihre Wärme auf meiner Haut spürte....Aber ich begreife nicht, wie so etwas möglich ist! Das Millenniumspuzzle hat reagiert, sagst du?" "Genau! Es hat dich mit gleißendem Licht überzogen und kaum war es verschwunden, lagst du vor mir, lebending, menschlich, sichtbar für alle....Was war los?" Der Pharao antwortete nicht sofort. Er aß den Keks auf und nahm einen tiefen Schluck Milch. Wie gut das tat, nach all den Jahren! Dennoch - weshalb so plötzlich? Hing es mit dem zusammen, was er zu hören geglaubt hatte? Die Stimme, die ihn "Sohn des Ra" nannte? Oder war der hypnotische Blick der Kobrastatue daran schuld? Oder beides? "Um ehrlich zu sein, ich weiß nicht, was los war. Ich bin immer noch sehr verwirrt....und ich fühle mich nach wie vor eigenartig. Nicht unangenehm, aber irgendwie...." "Vermutlich bist du müde." erklärte Yugi lächelnd. "Ich lasse dir das Puzzle hier, vielleicht findest du heraus, was damit los ist. Ruh dich aus. Ich muss sowieso ins Game Shop runter und Opa beim Verkaufen helfen." Mit einem freundschaftlichen Winken schlüpfte er aus dem Zimmer und verließ sein Alter Ego. Yami sank in die Kissen zurück und grübelte. Müde. Wann war er das letzte Mal müde gewesen? Tatsächlich lag über diesem fleischlichen Körper eine ungewohnte Schwere und er konnte seine Lider gar nicht richtig offenhalten. Ja. Er war wohl müde. Mit einem Achselzucken kuschelte er sich in die Decke und gab sich zum ersten Mal seit fünftausend Jahren einem erholsamen Schlaf hin. ~~ TRAUM ~~ Yami, angetan mit der Kleidung und dem Schmuck eines Pharaos, die Haut gesund und dunkel getönt, wanderte durch einen langen Korridor, dessen Wände mit Fackeln erhellt waren. An seinem Ende erhob sich ein großes, reich verziertes vergoldetes Tor, vor dem zwei grimmig aussehende Wächter Aufstellung bezogen hatten. Als sie ihn sahen, verneigten sie sich vor ihm. Ohne sich wirklich klar darüber zu sein, was er da tat, nahm er sein Millenniumspuzzle und schob es in eine dreieckig geformte Öffnung in der Tür, drehte das Artefakt einmal nach links, zweimal nach rechts und noch einmal nach links, ehe das Tor aufsprang. Dahinter befand sich eine Art Schrein mit einer Götterstatue, zu deren Füßen ein goldener Altar aufgebaut war. Darauf lag, von den Fackeln im Raum in einen feurigen Schimmer getaucht, ein wunderschönes Schwert. Yami wollte danach greifen, als die Flammen plötzlich verloschen und alles um ihn herum finster und schwarz wurde. Wie aus dem Nichts erschien vor ihm die Statue aus dem Museum und betrachtete ihn misstrauisch mit ihrem roten Juwelenauge. Dann schmolz ihre Gestalt dahin, zu einer Pfütze, und aus dieser Pfütze stieg eine Kreatur, die zwar den Körper eines Menschen besass, aber sie hatte einen langen Schwanz, geschuppte Arme und Beine und einen Schlangenkopf. "Erinnert Ihr Euch an mich, Sohn des Ra?" zischte das Geschöpf und er erkannte die furchteinflößende Stimme aus dem Museum wieder. "Wer bist du? Und was willst du von mir?" "Oh, habt Ihr mich bereits vergessen? Und dass, nachdem ich doch wahrhaftig alles getan habe, um Euch in schlechter Erinnerung zu bleiben, Eure Nichtswürdigkeit von einem König! Aber lasst Euch gesagt sein, diesmal werde ich Euch kriegen und mir Euer Blut und Eure Macht holen! Und dann wird endlich der einzig wahre Herrscher Ägyptens über Euer verachtenswertes Haus triumphieren! Ich hatte Euch gewarnt! Hütet Euch vor meiner Rache, Sohn des Ra!" ~~ ENDE DES TRAUMS ~~ Der Bunthaarige schreckte auf, verstört und von einem unerklärlichen Entsetzen geschüttelt. Wer war dieses schlagengesichtige Wesen? Warum bedrohte es ihn? Und weshalb bezeichnete es ihn ständig als "Sohn des Ra"? Und dieses Schwert, das er gesehen hatte....was hatte es damit auf sich? Er ergriff das Puzzle, das Yugi ihm dagelassen hatte und fragte sich, aus welchem Grund es ihm einen echten Körper verliehen haben mochte. Während er es berührte und abtastete, darauf lauernd, ob es wohl noch einmal reagieren würde, spürte er etwas, das er zuvor, im geisterhaften Zustand, nie wahrgenommen hatte - eine negative Präsenz. Irgendetwas - oder irgend jemand! - steckte in dem Artefakt und störte sein inneres Gleichgewicht. Was konnte das sein? Er wusste es noch nicht, doch es handelte sich bei dieser dunklen Präsenz um keinen geringeren als Bakura, den ehemaligen Grabräuber. Und der Dieb war mehr als ungehalten, weil er mittlerweile seit zwei geschlagenen Stunden im Inneren des Puzzles umherirrte, kaum dass er wahrgenommen hatte, dass die bisher stets gegenwärtige Aura der Seele des Pharaos verschwunden war. Er hatte keine Ahnung, was geschehen war und dass sein Erzfeind sich offenbar einfach in Luft aufgelöst hatte, bevor er seine Rache hatte vollziehen können, machte ihn rasend. Der Weißhaarige lief zum x-ten Mal an ein und derselben Ecke vorbei, registrierte dies und fluchte vernehmbar. Er hockte sich missmutig auf den Boden und streckte die Beine aus. >>Wo zum Teufel ist dieser verfluchte Pharao hin?! Wie kann seine Aura einfach so verschwinden, als hätte es sie nie gegeben?! Er hat gefälligst nicht abzuhauen, solange ich keine Vergeltung geübt und mir seine Macht geholt habe!! Was bildet er sich ein?!<< ~~ Pharao! ~~ "Wer ist da?!" Der Dieb stand geschwind auf und blickte sich suchend um. Aber alles, was ihn umgab, waren die trostlosen Felsen dieser verschütteten Erinnerungswelt, deren Wege endlos ins Nirgendwo führten. Die Stimme, singend und sanft, kam offenbar von einer Frau und ihre Rufe wurden immer eindringlicher. Bakura folgte ihrem Klang und gelangte schließlich in eine Halle, die von einem matten Licht erfüllt war. Auf einem Thron sass eine wunderschöne ägyptische Frau mit betörend schwarzen Haaren und einer Straußenfeder auf dem Kopf. In abergläubischer Scheu zuckte er zurück. Ihm mochte nichts heilig sein, aber er erkannte dennoch eine Göttin, wenn er ihr gegenübertrat. ~~ Komm näher, Aton. ~~ Der Grabräuber schluckte verstört. Wie lange war es her, dass er mit seinem ägyptischen Namen angesprochen worden war? Er machte einige zögerliche Schritte auf die Gestalt zu und sank automatisch in die Knie, eine Geste, zu der er sich sonst nie herab gelassen hätte. ~~ Du bist hier, Bandit? Wo ist der Pharao? ~~ "Verzeiht, aber das weiß ich nicht. Er ist plötzlich verschwunden." ~~ Dann hat die Macht des Millenniumspuzzles meinem Einschreiten bereits vorgegriffen. Gut so. Aber auch deine Dienste werden wir brauchen. ~~ "Meine....Dienste? Was soll das heißen?" ~~ Ahnst du, wer ich bin, Dieb? ~~ Er deutete auf die Straußenfeder und sagte: "Dieser Kopfschmuck ist Euer Attribut. Ihr seid Maat, die Göttin der Wahrheit und Gerechtigkeit." ~~ Du hast mich also nicht vergessen, mein fehlgeleiteter Schüler. Es besteht noch Hoffnung, denn schon bald wird sich eine große Gefahr für die Erde erheben. Und wenn du nicht den Platz an der Seite des Pharaos einnimmst, der dir einst vom Schicksal bestimmt war, könnte das seinen Sieg bedeuten. ~~ "Seinen Sieg? Wessen Sieg? Und was meint Ihr mit ,fehlgeleiteter Schüler'? Und weshalb sollte ich mich auf die Seite dieses verfluchten Möchtegern-Pharaos stellen?!" Maat betrachtete den erbosten und verwirrten Weißhaarigen mit ernster Miene. Wie sie es befürchtet hatte, der unselige Hass von damals, der niemals hätte entstehen dürfen, schwelte noch immer in diesem stolzen Herzen - und barg ein gefährliches Risiko, denn wenn sie die Schlange vernichten wollten, mussten der Sohn des Ra und sein Beschützer einander vertrauen. ~~ Bald werdet ihr alles erfahren. Nun aber, Aton, kehre in die Welt der Sterblichen zurück und bring mich zum Pharao! Er muss erfahren, welche Bedrohung aus den Tiefen des Reichs der Schatten zurückgekehrt ist! ~~ Damit schmolz ihre majestätische Erscheinung dahin und sie wurde zu einer Lichtkugel mittlerer Größe. Sie flog auf Bakuras Brust zu und tauchte alles in ihr verzehrendes Strahlen. Indessen hatte Yami die Kekse aufgegessen, das Artefakt nach wie vor in der Hand. Das Gebäck schmeckte überraschend vielfältig, vielleicht auch nur, weil er solange schon nichts mehr zu sich genommen hatte. In seiner Seelenform war das ja auch gar nicht nötig gewesen. Auf einmal pulsierte das Puzzle und ein gleißender Blitz explodierte mitten im Zimmer. Der Bunthaarige sprang aus dem Bett und wollte schon Alarm schlagen, als Maat sich vor ihm materialisierte, neben ihr Bakura. "Du!" stieß Yami angewidert hervor und der Grabräuber musterte ihn verächtlich. "Wie ist es möglich, dass du aus meinem Puzzle herauskommst? Natürlich - die negative Präsenz! Das warst du!!" "Bist du auch endlich dahinter gekommen, du Volltrottel?! Ich habe bereits vor einer geraumen Weile einen Teil meines Bewusstseins in diesem Gegenstand versiegelt! Als ich im Duell gegen Malik verlor, transferierte sich mein Ich komplett in dein Puzzle! Und du hast es wirklich die ganze Zeit nicht gemerkt? Das ist vielleicht ein Armutszeugnis, Eure Königliche Blödheit! Was ist überhaupt mit dir? Du siehst so anders aus....Bei Isis, dein Körper! Er ist....echt! Du hast einen Körper aus Fleisch und Blut! Wieso?!" ~~ Genug jetzt! ~~ Yami wandte sich zu der herrlichen Stimme um und versank mechanisch in einer Reverenz, als er die schöne Frau erblickte. Er spürte instinktiv, dass die Energie um sie herum heiligen Ursprungs war und erkannte erstaunt und verblüfft, dass es sich bei ihr um eine Göttin handeln musste. ~~ Erhebt Euch, Sohn des Ra! Ihr müsst Euer Haupt vor niemandem beugen! ~~ Der Dieb schnaufte verärgert durch die Nase. Wer war dieser dumme Wicht schon, dass ihm so viel Ehre zuteil wurde?! Was hatte er denn geleistet?! Und was zum Teufel ging hier eigentlich vor?! Warum hatte dieser dämliche Pharao plötzlich einen eigenen Körper? Weshalb war Maat aufgetaucht und warum hatte er sie unbedingt begleiten müssen? ~~ Nur Geduld, Aton. ~~ erwiderte die Göttin mit einem rätselhaften Lächeln, nachdem sie seine Gedanken gelesen hatte. ~~ Du wirst deine Antworten erhalten - jetzt. ~~ Zu "Aton": Das ist der ägyptische Name, den ich bereits in meiner FF "My Beloved Enemy" für Bakura ausgesucht habe. Ich habe mich so daran gewöhnt, dass ich diesen Namen auch verwende. Kapitel 2: Die Namen eines Pharaos ---------------------------------- Hier ist das neue Kapitel! Jaja, die arme Menschheit....bei dem Rettungsteam kann man nur schwarz sehen! *gg* In diesem Teil sind die beiden mal wieder ein Herz und eine Seele! (IRONIE!!) Viel Spaß!^^ Kapitel 2: Die Namen eines Pharaos Erwartungsvoll betrachtete Yami die Göttin Maat. Sie kannte nicht nur ihn, sondern offenbar auch den Grabräuber, denn sie hatte ihn mit einem ihm völlig fremden Namen angesprochen. "Aton" - hieß Bakura so in Wirklichkeit? ~~ Bevor ich Euch erkläre, weshalb ich die Welt der Götter verlassen habe, ist noch etwas Wichtiges zu erledigen. Komm her zu mir, Dieb! ~~ Der Weißhaarige zog skeptisch eine Braue nach oben, bequemte sich aber zu ihr hinüber. Sie war nun mal eine Göttin und wenn er auch in der Regel dafür lebte, sich allem und jedem zu widersetzen, so wagte er es in diesem Fall nicht. Sie ergriff seine Hand und murmelte alte Beschwörungsformeln vor sich hin. Während sie das tat, floss ein Lichtstrom über sie hinweg bis hin zu Bakura und breitete sich komplett über ihm aus. Als sie ihn wieder losließ, sah er überrumpelt an sich hinunter und schnappte nach Luft. "Mein Körper....! Ihr habt mir einen eigenen Körper gegeben! Aber wieso?!" "Das würde mich auch interessieren! Der Kerl ist schon als Geist eine schreckliche Plage!" "Wer selbst im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen schmeißen!" "Im Gegensatz zu dir brauche ich wenigstens keinen Arzt, der mich darauf untersuchen muss, ob ich bei Verstand bin!" "Nein, du brauchst natürlich keinen Arzt, du gehörst sowieso in die geschlossene Abteilung!" "Wenn hier einer wegen debilem Gehirn und Mörderpsychose im fortgeschrittenen Stadium in die Geschlossene muss, dann bist das ja wohl du!" "Halt doch einfach deine blöde Klappe, Pharao!!" "Warum hältst du die deine nicht einfach, dann wären wir alle glücklich!" "Glücklich werde ich erst sein, wenn du nie wieder auch nur ein Wort herauswürgst!" "Den Gefallen werde ich dir bestimmt nicht tun! Wenn ich nicht mehr mit dir rede, wie willst du dann jemals einen halbwegs intelligenten Wortschatz aufbauen?!" "Mein Wortschatz ist hundert Mal so intelligent wie deiner!" "Kunststück, wenn man unter ,intelligent' die Gehirnmasse einer Ameise versteht!!" "Das Gehirn einer Ameise ist dem einer Amöbe wie du eine bist zweifellos überlegen!!" "Oho, da habe ich wohl einen wunden Punkt getroffen?!" "Das einzige, was du triffst, ist mein letzter Nerv, du Idiot!! Als wenn deine kläglichen Beleidigungen mich irgendwie berühren könnten!!" "So?! Na, wenn dir so scheißegal ist, was ich dir an den Kopf werfe, warum springst du dann immer so schön darauf an?!" "Man springt auch auf ein Baby an, das brüllt sobald es die Hosen voll hat!! Es ist einfach eine Wonne, mit anzusehen, wie du winselst, wenn ich dich an die Wand argumentiere!" "Die Hosen voll, ja? Das ist doch ein Dauerzustand bei dir, wenn du dich mit mir anlegst! Außerdem winselt hier nur einer, und zwar du, sobald ich dich wie eine Fliege zerquetscht habe! Du bist der Mühe im Grunde kaum wert, aber als Übung...." "Sieh an, der allmächtige Pharao muss erst einmal üben, bevor er sich an mich herantraut! Nicht, dass das neu wäre! Bei deiner hässlichen Visage hätte ich auch Angst, irgendwem unter die Augen zu kommen!" "Ach, deswegen gehst du so selten unter Leute? Du willst ihnen nicht deine grässliche Fratze zumuten? Aber warum sprichst du von dir in der zweiten Person?" "Ich meinte dich, du Schwachkopf! Aber es war ja zu erwarten, dass du das nicht kapierst!" "Du hast recht. Diese Anspielung war dermaßen niveaulos und unkreativ, ich konnte sie nicht verstehen! Ich bin eben nicht dafür geschaffen, mich mit Kleingeistern wie dir abzugeben!" "Hör mal zu, Stachelschädel....!" "Hast du irgendein Problem, Wischmopp?!" "Ja, dich!!" Maat war sprachlos. Als der Streit anfing, hatte sie angenommen, es würde vielleicht eine kleine Diskussion daraus werden, aber das hier war das reinste Zank-Turnier. Noch nie zuvor hatte sie zwei Menschen gesehen, die sich mit solch einem Feuer verachteten und angifteten wie es der Pharao und der Grabräuber taten. Wenn man die beiden eine Weile beobachtete, konnte man fast den Eindruck gewinnen, es würde ihnen Spaß machen.... ~~ Nun ist aber Schluss!!! ~~ entschied sie schließlich energisch. Yami und Bakura musterten sich abschätzend, gehorchten aber der Göttin und verstummten, nicht ohne sich gegenseitig beleidigt den Rücken zuzuwenden. ~~ Ich schätze, dass es euch nicht gefallen wird, aber ihr werdet zusammenarbeiten müssen, wenn die Welt gerettet werden soll. ~~ "Und weshalb sollte ich die Welt retten wollen?!" "Weil du zufälligerweise auch auf ihr lebst, Grabräuber!! Ein bisschen Verantwortungsgefühl hat noch keinem geschadet!!" "Ha, du weißt ja noch nicht einmal, wie man ,Verantwortung' überhaupt schreibt!!" "Ich kann zumindest schreiben, im Gegensatz zu dir!!" ~~ ENDE DER DEBATTE!!! Das ist nicht der richtige Zeitpunkt!! Lasst mich Euch erklären, weshalb Eure Hilfe vonnöten ist, Sohn des Ra: Der Schlangendämon Apophis ist aus dem Reich der Schatten zurückgekehrt, um sich diesen Planeten Untertan zu machen und sich an Euch zu rächen! ~~ "Noch einer, der auf Rache aus ist? Sieh an, ein Kollege von mir! Vielleicht sollte ich mich mit ihm zusammenschließen und...." "Du glaubst wirklich, ein mächtiger Dämon wie Apophis könnte einen minderwertigen, armseligen Dieb wie dich gebrauchen? Sei nicht albern!" "Wenn nennst du hier armselig, Pharao?!" ~~ HÖRT AUF, ALLE BEIDE!!! Aton, ich muss dich enttäuschen, Apophis dürfte keinerlei Interesse daran haben, mit dir zusammenzuarbeiten, er wünscht nämlich auch deinen Tod. ~~ "WAS?! Warum?! Ich habe ihm doch gar nichts getan! Von mir aus kann er diesem wandelnden Igelkopf die Haut abziehen, aber mich soll er gefälligst in Ruhe lassen! Ich habe mit der glorreichen Errettung der Welt nichts zu tun, das ist der Job von diesem königlichen Helden-Verschnitt mit Frisurproblem! Bei allem Respekt, Maat, aber haltet mich da raus, ja? Ich kann Schlangen nicht ausstehen!" "Ach nein? Und dabei bist du selbst eine - kriechend, schleimig und giftig!" "Es ist unter meiner Würde, darauf zu antworten, du Stück Abschaum mit adeliger Abstammung! Deine eigene Verwandtschaft findest du unter den Würmern!" ~~ Könntet ihr das jetzt bitte lassen?! Eure Streitereien kosten uns wertvolle Zeit! Lasst mich endlich ausreden! Damals, vor fünftausend Jahren, habt Ihr, mein Pharao, die Machtübernahme von Apophis verhindert, indem Ihr ihn ins Reich der Schatten verbanntet. Dies gelang Euch mit Hilfe des Sonnenschwertes, einer magischen Waffe, die wie die sieben Millenniums-Gegenstände zum Kronschatz Eurer Familie gehörte. Jetzt ist der Dämon zurückgekehrt - und er hat bereits Verbindung zu Euch aufgenommen, nicht wahr? ~~ "Ihr meint die Kobrastatue? Ja, sie schien mit mir zu sprechen. Sie sah ein wenig absonderlich aus und hatte eine Narbe über dem linken Auge." ~~ Diese Statue zeigt Apophis in seiner ursprünglichen Schlangenform, aber er kann auch eine menschenähnliche Gestalt annehmen. Als er in Euren Geist eindrang, hat das Millenniumspuzzle Euch einen echten Körper verliehen, damit Ihr für die Aufgabe gerüstet seid, die Euch bevorsteht. So war es von mir vorgesehen, als ich Euer persönliches Artefakt mit diesem speziellen Zauber der Wiedergeburt belegte. ~~ "Dann schulde ich also Euch den Dank für meinen eigenen Körper. Eines begreife ich allerdings nicht....wenn Apophis eine so große Gefahr darstellt, warum habe ich ihn dann nicht gleich getötet, anstatt ihn nur ins Reich der Schatten zu verbannen?" "Da hat diese Ratte nicht unrecht", warf Bakura ein und verschränkte die Arme. "Natürlich, er war schon damals als echter Pharao ein Schwachkopf, aber dermaßen dämlich kann nicht einmal er sein! Weshalb hat er der Schlange nicht sofort den Garaus gemacht?" "Das mit dem ,dämlich' merke ich mir....und bezeichne mich nicht als Ratte, du Mistkerl!" "Es tut mir unendlich leid, aber was Netteres ist mir nicht eingefallen!" "Dass dir bei deinem mageren Verstand nicht mehr einfällt, wundert mich gar nicht!" ~~ Ihr konntet Apophis nicht töten, dafür war die Kraft des Sonnenschwertes nicht stark genug. Ihr hättet seinen Zauber mit dem des Mondschwertes vereinen müssen, seinem Gegenstück. ~~ "Ach was? Und warum hat er das nicht getan? Hatte er vergessen, die Gebrauchsanweisung für die beiden Schwerter zu lesen? Oh halt mal, du kannst vermutlich gar nicht lesen, oder, Yami?" "Und das sagt mir ausgerechnet ein Analphabet! Entschuldige, wenn ich nicht lache!" "WER IST HIER EIN ANALPHABET?!?!" Maat stieß einen Seufzer aus, konnte sich aber dennoch eines Schmunzelns nicht erwehren. Wahrhaftig, den beiden würde etwas fehlen, wenn sie nicht die Möglichkeit hatten, sich an die Kehle zu springen....Ein weiteres Lächeln huschte über ihr schönes Gesicht. ~~ Das Mondschwert war aus dem Kronschatz gestohlen worden. ~~ "Gestohlen? Einen Moment mal....soll das heißen, dieser verflixte Bastard ist schuld daran, dass uns Apophis in diesem Leben wieder unter die Augen kommt?! Na wunderbar, das hast du ja wieder fabelhaft hingekriegt! Denkst du eigentlich jemals, bevor du handelst?" "Ich erinnere mich nicht an ein solches Schwert! Wenn ich nichts mehr darüber weiß, kann nicht ich es gestohlen haben!" "Soll ich dir eventuell mit meiner Faust die Erinnerung in dein mickriges Gehirn zurückklopfen? Wer außer dir könnte es denn entwendet haben?" "Was fragst du mich?! Sehe ich aus wie ein Hellseher?!" "Nein, wie ein Geisteskranker, aber das tut nichts zur Sache. Wenn ich Euch recht verstehe, ehrenwerte Maat, erwartet Ihr von mir, dass ich das Sonnen- und das Mondschwert finde, ihre Kräfte vereine und Apophis vernichte, ehe er die Weltherrschaft ergreift. Richtig?" ~~ Genau das, Sohn des Ra. ~~ "Hört zu, ich verstehe durchaus, dass er sich für seine einstige Niederlage und seine Verbannung an mir rächen möchte...." "....Ich hege auch großes Verständnis für ihn. Ich verstehe überhaupt alle, die dich umbringen möchten! Ich kann es ihm ja so nachfühlen!" "....Wo war ich stehen geblieben, bevor dieser weißhaarige Missgriff der Natur mich unterbrach? Ach ja, richtig - warum lässt er die ganze Angelegenheit nicht auf sich beruhen? Ich habe es satt, ständig in diese Kämpfe um die Rettung der Erde hineingezogen zu werden!" ~~ Ich begreife Eure Verbitterung darüber, aber Ihr könnt diesem Teil Eurer Vergangenheit nicht den Rücken kehren. Es geht hier nicht nur darum, die Welt zu schützen, sondern auch Euch selbst, denn Apophis würde Euch lieber heute als morgen tot sehen. ~~ "Ich sagte ja schon, dass der Kerl und ich eine Menge gemeinsam haben...." "Halt den Mund, wenn du nichts Vernünftiges von dir geben kannst!! Maat, ist sein Hass auf mich von solcher Intensität? Nur wegen seiner Verbannung?" "Klar, das Reich der Schatten ist ja auch nur in etwa vergleichbar mit der Hölle, warum sollte er es dir übel nehmen, dass du ihn da reingeschickt hast?" "Deine blöden Kommentare sind schlimmer als das Reich der Schatten, darauf kannst du wetten!!" ~~ Mein Pharao, es ist nicht bloß seine Niederlage Euch gegenüber und die Strafe, die Ihr ihm auferlegt habt. Solange Ihr lebt, wird die Macht von Apophis' Erzfeind unantastbar für ihn bleiben und er wird niemals gegen ihn gewinnen können. ~~ "Der Schlangendämon hat einen Erzfeind? Wen?" ~~ Den Gott aller Götter: Ra, die Sonne. ~~ Yami blinzelte verwirrt. Was hatte er mit dieser alten Fehde zu schaffen? Durch den Geschichtsunterricht in Yugis Schule, dem er ja bisher gezwungenermaßen hatte beiwohnen müssen, weil er ja in dem Puzzle gefangen war, wusste er, dass man Apophis nachsagte, er würde jeden Abend und jeden Morgen Ras Sonnenbarke bedrohen. Aber das hatte doch mit ihm....Augenblick. Es sei denn....Erschrockene Erkenntnis breitete sich über seinen edlen Zügen aus, als ihm die Verbindung klar wurde. Maat nickte schwermütig. ~~ Ich sehe an Euren Augen, dass Ihr die korrekten Überlegungen angestellt habt. Ja. Ihr seid der letzte noch lebende Pharao auf dieser Welt....und wie bei allen Pharaonen ist der Sonnengott Ra Euer Urvater. Ihr müsst wissen, dass das Wort ,Pharao' zu keiner Zeit Teil des Titels oder des offiziellen Namens des Königs war. Erst im frühen ersten Jahrtausend der heutigen Zeitrechnung bekam der Begriff die Bedeutung, unter der er den meisten bekannt ist. Tatsächlich heißt das hebräische Wort ,par-o', von dem sich Pharao ableitet, einfach ,großes Haus' und meint den Palast des Herrschers. Jeder Monarch gab sich fünf verschiedene Namen, die in unabänderlicher Weise aufeinander folgten. Der erste war der ,Name des Horus': Als Inkarnation des falkenköpfigen Gottes war es sich der König schuldig, diesen vor allen anderen zu ehren. Dann kam der ,Name der Nebty': Dieses Wort bedeutet in etwa ,die zwei Gebieterinnen' und bezeugte den Willen des Pharao, sich dem Schutz der zwei Göttinnen Nechbet (Oberägypten) und Uto (Unterägypten) zu empfehlen. Schließlich der ,Name des Goldenen Horus', der eine Verschmelzung des Horus mit der Sonnenscheibe symbolisiert, denn der König wollte sich mit der Sonne identifizieren. Der vierte Name, der ,Name des Nesutbiti', war wieder der Einheit von Ober- und Unterägypten gewidmet. ,Sut', das Schilfrohr, repräsentierte den Süden des Landes, ,Bit', die Biene, war das Symbol der Stadt Buto, die im Nildelta liegt. Diesen Namen, der schließlich als eine Art Vorname angesehen und auf offiziellen Inschriften deutlich hervorgehoben wurde, wählte der Pharao bei seiner Thronbesteigung. Der fünfte Name wurde regelmäßig mit der Bezeichnung ,Sohn des Ra' eingeleitet, und seine Aufgabe bestand darin, die Verbindung des Herrschers mit dem Gott aus Heliopolis zu manifestieren. Es handelte sich dabei, wenn man so will, um den wahren Namen des Königs, seinen Geburtsnamen, der ihn mit einer bestimmten Gottheit verband. Ihr seht also, dass die Benennung als ,Sohn des Ra' nicht grundlos von Apophis benutzt wird. Als ehemaliger König Ägyptens seid Ihr im 21. Jahrhundert der letzte existierende Erbe des Sonnengottes, Ihr entstammt dem ,Herrscherhaus des Ra'. Und deswegen trachtet der Dämon Euch nach dem Leben, denn Ihr tragt einen Teil von Ras Macht in Euch, da Ihr sein Vertreter auf Erden seid. Ihr müsst gegen Apophis kämpfen - ob Ihr wollt oder nicht! ~~ Der Bunthaarige zuckte unter dem harten Ton ihrer Stimme zusammen. Er ahnte, dass er sich nicht weigern konnte. Seine Vergangenheit, sein Erbe hatten ihm diese Pflicht auferlegt und er konnte sie entweder akzeptieren oder vor ihr davonlaufen. Aber auch wenn er durch seine Wiedererweckung nach fünftausend Jahren vieles von dem verloren hatte, was ihn als Person einmal ausgemacht hatte, verfügte er noch immer über den Willen und den Stolz eines wahren Königs. Eigenschaften, die es ihm nicht gestatteten, vor einer Herausforderung zu fliehen, egal, wie gefährlich, schwierig oder risikoreich sie sein mochte. Er schluckte seine aufkeimende Angst hinunter und sah der Göttin fest und entschlossen in die Augen. "Wenn es keinen anderen Weg gibt, um die Welt zu retten und die Menschen zu schützen, die mir wichtig sind, so will ich alles tun, um Apophis zu besiegen. Wo soll ich mit der Suche nach den zwei Schwertern beginnen, die ihn töten können?" ~~ In der Wüste. ~~ "Ver....Verzeihung?" Bakura grinste boshaft und kicherte: "Ihr müsst mit ihm in ganzen Sätzen reden, sein Spatzenhirn versteht sonst nichts!" "Interessant, Grabräuber. Du sprichst aus eigener Erfahrung, wie ich annehme?" "Wie genau meinst du das?" hakte der Weißhaarige misstrauisch nach, der nicht unbegründet eine weitere Gemeinheit hinter dieser vermeintlichen Zustimmung erwartete. "Na ja, da du selbst ein Spatzenhirn hast, müsstest du es gewohnt sein, dass andere Leute langsam mit dir sprechen!" "Leck mich!!" "Nein danke, ich verzichte. Sehe ich aus, als wäre ich notgeil?" "Darauf habe ich nicht angespielt, du Trottel von einem Trottel!! Dich würde ich nicht einmal im Traum an mein bestes Stück ranlassen!! Allein der Gedanke....ich glaub, mir wird schlecht!" "Wenn dir schlecht ist, häng deine blöde Rübe gefälligst über deinen nächsten weißen Verwandten, aber kotze nicht auf den Teppich!!" "Meinen nächsten weißen Verwandten???" "Ja - die Kloschüssel!!!" "Ein Messer....! Ein Königreich für ein Messer, damit ich ihm endlich die Kehle durchschneiden kann!!" ~~ ES REICHT JETZT, IHR BEIDEN KOMIKER!!!! ~~ stieß Maat hervor und nachdem sie ihre Ruhe wiedererlangt hatte, fuhr sie fort: ~~ Der Tempel, in dem das Sonnenschwert verwahrt wurde, nachdem es Apophis verbannt hatte, liegt im Tal des Unendlichen Himmels. Forscher haben es noch nicht entdeckt, denn wie alle Gebäude, Artefakte oder Dokumente aus Eurer Regierungszeit, die Eure Existenz belegen könnten, ist dieses Tal in Vergessenheit geraten und nie in die Geschichtsschreibung eingegangen. Wäre dies anders, könntet Ihr Euren echten Namen erfahren, indem Ihr in einem Geschichtsbuch nachschlagt, aber leider....Was das Mondschwert betrifft, so werdet Ihr Euch wohl auf Euer Glück verlassen müssen, denn rein theoretisch könnte es überall sein. ~~ "Und Ihr wagt es, mich einen Komiker zu nennen?" ~~ Nun ja.... ~~ "Tja dann, Eure königliche Widerwärtigkeit, viel Spaß beim Weltenretten! Ich verzieh mich und probiere meinen neuen Körper aus! Ein klasse Gefühl, nicht mehr von Ryo abhängig zu sein! Was könnte ich als erstes tun? Vielleicht einen Einbruch? Oder ich terrorisiere ein paar harmlose Fußgänger und schnappe mir ihre Geldbörsen? Oder ich bringe jemanden um die Ecke? Alles sehr verlockend, wenn ich es mir recht überlege...." "....Du bist vollkommen krank, weißt du das? Und sowas wie du nennt mich widerwärtig!" "Wäre dir verabscheuungswürdig lieber gewesen?" "Das einzige, was hier verabscheuungswürdig ist, bist du, Bastard! Obwohl diese Bezeichnung noch viel zu freundlich ist!" "Halt die Schnauze, Igelkopf!!" "Pass auf, dass der Igelkopf dich nicht gleich mit seinen Stacheln sticht, Wischmopp!!" "Wenn ich ein Wischmopp bin, sollte ich diesem Namen alle Ehre machen und mit deinem Gesicht den Boden aufwischen!!" "Benutz lieber deine Haare dazu, sie sind bestens dafür geeignet!!" ~~ Wie ich bereits sagte, Aton, will Apophis auch dich töten. Außerdem ist es dein Schicksal, dem Sohn des Ra bei dieser Mission zur Seite zu stehen. ~~ "Das ist doch wohl nicht Euer Ernst?!?!" "Ich soll mit IHM zusammenarbeiten?!?! Jetzt wird MIR schlecht....!" ~~ Diese Reise, die auf euch zukommt, ist eine Reise eurer Selbstfindung. Ihr beide müsst erkennen, wer ihr einst wirklich gewesen seid. ~~ "Ich weiß, wer ich war! Ein Grabräuber!" ~~ Und was wäre, wenn ich dir erklärte, dass du nie ein Dieb hättest werden sollen? ~~ Bakura zog eine Braue nach oben und musterte die Göttin verwirrt, mit einer Spur von Neugier ob ihrer geheimnisvollen Worte. "Was soll das heißen?" ~~ Es liegt an dir, dies in Erfahrung zu bringen. Für Euch, Sohn des Ra, habe ich noch diese Karte. Sie wird Euch den Weg ins Tal des Unendlichen Himmels weisen. ~~ Maat reichte Yami ein sorgsam zusammengerolltes Pergament, das mit einer golddurchwirkten Kordel verschlossen war. Danach nahm sie die Straußenfeder von ihrem Kopf und beschrieb einen magischen Kreis auf dem Boden des Schlafzimmers. ~~ Tretet hinein und fasst euch an den Händen. ~~ "Muss das unbedingt sein?!?!" kam es zeitgleich aus zwei Kehlen und die Göttin nickte lächelnd. Der Pharao und der Dieb wechselten einen angeekelten Blick, drehten die Köpfe weg und gaben sich einander die Hände, als sie in den leuchtenden Kreis traten. Beide sahen aus, als hätten sie in einen Eimer voller Tierkot greifen müssen. Maat murmelte eine Beschwörungsformel und eine Art Lichtwirbel baute sich um Bakura und Yami herum auf. ~~ Denkt daran: In der Wüste habt ihr nur gemeinsam eine Chance! Es wird nicht lange dauern, bis Apophis euch ausfindig gemacht und sich an eure Fersen geheftet hat, denn er wird nicht tatenlos zusehen, während ihr versucht, die Schwerter zu finden, deren Kraft ihn vernichten kann. Er ist grausam und brutal, vergesst das nicht - und er will euer beider Leben. Hütet euch vor seinem Hass! Viel Glück! ~~ Damit löste sich ihre majestätische Erscheinung ins Nichts auf und die zwei Männer verschwanden in einem Lichtblitz, der sie in wenigen Sekunden ungezählte Kilometer von zu Hause fort nach Ägypten brachte. Als der Wirbel sich legte, ließen sie ihre Hände angewidert los und sahen sich um. Die Göttin hatte Wort gehalten....Sanddünen erstreckten sich vor ihren Augen bis zum Horizont, die Sonne stach erbarmungslos auf sie hernieder und ein heißer Wind wehte über sie hinweg. "Ich glaub das einfach nicht...." meinte der Weißhaarige fassungslos und fluchte derb, dass sogar sein unfreiwilliger Begleiter davon rote Ohren bekam. "Was soll diese Scheiße?! Wie kommt sie dazu, uns mitten in die Wüste zu verfrachten, ohne Waffen, ohne Nahrung, ohne Transportmittel, ohne Wasser?! Das einzige, was wir haben, ist eine bescheuerte Karte!! Meinen Ring habe ich nicht mehr....und wo ist dein Puzzle?!" "Das? Das....liegt noch auf dem Nachtkästchen...." "Ich bin mit einem hirnlosen Idioten inmitten einer lebensfeindlichen Umgebung gestrandet!! Was habe ich bloß verbrochen, dass ich so gestraft werde?!" "Ich mache dir eine Liste!!!" "Ach halt doch die Klappe....!" Aber so war ihre Lage: In ihrem Rücken die drohende Gefahr, die Apophis für die Erde bedeutete, die Tatsache, dass er sie verfolgen würde und dass sie sich gemeinsam auf die Suche nach zwei magischen Schwertern begeben mussten, von denen eines irgendwo verschollen war und das andere in einem Tal aufbewahrt wurde, das kein Mensch kannte....wobei Bakura eigentlich nur an dieser Sache beteiligt war, weil der Schlangendämon nicht nur dem Pharao, sondern auch ihm die Kehle durchbeißen wollte, warum auch immer. "Das....ist ein Alptraum. Und ich stecke mitten drin!" "Das ist nicht der richtige Zeitpunkt, um melodramatisch zu werden, Grabräuber! Halte deinen letzten Rest von Verstand beisammen, sonst können wir unsere Mission gleich vergessen!" "Das ist nicht meine verdammte Mission, sondern deine!! Ich habe keinerlei Verbindung zu Apophis, warum also sollte er mich umbringen wollen?!" "Das werden wir wohl herausfinden müssen." erwiderte der Bunthaarige trocken und ignorierte die spitzen Dolche, die Bakuras Augen auf ihn feuerten. Er dröselte die Kordel auf und rollte die Karte auf. "Da drüben ist die Palme, die hier als unser Ausgangspunkt verzeichnet ist. Von dort geht es immer geradeaus, bis wir eine Oase erreichen, die häufig von Karawanen angesteuert wird. Lass uns gehen!" "Ich nehme keine Befehle von dir entgegen, damit das klar ist!!" Yami seufzte genervt. "Von mir aus....wenn Euer Exzellenz sich dazu bequemen könnte, seinen faulen Hintern in die von mir angegebene Richtung zu bewegen, wäre ich ihm äußerst dankbar!" Der unverhohlene Spott troff von jedem einzelnen Wort und der Grabräuber knirschte unheilverkündend mit den Zähnen. Er verschränkte die Arme und zischte: "Ich rühre mich nicht vom Fleck, bevor du mich nicht nett gebeten hast, dir zu folgen!" Er grinste spitzbübisch und der Pharao fand dieses Grinsen abscheulich. Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und würgte heraus: "Würdest du....mich begleiten....bitte?" "Na also, warum nicht gleich so?" lachte der Dieb gönnerhaft und machte ein paar Schritte in Yamis Richtung. Dann blieb er stehen, immer noch grinsend, was mittlerweile stark an den königlichen Nerven zerrte. "Was ist? Hast du das Laufen verlernt?" "Nein. Ich erwarte von dir, dass du mich alle fünf Schritte so freundlich bittest! Das hat nämlich einen gewissen Reiz, musst du wissen!" Eine von Yamis Augenbrauen zuckte verdächtig, als er das hörte. Alarmierend ruhig näherte er sich dem anderen und packte ihn am Kragen seines Hemds, ehe er ihm direkt in die Augen blickte und flüsterte: "Treib es nicht zu weit, Dieb! Es ist nicht empfehlenswert, mich wütend zu machen!" "Wie rührend, du versuchst hart zu sein! Ist ja entzückend! Ich schlotterte vor Angst!" Der ehemalige Herrscher Ägyptens zog sein rechtes Hosenbein nach oben und offenbarte darunter einen Ledergurt mit Scheide, in der ein Dolch steckte. Flink und grazil packte er ihn und hielt dem überrumpelten Bakura die kalte Klinge an den Hals. "Na dann, Grabräuber - fang an zu schlottern!" Das war neu für den Weißhaarigen, dass der Pharao tatsächlich kaltblütig genug war, um jemandem ernsthaft zu drohen. Die violetten Augen schienen ihn förmlich zu durchbohren, so bestechend und stolz waren sie; es waren die Augen eines Mannes, der es gewohnt ist, dass man ihm widerspruchslos gehorcht. Unwillkürlich verspürte er einen Hauch von Angst. "Ist ja gut, reg dich nicht gleich auf! Nimm das Ding da weg, ich komme mit! Ehrlich, musst du dich über alles so künstlich aufregen?" Yami verstaute den kleinen Dolch wieder an seinem Unterschenkel und der Dieb ließ bei dieser Gelegenheit einen bewundernden Blick über die makellose Form des Beines gleiten, zog aber sofort im Anschluss die Stirne kraus. Was interessierten ihn die Beine des Pharaos?! Mürrisch wandte er sich um und sagte: "Also, dann los. Wir haben nun mal keine andere Wahl, als diese dämliche Aufgabe zu Ende zu bringen, was? Und je schneller wir diese Schwerter finden, umso schneller können wir Apophis das Licht ausblasen und unsere unselige Zusammenarbeit ad acta legen!!" "Da hast du ausnahmsweise einmal recht!!" "Ausnahmsweise?!" "Sicher, das ist bei dir ja ein höchst seltenes Phänomen!" "Hör zu: Wenn diese blöde Mission irgendwie funktionieren soll, musst du damit aufhören, so ein verdammter Mistkerl zu sein!" "Wenn du damit aufhörst, ein Arschloch zu sein?" "Das kann ich dir nicht versprechen...." "Gilt in diesem Fall auch für mich." "Du....!" "Ich....?" Yami setzte sein bestes arrogantes Lächeln auf und Bakura fluchte unterdrückt. Er drehte dem anderen den Rücken zu und marschierte los. Das versprach, eine lange, lange Reise zu werden....! Soweit für diesmal - ich würde mich über Kommis freuen! ^______^ Kapitel 3: Von Brunnen und Datteln ---------------------------------- Ja, Baku vs. Yami geht in die dritte Rund! *knuddelt die Kommi-Schreiber, ganz besonder Yakurami* Viel Spaß beim Lesen!^^ Kapitel 3: Von Brunnen und Datteln Die Streitgespräche zwischen Yami und Bakura waren verstummt. Seit mehr als drei Stunden wanderten sie durch glühend heißen Sand unter sengender Sonne, immer nur geradeaus, wie ihre Karte es anzeigte. Der Pharao schritt voraus, hinter ihm der Grabräuber, und beiden rann der Schweiß in Strömen vom Körper herab. "Kannst du nicht mal eine Pause machen, Yami?! Dein Tempo ist unmenschlich! Meine Klamotten kleben an mir, mir hängt die Zunge fast zum Hals raus, weil meine Kehle total ausgedörrt ist und meine Füße kochen schon! Wer weiß, wann wir diese dämliche Oase erreichen, die auf dieser beschissenen Karte verzeichnet ist! Lass uns verschnaufen!" "Und wo, du Genie?! Hier ist nichts! Kein Strauch, keine Palme oder sonst ein Gewächs, das uns Schatten spenden könnte - und zu essen und zu trinken haben wir auch nichts!" "Scheiße....ich frage mich echt, warum zum Teufel uns Maat echte Körper verliehen hat. Diese Körper haben Hunger und Durst, brauchen Nahrung und Wasser und eine Gelegenheit, sich auszuruhen, um keinen Hitzschlag zu kriegen! Hätte sie uns doch als Geister hergeschickt!" "Hör auf mit dem Gejammer! Das müssen wir jetzt durchstehen! Los, weitergeht's!" "Und wohin? Das kann noch Stunden dauern, ehe wir diese Oase gefunden haben! Warum hat Maat uns nicht gleich alles Nötige mitgeschickt?!" "Sie zwingt uns zur Zusammenarbeit. Sie wollte, dass wir beide hundertprozentig aufeinander angewiesen sind - das ist der Grund." Bakura ließ eine weitere Reihe ägyptischer Flüche vom Stapel und blickte sich um. Sie umgab nichts anderes als Sand, Sand und nochmals Sand; über ihnen die gnadenlosen Strahlen der Sonne und ein grausam blauer, wolkenloser Himmel. Der einstige König setzte seinen Weg fort und der Dieb stakste verärgert hinterdrein. Sie konnten doch wenigstens mal anhalten und ein bisschen rasten?! Aber nein, Seine Hochwohlgeboren hatte es ja eilig!! In Gedanken belegte er seinen Begleiter mit den übelsten Schimpfnamen, denn um sie ihm an den Kopf zu werfen, dafür genügte seine Kraft nicht mehr. So wanderten sie weiter durch die flirrende Hitze, gepeinigt von den Bedürfnissen, die ein realer Körper so mit sich brachte. Erschöpfung, Hunger, Durst, schmerzende Gliedmaßen und dergleichen waren seit fünftausend Jahren fremd für sie und umso schwerer fiel es ihnen jetzt, damit fertigzuwerden. Nachdem sie eine vierte Stunde zurückgelegt hatten, hörte der Pharao ein leises Geräusch hinter sich und drehte sich um: Bakura war bewusstlos geworden und lag ausgestreckt auf dem Boden. Yami grübelte vor sich hin. Es schien ihm leichter, den Weißhaarigen einfach hier liegen zu lassen, schließlich würde ihm das seine penetrante Gesellschaft abnehmen und er würde sich nicht ständig mit ihm zanken müssen. Hm. Das wäre äußerst langweilig. Er stolperte zu dem Banditen hinüber und hob den schweißnassen Körper an. Vorsichtig befühlte er die Stirn des anderen und stellte fest, dass er glühte. Was sollte er tun? Bakura brauchte dringend Wasser; das beste wäre, ihn komplett in einem Teich oder etwas ähnlichem zu versenken, aber noch waren sie nicht an der Oase angelangt. Er strich die feuchten weißen Strähnen zurück und betrachtete seinen wenig geschätzten Reisekameraden. Obwohl sein Gesicht die Spuren von Überhitzung trug, war es gelöst und seltsam entspannt, frei von dem Zynismus und der Arglistigkeit, die sonst diese Züge beherrschte. So sah er beinahe....hübsch aus. Yami schüttelte energisch den Kopf. Was war denn das für ein hirnrissiger und verrückter Gedanke?! Außerdem war dazu überhaupt keine Zeit! Er wuchtete sich den Grabräuber auf den Rücken und mit dieser Last marschierte er weiter geradeaus, in der Hoffnung, dass die Oase bald auftauchen möge. Tatsächlich zeigte sich das Schicksal wohlgesonnen, denn nach zehn Minuten ragte vor dem Pharao das langersehnte Ziel auf. Schon fast am Ende seiner eigenen Kräfte aufgrund des fremden Gewichts auf seinen Schultern, erreichte er dieses kleine Paradies inmitten der Wüste. Dattelpalmen warfen Schatten über den Sand und ein tiefer Brunnen versorgte die Mitglieder einer Karawane und ihre Tiere mit dem kostbaren Nass. Yami hielt sich ein wenig abseits, bis auch der letzte Beduine seine Wasserflasche aufgefüllt hatte und näherte sich schließlich dem Brunnen, um erst einmal seinen eigenen Durst zu löschen. Er setzte den ganzen Eimer an die Lippen und trank so viel, wie er vertragen konnte. Dann richtete sich seine Aufmerksamkeit wieder auf Bakura, den er neben sich hingelegt hatte. Sein Körper glühte nach wie vor; er hatte also keine andere Wahl - er musste den Dieb irgendwie hinunter in den Brunnen befördern, damit er sich abkühlen konnte. Er zuckte die Achseln, packte den Weißhaarigen und warf ihn wenig zartfühlend einfach in den Schacht hinunter, bis er ein "Platsch" hörte. Das war zweifellos nicht die feine ägyptische Art, aber er war erstens keine Pflegeschwester und zweitens hatte er nicht die Absicht, irgendwie nett oder besonders umsichtig mit seinem Erzfeind umzugehen....schließlich handelte es sich hier immer noch um Bakura, bewusstlos oder nicht. Danach suchte er die Karawanenleute auf und für die silberne Schnalle seines Hüftgürtels überließen sie ihm einen Korb Datteln (Ich sage jetzt einfach, die ist aus Silber....mit irgendwas muss er ja handeln!). Er begann soeben, ein paar der Früchte genüsslich zu verspeisen, als er deutlich ein Prusten und Plätschern vernahm. Offensichtlich hatte das kalte Wasser seine Schuldigkeit getan. Dem Grabräuber wurde nur langsam bewusst, wo er sich befand, doch als er es begriffen hatte, knallte er erst einmal eine Portion geladener Flüche die steinernen Wände seines nassen Gefängnisses nach oben, an dessen Rand Yami stand und in sich hinein grinste. "Na, endlich wieder bei dir, Bandit?" rief er nach unten. "PHARAO!!! HOL MICH SOFORT HIER RAUS, ABER EIN BISSCHEN PLÖTZLICH!!!! Was mache ich eigentlich hier drin?! Wolltest du mich ertränken?! Du verdammter, hinterhältiger, großkotziger...." "Ich an deiner Stelle würde mir vorher gut überlegen, über wen ich herziehe, denn ich bin derjenige am längeren Hebel, vergiss das nicht! Ich bin der einzige, der dich wieder herausfischen kann, also benimm dich anständig!" "Ist ja gut!" kam es grummelnd, missmutig und tödlichst beleidigt aus dem Schacht und der Meisterduellant ließ den Eimer nach unten sausen. Bakura stemmte seine Beine dagegen und hielt sich an dem Seil fest, zog daran, um dem anderen durch den Ruck verstehen zu geben, dass er bereit war, und der Bunthaarige hievte ihn hoch. Als der Dieb endlich aus den feuchten Tiefen auftauchte, starrte er seinen "Retter" an, als wolle er ihn foltern, erwürgen und vierteilen, und das alles gleichzeitig. Zornig spuckte er dem Pharao ins Gesicht und zischte: "Was hast du dir dabei gedacht, du Bastard?!" Yami wischte sich den Speichel von der Wange und seine Augen schossen Blitze. "Ich schleppe dich bis hierher, anstatt dich in der Sonne vertrocknen zu lassen, und das ist der Dank?! Weißt du was? Du kannst mich mal kreuzweise!!" Damit ließ er das Seil abrupt los und der Dieb segelte rasant und höchst unsanft zurück in den Brunnen. Schimpfend und Wasser ausstoßend, brüllte er seine Empörung heraus, was den anderen jedoch wenig kümmerte. "DAS HAST DU NICHT UMSONST GEMACHT, PHARAO!!!! ZIEH MICH HIER RAUS!!! LOS!!! ODER ICH SCHWÖRE DIR, ICH WERDE DIR BEI DER ERSTBESTEN GELEGENHEIT DIE KEHLE DURCHSCHNEIDEN UND DEINE INNEREIEN AN DIE SCHAKALE VERFÜTTERN!!!!" "Ts, ts, ts, was für raue Manieren du doch hast! Ich werde dich herausholen - wenn du dich dafür entschuldigst, mir ins Gesicht gespuckt zu haben! Ach ja, und wenn du lieb bittest, natürlich!" "DAS IST DOCH WOHL NICHT DEIN ERNST?!?!" "Ich bin nicht taub, Grabräuber! Strapazier deine Stimmbänder nicht so, sonst bringst du keinen einzigen Ton mehr hervor! Das wäre zwar eine wunderbare Abwechslung, aber auf die Dauer würde die Reise doch etwas eintönig." "ICH HASSE DICH!!!!" "Schön, ich dich auch! Wenigstens ein Punkt, in dem wir einer Meinung sind! Was ist jetzt? Willst du dadrin übernachten oder soll ich dir helfen?" "Bevor ich mich bei dir entschuldige, fresse ich lieber Kamelscheiße!!" "Sei nicht so vulgär! Aber gut, wie du meinst....dann dürfte es dich auch nicht interessieren, dass ich den Beduinen, die ebenfalls hier lagern, einen Korb Datteln abgekauft habe." "Datteln? Zum essen?" "Nein, zum Verbuddeln im Sand, damit eine neue Palme daraus wächst! Selbstverständlich zum essen, wie blöd bist du eigentlich?" Zum Beweis biss er in eine der Früchte und verspeiste sie laut schmatzend, was Bakuras leeren Magen zum Rebellieren brachte. Vor seinem geistigen Auge sah er, wie Yami einen Bissen nahm und das dunkle Fruchtfleisch hinter einem Paar sinnlicher Lippen verschwand....Moment! DAS hatte er jetzt NICHT gedacht!! "Sie schmecken köstlich. Möchtest du ein Stück?" "Ich sitze fest!!" "Ach nein? Wie bedauerlich! Tja, dann werde ich sie wohl alleine essen....alle!" "Du wirst mir doch was übrig lassen?!" "Hältst du mich für bescheuert?" "Um ehrlich zu sein: Ja!" "Dann kriegst du auch keine Datteln!" Normalerweise hätten sein Stolz und insbesondere sein Groll auf den ehemaligen Regenten es niemals zugelassen, dass Bakura sich dermaßen weit erniedrigte, aber sein neuer echter Körper war verräterisch, denn sein Magen knurrte; ganz zu schweigen davon, dass er es seinem Rivalen durchaus zutraute, ihn die gesamte Nacht in diesem Brunnen schmoren zu lassen. Er sammelte all seine Nervenkraft zusammen, atmete lange aus und erklärte widerstrebend: "Ich....ich...also, wie soll ich sagen? Ich fürchte, ich....ich entschuldige....mich....>>Bäh! Dieses Wort aus meinem Mund! Ich muss mich gleich übergeben, garantiert!<<....und....ich will....ah, nein, ich möchte....dich bitten....>>Scheiße, das tut geradezu weh, das zu sagen! Ich bitte den Pharao um etwas! Wie tief bin ich gesunken!<<....Ich möchte dich bitten....mich hier rauszuholen...." Bei Osiris, Apis und Isis, er hatte es geschafft!!! Er hatte tatsächlich diese grässlichen Dinge ausgesprochen, die der König der Spiele von ihm verlangt hatte! Sein Stolz revoltierte zwar, aber die Aussicht, seinen Bauch mit Essbarem füllen zu können, dämpfte seine Wut über die ihm zugefügte Niederlage im Machtkampf zwischen ihm und dem Bunthaarigen. Yami schaffte ihn auch wirklich nach oben und reichte ihm den Korb mit dem Obst, von dem er seine Hälfte bereits verspeist hatte. Gierig machte der Dieb sich darüber her und zwischen den Bissen und dem Herunterschlucken fragte er: "Hm....was war das vorhin? Du hast mich hergeschleppt? Wieso das?" "Du warst völlig erhitzt und bist ohnmächtig zusammengebrochen. Dein Körper glühte förmlich und deswegen habe ich dich ins Wasser geworfen, damit du dich erholst. Ich habe eine Weile mit dem Gedanken gespielt, dich da draußen in der Wüste liegenzulassen, aber dann habe ich dich doch hergetragen." Oh verdammt - der Pharao hatte ihn also....so abartig diese Vorstellung auch war....gerettet?! Scheiße, dafür schuldete er ihm was!! Das konnte einfach nicht sein!! Jetzt stand er in der Schuld von diesem adeligen Kakadu?! Ah, das Schicksal hasste ihn, eindeutig!! "Was ist? Warum schaust du so verbiestert? Du könntest dich wenigstens bedanken!" "Nach deiner Brunnenbehandlung?! Auf keinen Fall!! Eher...." "....frisst du Kamelkot, ich weiß, ich weiß! Dann eben nicht, auf deine Dankbarkeit bin ich sowieso nicht angewiesen!" "Gut zu wissen! So - und wie sieht die Planung für die Fortsetzung der Reise aus? Zu Fuß gehe ich jedenfalls nicht mehr, worauf du dich verlassen kannst!" "Ach, sollen wir etwa fliegen?" erkundigte sich Yami spöttisch-ironisch. Bakura tippte sich unmissverständlich an die Stirn und erwiderte patzig: "Natürlich nicht, du Witzbold! Du hast doch was von Beduinen erzählt! Die müssten Reittiere haben! Wir borgen uns einfach eines aus!" "Du meinst, wir sollen eines stehlen?" "Stehlen....borgen....wo ist der Unterschied?" "Für dich existiert da vielleicht kein Unterschied, aber für mich! Ich bin kein Dieb und ich werde mich auch nicht zu einer solch kriminellen Handlung hinreißen lassen!" "Musst du denn so verdammt rechtsschaffen sein, Pharao?! Wenn du dir deine königlichen Patschehändchen nicht schmutzig machen willst, dann lass mich das Borgen übernehmen! Ich habe schließlich Erfahrung darin!" "Das Stehlen. Und dass du darin Erfahrung hast, glaube ich dir sofort - das ist ja auch das einzige, was du wirklich gut kannst!" "Nicht nur. Ich bin darüber hinaus ein hervorragender Duellant!" "Du??? Wer hat dir denn den Floh ins Ohr gesetzt? Du bist ein mieser Duellant, falls du das noch nicht gemerkt hast! Ach entschuldige, du bist zu blöd dafür!" "Ich bin ein ausgezeichneter Duellant, Yami, das kannst du mir nicht ausreden! Du bist ja bloß neidisch, weil ich dich schon einmal fast geschlagen hätte!" "Oh weh....na ja, Einbildung ist bekanntlich auch eine Bildung...." "Willst du mich ärgern?!" "Wie kommst du darauf?" "Du gibst deine üblichen nervtötenden Kommentare von dir, daher...." "Nichts ist nervtötender als deine Anwesenheit!" "Das Kompliment kann ich nur erwidern!" Sie streckten sich gegenseitig die Zungen heraus und wandten sich den Rücken zu. Nachdem sie sich eine Weile angeschwiegen hatten, hakte der Grabräuber nach: "Was ist jetzt? Klauen wir eines von den Tieren, ja oder nein?" "Seit wann interessiert dich meine Meinung?" "Die interessiert mich ja gar nicht, ich bin lediglich neugierig. Ich tu ohnehin, was ich will, gleichgültig, wie deine Antwort ausfällt. Heute nacht werde ich wieder einmal mein Talent als Dieb unter Beweis stellen - da du ja nicht genug Mumm hast, um das zu übernehmen!" "Was soll das heißen?!" "Das soll heißen, dass du als Dieb genauso eine Niete wärst wie du es als Pharao bist!" "Ach, glaub doch, was du willst!" Damit war die Sache mehr oder weniger beschlossen, zumindest auf Bakuras Seite. Die Wüste zeigte nach Sonnenuntergang ihre eisig kalte, gegensätzliche Seite zur unmenschlichen Hitze des Tages und der Grabräuber verfluchte die Tatsache, dass er nur das dünne gestreifte Hemd trug, das ursprünglich Ryos Eigentum gewesen war. Die Beduinen schliefen in ihren Zelten, während die Kamele und Pferde um ihr Lager herumstanden. Der Weißhaarige hatte ein besonders schönes Pferd entdeckt, das noch aufgezäumt war; an seinem Sattel waren ein Proviantbeutel und eine bauchige Wasserflasche befestigt. Geschmeidig wie eine Katze schlich er sich an das Tier heran und Yami, der das gesamte Geschehen aus sicherer Entfernung beobachtete, musste zugeben, dass Bakura eine gewisse Anmut besass. Auch die Art, wie er beruhigend auf das Pferd einsprach und es behutsam, fast liebevoll an der Schnauze streichelte, während er das Seil löste, mit dem es angebunden war, offenbarte einen völlig neuen Aspekt an seiner Persönlichkeit. Der Bandit war tatsächlich der Zärtlichkeit fähig; eine schier abstruse Erkenntnis in den Augen des ehemaligen Herrschers. Leise führte der Weißhaarige das Pferd von dem Lager weg und winkte seinem Begleiter, zu ihm zu kommen. "Wäre es nicht besser, zwei Pferde zu stehlen?" flüsterte er, als er den anderen erreicht hatte. "Soweit ich mich erinnere, warst du derjenige, der schon Skrupel hatte, ein einziges Tier zu klauen! Und jetzt fragst du nach einem zweiten?" "Nun, ich....dir ist doch klar, dass wir uns, wenn wir auf einem Pferd reiten, aneinander festhalten müssen?" "....Das ist zwar erschreckend, aber das lässt sich nicht ändern! Das Fehlen eines Pferdes wird nicht sofort auffallen und die Spur eines einzelnen Tieres ist schwieriger zu verfolgen als die von zweien!" Er kletterte auf den Rücken ihres lebendigen Transportmittels, tätschelte dessen Hals und befahl dem Pharao, aufzusteigen. "Wer hat dir erlaubt, mir Befehle zu erteilen?!" "Zick nicht rum, verflixt! Setz dich hinter mich und halt dich fest, wir werden schnell reiten! Wo ist die Karte? Hast du nachgesehen, wo wir hin müssen?" "Die Karte ist zusammengefaltet in meiner Hosentasche und wir müssen Richtung Südost. Also....ich....ich halte mich jetzt fest, Grabräuber. Verkrampf dich nicht, kapiert?" "Als wenn ich vor Angst umfallen würde, sobald du mich auch nur anfasst!" "Vor Angst vielleicht nicht, aber vor Ekel - mir geht das jedenfalls gerade so!" "Wie schmeichelhaft! Bist du immer so charmant?" "Immer!" "Kein Wunder, dass du kein Liebesleben hast...." "Was kümmert dich mein Liebesleben?! Außerdem zeugt es von wenig Geistesgegenwart, sich über das Liebesleben eines anderen auszulassen, wenn man ebenfalls keins hat!" "Ich habe sehr wohl eins!!" "Tatsächlich? Und wer ist der Unglückliche?" "...." "Keine Antwort? Dein Liebesleben spielt sich demnach in deiner Fantasie ab, ja? Hätte mich auch gewundert! Kein Mann, der halbwegs bei Verstand ist, würde sich mit dir abgeben!" "Du gibst dich gerade mit mir ab!" "Du und ich sind eine Zweckgemeinschaft und kein Liebespaar, das sollte dir klar sein! Oder kennst du den Unterschied nicht? Wahrscheinlich nicht, du warst bestimmt noch nie verliebt!" "Ich wüsste nicht, was dich das angeht!!" "Gar nichts - also halt dich bitte auch aus meinem Liebesleben raus, okay? Das geht nämlich DICH nichts an!" "Tse....!" Ohne ein weiteres Wort ritten sie in die Dunkelheit davon, aber trotz der Stille war spürbar, dass die Situation nicht unpikant war. Bakura fühlte ganz deutlich die muskulösen Arme des Pharaos, die um seine Taille lagen und war überrascht von ihrer Kraft. Yami seinerseits, lag gegen einen athletischen Rücken, unter dem sich wohlgestaltete Muskeln verheißungsvoll bewegten. So eilten sie durch die Finsternis, unsicher, was ihnen auf dieser Reise noch widerfahren würde, zumal sie eine unfreiwillige Partnerschaft eingegangen waren. Ihr wilder Ritt währte die ganze Nacht, der Sand wirbelte unter den Hufen des Pferdes und stob in Wolken hoch und der König der Spiele wurde allmählich vom Schlaf übermannt. Er kämpfte gegen seine Müdigkeit an, aber es gelang ihm nicht, dagegen anzukommen. Halb im Traumland und unendlich erschöpft, lockerte sich sein Griff und der Dieb merkte, dass er dabei war, vom Sattel zu sinken. Mehr aus Reflex als dass er den anderen wirklich schützen wollte, umklammerte er den Bunthaarigen und setzte ihn vor sich auf das Pferd, um ihn stützen zu können, denn in seinem Zustand würde er hinten unweigerlich wieder wegkippen. Yamis Kopf sank an seine Schulter und er schlief schließlich richtig ein. Der Grabräuber roch den Duft seines Haares und erschauerte ein wenig, als ihn der warme Atem des Pharaos streifte. Wie verletzlich und beinahe unschuldig er wirkte, wenn er schlief! Keine Härte, keine Arroganz, kein Sarkasmus waren mehr in diesem Antlitz zu lesen und er musste sich zögernd eingestehen, dass seine Züge in der Tat von aristokratischer und edler Gestalt waren, fein geschnitten und nobel, wie man sich einen Herrscher eben vorstellte. Das Mondlicht verteilte sanfte Schimmer auf seiner Haut und ließ seine wunderbaren Lippen matt glänzen. Bakura musste schlucken. >>Oh Ra....der ist ja....der ist ja....schön....<< NEIN!!!!!! DAS WAR DER PHARAO!!!! WIE KONNTE ER NUR SOWAS KRANKES DENKEN?!?! Innerlich wütete er vor sich hin und hämmerte sich hartnäckig ein, dass er diesen Kerl seit fünftausend Jahren hasste, als Yami sich regte und sich ein Stück an ihn schmiegte. Den Dieb durchzuckte eine eigentümliche Wärme, doch er ignorierte diese Empfindung vollständig. Verärgert murmelte er: "Und er ist doch ein Bastard....!" Kapitel 4: Ein Tanz im Schein der Flammen ----------------------------------------- Und weiter geht's! Ja, Kura-chan (Bakura: "Wie hast du mich genannt?!?!") kommt hier gewaltig ins Schwitzen!^^ Viel Spaß beim Lesen! Kapitel 4: Ein Tanz im Schein der Flammen Gegen Morgen gelangten sie zu einer Felsformation, die ein bisschen Schatten lieferte. Dort legte Bakura eine Rast ein und er weckte Yami, indem er ihm ins Ohr brüllte: "AUFWACHEN!!!" "....Wie, was?! Ach, du bist es....musst du mich so erschrecken? Ich dachte, es wäre wer weiß was passiert! Kannst du mich nicht netter wecken?!" "Das Wort ,nett' existiert nicht in meinem Repertoire! Sei froh, dass ich dir nicht eine heruntergehauen habe, um dich wach zu kriegen! Sei nicht so zimperlich, verdammt!" "Ich bin nicht zimperlich!" antwortete der Bunthaarige und stieg vom Pferd. "Ich gehe nur davon aus, dass jeder einigermaßen vernunftbegabte Mensch sich auf die simpelsten Regeln von gutem Benehmen versteht!" "Ein verzärteltes Prinzchen vielleicht, aber kein ganzer Kerl wie ich! Für den gibt es wichtigeres!" "Du und ein ganzer Kerl? Das ist ja lachhaft!" "Hör zu, Pharao: Ich habe die hochadeligen, verweichlichten Idioten gesehen, mit denen du früher zu tun hattest - und ernsthaft, ich bin der einzige richtige Mann, dem du jemals begegnet bist!" Zunächst war der Meisterduellant starr vor Empörung über diese herablassende Äußerung, doch er gewann rasch sein Temperament zurück, sattelte das Pferd ab und warf gleich darauf den besagten Sattel an einen weißhaarigen Kopf. "AUA!!!! HE, WAS FÄLLT DIR EIN?!?!" Er wandte sich zu dem anderen um und fixierte ihn unheilvoll, insgeheim sowohl erbost über als auch beeindruckt von der stolzen Haltung und dem herausfordernden Blick, mit dem Yami ihn bedachte. Er grinste hinterhältig, nahm einen der kleinen Steine auf, die zwischen den großen Felsen herumlagen und warf. Der ehemalige König Ägyptens duckte sich schnell weg und angelte nun ebenfalls nach einem Steinchen. "Was denkst du dir dabei, du egoistischer, verantwortungsloser...." Bakura erwiderte das Feuer, indem er sich rasch seine eigene Munition zusammensammelte und bei jedem Wurf seine Kritikpunkte anbrachte: "Pharao, du bist ein verwöhnter, eingebildeter...." "....großkotziger, selbstherrlicher, verlogener...." "....verweichlichter, arroganter, hochmütiger...." "....ich-bezogener, gewissenloser...." "....penetranter, selbstgefälliger, verklemmter...." Der Regent hielt inne, als er das hörte, sprang heran wie ein Raubtier, holte mit seiner Faust aus und zischte: "Ich zeig dir gleich, wer hier verklemmt ist!!" Der Kinnhaken landete sauber im Gesicht des Grabräubers und dieser ging aufstöhnend zu Boden. Hölle, wer hätte denn ahnen können, dass dieser Mistkerl so zuschlagen konnte?! Er hielt sich seine schmerzende Wange, fluchte ein paar Mal und schleuderte seinen fürchterlichsten Blick auf Yami, der ohne Schwierigkeiten einen Berg von oben bis unten hätte spalten können. "Stimmt was nicht, Bandit? Falls du anfangen möchtest, zu winseln, tu dir keinen Zwang an!" "Den Gefallen tu ich dir garantiert nicht!! Sieh zu, dass du das Pferd noch abzäumst und dann hol den Proviantbeutel und bring die Wasserflasche mit!....WAS IST?!?! Worauf wartest du?!" "Ich? Auf das kleine Zauberwort!" erklärte der Bunthaarige mit unschuldigem Augenaufschlag, der allein Grund genug war, ihm Pest und Cholera an den Hals zu wünschen. Bakura knirschte mit den Zähnen und presste hervor: "....Bitte." "Na also - warum nicht gleich?" Schweigend und sich gegenseitig so gut es ging ignorierend, teilten sie sich die Speise aus dem Proviantbeutel. Als der Weißhaarige die Flasche an die Lippen setzte, tat er nur so, als würde er trinken, denn als erfahrener Wanderer durch die Wüste wusste er, dass Wasser rasch verschwendet war, wenn man nicht achtgab. Und es war noch ungewiss, wann sie die nächste Oase oder vielleicht sogar eine Stadt erreichen würden. Schließlich hielt er Yami das Gefäß hin und nickte leicht mit dem Kopf, eine stumme Aufforderung zum Trinken. Der Pharao gehorchte und nachdem sie wieder in ihre gleichgültigen Rollen zurückgekehrt waren, setzten sie ihre Reise fort. Eine weitere kalte Nacht brach über sie herein und Bakura holte einen Beduinenmantel aus einer der Satteltaschen hervor, den er zusätzlich hatte mitgehen lassen. "Du hast ein Kleidungsstück gestohlen?" "Stell dir vor, du königlicher Vollidiot! Mir war klar, dass ich eine Art Decke brauchen würde, um die frostigen Temperaturen auszuhalten, denen man des nachts in der Wüste ausgeliefert ist! Unsere letzte Nacht haben wir auf dem Pferderücken verbracht, aber diesmal sollten wir ein paar Stunden Schlaf tanken!" "Und ich?" "Wie, und du?" "Der Mantel reicht nur für eine Person." "Entschuldige bitte vielmals, dass ich nicht an dich gedacht habe! Was erwartest du eigentlich von mir?! Ich bin nicht dein Kindermädchen! Wenn du keine Decke hast, bleibt dir nichts anderes übrig, als ohne auszukommen!" "Ich soll mir den Hintern abfrieren?!" "He, du bist doch blaublütig! Dein Blut ist also sowieso schon eiskalt!" "Der einzige, dessen Blut hier eiskalt ist, bist ja wohl du!" "Spitz die Ohren, Pharao: Ich habe nicht darum gebeten, an dieser beschissenen Mission teilzunehmen! An sich könnte mir dein Schicksal und das der gesamten Welt gestohlen bleiben, denn bloß weil Apophis dich umbringen will, ist er mir nicht unsympathisch! Ich mache diesen ganzen Mist nur mit, weil der Dämon aus irgendeinem unerfindlichen Grund auch mich um die Ecke bringen will! Ich tue das hier vor allen Dingen, um meinen eigenen Arsch zu retten, hast du kapiert?! Du interessierst mich kein Stück! Im Gegenteil, falls Apophis dich zuerst erwischt, werde ich mit Freude ein Grab für dich schaufeln!" "Jetzt will ich dir mal was sagen, du Bastard: Ich habe es mir auch nicht ausgesucht, diese Aufgabe ausgerechnet mit dem unausstehlichsten, widerlichsten, angeberischsten wandelnden Kotzbrocken der Weltgeschichte erfüllen zu müssen!! Sogar die Zusammenarbeit mit einem schleimtriefenden Ungeheuer würde sich angenehmer gestalten als mit dir! Aber Fakt ist: Wir haben keine Wahl! Wir sind ein unfreiwilliges Team, aber ein Team! Keiner von uns wird das hier überleben, wenn wir uns nicht am Riemen reißen! Hast du verstanden, du Sohn eines Schakals?! Und egal, ob es dir in den Kram passt oder nicht, ich lege mich zu dir!" "Hey, ich habe den Mantel geklaut, also werde ich ihn für meine Zwecke benutzen! Du schläfst ohne Decke, du arroganter, blasierter...." Der Rest seiner Beschimpfungen ging in undeutlichem Gemurmel unter und er breitete seine Glieder auf dem Sand aus, kuschelte sich in den weichen Stoff und drehte Yami demonstrativ den Rücken zu. Der Meisterduellant streckte ihm die Zunge heraus und legte sich ebenfalls mit dem Rücken zu dem anderen gewandt hin. Erschöpft von den Anstrengungen des Tages schlief er zwar ein, aber die schneidende Kälte kroch seinen Körper hinauf und umklammerte ihn mit unnachgiebiger Kraft. Unwillkürlich begann er zu zittern und seine Lippen fingen an, sich bläulich zu verfärben. Unruhig warf er sich hin und her, was auch den Grabräuber aufweckte. Dieser drehte sich um und betrachtete die bebende Gestalt neben sich. Er rümpfte die Nase, stand auf und holte die Wasserflasche, um zu überprüfen, wie tief der Pegel gesunken war, nachdem der Pharao einige Schlucke in sich hinein gekippt hatte. Als er jedoch zwei Finger in die Öffnung steckte, spürte er schon bald das kühle Nass auf seiner Haut - genau in derselben Höhe wie zuvor. Das konnte nur eines bedeuten: Yami hatte nicht getrunken, genau wie er. Offensichtlich war der Kerl doch nicht so dämlich, wie er immer angenommen hatte. Er sah zu der Silhouette des Mannes hinüber, dessen Zittern noch stärker geworden war. Mondlicht beschien den schlanken, agilen Körper und die dunkelbraunen Augen des Diebes wanderten über ihn hinweg als sähe er ihn zum ersten Mal. >>Bei Isis....diese Beine sind wirklich göttlich....oh Ra, was denke ich da schon wieder?!?!<< Er rutschte wieder unter die Decke, konnte aber nicht widerstehen, noch einmal in die Richtung des ehemaligen Königs zu blicken. Er wusste, wie schlimm es war, frieren zu müssen, denn in seiner Vergangenheit hatte er selbst oft genug in Straßen geschlafen, mit nichts als dem verdreckten Boden als Kopfkissen. Missmutig krabbelte er zu dem anderen hinüber, warf einen Teil des Mantels über ihn und wickelte sie beide in den wärmenden Stoff ein. Dennoch blieb er so weit von Yami entfernt liegen, wie ihre Situation es erlaubte. Während die Stunden der Nacht nun mehr oder weniger in ungestörter Zweisamkeit verstrichen, wurde der Pharao plötzlich aus seinen Träumen aufgeschreckt. Obwohl er sich nicht an seine Ausbildung zum Krieger erinnerte, die ein jeder Herrscher durchlaufen musste, waren ihm seine angeborene Wachsamkeit und sein feines Gehör geblieben, sodass er auch die Stimmen und das Pferdewiehern vernahm, das in einiger Entfernung von ihrem Lagerplatz erklungen war. Dann fiel ihm auf, dass man ihn zugedeckt hatte und erstaunt wandte er sich zu dem Grabräuber, der sich im Schlaf mit dem Gesicht zu ihm gedreht hatte. Bevor er es verhindern konnte, schlich sich ein Lächeln in seine aristokratischen Züge. Was immer den Bandit zu dieser Geste bewogen hatte, bewies zumindest, dass er noch ein winziges Überbleibsel von Gewissen besass, so überraschend das auch sein mochte. In seinem Schlummer verfügte das sonst so hart anmutende, unversöhnliche Männerantlitz über eine bemerkenswerte Ruhe und Frische, fast Kindlichkeit - eine Restspur von dem sorgenfreien, fröhlichen Kind, das Bakura einmal gewesen war, vor langer, langer Zeit? >>Yami, hör auf mit dem Unsinn!! Der Bastard ist nichts weiter als eine Wunde in deinem Fleisch!! Was kümmert dich da seine Lebensgeschichte?!<< Musik drang an seine Ohren. Scheinbar hatte sich ein Reitervolk in ihrer Nähe niedergelassen, um von ihrer Reise auszuruhen, so wie sie es gerade taten. Er war sich durchaus im Klaren darüber, dass ihr Wasser- und Speisevorrat nicht besonders lange reichen würde, diese Karawane bot also eine günstige und willkommene Gelegenheit für sie, sich mit neuem Proviant zu versorgen. Aber ein alter Spruch besagte: "In der Wüste begegnest du keinem Freund" - und viele Beduinen betätigten sich mitunter als Räuber und Meuchelmörder. Von dem Spiel der Instrumente nun ebenfalls in seinem empfindlichen Schlaf gestört, richtete Bakura sich auf und linste hinter dem Pharao zu der von einem Feuer hell erleuchteten Lagerstätte hinüber, wo die Reiter zusammensassen. "Ausgezeichnet! Da dürfte es eine Menge zu holen geben! Genau richtig für uns!" "HE?! Was, du bist wach?" "Hast du vielleicht was dagegen?" "Willst du eine ehrliche Antwort?" "Verkneif es dir! Okay, du bleibst hier und rührst dich nicht vom Fleck! Ich versuche, mich anzuschleichen und ein bisschen was in die Hände zu kriegen, Essen und Wasser vor allen Dingen, denn unser momentaner Vorrat ist zu gering. Also...." Der Weißhaarige machte Anstalten, sich anzupirschen, aber Yami packte ihn am Kragen seines Hemds und erwürgte ihn beinahe. "Wenn sich hier einer nicht vom Fleck rührt, bist du das!" "Bist du total bescheuert?! Zerr gefälligst das nächste Mal nicht so an meinem Hemd, du schnürst mir die Luft ab! Ein einfaches ,He Bakura' würde es auch tun!" "Du denkst mal wieder nur an dein Vergnügen! Ist dir jemals eingefallen, dass man es mal mit etwas anderem als Stehlen versuchen könnte?!" "In welcher Welt lebst du eigentlich, du Gerechtigkeits-Apostel?! In der Regel überleben nur die Starken, denn sie fressen die Schwachen! So ist das Gesetzt der Natur und nach diesem Prinzip funktioniert die Welt! Gerechtigkeit und Frieden sind Utopien, nichts weiter! Du bist fünftausend Jahre alt! Meinst du nicht, du solltest allmählich erwachsen werden?" "Spar dir deinen Atem, du geistig minderbemittelter Volltrottel! Man muss nicht immer gleich illegal vorgehen, es gibt andere Methoden, wenn man seinen Verstand einzusetzen versteht! Bei dir ist natürlich Hopfen und Malz verloren in dem Punkt, da wundert es mich gar nicht, dass du unfähig bist, mit einem halbwegs konstruktiven Plan aufzuwarten!!" "Ach ja?!?! So, und du hattest wohl soeben die göttliche Erleuchtung, du Angeber?! Meinst du, die schenken uns ihre Sachen freiwillig?!" "Das habe ich überhaupt nicht gesagt, aber es ist typisch für dich, dass du alles falsch verstehst, Dieb. Bleib du hier, sieh zu und lerne!!" Bakura wollte auffahren, als er sah, wie der Bunthaarige seine Schuhe und Socken abstreifte, sich seines Gürtels entledigte und das schwarze Hemd über den Kopf zog, sodass sein Oberkörper völlig nackt war. "....WA-WAS MACHST DU DA?!?!" "Psst! Noch lauter geht's nicht mehr, oder?! Ich wiederhole: Bleib hier, sieh zu und lerne!! Ich vermute zwar schwer, dass das bei deinem Spatzenhirn ohnehin nicht mehr viel nützt, aber man soll ja bekanntlich nie die Hoffnung aufgeben...." "Ich hasse dich." "Ich hasse dich auch, sei ganz beruhigt. Wir werden beide heilfroh sein, wenn diese Mission vorbei ist und keiner von uns sich mehr Sorgen um irgendeine überdimensionale, rachsüchtige Schlange machen muss! Je eher ich deine Gesellschaft los bin, umso eher kann ich wieder damit anfangen, mich wohl zu fühlen!" "Dem kann ich ausnahmsweise nicht widersprechen!" In seiner leichten Bekleidung näherte der Meisterduellant sich der Versammlung. Es handelte sich um einen auf Reisen befindlichen Tuareg-Prinzen, dessen Gefolgsleute wilde Musik zum Besten gaben, um ihre Einsamkeit zu vergessen, denn ein Zug durch die Wüste dauerte oft mehrere Wochen, wenn nicht gar Monate, in denen sie von ihren Familien oder Freunden getrennt waren. Ohne Scheu trat er zwischen sie, hinein in den Schein des Feuers, und erklärte in heiterem Ton: "Spielt - ich will um meine Abendmahlzeit tanzen!" Von Tuaregs erzählt man, dass sie grausam und gefährlich seien, aber Yami verspürte keinerlei Furcht. Vielmehr begriff er ihre Einsamkeit, denn auch ihm war dieses nagende, schmerzhafte Gefühl vertraut. Er begann, zur Begleitung von Trommeln und Flöten zu tanzen....mit einer Anmut und einer Grazie, die unweigerlich jeden, der ihrer ansichtig wurde, in Bann schlagen musste. Seine Füße flogen über den rauen Sand und das Licht der Flammen goss einen feurigen, sinnlichen Schein über seine perlweiße Haut. Die goldenen Strähnen seines Haares leuchteten auf und sein vollkommener Körper verschmolz hingebungsvoll mit den Klängen um sich herum. Bakura beobachtete das Ganze und war außerstande, seine Augen von dem Pharao zu lösen. Irgendwo in seinem Hinterkopf brüllten seine gewohnheitsmäßige Verachtung und sein seit Ewigkeiten genährter Hass gegen die Faszination an, die in ihm aufkeimte, aber im Moment waren sie erfolglos. Sein Blick heftete sich auf die herrlich geformte Brust und den flachen, durchtrainierten Bauch, die stählerne, feste Muskeln versprachen, kraftvoll und dynamisch, von der Geschmeidigkeit einer Raubkatze. Die schmalen Hüften kreisten verheißungsvoll und die langen schlanken Beine waren das Tüpfelchen auf dem I. Aufgrund seiner früheren Geistererscheinung und der Tatsache, dass er für fünf Jahrtausende im Millenniumsring eingeschlossen gewesen war, konnte man mit Fug und Recht behaupten, dass der Grabräuber sehr lange enthaltsam gelebt hatte und da er noch nie ein Kostverächter gewesen war, schalteten seine dauerhaft vernachlässigten Hormone seine verstandesbedingten Einwände ganz einfach ab und stellten sein Gehirn auf Durchzug, während Yami sich weiter im Glühen der Flammen bewegte. Er tanzte wie ein wahrer König, majestätisch und doch lebhaft, stolz und doch ungezwungen. Im neuen realen Körper des Diebes keimte ein plötzliches, absolut nicht willkommenes und unerwünschtes Gefühl auf....Verlangen? Nein, etwas viel primitiveres....Wollust! Der Pharao unter ihm, stöhnend, nackt, hingegeben....ihr heißes Fleisch aneinander gepresst, vereint in einem Tanz, der älter war als sie selbst....Der Grabräuber schüttelte wild den Kopf, hämmerte mit seiner Faust gegen den Felsen, hinter dem er sich verbarg, fluchte unflätig auf Ägyptisch und Japanisch und schlug ein paar Mal mit der flachen Hand gegen seine Stirn, als könne er auf diese Weise diese so schockierenden und furchtbaren Gedanken aus seinem Geist verbannen. Was war bloß los mit ihm?! Okay, er musste einräumen, dass er noch nie zuvor so lange mit dem Pharao allein gewesen war, aber deswegen gleich durchzudrehen, war wirklich nicht seine Art! Na gut, Yami war doch nicht hässlich, aber das war kein Grund, sofort solche störenden Fantasien zu bekommen!! Während er noch vor sich hin lamentierte, verstummte die Musik und der Bunthaarige wartete auf seine Bezahlung. Nach und nach begab sich jeder einzelne der Wüstensöhne nach vorne und legte ihm ein Geschenk zu Füßen, schließlich sogar einen reich verzierten Beutel, in dem er seine neu gewonnenen Schätze verstauen konnte. Alle taten es, bis auf Rafa al Katah, den verwöhnten und verweichlichten Sohn des Tuareg-Prinzen. In der Dunkelheit huschte er davon, einen mehr als verwerflichen Plan fassend. Der König der Spiele sammelte seine Geschenke ein und machte sich auf den Weg, um zu Bakura zurückzukehren. Der Dieb schickte sich schon an, aufzustehen, um dem anderen eine Strafpredigt zu halten (irgendwo musste er ja jetzt seinen aufgestauten Frust loswerden!), als Rafa hinter einem Sandhügel hervorsprang und den ehemaligen Herrscher packte. Er riss ihn herum, wobei ihm der gefüllte Beutel entfiel und umschlang seine hübsche Beute. "Jemand, der so schön und elegant ist, verdient das allerbeste Geschenk: nämlich mich!" Der Weißhaarige verharrte in seiner Reaktion wie versteinert. Er registrierte, wie die schmierigen Finger dieses nichtswürdigen Subjekts nach dieser Perlenhaut griffen und ein gieriger, abscheulicher Mund sich auf den adeligen Hals drückte, als markiere er ein Territorium. Und Yami? Nun, Yami wusste sich zu helfen. Schnell holte er den Dolch hervor, den er unter seinem Hosenbein versteckt hielt, und versetzte dem Angreifer eine Schnittwunde im Gesicht. Rafa heulte auf vor Schmerz, verwirrt und ängstlich. Der Mann, der eben noch so zart getanzt hatte wie ein Schmetterling, wurde zur Hornisse! Außer sich vor Wut, zog er sein Messer, doch der Pharao brachte ihm eine weitere Verletzung an seinem Schwertarm bei, die Augen wie zwei funkelnde Amethyste von dem Wunsch beseelt, ihn zu töten. Vor diesem starken Willen konnte der winselnde Al Katah nur fliehen. Bei den anderen Tuaregs forderte er Rache, doch seine Stammesgenossen straften ihn mit der Verachtung, die er verdiente, denn im Gegensatz zu ihm besassen sie das hohe Gut ritterlicher Gefühle. Der Mond, der sich hinter einer Wolke verborgen hatte, kam hervor und warf ein fahles Licht auf den Pharao. Das Silber des Himmels brach sich in der Klinge der Waffe, die dunkel war von Blut, glitt über seinen schweißbenetzten Torso und zauberte ein seltsames Schimmern in die beiden violetten Seen, durch die Yami seine Welt sah. Langsam wandte er sich zu dem total überrumpelten Bakura um und sein Blick, noch von Zorn, Entschlossenheit und Unerbittlichkeit durchtränkt, ging dem Grabräuber durch Mark und Bein, denn diese Augen, so gnadenlos und hart, waren ihm sehr vertraut - seine eigenen Augen sahen so aus. Mit bedächtigen Schritten näherte sich sein Feind, seine edle Gestalt vom Mondschein übergossen. Er sog dieses Bild in sich auf wie Wasser in einen Schwamm und bemerkte erschrocken das Ziehen in seinen Lenden. >>Jetzt....<< dachte er fassungslos und erbost zugleich, >>....jetzt ist es Verlangen....!<< Fortsetzung folgt... Kapitel 5: Wenn Schlangen beißen -------------------------------- So, da bin ich wieder! Dank an meine Kommi-Schreiber! *fest drück* @LOL-Girl: Woher Yami weiß, dass Baku schwul ist??? Öh...keine Ahnung *drop*! Ich weiß es nicht, aber ich glaube, ein Homosexueller merkt, ob ein Mann zum einen oder zum anderen Ufer gehört, glaube ich jedenfalls...nehmen wir es einfach so hin, das ist mir beim Schreiben nämlich einfach nicht bewusst geworden! @Sacra: Hm, Baku als Uke? *Das auch lieben tu* Ja wieso eigentlich nicht...*nachdenk* @YaKuRaMi: Ich bin happy, dass dir die FF so gefällt! *strahl* *knuddel* Kapitel 5: Wenn Schlangen beißen Maat, die vom Reich der Götter aus die Reise des unfreiwilligen Paares beobachtete, musterte bestürzt und sichtlich abfällig den Dämon Apophis, der sich ihr in seiner menschenähnlichen Gestalt zeigte und vor ihrem Thron herumscharwenzelte. ~~ Was tust du hier, Schlangendämon?! Dass du es überhaupt wagst, die Schwelle zu unserem Reich zu überschreiten!! ~~ "Warum so erbost, Maat?" erkundigte sich Apophis, jedes "S" dabei in die Länge ziehend. "Ich bin es lediglich leid, mich ständig im Reich der Schatten aufzuhalten und ihr Götter lebt nun mal um einiges luxuriöser und schöner. In deiner unermesslichen Weisheit hast du in Domino City die Zeit angehalten, damit niemand etwas vom Verschwinden ihrer beiden wichtigsten Bewohner bemerkt! Wirklich vortrefflich! Unglücklicherweise ist mir jedoch nicht entgangen, dass du den verfluchten Sohn des Ra zum Tal des Unendlichen Himmels geschickt hast, damit er das Sonnenschwert an sich bringt und mich vernichtet! Aber ich lasse mich nicht aufhalten! Ich habe fünftausend Jahre auf meine Chance gewartet! Auch du wirst nicht verhindern können, dass ich Rache an jenem übe, der mich verbannt hat und der der einzige ist, der noch zwischen mir und der Macht meines Widersachers Ra steht! Dieses Spiel kannst du nicht gewinnen, Hüterin der Wahrheit und Gerechtigkeit! Niemals werden die beiden erfahren, was damals geschah - am allerwenigsten der Grabräuber!" ~~ Natürlich kannst du nicht zulassen, dass sie die tatsächlichen Hintergründe ihrer Fehde kennen lernen, denn das würde dir ihren Hass eintragen....und dann hätte ihre Mission eine höchst persönliche Komponente für sie....und das wiederum würde dein sicheres Ende bedeuten. Noch bist du in ihren Augen einfach ein alter Gegner aus der Vergangenheit, aber deine Existenz betrifft sie nicht emotional - zumindest wissen sie es nicht. Aber glaube mir, ich habe Mittel und Wege, um ihnen die Wahrheit zu offenbaren....denn ich bin die Wahrheit. ~~ "Überheblich wie immer! Deine Arroganz erstaunt mich nicht, schließlich ist Ra, verdammt sei er in alle Ewigkeit, dein Vater! Das erklärt auch, warum du den Pharao auf seiner Reise beobachtest - du willst nicht, dass deinem menschlichen Bruderherz etwas zustößt! Warum findest du dich nicht einfach damit ab, dass eure Welt mir gehören wird, ebenso wie die Erde? Es hinauszuzögern hat letztendlich keinen Sinn!" ~~ Niemals werden wir die Herrschaft eines Tyrannen akzeptieren! Alles, was du kannst, ist Leid zu erzeugen, um deine Machtgier zu befriedigen! Du hast Aton und den Pharao gegeneinander ausgespielt, um dir den Sieg zu sichern! Aber diesmal wirst du keinen Erfolg haben, Schlange, verlass dich darauf!! ~~ "So energisch, Maat? Dabei ist deine Sturheit völlig fehl am Platz! Selbst wenn du ihnen die Wahrheit erzählst....denkst du wirklich, sie würden dir glauben? Ganz besonders der Dieb! Er trägt den Hass auf den königlichen Erben seit Ewigkeiten in sich und wird ihm niemals vergeben!" ~~ Dem Pharao muss er auch nichts vergeben. Sein Hass sollte dir gelten, nicht dem Sohn des Ra!! Wenn du dich damals nicht eingemischt hättest....~~ Apophis lachte gehässig und zischend. "Wie enttäuschend, du bist nachtragend! Doch lass dir gesagt sein: Ich werde unter allen Umständen verhindern, dass sie ihre Mission zu Ende bringen. Ich lasse mich nicht mehr bezwingen!! Sie werden sterben!!" Damit verschwand er in einem Kegel schwarzer Energie und ließ eine schreckensbleiche Göttin zurück. Maat wusste nur zu gut, dass der Dämon Ernst machen würde und faltete die Hände zum Gebet, um mit ihrem Vater in Kontakt zu treten. Vielleicht konnte sie ihn bitten, seine schützende Hand über seinen Repräsentanten auf Erden zu halten.... Yami und Bakura waren mittlerweile drei Tage unterwegs. Seit drei Tagen folgten sie der Karte. Seit drei Tagen waren sie ein Team und sie hatten es tatsächlich geschafft, sich nicht gegenseitig zu erdrosseln. Gegen Mittag gelangten sie zu einer Stadt, einer von vielen, die im Umkreis von zig Kilometern voneinander entfernt lagen. "Suchen wir uns eine Gaststube, ich habe mal wieder Lust auf einen guten Wein! Es ist fünftausend Jahre her, seit ich einen roten Tropfen zu mir genommen habe und jetzt, wo ich einen eigenen Körper besitze, wird es mir dreimal so gut schmecken!" "Und dann muss ich dich auf unser Pferd verfrachten, weil du sternhagelvoll bist! Nein danke! Du bleibst gefälligst fern von allem, was auch nur entfernt nach Alkohol aussieht! Du bist ja bereits im nüchternen Zustand schwer zu ertragen!" "Weißt du was, Pharao?! Vielleicht solltest du mal was über den Durst trinken, besoffen bist du eventuell weniger bissig!" "Ich soll mich auf dein niedriges Niveau begeben? Das soll wohl ein Scherz sein?" "Was hast du gegen mein Niveau?" "Es ist nicht vorhanden, das ist es! Aber von Etikette brauche ich dir ohnehin nichts zu erzählen, das ist bei dir wirklich verlorene Liebesmüh! Und bevor du fragst - Etikette hat nichts mit Aufklebern zu tun, Etikette sind gute Manieren!" "Als wenn ich das nicht wüsste!" "Genau davon bin ich ausgegangen." "Du kannst mich mal!" "Gleichfalls." "So ekelhaft wie du bist, hättest du bestimmt einen wunderbaren Tyrannen abgegeben!" "Ich folgere daraus, dass ich keiner war? Wie schmeichelhaft!" "So war das nicht gemeint...." "Das ist mir klar! Bevor ich von dir ein Kompliment bekomme, geht eher die Welt unter!" "Da hast du recht - was selten geschieht, aber ein blindes Huhn....Verzeihung, ein blinder Hahn findet auch mal ein Korn!" "Was passiert selten?" "Das mit dem Rechtbehalten." "Du kannst mich mal!" "Das hatten wir doch vorhin schon mal? Lässt dein Einfallsreichtum nach, Pharao? Wie enttäuschend! Aber von dir ein vernünftiges Wort zu hören, das ist genauso abstrus und absurd, als würde man von einer Katze verlangen, sie solle keine Mäuse mehr fressen!" Der Meisterduellant rümpfte die Nase, streichelte dem Pferd durch die dichte Mähne und antwortete von oben herab: "Von vernünftigen Worten aus deinem Mund brauchen wir gar nicht erst anzufangen, da du dich noch auf der Entwicklungsstufe eines Neandertalers befindest! Ich weiß ja nicht, aus welcher Gruft du hochgekrochen bist, aber gemessen an deinem abwesenden Intelligenzquotienten tippe ich auf ein Rattenloch!" "Hör mal zu, du Prototyp eines nervenden Insekts!! Ich habe es nicht nötig, mir sowas sagen zu lassen, schon gar nicht von einem arroganten Arschloch mit einem wandelnden Blitzableiter als Haarfrisur, den man am besten schon am Tag seiner Geburt hätte ertränken sollen!!" "Was glaubst du eigentlich, wer du bist, dass du Daseinsberechtigungen verteilst wie ein debiler Staatsbeamter im Drogenrausch?! Wenn ich es mir hätte aussuchen können, hätte ich darum gebeten, deine Existenz ins Nirwana zu befördern!!" "Halt doch einfach deine blöde Schnauze, du mieser Auswurf der Menschheit!! Du solltest dankbar sein, dass ich dir helfe, diese beschissene Mission durchzustehen!!" "Bisher bist du lediglich auf meinen Nerven herum getrampelt, du Idiot!! Es ist ziemlich anstrengend für mich, mit dir zusammenzuarbeiten....und sosehr ich die Kraft bewundere, mit der es dir gelingt, innerhalb weniger Sekunden sämtliche Evolutionsstufen hinabzustürzen, würde ich auf weitere geistig anspruchslose Bemerkungen deinerseits gerne verzichten!!" Damit kehrte er in die erstbeste Gaststube ein, die ihren Weg kreuzte und bestellte etwas zu essen. Bakura, immer noch an der letzten Erwiderung des Königs der Spiele kauend, pflanzte sich ihm gegenüber auf, knurrte vor sich hin wie ein verwundeter Hund und starrte stur auf die Straße, jeglichen Blickkontakt mit dem anderen vermeidend. Dennoch war er ein aufmerksamer Beobachter; er registrierte beispielsweise, dass der beleibte Wirt, der das Gewünschte servierte, Yami regelrecht mit den Augen auffraß. Was war denn mit dem?! Notgeil, oder was?! Das war ja widerlich!! Während der Bunthaarige speiste, stand der Wirt verdächtig nahe in der Gegend herum und als der Pharao fertig war, erschien er eilfertig wieder neben ihrem Tisch. "Ich hoffe, es hat Ihnen gemundet, mein Herr?" "Ja, ganz hervorragend." "Das freut mich. Nun zur Bezahlung...." "Das übernehme ich!" ließ sich der Grabräuber vernehmen, dem der gierige Blick, den der Gastwirt auf seinem "Partner" ruhen ließ, immer weniger gefiel. Er suchte in ihrer Tasche nach einem der kostbaren Gegenstände aus Gold, welche die Tuareg für Yamis Tanz verschenkt hatten und hielt inne, als der Wirt hervorstieß: "Wenn es Ihnen nichts ausmacht....ich würde am liebsten Ihren Begleiter kaufen! Nennen Sie mir seinen Preis!" Der ehemalige Herrscher verschluckte sich vor Schreck an seinem Atem und schoss zornige violette Blitze auf den dreisten Kerl. Bakura sah in das frische, stolze Antlitz des Pharaos und dann in die verquollenen Züge des Wirtes. Dieser entdeckte voller Angst die Mordlust in den dunkelbraunen Augen des Weißhaarigen und wurde aschfahl. Er stotterte etwas hervor von einem schrecklichen Missverständnis, erklärte, die Rechnung ginge aufs Haus und entfernte sich mit übertriebener Hast. Die beiden verließen das Lokal und während Yami das Pferd von seinem Stellplatz losband und die Tasche mit den Geschenken wieder am Sattel befestigte, hatte der Dieb die Arme verschränkt und grübelte mit finstere Miene vor sich hin. Was war bloß in ihn gefahren, bei Apis?!?! Ihn zu verkaufen, das wäre doch die beste Lösung überhaupt gewesen!! Er hätte sich nicht mehr mit diesem adeligen Schwachkopf herumärgern müssen und hätte endlich seine Ruhe gehabt!! Aber nein, statt dessen verhindert er es, obwohl es ein ganz gewöhnlicher und ordinärer Handel gewesen wäre!! Und warum hatte er sich so aufgeregt?! Verwirrt fühlte er der maßlosen Wut nach, die in ihm aufgestiegen war, als der garstige Blick des Wirts auf den Meisterduellanten geheftet gewesen war. Er runzelte die Stirn und entschuldigte sein Verhalten einfach damit, dass er keine Möglichkeit mehr hätte, den Pharao leiden zu sehen, wenn er ihn zu frühzeitig los wurde. Er schwang sich auf den Rücken des Tieres und Yami klammerte sich von hinten an ihn. Sie waren unlängst, jeder für sich, zu der Einsicht gelangt, dass diese Art des Reisens für sie beide nicht so unbehaglich war wie ursprünglich angenommen. Zumindest schien der Körperkontakt sie nicht mehr groß zu stören oder gar anzuwidern. Die Stadt verschwand hinter den Sandhügeln und gemäß der Karte wandten sie sich nun mehr in Richtung Osten. Eine Weile ritten sie schweigend durch die Wüstenlandschaft, als Yami eine schwache negative Präsenz spürte. Instinktiv wusste er, dass diese Aura nicht von dem Grabräuber ausging, sondern von etwas anderem, mit dem er schon einmal zu tun gehabt hatte....ein Schauer rann über seinen kraftvollen Torso und er erinnerte sich entsetzt an seinen Besuch im Museum von Domino City, wo er zum ersten Mal mit Apophis konfrontiert worden war, zumindest indirekt. Dieselbe Spannung durchsickerte die Luft; alles schien mit einem Mal mit der Energie eines alten, verderblichen Zaubers erfüllt zu sein - eines Zaubers, der nur den Tod bringen konnte. "Halt an! Ich glaube, Apophis ist hier!" "Woher willst du das wissen? Du fängst an, Paranoia zu entwickeln, wenn du mich fragst!" "Du bist nur nicht sensibel genug, um die veränderte Aura um uns herum zu spüren!" "Jetzt tu bloß nicht so, ich bin mindestens so sensibel wie du!" "Jedes Nashorn ist sensibler als du! Du bist so einfühlsam wie eine Kreissäge! Dennoch....ich bin mir sicher, die gleiche Präsenz gefühlt zu haben wie damals im Museum!" "Aber klar....!" "He, wir sind ein Team, schon vergessen? Du könntest wenigstens den Versuch machen, meiner Intuition zu vertrauen!" "Solange es sich vermeiden läßt und nicht zwingend notwendig ist, werde ich darauf verzichten!" "Wem nicht zu raten ist...." "Behalt deine neunmalklugen Sprüche für dich, du Möchtegern-König!" "Behalt du deine blöden Beleidigungen für dich, du Kleinkrimineller!" "DU....!!!" "JA!?!" Bakura hatte sich umgedreht, um Yami ansehen zu können, doch aufgrund ihrer Position auf dem Pferderücken waren sie sich ziemlich nah. So kam es, dass ihre Gesichter nur wenige Zentimeter voneinander entfernt waren und ihr warmer Atem sich vermischte. Braun traf auf Violett und tauchte darin ein. Violett verschmolz mit Braun und verlor sich darin. >>Oh, das ist nicht gut!<< schoss es dem ehemaligen Regenten durch den Kopf, denn sein Blick glitt umherirrend zu den Lippen des Weißhaarigen und zum ersten Mal fiel ihm auf, wie voll und erotisch sie waren. >>Ich muss woanders hinschauen....merkwürdigerweise funktioniert es nicht!! Was ist los mit mir?! Ich meine, was interessiert mich sein Mund?! Die Augen sind vielleicht besser.... andererseits....sie....erinnern mich an Topase, so tief und bestechend sind sie....kein Wunder, dass seine Gegner schnell um ihr Leben winselten, wenn er sie betrachtete....mit diesen magnetischen Augen muss sein Blick hypnotisch und bedrohlich zugleich gewesen sein. Warum sagt er nichts?! Hat er seine Zunge verschluckt? Was starrt er mich so an?!<< >>Was starre ich ihn so an, verdammt?!?! Ich kenne ihn, ich habe ihn schon tausend Mal gesehen, also was soll das?! Okay, so nah bin ich ihm zuvor niemals gewesen....ich habe zum Beispiel nie seinen heißen Atem auf meiner Haut gespürt oder musste dabei fortlaufend daran denken, dass seine starken, sehnigen Arme um meine Taille geschlungen sind....argh!?! Ja, bin ich denn von allen guten Geistern verlassen?! Ich hasse ihn doch!!<< "Grabräuber...." Yamis Stimme klang leicht heiser. "WAS IST?!?!" "Wir sollten damit aufhören, uns gegenseitig anzuglotzen!!" "Äh....? Ah ja, natürlich, du hast recht!!" Sie wandten sich voneinander ab, irritiert und irgendwie verlegen, obwohl es ja eigentlich gar keinen Grund dafür gab. Lastendes Schweigen senkte sich auf sie herab, doch während der Dieb sich auf den Horizont konzentrierte, war der Meisterduellant abgelenkt von der störenden Aura, die nach wie vor in der Luft lag. Das Pferd trabte seelenruhig weiter, unbeeindruckt von den Querelen seiner beiden Reiter. Aus dem Sand vor seinen Hufen schoss aber plötzlich eine Schlange hervor, eine Kobra um genau zu sein, deren Fauchen genügte, um das Pferd scheuen zu lassen. Wild bäumte es sich auf und Bakura konnte es nicht mehr bändigen, sodass er und der Bunthaarige unsanft abgeworfen wurden. Verschreckt galoppierte es davon und der Grabräuber rannte fluchend hinterher. Er konnte unmöglich zulassen, dass ihnen das Tier durchging, denn dann würden sie erneut ohne Nahrung und Wasser sein! Er holte es ein, als es mit verschwitzten Flanken endlich stehenblieb und sprach tröstend auf es ein. Unterdessen musste der Pharao den aggressiven Bissattacken der Schlange ausweichen, die ihn angriff wie ein tollwütiger Hund. Er war sich sicher, es hier mit einem Diener von Apophis zu tun zu haben und sah seine Befürchtung bestätigt. Er zuckte zurück, als die Kobra erneut nach ihm stieß, aber diesmal trat er auf einen Stein unter dem Sand und verlor das Gleichgewicht. Sie kroch auf ihn zu und versenkte ihre Zähne tief in seinem Fleisch. Vor Schmerz schrie er auf und das alarmierte Bakura. Sein erster Gedanke war: >>Scheiße, die Schlange hab ich vergessen!<< Und der zweite: >>Ob ihm was passiert ist?!<< Der dritte: >>Und wenn schon! Das kann mir doch egal sein!!<< Dennoch lief er zurück und sein instinktiver Impuls war, die Kobra zu töten. Unter den Geschenken für die Tanzdarbietung befand sich auch ein schönes Messer mit juwelenbesetztem Griff und der Grabräuber holte es aus der Tasche hervor, wobei er sich langsam auf das giftige Tier zu bewegte und schließlich blitzschnell zuschlug wie ein Falke auf der Jagd. Er trennte ihr geschickt den Kopf ab und entfernte diesen vorsichtig von der Bisswunde. "Das ist schlecht, das war ein böser Biss. Das beste wäre, das Gift auszusaugen, bevor es das Herz erreicht, denn sonst bist du tot." Er schob das schwarze Hemd des anderen nach oben, bis knapp unter die Brustwarzen und stellte fest, dass die Zähne in die linke Körperseite eingedrungen waren. Die Verletzung blutete kaum, nur die Einstiche der tierischen Injektionsnadeln waren deutlich zu erkennen, zumindest für ein geschultes Auge wie das von Bakura. Er strich über die weiche Haut und fragte sich, ob damit seine Probleme nicht gelöst waren. Wenn der verdammte Pharao starb, war er ihn endlich los - und er hatte noch nicht einmal Schuld daran! Andererseits hatte es sich um eine Schlange gehandelt....das konnte also auch ein Attentat von Apophis gewesen sein. Möglicherweise hätte er Yamis Warnung ernster nehmen sollen....automatisch senkte er das Haupt und presste seinen Mund auf die Wunde, um das Gift aus den königlichen Adern zu saugen. Den Bunthaarigen durchzuckte bei dieser Berührung ein prickelnder Schauer; er warf den Kopf zurück und ließ ein verzerrtes Aufstöhnen hören, in dem sich Schmerz und ein Funke Lust vermengten. >>Oohh....was....tut er da?! Sei verflucht, Dieb!! Wie kannst du es wagen, mir so nah zu kommen?! Hmm....es ist unangenehm wegen der physischen Qual....aber trotzdem....diese verwünschten Lippen sind so....so....heiß....und seine Hände auf meinem Körper....Ich dachte immer, seine Hände wären brutal oder grob, aber tatsächlich sind sie ganz sanft....<< >>Mmmm....klingt er so, wenn die Fesseln des Begehrens ihn umfangen? Gar nicht übel....daran könnte man sich gewöhnen....AH!?! Schon wieder denke ich so einen Schwachsinn!! Außerdem, weshalb helfe ich ihm eigentlich?! Der Kerl könnte mir doch....oh, hm....seine Haut ist ganz warm und weich....und seine festen Muskeln unter meinen Fingern.... so....so verdammt....sexy....<< Er spuckte das vergiftete Blut aus und saugte stärker. Zwar war er sich klar darüber, dass er seinem Erzfeind gerade das Leben rettete, aber er war ihm ja noch etwas schuldig, da ihm der Pharao gleichfalls geholfen hatte, als die Hitze ihn überwältigt hatte. Als er endlich sicher war, all die todbringende Substanz entfernt zu haben, richtete er sich keuchend auf und marschierte mit ausgreifenden Schritten zu ihrem Pferd hinüber und fingerte an den Zügeln herum, als müsse er etwas zurecht ziehen, obwohl dies nicht der Fall war. Der Meisterduellant ordnete sein Hemd und musterte seinen Widersacher mit Erstaunen und einer Art Scham, die er nicht genau einschätzen konnte. Seine Kehle war trocken, doch er zwang sich dazu, dieses eine Wort auszusprechen, das ihm auf der Seele brannte: "....Danke." Bakura sog laut die Luft ein, ein Zeichen seiner Überraschung und seines Unglaubens. Er drehte sich nicht um, sondern schwieg eine Weile, ehe er ganz leise antwortete: "....Keine Ursache." Sie sahen sich dabei nicht an, setzten aber ihren Weg fort, ohne für den Rest des Tages auch nur ein einziges Wort miteinander zu wechseln. Selbst wenn sie es gewollt hätten, sie hätten es nicht über sich gebracht, einfach deshalb, weil sie beide unbewusst spürten, dass etwas sich veränderte - und diese Veränderung stürzte sie in tiefe Verwirrung.... Kapitel 6: Das Bad unter den Sternen ------------------------------------ Hier ist also das neue Kapitel! Seid doch so lieb und schreibt ein paar Kommis, Yami+Bakura muss vertreten werden, es gibt ohnehin nur so wenige FFs über die beiden! @YaKuRaMi: Hast du auf yaoi.de mein Kommi gekriegt zu deinem neuen Kappi? Ich hab's dort geschrieben, weil es hier auf animexx aus technischen Gründen nicht geklappt hat. Kapitel 6: Das Bad unter den Sternen Zwei weitere Tage waren vergangen und das Pferd schleppte sich nur noch mühselig voran, denn bisher hatte sich keine Gelegenheit mehr ergeben, um zu rasten. Die Sonne brannte erbarmungslos auf das seltsame Paar hernieder und sie hatten das Gefühl, bei lebendigem Leibe gekocht zu werden. "Hör mal zu, Pharao", keuchte Bakura, der in seinen schweißnassen Händen schlüpfrige Zügel hielt, "....wir müssen dringend mal eine Pause machen, sonst bricht das Tier zusammen und wir gleich mit! So schnell wird keine Schlange mehr auftauchen, Apophis wird sich erst was neues ausdenken müssen! Schau mal auf diese blöde Karte, was zeigt sie an?!" Yami umklammerte die Schulter des Weißhaarigen, als er seine Arme löste, um in der Hosentasche nach dem Schriftstück zu suchen. Der Dieb bemerkte es, sagte aber nichts. "Wenn wir, wie ich hoffe, noch auf der richtigen Route sind, müsste demnächst eine winzige Oase kommen, wo das Pferd ausruhen kann - und wir auch! Diese Sonne bringt mich noch um! Und du hattest schon mal einen Hitzschlag, nochmal muss das ja nicht sein! Beten wir, dass die Oase bald unseren Weg kreuzt!" "Ich bete aus Prinzip nicht." "Habe ich vielleicht von dir gesprochen?" "Du sagtest ,wir', wenn ich dich erinnern darf!" "Siehst du? Mein Hirn wird allmählich geröstet! Ich rede schon wirres Zeug!" "Dass dein Hirn geröstet wird, glaube ich weniger. Es kann nämlich nur geröstet werden, wenn man eins hat! Und dass du wirres Zeug redest, ist mir nun wirklich nicht neu, was anderes kommt dir ohnehin nie über die Lippen!" "Leute mit nichtvorhandener Intelligenz kommen natürlich nicht mit meinen Äußerungen zurecht, dazu ist ihre Entwicklungsstufe zu niedrig!" gab Yami prompt zurück und Bakuras Miene verfinsterte sich deutlich. "Spielst du etwa auf mich an?!" "Auf wen sonst? Du bist der einzige noch lebende Neandertaler, den ich kenne!" "Es ist unter meiner Würde, darauf zu antworten!" "Du hast tatsächlich so etwas wie Würde? Das muss ich glatt übersehen haben!" "Halt die Schnauze, du Muttersöhnchen!" "Geh Säuglinge erschrecken, du Pausenclown!" "Säuglinge???" "Klar, das sind schließlich die einzigen Menschen, denen du noch Angst einjagen kannst! Alle anderen würden sich über eine Jammergestalt wie dich lediglich totlachen!!" "DAS REICHT!!!!" Der Grabräuber packte den Pharao am rechten Arm und schleuderte ihn während des Galopps von dem Pferd herunter. Der Bunthaarige kullerte in den heißen Sand und keuchte und spuckte, als er einen Mund voll davon abbekam. Der Dieb zügelte das Tier und brach in schallendes Gelächter aus, denn das Bild des sich überschlagenden Königs, wie er über die Dünen kugelte, war einfach zu köstlich. Yami erhob sich in bedrohlicher Ruhe und näherte sich seinem Gegner in tiefem Schweigen. Dann schossen seine starken Arme nach oben und zerrten den verdutzten Bakura mit einem Schwung vom Sattel und drückte seinen Kopf in den Sand. Der andere wehrte sich und schlug wild um sich, bis er die Wange des ehemaligen Regenten traf. Yami ließ ihn los und der Weißhaarige würgte ein paar Körner aus. "Bah, widerlich! Na warte, das wirst du büßen, du Mistkerl!!" Zu einem unkenntlichen Knäuel verkeilt, bestehend aus zwei spitzen Haarschöpfen und zwei Paaren langer Beine, rauften sich die beiden am Boden und belegten sich dazwischen mit den besten Schimpfnamen, die ihnen einfielen. "Verfluchter Punk!" "Wischmopp!" "Igelkopf!" "Staubwedel!" "Arroganter Fatzke!" "Sturer Bock!" "Selbstgefälliger Bastard!" "Hinterhältiges Scheusal!" "Du Witz von einem Monarchen!" "Du armselige Kopie eines Banditen!" "Du nutzloses Stück Dreck!" "Du verlauster Straßenköter!" "Adeliger Pinkel!" "Klassenloser Wurm!" "Arschloch!" "Schlange!" Während ihres Handgemenges rutschten sie über einen kleinen Abhang und landeten mit einem satten Platsch! in einem Teich mit kühlendem Wasser. Das Pferd, das den Geruch des lebenswichtigen Nass aufgenommen hatte, trottete langsam hinter seinen Reitern her und senkte sein Maul, um zu trinken, als Yami und Bakura prustend an die Oberfläche kamen. "Alles deine Schuld! Hättest du nicht besser aufpassen können?!" "Was, meine Schuld?! Du hast doch damit angefangen, als du mich aus dem Sattel geworfen hast!" "Du hast mich beleidigt!" "Du mich vielleicht nicht, oder was?!" "Das ist was anderes!" "Eine dümmere Antwort ist dir nicht eingefallen, oder?" "Halt's Maul!" Sich gegenseitig angiftend und sich schüttelnd, stiegen die unfreiwilligen Partner aus dem Teich, mit durchnässten Klamotten und feuchten Haaren. Der Pharao holte die Karte hervor, wrang sie aus und überprüfte, ob sie noch lesbar war. Aber alles war nach wie vor klar zu erkennen, vermutlich, weil die Karte göttlichen Ursprungs war. Er sattelte das treue Tier ab und breitete auf dem Beduinenmantel etwas zu essen und zu trinken aus. "Was ist? Willst du dich nicht hersetzen? Wenn du es allerdings vorziehst, vor dich hin geifernd dort am Ufer stehenzubleiben, mir soll's recht sein!" "Ist das hier die blöde Oase, zu der wir kommen sollten?" "Ich glaube schon." "Glauben heißt nicht wissen!" "Ach, spitzfindig bist du auch? Dein Charakter ist wahrhaftig mies!" "Längst nicht so mies wie deiner!" "Hör auf, deinen üblichen Schwachsinn zu verzapfen und iss, sonst muss ich mir später nur wieder dein langweiliges und nervtötendes Gemecker anhören!" "Ich meckere nie!" "Oh, selbstverständlich, das tust du nie, es ist bloß dein Lebensinhalt und die einzige Art und Weise der Kommunikation, die du beherrschst!" "Fick dich!" "So tief wie du bin ich noch nicht gesunken!" "Das kommt noch! Wer hoch hinaufgestiegen ist, wird umso tiefer fallen!" "Egal, wie tief ich falle, ich werde wieder aufstehen und weitergehen - während an dir die Maden knabbern, denn so tief wie du in der Gosse steckst, bringt dich nichts mehr da raus!" "Du bist widerlich!" "Du auch." "Sei nicht so herablassend!" "Sei nicht so unverschämt!" Der Dialog zwischen ihnen kam zum Stocken, als Yami sich urplötzlich umdrehte und zum Horizont blickte. Die Sonne versank wie ein glutroter Edelstein in einen See aus Gold, der rötliche und rosige Schleier auf die Wolken und den Himmel malte. Gefangen und bezaubert von diesem Schauspiel, kletterte der Pharao die kleine Anhöhe hinauf und ließ diese großartige Kulisse auf sich einwirken. Das Licht des sich neigenden Tages umschmeichelte seine schlanke Gestalt und zauberte aufregende neue Akzente in die flammenden und blonden Strähnen seines Haares. Seine Augen schienen noch dunkler, noch intensiver zu sein als normalerweise, und seine makellose Haut schimmerte gesund und leicht golden. >>Oh Ra....<< durchzuckte es den Grabräuber, und das gewiss nicht zum ersten Mal. Sein Zorn verebbte und verwandelte sich in das ihm mittlerweile vertraute Ziehen in der Lendengegend. >>Das ist absolut nicht fair!! Scheiße!! Warum ist er bloß so....so verdammt schön?! Damals habe ich mich einzig und allein auf meinen Rachewunsch konzentriert und hatte kein Empfinden mehr für etwas anderes....deshalb habe ich mich niemals darum gekümmert, aber wenn ich es jetzt recht bedenke, habe ich das Volk sagen hören, dass viele den jungen Pharao begehren würden....Ich habe das nicht verstanden. Bis heute....<< Die nassen Kleidungsstücke waren ein weiterer problematischer Punkt, denn sie sassen bereits im trockenen Zustand relativ eng und nun....nun verbargen sie im Grunde fast nichts mehr; die Muskeln zeichneten sich unter dem schwarzen Stoff markant ab und die dunkelblaue Hose lag wie eine zweite Haut an diesen atemberaubenden Beinen und diesem....konnte er es wagen, ihn so zu beschreiben?....diesem....knackigen....Hintern....In einem spontanen Entschluss entledigte sich der Dieb seiner Klamotten und sprang noch einmal ins Wasser, um sich zusätzlich abzukühlen. Yami bemerkte davon nichts, denn er wandte sich erst wieder um, als die Sonne nur noch ein schmaler roter Streifen war. Umso erstaunter war er, die Sachen des Grabräubers auf einen Haufen geworfen vorzufinden, ohne eine Spur von ihrem Besitzer entdecken zu können. Als ihm die Boxershorts in die Hände fielen, fragte er sich unwillkürlich, ob sein Rivale tatsächlich hier irgendwo splitterfasernackt herumwanderte und errötete bei dieser Vorstellung. Da tauchte ein weißer Haarschopf aus den Fluten auf und der Grabräuber erklärte: "Ich dachte mir, ich nehme ein Bad, bevor ich noch einmal austrockne und aus den Schuhen kippe. Das Wasser ist nicht besonders tief, aber einmal den Kopf eintunken, das geht gerade. Bist du endlich fertig damit, wie ein Idiot den Sonnenuntergang anzuschauen?" "Nur weil dir der romantische Sinn dafür fehlt, bin ich noch lange kein Idiot, du Trottel! Aber das mit dem Bad ist keine schlechte Idee, obwohl es eine Idee von dir ist. Ich werde mich auch waschen, denn nur weil ich mich in der Umgebung eines Banditen bewege, muss ich ja nicht unbedingt wie einer riechen!" Bakura wollte eine seiner traditionellen patzigen Erwiderungen darauf liefern, aber seine Stimme verweigerte ihm den Dienst, als der ehemalige König anfing, sich komplett auszuziehen. Mechanisch verfolgte er, wie Kleidungsstück um Kleidungsstück von Armen und Beinen herunter wanderte und schlussendlich stand sein Erzfeind vor ihm, so wie die Götter ihn geschaffen hatten. Ungerührt kletterte der Pharao ins Wasser und streckte seine beanspruchten Gliedmaßen aus. Dem Grabräuber allerdings war nicht besonders wohl in seiner Haut, im Gegenteil. Obwohl es nun dunkel geworden war, die ersten Sterne sich zeigten und die Kälte der Nacht über sie hereinbrach, war ihm viel zu heiß für die äußeren Umstände. Das Blut rauschte ihm in tiefere Körperregionen und schien zu brodeln, brennende Begierde durchströmte ihn bis in die Zehen. Während er noch einmal untertauchte, um sich am Riemen reißen zu können, kam der Mond hinter einer Wolke hervor und warf sein helles Licht auf alles. Bakura durchstieß wieder die Oberfläche, wischte sich einige Strähnen aus der Stirn und sah zu dem anderen hinüber, der den Blickkontakt aufnahm. Obwohl der Dieb es ihm nicht anmerkte, war Yami nicht so ruhig und gefasst wie er sich gab. Der Mondschein ließ das weiße Haar fast silbern glänzen, die Wassertropfen auf der perlgleichen Haut glitzerten sanft, die muskulöse Brust und der flache Bauch waren ungemein anziehend und die üppigen, rosigen Brustwarzen waren ein wenig aufgerichtet, wie in stummer Einladung. >>Osiris steh mir bei....er ist so....so....so....unglaublich....verführerisch....Er hat immer versucht, mir mein Puzzle zu stehlen und mich zu töten, sodass mir nie aufgefallen ist, wie attraktiv er eigentlich ist....ziemlich attraktiv, um genau zu sein. Seine Augen sind so unergründlich und bestechend, wie Strudel, die mich einsaugen....und ich habe nicht die Kraft, dem zu widerstehen....verflucht sei er, dieser....dieser....Schönling....!!<< Er spürte, dass das Verlangen in seinen Lenden explodierte, unerwartet und abrupt, und es gelang ihm nicht, sich von seinem Gegenüber abzuwenden. Er ahnte, dass seine Augen seine widerstreitenden Empfindungen sichtbar ausdrückten und wirklich erkannte der Grabräuber, dass irgendetwas nicht stimmte. Das Feuer in den violetten Seen vor ihm jagte ihm ein Prickeln über den Rücken und der Gedanke, dass der Pharao ihn ebenfalls begehren könnte, erregte ihn zusätzlich. Er watete durch das Wasser und streckte seine Hand aus; streichelte die Stelle mit der Wunde, die der Schlangenbiss hinterlassen hatte. Die Berührung durchfuhr den Pharao wie ein Blitz und sein Atem beschleunigte sich. >>Wie sensibel er ist....wie leicht man ihn zum Erschauern bringen kann....Wie mag es wohl sein, ihn eine ganze Nacht lang in den eigenen Armen erbeben zu fühlen....?<< Sie sahen einander an, schweigend. Die Spannung zwischen ihnen wuchs bis ins Unerträgliche an, man konnte die erotischen Impulse, die durch die beiden hindurch rannen, förmlich mit den Fingern abtasten. Bakura packte ihn an den Oberarmen.... ....und schubste ihn grob ins Wasser. Der einstige Regent Ägyptens paddelte prustend nach oben und fixierte den breit grinsenden Weißhaarigen zornig. "WAS SOLLTE DAS?!?!" "Das war als kleine Rache gedacht für die Nummer mit dem Brunnen, als du mich einfach mitsamt Eimer in die Tiefe hast schnellen lassen! Du weißt doch, dass ich nachtragend bin!" "Ich hatte den Eindruck, du würdest lieber etwas anderes mit mir tun...." "Ach? Und was?" "Hm....mich küssen, zum Beispiel?" "TICKST DU NOCH RICHTIG?!?!" stieß Bakura hervor, dem es natürlich sterbenspeinlich war, dass er sein Begehren so deutlich hatte durchblicken lassen. "Allein die Vorstellung....! Bäh, da muss man ja kotzen!! Erwähne das nie wieder in meiner Gegenwart, kapiert?!" Yami grinste nun auch, strich sich lasziv durch das nasse Haar und säuselte: "Warum so nervös, Kura-chan? Ich weiß selbst, dass ich ein sexy Biest bin! Gehen dir etwa die Hormone durch?" Der suggestive Singsang dieser samtweichen, sinnlichen Stimme hatte in der Tat diese Wirkung, aber diesmal sammelte der Grabräuber all seine mentale Kraft zusammen, um die Kontrolle nicht zu verlieren. "Jetzt hör mal zu, Pharao: Dass du leicht zu haben bist, wusste ich ja, aber seit wann bist du irre?!?! Erstens hast du null Sex-Appeal und zweitens würde ich mich niemals mit einem minderwertigen, hinterfotzigen, arroganten, schwachsinnigen, eingebildeten Bastard wie dir einlassen!!! Du bist genauso ein Mistkerl wie dein verachtenswerter Vater, der meine Heimat ausgelöscht hat, nur um die verdammten Millenniumsgegenstände zu erschaffen!! Ein schöner Herrscher, der unschuldige Menschen ermordet, bloß um seine Macht zu vergrößern!!!" Yamis Augen wurden ganz kalt vor Wut. Es stimmte zwar, dass er sich an nichts aus seiner Vergangenheit erinnern konnte, aber Bakura war der letzte, den er für eine verlässliche Quelle hielt. Er war geneigt, eine Lüge zu erwarten, sobald der Dieb auch nur den Mund auftat, und die Beleidigungen über seinen Vater verletzten seinen Stolz. "Ich glaube dir kein Wort!!!" zischte er erbost, und das hämische Gelächter des Grabräubers fachte seinen Zorn noch mehr an. "Natürlich glaubst du mir nicht!!! Wie solltest du auch, du bist ja der festen Überzeugung, dass du aus einer hochwohlgeborenen, ach so edlen Familie stammst, die über jeden Zweifel erhaben ist!! Aber das ist nicht der Fall, das verspreche ich dir!! Dein Vater hat meine Existenz vernichtet, meine Kindheit, meine Familie, mein Leben!!! Ich war dabei - ich habe gesehen, wie die Soldaten des Pharaos meine Nachbarn abschlachteten, die Häuser in Brand steckten und mein Dorf dem Erdboden gleichmachten!! Ich war damals acht Jahre alt und musste miterleben, wie das Blut meiner Eltern und meiner Freunde im Sand versickerte!!! Ich hatte einen Grund, deinen Vater zu hassen....dich zu hassen!!! Es war mein Recht, Rache zu nehmen!!!" "Selbst wenn mein Vater all das getan hat....weshalb hat sich dann dein Hass auch auf mich gerichtet!?! Wenn du zu diesem Zeitpunkt noch ein Kind warst, kann ich doch nicht sehr viel älter gewesen sein!! Warum gibst du mir die Schuld?!?!" "Du bist der Sohn des Mannes, der mir alles genommen hat!! Ich musste dich hassen!!!" "Nein....nicht mich!! Sondern das, was ich verkörpere!!!" Die Entgegnung war scharf wie ein Schwertsreich. Bakura starrte ihn an. "Was soll das heißen?!" Der frühere König stemmte die Hände in die Hüften und erklärte: "Was hast du gegen mich persönlich?! Ich meine, wenn mein Vater wirklich verantwortlich ist für die Schrecken, die du erdulden musstest, warum bist du dann auf mich wütend? Es geht hier gar nicht um mich, gib es doch zu!! Dein Hass richtet sich gegen die Monarchie als Einheit, den Adel im allgemeinen, gegen Menschen, die sich für etwas Besseres halten, die glauben, sie könnten über das Leben oder den Tod anderer bestimmen!!" "Sei still....du hast ja keine Ahnung!!!" "Was hat es dir gebracht, all deinen Hass auf mich zu konzentrieren?! Noch mehr Wut, noch mehr Zorn, noch mehr Verbitterung, noch mehr Einsamkeit....glaubst du, deine Eltern hätten gewollt, dass du so ein bemitleidenswertes Leben führst, unglücklich und verdorben in deinem Vergeltungsdrang? Hass gebiert nur neuen Hass...." "Ich sagte: Sei still!!!" Bakura stürzte sich auf ihn und schloss erbarmungslos seine blassen Finger um die königliche Kehle. Yami krallte seine Nägel in die weiche Haut und trat seinem Feind in den Bauch. Der Dieb sackte zusammen und visierte ihn an wie ein Tiger seine Beute. Der ehemalige Herrscher war allerdings herzlich wenig beeindruckt; er schickte sich an, aus dem Wasser zu steigen und sich mit dem Beduinenmantel abzutrocknen. "Dreh mir nie den Rücken zu, Pharao!" raunte der Weißhaarige gefährlich. Er betrat das Ufer und ging langsam auf den Meisterduellanten zu, die dunkelbraunen Augen von unheilvollen Sturmwolken erfüllt, das Gesicht von wildem Hass verzerrt. Yamis Antlitz war regungslos, es war nicht zu erkennen, ob er Angst hatte oder sonst irgendwie betroffen war. "Ich soll dir nie den Rücken zudrehen, Bandit?" fragte er verächtlich. "Warum? Willst du mir ein Messer zwischen die Schultern rammen? Wer hätte gedacht, dass du so feige bist!" Nach diesen Worten, stolz, erhaben, eisig ausgesprochen, ohne die winzigste Spur von Furcht erkennen zu lassen, hatte Bakura den Eindruck, schreien zu müssen. In seinem Inneren tobte ein Orkan aus Hass, Begierde und Abscheu, aber er fand auch Respekt in diesem Sturm, den ihm der andere durch seine majestätische, unerschütterliche Haltung und seinen starken Willen abzuringen vermochte; er spürte die Härte dieses Charakters vor ihm, ein Mann aus Stahl. Genau wie er. Der Grabräuber zitterte, als diese Tatsache durch seinen Geist flutete. Er hatte seine Hände zu Fäusten geballt und musterte seinen Rivalen mit zusammengebissenen Zähnen. Der Pharao hatte sich den Beduinenmantel um die Hüfte geschlungen, dennoch war der Dieb sich der Nacktheit des Bunthaarigen unter dem Stoff nur zu klar bewusst und auch seine eigene Blöße fiel ihm wieder ein. Das Licht der Sterne malte helle Punkte auf Yamis noch immer ein wenig feuchte Haut, und der Zorn sowie die Aura seines unbezähmbaren Wesens, die von ihm ausgingen, zwangen Bakura dazu, die Augen zu schließen, um von der großen Schönheit des einstigen Königs nicht geblendet zu werden. Er hatte das Bedürfnis, ihn zu schlagen, zu küssen, ihn in der Luft zu zerreißen, ihn zu berühren, zu verwöhnen, ihm das Genick zu brechen, ihn zu halten, an sich zu pressen....er wollte ihn, hasste ihn, verdammte ihn, respektierte ihn, verachtete ihn....Er konnte sein arrogantes, siegessicheres Lächeln nicht leiden, wenn sie sich in einem Duell gegenüberstanden, und trotzdem fand er es anziehend, sexy....Er konnte seinen Gerechtigkeitsfimmel nicht leiden, seine Selbstgefälligkeit oder seinen Hochmut, ganz zu schweigen von der Art, mit der er Verlierer behandelte....von oben herab, demütigend, triumphal, grinsend, überlegen....aber nie, wirklich nie, war er faszinierender, königlicher, verabscheuungswürdiger, hinterhältiger, fieser, erotischer, begehrenswerter als in eben diesen Momenten, da er sein Geschick und seine scharfe Intelligenz unter Beweis stellte....!! Eine seltsame Sehnsucht teilte sich seiner Persönlichkeit mit, eine, die mit Yami zusammenhing und die er nicht begreifen konnte. Er näherte sich ihm, seine Brust wogte vor Empörung, Wut - und Erregung. Er konnte nicht mit dem Pharao....aber auch nicht ohne ihn, das hatte er nun kapiert. Sein Herz klopfte wie rasend, als violette Blitze ihn trafen, entschieden und furchtlos. Der Meisterduellant hatte sich um keinen Millimeter zurückbewegt. Er wich ihm nicht aus. Bei allen Göttern Ägyptens....warum nur machte ihn dieser Mann halb wahnsinnig?! "Pharao....!" "Grabräuber....?" Kapitel 7: Die Schriftrolle von Kul Elna ---------------------------------------- So, weiter geht's! ^______^ Ein dicker Gruß und ein dickes Dankeschön an YaKuRaMi und LOL-Girl, weil sie mir immer brav Kommis schreiben! *YaKuRaMi knuddel* *LOL-Girl knuddel* Hier ist also das neue Kapitel! Viel Spaß! Kapitel 7: Die Schriftrolle von Kul Elna ~~ Du siehst besorgt aus, Tochter. ~~ Der Gott der Götter, der Herr der Sonne, Ra, schritt von seinem Thron herunter und trat zu seiner Tochter Maat hinaus auf den Balkon des himmlischen Palastes, von wo aus man die Erde beobachten konnte. Sie hatte die Arme verschränkt und stieß einen tiefen Seufzer aus. ~~ Vater....habe ich falsch gehandelt? War es nicht recht von mir, meinen menschlichen Bruder und meinen fehlgeleiteten Schüler zu dieser Zusammenarbeit zu zwingen? Die Gefühle, die sie verbinden, sind widersprüchlich und intensiv....Vielleicht schaden sie ihrer Mission viel mehr, als dass sie ihnen nützen. Vielleicht wäre es besser gewesen, den Pharao alleine loszuschicken. Ich mache mir Vorwürfe. ~~ ~~ Dazu hast du keinen Grund. Ohne Aton stünde es schlechter um meinen menschlichen Sohn und Nachkommen, und das weiß er auch. Der Dieb kann ihm eine wertvolle Hilfe sein....außerdem hat er ein Recht darauf, zu erfahren, wer er wirklich ist. Er hätte nie ein Grabräuber werden sollen und wir sind es ihm schuldig, ihn über seinen wahren Weg aufzuklären....Er gehört an Atemus Seite, auch wenn er keine Ahnung davon hat. ~~ ~~ Was empfindet er für Atemu, was meint Ihr? ~~ ~~ Oh, ich weiß es sehr genau....aber ich werde mich hüten, es dir zu verraten, Tochter. Du musst es selbst erkennen lernen....ebenso wie die beiden. ~~ ~~ Ihr prüft mich, Vater? ~~ ~~ Ja. ~~ Yami und Bakura standen sich gegenüber und visierten sich an wie zwei kampfbereite Kobras. Dennoch loderte in ihren glühenden Augen neben dem Hass und der Wut zugleich die Flamme eines herrischen, aber ebenso leidenschaftlichen Verlangens, das ihre nackten Körper wie Magnete zusammenzuziehen schien. Der Grabräuber leckte sich begierig über die Lippen, auf einmal von dem Wunsch beseelt, die Weichheit dieses königlichen Mundes zu erproben. Ob er so sinnlich, so verheißungsvoll, so köstlich war wie er aussah? Seine Hände legten sich auf die makellosen Schultern und sein Kopf neigte sich dem anderen zu. Den Pharao durchströmte eine nie gekannte Hitze, als er bergriffen hatte, was sein Gegenüber plante. Der rationale Teil seines Verstandes befahl ihm energisch, den Kerl auf der Stelle mit einem Kinnhaken in die Realität zurückzubefördern, aber der gefühlsgesteuerte Teil sagte ihm etwas ganz anderes....In seinem innersten Kern erkannte der Bunthaarige, dass er wissen wollte, wie die Küsse dieses stolzen Bastards vor ihm schmecken mochten, wie es sein würde, diese starken Arme besitzergreifend um sich geschlungen zu spüren....Der Dieb kam immer näher, sein warmer Atem streifte seine entblößte Perlenhaut. Gebieterisch hob Bakura das Gesicht des einstigen Regenten an, starrte in diese funkelnden Amethyste und überbrückte die letzten Zentimeter. Ihre Lippen trafen sich und beiden schoss fast in derselben Sekunde eine Art Blitz durch die Körper; ein mächtiger Strom aus Sehnsucht, Begehren und Hingabe. Die Berührung brauste gegen die Ketten an, die jeder von ihnen um sein Herz geschmiedet hatte, um seine Einsamkeit und seine Verzweiflung zu vergessen und ihrer Herr zu werden. Sie donnerte an gegen verhärteten Hass, gegen Verbitterung, gegen Schmerz, gegen aufgestaute Tränen, gegen halsbrecherischen Stolz und Sturheit. Aber diese Ketten, die zwei unglückliche Herzen gefangenhielten, waren im Laufe von fünftausend Jahren entstanden - eine einzige Zärtlichkeit konnte diesen Kampf nicht gewinnen. Yami stieß in plötzlichem Ekel den Weißhaarigen zurück und dieser würgte und spuckte, als hätte er gerade eine schleimige Raupe geküsst. Hastig streifte sich der König seine Kleider über, schnallte sich seinen Dolch um und warf dem anderen seine Klamotten zu. "Zieh dir was an, damit ich deinen Anblick nicht noch länger ertragen muss!! Und wenn du so eine beschissene Nummer wie gerade vorhin nochmal bringst, schneide ich dir den Kopf ab!!" "Nicht, wenn ich dir vorher die Kehle aufschlitze und deine inneren Organe zum Trocknen im Wüstenwind aufhänge!!!" "Halt die Klappe, du verfluchter Mistkerl!!" "Verreck doch endlich, du Missgeburt!!" Und alles war wieder beim alten....nein. Beim alten war gewiss nichts mehr. Auch wenn es kein richtiger Kuss gewesen war, er hatte die Kontrahenten mit der erschreckenden Erkenntnis konfrontiert, dass sich etwas zwischen ihnen veränderte - und dass es eine tiefgreifende Veränderung war, über die keiner von ihnen auch nur annähernd nachdenken wollte. Bakura schlüpfte in seine Shorts und seine Jeans und zog sich das geringelte Hemd über die Schultern. Seine Finger fuhren die Konturen seines Mundes nach, auf dem noch immer ein sexuelles Brennen verblieben war, und er schluckte schwer. Oh Ra, das war so....so grauenhaft, so furchtbar....GUT....gewesen....Die Lippen des Pharaos waren so voll, so sanft, so betörend.... Einen derben Fluch ausstoßend, schnappte er sich den Beduinenmantel, wickelte sich darin ein, legte sich nieder und wandte Yami demonstrativ den Rücken zu. Der Meisterduellant hätte protestieren müssen, weil sein Rivale schon wieder ihre gemeinsame Decke für sich allein beanspruchte, aber im Moment traute er seiner Widerstandsfähigkeit nicht recht. Er streckte Bakura die Zunge heraus und stapfte davon, zu einer kleinen Felsformation, die in der Nähe der Oase aufragte und einen netten Aussichtspunkt abgab. Der Pharao kletterte hinauf und betrachtete stumm die nächtliche Landschaft um sich herum. Trotz der unfreundlichen Temperaturen war es ein Bild von ewiger und natürlicher Schönheit und Harmonie; der weite, scheinbar endlose schwarze Himmel mit den hellen, glitzernden Edelsteinen der Sterne, die sich darüber ausbreiteten wie über einen Teppich, die sanften Silhouetten der Hügel und Dünen, die Melodie des Wüstenwindes, der über den Sand strich und ihn zum Tanzen einlud - all das vermittelte Yami zum ersten Mal ein Gefühl der Heimat. Domino City verdiente diese Bezeichnung nicht, denn auch wenn er im 21. Jahrhundert leben konnte, es war nicht seine Zeit, nicht der Ort seiner Geburt, nichts, was wirklich zu dem Mann gehörte, der er einst gewesen war. Heimat, zu diesem Begriff zählten für ihn Dinge wie Sonne, Mittagshitze, Tempel, priesterliche Gesänge, der Glaube an die Götter, buntes Gewimmel in den Basaren, der Anblick der Pyramiden und der Sphinx....Ägypten war das Land, mit dem er in der Tiefe seines Herzens eine Verbindung spürte, die von Domino City nicht ausging. Ägypten, dieses Wort schmeckte nach Vertrautem, nach Vergangenheit, nach seinem wahren Ich, nach Familie....Ja. Ägypten war das Land. Sein Land. Und der einzige, der seine Sehnsucht nach Heimat verstehen konnte, weil er sie vermutlich ebenso empfand, war.... ....Bakura. Der ehemalige König umklammerte seine Knie mit den Armen und ließ seine Augen weiter über seine Umgebung schweifen. Die Worte des Diebes hallten in seinem Inneren wider: "Du bist genauso ein Mistkerl wie dein verachtenswerter Vater, der meine Heimat ausgelöscht hat, nur um die verdammten Millenniumsgegenstände zu erschaffen!! Ein schöner Herrscher, der unschuldige Menschen ermordet, bloß um seine Macht zu vergrößern!!!" - "Natürlich glaubst du mir nicht!!! Wie solltest du auch, du bist ja der festen Überzeugung, dass du aus einer hochwohlgeborenen, ach so edlen Familie stammst, die über jeden Zweifel erhaben ist!! Aber das ist nicht der Fall, das verspreche ich dir!! Dein Vater hat meine Existenz vernichtet, meine Kindheit, meine Familie, mein Leben!!! Ich war dabei - ich habe gesehen, wie die Soldaten des Pharaos meine Nachbarn abschlachteten, die Häuser in Brand steckten und mein Dorf dem Erdboden gleichmachten!! Ich war damals acht Jahre alt und musste miterleben, wie das Blut meiner Eltern und meiner Freunde im Sand versickerte!!! Ich hatte einen Grund, deinen Vater zu hassen....dich zu hassen!!! Es war mein Recht, Rache zu nehmen!!!" Ich war DABEI. Ich habe GESEHEN, wie die Soldaten des Pharaos meine Nachbarn abschlachteten, die Häuser in Brand steckten und mein Dorf dem Erdboden gleichmachten. Ich hatte einen GRUND, deinen Vater zu hassen. Es war mein RECHT, Rache zu nehmen. Ich war dabei.... Ich habe es gesehen.... Ich hatte einen Grund.... Es war mein Recht.... Yami vergrub sein Gesicht in seinen Händen. Je länger er diese Worte in Gedanken wiederholte, umso klarer wurde ihm bewusst, wie viele Gefühle der Grabräuber in sie hineingelegt hatte. Zwar hatte er sie so bissig und hart ausgesprochen wie alles, was er sagte, aber jetzt erkannte er, was die tatsächliche Botschaft dahinter war - diese Worte trugen Schmerz und Verzweiflung in sich, Angst, Zorn, ungeweinte Tränen, seelische Qualen....Ein untrügliches Zeichen für ihre Wahrhaftigkeit. Der Bandit hatte nicht gelogen. >>Soll das heißen, dass es wirklich mein Vater war?! Dass er für diese Gräueltaten verantwortlich ist?! Dass ich von einem grausamen Tyrannen abstamme?! Nein, ich will das nicht glauben!! Seit ich denken kann, wollte ich nie etwas anderes, als meine Vergangenheit zu ergründen, herausfinden, wer ich bin. Aber....wenn die Wahrheit mich erschrecken würde? Was, wenn ich eine Natur meiner Selbst entdecken würde, die ich nie akzeptieren könnte?! Sollte ich es deshalb nicht gerade wissen?! Aber ich fürchte mich davor! Könnte ich einem Ich in die Augen sehen, das sich als unfähiger König erweist, der sein Volk knechtet? War wirklich mein Vater der Schuldige für das Massaker, das Bakuras Herz zerrissen hat?<< Ein Licht erstrahlte vor ihm und der Bunthaarige sprang auf. Es war Maat, die ihn mit einem traurigen Lächeln bedachte. ~~ Ich habe Euren Kummer und Eure Ratlosigkeit gespürt, mein Bruder auf Erden. Wenn Ihr nach Antworten verlangt, so will ich Euch einige geben. Ich schenke Euch das hier - aber es ist an Euch, dieses Geschenk zu beanspruchen. ~~ Sie reichte ihm eine alte Pergamentrolle, die mit einer seidig glänzenden Kordel verschlossen war. Ein Siegel baumelte daran und als Yami es genauer betrachtete, fiel ihm die Hieroglyphe für "königlich" auf. Die anderen konnte er nicht konkret zuordnen, aber bei dieser war er sich sicher über deren Bedeutung. "Was....was ist das?" ~~ Diese Schriftrolle stammt aus der Königlichen Bibliothek des Palastes....Eures Palastes selbstverständlich. Man verwahrte sie einst in der ,Verbotenen Abteilung'. ~~ "In....der ,Verbotenen Abteilung'? So etwas gab es?" ~~ Ja. Sie diente zur Aufbewahrung von Schriftstücken, die den Hof nichts angingen. ~~ "Oder die ihn nichts anzugehen hatten, richtig? Wovon....erzählt diese Schriftrolle?" ~~ Sie erzählt die Geschichte von Kul Elna, jenem Dorf, das vernichtet wurde, um mit den Seelen der Verstorbenen die Millenniumsgegenstände zu erschaffen. ~~ "Was?!" ~~ Sohn des Ra, dieses Pergament wurde mit einem Zauber versehen, damit kein Außenstehender je die Wahrheit über die sieben Heiligen Schätze des Königreiches erfahren sollte. Ihr jedoch, der Ihr wie alle Mitglieder des Herrscherhauses einen Funken der göttlichen Kraft meines Vaters in Euch tragt, seid in der Lage, Euch die Geschichte auf diesem Papier zugänglich zu machen! Es steht Euch frei, sie mir ungeöffnet zurückzugeben....oder die Antworten zu erhalten, die Ihr Euch wünscht - zumindest ein paar von ihnen. ~~ Der Meisterduellant zögerte. Es stimmte also, dass das Dorf des Grabräubers ausgelöscht worden war, um die Millenniumsartefakte zu kreieren?! Er umfasste das Schriftstück und flüsterte: "Selbst wenn ich die Wahrheit nicht ertragen kann....ich muss es wissen!" Bakura lag, noch immer schmollend, in den Mantel gehüllt am Boden, wütend auf den Pharao und auf sich selbst, da er sich hatte gehen lassen. Schließlich richtete er sich mürrisch auf. "Also, Yami, ich....he?!" Er sah sich um und merkte, dass der Grund seines Gefühlschaos' verschwunden war. Doch in geringer Entfernung, auf einem kleinen Felsplateau, entdeckte er die schlanke Gestalt des Monarchen, mit irgendetwas Länglichem in der Hand, das ein gleißendes Licht ausstrahlte. Neben ihm konnte er die schöne Erscheinung der Göttin Maat erkennen. Was machte die hier? Er raffte sich auf und näherte sich dieser seltsamen nächtlichen Zusammenkunft. Der Bunthaarige war damit beschäftigt, das magische Siegel zu lösen, und auf seiner Stirn war das Udjat-Auge aufgetaucht. Noch nie zuvor hatte er ohne das Millenniumspuzzle Gebrauch von seiner Kraft gemacht, und umso erstaunter war er, als er feststellte, dass das Artefakt offenbar nur als Mittler einer Magie fungiert hatte, die ihm längst innewohnte. Endlich sprang das Siegel auf und ein Beben erschütterte die Umgebung. Der Grabräuber stürzte und wollte dem Pharao schon etwas Unflätiges an den Kopf werfen, als er registrierte, wie sich die Landschaft um ihn herum veränderte. Lehmhäuser standen auf einmal dort, wo vorher nichts als Sand gewesen war, er hörte die Stimmen von Menschen und die Geräusche von Tieren in ihren Pferchen. Ein kleiner Junge von ca. acht Jahren schleppte einen Wassereimer zu einer Frau hinüber, die gerade eine Ziege melkte. Yami war von der Anhöhe heruntergeklettert und beobachtete das Geschehen. Noch war ihm Bakuras Anwesenheit nicht aufgefallen, da seine Sinne im Moment von der Vision beansprucht wurden. "Mutter, ich habe das Wasser geholt!" Die Frau mit dem langen silbernen Haar wandte sich um und lächelte ihren eifrigen Sohn herzlich an. "Vielen Dank, Aton. Dann schütte es in den Zuber und wasche dich." "Ich will mich nicht waschen! Schmutzig zu sein ist schöner!" Seine Mutter lachte und wuschelte dem Kind zärtlich durch die ebenfalls silbernen Haare. "Bald findet ein besonderes Ereignis statt. Dazu musst du rein und ordentlich sein, verstehst du? Du kannst unserem Herrscher doch nicht von oben bis unten dreckig unter die Augen treten!" "Ich werde den Pharao treffen? Warum? Weshalb sollte er arme Leute wie uns empfangen?" "Wenn es soweit ist, werde ich dir die Wahrheit offenbaren, mein Sohn. Und jetzt geh dich waschen." Aton nickte und stapfte in eines der Lehmhäuser. "Das....dieses Kind....das ist....Bakura, nicht wahr?" ~~ Richtig, mein König. Das ist Euer Erzfeind, bevor Hass, Rache, Verbitterung und Einsamkeit ihn von dem sorglosen, lieben Kind in einen harten, unversöhnlichen Mann verwandelten, für den nur noch Vergeltung und der eigene Vorteil zählten. ~~ "Von welchem Ereignis spricht seine Mutter? Kennt sie den Pharao tatsächlich?" ~~ Sie....sie starb, ehe sie ihrem Sohn die Wahrheit sagen konnte. Beobachtet weiter....wenn Ihr bereit seid, der Grausamkeit die Stirn zu bieten! ~~ Der Dieb war indessen unfähig, sich zu rühren. Seine Augen sogen sich an dem Frauenantlitz fest und ein warmes, wundervolles Gefühl durchströmte sein Herz. Er erinnerte sich klar und deutlich an dieses Gesicht mit dem herrlichen Lächeln und den sanften, fürsorglichen Augen in sattem Grün, die ihm stets mit Liebe begegnet waren....das war sie, Meret, seine Mutter!! Er verspürte den starken Drang, auf sie zuzulaufen und sich in ihre Arme zu werfen, aus denen das Schicksal ihn viel zu früh fortgerissen hatte. Aber er wusste, dass das hier lediglich ein Bild der Vergangenheit war, nicht die Realität. Es wurde dunkel über Kul Elna, und die Szenerie wechselte zu der jener schrecklichen Nacht, die den Grabräuber noch jahrelang danach in Alpträumen verfolgte. Berittene Truppen stürmten das Dorf und die Soldaten, bewaffnet bis an die Zähne, schwärmten aus, zündeten die strohgedeckten Dächer an und töteten, was ihnen vor die Schwertklingen kam. Yami sah entsetzt zu, fassungslos, ungläubig; vor seinen Augen verdichteten sich Feuer, Blut, Schreie und Zerstörung zu einem grässlichen Massaker. Krieger, die wehrlose Frauen umbrachten, unschuldigen Kindern die Kehlen durchschnitten und den Männern feige von hinten den Lebensfaden durchtrennten. Ein Reiter kam heran, in kostbare Gewänder gekleidet und mit Goldschmuck ausgestattet. Dem einstigen König stockte der Atem. War das....der Pharao? "Eure Arbeit hier ist beendet, Männer!" verkündete er. "Wir haben die schlechten Seelen dieser Menschen geopfert, um die sieben Gegenstände zu erschaffen, die unsere Feinde besiegen werden! Ich bin zufrieden mit euch!" "Wer ist das?" Er brachte die Frage kaum über die Lippen. "Ist das....mein....Vater....?" ~~ Nein. ~~ Bakura, gebannt von der Wiederholung des Ereignisses, das er seit damals tief in die Abgründe seines Herzens gesperrt hatte, zuckte zusammen, als er das hörte. Nein. Wie ein Echo klang dieses eine Wort in seinen Ohren. Wie konnte das sein?! Das war der Mann, den er gesehen hatte!! Aber er war NICHT der Pharao?! Das war doch unmöglich!! ~~ Das ist Akunadin, der jüngere Bruder von Pharao Akunumkanon. Er hat Kul Elna angegriffen, ohne seinem Bruder etwas davon zu erzählen. ~~ "Dann....ist mein Vater....nicht dafür verantwortlich?" Der Bunthaarige kämpfte mit den Tränen der Erleichterung, überwältigt von den Eindrücken, die er gewonnen hatte. Der Gedanke, dass es nicht sein Vater gewesen war, der diese Grausamkeiten befohlen hatte, nahm eine schwere Last von seinen Schultern. Dennoch....sein Onkel....war schuldig.... "Aber....warum hat Akunadin das getan? Was meinte er mit den ,schlechten Seelen'?" Er erhielt keine Antwort, jedenfalls nicht sofort, denn in dieser Sekunde, als die Soldaten wieder abzogen, arbeitete sich unter den Trümmern eines Hauses eine kleine Gestalt hervor. Es war Aton. Sein Kindergesicht war tränenüberströmt und seine rechte Wange war von einer übel blutenden, hässlichen Wunde entstellt, die später zu der kreuzförmigen Narbe werden würde, wie ein Mahnmal an diese Nacht, damit er sie niemals vergessen sollte. Der Junge blickte zu dem nunmehr leblosen Körper hinüber, der sich vor ihn geworfen hatte, um ihn zu schützen. Merets Haar war zerzaust, ihre Knochen von den Gesteinsbrocken zerschmettert. Ihr Sohn kniete sich hin, streichelte sie und würgte zwischen seinen Schluchzern hervor: "Mutter....sag doch etwas....Mutter....? MUTTER!!!" Die Tränen rannen unaufhaltsam fort, vermischten sich mit dem Blut und tropften auf das fleckige Gewand des Kindes, um das kleine, heimatlose Geschöpf herum nichts als Trümmer, Rauchschwaden und Leichen. Yami, der trotz seiner Arroganz und seiner Sturheit ein mitfühlendes Herz besass, dem Kummer und Verzweiflung nicht fremd waren, näherte sich Aton und wollte ihn umarmen, um ihn zu trösten; ein plötzlicher Impuls, der zu stark war, um ihn einfach zu ignorieren. Doch seine Hände griffen ins Leere, denn es handelte sich ja nur um eine Illusion. "Warum....musste....das passieren?!" presste er hervor und sein Widersacher, der alles mit verfolgt hatte, schluckte schwer. Kein Mitleid....sondern Mitgefühl?! Der verdammte Pharao war in der Lage dazu?! "Glaubst du mir jetzt?" zischte er, aber der Äußerung fehlte die beabsichtigte Schärfe. Der ehemalige Regent Ägyptens drehte sich um, gewahrte bestürzt den Banditen, der ihn abweisend musterte. "Du hast alles gesehen?" "Was ist das für eine lächerliche Frage?! Das sind die Bilder, die mich Zeit meines Lebens gejagt haben! Diesen Mann....ich habe ihn für den Pharao gehalten. Unter den Trümmern hat mich niemand bemerkt, aber ich habe sie beobachtet, diese....diese Schlächter! Und auch wenn er nicht dein Vater war, ändert das nichts, denn die Schuld lastet auf deiner Familie! Bist du stolz darauf, dass dein Onkel die Macht eurer Herrschaft mit dieser Gräueltat erkauft hat?! Präge dir das alles nur gut ein, Pharao, damit du endlich weißt, weshalb ich dich vernichten wollte!! Das ist es, was das Königtum mir hinterlassen hat!!" Die Vision verschwamm und löste sich auf. Sie kehrte in die Schriftrolle zurück und Maat nahm sie an sich. ~~ Du irrst dich, mein fehlgeleiteter Schüler. Zwar war es Akunadins Körper, der hier war, war es seine Stimme, welche die furchtbaren Befehle gab....aber es war nicht sein Wille. Jemand anderer hat ihn gesteuert. Jemand, dem es einzig darum ging, dein Leben auszulöschen - leider ist es ihm nicht geglückt, denn ich habe meine schützende Hand über dich gehalten. Meret, deine Mutter, bat mich kurz vor ihrem Tod, weiterhin über dich zu wachen, welchen Weg du auch einschlagen würdest....und ich versprach es ihr. ~~ "Was....was redet Ihr da?!" ~~ Wenn du die Wahrheit erfahren willst, bereit bist, sie mit deinem Herzen zu ergründen, werde ich dir....nein, euch beiden....die ganze Geschichte erzählen. Ich gebe euch bis zum Morgengrauen Bedenkzeit. Lehnt ihr mein Angebot ab, soll es so sein. Wenn nicht....~~ Sie verschwand in einem Lichtstrahl und ließ zwei sehr verwirrte und irritierte Männer zurück. Yami war unsicher, welche Meinung er sich nun über den anderen bilden sollte, denn das, was er eben erlebt hatte, hatte ihn zumindest ansatzweise begreifen lassen, welcher Schmerz und welche Trauer die Seele dieses Mannes gepeinigt haben mussten. Der Weißhaarige wirkte zermürbt und seltsam erschöpft, ein leichtes Zittern hatte ihn gepackt. "Ba....Bakura....?" Er schritt auf ihn zu, streckte eine Hand aus, doch bevor sie den Dieb berühren konnte, schlug er sie grob zur Seite. "Ich warne dich: Fass mich nicht an, verstanden!?! Dein falsches Mitleid kannst du dir sparen, Pharao!!" Er spuckte aus und lief zu ihrem Lagerplatz zurück, wo er sich den Mantel schnappte, das Pferd sattelte und in die Dunkelheit davon preschte. "Verflucht, bleib hier, du Narr!! Sei kein Dummkopf, alleine hast du da draußen keine Chance!!" So schnell ihn seine Beine trugen, rannte er hinter dem Flüchtigen her und bekam um Haaresbreite dessen Fußgelenk zu fassen. Er zog mit aller Kraft, der Grabräuber geriet aus dem Gleichgewicht und rutschte vom Pferderücken herunter. "Was fällt dir ein?! Nimm deine dreckigen Griffel von mir!!" "Erst, wenn du wieder zur Vernunft gekommen bist, Dieb!! Maat hat gesagt, dass sie uns alles erzählen wird, wenn wir uns für die Wahrheit entscheiden sollten! Außerdem hege ich kein Mitleid für dich, du Idiot! Du bist nicht jemand, den man bemitleidet, denn so unschuldig du damals gewesen bist, deine Taten als Mann waren immer und zu hundert Prozent deine eigenen! Ich empfinde Mitgefühl....für das Kind, das du einst gewesen bist, weil man diesem Kind alles genommen hat, was es liebte! Aber dich bemitleiden....? Niemals!" Sie lagen im Sand, der Meisterduellant zuunterst, der Bandit über ihm. Sie sahen einander in die Augen, dunkle Topase trafen auf leuchtende Amethyste. Bakura spürte eine unbekannte Macht, ein neue, eigentümliche Emotion in sich aufwallen, die er nicht einordnen konnte. Das adelige Antlitz betrachtete ihn stumm, seine Züge schienen wie gemeißelt zu sein, die edlen, makellosen Züge einer Statue, hinter denen sich ein Wesen von eiserner Willenskraft und glutvoller Leidenschaft verbarg. >>Warum zwingst du mich in solch eine Situation, oh Ra?! Was versprichst du dir bloß davon?! Schönheit, Härte, Stolz, innere Stärke, Mut, Furchtlosigkeit....all das sind Dinge, die ich an einem Mann schätze! Aber warum gerade er?! Warum muss es ausgerechnet dieser verwünschte Pharao sein?! Warum....muss er derjenige sein....den ich begehre....?!<< >>Boshaft, brutal, hinterlistig, ja, das bist du....aber du hast tatsächlich ein Herz. Ein Herz, das man misshandelt und dem man wehgetan hat. Wenn man dich innerlich nicht so geschunden hätte, was wäre dann wohl für ein Mann aus dir geworden? Du verfügst über hohe Intelligenz, Schlagfertigkeit, Stolz, Kampfgeist, Härte....Eigenschaften, die ich durchaus schätze. Und du bist schön, Bakura....anziehend....begehrenswert....Oh Ra, warum er?!<< Noch immer konnten sie ihre Blicke nicht voneinander lösen. So bemerkten sie auch nicht, dass eine Schlange durch den Sand kroch, eine Kobra, um genau zu sein. Eines ihrer Augen war von einer Narbe gezeichnet, das andere schimmerte blutrot und unheimlich in der Finsternis. Apophis. Fortsetzung folgt... Kapitel 8: Der erste Kampf -------------------------- *reinrollt* Huhu! Da bin ich wieder, mit einem neuen Kapitel zu Yami+Baku im Gepäck! Viel Spaß beim Lesen!^^ Kapitel 8: Der erste Kampf Bakura und Yami sahen einander immer noch an. Ihre Herzen schienen im Gleichklang zu schlagen, nichts um sie herum war mehr von Bedeutung. Und das war ein fataler Fehler, denn Apophis in seiner Tiergestalt kroch näher heran und wurde dabei größer und größer. Der Pharao, der ja unter dem Weißhaarigen lag, erkannte mit Schrecken das monströse Wesen, das sich im Schein des Mondes über ihnen erhob und stieß den anderen zur Seite, als der Dämon mit seinem teuflischen Gebiss herniederfuhr. Der Grabräuber rappelte sich fluchend auf und starrte zornig in das Antlitz des gigantischen Reptils. Das blutrote Auge musterte ihn kalt und in dem sonst so hartgesottenen Dieb keimte die Furcht auf. Er spürte einen uralten Hass in diesem Geschöpf, todbringend und verderblich, und er hatte mit einem Mal das starke, seltsam instinktive Bedürfnis, Yami von hier fort zu bringen, irgendwohin, wo ihn diese Kreatur nicht erreichen konnte. „Apophis!" zischte der Bunthaarige indessen und zog seinen Dolch. „Was willst du?! Uns angreifen? Umbringen? Maat hat mir berichtet, was du planst! Ich werde niemals zulassen, dass die Erde unter deine Herrschaft fällt! Und auch die Macht des Ra wird dir nie gehören!" „Seid Ihr Euch da wirklich sicher, Sohn des Ra? Dabei ist alles so einfach! Ein einziger Biss von mir würde genügen, um Euch zu töten! Was kann Eure lächerliche Waffe gegen mich ausrichten!?! Ohne das Sonnen- und das Mondschwert seid Ihr kein Gegner für mich! Macht Euch bereit! Dies ist Euer Ende!!" Damit stieß er nach seinem Feind und Yami vollführte eine rasche Abwehrattacke. Die Klinge des Dolches schlitzte die dicke Schuppenhaut jedoch kaum und die riesige Schlange ließ ein gehässiges Lachen hören....das sich plötzlich in einen kehligen, schmervollen Aufschrei verwandelte. Apophis drehte sich um und gewahrte Bakura an seinem Schwanzende. Der Dieb hielt das Messer mit dem kostbaren Griff in der Hand, mit dem er auch schon das erste Reptil geköpft hatte, von dem der Meisterduellant gebissen worden war. Er hatte mit einem kraftvollen Hieb die Schwanzspitze abgetrennt und schwenkte das blutende Stück Fleisch herum wie einen Gewinn beim Preisschießen. „Das gehört dir, glaube ich!" sagte er boshaft und der Dämon rastete komplett aus. Er stürzte sich wutschnaubend auf den Weißhaarigen, die schrecklichen Giftzähne entblößt und schnappte nach seiner Beute. Das auserwählte Opfer aber war flink wie ein Wiesel und schlüpfte zwischen den bleichen Beißern hindurch, sprang zur Seite oder duckte sich geschwind weg, ehe er getroffen wurde. Dann allerdings, in einer einzigen Sekunde der Unachtsamkeit, in der er einen kurzen Blick Richtung Yami erhaschte, um zu sehen, ob es ihm gut ging, schlug die Bestie zu - das mörderische Gebiss durchdrang seine rechte Schulter und der Grabräuber schrie auf. „BAKURA!!!" Bildete er sich das ein, oder klang die Stimme des Pharaos angsterfüllt und entsetzt? Durch einen Nebel aus körperlicher Pein beobachtete er, wie der Bunthaarige sich zwischen ihm und der Schlange aufbaute und die Arme ausbreitete. „Genug, verdammt! Dass du mich jagst, verstehe ich ja, aber weshalb bist du auch hinter ihm her?! Wenn du schon jemanden töten musst, so töte mich!!" „Wenn Ihr Euch so nach dem Tod sehnt....!!!" Ein grauenhafter Moment verstrich, in dem die widerlichen Zähne und der weit aufgerissene Rachen so nah waren, dass Yami den Atem der Kreatur riechen konnte - ein abscheulicher Gestank nach Tod und Verwesung. Er schloss die Augen, als auf einmal ein lautes Kreischen die Luft durchschnitt. Apophis zuckte zusammen und starrte hinauf in den Himmel, ein unerträgliches Gefühl von Gefahr bemächtigte sich seiner. Ein Falke schoss aus dem dunklen Firmament herab, spreizte die Krallen und bohrte sie tief in den massigen Schlangenkopf. Sobald er mit dem Wesen in Berührung kam, begann der Körper des Raubvogels zu glühen und in einem grellen Lichtschein wurde der Dämon zu Boden geschleudert. Ein Blutrinnsal tröpfelte aus seinem Maul und er schrumpfte zu der Größe eines normalen Reptils zusammen. Angestrengt und mühsam richtete er sich auf und sein rotes Auge musterte den Falken, der sich vertrauensvoll auf die Schulter des verblüfften Pharaos gesetzt hatte, mit abgrundtiefem Hass. „Wie kannst du es wagen, dich einzumischen, Horus?!" ~~ Ra hat mich geschickt, um über seinen irdischen Sohn zu wachen. Du hast doch wohl nicht erwartet, dass wir es dir so leicht machen würden? ~~ antwortete der Gott in Falkengestalt hoheitsvoll und strich sich einmal putzend über das Gefieder. ~~ Merke dir: Was vom Schicksal vorherbestimmt war, wird irgendwann eintreten, auch wenn du glaubst, du hättest es zerstört. Was vereint sein sollte und vereint sein muss, wird sich vereinen, wenn die Zeit gekommen ist - dieser Tag wird der Tag deiner Vernichtung sein! Heil der Göttlichen Verschmelzung! ~~ „Die Göttliche Verschmelzung wird nicht stattfinden!! Niemals! Dafür habe ich gesorgt....schon vor fünftausend Jahren!" ~~ Zum letzten Mal: Du kannst nicht verhindern, was vorherbestimmt ist! ~~ Mit einem dumpfen Grollen und einem bösartigen Zischeln verkroch sich Apophis in den Dünen und verschwand. Danach flog Horus zu Bakura hinüber, der schwer atmend im Sand lag. Blut rann über seine Schulter und das Gift begann zu wirken, wie man an seinem qualvoll verzerrten Gesicht erkennen konnte. Die Gottheit betastete die Verletzung mit ihrem Schnabel und auf ihrer Stirn erschien das dritte Auge. Es leuchtete feurig und als das Tier das Haupt senkte und das magische Auge auf die Wunde presste, war es, als drücke man ein glühendes Eisen darauf. Der Dieb stieß einen grässlichen Schrei aus und Yami kniete sich neben ihn. Automatisch packte er eine der verzweifelt zuckenden Hände und umklammerte sie fest, als wolle er den anderen nie wieder loslassen. Nach und nach schien das Brennen aufzuhören und der Falke hob befriedigt den Kopf. Auf der blassen Haut des Grabräubers war die Form des Horus-Auge noch sichtbar, aber die Wunde hatte sich geschlossen und das verkrustete Blut zerbröckelte und fiel einfach ab. ~~ Das Gift hat seinen Körper noch nicht ganz verlassen. Gebt ihm das hier zu trinken, Sohn des Ra. ~~ Ein Funkeln materialisierte sich zwischen den königlichen Händen und schließlich hielt er eine kleine, violett getönte Karaffe mit goldenem Griff darin, der ein merkwürdig süßer Duft entströmte. „Was ist das?" ~~ Ein Heiltrank. Flößt ihm ein paar Schlucke ein und haltet ihn warm. Der verderbliche Zauber des Schlangenungeheuers ist stark und führt dazu, dass der Körper des Opfers erkaltet, obwohl es noch nicht tot ist. Wenn die Kälte ihn erfasst hat, gehört er Apophis! ~~ „Ich habe verstanden. Ich danke Euch sehr, dass Ihr uns gerettet habt, ehrenwerter Horus. Ihr sagtet, Ra hätte Euch geschickt?" ~~ Das ist richtig. Er gibt auf Euch acht, mein Pharao. Seid Euch seines Schutzes sicher....er ist Euch treu! ~~ Damit schwang er sich in die Lüfte und ließ die beiden Männer in der Wüste zurück. Der Bunthaarige blickte sich um und entdeckte in einiger Entfernung das Pferd, das beim Auftauchen der Bestie davon galoppiert war. Es wirkte verängstigt, doch während der einstige Monarch ruhig und sanft auf es einredete, wagte es sich hinter der Palme hervor, zu der es gelaufen war und folgte seinem Reiter schließlich bis zu der Stelle, wo der Kampf stattgefunden hatte. Er holte den Beduinenmantel aus einer der Satteltaschen hervor und breitete ihn über seinem Kameraden aus. Im Anschluss daran öffnete er die Karaffe mit dem Heiltrank und setzte sie an die weichen Lippen des anderen. Ein, zwei Tropfen perlten auf seinen Mund, aber Bakura schien es nicht zu merken. >>Er ist tatsächlich ohnmächtig geworden....was mache ich jetzt? Ich kann nicht zulassen, dass er in die Hände von Apophis fällt! Was soll ich....<< Der Bandit wand sich und stöhnte gepeinigt auf. Yami nutzte diese Gelegenheit, nahm einen großen Schluck aus dem Fläschchen und presste seine Lippen auf die des Weißhaarigen. Auf diese Weise verabreichte er ihm die Flüssigkeit und zwang ihn dazu, sie zu schlucken. Er wiederholte es zweimal, danach verschloss er die Karaffe und stopfte sie in eine der Taschen, um sie nicht zu vergessen. Ihr Feind hatte sich vorerst zurückgezogen, um seine Wunden zu lecken, aber wie lange würde das dauern? Außerdem....warum hatte Bakura sich eingemischt? Der Dämon wollte ihn töten, doch das Abschneiden seiner Schwanzspitze ließ ihn den Dieb ins Visier nehmen. Sein eigenes Verhalten war allerdings auch nicht weniger seltsam, denn er hatte den Grabräuber beschützt, eindeutig! Weshalb war er dazwischen gegangen? Stumm betrachtete er seinen Rivalen und registrierte sein leichtes Zittern. Er krabbelte kurzentschlossen unter den Mantel, deckte sie beide bis zum Kinn zu und schlang, nach einigem Zögern, seine Arme um den geschundenen Leib, um ihn zu wärmen, wie Horus es ihm aufgetragen hatte. Er lauschte den etwas schwachen aber gleichmäßigen Atemzügen Bakuras und spürte plötzlich, wie sich sein Herzschlag beschleunigte. War es die Intimität der Situation, die ihn so sehr irritierte? Gedankenverloren glitten seine Augen über das makellose Profil seines unfreiwilligen Partners; er sah die Linie der vollen Lippen, die kecke Nase, die hohe Stirn unter dem silberfarbenen Pony, die straffe, helle Haut über der rechten Wange....unwillkürlich strich er über sie hinweg und erinnerte sich mit Abscheu an die hässliche Narbe, die in der Vergangenheit dieses Antlitz entstellt hatte. Oder nein, nicht eigentlich entstellt....sie hatte diesem Gesicht etwas Wildes, Verwegenes verliehen....und gemahnte für immer der Schreckensnacht, in der man ihm alles zerstört hatte....Seltsam. Woher wusste er plötzlich, wie die Narbe geformt war, obwohl er doch in der Vision lediglich die blutende Verletzung gesehen hatte? Fing er etwa an, seine Erinnerungen zurückzugewinnen? Der Dieb regte sich in seiner Umklammerung, drehte sich in seiner Position und schmiegte sich an Yami, da er natürlich keine Ahnung hatte, wem er da gerade so nah war. Der ehemalige König empfand ein süßes Kribbeln in seiner Magengegend, ignorierte es jedoch gekonnt. Schließlich übermannte ihn die Müdigkeit und er schlief ein. Als die Sonne am nächsten Morgen über den Horizont kroch, kitzelte ein vorwitziger Lichtstrahl den Grabräuber an der Nase und weckte ihn auf. Ihm war angenehm warm, und obwohl er wach war, machte er keinerlei Anstalten, um die Augen zu öffnen, einfach deshalb, weil er sich eigentümlich sicher und geborgen fühlte. Er blinzelte kurz und entdeckte die Umrisse von Yamis Gesicht dicht vor seinem. Die Arme des Herrschers waren immer noch um ihn geschlungen. Geschockt schreckte er hoch und sprang auf die Füße, als wäre sein schlimmster Alptraum auf einmal Realität geworden. Aufgrund seiner harschen Reaktion und dem Verlust von Wärme, begann der Bunthaarige, sich zu strecken und zu recken wie eine Katze und erwachte mit einem Gähnen. „Guten Morgen", murmelte er leise. „GUTEN MORGEN?!?! Dieser Morgen ist alles, bloß nicht gut!! Was fällt dir ein, mich zu begrapschen, du Perverser?!" Der Pharao verzog die schönen Lippen zu einem spöttischen Grinsen. „Oh, du hast wohl vergessen, dass Apophis uns letzte Nacht angegriffen und dich gebissen hat? Das nächste Mal werde ich also darauf verzichten, dein nutzloses Leben zu retten und dich dem Schlangendämon ausliefern, wenn du so scharf darauf bist!" „Wann hast du mir das Leben gerettet?!" „Nachdem Apophis sein Gift in dich gepumpt hat! Horus hat mir einen Heiltrank für dich gegeben, den ich dir eingeflößt habe. Danach habe ich dich warmgehalten, denn wenn dein Körper erkaltet wäre, hätte der Dämon deine Seele zu sich holen können. Da du wie gewöhnlich undankbar bist, frage ich mich, ob es nicht besser gewesen wäre, dich sterben zu lassen, dann wäre ich dich wenigstens los!" „Ich habe dich nicht darum gebeten, Samariterdienste zu tun! Dieser dämliche Horus hätte mich mit seinem dritten Auge fast geröstet! Ich habe keinen Grund, dankbar zu sein!" „Er hat die Wunde ausgebrannt und den größten Teil des Giftes herausgezogen. Niemand hat behauptet, das wäre eine schmerzfreie Prozedur, aber du hast überlebt. Außerdem hast du Apophis freiwillig provoziert! Warum eigentlich? Er wollte sich doch auf mich stürzen." Bakura antwortete nicht, denn er wusste es selbst nicht. Es war mehr eine Impulshandlung gewesen, über die er nicht sonderlich lange nachgedacht hatte. Im Nachhinein betrachtet war es natürlich eine blöde Aktion ohne Sinn und Verstand, die er sich absolut nicht erklären konnte. „Dasselbe könnte ich dich fragen! Du hast dich doch vor mich gestellt, nachdem ich gebissen worden war! Was war das für eine hirnrissige Nummer!?!" „Ich weiß es nicht", bekannte Yami und schlug die Augen nieder. „Ich glaube, ich....ich wollte nicht, dass er dir....dass er dich umbringt...." „Oh, wirklich? Hast du nicht vorhin noch gesagt, es wäre besser gewesen, mich sterben zu lassen?" erwiderte der Grabräuber in bissigem Ton. „Das habe ich nur gesagt, um dich zu ärgern! Ein kleines ‚danke‘ ist nicht zu viel verlangt, oder?! Du könntest dich ruhig mal überwinden!" „Tse, bin ich ein Weichei?! Dein ‚danke‘ kannst du dir von mir aus in den Hintern schieben, ich pfeife drauf! Wo ist das Pferd? Wir müssen weiterreiten, wenn wir jemals dieses komische Tal des Unendlichen Himmels erreichen wollen!" „Ich rühre mich nicht vom Fleck, bevor du dich nicht bedankt hast! Ich habe dich zur Oase getragen, als du deinen Hitzschlag hattest und nun habe ich dir noch einmal geholfen! Du hast dich beim letzten Mal auch nicht bedankt und ich bin es leid!" „Wann hast du dich denn jemals bei mir bedankt, he?!" höhnte der Weißhaarige und trat zu dem Pferd, dem er sanft den Hals tätschelte. „Als du das Gift ausgesaugt hast....dafür habe ich dir gedankt." erklärte der Meisterduellant kühl und stand auf. Bakura biss sich zornig auf die Lippen, denn das stimmte. Der Pharao hatte kein unnötiges Federlesen darum gemacht, er hatte sich nicht gesträubt oder geweigert, sondern er hatte dieses einfache Wort ausgesprochen, ohne sich dessen zu schämen. Yami konnte großmütig sein und seinen Stolz zurückstellen, wenn es erforderlich war. Das war etwas, das der Grabräuber nie gelernt hatte und so knirschte er beleidigt mit den Zähnen. „Wenn du glaubst, dass ich mich vor dir dermaßen weit erniedrige....!" „Du bist sturer als ein Esel - und nicht weniger arrogant als ein Adliger! Der falsche Stolz eines kleinen dreckigen Schurken, der über den Hochmut der Höhergestellten schimpft und sich trotzdem genauso benimmt wie sie! Wie lobenswert!" stieß der Bunthaarige hervor, seiner Stimme absichtlich den Beiklang vulgärer Schärfe verleihend. Bakura schoss herum und packte seinen Gegenüber am Kragen. „Das wagst du nicht zu wiederholen!!" „Wollen wir wetten....?!" entgegnete der einstige Regent Ägyptens herausfordernd und angriffslustig. Seine Finger legten sich um die Hand an seinem Kragen und seine Nägel bohrten sich in einer raschen Bewegung in das weiße Fleisch. Mit einem Aufschrei ließ der Dieb den anderen los und betrachtete, brodelnd vor Wut, seinen zerkratzten Handrücken. „Das wirst du büßen, Pharao!!! Ich werde dich....!!!" „Hör auf, dich wie ein wehleidiges, trotziges Kind zu benehmen! Das ist lächerlich!" „Ich warne dich: Überspann den Bogen nicht, du verdammter Mistkerl!!" Yami trat nahe heran und untersuchte die drei Spuren auf der weichen Haut, die seine harten Nägel dort hinterlassen hatten. Sie waren nicht besonders tief, bluteten aber. Er führte die schlanke Hand an seine Lippen und leckte vorsichtig mit seiner Zunge darüber. Der Grabräuber starrte ihn an, als wäre er komplett verrückt geworden. Sein Herzschlag beschleunigte das Tempo, bis er fast zu rasen schien, und heiße Schauer durchfluteten seinen Körper, ausgehend von den Stellen, an denen die Zunge des königlichen Duellanten entlang glitt. >>Hmmm....das fühlt sich verboten gut an....! Scheiße, ist der talentiert....!<< Erregung strömte in seine Lenden und der Weißhaarige unterdrückte ein Stöhnen. Gleichzeitig entlud sich seine Frustration in innerlichen Flüchen auf seine eigene Person, weil es dem verwünschten Pharao gelang, ihn durch diese simple Berührung so bemerkenswert zu stimulieren. >>Ich bin doch nicht mehr ganz richtig im Kopf!!! Ich sollte ihm eine reinhauen!! Und statt dessen?!?! Statt dessen....macht er mich scharf....!!! Das ist doch alles nicht wahr!! Bin ich so bescheuert?! Denke ich jetzt nur noch mit meinen unteren Regionen?! Das ist grotesk!! Wie kann ich....<< Und so weiter, und so fort. Mit diesen und ähnlichen geistigen Strafpredigten hielt er sich zudem davon ab, zu sehr auf diese geschickte Zunge zu achten, die seine Hand liebkoste, ah, nein, malträtierte, oder darüber nachzugrübeln, wo diese Zunge noch so lustvolle, ah, nein, lästige und störende, Dienste leisten konnte, nicht, dass ihn das kümmerte oder interessierte, oder so...."Fertig. Das sollte zum Desinfizieren genügen." „Das....war‘s?" Also wirklich, Bakura, das klang ja beinahe enttäuscht! Der Dieb straffte verärgert seine Schultern, tupfte sich behutsam den Handrücken mit einem Zipfel seines Hemds ab und schleuderte einen vernichtenden Blick auf Yami, der vermutlich einen ausgewachsenen Elefanten zur Strecke gebracht hätte. Aber der Bunthaarige war eben weniger leicht zu beeindrucken als einer der grauen Riesen. „Bedankst du dich jetzt?" „Bist du doof!? Nachdem du mir diese Kratzer verpasst hast?! Du spinnst wohl!" „Ich hätte dich auch übers Knie legen können, anstatt dich zu kratzen, aber das hätte dir vermutlich auch nicht gefallen! Wie sonst soll man mit einem ungehorsamen Kind umgehen?" „Es macht dir offensichtlich Spaß, mich wie ein Kind zu behandeln....!" „Wenn du dich wie eines aufführst, ist das nicht meine Schuld!" Der Grabräuber funkelte ihn erbost an und plötzlich breitete sich ein sardonisches Grinsen auf diesem attraktiven Antlitz aus, das den Pharao nichts Gutes ahnen ließ. Mit einem Mal wurde er hochgehoben, herumgedreht und nach altbewährter Methode für Unartigkeit bestraft - ihm wurde der Hintern versohlt! Bakura amüsierte sich sichtlich, während der einstige Monarch in königlichen Zorn verfiel und den Dieb mit einigen höchst unschönen Schimpfnamen betitelte, die allerdings nur zur Folge hatten, dass sich der unverschämte Kerl vor Lachen bog. Als er seine kleine Rache beendet hatte, blieb der Meisterduellant, immer noch starr vor Empörung und in seinem Stolz tief gekränkt für diese entwürdigende Behandlung, einen Moment verdächtig still und ruhig. Zu ruhig, denn zwei Sekunden später hatte ein treffsicherer Kinnhaken den Weißhaarigen auf den Boden befördert und ein starker Arm drückte ihn mit dem Gesicht voran in den Sand. Er schwang sich mit seinem vollen Körpergewicht auf den Rücken des Überrumpelten und während der Dieb unter ihm den Sand ausspuckte und nach Luft rang, kniff er in dessen linkes Ohrläppchen und zischte: „Wage es nie wieder, einen König so zu demütigen!! Denn ich bin genau wie du der Ansicht, dass Rache süß ist!" Damit entfernte er sich von dem anderen und der Grabräuber kam fluchend und keuchend wieder auf die Beine. „Weißt du, was du bist!?" fragte er ziemlich gereizt. „Hm, lass mich nachdenken....ein Bastard vielleicht, oder ein Scheusal? Ein Idiot, der letzte Dreck, verabscheuungswürdig, verachtenswert, widerlich? Hast du nicht mal ein paar neue Ideen? Auf die Dauer sind deine Beleidigungen nur noch öde!" „Du bist....!!" Sein Mund verschloss sich automatisch. Die Sonne hatte nun den Horizont überwunden und goss ihr goldenes Licht über die majestätischen Erscheinung des ehemaligen Pharaos. Der helle Glanz umgab seine makellose Gestalt mit einem fast überirdischen Leuchten und seine Schönheit schien sich in ein Schwert zu verwandeln, das sich in Bakuras eigenen Leib bohrte. Die verletzenden Worte erstarben ihm auf den Lippen. Ein sanfter Wind wehte ihm durch das Haar und Yami verfolgte gebannt das Spiel mit den langen, silbernen Strähnen. Der sehnige, wunderbar kraftvolle Körper des Weißhaarigen stand noch unter der Anspannung seiner Wut und strahlte eine betörend sinnliche Aura aus, die auch den Meisterduellanten gefangen nahm, obwohl er sich dagegen wehrte. Pure, kampferprobte Männlichkeit und wilde Leidenschaftlichkeit vereinten sich in dieser Aura; die dunkelbraunen Augen glühten unheilvoll und zugleich verführerisch, der Brustkorb hob und senkte sich unter schnellen Atemzügen. Sehnsüchtiges Verlangen ließ die adeligen Handflächen feucht werden und jagte brennendes Blut durch seine Adern. >>Ra, ich begreife dich nicht! Weshalb verspüre ich diese Begierde? Weshalb habe ich ihn beschützt, obwohl mir sein Leben gleichgültig sein sollte? Und als Apophis ihn biss....da war plötzlich eine solche Angst in mir....die Angst, ihn zu verlieren....wieso, bei Isis?! Warum lädst du mir diese Bürde auf?! Ich merke, wie mein Hass schwindet....das kann unmöglich sein!!<< >>Sind denn selbst die Götter gegen mich?! Ich habe Apophis tatsächlich von ihm abgelenkt, wenn ich es mir recht überlege....und für einen knappen Moment habe ich mir sogar gewünscht, der verdammte Pharao befände sich an einem anderen Ort, in Sicherheit....das ist verrückt!! Ich hasse ihn!! Warum sollte ich ihm helfen?!<< Yami kramte den verbliebenen Rest seiner Selbstbeherrschung zusammen und sagte kalt: „Du bist am Ende mit deinen Unverfrorenheiten, was? Das wundert mich gar nicht bei deinem Spatzenhirn! Und jetzt sieh zu, dass du dir den Sand aus den Klamotten klopfst, wir müssen weiter, los!" „Pharao...." „Was ist?!" Der Dieb befeuchtete seine trockenen Lippen und schluckte schwer. Ihm drehte sich fast der Magen um, wenn er daran dachte, was er tun wollte, aber er zwang sich dazu, diese grässliche Sache durchzustehen und hinter sich zu bringen. „....Danke." Am liebsten hätte er hinterdrein ausgespuckt, doch das hätte den Gesamteindruck verschlechtert. Der Bunthaarige musterte ihn mit einer hochgezogenen Augenbraue und erklärte herablassend: „Bedaure, aber ein nachträgliches Danke wird nicht von mir angenommen! Ich erwarte es zum geeigneten Zeitpunkt, nicht erst eine langwierige und nervenaufreibende Diskussion später! Aber du hast dir zumindest die Mühe gemacht, das neue Wort zu lernen. Willst du ein Leckerli als Belohnung, Klein-Kura? Ich hole dir eins!" Und mit einem beinah lasziven Lächeln ging der Pharao gemächlich zu dem Pferd hinüber, das inzwischen ebenfalls ausgeschlafen hatte und leise wieherte, um einen seiner Reiter zu begrüßen. Der Grabräuber blickte ihm hinterher, verärgert und mit geballten Fäusten. Er schnaubte verächtlich durch die Nase und dachte: >>Er ist und bleibt ein Bastard!!<< Seine Augen wanderten tiefer, während er dem anderen nachsah. >>....Ein Bastard mit einem verdammt süßen Arsch....<< Kapitel 9: Einstmals -------------------- 31 Kommis....hach, wie schön!^^ Endlich habe ich daran gedacht, das neue Kapitel hochzuladen! *es ständig vergessen hat* *sich tret* Dies ist also das große Enthüllungskapitel und Ihr erfahrt, was im Leben von Yami und Bakura anders verlaufen wäre, wenn es Apophis nicht gäbe...Viel Vergnügen! Kapitel 9: Einstmals „Sie kommt nicht." Bakuras Stimme klang angesäuert. Er und Yami nahmen ein karges Frühstück zu sich und warteten auf die Göttin Maat, die ihnen angekündigt hatte, am Morgen des neuen Tages zurückzukehren und ihnen die Geschichte um Apophis zu erzählen, sofern sie sich dazu entscheiden sollten. „Du hast nicht die geringste Geduld, Grabräuber", erwiderte der Meisterduellant kühl. „Wenn du tatsächlich glaubst, die Götter würden sich nach deinen Launen richten, dann bist du ein Opfer übersteigerten Selbstbewusstseins!" „Ausgerechnet du willst dich zu übersteigertem Selbstbewusstsein auslassen, Pharao, ausgerechnet du, der du vermutlich das Wort ‚Selbstüberschätzung‘ erfunden hast?! Außerdem ist es ein Fakt, dass Maat immer noch nicht hier ist! Göttin oder nicht, ich mag es nicht, wenn man mich warten läßt!" „Das sind Gründe zum Aufregen, du undankbarer Mistkerl...." murmelte Yami leise vor sich hin, als plötzlich ein helles Licht neben ihnen aufstrahlte und sich die schöne Erscheinung von Ras Tochter materialisierte. Der Bunthaarige verneigte sich ehrerbietig und verpasste dem anderen einen Schlag mit dem Ellbogen, damit er es ihm nachtat. „Ja, is‘ ja gut, ich mach das freiwillig, verdammt....!" ~~ Ich bin erfreut, Euch wiederzusehen, mein Bruder auf Erden....und auch dich, mein fehlgeleiteter Schüler. Ich habe euch beiden letztes Mal ein Angebot gemacht. Nun? Wofür habt ihr euch entschieden? ~~ „Wir wollen die Wahrheit erfahren." „Sagt wer? Mich hat niemand gefragt!" „Bakura....", erklärte der ehemalige König Ägyptens in unheimlich sanftem Ton, „....bitte, reiß dich zusammen! Es genügt, dass du entsetzlich blöd bist! Sei nicht auch noch frech!!" „Blöd? BLÖD?! Wen nennst du hier blöd, du dämlicher Kakadu?!" ~~ Wie ich sehe, seid ihr in bester Verfassung! Reicht mir die Hände. Ich werde euch in eine alternative Vergangenheit bringen, eine Vergangenheit, wie ihr sie hättet erleben können, wenn Apophis sich nicht in euer Leben eingemischt hätte. ~~ Die Kontrahenten wechselten einen feindseligen Blick und ergriffen ein wenig missmutig und zögernd die rechte und die linke Hand der Gottheit. Ein Sog bildete sich über ihnen und zog sie in einen Strudel. Als diese rasante Reise ihr Ende fand, breitete sich unter ihnen die Stadt Theben aus, in der Ferne ragte der Palast des Herrschers in den wolkenlos blauen Himmel. Maat flog mit ihren Begleitern auf das eindrucksvolle Bauwerk zu und landete mit ihnen in einem Innenhof, der sorgsam von den hohen Mauern umschlossen und wie ein Garten gestaltet war. Man hatte Palmen als Schattenspender gegen die mittägliche Hitze gepflanzt und Springbrunnen bauen lassen. Selbst das Gezwitscher von Vögeln war zu hören und süße, fast berauschende Düfte erfüllten die Luft. Zwischen zwei der Blumenrabatte kam ein kleiner Junge auf seinen dicken Ärmchen und Beinchen hervor gekrabbelt und steuerte auf eine kostbar gekleidete Frau zu, die ihn zärtlich anlächelte. Sie trug ein weißes langes Kleid, das an der Taille mit einer goldfarbenen Schärpe gerafft wurde. Außerdem war sie über und über mit schwerem Schmuck behangen, ein Halskragen mit tropfengroßen Juwelen und eine Kette mit einem Skarabäus waren besonders zu erwähnen, wie auch die Armreife und Ohrringe. Sie war auf traditionelle ägyptische Art geschminkt und ihre ohnehin schon ausdrucksstarken violetten Augen erfuhren durch den blauen Lidschatten eine zusätzliche Betonung. Ihr bis zur Hüfte reichendes Haar war ungewöhnlich, denn obwohl es zu etwa drei Vierteln nachtschwarz war, war das Pony blond und rote Strähnen zogen sich durch die dunkle Mähne. Das Kind, das sich ihr näherte, sah ihr mit der gleichen Mischung aus Haar- und Augenfarbe äußerst ähnlich.... Yami drohte die Stimme zu versagen. Er starrte den Säugling an und danach die Frau, die ihren Sohn (denn kein anderer konnte es sein) hochhob und auf beide Wangen küsste. Er quietschte und brabbelte, zog das Näschen kraus und versuchte, die Skarabäuskette seiner Mutter zu umfassen. Als er sie in die Finger bekam, lutschte er selig darauf herum. „Du solltest aufpassen, was er alles in den Mund steckt, meine liebe Freundin. Allerdings glaube ich nicht, dass das Gold deiner Kette giftig ist." Sie wandte sich um und eine weitere Frau betrat den Garten, gewandet in die Robe einer hochrangigen Priesterin. Bakura wich zurück, als übersteige diese Szene seine gesamte Vorstellungskraft. Dennoch war sie da, lächelte auf die ihm so vertraute Weise und sprach mit dieser hohen Dame, als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt. Seine Mutter....! ~~ Ihr habt sie gewiss erkannt, nicht wahr? Sohn des Ra, dies ist Königin Neftaria, die Gemahlin von Pharao Akunumkanon. Eure Mutter. Und das hier, Bandit, ist die deine, Meret, die....~~ „Das kann nicht sein!" unterbrach er sie heftig. „Auch wenn Ihr uns jetzt das Leben zeigt, das wir hätten führen können, wenn Apophis nicht existieren würde, so ändert das doch nichts an den Tatsachen! Meine Mutter war arm und verdiente sich als Handwerkerin ihr Geld! Nie hätte sie je einen Fuß in den Palast setzen dürfen, geschweige denn, Freundschaft mit der Königin schließen können! Das ist absurd!" ~~ Ich verstehe deinen Ausbruch, aber du weißt nicht alles. Wie du schon sagtest, zeige ich euch ein Dasein, indem der Schlangendämon keine Gefahr darstellt. Daher beobachtet....und lasst mich ausreden! ~~ fügte sie streng hinzu. Der Weißhaarige rümpfte die Nase, besann sich jedoch eines Besseren und verkniff sich eine abfällige Bemerkung. ~~ Das ist deine Mutter, Meret....die Hohepriesterin der Maat! ~~ „Ho....Hohepriesterin?! Die Eure?! Das ist doch ein schlechter Scherz! Ich...." „Sei endlich still!!" zischte der Meisterduellant ihn an und richtete seinen Blick wieder auf die beiden Frauen, besonders auf jene, die die Göttin ihnen als Königin Neftaria vorgestellt hatte. Das also war jene, der er sein Leben verdankte, die ihn geboren hatte! Eine warme Welle der Zuneigung flutete in sein einsames Herz, als er sah, wie liebevoll sie mit dem Kind umging, das sie in ihren Armen wiegte. „Wo steckt eigentlich dein Sprössling?" fragte sie soeben. Meret zuckte ratlos die Schultern und strich sich eine Strähne ihres silbernen Haares zurück. „Schwer zu sagen. Seit er laufen gelernt hat, kann ich den Strolch kaum mehr finden. Er büxt ständig aus, sucht sich immer wieder neue Schlupfwinkel und erwartet dann von mir, dass ich die gesamte Palastanlage nach ihm durchforste! Um ehrlich zu sein, würde es mich nicht wundern, wenn er sich heimlich in unseren Tempel geschlichen hätte!" Neftaria lachte charmant und streichelte ihrem Sohn sanft durch das braune Gesichtchen. „Das würde zu seiner Abenteuerlust passen! Außerdem liebt er es, seinen Vater zu ärgern, vergiss das nicht! Ob mein kleiner Atemu wohl auch einmal so ungestüm sein wird?" Da war er. Der Name. Yami stand wie zur Salzsäule erstarrt. Das, wonach er so lange gestrebt hatte, war nun, mit einem Mal, vollkommen unerwartet, greifbar für ihn! Ein krampfartiges Zittern überlief seinen Körper und wie von weit her hörte er Maats Stimme an seine Ohren dringen: ~~ Ja, Sohn des Ra. Das ist Euer Name. An ihn binden sich Eure Erinnerungen. Wenn Ihr ihn aussprecht, könnt Ihr sie wiedererlangen. Aber seid Euch bewusst, dass das für Euch nicht allein Glück, sondern auch Schmerz bedeuten wird. ~~ Diese Mahnung erschütterte ihn, doch sein Verlangen, das „Ich" zu ergründen, das er einst gewesen war, war schier übermächtig. Seine Lippen bebten, als er wie unter großen Mühen den Mund öffnete und flüsterte: „Das bin ich. Mein Name....Ich bin....Atemu....!" Eine grässliche Pein durchzuckte seinen Kopf. Das Labyrinth in seinem Gedächtnis, in seiner Seele, begann, mit gewaltigem Getöse in sich zusammenzustürzen. Wirre Bilder in keiner erkennbaren Reihenfolge stürmten auf ihn ein, verdichteten sich zu einem Reigen, tanzten ihm vor dem inneren Auge und ergaben nach und nach eine Gesamtheit. Das Durcheinander, das Chaos, wurde hinweggefegt in einem einzigen, rauschhaften Moment. Beide Hände an die Schläfen gepresst, von denen der Schweiß perlte, sank der Pharao in die Knie und spürte, wie er von einer unaufhaltsamen Woge der unterschiedlichsten Gefühle überschwemmt wurde. Liebe, Fürsorge, Angst, Kummer, Freude, Enttäuschung, Hass, Zufriedenheit, Glück, Entsetzen, Sehnsucht, Zorn in stetigem Wechsel, bis jedes Stück Erinnerung seinen Platz gefunden hatte, um nie mehr von ihm zu weichen. Sein Atem glich einem Keuchen, als er sich aufrichtete und umschaute, wie ein Mann, der nach langer Reise endlich nach Hause gekommen ist. Ja, dieser Palast....! Er wusste, wo sein Gemach war, kannte die Namen seiner persönlichen Diener, den Stammbaum seiner Familie, erinnerte sich an das Kampftraining mit seinem Vater, an die Feste, die Tempel, die Basare....selbst die Hieroglyphen an den Wänden des Thronsaales sah er vor sich! Das Herz wollte ihm überquellen vor Entzücken und auch, als die düsteren und traurigen Bilder in ihm auftauchten, sogar jene mit Bakura....nein, Aton...., so vermochten sie es nicht, die Begeisterung zu dämpfen, die er in dieser Sekunde empfand. „Oh Maat, Ihr werdet mich für albern halten, aber....aber es ist unglaublich! Mein Kopf ist voll mit den verschiedensten Eindrücken! Ich erinnere mich....an alles....!" Er klang wie Kind, das ein Wunder erlebt, doch plötzlich fiel ein Schatten auf seine Züge und seine Euphorie schwand. Er wandte sich an den Dieb. „Ich erinnere mich an dich!" sagte er, hart und kalt. Der Angesprochene verschränkte gleichgültig die Arme, obwohl es seinem Herz einen winzigen Stich gab, dass die Aussage seines Gegners gar so grob war. „Na, das wird auch höchste Zeit, meinst du nicht? Zumindest bist du jetzt endlich im Bilde über meinen miesen Charakter und meine Verbrechen! Welche Erleichterung! Das erspart es mir, dir mein ganzes Strafregister vorzubeten!" „Du hast das Grab meines Vaters geschändet....du hast meinen treuen Freund Mahado auf dem Gewissen....und du wolltest Ägypten in ewiger Finsternis versenken!" „Du vergisst, dass ich deinen Vater für den Schuldigen an dem Massaker von Kul Elna hielt! Dein hochgeschätzter Mahado ist mir in die Quere gekommen, also musste ich ihn aus dem Weg räumen! Und was letzteres angeht: Davon weiß ich nichts!" „Du wagst es, das zu behaupten?! Hast du nicht den schrecklichen Angriff von Zork vorbereitet?! Warst du es nicht, der ihn geweckt hat, König der Diebe?!" „Du nennst meinen Titel, den die Gaunerzunft mir verlieh? Tatsächlich, dein Gedächtnis ist wahrhaftig zurück! Entschuldige, wenn ich dich nicht beglückwünsche! Aber ich fürchte, davon kriege ich das Kotzen! Und ich habe keine Ahnung von irgendeinem Zork!" „Pah, du lügst doch, sobald du den Mund aufmachst!" „Sagt einer, dessen Onkel unschuldige Menschen ermordet hat!!" ~~ HÖRT AUF!!!! ~~ Die majestätische, befehlende Stimme der Göttin unterbrach den Disput. ~~ Auch auf diese Fragen sollt ihr Antwort erhalten! Aber nun schweigt und seht zu! ~~ Sie verließen die zwei Frauen und gelangten zu einem respekteinflößenden Tempelbau. Im Naos, dem heiligen Zentrum eines Tempels, zu dem einzig der Oberpriester Zugang hatte, lungerte ein Junge von ca. zweieinhalb Jahren vor der Statue der Maat herum und bestaunte sie mit großen Augen. „Aton!" Der Knabe drehte sich um, erhob sich wackelig und stakste auf einen Mann zu, der in ein elegantes Gewand gekleidet war. Um seinen Hals trug er eine Kette mit einer Figur, die der Statue stark ähnelte. Er war breitschultrig und imposant, mit einer ähnlich wilden Frisur wie der Junge, nur dass seine Haare kohlrabenschwarz waren. „Vater!" Dem Grabräuber gefror förmlich das Blut in den Adern, aber nicht aus Angst. Er hatte seinen Vater nie gekannt und ihn nun vor sich zu sehen, ihn zu erleben, wie er sein jüngeres Ebenbild auf die kräftigen Arme hob und ihn zärtlich tadelte, dass er doch diesen geheiligten Ort nicht einfach so betreten dürfe, löste sich eine Klammer um sein Herz und erfüllte ihn mit der seit Jahrtausenden verdrängten Sehnsucht nach Familie, Heimat, Geborgenheit, auf die er viel zu früh hatte verzichten müssen. Yami indessen blieb die Gefühlsregung seines Rivalen nicht verborgen und aufs Neue empfand er es als seltsam und zugleich schmerzhaft schön, dass dieser hartgewordene Mann ein Herz unter seiner rauen Schale beherbergte. Draußen rief man: „Ehrenwerter Richter!" und Atons Vater eilte aus dem Naos zu einem seiner Untergebenen, der ihn über die Ankunft eines Verurteilten unterrichtete. „Betrug? Ich verstehe. Teile dem Angeklagten mit, dass ich ihn in der Stunde der Isis zum Gericht bitte. Ich muss erst meinen Sohn zu seiner Mutter zurückbringen." „Er....ist Richter?" erkundigte sich Bakura, der sich angesichts dieser Ironie eines Grinsens nicht erwehren konnte. Natürlich, die Figur an der Kette, ein Abbild der Maat! Sie war die Wahrheit, die Gerechtigkeit, die kosmische Ordnung und in ihrem Namen wurde Gericht gesprochen! Und dann war sein eigener Sohn ein Krimineller geworden! Was für ein Witz! ~~ Genau. Der Titel ‚Priester der Maat‘ ist als Ehrentitel zu verstehen und bezeichnet die Würdenträger der Gerichtsbarkeit. ~~ „Und was ist mit Meret? Wie kann sie in diesem Fall Hohepriesterin sein?" ~~ ‚Maat‘ ist das ägyptische Wort für die kosmische Ordnung, die der Pharao zu bewahren hat. Diese Ordnung schließt Mann und Frau mit ein, die Mitglieder der menschlichen Gesellschaft. Die Aufgabe meiner Hohepriesterin ist es, den weiblichen Aspekt dieses Gleichgewichts zu vertreten, so wie der Oberste Richter den männlichen Aspekt symbolisiert. Diejenigen, die von ihren Vorgängern in diesem Amt für diese bedeutungsvollen Posten ausersehen werden, wachsen gemeinsam auf und werden zusammen erzogen, um später verheiratet zu werden. Das Kind, das aus dieser Verbindung hervorgeht, ist der ‚Krieger der Maat‘. ~~ „Euer....Krieger?" stieß der Dieb hervor, als könne er es nicht glauben. „Ich....ich war....Euer Krieger? Ich meine....ich hätte es werden sollen?" Sie nickte, die schönen, geheimnisvollen Augen von den Schatten der Traurigkeit und Betrübnis überlagert. Wenn Apophis in seiner verfluchten Gier nach Macht nicht begonnen hätte, alles ins Verderben zu stürzen....Sie schüttelte den Kopf, um diesen düsteren Gedanken zu verscheuchen. ~~ Denkt nicht an das Leben, das ihr kennt. Achtet nur auf das, was ich euch zeige, denn dies sind die Existenzen, die ihr hättet führen können. Drehen wir die Zeit einige Jahre vor. Das ist die Feier Eures zehnten Geburtstages, Sohn des Ra. ~~ Die Szenerie wandelte sich und vor der Gottheit und den beiden Widersachern erstreckte sich der Thronsaal in all seiner Herrlichkeit. Das Volk drängte sich in jedem einzelnen Winkel und die Begüterten in der Menge traten nach vorne, verneigten sich tief und brachten dem kleinen Prinzen ein kostbares Geschenk dar. Zum ersten Mal in seinem Leben hatte er auf dem Thron platzgenommen, flankiert von seinem Vater und seiner Mutter, die allerdings ein ganzes Stück hinter ihrem Mann und ihrem Sohn stand. Die Trompeten ertönten und kündigten Meret, ihren Gatten und den fast dreizehnjährigen Aton an. Die Familie erwies den Majestäten ihre Reverenz und der Junge kam mit einer mittelgroßen Truhe auf Atemu zu, der freudig erregt auf seinem Sitz herumrutschte und den anderen fröhlich begrüßte. „Wie schön, dass du da bist, Aton! Die letzten Tage waren so langweilig ohne meinen besten Freund und liebsten Spielkameraden! Die Kinder der Bediensteten machen immer nur Bögen um mich, das ist ärgerlich! Was ist da drin?" „Das verrate ich Euch nicht, mein Prinz! Ihr müsst schon selbst nachsehen!" Geschwind öffnete der Erbe des Pharaos die Truhe und förderte einen kunstvoll gearbeiteten Dolch zutage, um dessen Griff sich eine Kobra schlängelte, das Tier von Unterägypten. Am Knauf hockte das Tier, das Oberägypten repräsentierte, ein Geier mit ausgebreiteten Flügeln. Die Klinge war glatt und tadellos scharf, wie Aton eifrig versicherte. „Oh, wie hübsch....Wenn ich erwachsen bin, wird mir dieser Dolch bestimmt gute Dienste leisten! Seht doch her, Vater! Ist das nicht ein außerordentliches Geschenk? Kann ich nicht stolz sein, eine solche Waffe zu besitzen? Vielen Dank!" Akunumkanon lächelte, unterband aber nach einer Weile die ausufernde Begeisterung seines Sohnes, da dieser Tag auch für den Freund Atemus von Wichtigkeit war. Er rief einen der Soldaten herbei, die an beiden Seiten des Thrones Aufstellung bezogen hatten, flüsterte ihm etwas ins Ohr und kurze Zeit später erschien er mit einer prachtvollen Waffe in seinen Händen. Der Herrscher des Nil-Reiches erhob seine Stimme: „Der Prinz ist heute zehn Jahre alt geworden! Die Tradition verlangt es, dass der Krieger der Maat an diesem Tag sein Schwert erhält und in die Verantwortung genommen wird! Sekar...." Der Oberste Richter schob seinen Sprössling, der mit einem Mal ziemlich verschüchtert wirkte, nach vorne, als sein Name genannt wurde. Er verbeugte sich, legte seine feingliedrigen Hände auf Atons Schultern und sagte: „Mein Sohn ist bereit, das Mondschwert anzunehmen, um es zum Schutze desjenigen zu verwenden, dessen Licht eines Tages unser Land erhellen wird, wenn das Eure erloschen ist. Ich übergebe ihm den Titel als Krieger der Maat." ~~ Die Trinität der Maat-Vertreter in Gestalt des Obersten Richters, der Priesterin und des Kriegers kann über Generationen hinweg vererbt werden. Stirbt die Familie aus oder fehlt ein neuer Erbe, wird ein anderer Richter zum Obersten erhoben und führt die Aufgabe fort. Der Oberste Richter ist solange Krieger der Maat und Beschützer des amtierenden Pharaos, bis sein Sohn seine Nachfolge antritt, offiziell am zehnten Geburtstag des zukünftigen Regenten. Das Mondschwert, die Waffe des Kriegers der Maat, geht an ihn über. ~~ Bakura war kalkweiß im Gesicht und Yami sah im Wesentlichen nicht besser aus. Sie lauschten der Erklärung der Göttin, ohne sich der lähmenden Erkenntnis entwinden zu können. Die Wortfetzen wirbelten in ihren Köpfen herum wie in einem Tornado, schienen aber keinerlei Sinn zu ergeben. Das konnte doch einfach nicht sein!! Aton nahm die Klinge kniend entgegen. „Mein Prinz", fing er an, die Worte zu wiederholen, die man ihn gelehrt hatte, „....ich schwöre hiermit, Euch mit meinem Leben zu beschützen. Ihr werdet am Tag Eurer Krönung das Sonnenschwert erhalten, um Ägypten zu verteidigen. Ich werde das Mondschwert tragen, um Euch zu verteidigen. Meine Loyalität gehört Euch für alle Ewigkeit." Er berührte ehrfürchtig mit seiner Stirn den Boden und sah, nachdem er sich wieder aufgerichtet hatte, Atemu offen in die Augen. Der Prinz war verlegen und nickte nur, zum Zeichen, dass er verstanden hätte. Endlich würgte der Bandit mühselig hervor: „Was soll....das heißen....?! Wenn Apophis sich nicht in unser beider Leben eingemischt hätte, wären sie so verlaufen?! Das ist grotesk!! Ich als Beschützer des Pharaos!! Niemals hätte ich....!!" ~~ Denke daran, dass dies ein Dasein ist, in dem es die furchtbare Nacht von Kul Elna nie gegeben hat. Du bist mit Atemu zusammen aufgewachsen und warst sein bester Freund. Man hat dich dazu erzogen, sein Hüter zu sein. Du hast niemals einen Hass auf ihn entwickelt und er auch nicht auf dich. Dem Schicksal nach hättet ihr nie Feinde werden sollen. Sieh hin! ~~ Die Zeremonie neigte sich ihrem Ende zu und bevor Aton dem Prinzen in seine Gemächer folgen konnte, sprach ihn sein Vater noch einmal an. „Ich hoffe sehr, dass du dir der Bedeutung deiner Aufgabe bewusst bist. Eines Tages wird die Sonne von Akunumkanons Herrschaft untergehen, um mit der Sonne von Atemus Herrschaft erneut aufzugehen. Die Sonne überstrahl alles - und auch der Mond, der des nachts am Himmel steht, leuchtet nur, weil er von ihr beschienen wird. Er ist wie ihr Schatten. Der Prinz wird die neue Sonne dieses Königreiches sein - sei du sein Schatten!" Das Bild verzerrte sich und wich einem anderen. Ein junger Mann von ca. 21 Jahren lag ausgestreckt auf einem Bett mit schmuckem Baldachin und betrachtete gebannt das Schauspiel des Sonnenuntergangs, das sich ihm von seinen Fenstern aus bot. Er trug nur einen ägyptischen Rock, ansonsten war sein edler Körper komplett entblößt. Der Weißhaarige erkannte den erwachsenen Atemu ohne Schwierigkeiten, und obgleich er es zu unterdrücken versuchte, bewunderte er insgeheim dessen makellose Schönheit, da er sich dank Yami inzwischen ihrer bewusst geworden war. „Mein Pharao! Schlaft Ihr schon?" „Nein, noch nicht. Komm herein, mein Freund." Aton betrat das königliche Gemach. Er zählte nun 23 Jahre und war zu einem schönen, geschmeidigen und athletischen jungen Mann herangereift. Der Meisterduellant stellte fest, dass er dem vergangenen Alter Ego des Grabräubers wie aus dem Gesicht geschnitten war, mit einer Ausnahme: Es fehlte die scheußliche Narbe auf seiner rechten Wange. „Ihr bewundert den Sonnenuntergang, nicht wahr? Schickt es sich denn für einen Regierenden, solch romantischen Unsinn im Kopf zu haben?" neckte er ihn mit einem spitzbübischen Grinsen. Yami ertappte sich dabei, dass er diesen Bakura recht sympathisch fand. Er mochte sein ehrliches Lächeln und das übermütige Blitzen in seinen Augen. Bei Ra, was dachte er sich da eigentlich?! „Und schickt es sich für einen Untergebenen, so freche Fragen zu stellen?" erwiderte der Pharao prompt. Er stand auf und musterte seinen Beschützer lange und intensiv. Der Blickkontakt wurde Aton schließlich zu viel und er wandte sich ab. „Warum willst du mich nicht ansehen? Du weichst mir öfters aus, als du meinst. Habe ich etwas falsch gemacht? Habe ich dich beleidigt oder deinen Stolz verletzt?" „Nein, das ist es nicht. Es ist nicht Eure Schuld. Aber vielleicht ist es doch Eure Schuld." erwiderte der Krieger nicht ganz logisch. In seinem Antlitz stritten sich autoritäre Pflicht und althergebrachte Treue mit einem menschlichen Gefühl, das der junge Gebieter nicht zuzuordnen vermochte. Er strich sanft und behutsam über die linke Wange seines Gegenübers und bat leise: „Was ist mit dir? Was hast du? Bin ich wirklich schuld an deinem Kummer?" „Ganz und gar ist es Eure Schuld. Es muss Eure Schuld sein. Wenn man Eure Augen, Eure Lippen, Euren Körper, Euer bestechendes Wesen hat, kann es nur Eure Schuld sein, wenn....wenn...." Er wich zurück und floh in Richtung der Fenster. Er stützte sich an der Brüstung ab und beobachtete, wie die Sonne am Horizont versank, bis sie nur noch einem schmalen roten Streifen glich. „....wenn ein Herz in Aufruhr gerät." vollendete er seinen Satz, erstickt, schwach, wie Atemu es noch nie zuvor von seinem unerschütterlichen, willensstarken Freund gehört hatte. Verstört kam er näher und bettete eine Hand auf der muskulösen Schulter, wurde aber zurückgestoßen. Diese rüde Geste brachte ihn sichtlich auf. „Was ist bloß in dich gefahren?! Ich kann es doch nicht verstehen, wenn du stumm wie ein Fisch hier herumstehst! Antworte mir, du Idiot!! Was immer dich quält, du kannst es mir ins Gesicht schreien, brüllen, toben, egal was, aber hör auf, mich anzuschweigen!! Sag mir, was los ist, in Ras Namen!!" „Ihr wollt es wirklich wissen? Nun denn...." Er drehte sich um, schlang seine Arme um den Pharao und presste ihm einen heißen, leidenschaftlichen Kuss auf die sinnlichen Lippen. Einen Moment war Atemu vollkommen überrumpelt, doch schon im nächsten erlag er der Berührung dieses weichen Mundes, von dessen Küssen er in manch einer Nacht geträumt hatte, um beim Erwachen beschämt zu sein über die Liebe und das Begehren, das er empfand, fest davon überzeugt, es wäre besser, beides zu verbergen. Doch nun zu spüren, wie seine eigene Sehnsucht so rückhaltlos erwidert wurde, konnte er nicht anders, als diese innige Inbesitznahme mit ebenbürtiger Hingabe zu beantworten. Maat schmunzelte und betrachtete mit einem Anflug von Amüsement die entsetzten Burschen neben sich, die offensichtlich Mühe hatten, das Gesehene zu verarbeiten. Sie ergriff ihre Hände und reiste mit ihnen durch den Strudel in die Wüste zurück. Der Bunthaarige fasste sich als erster. „Maat, hört zu, das kann nicht Euer Ernst sein! Ich glaube nicht, dass Bakura und ich....ein Liebespaar hätten sein können, wenn es Apophis nicht gäbe!! Das ist vollkommen absurd! Wir passen doch überhaupt nicht zusammen! Allein die Vorstellung ist...." „....krank!" warf der Dieb ein und postierte sich mit in die Hüften gestemmten Händen vor der schönen Gottheit. „Und ich als sein Beschützer! Mir wird schlecht! Das ist unmöglich, begreift Ihr nicht?! Er ist mein Todfeind, verdammt noch mal!!" ~~ Wie das? Endlich mal einer Meinung? Mir ist klar, dass ihr euch weigert, diese Wahrheit zu akzeptieren, aber es hat wenig Sinn, sich vor ihr zu verschließen. Ihr müsst euch bewusst werden, dass es für euch ein glückliches Leben gegeben hätte, wenn Apophis es euch nicht zerstört hätte. Ich will euch also berichten, was sich vor fünftausend Jahren zutrug. Der Schlangendämon hatte sich einen teuflischen Plan zurechtgelegt, um sich die Herrschaft über Ägypten zu sichern. Der erste Schritt war, den Beschützer des Pharaos zu beseitigen....und so tötete er Sekar, den damaligen Krieger der Maat. ~~ Der Grabräuber schrie auf. „WAS?! Er hat....meinen Vater umgebracht?!" ~~ Ja. Meret litt schwer unter dem Verlust ihres geliebten Mannes und erkannte, dass die Gefahr für ihren kleinen Sohn unermesslich groß war. Sie war sich im Klaren darüber, dass Apophis versuchen würde, den zukünftigen Beschützer des neuen Pharaos ebenfalls zu vernichten. Deshalb tauchte sie unter und verschaffte sich eine Existenz, die niemand mit ihrem eigentlichen Status als Hohepriesterin in Verbindung bringen würde: Sie wurde Handwerkerin und zog fort aus Theben, nach Kul Elna. Natürlich blieb sie mit der königlichen Familie in Kontakt, musste aber gemeinsam mit König Akunumkanon einen weiteren herben Verlust hinnehmen - Neftaria starb bei Atemus Geburt. Apophis war anwesend und sog ihr die Seelenkraft aus. Das schwächte ihren Körper sosehr, dass sie den Strapazen der Geburt nicht mehr gewachsen war. Oh, sein Vorhaben war grausam und sorgfältig ausgedacht! Als er in Erfahrung brachte, dass Meret sich in Kul Elna versteckte, bediente er sich eines Werkzeugs, um seinen grässlichen Plan voranzutreiben. Akunadin, der jüngere Bruder des Pharaos, strebte danach, seinen eigenen Sohn auf den Thron Ägyptens zu setzen und Apophis spielte ihm das Buch der Schatten in die Hände, in dem stand, wie er das Land mittels der sieben Millenniumsgegenstände schützen könne. Akunumkanon befand sich in einer Notlage, denn Krieg war ausgebrochen und seine Armeen wurden immer weiter zurückgedrängt. Dennoch verbot er seinem Bruder, die Magien zu benutzen, die das Buch der Schatten barg, denn sein Instinkt warnte ihn davor. Apophis aber, für den der von seinem ungestillten Ehrgeiz besessene Akunadin ein williges und gutes Gefäß darstellte, bemächtigte sich seiner Seele und seines Körpers und veranlasste ihn, die sieben Millenniumsartefakte zu erschaffen. Um ihnen die Energie der Schatten zu verleihen, war das Opfer von hundert schlechten Seelen notwendig, die den Gegenständen mit ihrer negativen Kraft Leben einhauchen sollten. Der Zufall wollte es, dass ausgerechnet Kul Elna hundert Bewohner zählte und so kam es zu diesem furchtbaren Massaker. Das Dorf war ein Unterschlupf für Räuberfamilien, aber in der Regel handelte es sich dabei um arme Teufel, die nicht genug Geld verdienten, um ihre Kinder durchzubringen und so blieb vielen nur die Kriminalität als Ausweg. Das war ein Grund für den Angriff - Apophis benötigte die Macht der sieben Artefakte, um seinen Verbündeten aus den Tiefen des Reichs der Schatten zurückzuholen....Zork. Der zweite Grund war, dass er den zukünftigen Krieger der Maat töten musste, um zu verhindern, dass er jemals lernte, mit dem legendären Mondschwert umzugehen. Als ihm auch dieser Schachzug geglückt war, musste er nur noch abwarten, bis der Geist Zorks, der in den Gegenständen ruhte, sich eine hasserfüllte Seele griff, um sie zu seinem Sklaven zu machen. Mit der Hilfe irgendeines unwissenden Menschen würde die personifizierte Finsternis aus ihrem Grab steigen und den Weg für Apophis‘ Herrschaft ebnen, indem er das Licht über Ägypten auslöschte und somit Ra bannte, den Erzfeind der Schlange. Dann könnte er, der Dämon der Unterwelt, seinen Widersacher endlich besiegen und sich die Macht des Ra einverleiben. Er schöpft seine Kraft aus der Nacht und der Dunkelheit, also musste zuerst die Finsternis einkehren, damit er regieren konnte. Und nun ratet....~~ Sie hielt in ihrer Erzählung inne und wandte sich an ihre fassungslosen Zuhörer. ~~ ....und nun ratet, welche hasserfüllte Seele sich Zork für den Plan seines Meisters aussuchte? ~~ „Die von....Bakura?" „Was?! Ist das dein Ernst, Pharao?! Ich erinnere mich doch gar nicht an diesen Zork!" ~~ Wenn man besessen ist, erinnert man sich natürlich an nichts. Apophis war zwar verärgert, dass mein einstiger Soldat überlebt hatte, doch der Hass, den du in deinem Herzen trugst, machte dich zu einem hervorragenden Spielball seiner Interessen. Denk nach, Aton! Du hast den König und den Adel verabscheut....aber hättest du je etwas getan, was Ägypten, deine geliebte Heimat, ins Verderben gestürzt hätte? Ich glaube nicht. Damals gelang es Euch, mein Bruder auf Erden, Zork zu vernichten, das Licht zurückzubringen und Apophis mit dem Zauber des Sonnenschwertes ins Reich der Schatten zu verbannen. Nun aber, fünftausend Jahre später, da ihr beide, die Schlüsselfiguren dieses uralten Kampfes, wiedergekehrt seid, ist auch Apophis zurückgekommen....um zu beenden, was er einst begonnen hat! ~~ „Ein Monster...." flüsterte Yami und setzte sich in den Sand, unfähig, das Chaos in seinem Kopf zu ordnen. Der Weißhaarige hockte sich neben ihn, überwältigt, in höchstem Grade verwirrt und zahllosen Gefühlen und Erinnerungen ausgesetzt, die plötzlich einen gänzlich anderen Sinn bekamen. Die Kussszene zwischen ihm und Atemu stand ihm klar vor Augen und er spürte mit einem Mal eine Woge reinen Zorns in sich aufsteigen, weil der Dämon ihm das zerstört hatte, was er hätte haben können - eine Familie, eine ehrenvolle Aufgabe, einen Geliebten - und ein dumpfer Schrei drang aus seiner Kehle. Der Meisterduellant bemerkte das Zittern seines Körpers und da er selbst niedergedrückt wurde von einer Flut wild wirbelnder Emotionen und Gedanken, legte er ihm automatisch einen Arm um die Schultern. Bakura versteifte sich unter der Berührung, schüttelte den Arm aber nicht ab. ~~ Ich muss euch nun verlassen. Ich habe euch berichtet, was ich wusste. Übermorgen werdet ihr das Tal des Unendlichen Himmels erreichen. Ich wünsche euch viel Glück! ~~ Sie löste sich in glitzernde Lichtfunken auf und ließ zwei Männer zurück, deren Leben sich für immer verändert hatte. Sie wagten nicht zu sprechen, nicht einmal, sich anzusehen. Sie sassen einfach nur nebeneinander, still, unbewegt, ohne Regung. Und doch schien es, als wären sie sich näher als jemals zuvor.... Die Sache mit der Trinität der Maat-Vertreter ist übrigens aus meinem eigenen Mist gewachsen. Dafür stimmt das mit dem "Priester der Maat", das galt damals tatsächlich als Ehrentitel für die Vertreter der Gerichtsbarkeit. Alles andere ist meinem Autoren-Kopf entsprungen. Ich würde mich über Kommis freuen!^^ Kapitel 10: Verwirrende Gefühle ------------------------------- *reinspring* *Leser knuddel* DANKE!!^_____^ Vielen Dank für die lieben Kommis! Vielleicht schaffe ich es ja jetzt, die 40er-Marke zu knacken!^^ Viel Spaß beim Lesen! Kapitel 10: Verwirrende Gefühle Die unfreiwilligen Partner waren aufgebrochen, der Route folgend, die ihnen die Karte vorschrieb. Sie sassen wie gehabt hintereinander auf dem Pferderücken, aber anstatt zu zanken, wie sie es normalerweise getan hätten, war die drückende Stille zwischen ihnen verblieben. Es war eine Stunde her, seit die Göttin Maat ihnen die Zusammenhänge erklärt hatte und noch immer hatten sie sich nicht dazu überwinden können, miteinander über das zu sprechen, was sie erfahren hatten. Für beide waren die einschneidendsten Visionen diejenigen über ihre Eltern und die des Kusses, den Aton und Atemu geteilt hatten. Bakura, der die starken, sehnigen Arme des Pharaos um seine Taille geschlungen fühlte, wurde den Gedanken an die Szene der intimen Liebkosung einfach nicht los. Es war ein leidenschaftlicher, glühender Kuss gewesen....oh Ra, wie mochten diese göttlichen Lippen schmecken!? Er grummelte in sich hinein, als er sich erinnerte, dass er diesen wohlgeformten Mund schon einmal berührt hatte - allerdings waren sie dann erneut im Streit auseinander gegangen. Er wusste nicht, wie er sich Yami gegenüber verhalten sollte. Es war leichter gewesen, als er nichts anderes als Hass mit dem ehemaligen Herrscher in Verbindung gebracht hatte, doch nun hatten sich die Dinge verändert. Er hatte seinen verfluchten Erz-Rivalen in Situationen erlebt, die nicht mit dem verzerrten Bild des gefühlskalten, menschenverachtenden Monarchen zusammenpassten, das er sich von ihm gemacht hatte, um ihn mit seinen Rachegelüsten verfolgen zu können. Oh, die Arroganz war vorhanden, der nervtötende Gerechtigkeitsfimmel, die Selbstgefälligkeit, das angeberische Gehabe des „Königs der Spiele"....aber da waren auch sein Mut, seine Furchtlosigkeit, sein Stolz und sein stahlharter Wille. Und natürlich seine Halsstarrigkeit und seine spitze Zunge, aber da er selbst ebenfalls diese Attribute besass, konnte er sie kaum verurteilen. Schließlich existierten noch jene Eigenschaften, die er nie in seinem Kontrahenten vermutet hätte, wie etwa Mitgefühl, die Fähigkeit, seinen Stolz zurückzustellen, wenn es erforderlich war, ein Sinn für Romantik (nun, es war erwiesen, dass er Sonnenaufgänge und Sonnenuntergänge mochte, da er ihre Schönheit bewunderte) und.... Aufopferungsbereitschaft. Dies fügte er zuletzt an. Ihm fiel ein, wie Yami sich vor ihm aufgebaut hatte, nachdem Apophis ihn gebissen hatte und sich auf ihn stürzen wollte. Er hatte ihn beschützt, daran gab es keinen Zweifel. Der Pharao hätte sich töten lassen....Außerdem war es der Verdienst des Bunthaarigen, dass er noch nicht den Löffel abgegeben hatte - die Sache mit seinem Hitzschlag und dem Gift des Schlangendämons, das seinen Körper erkalten ließ....Er hatte ihm geholfen, ohne eine Gegenleistung zu erwarten. Und dann seine Schönheit....seine verdammte, unleugbare Schönheit, die ihm das Blut aufwühlte und sein Begehren entfachte....! Der Meisterduellant schlug sich mit vergleichbaren Problemen herum. Er rief sich alles ins Gedächtnis, was er an dem Dieb verabscheute: Seine Boshaftigkeit, sein Schandmaul, seine Skrupellosigkeit, das Fehlen jeglichen Respekts für irgend jemanden, seinen Hochmut und seine Hinterlist. Dennoch konnte er jene Aspekte seines Charakters nicht verdrängen, die sich ihm während ihrer gemeinsamen Reise offenbart hatten, wie etwa die Trauer und der Schmerz in seiner Seele, seine Tapferkeit, die Spur von Hilfsbereitschaft, die er entdeckt hatte, die Tatsache, dass er der Zärtlichkeit und Umsicht fähig war und dass er über seinen eigenen Schatten springen konnte, wenn er es wirklich wollte. Konnte er einem solchen Mann tatsächlich nur Hass entgegenbringen? Er gedachte dem Moment, da er versucht hatte, die Kälte aus Bakuras Körper zu vertreiben, die der Biss von Apophis in ihm hinterlassen hatte....er hatte ihn gewärmt und der Grabräuber hatte sich an ihn geschmiegt, als sehne er sich auch nach ein wenig Geborgenheit....Ein untrügliches Zeichen für seine Einsamkeit, einer Einsamkeit, die Yami nicht fremd war. Und er hatte das verderbliche Gift aus seinen Adern gesaugt, um ihn zu retten....seine Lippen waren weich und heiß, seine Hände von überraschender Sanftheit....Der einstige König war sich des muskulösen Rückens, gegen den er gepresst war, nur zu deutlich bewusst und es hätte genügt, sich ein kleines Stück weiter vor zu neigen, um den Duft der weißen Haarpracht einzuatmen oder seine Schläfen zu küssen....Bei Ra, wie konnte er!?! Aber sosehr er sich dagegen sträubte, er konnte unmöglich die Augen davor verschließen, wie berückend schön und verführerisch sein Widersacher war....! Die Nacht brach herein, aber unglücklicherweise befanden sie sich auf freiem Feld, ohne der winzigsten Palme oder ein paar Felsen, die ihnen Schutz vor allzu neugierigen Blicken geboten hätten. Um sie herum war nur Sand, Sand und nochmals Sand. „Wir können im Dunkeln weiterreiten, bis wir einen geeigneten Schlafplatz ausfindig gemacht haben. Ist dir das recht?" „Seit wann kümmert dich meine Meinung?" „Nur keine falschen Vorstellungen, Hochwohlgeboren! Die kümmert mich nicht!" „Warum fragst du dann, Bandit?" „Das geht dich nichts an!!" „Höflich wie immer, was? Deine Manieren sind grottenschlecht, wie gewöhnlich!" „Halt die Schnauze!!" „Wolltest du nicht meine Meinung hören?" „NEIN!!!" „Wie du meinst...." Sie schwiegen. Das Pferd trabte verdrossen weiter, ermüdet von der Hitze des Tages und der Strecke, die es zurückgelegt hatte. Die typische Eiseskälte einer Wüstennacht kroch den beiden Reitern in die Glieder und der Grabräuber spürte das Zittern des anderen. Er hielt an und sagte: „Setz dich vor mich." „Was....?" „Setz dich vor mich." wiederholte er monoton. Yami stieg vom Pferd, nur um erneut vor Bakura Platz zu nehmen. Er hockte nun rittlings auf dem Sattel, fast auf dem Schoß des Diebes, zwischen den kräftigen Armen, die die Zügel umfassten. „Halt dich fest." Gehorsam umklammerte er die schlanke Taille von neuem und lehnte sich leicht an ihn. „Warum....?" „So ist dir wärmer." Der Pharao musterte ihn irritiert. War der Weißhaarige von demselben Gefühlschaos erfüllt wie er? Wünschte auch er sich ein vertrauliches Gespräch, gestand es sich aber nicht ein? Merkwürdigerweise schien es dem ehemaligen Regenten, als ziehe sich eine dezente Röte über die Wangen seines Begleiters, aber das konnte nicht sein....oder doch? „Danke. Das ist sehr....nett von dir." „Bloß nicht!! Dieses abartige Wort passt nicht zu mir! Wage es nie wieder, es in einem Atemzug mit mir zu nennen!" „Oh, aber wieso nicht? Das, was du gerade getan hast, ist nett!" „Ist es nicht!!" „Ist es wohl!!" „Nein!" „Doch!" „Nein!" „Doch!" „Nein!!!" „Doch!!!" „NEIN!!!!" „DOCH!!!!" Sie sahen sich an....und plötzlich brachen sie in heiteres Gelächter aus. Es war ein Lachen, das ihnen von Herzen kam, das erste aufrichtige, fröhliche Lachen seit ihrem Wiedererwachen im 21. Jahrhundert. Nicht boshaft, nicht hämisch, nicht arrogant. Einfach glücklich. Bakura hielt sich die Hand vor den Mund, als müsse er diese unerwartete Gefühlsregung unterdrücken, aber es gelang ihm nicht. Sein Gegenüber schüttelte gutmütig den Kopf und grinste: „Bei Isis, wir streiten uns wie die Kinder! Keiner würde uns für erwachsene Männer halten angesichts so vieler Nein-Doch-Wechsel. Dabei können wir das wesentlich besser!" „Hm, stimmt. Im Beleidigungen austauschen und Gemeinheiten um sich werfen sind wir absolut unschlagbar!" „Genau....!" Noch einmal kreuzten sich ihre Blicke. Seltsam. Sie hatten zusammen gelacht, wie zwei alte Freunde. Der Grabräuber betrachtete die feinen Züge des aristokratischen Antlitzes vor sich, auf das der Mond sein silbernes Licht warf. Die amethystfarbenen Augen leuchteten tief und unergründlich wie stets, doch diesmal glitzerte in ihnen auch ein freudiges Funkeln. Die schimmernden Lippen hatten sich zu einem anziehenden Lächeln verbreitert. >>Oh Ra....ich möchte ihn küssen....<< Doch kaum hatte er diesem Gedanken in sich Raum gegeben, als sich auch schon sein Stolz dagegen aufbäumte. Er schüttelte den Kopf und stieß ein paar Flüche aus, um seine Haltung zurückzugewinnen. Yami musterte ihn verwundert. „Was ist los, Grabräuber? Stimmt etwas nicht?" „Nein, alles in Ordnung! Was geht dich das überhaupt an?! Kümmere dich um deinen eigenen Kram und lass mich in Ruhe!!" „He, was soll das!? Musst du jetzt unbedingt die Giftspritze herauskehren? Man wird ja wohl noch fragen dürfen, wenn du plötzlich anfängst zu fluchen wie ein Eseltreiber!" „Wie ein Eseltreiber, ja? Und wer bist dann du? Der dämliche Esel?" „Bei Ra, fällt es dir denn so schwer, mal etwas Nettes zu sagen?" „Da, schon wieder dieses grässliche Wort!! Habe ich dir nicht gerade vorhin erst befohlen, es nie wieder im Zusammenhang mit mir zu benutzen?!" „Ach, das war ein Befehl? Das ist mir entgangen, verzeih. Allerdings würde das auch nichts ändern, es fiele mir nicht im Traum ein, von dir einen Befehl anzunehmen!" „Beruht auf Gegenseitigkeit, glaub mir!" „Ich bin hier der Pharao und du der Untergebene, vergiss das nicht!" „Rede nicht so einen Schwachsinn! Wir sind ebenbürtig!" „Sind wir? Ich dachte immer, aus deiner Sicht bin ich es nicht einmal wert, dieselbe Luft zu atmen wie du!" Bakura biss sich bestürzt auf die Lippen. Bei allen Göttern, was hatte er da bloß gesagt?! Ebenbürtig - er und dieser winselnde Witz von einem Monarchen?! Aber er merkte deutlich, dass diese Beleidigung einfach nicht mehr angebracht war, da sie ihm selbst nicht passend erschien. Der verdammte Pharao besass den Charakter eines wahren Königs, und mochte er diese Erkenntnis auch noch sosehr verfluchen. Diese ganze vermaledeite Reise hatte ihn mit einem Mann konfrontiert, den er nicht einfach nur hassen konnte. Er hatte begonnen, ihn zu respektieren und ihn als gleichwertig zu betrachten....kurz und gut, seine Gefühlswelt war ein einziges Fiasko! Ahnte er, dass es sich bei Yami ähnlich verhielt? Der Pharao betrachtete seinen Gegenüber und fragte sich, was dieses neuerliche Schweigen wohl zu bedeuten hatte. Es war leicht für ihn gewesen, ihn zu verachten, als Bakura nichts weiter war als sein Erzfeind, doch nun, da er angefangen hatte, den Menschen hinter der verkrusteten Schale aus Hass, Zorn und Verbitterung kennen zu lernen, wurde er unsicher. Er hatte Angst - Angst, dass sich in sein Begehren eine andere, noch stärkere Empfindung mischen könnte. Das Wiehern des Pferdes unterbrach ihre Gedanken. Es hatte eine hohe Sanddüne mit einer Mulde dahinter entdeckt und der Geruch von Wasser schien ihm in die Nase zu steigen. Es trabte weiter und tatsächlich gelangten sie zu einer versickernden Quelle. Der Dieb füllte ihre Flasche auf und der Meisterduellant sattelte das Tier ab. Die Düne bot ihnen ein wenig Sichtschutz und dort legten sie sich nieder. Diesmal hatte der Bunthaarige den Vorzug, als erster den Beduinenmantel ausgepackt zu haben und als er sich anschickte, sich niederzulegen, blieb der Grabräuber unschlüssig vor der Mulde stehen. „Was ist los? Bist du festgewachsen? Komm her!" „Stört es dich nicht, wenn ich neben dir liege?" „Die Nächte sind eiskalt, du wirst frieren. Ich möchte vermeiden, dass dein lautes Zähneklappern meinen empfindlichen Schlaf stört, also zier dich nicht!" „Mein Zähneklappern?! Das ist alles, was dir dazu einfällt?! Du bist wirklich das Letzte!" „Sagt einer, der gesellschaftlich irgendwo zwischen den Kakerlaken und den Wanzen angesiedelt ist - womit du das Letzte vom Letzten wärst!" „Ah, bravo, du nichtswürdiger Pharao, nur weiter so! Hast du noch mehr hochmütiges Adelsgequatsche in petto?! Du bist echt widerlich! Arrogant, starrköpfig, und doch nicht mehr Schwung als eine Schnecke!" „Das ist sehr interessant - das behauptet ausgerechnet ein schleimiger Regenwurm wie du, der so viel von Schwung versteht wie ein Stein!" „Hör zu, Pharao....!!" „Was ist, Grabräuber? Passt dir was nicht!?" Sie funkelten sich herausfordernd an, gefangen in den Augen des jeweils anderen. Yami lag auf dem Boden, den linken Ellbogen abgestützt, mit dem Mantel halb auf den Schultern. Diese Pose hatte in ihrer Schlichtheit etwas Verführerisches, denn es wirkte, als würde der ehemalige König auf etwas warten. „Bei Apis....nun komm schon! Unser Gezanke ist albern. Du wolltest doch, dass mir warm ist, oder nicht? Also....wärme mich." Bildete er sich das bloß ein, oder klang die samtweiche Stimme des Herrschers irgendwie.... lasziv? Die Betonung, die auf dieses „Wärme mich" gesetzt war, ließ diese zwei Worte einschmeichelnd, fast bittend erscheinen und der Weißhaarige spürte zum ersten Mal in seinem Leben, wie ihm die Knie weich wurden. „Und?!?! Was ist jetzt?! Hast du deine Zunge verschluckt? Du beweist hier gerade den Schwung einer Schnecke! Willst du noch lange da rumstehen?" „Ja, ist ja gut!! Mann, du bist lästiger als eine Schmeißfliege! Mach dich nicht so breit, damit ich auch was von dem Mantel habe! Ich will nicht mit dir zusammenrücken müssen!" „Oh glaub mir, darauf kann ich ebenfalls verzichten!" Endlich kehrte Ruhe ein. Die beiden Kontrahenten hatten einander (mal wieder) den Rücken zugedreht und taten, als schliefen sie langsam ein, in Wirklichkeit aber waren sie hellwach. Der Dieb war sich der Nähe seines Rivalen erschreckend deutlich bewusst und die Vorstellung, sich nur umwenden zu müssen, um ihm so nah zu sein wie nie zuvor, ließ ihm die Schläfen schweißnass werden. >>Was ist nur los mit mir?! Ich HASSE ihn!! Ich habe ihn fünftausend Jahre lang gehasst!! Er ist mir vollkommen gleichgültig!! Er ist ein verdammtes Gerechtigkeits-Apostel, ein verachtenswerter, kümmerlicher, herablassender, stolzer, unbezähmbarer, wunderschöner.... nein!!! Nein, nein und nochmals nein!! Ich hasse ihn....hasse ihn....hasse ihn....!!<< hämmerte er sich ein, immer wieder, ohne Unterbrechung, bis sein Frust sich erschöpfte. Die Bilder der Vision, die Maat ihnen gezeigt hatte, jagten sich in seinem erschöpften Kopf. Seine Mutter.... sein Vater....der Pharao als Säugling....als Kind....als junger Mann....und der Kuss....dieser verwünschte, abscheuliche Kuss!! Und dann die Tatsache, dass er eigentlich der Beschützer des Monarchen hätte sein sollen, der Schatten der neuen Sonne Ägyptens....Apophis hatte ihm alles vernichtet, was sein gewesen wäre....! „Sei verflucht, Dämon! Sei verflucht bis in alle Ewigkeit!!" stieß er hervor und biss vor Wut in sein provisorisches Laken. Yami wandte sich ihm zu, als er diesen Ausbruch hilflosen Zorns vernahm und sagte leise: „Ja, er möge verflucht sein! Kein Wunder, dass er sich davor fürchtete, dass wir die Wahrheit erfahren könnten. Wir würden ihn hassen und genau das konnte er nicht riskieren, denn dadurch erhält unsere Mission nun eine äußerst persönliche Note. Und ich schwöre, er wird für seine Schandtaten büßen....!" „He? Nanu, du bist wach?" „Ich kann nicht einschlafen." „Ich auch nicht. Wenn ich mir das ausmale....er hat meinen Vater auf dem Gewissen...." „....und meine Mutter...." „Er trägt die wahre Schuld an dem Massaker von Kul Elna, bei dem meine Mutter starb und mit ihr meine Identität....Er hat Zorks Wiederauferstehung in die Wege geleitet, der mich zu seinem Sklaven machte und nach und nach meinen Geist und mein Bewusstsein ausschaltete, um meinen Körper zu kontrollieren. Ich wage nicht, danach zu fragen, was ich alles getan habe, nachdem die Besessenheit ihren Höhepunkt erreicht hatte...." „Du....du hast Zork freigelassen und damit die Finsternis über Ägypten gebracht, wie Maat schon erzählt hat. Mit seiner Hilfe konnte Apophis aus der Unterwelt steigen und hätte seine Schreckensherrschaft begonnen, wenn ich Zork nicht besiegt und das Licht zurückgeholt hätte." „....mein Land....ich habe also mein Land....meine geliebte Heimat....diesem Monster in Schlangengestalt ausgeliefert?! Hätte er mein Leben nicht in den Staub getreten, hätte ich vielleicht mit dir zusammen gekämpft und mit den zwei magischen Schwertern wären wir ihn für immer losgeworden....Oh ja, sein Plan war tatsächlich gut durchdacht! Seinetwegen habe ich meinen Vater nie kennen gelernt...." „Ich habe meine Mutter seinetwegen nie kennen gelernt. Und den einzig wahren Freund, der du mir hättest sein können, hat er mir ebenfalls genommen...." Der Grabräuber horchte auf und sah ihn verwundert an. „Was meinst du? Klar, wir wären gemeinsam aufgewachsen und wären Freunde geworden, aber du warst doch schließlich der Prinz und später Pharao! Das Volk hat dich geliebt! Du hattest doch sicher eine Menge Freunde!" „Ich hatte....Gefolgsleute, Lakaien, Berater - aber keine Freunde. Die Kinder der Bediensteten durften nicht mit mir spielen und wenn sich einige an mich herantrauten, wurden sie von ihren Müttern rasch zur Ordnung gerufen. Ich als der Prinz gab mich schließlich nicht mit dem Pöbel ab! Vater sass auf dem Thron und regierte. Er hat versucht, sich Zeit für mich zu nehmen, aber es gelang ihm selten. Meine Kindheit war recht einsam. Und meine Herrschaft....war noch einsamer. Es gab so viele Intriganten und Heuchler am Hof!! Zu oft blickte ich in scheinheilige, kriecherische Augen, in denen kein Funke Ehrlichkeit zu finden war! Ich war umgeben von Neid, Missgunst und schmutzigen Opportunisten! Eine kleine Enklave Königstreuer hielt zu mir, aber innerhalb dieses Suds aus Gier und Hinterlist wurde es mir manches Mal eine unerträgliche Last, der Pharao zu sein! Niemand akzeptierte mich als den Menschen, der ich war und heute noch bin....niemand....!" Stille. Sie wagten es nicht, zu sprechen. Sie wurden sich bewusst, dass sie mehr verband als jemals vermutet. Das nagende, schmerzhafte Gefühl der Einsamkeit war ihnen vertraut und sie waren dieser Einsamkeit selbst während fünf Jahrtausenden nicht entronnen - ihre Gefangenschaft in den Millenniumsgegenständen hatte es nur schlimmer gemacht. „Du kennst sie also wirklich....die Einsamkeit, Pharao....Sie frisst an deiner Seele wie an der meinen....So vieles wäre anders verlaufen, wenn Apophis nicht existieren würde...." „Und genau deswegen werden wir ihn auslöschen! Er hat Leben vernichtet, meinen Urahnen Ra angegriffen und wollte meine....unsere Heimat ins Unglück stürzen! Und nun versucht er es erneut, trachtet danach, sich die Welt untertan zu machen! Nein! Ich kann und werde ihn sein grausiges Spiel nicht beenden lassen! Ich werde kämpfen....bis zum letzten Blutstropfen, wenn es sein muss!" Sie sahen sich an, erstaunt, dass das Gespräch, das sie so lange hinausgezögert hatten, nun doch stattgefunden hatte. Es war überraschend einfach gewesen, sich all das von der Seele zu reden, noch dazu in der Gegenwart eines Rivalen. Eines Rivalen? Ihre Blicke hatten sich noch nicht voneinander gelöst, aber in beiden las man die entscheidende Frage: Sind wir denn noch Rivalen, wenn wir uns einander....anvertrauen? Aber wenn wir das nicht mehr sind, was sind wir dann? Beide fühlten ganz deutlich, dass sie sich vor der Antwort fürchteten - doch plötzlich beanspruchte ihr Instinkt ihre Sinne, verscheuchte die Unsicherheit und die Verwirrung, um der Anspannung zu weichen, die einen Menschen befällt, wenn er etwas Unbekanntes in seiner unmittelbaren Umgebung wahrnimmt. Bakura sprang auf die Füße und Yami zog seinen Dolch unter dem Hosenbein hervor. Auf halber Höhe blieb sein Blick darauf haften und er hielt verstört inne. Warum bemerkte er das erst jetzt? „Mein Dolch....mit der Kobra am Griff und dem Geier am Knauf....das ist die Waffe, die du mir an meinem zehnten Geburtstag geschenkt hast....ich meine....Die du mir geschenkt hättest, wenn Apophis nicht....Ishizu hat mir vor ihrer Rückkehr nach Ägypten ein paar Schätze aus meiner Grabkammer gezeigt, die Teil ihrer Ausstellung waren. Sie erklärte, ich dürfe mir eines der Exponate aussuchen...." „Und du hast dich für diesen Dolch entschieden?" Aber der Bunthaarige hatte keine Gelegenheit mehr, etwas darauf zu erwidern, weil ein Reiter aus der Dunkelheit vor ihnen auftauchte und hinter ihm ein Kamel, auf dem ebenfalls jemand sass, der Silhouette nach zu urteilen eine Frau. Der Fremde war wie ein Beduine gekleidet, das Kopftuch verbarg sein Haar und selbst seine Nasen- und Mundpartie waren verdeckt. Nur seine Augen waren sichtbar....Augen von einem hellen Lila, die beiden merkwürdig bekannt vorkamen....Der Reiter stieg vom Pferd und verneigte sich ehrerbietig vor Yami. „Ich bin höchst beglückt, Euch gefunden zu haben, Pharao. Erinnert Ihr Euch an mich?" Er lüftete seine Haube und seine Gesichtszüge wurden erkennbar. Die Frau, die neben ihn trat, legte ihm ihre Hand auf die Schulter, wie in einer beschützenden Geste. „Marik! Ishizu! Was um alles in der Welt....?!" „Meine Millenniumskette hat mich über Eure Ankunft in Kenntnis gesetzt, mein Pharao. Und auch über die deine, Grabräuber. Daher sind mein Bruder und ich Euch entgegen geritten, um Euch nach Kairo zu geleiten." „Nach Kairo? Das geht nicht, wir müssen zum Tal des Unendlichen Himmels, um...." „....um das Sonnenschwert aus seinem Tempel zu holen, ich weiß. Ihr werdet das Tal übermorgen erreichen, so wie es Euch prophezeit wurde. Verzeihung - morgen. Es ist ja bereits nach Mitternacht. Aber Kairo liegt ohnehin auf Eurem Weg." Der Meisterduellant holte die Karte der Göttin Maat hervor und überflog sie. Tatsächlich war die ägyptische Hauptstadt darauf eingezeichnet und als Station markiert. Na schön, in diesem Fall....Wortlos packten sie ihre Habseligkeiten zusammen, sattelten ihr Pferd und folgten den Geschwistern in die Nacht hinaus. Bei Anbruch des neuen Tages hatte die Zivilisation sie wieder: Ishizu hatte für die beiden zwei nebeneinander liegende Hotelzimmer gebucht, wo sie nach dem späten Ritt erst einmal in vollem Ausmaß die Segnungen der modernen Zeit genossen (als das wären: ein heißes Bad, ein paar Stunden Schlaf in einem gemütlichen Bett und anschließend ein reichhaltiges Mittagessen). Um halb drei empfingen sie die Geschwister in der Hotellobby und fuhren mit ihnen zu dem Apartment, das sie zusammen mit Odeon bewohnten. Dieser weilte allerdings momentan im Ägyptischen Museum als Organisator der aktuellen Ausstellung und ahnte nichts von dem königlichen Besuch (und dem weniger königlichen). „Warum habt ihr uns hergebracht?" erkundigte sich der Weißhaarige und registrierte aus den Augenwinkeln, dass Marik offensichtlich nur schwer seinen Blick von Yami lösen konnte. Er runzelte die Stirn, ignorierte aber seinen aufsteigenden Ärger, als der Platinblonde erklärte: „Meine Schwester hat schon seit einiger Zeit diese Visionen über Eure Mission, mein Pharao. Vor einer Woche dann erschien uns die Göttin Maat und sagte uns, wir müssten ihr einen kleinen Dienst erweisen." „Und wie sieht dieser Dienst aus?" Die junge Frau verschwand in einem Nebenzimmer und kehrte wenig später mit einer wunderbar geschnitzten Holzkassette zurück. Sie öffnete sie und griff mit spitzen Fingern nach einer goldenen Kette, an der ein Anhänger in Form einer Kartusche befestigt war. Sie reichte sie dem ehemaligen Herrscher und er betrachtete das Schmuckstück neugierig. Die Hieroglyphen auf der Kartusche waren ihm eigentümlich vertraut, bis er sie schließlich erkannte - es waren die Symbole, mit denen man seinen Namen schrieb, Atemu. Er lächelte und hängte sich die Kette um den Hals. „Vielen Dank....aber warum gibst du mir das?" „Diese Kette ist der Schlüssel, mit der Ihr die Kammer betreten könnt, in der das Sonnenschwert verwahrt wird. Sie gehörte ebenfalls zu Euren Grabschätzen und Maat wusste, dass wir sie besassen. Daher hat sie uns gebeten, Euch diesen Schlüssel zu geben." „Ich verstehe. Seid bedankt, alle beide. Ich weiß, dass eure Pflicht als Grabwächter nicht immer einfach für euch war - besonders nicht für dich, Marik. Die Finsternis hat von dir Besitz ergriffen und du hast sehr unter deinem dunklen Alter Ego gelitten. Es tut mir leid." „Nein, nein, nicht doch! Das war nicht Eure Schuld, im Gegenteil! Es war ganz allein die meine, weil ich meinen Weg, mein Ziel aus den Augen verloren hatte. Ich habe Euch nichts vorzuwerfen! Ihr seid es gewesen, der mich von den Schatten befreit und meine Seele gerettet hat! Ich habe Euch das nie vergessen....mein Pharao." Er sah ihn an; seine Augen drückten tiefe Loyalität und Bewunderung aus....und noch ein anderes Gefühl, das Bakura absolut nicht gefiel. Ishizu konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen und entfernte sich diskret mit den Worten, sie würde Kaffee kochen. Der Dieb ging natürlich nicht, denn erstens waren Diskretion und er zwei völlig grundverschiedene Dinge und zweitens verdüsterte sich seine Miene erschreckend, als Marik verlegen fragte: „Pharao....dürfte ich kurz mit Euch sprechen? Allein?" Der Meisterduellant nickte und erhob sich grazil von dem Sessel, auf dem er gesessen hatte. Er bedeutete dem Grabräuber mit einem strafenden Blick, dass er sich ja nicht von seinem Platz wegzubewegen hatte, und folgte dem anderen in seinen Schlafraum und von dort auf den Balkon. Der junge Mann wirkte beschämt und wandte sein Gesicht ab, als wolle er den Blickkontakt mit seinem adeligen Gast vermeiden. Er stützte sich am Geländer ab, unter ihnen wogte und wimmelte es laut und farbenprächtig in den Straßen von Kairo. „Euer Majestät....seit ich von meiner Schwester erfahren habe, dass wir einander erneut begegnen würden, habe ich darüber nachgedacht, was ich zu Euch sagen würde....aber nun sind alle Worte, die ich mir so gründlich überlegt habe, wie weggefegt. Ich kann mich an nichts mehr erinnern....dabei hatte ich geplant, mich richtig elegant auszudrücken...." Er lachte betrübt auf und ballte seine Hände zu Fäusten. Bakura, der natürlich nicht sitzen geblieben war, sondern nun durch den Perlenvorhang linste, der die Öffnung zum Balkon schmückte, tat es ihm nach, als er fortfuhr: „Es ist die Wahrheit, dass ich es Euch nie vergessen habe, was Ihr meinetwegen auf Euch genommen habt. Ihr habt mir mein Herz, mein Leben zurückgegeben.... Ihr habt den Dämon, der auf meiner Existenz lastete, vernichtet und habt die Welt gerettet! Obwohl ich Eure Freunde benutzt und angegriffen, ihre Seelen eingesperrt habe, habt Ihr Euch dennoch nicht unterkriegen lassen und habt weitergekämpft! Als ich noch ein Kind war, habe ich mich oft gefragt, was das eigentlich für ein Pharao war, auf den wir warteten....das Opfer, das meine Familie für Euch gebracht hatte - im Untergrund zu leben bis zu Eurer Rückkehr -erschien mir unfair und ungerechtfertigt. Keiner war so etwas wert, dachte ich. Bis ich Euch kennenlernte. Ihr habt Ishizu geholfen, ohne eine Gegenleistung zu erwarten, obwohl wir - ich - Euch so viel abverlangten. Und nachdem alles vorüber war....habt Ihr mir verziehen! Ich konnte es damals kaum fassen....Ihr hättet mich doch hassen müssen, oder nicht? Aber statt dessen.... Ihr habt dadurch eine unglaubliche Seelengröße bewiesen. Ihr seid der unergründlichste, der bemerkenswerteste, der imponierendste Mann, den ich kenne....Ihr seid einzigartig. Ihr seid....Ihr seid jeder Größe fähig, mein Pharao. Ich....ich liebe Euch....!" Yami starrte ihn an und griff sich unwillkürlich ans Herz, berührt von diesen gefühlvollen Worten. So hatte also er, der fünftausend Jahre alte König, diesen Jüngling die Liebe erfahren lassen, ohne es bisher geahnt zu haben. Allerdings ahnte er noch etwas anderes nicht - nämlich, dass der Grabräuber seine Finger mittlerweile in den Stoff seiner Kleidung gekrallt hatte und in sein Hemd hineinbiss. Eine seiner Brauen zuckte verdächtig und sein Atem war bemüht ruhig gehalten, konnte aber über seinen Zorn nicht hinwegtäuschen. Ohne die Antwort des einstigen Aristokraten abzuwarten, stürmte er ins Wohnzimmer zurück und ließ sich auf das Sofa fallen wie ein Mehlsack, schwer und kraftlos. Marik war verliebt in den Pharao!! Ha, das war doch ein Witz!! Der größte, geschmackloseste, widerlichste Witz seit Urzeiten!! Niemand konnte diesen hochgestochenen, arroganten, aufmüpfigen Bastard ernsthaft lieben, schon gar nicht so ein naives, gutgläubiges, armseliges Würstchen wie Marik!! Allein die Vorstellung war vollkommen absurd!! Er liebte ihn also, ja?!?! Ausgerechnet diesen herablassenden, sich gnadenlos überschätzenden, großkotzigen, penetranten Mistkerl mit Frisurproblem!?! Der dämliche Bengel mit dem ekelhaft süßen Engelsgesicht litt eindeutig an Geschmacksverirrung der übelsten Sorte!!! Da wurde einem ja schlecht!! Und dann dieses total unpassende Gesülze über den verdammten Pharao - Ihr seid der unergründlichste, der bemerkenswerteste, der imponierendste Mann, bla bla....Ihr seid einzigartig, bla bla....jeder Größe fähig, bla bla.... BÄH!! Das war echt zum Kotzen, dieses schmalzige Gequatsche!! Und dieser....bewundernde, zärtliche Blick....igitt, abscheulich!! Wie konnte man einen Kerl wie den Pharao bloß SO anschauen!?! Ohne sich übergeben zu müssen?! Er sank in die Kissen zurück, vergrub seine Hände in den Hosentaschen und platzierte seine Beine in einer Haltung tiefster Missbilligung genau auf dem Tisch. In Ras Namen, warum regte er sich eigentlich so furchtbar auf?! Das konnte ihm doch egal sein!! Was kümmerte es ihn, wenn jemand in Yami verknallt war, selbst wenn es sich dabei um einen so treudoofen Idioten wie Marik handelte?! Das ging ihm doch wohl am Arsch vorbei!! Und was würde diese hirnlose Armutsausgabe eines Monarchen auf diese zuckrig-scheußliche Liebeserklärung erwidern!? >>Tse, ich kann‘s mir schon denken: ‚Oh du einzige Liebe meines Lebens, ich bin so froh, dass du den ersten Schritt gemacht hast, ich hätte ja nie zu hoffen gewagt‘....bei Apis, wie rührselig, wie kitschig, wie....ach was soll‘s, soll‘n die doch glücklich werden, meinen Segen haben sie....NICHT!!! Dass der Pharao was anderes verdient als diesen Speichellecker, ist ja wohl klar!! Ich meine, ich sage nicht, dass er was Besseres verdient....aber was anderes!!! Solche Ausschussware wie das Blondlöckchen findet man heutzutage praktisch an jeder Straßenecke!! Das ist nichts für einen stolzen Mann wie Atemu!!!<< Halt mal. Dieser letzte Gedanke war irgendwie....seltsam. Er klang in Bakuras Ohren nicht richtig, aber gleichzeitig auch nicht unbedingt falsch. Nur, seit wann sprach er von dem Bunthaarigen als „Atemu"??? Mitten hinein in sein inneres Durcheinander platzte Ishizu mit dem Kaffee. Sie servierte das schwarze Getränk in vier hübschen Tassen und rief nach ihrem Bruder. Er erschien auf der Bildfläche, hinter ihm trat wenig später auch der Meisterduellant in die Szene. Hm. Es sah nicht so aus, als hätte der Pharao ebenfalls herum gesäuselt wie eine drogenabhängige Turteltaube im fortgeschrittenen Schwafel-und-Sülz-Stadium. Der Dieb stellte dies mit einer eigentümlichen Zufriedenheit fest, über die er sich nicht ganz klar war. „Wie möchtet Ihr Euren Kaffee, Euer Hoheit?" „Zwei Stück Zucker und viel Sahne, bitte." Er war ein Süßschnabel, Seine Hochwohlgeboren, was? Marik reichte ihm das Schälchen mit der Sahne und Yami lächelte ein Dankeschön in seine Richtung. Ein betörendes Lächeln, das die gebräunten Wangen des Blondschopfes mit einem Hauch Rot übergoss. Bakura spürte einen schmerzhaften Stich bei diesem Austausch von Sympathie, aber er ignorierte diese Regung mit dem ihm eigenen Talent für das Heucheln von Desinteresse. Trotzdem blieb ein winziger Stachel zurück, der ihn im Laufe des Beisammenseins immer wieder unangenehm störte, was dazu führte, dass seine Laune sich mehr und mehr verschlechterte. Die einzige Dame innerhalb der Tischrunde beobachtete ihn schon seit einer Weile und gelangte zu einem verblüffenden Ergebnis: Der Grabräuber war eifersüchtig! „Unmöglich!" hätte das Urteil des Betreffenden gelautet, hätte man ihn mit diesem Verdacht konfrontiert. Aber offenbar war es eben doch nicht so unmöglich.... Baku und eifersüchtig - ah, ich wollte das schon immer mal schreiben! Bis zum nächsten Kapitel! *wink* Kapitel 11: Das Sonnenschwert ----------------------------- Schade, die 40er-Grenze ist doch nicht geknackt worden - aber diesmal bestimmt!^^ Hier ist also das neue Kapitel von "Son of Ra"! Viel Spaß beim Lesen! EDIT: Ich habe ein paar Inspirationsbilder on gestellt, die Baku+Yami oder Ati+Grabräuberchen zeigen. Ihr seid herzlich eingeladen, sie Euch anzuschauen!^^ Kapitel 11: Das Sonnenschwert Kurz nach halb vier brach eine interessante Reisegruppe in Richtung jenes Tales auf, das die beiden Männer der Vergangenheit aufsuchen sollten: Die Geschwister hatten dem Pharao ein eigenes Pferd besorgt, während der Grabräuber das von ihm entwendete Tier behielt. Sie ritten voran, der Karte folgend, eskortiert von Marik, der sich ebenfalls auf einem Pferd fortbewegte, während Ishizu sich von einem Kamel über die Dünen schaukeln ließ. Bakura war gar nicht entzückt, dass das Blondlöckchen sie bis zu dem Tal begleiten würde und verfluchte seinen adeligen Rivalen dafür, dass er dem zugestimmt hatte. >>Dieser blöde Schwachkopf von einem König!! Was hat er sich bloß dabei gedacht, in Ras Namen?! Will er mich absichtlich ärgern, oder was?! Schlimm genug, dass dieses Babyface in ihn verknallt ist, aber dass wir den Bengel dann auch noch mitschleppen müssen, ist wirklich zu viel für meine Nerven!! Ich frage mich, was er wohl auf Mariks Liebeserklärung geantwortet hat? Bah, schon allein die Erinnerung an dieses Gesülze reicht aus, um mich zum Kotzen zu bringen! Das war dermaßen widerlich, es gibt keine Beschreibung dafür!! Klar, und Mr. Obermacker muss unbedingt darauf bestehen, plötzlich ein eigenes Pferd zu haben!! Wir sind mit dem einen doch bisher wunderbar zurechtgekommen, also was soll der Mist?!<< Insgeheim regte ihn dieser Umstand vor allen Dingen deshalb so auf, weil er nun darauf verzichten musste, Yami hinter sich auf dem Sattel zu haben, folglich würde er diese starken Arme nicht mehr spüren, die sich um seine Taille schlossen....bei Apis, was war denn nur in ihn gefahren?!?! Drehte er jetzt völlig durch?! Im Grunde war es fantastisch, dass er nicht länger auf diesen grässlichen Aristokraten-Verschnitt aufpassen musste!! Es war nicht mehr sein Problem, wenn der Mistkerl vom Pferd fiel....!! >>Scheiße, scheiße, scheiße!!! Ich mache mir hier doch selbst was vor....! Ich merke, wie meine Verachtung für ihn schwindet....Wenn ich ihn ansehe, suche ich nach dem Mann, den ich fünftausend Jahre lang erbittert gehasst habe und nun musste ich entdecken, dass fast alles, was ich an ihm verabscheut habe, verzerrte Tatsachen waren....dass ich sogar ein Leben hätte haben können, in dem ich ihn....in dem ich ihn....<< Sein Herzschlag nahm zu und er fluchte gepresst, darum bemüht, seine gleichgültige Haltung zu bewahren. Seine Augen ruhten auf der stolzen Gestalt des Bunthaarigen, der sich tatsächlich unleugbar majestätisch auf dem Pferderücken hielt und das Tier mit sicherer Hand führte. Die sehnigen Muskeln seiner Arme kamen auf diese Weise besonders gut zur Geltung und auch die Art, wie er den Kopf wandte und den Weg beschrieb, der laut Karte vor ihnen lag, besass etwas königliches. Die Sonne malte goldene Reflexe in sein Haar und zauberte ein irisierendes Leuchten in jene Amethyste, durch die der Pharao auf seine Welt blickte. Marik machte soeben einen kleinen Scherz, um seine Schwester ein bisschen zu necken und der Meisterduellant lachte. Es war ein offenes, ehrliches Lachen, dem seine samtweiche Stimme zugleich etwas ungemein Sinnliches verlieh. >>....in dem ich ihn....geliebt hätte....NEIN!!! Sei verflucht, du verdammter....dämlicher.... arroganter....Oh Ra, warum quälst du mich so?! Was hast du dir dabei gedacht, so einen Erben deiner Krone zu erschaffen?! Yami ist so....so eigensinnig, so hochmütig, so selbstgefällig!! Für sein Mundwerk bräuchte er einen Waffenschein! Und sein snobistisches Getue geht mir gewaltig auf den Sack! Und er ist so....ich weiß nicht, so....so stolz, so temperamentvoll, so tapfer, so willensstark....ja, bin ich denn noch zu retten?!?! Wie komme ich dazu, hier Lobeshymnen auf diesen Trottel anzustimmen!?! Er ist doch bloß....wunderschön....<< Es hörte nicht auf. Seine Argumentation endete immer wieder am selben Punkt. Egal, wie oft er von vorne begann, um sich seinen Hass und seine Verachtung ins Gedächtnis zurückzurufen, sein Zorn und seine Abneigung verliefen sich nach und nach in dem heftigen, leidenschaftlichen Begehren, das er für den ehemaligen Herrscher empfand....und er war sich nicht ganz sicher, ob das alles war, was er fühlte, so erschreckend dieses Eingeständnis auch war. Zu behaupten, er würde diesen Mann nicht respektieren oder als ebenbürtig betrachten, wäre eine glatte Lüge. Bevor diese Mission angefangen hatte, hätte es noch der Wahrheit entsprochen, aber nun....nun wurde er mit den Regungen seines Herzens konfrontiert, von denen er sich seit Ewigkeiten gelöst glaubte. Dem war nicht so. Er hatte sein Herz unter einem Panzer aus Einsamkeit, Schmerz, Wut und Trauer verschanzt, doch es war noch immer in ihm und gewann an Stärke. Er wusste mittlerweile zu viel über den Pharao....zu viel, um ihn noch länger ernsthaft hassen zu können. Und Mariks sehnsüchtige Blicke in Richtung Yami verbesserten seine Stimmung nicht wirklich. Zwar ignorierte er den schmerzhaften Stich in seiner Brust, aber sein Zorn wurde dadurch nicht weniger, im Gegenteil. So war er ein recht schweigsamer Reisegefährte, worüber sich der Meisterduellant insgeheim wunderte. >>Ich kann nicht behaupten, dass ich mich darum reißen würde, ständig seine nervtötende Stimme zu hören, aber ich frage mich doch, was mit ihm los ist. Er ist natürlich nicht der Typ für geistreiche Konversation, aber stumm zu sein wie ein Fisch ist in der Regel auch nicht seine Sache. Er scheint über Mariks Anwesenheit nicht besonders glücklich zu sein....ich meine, wenn Blicke töten könnten, wäre der arme Junge schon längst vom Pferd gefallen. Ob er misstrauisch ist, weil ich mit ihm unter vier Augen gesprochen habe? Er denkt doch nicht im Ernst, dass ich ihm von der Liebeserklärung erzählt hätte? Mit meiner Antwort muss sich Marik ohnehin abfinden....<< ~~ RÜCKBLENDE ~~ „Ihr seid jeder Größe fähig, mein Pharao. Ich....ich liebe Euch....!" Endlich, es war heraus! Der blonde Ägypter musterte seinen Gegenüber voller Angst. Er nahm nicht an, dass der andere seine Gefühle erwiderte, aber er hoffte, wenigstens eine Antwort zu erhalten, die ihm nicht zur Gänze das Herz brach. „Sieh mich an. Nein, wende deinen Blick nicht ab. Sieh. Mich. An. Ich bin fünftausend Jahre alt. Ich betrachte dich als guten Freund, aber nichtsdestotrotz bist du verglichen mit mir immer noch ein Kind. Ich hege bisweilen brüderliche Gefühle für dich, doch ich liebe dich nicht auf die gleiche Art, wie du mich. Ich weiß nicht, ob es mir in dieser Welt, in diesem Leben je vergönnt sein wird, den einen Mann zu finden, dem ich mein Herz schenke. Vielleicht werde ich dieses Glück nie haben. Aber du bist noch jung. Du solltest nicht für immer an mir hängen. Geh aus, genieße es, ein Teenager zu sein, verliebe dich neu. Ich bin nicht der Richtige für dich. Du musst mich vergessen." „Vergessen! Ihr seid kein Mann, den man einfach so vergessen kann!!" (Anm. d. Autorin: Einen Kerl wie Yami vergessen....hm, das stelle ich mir tatsächlich schwierig vor. Der Altersunterschied zwischen den beiden beträgt übrigens 4984 Jährchen!) Eine Hand legte sich auf seine Schulter und tiefe, ernste Amethyste strahlten ihn an. „Sei vernünftig, Junge. Dir ist doch klar, dass es mit uns nicht funktionieren würde. Ich brauche jemanden, der aus meiner Epoche stammt, der mit Ägypten dieselben Erinnerungen und Empfindungen verbindet wie ich; jemanden, der meine Einsamkeit versteht und mich gut kennt, sowohl meine Stärken als auch meine Schwächen; jemanden, der mich als den Mann akzeptiert, der ich bin, mit allen Ecken und Kanten. Ich brauche jemanden, der reifer und erfahrener ist; jemanden, der mich nicht als erhabener betrachtet, nur weil ich Pharao bin; jemanden...." „....wie Bakura?" ( <= Wenn Baku das gehört hätte....!) Der einstige Herrscher sah den Jüngeren erschrocken an und setzte an, diese ungeheuerliche Vermutung zu widerlegen, doch ein automatisches Zögern verschloss ihm den Mund. Der Vorschlag an sich war gar nicht so abwegig wie er wohl zu Beginn dieser Mission gewesen wäre. Der Grabräuber war sein Verbündeter geworden und er konnte nicht leugnen, dass er ihn begehrte. Aber er sprach von jemandem, den er lieben konnte, nicht von einem Abenteuer für eine Nacht! Andererseits....bei Ra, der Kuss!! Der Kuss in jenem Leben, das Maat ihnen gezeigt hatte! Bakura und er hätten ein Liebespaar sein können, wenn Apophis nicht....! Aber nein, er durfte diesen Gedanken nicht zu Ende führen! Er....und der Dieb....zusammen....? ~~ ENDE DER RÜCKBLENDE ~~ Jetzt war seine gute Laune auch in die Unterwelt verschwunden. Mariks direkter Hinweis auf den Weißhaarigen hatte ihn ziemlich erschüttert und die Erinnerung daran verdüsterte seine Stimmung. Er linste verstohlen zu seinem „Problem" hinüber und seufzte. Er konnte die Tatsachen nicht länger verdrängen, denn dass seine Gefühle für Bakura sich gewandelt hatten, war ein Fakt. Falls er ihn denn je so intensiv gehasst hatte wie er selbst von dem Banditen gehasst worden war, so hatte er mittlerweile gelernt, ihn zu respektieren und ihn als gleichwertig zu betrachten. Das war gefährlich, denn daraus konnte etwas entstehen, vor dem er sich fürchtete....und sein Stolz rebellierte dagegen. Nie würde er das dulden, nie!! In diesem Moment wandte der Grabräuber den Kopf und ihre Blicke kreuzten sich für die Dauer einer atemlosen, sich endlos dehnenden Sekunde, in der beide das laute Klopfen ihres Herzens hören konnten, das einem Trommelwirbel glich. >>Yami....<< >>Bakura....<< Gegen sieben Uhr erreichten sie eine Schlucht, die steil bis in den Talkessel abfiel. Enge Serpentinen wanden sich in Gestalt eines felsigen Weges hinunter in den Abgrund und dort unten erhob sich in herrlicher Pracht und Größe der Tempel, in dem das Sonnenschwert verwahrt wurde. Ishizu zügelte das Kamel und sagte: „Dies ist das Tal des Unendlichen Himmels. Es wird von einem uralten Zauber geschützt und Unbefugte dürfen es nicht betreten. Nur den Söhnen des Ra und Heiligen Kriegern ist es gestattet, diesen Ort aufzusuchen." „Heiligen Kriegern? He, ich bin ein Krimineller! Wie soll ich da rein, wenn irgend so ein dämlicher Zauberbann mich zurückstößt?!" „Du vergisst, dass du ohne Apophis‘ Einmischung der Krieger der Maat geworden wärst. Demnach stehst du unter göttlichem Schutz und müsstest das Recht besitzen, das Tal zu betreten. Ist dir das etwa entfallen? Aber bei deinem mickrigen Gehirn ist es ja schon eine Leistung, wenn du dich an gestern erinnerst!" „Und für dich wäre es eine enorme Leistung, wenn du mal was anderes wärst als giftig!!" Der platinblonde Ägypter unterbrach den Disput und zeigte ein respektvolles Nicken, ehe er folgende Worte an den Pharao richtete: „Wir müssen Euch nun leider verlassen, mein König. Ich bin dankbar dafür, dass ich die Möglichkeit hatte, Euch meine Gefühle zu offenbaren....und ich will versuchen, mich an Euren Rat zu halten. Lebt wohl - ich wünsche Euch alles Gute!" Seine Augen waren schmerzvoll und in seinen Wimpern hingen Tränen, doch er schluckte und zwang sich zu einem tapferen Lächeln. Auch seine Schwester verabschiedete sich ehrerbietig und so trennten sie sich. „Du hast ihm also deine Liebe gestanden, Brüderchen?" erkundigte sie sich, als sie außer Hörweite waren. Er wagte nicht, sie anzusehen und nickte nur stumm. „Hast du dir Hoffnungen gemacht?" „Ganz zu Anfang vielleicht, ja. Aber das ist vorbei. Seine Antwort war klar, ehrlich und unmissverständlich. Außerdem glaube ich, dass er bereits einen anderen liebt...." Die zurückgelassenen Reiter indessen schlängelten sich auf den halsbrecherischen Pfaden vorsichtig in das Tal hinunter und Bakura war ungemein zufrieden, dass Marik endlich abgehauen war. Seine Laune besserte sich dadurch ein bisschen und dass sie dem ersten Ziel ihrer Mission näher kamen, war ebenfalls vielversprechend. „Hier werden wir das Sonnenschwert finden. Leider wird seine Macht nicht ausreichen, um Apophis zu vernichten. Wo könnte das Mondschwert sein, was meinst du?" „Oh, es ist nicht unter deiner königlichen Würde, mich danach zu fragen? Erstaunlich!" „Hast du dich nicht vorhin darüber beschwert, dass ich zu giftig sei? Was man selber macht, darf man anderen nicht verbieten!" „Ich bin ja auch nicht giftig, ich bin zynisch." „Als wenn das bei dir irgendeinen Unterschied macht...." „Suchst du Streit?!" „Nein, eine Möglichkeit, dich zum Schweigen zu bringen!" Sie musterten einander zornig und drehten sich schließlich verächtlich voneinander weg. Ohne ein weiteres Wort ritten sie auf den Tempel zu, der seit Jahrtausenden von niemandem mehr betreten worden war. Das Mauerwerk war zerklüftet und der Wind heulte abscheulich in den steilen Hängen, die das Tal umgaben. Yami fühlte, wie ihm ein eisiger Schauer über den Rücken rann, als sie vor dem Eingang des Gebäudes von ihren Pferden stiegen. Sein Instinkt sagte ihm, dass irgendetwas Bedrohliches darin auf sie wartete....etwas, das die heilige Aura dieses Tempels verdarb und eigentlich nicht hierher gehörte. „Spürst du....das auch?" Der Dieb spannte jeden Muskel in seinem Körper an und nahm das schöne Messer an sich, das er mittlerweile als sein Eigentum betrachtete, obwohl die Beduinen es dem Pharao geschenkt hatten. Er nickte und untersuchte ihr Umfeld nach irgendetwas Verdächtigem, aber außer der erdrückenden Atmosphäre konnte er nichts feststellen. „Du hast recht, da ist etwas....doch zurück können wir nicht mehr, das ist dir hoffentlich klar, du feiger Idiot? Wenn du Schiss hast, dann warte hier draußen auf mich und ich hole das Schwert!" „Erstens ist es keine Angst, sondern Vorsicht, und zweitens kannst du nicht in die Kammer des Schwertes gelangen, wenn du den Schlüssel nicht hast!" „Die Kartusche mit deinem blöden Namen?" „Ja, die Kartusche! Die unnötige Beleidigung meines Namens hättest du dir übrigens sparen können, aber von einem Trottel wie dir ist das nun mal zu viel verlangt. Plustere dich nicht so auf, das ist nicht der richtige Zeitpunkt, um zu zanken! Wir haben eine Aufgabe, also beweg deinen faulen Hintern und komm mit!" Der Weißhaarige murmelte irgendetwas Unfeines vor sich hin und folgte dem anderen in das Innere des Tempels. Die hohen Säulen und Fresken erweckten einen schwachen Eindruck von der einstigen Herrlichkeit dieses Bauwerks, aber die Eiseskälte, die durch dessen Korridore kroch, ließ die beiden Männer ungewollt erschauern. Endlich erreichten sie den Altarraum. Hinter dem Altar für die Opfergaben erhob sich ein großes Tor mit vielen kunstvollen Verzierungen, in dessen Mitte ein Abbild des Gottes Ra prangte. Er war in seiner hybriden Erscheinungsform dargestellt, also mit dem Körper eines Menschen und dem Kopf eines Falken. In einer Hand hielt er das Ankh-Symbol und er blickte zu der leeren Kartusche, die neben ihm eingemeißelt war. Ohne Zweifel der Platz für den Schlüssel. Der Monarch lief die Treppe hinauf, die zu dem Tor führte und schickte sich an, seine Kette von seinem Hals abzunehmen, als der peitschende Schwanz eines Reptils ihm das wichtige Schmuckstück aus der Hand schlug. Er schoss herum und sah, wie eine riesige Schlange mit drachenähnlichen Flügeln über ihnen Kreise zog, um nochmals herabzustürzen. Ein Diener von Apophis! Er hätte es wissen müssen! Nur eine solche Kreatur konnte eine derartig kalte Aura verbreiten! Er wich ihrer Attacke geschickt aus und holte seinen Dolch hervor. Bakura hatte das Messer gezückt und verpasste dem Wesen eine klaffende Schnittwunde in der Nähe des Kopfes, als es nach ihm stieß. Es fauchte boshaft und wütend und schwang sich zurück in die Höhe, um erneut einen Angriff auf den Grabräuber zu starten. Dieser rannte davon, sprang umher wie ein Hase und verteilte währendem gezielte Hiebe mit seiner Waffe. Er traf nicht immer, aber oft genug, um die Schlange zur Weißglut zu treiben und sie von Yami abzulenken. Der Meisterduellant erkannte, was sein Kamerad mit seiner Provokation bezweckte und ließ seine scharfen Augen über den Boden gleiten, um die Kette wiederzufinden. Er entdeckte sie unter dem zuckenden Schwanz der Bestie, die gerade wie verrückt nach ihrem Gegner schnappte. Er hechtete hinüber, bekam die Kartusche zu fassen und hängte sie sich sicherheitshalber um, als das Reptil ihn bemerkte und ihm einen kräftigen Schlag mit seinem Körper verpasste. Er wurde brutal gegen das Tor geschleudert, sackte zusammen und blieb ohnmächtig liegen. Der ehemalige Geist des Millenniumsringes war unterdessen auf den Altar gesprungen, um den tödlichen Zähnen zu entgehen und starrte auf den regungslosen Pharao hinunter. Die Kreatur hatte offensichtlich das Interesse an ihm verloren, denn sie kroch nun auf den Bunthaarigen zu und bohrte ihr bleiches Gebiss in sein Fleisch. Dann warf sie ihn herum und donnerte ihn gegen eine Säule. Ein befriedigtes Zischeln folgte dieser Tat und Bakura war es, als stoße man einen spitzen Stachel direkt in sein Herz. Blut quoll aus der Wunde, die sich unglückseligerweise an derselben Stelle befand wie der Biss der ersten Schlange - und dieses Tier war ihnen in Normalgröße begegnet, nicht in dieser monströsen Form. Der einstige Regent von Ägypten rührte sich nicht, sein Gesicht war aschfahl....und mit einem Mal überschwemmte den Dieb ein lähmendes Entsetzen, der Gedanke, dass Yami vielleicht sterben würde....Er betrachtete das edle, aristokratische Antlitz, die vollendete Hals- und Schulterlinie und wunderte sich über die Anmut, die der Pharao selbst in diesem Moment noch besass, da er doch bewusstlos war. „Wie konntest du, du Missgeburt?! Fass ihn nicht an....fass ihn nicht an!!" schrie er, als die Schlange sich erneut auf ihn zubewegte. Er stürzte zu dem Herrscher hinüber, brachte die Kette in seinen Besitz und grinste hinterhältig: „He, du zu großgeratener Riesenwurm! Ist es der Schlüssel, den du suchst? Komm und hol ihn dir!" Die Kobra wandte sich ihm zu und flog hoch zum Deckengewölbe, um wie ein Raubvogel ihre Beute zu schnappen. Bakura zögerte keine Sekunde. Er rannte zu dem Tor und steckte die Kartusche in die dafür vorgesehene Vertiefung. Ein dumpfes Grollen ertönte, und die schweren Türflügel ächzten zur Seite. Ein gleißendes Licht strahlte in den Altarraum und er musste die Arme vor die Augen heben, um sich dagegen zu schützen. Er betrat die Kammer und sah das Sonnenschwert, das auf magische Weise über einem Sockel schwebte und von einem Lichtkranz umsäumt war, dessen Leuchten jedoch immer mehr an Intensität verlor und schließlich ganz erlosch, als der Grabräuber den Griff umklammerte. Es war eine wunderbare Klinge, aus bestem Stahl gefertigt und mit Gold überzogen, genau wie der in einem dunkleren Goldton gehaltene Griff, in dessen Mitte ein Sonnensymbol schimmerte. Am Schaft stand in Hieroglyphenschrift: „Die Waffe des Königs". Das Reptil ließ ihm keine Zeit, sich an diesem Anblick zu erfreuen, denn es raste wie der Blitz in die Kammer hinein und hieb nach dem Weißhaarigen. Er duckte sich weg, rollte nach links und stürmte aus dem Zimmer hinaus, das zornige Geschöpf immer hinter sich. Es wirbelte ihm nach und setzte zu einer zerstörerischen Attacke an; da drehte sich Bakura plötzlich um und schlug der Bestie in einer fließenden Bewegung den Kopf ab. Das Sonnenschwert zertrennte ohne Probleme festes Muskelgewebe und dicke, schuppige Haut, Sehnen und Nerven wurden in einem einzigen Streich gekappt und die Schlange verschied mit einem letzten, verzerrten Zischen. Der Bandit wischte sich den Schweiß von der Stirn und trat zu dem Pharao hinüber. Er hob ihn auf seine Arme und trug ihn zu den Pferden hinaus. Er breitete den Beduinenmantel vor den Tempelstufen aus und bettete den Bewusstlosen achtsam auf den weichen Stoff. Die Klinge legte er daneben und schob das schwarze Top nach oben, um die Verletzung zu begutachten. Sie blutete stärker als für einen Schlangenbiss üblich und um die Wunde hatten sich eitrige Wucherungen gebildet. Es würde nichts nützen, das Gift auszusaugen. Da erinnerte er sich an den Heiltrank, den Yami ihm gegenüber erwähnt hatte - damit hatte er ihn auch von Apophis‘ Biss heilen können. Er durchsuchte die Reisetaschen und fand eine violette Karaffe mit goldenem Henkel darin. Das musste der Trank sein! Er riss von seinem Hemd ein Stück ab, träufelte etwas von der Flüssigkeit darauf und rieb vorsichtig die Wunde damit ein. Die heilende Kraft entfaltete rasch ihre Wirkung; der Eiter fiel ab und die Blutung wurde gestoppt. >>Was hat er zu mir gesagt, als wir uns wegen dem Bedanken gestritten haben? Ich glaube, irgendwas von, dass er mir den Trank eingeflößt hätte. Vielleicht sollte ich das auch tun, das könnte seine Schmerzen lindern....<< Er nahm einen Schluck aus dem Fläschchen, presste die adeligen Lippen auseinander und verschloss sie mit seinem Mund. >>Mach schon, Atemu....du musst es schlucken! Ja, gut so....<< Er löste sich fast widerstrebend von diesen sinnlichen Lippen und ließ seine Augen über die ohnmächtige Gestalt wandern, die mit einem Mal so verletzlich zu sein schien. Weshalb hatte er diese maßlose Angst empfunden? Warum hatte er sich davor gefürchtet, dass dieser Bastard sterben könnte? Hatte er ihn nicht seit Ewigkeiten selbst töten wollen? Und dieser Schmerz in seiner Brust....wie war das zu erklären? Wollte er ihn....nicht verlieren? War es das? Aber das war doch vollkommen ausgeschlossen! Seine Rache zu genießen, den arroganten König der Spiele tot zu sehen, das war sein Wunsch gewesen....und jetzt sollte das alles nicht mehr zählen!? „Du blöder Mistkerl...." flüsterte er, während er sich über den anderen neigte und ihn eingehend musterte. „Du hirnverbrannter, dämlicher Schwachkopf....konntest du nicht besser aufpassen? Aber nein, du musstest ja unbedingt die bescheuerte Kette wiederhaben! Warum hast du nicht abgewartet, bis ich sie geholt habe? Du musst doch immer deinen Dickschädel durchsetzen, du verdammter Idiot! Dich für diese lächerliche Mission so in Gefahr zu bringen, dir ist echt nicht zu helfen....!" Er ignorierte hierbei die Tatsache, dass er sich wegen Yami in eine ähnlich riskante Situation hineinmanövriert hatte, denn er konnte und wollte sich das einfach nicht eingestehen. „....Du bist wirklich der größte Narr, den diese Welt je gesehen hat....überheblich, selbstgefällig und herablassend....und dabei stolzer als ein Gott und härter als der Diamant.... Dumm genug, um für deine lumpigen Freunde dein Leben in die Waagschale zu werfen und dich selbstlos in irgendwelche Kämpfe oder Duelle zu stürzen....ja, dumm....oder mutig. Pah, wo liegt da der Unterschied? Sich für andere einzusetzen, ist nichts weiter als Torheit, und Tapferkeit ist die größte Dummheit, über die man verfügen kann! Du bist ein Trottel....und ein Bastard....der schlimmste, aufgeblasenste Bastard der Geschichte! Hörst du mich, Pharao? Los, antworte! Mach die Augen auf und wehr dich! Erprobe deine spitze Zunge und weise mich in meine Schranken, so wie du es sonst immer tust!" Doch der Bunthaarige war nach wie vor ohnmächtig, was er wohl während des Heilungsprozesses auch weiterhin bleiben würde. Eine zitternde Hand strich ihm ein paar vorwitzige Strähnen aus der Stirn und streichelte sanft über seine Wange. Der Grabräuber wusste nicht genau, weshalb er plötzlich der Zärtlichkeit huldigte, aber irgendetwas reizte ihn dazu. Ob Yamis fesselnde Schönheit der Grund dafür war? Er sah ihn an und das Begehren schnürte ihm die Kehle zusammen. Das Blut rauschte ihm in den Ohren und sein Atem beschleunigte sich. >>Nur einmal noch....nur ein....einziges Mal....<< Bezwungen von einer Sehnsucht, gegen die er sich bisher aufgelehnt hatte und der er keinen Namen zu geben wagte, beugte er sich hinunter und küsste ihn auf den Mund.... Wird fortgesetzt Kapitel 12: Der schmale Grat ---------------------------- So, es geht weiter!^^ Diesmal macht Yami eine interessante Entdeckung - und Baku hat auch so seine Probleme mit seinen Gefühlen...viel Spaß! Kapitel 12: Der schmale Grat Yami schwamm in einem Meer aus Schmerzen und erst nach und nach ebbte die schreckliche Pein ab, die in seinem Körper brannte. Er blinzelte schwach, als er plötzlich spürte, wie etwas Weiches sich auf seinen Mund legte. Was war das? Lippen!? Er riss die Augen auf und erkannte Bakura, der sich über ihn geneigt hatte und ihn küsste. In seinem Kopf drehte sich alles. Das musste ein Traum sein, oder wenigstens Einbildung! Nie würde der andere....ihm schwindelte. Die Sinnlichkeit dieser verfluchten Lippen berauschte ihn, obgleich er sich dagegen aufbäumte. Was sollte er tun? Sich bemerkbar machen? Schweigen? »Ich habe den Eindruck, dass mein Verstand vollkommen vernebelt ist....! In Ras Namen, das darf nicht sein! Ich muss....der Versuchung widerstehen....sei verdammt, Grabräuber....! Warum tust du das, mein begehrenswerter, stolzer Feind? Warum bist du....zärtlich?« Er hätte keine Antwort erhalten, denn Bakura wusste es selbst nicht. Sein Verstand hatte sich in dem Moment abgeschaltet, in dem sein Mund den des Pharaos berührte, und seither hatte er das Gefühl, von einer Flut wirrer Emotionen hinweggespült zu werden. Irgendetwas in ihm hätte schreien, hätte protestieren müssen, aber der Geschmack dieser Lippen, so weich und warm, ließ ihn alles vergessen - bis er plötzlich merkte, wie sich der Körper unter ihm belebte. Er wich zurück und starrte direkt in die glühenden Augen seines jahrtausendelangen Widersachers. Yami sagte nichts, aber wenn er je in einem Gesicht namenloses Entsetzen gesehen hatte, so war es in dieser Sekunde. „Du....warst wach?!", würgte der Dieb hervor und seine Stimme wurde schneidend. Er wischte sich mit dem Arm über den Mund, spuckte aus und packte den Bunthaarigen zornig am Kragen seines Hemds. „Du warst wach und hast dich nicht gerührt!? Warum, Pharao?! Ist das hier für dich ein Spielchen, oder was?! Wolltest du mich demütigen!?!" „Hör auf mit den Albernheiten", gab der ehemalige Herrscher schroff zurück und riss sich los. „Schließlich war ich wirklich ohnmächtig und ich kann ja nicht ahnen, dass du mich im bewusstlosen Zustand abküsst. Wie hätte ich damit rechnen können?" „Du verdammter, ekelhafter, hochmütiger...." „Und außerdem....fand ich es sehr schön." „....dämlicher, großkotziger....schön? Du hast es....schön gefunden?" Der Weißhaarige war von dieser Antwort weit mehr als nur überrascht. Er glotzte seinen Gegenüber eine ganze Weile sprachlos an und bei seiner üblichen Schlagfertigkeit war das in der Tat etwas, worauf der Meisterduellant sich etwas einbilden durfte. „Jetzt hast du endgültig den letzten Rest deines ohnehin schon winzigen Hirns verloren, oder? ICH war es, der dich....äh, also...." „Genau, du warst es, der mich freiwillig geküsst hat! Du, mein großer Erzrivale! Wer ist hier demnach derjenige mit dem verlorenen Hirn, hm?" Er zeigte dabei das mieseste Lächeln, über das er verfügte und warf herausfordernd den Kopf zurück. Der Grabräuber ballte die Fäuste und trat einen Schritt auf Yami zu, der ihn frech angrinste. „Ich frage mich ernsthaft, weshalb ich dein wertloses Leben gerettet habe!", spie er zwischen den Zähnen hervor, drehte sich um und schritt erhobenen Hauptes von dannen. Der Pharao war viel zu verblüfft, um ihm zu folgen. Er blickte sich um und erkannte die Karaffe mit dem Heiltrank sowie das vergoldete Schwert, das immer noch am Boden lag. »Das Sonnenschwert! Er hat es also mitgenommen....und der Trank....er muss ihn mir eingeflößt haben, damit ich von meinen Wunden genese. Nachdem ich verletzt worden bin, hat er ohne Zweifel gegen das Schlangenbiest gekämpft. Ja. Er hat mich gerettet. Ich....ich muss mich bedanken....und ich will den Grund wissen, warum er mich geküsst hat! Ein Mann wie er tut das nicht einfach so! Schon gar nicht, wenn er vorgibt, mich zu hassen. Er wird mir Rede und Antwort stehen, ob es ihm passt oder nicht!« Er lief dem Dieb hinterher und holte ihn auf einer Anhöhe ein, von der aus man das beeindruckende Panorama der steilen Felswände betrachten konnte, die den Talkessel umschlossen. „Musstest du unbedingt abhauen, du Memme? Diese Sache ist noch nicht geregelt! Ich verlange Klartext, kapiert!? Warum hast du mich geküsst?" „...." „Mach den Mund auf, du Idiot! Oder hast du deine Zunge verschluckt? Welche Freude, dann wird es mir in Zukunft wenigstens erspart bleiben, dein unzulängliches Gebrabbel ertragen zu müssen! Übrigens....möchte ich dir danken. Du hast mich tatsächlich gerettet und du hast sogar das Sonnenschwert für uns erobert. Danke." „Hör mit dem blöden Geseier auf, da wird einem ja schlecht!" „Was ist nun?" „Womit?" „Dein Verstand hat die Arbeitslizenz gekündigt, was? Ich warte immer noch auf eine Antwort! Warum hast du mich geküsst? Soll ich‘s für dich buchstabieren?" „....Mir war gerade danach." „Entschuldige. Ich vergass zu erwähnen, dass die Antwort wahr sein soll." „Das ist wahr!" zischte Bakura und wandte sich zu dem Pharao um, der mit verschränkten Armen vor ihm stand und ihn musterte wie ein Löwe seine nächste Beute. Ah, wie verführerisch dieser kriegerische Blick war....er symbolisierte alles, was Yami war: Stolz, arrogant, tapfer, hart, willensstark....und königlich, ohne Frage. „Das ist wahr? Aber klar, dir ist zwischendurch einfach mal danach, deinen schlimmsten Feind zu küssen! Schade, dass ich keinen Lügendetektor bei mir habe - wobei, er hätte vielleicht einen Kurzschluss erlitten....soll ich dir verraten, was ich glaube? Ich glaube, dass du mich geküsst hast, weil du es wolltest! Du konntest dich nicht mehr zurückhalten!" „Spätestens jetzt hätte dein Lügendetektor auf alle Fälle den Geist aufgegeben! Warum sollte ich von allen unverschämten, zickigen, blasierten Bastarden auf der Welt ausgerechnet dich küssen wollen?!" „Das weiß ich nicht. Ich hatte gehofft, du könntest mir das erklären!" „Du spinnst total! Ich hasse solche gerechtigkeitsfanatischen Mistkerle wie dich!" „Und ich hasse boshafte Schandmäuler wie dich!" „Ich hasse hochnäsige Pharaonen, die sich wunder was auf sich selbst einbilden!" „Und ich hasse gierige Banditen, die verachtenswerter sind als Aasfresser!" „Ich hasse dein bescheuertes Freundschaftsgetue!" „Und ich hasse dein nervtötendes ‚Reich-der-Schatten‘-Gelaber!" „Ich hasse dein siegessicheres Lächeln und deinen Sarkasmus!" „Und ich hasse dein sardonisches Grinsen und deinen Zynismus!" „Ich hasse DICH!" „Und ich....hasse dich nicht." „W-WAS?!?!" Der Bunthaarige setzte sich auf einen der Felsen, die überall verstreut waren, und sah hinauf zum Sternenhimmel. Die Sonne war längst untergegangen und statt ihrer strahlte nun der Mond am Firmament. „Ich sagte: Ich hasse dich nicht. Als diese Mission begann, war es anders, und das bestreite ich auch nicht. Doch mittlerweile ist so viel geschehen....wir haben gemeinsam Gefahren überstanden, waren füreinander da, haben die Wahrheit über unsere Vergangenheit erfahren, haben miteinander gesprochen, einander zugehört....einander verstanden. Vielleicht bist du nicht meiner Meinung, aber das spielt keine Rolle. Du bist bestimmt kein Heiliger, Bakura, aber du bist ein Mensch, und du kannst genauso fühlen und empfinden wie ein Mensch, weil du ein Herz hast. Du versteckst es zwar ziemlich gut, doch es ist da. Und dieses Herz zu entdecken....war eine erstaunliche und wunderbare Erfahrung für mich." „Du bist krank, Pharao!", war die trockene Bemerkung des Weißhaarigen hierzu. Der einstige König lächelte ihn spitzbübisch an und meinte: „Wenn es dir lieber ist, von mir aus. Ich war nur der Ansicht, du solltest wissen, wie ich über dich denke. Immerhin hast du mich geküsst...." „DOCH NICHT FREIWILLIG!!!" „Ja, ja, und ich bin der Pharao von Ägypten...." „Das bist du in der Tat!" „Ach, richtig....na, dann eben der Kaiser von China. Schau nicht so böse, hast du denn gar keinen Humor? Du hast mich freiwillig geküsst, mein Grabräuberlein, damit musst du dich abfinden, und wenn dir die Galle hochkommt!" „Du verhöhnst mich absichtlich, oder?!" „Wie kommst du denn darauf?? Das würde ich nie und nimmer wagen!" erwiderte Yami mit unschuldigem Augenaufschlag und eine von Bakuras Brauen fing an zu zucken. „Gib endlich zu, dass du es wolltest!" fuhr der Meisterduellant fort, erhob sich und kam dem anderen gefährlich nahe. „Glaubst du denn wirklich, so etwas könne man verbergen? Ich habe deine Lippen auf den meinen gespürt....sie waren ganz weich....und so heiß....aber vor allen Dingen waren sie eins - zärtlich! Das kann man nicht heucheln! Wenn man jemanden zärtlich küsst, ist es nicht nur sexuelles Begehren allein, das man ihm entgegenbringt, es ist nicht allein der Körper, der zählt! Da war viel mehr dahinter!" „Tse, du bist völlig übergeschnappt, du Schwachkopf! Ich weiß auch nicht, was mich geritten hat, aber es kotzt mich an, dass du mich jetzt damit nerven musst! Wärst du bloß abgekratzt, dann hätte ich endlich meine Ruhe!" Der Dieb marschierte an ihm vorbei, ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen, als er hörte, wie der Monarch etwas flüsterte. „Feigling. Mieser kleiner Feigling." „Wie war das?!" „Feigling!" wiederholte er lauter und klar vernehmlich. „Mieser kleiner Feigling! Du hast doch nur Angst, es dir einzugestehen! Du weißt genauso gut wie ich, dass sich etwas verändert hat! Unsere aufgesetzte Gleichgültigkeit und der ewige Zank....sie können unsere Gefühle nicht überdecken, sie nicht verbergen oder ungeschehen machen....weil sie existieren! In deiner Brust schlägt ein leidenschaftliches, aber verletztes Herz, das von Einsamkeit gequält ist! Wie das meine, Aton....wie das meine!" »Bei Ra, er hat mich mit meinem ägyptischen Namen angesprochen! Wie lange ist das schon her, dass jemand mich so genannt hat....!« Einen Moment lang war er überrumpelt, doch kurz darauf hatte er zu seiner brüsken, abweisenden Art zurückgefunden. „Du weißt genau, dass ich für derartiges Geschwätz nichts übrig habe, Pharao! Wir haben absolut nichts gemeinsam und unsere unselige alternative Vergangenheit hat dir offensichtlich das Hirn aufgeweicht, sonst würdest du nicht so einen Mist verzapfen! Halt die Schnauze!" Bakura mochte in seinem bisherigen Leben viele Fehler begangen haben....aber Yami richtig wütend zu machen, sollte man zu seinen gröbsten Verstößen hinzurechnen. Die violetten Augen des Pharaos wurden dunkel und er stürzte sich mit einem Aufschrei auf den perplexen Grabräuber. Ein treffsicherer Kinnhaken erwischte ihn, woraufhin er seinem Angreifer in den Bauch boxte und sie rollten während ihres wilden Handgemenges von einem Felsen zum anderen. Der Sandboden war grobkörnig und das Zusammenprallen mit den Gesteinsbrocken sehr ungemütlich und schmerzhaft. „Du sturer Esel! Warum willst du es nicht verstehen?!" „Was soll ich denn verstehen, du Möchtegern-Weltenretter?! Dass wir uns noch genauso hassen wie früher!? Das weiß ich bereits!!" „Ich hasse dich nicht....aber dein verfluchter Stolz wird uns eines Tages noch beide umbringen! Kannst du ihn nicht zurückstellen, wenn es um wichtigere Dinge geht?!" „Um wichtigere Dinge?! Das sind Sachen, die dir wichtig sind, nicht mir! Was interessiert mich schon das Schicksal dieses Planeten? Wenn du weiter so aufmüpfig sein willst, kannst du Apophis ja ohne mich besiegen!" „Du bist so verdammt selbstsüchtig, es ist nicht fassen!" „Immer noch besser als deine snobistische Engstirnigkeit!" Der Monarch ergriff die Hand des Diebes und beförderte ihn mit einem geschickten Schulterwurf Richtung Tempelstufen, wo er sich keuchend aufrappelte und seinen Gegner unheilvoll fixierte. Beide hatten Schürfwunden von ihrem Disput davongetragen und umrundeten sich nun wie zwei Hirsche bei einem Revierkampf. „Ich habe dir doch gesagt, dass ich deine Prahlerei hasse!" begann der Weißhaarige und zeigte ein diabolisches Grinsen. „Und ich hasse deine penetrante, selbstbeweihräuchernde Art!" „Ich hasse deine hochgestochenen Phrasen!" „Und ich hasse deine schlechte, niveaulose Ausdrucksweise!" „Ich hasse deine Ignoranz, deine Verbohrtheit, dein Adelsgehabe....und...." Sie standen sich jetzt genau gegenüber und sahen einander wie hypnotisiert in die Augen. „....und ich hasse.... deinen verwünschten, unbezwingbaren Willen....und deinen dummen Mut....Ich hasse dein Temperament und deine Schönheit...." Ihre Blicke versanken ineinander und ihr erhitzter Atem vermischte sich. Ihre Herzen schlugen im Gleichklang, heftig, schnell, bebend. Bakuras Handflächen wurden schweißnass und seine Kehle dörrte aus. Yami spürte, wie sich sein Magen verkrampfte. Er musste seine Lippen befeuchten. „....aber am meisten hasse ich an dir....dass ich dich....nicht hassen kann....Atemu...." „Aton...." Der Name klang heiser, sinnlich. Ihr Schweigen schien sich bis ins Endlose dehnen zu wollen, als der Pharao plötzlich seine Hände an die Wangen des Grabräubers legte und ihn zu sich zog. Behutsam aber entschieden presste er seine Lippen auf die des Banditen und liebkoste sie sanft. Er knabberte ein wenig an der Unterlippe und strich anschließend mit seiner Zunge darüber hinweg. Der Weißhaarige öffnete den Mund vor Erstaunen und die fremde Zunge schob sich in das unbekannte Terrain, um es zu erforschen. Der Grabräuber schlang automatisch seine Arme um die schlanke Taille und verstärkte den Kontakt ihrer Körper. Auch er ließ nun seine Zunge tasten und spielen und verband sie in einem lustvollen Kampf mit der des Regenten. Der Dieb erkundete die heiße Mundhöhle voller Inbrunst und schwelgte in Atemus Geschmack als wäre es eine Oase, bis der Meisterduellant dominanter wurde und ihn zurückdrängte. »Oh ja....er ist es gewohnt, zu beherrschen....Sei verflucht, Ra, dass du das zulässt....aber es fühlt sich....so gut an....!« »Das ist so....oh, mmm....ich finde keine Worte dafür....er küsst wundervoll....Ra, lass diesen Augenblick nie vorübergehen....« Aber irgendwann einmal muss man atmen und um den dringend benötigten Sauerstoff in ihre Lungen pumpen zu können, mussten sie sich voneinander lösen. Ihre Wangen hatten sich gerötet und sie starrten einander an, mit brennenden Augen. Bakura strich mit den Fingern die Kontur seiner Lippen nach, als könne er nicht fassen, was soeben passiert war. „Nein....!" murmelte er zutiefst bestürzt. „Nein, das kann nicht sein! Nicht du! NICHT DU!!!!" Er machte auf dem Absatz kehrt und rannte in den Tempel hinein, um für sich zu sein. Yami hielt ihn nicht auf, denn er war selbst viel zu durcheinander, um die Gesellschaft eines anderen zu wünschen. Er hockte sich im Schneidersitz auf den Beduinenmantel, der immer noch unten am Treppenansatz lag und versenkte sich in seine eigenen Gedanken. Er konnte nicht leugnen, dass er diesen Kuss herbeigesehnt hatte und die Flamme des Begehrens, die in seinem Körper loderte, wurde genährt von ein paar weiteren Gefühlen, die in ihrer Kombination keinerlei Sinn ergaben. Er empfand Verlangen, Wut wegen der Ablehnung, naive Freude und zugleich einen seltsamen, merkwürdigen Schmerz in seinem Inneren....ja, das war sein Herz. Und während er da so sass und sämtliche Geschehnisse ihrer gemeinsamen Reise an sich vorüberziehen ließ, wurde die Erkenntnis in seinem Geist geboren. Sie erblühte wie eine Blume und der Pharao umklammerte seine Schultern in einer Geste der Abwehr, als er endlich verstand. Verstand und es nicht glauben konnte. Nicht glauben wollte. Er liebte Bakura. Und weil er ihn liebte, war er ihm beigestanden und hatte für ihn gekämpft. Weil er ihn liebte, hatte er ihn vor dem Schlangendämon beschützt. Weil er ihn liebte, hatte er Angst um ihn gehabt. Weil er ihn liebte, hatte er versucht, ihm Trost zu spenden. In Ras Namen, das konnte doch nicht sein!! Er rief sich die anmutige, makellose Gestalt des Grabräubers in Erinnerung und erschauerte, während er sich den tiefen Blick dieser verzehrenden dunkelbraunen Augen vergegenwärtigte. Sein Herz schlug wie rasend. Bakura.... „Bist du auch endlich dahinter gekommen, du Volltrottel?! Ich habe bereits vor einer geraumen Weile einen Teil meines Bewusstseins in diesem Gegenstand versiegelt! Als ich im Duell gegen Malik verlor, transferierte sich mein Ich komplett in dein Puzzle! Und du hast es wirklich die ganze Zeit nicht gemerkt? Das ist vielleicht ein Armutszeugnis, Eure Königliche Blödheit!" „....Ich hege auch großes Verständnis für ihn. Ich verstehe überhaupt alle, die dich umbringen möchten! Ich kann es Apophis ja so nachfühlen!" „Das hast du nicht umsonst gemacht, Pharao!!!! Zieh mich hier raus!!! Los!!! Oder ich schwöre dir, ich werde dir bei der erstbesten Gelegenheit die Kehle durchschneiden und deine Innereien an die Schakale verfüttern!!!!" „Ich mache diesen ganzen Mist nur mit, weil der Dämon aus irgendeinem unerfindlichen Grund auch mich um die Ecke bringen will! Ich tue das hier vor allen Dingen, um meinen eigenen Arsch zu retten, hast du kapiert?! Du interessierst mich kein Stück! Im Gegenteil, falls Apophis dich zuerst erwischt, werde ich mit Freude ein Grab für dich schaufeln!" „Hör mal zu, du Prototyp eines nervenden Insekts!! Ich habe es nicht nötig, mir sowas sagen zu lassen, schon gar nicht von einem arroganten Arschloch mit einem wandelnden Blitzableiter als Haarfrisur, den man am besten schon am Tag seiner Geburt hätte ertränken sollen!!" „Natürlich glaubst du mir nicht!!! Wie solltest du auch, du bist ja der festen Überzeugung, dass du aus einer hochwohlgeborenen, ach so edlen Familie stammst, die über jeden Zweifel erhaben ist!! Aber das ist nicht der Fall, das verspreche ich dir!! Dein Vater hat meine Existenz vernichtet, meine Kindheit, meine Familie, mein Leben!!! Ich war dabei - ich habe gesehen, wie die Soldaten des Pharaos meine Nachbarn abschlachteten, die Häuser in Brand steckten und mein Dorf dem Erdboden gleichmachten!! Ich war damals acht Jahre alt und musste miterleben, wie das Blut meiner Eltern und meiner Freunde im Sand versickerte!!! Ich hatte einen Grund, deinen Vater zu hassen....dich zu hassen!!! Es war mein Recht, Rache zu nehmen!!!" „Dasselbe könnte ich dich fragen! Du hast dich doch vor mich gestellt, nachdem ich gebissen worden war! Was war das für eine hirnrissige Nummer!?!" „Ich als sein Beschützer! Mir wird schlecht! Das ist unmöglich, begreift Ihr nicht?! Er ist mein Todfeind, verdammt noch mal!!" „Er trägt die wahre Schuld an dem Massaker von Kul Elna, bei dem meine Mutter starb und mit ihr meine Identität....Er hat Zorks Wiederauferstehung in die Wege geleitet, der mich zu seinem Sklaven machte und nach und nach meinen Geist und mein Bewusstsein ausschaltete, um meinen Körper zu kontrollieren. Ich wage nicht, danach zu fragen, was ich alles getan habe, nachdem die Besessenheit ihren Höhepunkt erreicht hatte...." Bakura. Nein, Aton. Aton! ATON!! Der frühere König von Ägypten ließ sich zurücksinken und betrachtete den Nachthimmel über sich, der sich mit Milliarden von glitzernden Sternen geschmückt hatte. Er hatte ihn schon vorhin angesehen, doch jetzt war irgendetwas anders....lag es daran, dass sich ihm seine Gefühle offenbart hatten? Dass er nun wusste, was er empfand und alles deshalb klarer und schöner geworden war, ungeachtet des süßen Schmerzes, den er verspürte? Er seufzte und blickte zum Eingang des Tempels hinüber. Ob es dem heißblütigen Rebellen ebenfalls gelungen war, sein emotionales Chaos zu ordnen? Nein. Der Dieb wanderte gerade zum mindestens siebten Mal um den Altar herum, die Hände im Rücken verschränkt und ließ sein Repertoire ägyptischer Flüche vom Stapel rollen, die sich vornehmlich auf seine eigene Person bezogen. »Wie konnte er es wagen, mich zu küssen?! Dass er sich sowas traut! Und dass ich diesen Kuss auch noch erwidert habe, ich Vollidiot!!! Wie konntest du nur, Pharao!?! Wie konntest du dir anmaßen, mich mit solcher Leidenschaft, mit solcher Inbrunst zu küssen!?! Wie konntest du....wie konntest du....du verdammter, hinterhältiger, verabscheuungswürdiger, stolzer, unbezähmbarer, wunderschöner Teufel....!! Verflucht, was denke ich da?! Gott Ra, sag mir, was das ist, das ich fühle!! Seine Nähe bringt mich halb um den Verstand, seine Schönheit und seine herrische, arrogante Art wühlen mir das Blut auf und der Geschmack seiner Lippen berauscht mich! Das ist doch kein Hass....! Das ist etwas anderes....etwas, das ich eigentlich gar nicht kennen will....! Das ist etwas, das mich....erschreckt!« Feine Schweißperlen standen ihm auf der Stirn und er musste sich setzen, da ihm die Knie weich wurden. Vor seinem geistigen Auge war Yami aufgetaucht, seine atemberaubende Erscheinung, stolz und majestätisch, wurde vom Sonnenlicht umrahmt und ließ die goldenen Strähnen seines Haares hell aufleuchten. Das mentale Bild drohte Bakura fast zu überwältigen; seine Sinne konzentrierten sich nur noch auf seinen uralten Feind. Auf den Feind, den er nicht mehr hasste, sondern....sondern was? »Was hast du bloß mit mir angestellt, Pharao!? Welcher Bann, welcher Zauber lastet da auf mir, den du nicht von mir nehmen willst? Und warum quält er mich so?! Das ist alles deine Schuld, Yami! Alles deine Schuld....« „Wenn es keinen anderen Weg gibt, um die Welt zu retten und die Menschen zu schützen, die mir wichtig sind, so will ich alles tun, um Apophis zu besiegen." „Ich schleppe dich bis hierher, anstatt dich in der Sonne vertrocknen zu lassen, und das ist der Dank?! Weißt du was? Du kannst mich mal kreuzweise!!" „Jetzt will ich dir mal was sagen, du Bastard: Ich habe es mir auch nicht ausgesucht, diese Aufgabe ausgerechnet mit dem unausstehlichsten, widerlichsten, angeberischsten wandelnden Kotzbrocken der Weltgeschichte erfüllen zu müssen!! Sogar die Zusammenarbeit mit einem schleimtriefenden Ungeheuer würde sich angenehmer gestalten als mit dir! Aber Fakt ist: Wir haben keine Wahl! Wir sind ein unfreiwilliges Team, aber ein Team! Keiner von uns wird das hier überleben, wenn wir uns nicht am Riemen reißen! Hast du verstanden, du Sohn eines Schakals?! Und egal, ob es dir in den Kram passt oder nicht, ich lege mich zu dir!" „Bisher bist du lediglich auf meinen Nerven herum getrampelt, du Idiot!! Es ist ziemlich anstrengend für mich, mit dir zusammenzuarbeiten....und sosehr ich die Kraft bewundere, mit der es dir gelingt, innerhalb weniger Sekunden sämtliche Evolutionsstufen hinabzustürzen, würde ich auf weitere geistig anspruchslose Bemerkungen deinerseits gerne verzichten!!" „Was hat es dir gebracht, all deinen Hass auf mich zu konzentrieren?! Noch mehr Wut, noch mehr Zorn, noch mehr Verbitterung, noch mehr Einsamkeit....glaubst du, deine Eltern hätten gewollt, dass du so ein bemitleidenswertes Leben führst, unglücklich und verdorben in deinem Vergeltungsdrang? Hass gebiert nur neuen Hass...." „Ich soll dir nie den Rücken zudrehen, Bandit? Warum? Willst du mir ein Messer zwischen die Schultern rammen? Wer hätte gedacht, dass du so feige bist!" „Maat hat gesagt, dass sie uns alles erzählen wird, wenn wir uns für die Wahrheit entscheiden sollten! Außerdem hege ich kein Mitleid für dich, du Idiot! Du bist nicht jemand, den man bemitleidet, denn so unschuldig du damals gewesen bist, deine Taten als Mann waren immer und zu hundert Prozent deine eigenen! Ich empfinde Mitgefühl....für das Kind, das du einst gewesen bist, weil man diesem Kind alles genommen hat, was es liebte! Aber dich bemitleiden....? Niemals!" „Du bist sturer als ein Esel - und nicht weniger arrogant als ein Adliger! Der falsche Stolz eines kleinen dreckigen Schurken, der über den Hochmut der Höhergestellten schimpft und sich trotzdem genauso benimmt wie sie! Wie lobenswert!" „Ich hatte....Gefolgsleute, Lakaien, Berater - aber keine Freunde. Die Kinder der Bediensteten durften nicht mit mir spielen und wenn sich einige an mich herantrauten, wurden sie von ihren Müttern rasch zur Ordnung gerufen. Ich als der Prinz gab mich schließlich nicht mit dem Pöbel ab! Vater sass auf dem Thron und regierte. Er hat versucht, sich Zeit für mich zu nehmen, aber es gelang ihm selten. Meine Kindheit war recht einsam. Und meine Herrschaft....war noch einsamer. Es gab so viele Intriganten und Heuchler am Hof!! Zu oft blickte ich in scheinheilige, kriecherische Augen, in denen kein Funke Ehrlichkeit zu finden war! Ich war umgeben von Neid, Missgunst und schmutzigen Opportunisten! Eine kleine Enklave Königstreuer hielt zu mir, aber innerhalb dieses Suds aus Gier und Hinterlist wurde es mir manches Mal eine unerträgliche Last, der Pharao zu sein! Niemand akzeptierte mich als den Menschen, der ich war und heute noch bin....niemand....!" Er bekam Herzklopfen, während er sich an die bezeichnenden Momente erinnerte, in denen diese Worte gefallen waren. So war er eben....Atemu, der Pharao von Ägypten. Sein verhasster Rivale. Sein ebenbürtiger Gegner. Sein einziger Freund. »Was ist los mit mir? Ich begreife das einfach nicht! Ihr Götter....was ist es, das ich empfinde?! Sagt es mir!« Maat, die Hüterin der Wahrheit und Gerechtigkeit, beobachtete ihre beiden Schützlinge von ihrem angestammten Platz aus. Ihr Vater Ra stand neben ihr und neigte wissend den Kopf. ~~ Ich kann es kaum glauben....sie....sie....! ~~ ~~ Ja, Tochter. Sie lieben einander, auch wenn Aton sich noch nicht klar darüber ist. Für ihn sind starke Gefühle noch komplizierter zu entschlüsseln als für Atemu, weil er sich gegen diese typisch menschliche Eigenschaft gefeit glaubte. Er hielt sich bisher solcher Empfindungen nicht für fähig und deshalb begreift er sie nicht. Aber die Zeit wird kommen, wo auch er die Wahrheit erkennt. ~~ ~~ Ich bin wirklich überrascht, Vater. Als ich ihnen die Mission übergab, verachteten sie einander! Nie hätte ich gedacht....~~ ~~ Du verstehst die Menschen noch nicht so gut wie ich, mein Kind. Oftmals ist der Unterschied zwischen Hass und Liebe nicht mehr als ein schmaler Grat....~~ Soweit diesmal - ich habe verschiedene Zitate aus den vorherigen Kapiteln für die beiden heraugesucht, meiner Meinung nach die markantesten, an die sich Yami und Bakura jeweils erinnern, wenn sie an den anderen denken. Bis zum nächsten Kapitel, ciao!^^ Kapitel 13: Die Pyramide von Pharao Atemu (Teil 1) -------------------------------------------------- Sodala, der neue Teil ist da!^^ Hm, danach noch Kapitel 14 und 15 und der Epilog, und dann ist es vorbei! *schnüff* Es ist immer komisch, eine FF zu beenden...und der Augenblick naht nun auch hier auf animexx. *seufz* Aber ich verspreche Euch ein spannendes Finale! Nun aber erstmal zu Kapitel 13 - viel Spaß! Kapitel 13: Die Pyramide von Pharao Atemu (Teil 1) Im Pantheon der ägyptischen Gottheiten sass Maat in trauter Runde zusammen mit Horus in seiner Falkengestalt, seiner Mutter Isis und Hathor, der Göttin der Liebe. Ra war nicht anwesend, er traf Vorbereitungen für die Zeremonie der „Göttlichen Verschmelzung". ~~ Ich sage: Es ist zu riskant. Wenn es Apophis gelingt, sich die Macht von Ras irdischem Sohn einzuverleiben, kann er ihn angreifen....und ihn besiegen. Was danach mit der Welt der Menschen und unserer eigenen passiert, brauche ich wohl nicht zu erläutern. ~~ ~~ Wie gewöhnlich bist du viel zu pessimistisch, Isis. ~~ entgegnete Hathor und strich sich einmal durch ihr herrliches schwarzes Haar, das mindestens zehn Zentimeter länger war als sie selbst. Auf ihrem Kopf thronte eine Sonnenscheibe mit Kuhhörnern. ~~ Ich halte mich eher für realistisch. Und außerdem bin ich nur vorsichtig. Man kann dem Schlangendämon nicht trauen. Ich habe bereits schlechte Erfahrungen mit Seth gemacht, der zwar ein Gott ist, aber trotzdem keinerlei Skrupel hatte, meinen Ehemann umzubringen und ihn anschließend in Stücken über die Erde zu verteilen! ~~ ~~ Ich habe Vater doch längst gerächt, Mutter. ~~ ~~ Ist das vielleicht eine Entschuldigung, Horus? ~~ Der Falke antwortete nicht, sondern fuhr fort, sein Gefieder zu putzen. Plötzlich ließ er einen Warnschrei hören und die Unsterblichen sprangen auf. Maat kannte diese Aura, die sie gerade wahrnahm, und hätte am liebsten ihre magischen Kräfte dazu benutzt, um den Eindringling loszuwerden, doch im Pantheon galt das Gesetz der Gewaltlosigkeit. Apophis in seiner halb humanoiden, halb reptilienartigen Form, erschien vor dem illustren Kreis und verbeugte sich mit einem heuchlerischen Grinsen. „Was für eine edle Versammlung von Unsterblichen. Ich muss mich ja beinahe geehrt fühlen. Und euer Herr, mein hochgeschätzter Erzfeind, ist nicht hier? Er denkt also, dass er die Göttliche Verschmelzung einleiten kann, die mein Ende bedeuten könnte? Wie rührend! Der Sohn des Ra und der Krieger der Maat haben bisher nur das Sonnenschwert in ihren Besitz gebracht und ich halte es für mehr als unwahrscheinlich, dass sie das Mondschwert finden werden, bevor die Zeremonie vollendet ist." ~~ Du vergisst, dass sie über ihre Vergangenheit und deine Einmischung damals Bescheid wissen. Sie betrachten es als persönliches Ziel, dich zu vernichten! ~~ erklärte die Göttin der Wahrheit und Gerechtigkeit und bedachte das Ungeheuer mit einem verächtlichen Blick. „An deiner Stelle wäre ich nicht so selbstsicher! Es wird mir ein Leichtes sein, den Pharao zu töten und mir danach den Teil der göttlichen Macht zu holen, die in ihm schlummert. Und er wird sich mir selbst in die Hände geben, verlass dich darauf!" ~~ Das ist doch nicht dein Ernst! Atemu wird sich dir niemals ausliefern! Er ist ein ausgezeichneter Kämpfer und hat keinerlei Schwächen! ~~ „Oh doch, hat er, Maat - daran habe ich keine Zweifel!" Bakura hatte inzwischen den Tempel verlassen und fand Yami in den Beduinenmantel gewickelt vor, um sich vor der Kälte der Nacht zu schützen. Er war eingeschlafen und träumte selig, das Sonnenschwert lag neben ihm. Nun fehlte ihnen nur noch das Mondschwert, um Apophis zu besiegen und dann würde ihre verwünschte Zusammenarbeit endlich zu Ende sein....Er hockte sich im Schneidersitz vor den Pharao und fragte sich, ob es das war, was er wollte. Der Kuss ließ ihn noch immer nicht los. Er hatte ihn genossen, ohne Zweifel....wer würde es nicht genießen, wenn sich solch sinnliche, verführerische Lippen gegen die eigenen drängten? Was wäre geschehen, wenn er seinem Verlangen gänzlich nachgegeben hätte? Vor ihm erschien das Bild einer gemeinsamen Nacht, ihre schlanken und doch muskulösen Körper ineinander verschlungen, vom Schweiß benetzt, Hände, die heißes Fleisch erkundeten, heftiges Stöhnen, Blicke, die glühende Lust verrieten....Der Grabräuber schüttelte wild den Kopf. Verdammt, allein die bloße Vorstellung erregte ihn über die Maßen! Sein Herz schien zu schreien - nach Berührung, Halt, Geborgenheit....nach Yami. »NEIN!!! Ich akzeptiere das nicht!! Ich kann nicht!! Diese Gefühle sind falsch!! Er ist mein Feind!! Ich hasse ihn....ich hasse ihn schon seit fünftausend Jahren!!« Er sah auf die anmutigen Gestalt des Königs hinunter und wusste im gleichen Moment, dass das eine Lüge war. Er hatte ihn gehasst, oh ja....aber von diesem einstmals echten, rachsüchtigen Hass war beinahe nichts mehr übrig. Durch diese Mission hatte er einen Mann kennen gelernt, der ihm in vielerlei Hinsicht ebenbürtig war. Und außerdem begehrte man doch nicht jemanden, den man verabscheute! Man verzehrte sich nicht nach ihm! Missmutig krabbelte er zu dem ehemaligen Monarchen hinüber und schlüpfte unter die Decke. Ihm war kalt und Atemu versprach die Wärme, auf die er so lange schon hatte verzichten müssen. Atemu....das war eigentlich....ein hübscher Name.... ~~ Sohn des Ra!!! ~~ Maat hatte die seltene Eigenschaft, genau dann aufzutauchen, wenn ein gewisser Dieb sie absolut nicht zu sehen wünschte, zumal sie den Bunthaarigen durch ihren eindringlichen Ruf aufweckte. Dieser registrierte beiläufig, dass sein Begleiter sich zu ihm gelegt hatte, sagte aber nichts, denn das Gesicht der Göttin war sehr ernst. „Ehrenwerte Maat....was kann ich für Euch tun?" ~~ Apophis hat den ägyptischen Pantheon aufgesucht, um uns auf den finalen Kampf vorzubereiten. Seine Tötungskommandos waren erfolglos, daher hat er beschlossen, euch selbst zu erledigen. Am östlichen Ende des Tals befindet sich eine Pyramide. Dort wartet er auf euch, um eine Entscheidung dieser jahrtausendealten Fehde herbeizuführen. ~~ „Aber das geht nicht! Wir sind erst im Besitz des Sonnenschwertes und um ihn zu vernichten, benötigen wir auch das Mondschwert, dessen Verwahrungsort niemand kennt, seit es aus dem Schatz der königlichen Familie gestohlen wurde! Welchen Sinn hätte dieser Kampf, wenn wir noch nicht ausreichend ausgerüstet sind?" ~~ Ich verstehe Eure Zweifel, mein Bruder auf Erden, aber die Zeit läuft uns davon. Der Moment der Göttlichen Verschmelzung naht! ~~ „Die ‚Göttliche Verschmelzung‘? Ich erinnere mich, dass Horus ebenfalls davon sprach, als er uns vor dem Dämon rettete. Was hat es damit auf sich?" ~~ Es handelt sich dabei um ein Ritual, das sich etwa alle 100 bis 200 Jahre wiederholt - die zwei Gefährten, der Sonnengott Ra und der Mondgott Thot, steigen vom Reich der Götter auf die Welt herab und vereinen ihre Kräfte. Dadurch beschwören sie ihre alte Freundschaft und werden außerdem symbolisch neugeboren. Dieses Ereignis äußert sich auf diesem Planeten als das, was ihr Sonnenfinsternis nennt. Während der Göttlichen Verschmelzung ist Ra jedoch angreifbar. Wenn es Apophis gelingt, Euch jener Macht zu berauben, die Ihr als sein menschlicher Sohn in Euch tragt, kann er ihn in diesem risikoreichen Augenblick attackieren und ihn sogar töten. Und dann hätte er sein Ziel erreicht. ~~ „Das....das ist ja furchtbar! Doch was können wir ohne das Mondschwert ausrichten? Ich kann ihn mit dem Sonnenschwert nicht erneut ins Reich der Schatten verbannen, er würde zurückkehren! Wie sollen wir gewinnen?" ~~ Das weiß auch ich nicht. Ich habe keine Ahnung, wo sich das Mondschwert befindet, sonst hätte ich es Euch längst verraten. Aber lasst Euch gesagt sein: Die Göttliche Verschmelzung ist wie eine zweischneidige Klinge, sie kann Apophis ebenso den Triumph kosten, wie ihn ihm verschaffen. Während der Vereinigung ist die Macht der beiden Schwerter am stärksten und dieser Macht hat Apophis nicht das geringste entgegenzusetzen, sofern die magischen Waffen benutzt werden, bevor die Zeremonie beendet ist. In der nächsten Nacht ist es soweit! ~~ „Ihr hört ihm wohl nicht zu, Eurem Bruder auf Erden!" unterbrach sie der Weißhaarige unwirsch. „Das Mondschwert fehlt uns! Gleichgültig, ob sie zusammen während der Göttlichen Verschmelzung am mächtigsten sind, wir haben nur ein Schwert! Das Schlangenmonster hat doch im Grunde schon gesiegt!" „Nein, noch nicht!" erwiderte Yami hart. „Wenn das Schicksal mit uns ist, werden wir das Mondschwert rechtzeitig finden und dieses Ungeheuer vernichten! Ich bin nicht bereit, sofort die Flinte ins Korn zu werfen, nur weil die Karten schlecht stehen! Das wäre für mich nicht das erste Mal. Ich bin nicht der Typ, der einfach aufgibt, sobald es schwierig wird. Außerdem verbieten es mir mein Stolz und mein Zorn, diese Kreatur ungestraft davonkommen zu lassen! Du kannst hier bleiben, wenn du willst. Ich werde zu dieser Pyramide reiten und mich diesem fleischgewordenen Alptraum stellen!" „Du bist ja verrückt!! Er wird dich umbringen!" „Das werden wir sehen." „Pharao....!" „Keine Diskussion. Mein Entschluss ist endgültig. Und schließlich....warum sollte es gerade dich kümmern, dass er mich töten könnte? Ist das nicht genau das, was du immer wolltest?!" Bildete er sich das ein, oder klang die Stimme des Meisterduellanten irgendwie....schmerzvoll? Die violetten Augen bohrten sich in die seinen und die Verzweiflung in diesem Blick traf Bakura wie ein gezacktes Messer. Sein Herz krampfte sich wie in einer unaussprechlichen Qual zusammen und er wich zurück, bestürzt, erschrocken und unfähig, etwas zu sagen. „Ich sehe, dass du dem nichts hinzuzufügen hast. Du kannst mich begleiten oder nicht, ich lasse dir die Wahl!" Damit stopfte er den Beduinenmantel zurück in eine der Satteltaschen, verstaute die Karaffe mit dem Heiltrank und schnallte sich das Sonnenschwert um. Er bestieg sein Pferd und fragte: „Am östlichen Ende des Tals ist diese Pyramide?" ~~ Ja. Es ist....Eure Pyramide. ~~ „Wie bitte?!" ~~ Es ist Eure Pyramide, die Grabstätte von Pharao Atemu, der Ort, wo Euer Sarkophag ruht. Ihr müsst vorsichtig sein, wenn Ihr sie betretet, denn wie die meisten Pyramiden ist sie mit Fallen gespickt. Ich wünsche Euch viel Glück, Sohn des Ra. ~~ Sie löste sich in glitzernde Lichtfunken auf und Yami schickte sich an, einen gestreckten Galopp zu beginnen, als ihn der Grabräuber zurückhielt. „Du wirst nicht allein mit Apophis kämpfen, damit das klar ist! Ich habe genauso gute Gründe, ihm den Tod zu wünschen und auch ich hasse ihn! Unsere Chancen sind zwar katastrophal, aber da dir offensichtlich keine Vernunft einzubläuen ist, komme ich mit, damit du nicht von einer Schwierigkeit in die nächste stolperst!" Er manövrierte sein Pferd neben das des Monarchen und sah ihn herausfordernd an. Er wusste selbst nicht, weshalb er darauf bestand, den anderen zu begleiten, nachdem er ihm schon die freie Wahl angeboten hatte, aber irgendetwas in ihm sträubte sich dagegen, ihn im Stich zu lassen. Der Bunthaarige musterte ihn verblüfft. Er ahnte durchaus, dass der Bandit möglicherweise etwas für ihn empfand, aber er machte sich keinerlei Hoffnungen, dazu war er viel zu ernüchtert und zu wenig optimistisch. Der Gedanke, dass seine Liebe unerwidert blieb, bereitete ihm Kummer, doch er war zu stolz, um sich das anmerken zu lassen. So nickte er nur und sie ritten Seite an Seite in die Nacht hinaus. Nach einigen Stunden legten sie eine Rast ein. Schweigend verspeisten sie einen Teil ihres Proviants und löschten ihren Durst mit Wasser. „Wir sind hier ungeschützt und wissen nicht, welches Getier sich im Tal des Unendlichen Himmels herumtreibt. Zu allem Überfluss könnte Apophis uns seine Diener auf den Hals hetzen, falls er nicht länger auf unser Ableben warten will. Er ist unberechenbar, man kann also nie wissen." „Was schlägst du demnach vor, Grabräuber?" „Wachen. Mir ist es egal, ob ich die erste oder die zweite Wache übernehme, aber eine musst du machen, ich will nämlich auch schlafen!" „Ich habe mich bereits ein bisschen ausgeruht, ich nehme also die erste Wache." Gesagt, getan. Bakura hüllte sich in die provisorische Decke ein und war bald entschlummert, während der ehemalige Herrscher in seiner Nähe auf einem Felsen sass und die Umgebung beobachtete. Die Erkenntnis seiner Gefühle hatte ihm bisher nichts genützt, er brachte es nicht über sich, dem Dieb die Wahrheit zu gestehen. Er fürchtete sich vor einer ablehnenden Reaktion, vor seinem boshaften Spott und seinem kalten Hohn. Er konnte eine ganze Menge verkraften, aber er wollte Aton auch keine Angriffsfläche bieten. »Von allen Männern auf dieser weiten Erde musste ich mich ausgerechnet in meinen schlimmsten Feind verlieben und bin nicht einmal entsetzt darüber. Er ist mir ähnlich, viel ähnlicher, als er selbst weiß. Er mag gelernt haben, mich zu respektieren, aber ob da mehr ist, weiß ich nicht. Er ist sehr verschlossen und verbirgt starke Gefühle in der Regel. Alles, woran er sich erinnert, sind Hass, Wut, Angst und Einsamkeit. Das hat ihn zutiefst verbittert. Könnte er denn die Liebe erkennen, würde sie ihm begegnen? Vermutlich würde er sie nicht einmal begreifen. Er ist der Meinung, dass er niemanden braucht, obwohl er in seinem Innersten anders empfindet, davon bin ich überzeugt. Was kann ich tun, um die Wunden in seinem Herzen zu heilen?« Er betrachtete die schlafende Gestalt des Diebes; bewunderte das helle Haar, das im Mondlicht fast silbern wirkte, die makellose Perlenhaut und das Antlitz mit den markanten männlichen Zügen. Mit der athletischen Statur und der leidenschaftlichen Dynamik seiner geschmeidigen Bewegungen, den breiten Schultern, der elegant geschwungenen Nase und den vollen Lippen war er ein Inbegriff maskuliner Schönheit. In Ras Namen, wie sehr er ihn begehrte! „Sohn des Ra!" Er zuckte zusammen und sprang auf die Füße, die Hand am Schwertknauf. Das, was er spürte, war keine göttliche Aura, sondern eine dunkle Präsenz, die heftige Übelkeit in ihm erzeugte. Er kannte nur ein Geschöpf, dessen Erscheinen ihm dermaßen in die Glieder fahren konnte! „Apophis!" zischte er. Die Finger glitten vom Knauf herab und schlossen sich um den Griff. Der Schlangendämon betrat in einem Sandwirbel die Szene, halb Reptil, halb Mensch, und seine bösartigen Augen blitzten gefährlich. „So stehen wir uns einmal mehr gegenüber, Sohn des Ra. Maat hat wirklich keine Zeit verloren, um Euch und Euren Kameraden über die Göttliche Verschmelzung zu informieren, die zugleich Sieg und Niederlage für mich bedeuten kann, je nach dem, wie Ihr Euch im Kampf gegen mich schlagt. Nur leider sind Eure Chancen ohne das Mondschwert äußerst gering. Es spricht durchaus für Euren Mut, es trotzdem zu versuchen, aber es ist ebenso ein Beweis für Eure Dummheit. Ihr werdet alle beide sterben!" Yami wusste, dass das stimmte. Ihr Tod war näher als ihr Triumph. Und wo sollten sie das Mondschwert finden, wenn es doch praktisch verschollen war? Er wollte der Menschheit eine Tyrannei durch diese Bestie ersparen - und er wollte verhindern, dass Bakura auf dieser Mission sein Leben ließ. „Sicher wärt Ihr sehr traurig, wenn Ihr Euren Freund verlieren würdet, nicht wahr? Wie seltsam ist doch die Liebe! Sie macht einen stark und entschieden und zugleich so schwach und verletzlich. Und dennoch ist sie das wichtigste für die Menschen! Wie kann man nur so töricht sein? Hört: Ich zeige nie Gnade und werde ihn und Euch töten, denn einzig Euer Tod gibt die Macht frei, die in Euch ist. Aber Ihr seid weitaus bedeutsamer für mich als dieser nutzlose Grabräuber. Obwohl er der Krieger der Maat hätte sein können, stellt er ohne das Mondschwert keine Bedrohung dar. Ich schlage Euch also einen kleinen Handel vor...." „Ich verhandele nicht mit einer Kreatur wie dir!" „Auch nicht, um das Leben des Mannes zu schützen, den Ihr liebt?" „...." Die Fingerknöchel der Hand, die sich um den Griff krampfte, wurden fast weiß. Ein brausendes Gefühl von Hass brach in dem Pharao aus und loderte als glühende Flamme in seinen Augen auf. Apophis war skrupellos genug, um den Dieb bei der erstbesten Gelegenheit umzubringen, das war eine Tatsache. Er blickte über die Schulter zu dem Schlafenden hinüber, und biss sich verzweifelt auf die Lippen. „Was ist das für ein Handel?" „Wie schön, Ihr werdet endlich vernünftig. Mein Vorschlag ist simpel: Euer Leben für das seine. Ganz einfach." „Ganz einfach!?! Ich soll mich freiwillig von dir massakrieren lassen und dir somit meine Macht zugänglich machen, damit du Ra während der Göttlichen Verschmelzung angreifen kannst?! Niemals!!!" „Niemals? Damit habt Ihr das Todesurteil für Euch und für Euren Geliebten unterschrieben!" Er lachte wahnsinnig und stob in einem weiteren Sandwirbel davon. Der Meisterduellant stand da, die Hände zu Fäusten geballt, und zitterte vor Zorn. Wie konnte dieses Ungeheuer es wagen, ihm einen derartigen Handel zu unterbreiten?! Wie konnte es auch nur eine Sekunde lang glauben, er würde von sich aus aufgeben?! Natürlich wollte er Bakura schützen, aber er würde es nicht auf Kosten dieser Welt tun! Er würde das nicht....oder doch? Ein leiser Zweifel regte sich in ihm. War ihm sein Rivale wichtiger als das Wohlergehen der Menschheit? Würde er sich selbst und den Frieden dieses Planeten opfern, solange es diesem Mann das Leben sicherte? Er horchte tief in sich hinein, fand aber keine Antwort. Als die Wachablösung erfolgte, brachte er es nicht über sich, dem Weißhaarigen ins Gesicht zu sehen. Er erzählte nichts von Apophis und legte sich nieder, fiel aber erst gegen Morgen in einen bleischweren Schlaf. Wirre Träume plagten ihn Stunde um Stunde und er warf sich unruhig hin und her. Der Grabräuber beobachtete ihn irritiert, von einem eigenartigen Gefühl erfüllt, das ihn noch mehr durcheinander brachte - Besorgnis. »Die Sonne geht bald auf und er hat keine Ruhe gefunden. Er war auch so merkwürdig schweigsam bei der Wachablösung. Was mag ihn beschäftigen? Nicht, dass mich das groß interessiert, aber irgendwas stimmt da nicht. Im Grunde sollte mir das ja egal sein....blöderweise ist mir dieser arrogante Bastard nicht egal! Wenn ich‘s nicht besser wüsste, würde ich vermuten, dass ich....sozusagen....gewissermaßen....besorgt bin? Unsinn, ich doch nicht!!« Die Sonne schob sich als glutroter Ball über den Horizont und vertrieb die scheußliche Kälte der nächtlichen Wüste. Bakura kniete sich neben den ehemaligen König und weckte ihn ungewohnt sanft, worüber er sich selbst wunderte. Die herrlichen Amethyste, die ihn verzaubern konnten, öffneten sich mühsam und Seine Majestät gähne herzhaft. „He, willst du mich verschlucken, Pharao? Los, wir müssen aufbrechen, sonst kommen wir noch zu spät zu deiner Pyramide und die Göttliche Verschmelzung ist vorbei! Maat hat gesagt, dass die Zeremonie heute Nacht stattfindet! Die Zeit drängt!" „Ja. Ja, ich weiß." Sie packten ihre Habseligkeiten zusammen und schwangen sich auf die Rücken ihrer Pferde. Die erbarmungslose Hitze erschwerte ihr Vorankommen, der Schweiß rann ihnen in Strömen über den Körper und wieder und wieder holten sie ihre Wasserflaschen heraus, um ihre ausgedörrten Kehlen zu befeuchten. Am späten Nachmittag zeichnete sich endlich die imposante Silhouette einer Pyramide am Himmel ab und sie legten einen ordentlichen Galopp ein. Ein paar Palmen säumten den Weg zu dem Bauwerk, dazwischen erhoben sich halb verwitterte und zerfallene Sphinxstatuen. Vor dem Eingang stiegen sie ab und banden die Tiere an einem Stamm fest. Der Dieb war wider Willen beeindruckt von der Pyramide, die die gesamte Hoheit, den gesamten Ruhm einer alten Kultur zu symbolisieren schien. »Eine große Grabstätte für einen großen König.« dachte er und warf einen Seitenblick auf Atemu, der das Gestein berührte, überwältigt davon, ein greifbares Zeugnis seiner Regentschaft gefunden zu haben. Sein Lächeln wich jedoch plötzlich einer ernsten Miene und er murmelte: „Stattlich, uneinnehmbar, stolz, so ist dieses Grab. Aber wie viel Blut, wie viel Schweiß wurde vergossen, um es zu bauen? Viele Arbeiter haben die Entstehung einer Pyramide nicht überlebt und das Streben nach Größe und Pracht hat viele Opfer gefordert." „Wenn du so mitfühlend bist, erstaunt es mich, warum du dieses Ding überhaupt in Auftrag gegeben hast!" „Das habe ich nicht. Es könnte mein Onkel gewesen sein, der sich aus Prinzip gegen all meine Anordnungen stellte. Er hat mich überlebt. Ich bin verhältnismäßig jung gestorben, mit vier - oder fünfundzwanzig Jahren. Ich hege den Verdacht, dass Akunadin ein wenig nachgeholfen hat - nur genützt hat es ihm nichts, weil ich das Spiel der Schatten versiegelte, sodass er es nicht mehr für seine ehrgeizigen Träume benutzen konnte. Aber hätte er für mich ein solches Denkmal errichten lassen? Nein. Vielleicht war es Seth, mein Cousin. Wir waren gute Freunde damals und er war einer der wenigen, die mir bedingungslos treu waren, auch wenn er Akunadins Sohn war. Ich vermute, dass er nach mir regiert hat." „Ich kann mich an meinen Tod nicht mehr erinnern, vielleicht war es im Kerker, vielleicht in Freiheit, vielleicht im Bett, vielleicht während der Flucht vor der Polizei. Aber ich wurde auch nicht besonders alt. Das dreißigste Lebensjahr habe ich jedenfalls nie erreicht. Meine Besessenheit durch Zork hat mich innerlich verdorben und nach deinem Tod....fehlte irgendetwas. Es ist richtig, dass Seth nach dir geherrscht hat. Ich habe dich überlebt, aber nicht lange. Die Rache und die Vergeltung, die ich für Kul Elna hatte üben wollen, hatte ich nicht vollbracht, denn du warst nicht durch meine Hand gestorben. Aber ohne dich war mein Dasein nicht mehr dasselbe....mein Hass hatte mich aufrechterhalten und mit einem Mal war er völlig sinnlos geworden. Und heute? Heute...." Er unterbrach sich abrupt und sah Yami an, der ihn abwartend musterte. Ein warmer Wind spielte mit den goldenen Strähnen seines Haares und ein zaghaftes Lächeln huschte über das aristokratische Antlitz. Verflucht, wie schön er doch war! Er sprach den Satz nicht zu Ende. »....und heute? Ja, was ist heute? Die Vorstellung, dass Apophis ihn umbringen könnte....erschreckt mich! Ich frage mich, ob ich es ertragen könnte, ihn tot zu sehen - und das, obwohl ich seit jenen vergessenen Tagen in Ägypten nichts anderes wollte! Ich wollte ihn vernichten, ihn leiden lassen! Aber damals....begehrte ich ihn nicht! Und ich befürchte, dass es nicht nur sein Körper ist, den ich haben will....kann das sein? Begehre ich....den Mann!?« »Sein Blick ruht auf mir....seine Augen sind ganz dunkel, leidenschaftlich....und erzeugen prickelnde Schauer in mir. Liebe....Verlangen....das ist es, was ich in diesem Moment empfinde. Warum muss es ausgerechnet er sein?! Es mag uns bestimmt gewesen sein, bevor Apophis unser beider Leben manipulierte und zerstörte, aber....! Ach....was mache ich mir denn vor? Es ist passiert. Ich habe mich verliebt. Ich kann nicht zurück. Das einzige, was mir jetzt noch bleibt, ist, gegen den Dämon meiner Vergangenheit zu kämpfen und das zu verteidigen, was mir viel bedeutet. Mögen die Götter mir beistehen!« Bakura bewaffnete sich mit dem kostbaren Messer, das ihnen die Tuaregs geschenkt hatten, und entschlossen betraten sie die Pyramide, in deren Inneren ihr Feind auf sie wartete. Kapitel 14: Die Pyramide von Pharao Atemu (Teil 2) -------------------------------------------------- Kapitel 14: Die Pyramide von Pharao Atemu (Teil 2) Eisiger Wind strich durch den finsteren Korridor, der sich vor ihnen ausbreitete. Es war, als würden sie in einen Abgrund blicken und beide fühlten einen Hauch Angst in sich aufsteigen. Yami besah sich die reich mit Hieroglyphen und Malereien geschmückten Wände und stutzte, als er eine Warnung entdeckte. Nahe des Eingangstores hatte man eine Botschaft für Grabräuber und ähnliches Gesindel eingemeißelt, die der Pharao nun laut vorlas: „‚Schänder, der du es wagst, diese geheiligte Stätte zu betreten, um zu stehlen, hüte dich! Auf deinem Weg sind drei Prüfungen zu bestehen, die dich das Leben kosten können. Kehre um oder stirb!‘ Und weiter unten wird die erste Prüfung geschildert: ‚Gehe voran, wenn du ehrlichen Herzens bist, denn nur jener, der dem König Respekt erweist, wird leben.‘ Was hältst du davon?" „Das ist ernst zu nehmen, die königlichen Architekten pflegten nicht zu scherzen. Außerdem hat Maat uns gesagt, dass deine Pyramide mit Fallen gespickt ist. Ich vermute, dass Apophis uns in deinem Grabraum erwartet, also müssen wir diese drei Prüfungen hinter uns bringen, ob es uns nun passt oder nicht. Du kannst dich glücklich schätzen, einen so geschickten und erfahrenen Dieb wie mich dabeizuhaben!" „Könnte ich? Wer hat denn das Märchen erfunden? Deine Anwesenheit wird eher zu meinem sicheren Tod führen und sonst gar nichts! Man soll vorangehen, wenn man ehrlichen Herzens ist - das trifft auf dich ja nun wirklich nicht zu! Es sei denn, du erweist dich einmal in deiner nutzlosen Existenz als brauchbar und versuchst, dieses Rätsel zu lösen - nur jener, der dem König Respekt erweist, wird leben. Was heißt das konkret?" „Dass nur derjenige überlebt, der dem König Respekt erweist?" „Verarschen kann ich mich selber...." Sie wechselten einen verärgerten Blick und marschierten weiter, immer wieder leise die Worte wiederholend, die ihnen den Hals retten konnten, sofern es ihnen gelang, sie zu entschlüsseln. Die Dunkelheit um sie herum hatte etwas unheimliches und erdrückendes, und es schien ihnen, als wäre die Gefahr nur noch wenige Meter von ihnen entfernt. Da, war da nicht ein Geräusch? So, als würde sich ein Mechanismus in Gang setzen? Atemu murmelte weiter vor sich hin: „Dem König Respekt erweisen....dem König Respekt erweisen....", stetig, wie ein Mantra, verzweifelt auf der Suche nach der Lösung. Erneut dieses Knacken. „Mann, was für ein bescheuertes Rätsel! Deine Architekten sind die letzten Idioten! Hätte es nicht was Einfacheres sein können, damit unschuldige Leute wie wir uns jetzt nicht mit diesem Mist herumschlagen müssen?!" „Unschuldige Leute? Unschuldig!? Sprich gefälligst von mir in der Einzahl, du bist bestimmt nicht unschuldig, du Kleinganove!" „Du kannst mich mal, du Klugscheißer! Das hier ist eine Grabstätte, also solltest du hier auch denjenigen arbeiten lassen, der was davon versteht!" „Gut! Erklär das Rätsel!" „...." „Ich dachte, du verstehst was davon?" „Halt die Klappe!!" „Jener, der dem König Respekt erweist, wird leben....jener, der dem König Respekt erweist....Wie erweist man seinem Herrscher Respekt?" Ein erneutes Knacken, gefolgt von einem Surren. „Natürlich! Man kniet!!!" Er packte den Weißhaarigen am Kragen seines Hemdes und warf sich mit ihm zusammen zu Boden, genau im richtigen Augenblick, denn kaum lagen sie im Staub, als auch schon auf Kopfhöhe messerscharfe Klingen aus den Wänden hervortraten. Erst nach einer Weile kamen die rotierenden Schwerter zum Stillstand und die beiden Abenteurer atmeten auf. „Diese Dinger hätten uns geköpft! Ist ja übelst....Ich nehme alles zurück, was ich über deine Architekten gesagt habe und behaupte das Gegenteil!" Er klopfte sich den Sand von der Kleidung und dachte mit Schaudern daran, dass er nun als kopflose Leiche in seinem eigenen Blut herumliegen könnte, wenn der Pharao nicht....ja, wenn der Pharao nicht....verflixt, er hatte ihn schon wieder gerettet! Sollte er sich bedanken? Bäh, allein der Gedanke! Andererseits.... „Was ist, Grabräuber? Hast du nicht was vergessen?" „Wieso?" „Ohne mich hätte dich diese Falle für alle Ewigkeit von deiner Bosheit befreit! Also?" „....Danke." würgte Bakura hervor, ganz leise, fast flüsternd. Sein Stolz bäumte sich auf gegen diese - wie er meinte - so schrecklich erniedrigende Dankbarkeit, aber er hatte keine Lust, sich die nächsten zwei Prüfungen mit dem Monarchen zu zanken, sonst überlebten sie es vielleicht nicht. „Wie war das? Ich kann dich nicht hören!" Das machte der doch mit Absicht!! Er sollte dieses abscheuliche Wort auch noch wiederholen?! Lieber hätte er sich ausgekotzt, ihm war schon schlecht genug! Yami war plötzlich merkwürdig nah; er neigte sich mit einem verführerischen Lächeln zu dem Banditen und hauchte: „Sag es mir ins Ohr, wenn du dich weigerst, es laut auszusprechen." Sein warmer Atem streifte die empfindliche Haut des Grabräubers und dieser sog scharf die Luft ein. Verdammt, der sinnliche Beiklang dieser samtweichen Stimme trieb ihn noch in den Wahnsinn! Er gehorchte automatisch, umfasste sanft das Kinn des Regenten und sagte es ihm ins Ohr: „Danke. Danke für deine Hilfe." Sieh da, er hatte sogar ein bisschen mehr gesagt! Innerlich darüber fluchend, ließ Bakura den anderen wieder los, konnte aber nicht umhin, seine makellos geschwungene Nacken- und Schulterlinie zu bewundern. Er roch auch seinen Duft, ein wenig herb, aber anziehend und äußerst reizvoll. In seiner Lendengegend begann es zu brodeln und er schloss kurz die Augen, um seine Selbstbeherrschung nicht zu verlieren. »Oh Ra....wie sehr ich ihn begehre....!« „Also, gehen wir weiter!" Der zauberhafte Moment war vorüber und der Dieb folgte ein wenig verstimmt. Eine zweite Botschaft an der Wand erläuterte die nächste Prüfung: „Wandle auf den Spuren seines Namens und der Abgrund wird dich verschonen." Vor ihnen erstreckte sich eine größere Fläche aus Bodenplatten, von denen jede einzelne mit einem Hieroglyphenzeichen verziert war. „Na, diesmal ist es simpel. Das hier ist deine Pyramide, also müssen wir nur die Hieroglyphen entlanggehen, aus denen dein Name zusammengesetzt ist." „Und wenn wir daneben treten?" „Die Platten sind zu klein für zwei Menschen. Wir müssen nacheinander gehen, sonst stürzen wir in den Abgrund, der sich darunter befindet. Ich lasse dir den Vortritt, höflich wie ich bin!" „Höflich? Du meinst wohl hinterhältig! Dein fieses Grinsen passt jedenfalls genau dazu!" „Quatsch nicht, beweg dich!!" Yami antwortete nicht, sondern setzte seinen Fuß auf das erste Schriftzeichen, aus dem sein ägyptischer Name bestand und machte einen Sprung zum nächsten. Nachdem er diese Prüfung glücklich hinter sich gebracht hatte, sah er sich nach Bakura um - und entdeckte ihn, wie er sich an die Bodenplatten klammerte. Unter ihm klaffte eine finstere Schlucht. „Im Namen aller Götter! Warum hast du denn nichts gesagt?!" Er kniete sich nieder und umfasste den Grabräuber an den Armen, um ihn hochzuziehen. „Außerdem, wie konntest du abstürzen?! Du musstest mir doch bloß folgen!" „Ich dachte, man würde dich mit einem anderen Zeichen schreiben", knurrte der Weißhaarige säuerlich und der ehemalige Regent musste ein spontanes Lachen unterdrücken. „Man soll es doch nicht für möglich halten....Analphabet!" „Schnauze!! Übrigens habe ich dich nicht gebeten, mich schon wieder zu retten!! Hast du nichts Besseres zu tun?!?!" „Lass mich nachdenken....nein, im Moment nicht." Der Dieb knurrte, rappelte sich hoch und schickte sich an, nach der nächsten Erklärung für die dritte Prüfung zu suchen, wobei er es peinlich genau vermied, mit Atemu in Augenkontakt zu treten. Was hatte er letzte Nacht zu ihm gesagt? „Unsere Chancen sind zwar katastrophal, aber da dir offensichtlich keine Vernunft einzubläuen ist, komme ich mit, damit du nicht von einer Schwierigkeit in die nächste stolperst!" Pah - und wer war nun tatsächlich von einer Schwierigkeit in die nächste gestolpert!? Er, nicht der verfluchte, schöne Pharao; mit dem grässlich demütigenden Ergebnis, dass er ihn zweimal vor dem Tod bewahrt und ihm auch noch - würg - seinen Dank dafür abgerungen hatte. Sie gelangten zu einer Sackgasse, von der drei Tore tiefer ins Innere der Pyramide führten, zumindest konnte man das vermuten. Über dem mittleren Tor stand: „Drei siehst du vor dir, doch nur eins geleitet dich zum Ziel. Eines bringt Gewinn und eines Verderben, eines wird dich prüfen und bei zweien kannst du sterben." „Na toll - bei zweien von dreien kratzt man ab! Deine Architekten haben einen seltsamen Sinn für Humor!!" „Welches sollen wir nehmen?" „Sollen wir Hölzchen ziehen?" „Und du wagst es, meinen Architekten einen seltsamen Humor anzudichten?" Sie schwiegen eine Weile, bis Aton zu dem rechten marschierte und hinein linste. Vorsichtig, seine herrlichen Muskeln dabei anspannend wie ein Tiger, der kurz davor ist, seine Beute zu erlegen, schlich er sich in den düsteren Tunnel und verschwand. Yami blieb zurück, unsicher, ob er ihm folgen sollte. Als nach zehn Minuten immer noch kein Lebenszeichen zu ihm drang, lief er ihm hinterher - und erstarrte vor Empörung. Der Bandit hockte inmitten eines riesigen Haufen Goldes, der mit bunten Punkten gespickt war, zweifellos Edelsteine in den verschiedensten Farben. Er war damit beschäftigt, sich die Hosentaschen vollzustopfen, als eine Hand ihn herumriss und zwei Amethyste ihn anfunkelten, vor deren Feuer selbst der Höllenfürst Reißaus genommen hätte. „WAS GLAUBST DU EIGENTLICH, WAS DU DA TUST?!?!" „Ich bin nicht taub, Stachelschädel! Aber man soll Chancen nutzen, wenn sie sich bieten!" „Hast du sie noch alle?!?! Apophis wartet auf uns und dir fällt nichts anderes ein, als dich im Gold zu suhlen?! Uns läuft die Zeit davon!! Wir müssen ihn besiegen, bevor die Göttliche Verschmelzung beendet ist!!" „Jaja, weil zu diesem Zeitpunkt die beiden magischen Schwerter am mächtigsten sind! HALLO?!?! Wir haben das Mondschwert nicht, im Grunde ist die Sache also sowieso schon verloren! Nur dein blöder verbohrter Stolz verbietet es dir, die sichere Niederlage zu akzeptieren!! Du kapierst einfach nicht, wann du am Ende bist!" „Ich bin nicht am Ende!! Solange noch ein einziger Blutstropfen in meinen Adern pulsiert, werde ich nicht aufgeben!! Der Schlangendämon hat es nicht verdient, zu triumphieren!! Und maße dir nicht an, zu behaupten, du würdest ihn nicht genauso hassen wie ich!!" Um seinen Argumenten Nachdruck zu verleihen, verpasste er seinem Gegenüber einen ordentlichen Kinnhaken und der Grabräuber stieß unsanft mit der linken Wand zusammen. Seine umherirrenden Finger berührten eine Hieroglyphe und aus den Mauern brachen scharfgeschliffene Spitzen hervor. Die Wände begannen, sich einander zu nähern. „Scheiße! Was hast du gemacht?!" „Ich? ICH?! Du hast mir doch eine reingehauen, sodass ich mich irgendwo abstützen musste! Sonst hätte ich nie dieses Symbol angefasst!" „Raus hier!!" „Aber....das Gold...." „Das nützt dir auch nichts mehr, wenn du durchbohrt und zerquetscht worden bist!!" Die brutale Logik dieser Feststellung entwaffnete Bakura und sie stoben wie die wilde Jagd zurück in den Korridor, in dem alles angefangen hatte. Rechts war also keine Option. „Schade. Ich dachte, ich hätte das gewinnbringende Tor gefunden." „Nein, das war das Verderben. Wohin sonst kann sie einen führen - die Gier?" »Urgs, na super, er kehrt zum x-tausendsten Mal das Moralapostel hervor! Heute muss mein Pechtag sein. Es reicht natürlich nicht, dass mir dieser arrogante Bastard zweimal das Leben rettet, er muss auch noch recht haben und den neunmalklugen Besserwisser raushängen lassen - was habe ich verbrochen, dass ich so gestraft werde?! Und der Kinnhaken und sein verdammtes, hirnrissiges Geschwätz, dass er eben noch nicht am Ende wäre....oh Ra, wie stur, wie hochmütig, wie....wie unbeugsam....wie leidenschaftlich....und diese Augen....diese verwünschten, wunderschönen Augen....! Sein Blick glich gehärtetem Stahl, immer noch erfüllt von der Glut der Flammen, die diesen Blick geschmiedet haben....bei Apis, welch ein Mann!« Klopfenden Herzens beobachtete er den Bunthaarigen, wie er die beiden verbliebenen Tore untersuchte und sein Verlangen wurde schier unerträglich. Jede einzelne Bewegung, jede Geste schien mit ungezwungener Grazie ausgeführt zu werden, selbst, als er sich ein paar störende Strähnen aus der Stirn strich, geschah es mit königlicher Vollendung. „Ich schlage vor, diesmal nehmen wir die berühmte Goldene Mitte. Bisher sind wir immer geradeaus gegangen, also sollten wir dabei bleiben. Irgendwelche Einwände?" „....Was?" „Ob du irgendwelche Einwände hast?" „Seit wann kümmert dich meine Meinung?" „Deine Meinung ist mir wichtig, frag nicht so blöd. Nun, was ist?" Zu Yamis unendlicher Überraschung errötete Bakura angesichts seiner Worte, ärgerte sich aber gleichzeitig äußerst vehement darüber. »Was ist bloß in mich gefahren?! Ich drehe total durch, verflixt! Mein Verstand hat sich offenbar von mir verabschiedet, und das, ohne mich zu fragen! Ich meine, ich bin rot geworden!!! Wegen IHM!!!! Das ist eindeutig die Apokalypse!! Oder nein, ich bin verrückt geworden, oder sowas! Was könnte es sonst sein? Ich freue mich, weil ihm meine Meinung wichtig ist?!?! Geht‘s mir noch gut?! Das ist krank, absolut krank....!« „Bekomme ich die Antwort noch heute von dir oder wie ist das?" „....Die Mitte ist okay....warum nicht...." Es klang merkwürdig gepresst. Der Pharao betrachtete ihn beunruhigt, schlüpfte aber schließlich in den Tunnel, Aton dicht hinter ihm. Am Ende des Ganges angekommen, sahen sie sich mit dem eigentlichen Kern der dritten Prüfung konfrontiert, denn sie standen auf einmal am Rande eines Abgrunds. Auf der anderen Seite war ein Tor. „Moment....müssen wir etwa....da rüber?" „Anscheinend." „Mach keine Witze, Bandit! Das ist unmöglich! Diese Schlucht überwinden....bei der Breite?" Er spitzte vorsichtig über der Rand. „....und der Tiefe?" „Steht da nicht irgendwo ein Hinweis?" „Warte mal....doch, hier außen. ‚Setze deinen Weg fort, denn der Pharao hält seine schützende Hand über dich.‘ Oh Ra....das ist....ein Sprung des Vertrauens." „Was soll das heißen?!" „Man sagt, der Pharao hält seine schützende Hand über sein Volk. Das ist der Inhalt dieser Prüfung. Wer auf den König vertraut, hat keine Angst - und springt." „Das ist doch wohl nicht dein Ernst!!" Yami hatte die Augen geschlossen. Er konzentrierte sich auf sein Innerestes, rief sich das ins Gedächtnis, was ihn in seinem Leben geprägt und ihn zu dem Mann gemacht hatte, der er war. Er sprang, hörte noch den erschrockenen Ruf des Weißhaarigen - und landete auf etwas festem. Der Grabräuber konnte nicht glauben, was er da sah. Der einstige Herrscher Ägyptens stand in der Luft, bis nach und nach eine steinerne Brücke sichtbar wurde. Er atmete auf und lief ans Ende, wo die Brücke sofort wieder verschwand. „Du bist an der Reihe, los! Der Steg ist da, du musst keine Angst haben!" „Spinnst du?! Wenn das hier ein Sprung des Vertrauens ist, bin ich geliefert! Dass du dir selbst vertraust, ist ja wohl logisch! Aber ich?!" „Jetzt hör auf mit dem Unsinn!! Früher magst du mir nicht vertraut haben, das ist wahr, doch was ist heute? Wir hätten niemals so viel erreicht, wenn sich zwischen uns beiden nicht etwas Besonderes entwickelt hätte! Du bist nicht feige, Aton, das weiß ich! Schau her - ich strecke meine Hand aus! Du musst sie nur ergreifen! Denk nicht an den Untergrund, komm einfach her zu mir! Du kannst es!" Er leckte sich über die trocken gewordenen Lippen und fügte bittend hinzu: „Vertrau mir!" »Vertrau mir....Auch wenn du es vermutlich nie erfahren wirst....auch wenn du in mir nie mehr sehen wirst als einen akzeptablen Gegner....und allenfalls ein Objekt der Begierde....ich liebe dich.« »Aton....er hat mich Aton genannt!« frohlockte das Herz des Diebes, obgleich er sich am liebsten in den Hintern gebissen hätte vor Zorn, wenn es ihm möglich gewesen wäre. Schließlich, was war dabei? Der Punk hatte ihn schon einmal mit seinem richtigen Namen angesprochen, das war kein Grund, erneut dieses irritierende Glücksgefühl zu verspüren! Entweder schnappte er über oder er....oder er....oh nein, das konnte es auf gar keinen Fall sein!! Er starrte hinunter in die schwarze, endlose Tiefe und dann hinüber zu seinem unbezähmbaren, großartigen Widersacher. Er war zu weit von ihm entfernt, um den Ausdruck seiner Augen erkennen zu können, aber gegen das Flehen in dieser so betörenden Stimme war er machtlos. Er schluckte mühsam, erinnerte sich an all die Momente, die er mit Yami zugebracht hatte und trat mit einem Fuß ins Leere. Und er fiel nicht, die Brücke nahm ihn an! Schnell rannte er zu dem anderen hinüber und sie verhakten in einer Geste der Erleichterung ihre Hände ineinander. „Also vertraust du mir doch. Ich wusste es." „Interessant, da ich es selbst nicht wusste." „Für das Offensichtliche fehlte dir von jeher der richtige Blick." „Was soll das heißen? He, grins nicht so doof! Antworte! Was meinst du damit?" Der Meisterduellant schwieg sich aus und marschierte weiter. Nach einem langen Korridor gelangten sie wie erhofft in die Grabkammer. Es war eine hohe, prachtvolle Halle, angefüllt mit Schätzen, Lebensmittelamphoren und Statuen. Inmitten des Prunks erhob sich der Sockel, auf dem der königliche Sarkophag ruhte. Er war aus purem Gold und kunstvoll bemalt. Man hatte seine Gesichtszüge genau nachgebildet, die gekreuzten Hände hielten den Krummstab und die Peitsche. „Darin liegt vermutlich mein echter Körper, einbalsamiert und mumifiziert, wie es Brauch war. Es ist ein seltsames Gefühl, in seinem eigenen Grab zu stehen." „Ich hingegen bin der Meinung, dass es der richtige Ort für unseren letzten Kampf ist, Sohn des Ra!" erklang die zischende Stimme von Apophis. „Denn dieses Grab wird auch ein zweites Mal der Platz Eures Todes werden!" Ein Kreis aus schwarzem Rauch umhüllte den Sarkophag und schoss in die Höhe, nur, um beim Herabsenken die halb menschliche, halb reptilienartige Gestalt des Dämons freizugeben, der respektlos auf dem Sarg stand und in sein irres Gelächter ausbrach. Yami zog das Sonnenschwert aus der Scheide und visierte ihn wütend an. Bakura holte sein Messer hervor. „Oh, wie tapfer - und wie dumm! Glaubt Ihr wirklich, dass Ihr ohne das Mondschwert eine Chance gegen mich habt? Das Licht der Sonne am Himmel ist dabei, vom Mond verdeckt zu werden....die Göttliche Verschmelzung hat begonnen. Also bringen wir diese beklagenswerte Angelegenheit rasch hinter uns! Ich werde Euch töten, mir Eure Macht einverleiben und meinen alten Erzfeind besiegen!" „Nicht, wenn wir es verhindern können!!" Apophis transformierte sich in seine Schlangenform zurück, die einer riesenhaften Kobra, und startete seinen ersten Angriff. Die beiden Männer wichen geschickt aus und der Dieb zielte mit seiner Waffe auf die Echsenhaut, hatte aber keinen Erfolg, weil der kräftige Schwanz der Kreatur ihn nach hinten schleuderte. Er hatte nicht die Absicht, unnötig Zeit zu vertrödeln und das merkte man ihm an. Er musste die Macht des Pharaos in seinen Besitz bringen, ehe die Sonnenfinsternis vorüber war, denn sonst würde er den Gott aller Götter in einem ebenbürtigen Gefecht töten müssen, und von Fair Play hielt Apophis nicht das geringste. Plötzlich durchfuhr ihn ein übler Schmerz und er wandte sich zu Atemu um, der ihm eine tiefe Wunde verpasst hatte. Die Klinge des Sonnenschwertes war blutig. „IHR!!" stieß er zornig hervor und hieb mit seinen spitzen bleichen Zähnen nach ihm. Der ehemalige Regent des Nil-Reiches blockte die Attacken ab, aber es zeigte sich, dass er der physischen Stärke des Ungeheuers nicht viel entgegenzusetzen hatte. Das Schwert verhakte sich zwischen den abscheulichen Zähnen und die Bestie riss es ihm aus den Fingern und warf es in die nächstbeste Ecke. Apophis öffnete seinen Rachen weit, um ihn zu beißen, als Bakura dazwischen sprang und mit einem heftigen Schlag seine Schnauze aufschnitt. Er brüllte und holte erneut mit seinem Schwanz aus. Seine zwei Kontrahenten tauchten ab und rollten sich zur Seite. „Warum seht Ihr Eure Niederlage nicht ein, törichter Narr?! Ohne das Mondschwert seid Ihr nicht mächtig genug, um mich zu vernichten! Und mich ins Reich der Schatten zu verbannen, würde keinen Sinn machen, denn ich würde zurückkehren!" „Noch ist nichts entschieden!! Ich werde niemals zulassen, dass du diese Welt deiner Schreckensherrschaft unterwirfst!!" „Tatsächlich? So selbstbewusst, Sohn des Ra? Ihr wisst doch genau, dass Eure Sache von vornherein verloren ist! Euer Ableben ist nur noch eine Frage von Minuten! Gebt besser freiwillig auf!!" „Freiwillig!?! Niemals!!!" Apophis‘ hässliches Schlangengesicht verwandelte sich in einen Ausbund an Bosheit. Er richtete sich zu voller Größe auf und stürzte sich wie ein Blitz auf den überraschten Grabräuber. Er donnerte ihn brutal gegen eine Wand, grub sein Gebiss in seine linke Schulter und schleuderte ihn herum wie eine Puppe. „ATON!!!" Der Weißhaarige wurde höchst unsanft auf den Boden gedrückt und der schwere Kobrakörper lastete mit seinem gesamten Gewicht auf ihm. Aus den Bissspuren sickerte Blut in dünnen Rinnsalen und grausiger Schmerz raste durch seine Zellen. Er schnappte mühsam nach Luft, während die Kreatur über ihm hohnlächelnd erklärte: „Ich habe kein Gift in seine Adern gepumpt, aber ich könnte es noch tun. Und diesmal habt Ihr keinen Heiltrank bei Euch, der ihn retten könnte. Ein weiterer Biss genügt jedoch, um ihn umzubringen. Ich könnte allerdings davon absehen, ihn zu töten, wenn Ihr Euch auf den Handel einlasst, den ich Euch angeboten habe. Euer Leben für das seine - erinnert Ihr Euch?" „Hör nicht auf ihn!!" schrie Bakura dagegen an, als ihm das Ausmaß dieses Angebots klar wurde. „Was wäre gewonnen, wenn du dich für mich opferst?! Es geht hier nicht um mich, ich bin unwichtig! Er will deine Macht, und die bekommt er nur, wenn du stirbst! Erzähl mir nicht, ich würde dir mehr bedeuten als der Rest der Menschheit!! Lass dich nicht darauf ein!!" „Also weißt du nicht, was er für dich empfindet, Krieger der Maat?" lachte der Dämon verächtlich und die dunkelbraunen Augen weiteten sich ungläubig. Er wandte den Kopf, um den Pharao ansehen zu können - und die Verzweiflung in diesem Blick traf sein Innerstes wie ein tödlicher Pfeil. Das rote Auge von Apophis leuchtete auf und aus einem dunklen Strudel, der mit einem Mal vor dem Sarkophag erschien, materialisierte sich ein Steintisch, auf dem ein goldener Kelch stand. „Was....ist das?" würgte der Meisterduellant hervor. „Dieser Kelch enthält einen Teil meines Giftes in konzentrierter Form. Ein Schluck davon müsste genügen, um Euch das Lebenslicht auszublasen. Trinkt - und Euer Geliebter wird es überleben. Trinkt nicht - und ich töte ihn!! Wie lautet Eure Wahl?" »Wahl?! Dieses nichtswürdige, ekelhafte Monster bezeichnet es als eine Wahl?! Das ist eine Farce, nichts weiter! Aber weshalb nennt er mich seinen Geliebten!? Er kann nicht meinen....er glaubt doch nicht, dass Atemu....das ist unmöglich! Das ist unmöglich!!!« Eine schier endlose Stille hatte sich auf die Anwesenden herabgesenkt. Und dann fiel ein Satz....ein Satz, der Bakuras Herz für einen Moment erstarren ließ. „Ich werde es tun." sagte Yami monoton. Er wusste, dass das Angebot des Schlangendämons nur einen Zweck hatte: Ihn, seinen Erzfeind, den Repräsentanten Ras auf Erden, zu vernichten. Aber von seinem Tod hing das Überleben des Grabräubers ab - Apophis stellte ihn vor die grausame Entscheidung, entweder selbst zu leben und mit anzusehen, wie der geliebte Mann getötet wurde, oder freiwillig zu sterben und den Dieb zu retten. Ihrem teuflischen Gegner ging es nicht um Bakura, sondern nur um den wiedergeborenen Pharao, den letzten Nachkommen des Gottes Ra. Wenn er sich seine Macht einverleibt hatte, konnte er die Erde beherrschen.... Der Monarch verspürte die niederdrückende, gewaltsame Last einer Verantwortung, die er nie gewollt hatte. Sterben, um das Leben dieses herrlichen Halunken zu bewahren....doch zu welchem Preis? Konnte er die Menschheit dieser Tyrannei aussetzen? Der Willkür eines erbarmungslosen Ungeheuers? Er hob den Kelch an und seine Augen schwirrten zu dem Weißhaarigen hinüber, auf dem immer noch der Schlangenleib ruhte. Apophis würde ernst machen, das war eindeutig. Er würde sein Gift in diesen menschlichen, verletzlichen Körper spritzen und der König der Diebe würde unter schrecklichen Schmerzen in eine Lähmung verfallen, erkalten und schließlich sterben. Ein gnadenloses, schreckliches Ende! Kurz hatte er Blickkontakt mit dem anderen, dann wandte er in einer Geste wilder Verzweiflung sein Gesicht ab und setzte das Gefäß an die bleichen Lippen. Bakura verfolgte die ganze groteske Szene wie in einer Art Trance. Die schicksalsschweren, entscheidenden Worte, dieses nüchterne, abschließende „Ich werde es tun" kam ihm so lächerlich und zugleich so furchtbar vor in seiner kalten, tödlichen Endgültigkeit. Diese Worte erschütterten ihn nicht nur, sie fraßen an ihm. Er dachte daran, dass er diesen Mann dort vorne, der sich anschickte, seinen eigenen Tod zu trinken, um ihn zu befreien, geradezu schmerzhaft gehasst hatte. Er dachte daran, dass dieser stolze Mann ihm fortwährend Trotz geboten hatte, ohne Angst vor ihm zu haben. Er hatte nie Angst gehabt. Als ihm bewusst wurde, dass der Pharao sein Schicksal besiegeln wollte, bäumte sich etwas in ihm auf; eine Kraft, die sich gegen seinen bereits triumphal grinsenden Widersacher stemmte und ihn mit einem eigenartigen, fremden Gefühl erfüllte, das er zunächst nicht einordnen konnte, denn es war eine seltsame Mischung aus Trauer, Begehren, Wut und stechendem Schmerz. Und in dieser Sekunde, da der ehemalige Aristokrat den Kelch ergriff und zum Mund führte, offenbarte sich Bakura die unumstößliche und bestürzende Wahrheit. Er liebte Yami. Und diese Liebe war der Grund, warum er es unmöglich zulassen konnte, dass dieser schöne, temperamentvolle Mann aus dem Leben schied. Seine Kehle war trocken und wie zugeschnürt, und schlimmste Pein pochte in seiner Wunde, doch trotzdem zwang er sich zu einem Ausruf: „Tu es nicht!! Ich flehe dich an!!" „Wenn ich es nicht tue, bringt er dich um!" stieß der Bunthaarige hervor, jede einzelne Silbe getränkt mit dem Nachklang seiner unterdrückten Tränen. „Und all die Menschen, die er versklaven wird, sobald er zum Herrscher aufgestiegen ist?! Ist dir das völlig egal?! Wo bleibt dein verdammter Gerechtigkeitsfanatismus, du Möchtegern-Weltenretter?! Du musst leben!!" „Ich....kann nicht riskieren, dass er dich auslöscht. Ich würde mir selbst niemals verzeihen können....Ich könnte es nicht ertragen, für deinen Tod verantwortlich zu sein...." „Ich beschwöre dich, Atemu: Tu es nicht!! Ich bin es nicht wert!!!" „....Doch. Mir bist du das wert." Der Grabräuber keuchte auf vor Überraschung und Entsetzen. Sein Mund war spröde, die Gefühle wogten in ihm wie ein Orkan, der Schweiß brach ihm aus, geboren aus seiner Angst und seiner Verzweiflung. Seine Emotionen, endlich einmal von ihren jahrtausendealten Ketten aus Verbitterung, Einsamkeit und Hass befreit, überwältigten ihn beinahe. „Verdammt, du mieser Egoist!! Ich will nicht, dass du stirbst!! Das kannst du nicht machen, hast du kapiert?! Dich einfach feige davonzustehlen, um mich mit der Scheiße zurückzulassen, in die du mich geritten hast!! Das lasse ich dir nicht durchgehen, du arroganter Bastard!! Ich...." Er schöpfte nach Atem, befeuchtete seine Lippen, schluckte schwer. „Ich....Ich liebe dich!!!" *Taschentuch rauskram* *heul* Ja, es nähert sich dem Finale! Und ich weiß, dass es verdammt fies ist, gerade hier aufzuhören! Aber das nächste Kapitel kommt bald, mit dem Epilog! Bis dann! *wink* Kapitel 15: Das gebrochene Siegel --------------------------------- Es geht zu Ende! *heul* Vielen Dank für Eure Kommis! Eine Yami+Baku-FF zu schreiben, ist nicht besonders einfach...die beiden sind genial, aber nicht leicht darzustellen. Hier ist nun also das letzte Kapitel, gefolgt vom Epilog - viel Spaß und vielen Dank an alle, die diese Story gelesen haben! Kapitel 15: Das gebrochene Siegel „Ich liebe dich!!" Die Worte hingen im Raum, beinahe endlos, unabänderlich, älter als die Welt, die ewige Formel der Sehnsucht. Yami starrte den Grabräuber an und bewegte tonlos die Lippen. Fassungslosigkeit, unermessliches Glück und unglaubliche Freude tanzten in seinem Inneren hin und her; seine Gefühle jubilierten wie ein Chor. Seine Finger zitterten und der Kelch mit dem verderblichen Inhalt fiel klirrend zu Boden. „Was....hast du....gesagt....?" flüsterte er bebend. Bakura sah in diese atemberaubenden violetten Seen, in denen neue Hoffnung aufglomm, und wiederholte matt: „Ich liebe dich....und deshalb darfst du nicht sterben. Ich habe es endlich begriffen. Du bist Ras Erbe....das Schicksal dieses Planeten liegt in deinen Händen. Du musst kämpfen, egal, was passiert. Ich bin....war....nein. Ich hätte ein Krieger der Maat und dein Beschützer sein können....doch Apophis hat alles zerstört. Aber trotz seiner Einmischung, trotz des Hasses, der uns einst verband....die Wahrheit ist, dass es mir nicht bestimmt war, dich zu hassen. Es war mir bestimmt, dich zu lieben. Gib nicht auf, Atemu. Du bist noch nicht am Ende, oder? Solange noch ein einziger Blutstropfen in deinen Adern pulsiert....erinnerst du dich? Du hast das Herz eines echten Königs und das Temperament eines Diebes....also gebrauche es!!" „Sei still!!!" zischte der Schlangendämon und sein blutrotes Auge glitzerte in irrem Hass. Der massige Körper der Kobra presste dem Weißhaarigen fast die Knochen zusammen und in der nächsten Sekunde sah er, wie die fürchterlichen Zähne zu einem erneuten Biss auf ihn hernieder rasten, als sich jemand dazwischen warf. Als nächstes vernahm er einen erstickten Schrei und seine Augen weiteten sich entsetzt. Der Pharao hatte ihn gerettet....aber nun hatten sich die tödlichen Injektionsnadeln in sein eigenes Fleisch gebohrt, in seine rechte Seite. Apophis packte ihn und schleuderte ihn mit aller Kraft gegen den Sockel des Sarkophags. „Was für ein Narr!" meinte er verächtlich. „Jetzt wird er ja doch sterben - diesmal habe ich meine Giftdrüsen aktiviert, weil ich dich umbringen wollte, Krieger der Maat. Umso besser, dass er die Giftladung abbekommen hat, das erspart mir weitere Arbeit!" Er brach in triumphales Gelächter aus und richtete sich dabei zu voller Größe auf, sodass sich Bakura, von dem bisherigen Gewicht befreit, herauswinden konnte und zu dem anderen hinüberlief. Yami stöhnte vor Schmerzen, war aber bei Bewusstsein. „Du Idiot!! Wieso hast du das getan?! Du solltest etwas gegen dieses durchgeknallte Monster unternehmen, und mich nicht retten!! Dein Leben ist wichtiger als meins!! Wenn du stirbst, hat die Menschheit verloren!! Warum, du verdammter Bastard?! Warum!?!" Der König hob die Hand und streichelte dem über ihn geneigten Grabräuber zärtlich über die Wange. Der Dieb ergriff diese Hand und schmiegte sich an sie. Die Berührung war warm und schien auf seiner Haut zu brennen. „Ich musste es tun....ich habe es dir doch gesagt....mir bist du das wert...." „Ja, ja, sicher....aber warum?!" „Keinen Blick fürs Offensichtliche, das habe ich dir bereits auf die Nase gebunden....dir ist eben einfach nicht zu helfen, du Blindgänger....Ich....liebe dich...." „....W-Was....?" „Bist du jetzt auch noch taub? Das wird ja immer schöner...." »Oh Ra....ich könnte....ach, ich weiß es nicht, ich war noch nie in einer solchen Situation! Er liebt mich....er liebt mich!! Und was macht er? Kann es sich nicht verkneifen, mich zu triezen, und das in seinem lebensgefährlichen Zustand! Er ist so ein Mistkerl....ein wundervoller, herrlicher Mistkerl! Atemu....oh Atemu....!« Er schlang seine Arme um den makellosen Körper und drückte ihn fest an sich, vergrub sein Gesicht in der weichen Halsbeuge und atmete seinen betörenden männlichen Duft ein. Seine Finger krallten sich in den schwarzen Stoff des Oberteils, das der Monarch trug und er fühlte, wie er zitterte. Bei allen Göttern Ägyptens....er hatte noch nie so etwas Starkes, so etwas Mächtiges empfunden, es überrollte ihn beinahe. Bebend suchte er diese sinnlichen Lippen, und küsste sie heiß. Yami erschauerte vor Verlangen und erwiderte den glühenden Kuss mit aller Inbrunst. Ihre Zungen spielten genüsslich miteinander und kämpften um die Dominanz, die der Meisterduellant für sich eroberte. Keuchend lösten sie sich voneinander und sahen sich in die Augen, überwältigt von ihren Gefühlen. Der Bunthaarige lächelte leicht, als ein grausiger Schmerz seinen Körper durchzuckte und er aufschrie. Das Gift tat seine Wirkung und bereitete ihm unerträgliche Qualen. Bakura umklammerte seine Hand, die langsam kalt zu werden begann und wusste in seiner Verzweiflung nicht, was er unternehmen sollte. Apophis hinter ihm lachte noch immer, als wäre er der Zuschauer einer köstlichen Komödie und seine spöttischen Worte bewiesen es: „Wie rührend! Das tragische Liebespaar, in der tausendsten Wiederholung! Aber nein, ich bin überrascht, wirklich. Da habe ich mir damals schon die Mühe gemacht, eure Existenzen zu zerstören und euren Hass zu schüren, und dann verliebt ihr euch in der Gegenwart trotzdem ineinander! Und dass, obwohl ich mich so angestrengt habe! Ihr Menschen seid wahrhaftig eine merkwürdige Rasse. So verletzlich, so angreifbar wegen eurer dummen Gefühle!" Er schickte ein gehässiges Zischen hinterher. „Halt den Mund!" fuhr der Pharao ihn an und eine neue Welle des Schmerzes durchrann ihn. Er stöhnte auf und presste die Hand, die ihn hielt, hart zusammen, doch der Bandit kümmerte sich nicht darum. „Dein Problem ist, dass du die menschlichen Gefühle nicht verstehst! Deshalb kannst du auch nicht begreifen, warum Aton und ich einander zu lieben gelernt haben! Ja, wir haben uns gehasst, aber der Unterschied zwischen Hass und Liebe ist oftmals nicht mehr als ein schmaler Grat! Ich werde nicht aufgeben! Ich werde...." Er erhob sich mühsam, allein diese simple Anstrengung trieb ihm den Schweiß auf der Stirn. Er schwankte und stützte sich krampfhaft an dem steinernen Sockel ab. Er näherte sich dem Sonnenschwert, das nach wie vor in der Ecke lag, in die der Schlangendämon es geworfen hatte. Seine Schritte waren schwerfällig und fast wie im Zeitlupentempo, aber er ging verbissen weiter. Wenn er sich bewegte, verteilte sich das Gift noch schneller in seinem Kreislauf, das wusste er, aber er konnte und wollte jetzt nicht zurück. Er würde dieses Monster vernichten, das hatte er sich selbst geschworen! Er würde sich nicht von ihm in die Knie zwingen lassen! Der Grabräuber beobachtete ihn ungläubig und bewundernd, beeindruckt von der mentalen Stärke, die sein geliebter Feind zur Schau stellte. Dennoch....es war zu riskant. Er überholte den anderen, schnappte sich das Schwert und reichte es dem Monarchen in kniender Haltung und schien überhaupt völlig gleichgültig gegen seine eigene Verletzung zu sein. „Aton...." „Einst wäre ich so vor dir gekniet, um das Mondschwert anzunehmen und dir meine Treue zu schwören. Apophis hat verhindert, dass es soweit kam. So knie ich nun vor dir, um dir die Waffe des Königs zu überreichen, die dir allein zusteht....mein Pharao." Atemus zitternde Finger streckten sich nach dem Griff aus und er schwang die herrliche Klinge geschickt hin und her. Zuversicht durchströmte ihn. Er wandte sich zu ihrem abstoßenden Gegner um, dem plötzlich sein hämisches Gelächter in der Kehle steckengeblieben war. Er fauchte ungehalten und ließ dabei seine gespaltene Zunge sehen. „In Eurem Zustand solltet Ihr längst ohnmächtig sein, Sohn des Ra! Ihr seid zäher, als ich dachte - die reinste Pferdenatur! Aber Ihr zögert nur Euer Ende hinaus, nichts weiter! Mein Gift pulsiert durch Eure Adern und wird Euch umbringen! Die Göttliche Verschmelzung dauert nicht mehr lange und ohne das Mondschwert ist Euer Tod besiegelt! Ich werde Euch für meine Verbannung büßen lassen!" Er stürzte sich auf Yami und dieser wich dem Hieb aus, doch geschwächt durch seine Vergiftung, versagten ihm die Beine und er sackte zusammen. Er benutzte das Schwert, um sich aufzurichten und funkelte das abscheulich grinsende, riesenhafte Reptil zornig an. In seiner Verfassung war er nicht fähig, einen Kampf zu bestreiten, aber er musste es versuchen. Er startete eine Attacke, wurde allerdings von dem mächtigen Schwanz erwischt und durch die Luft geschleudert. Er prallte mit einer Säule zusammen und fiel zu Boden. Der Weißhaarige war sofort bei ihm und bettete seinen Kopf auf seinem Schoß. „Du verbohrter, sturer, großartiger Idiot....! In deinem Zustand kannst du doch nicht....oh Ra, du bist....du bist unglaublich! Lass mich das jetzt übernehmen!" „Das....geht nicht...." würgte der ehemalige Herrscher hervor. „Das Sonnenschwert....gibt seine Macht....nur an Ras Erben weiter....du kannst es....nicht einsetzen....ah....aaaahhh!" Ein neuer Schwall von Schmerz durchzuckte ihn und seine Lippen wurden leicht bläulich. „Mir....mir ist so kalt...." „Du musst durchhalten! Wenn das Schicksal uns zusammenbringen konnte, kann es nicht zulassen, dass Apophis die Menschheit knechtet und deinen göttlichen Vater vernichtet! Ich weiß noch nicht, wie, aber wir werden es schaffen!" „Dein Optimismus ist fehl am Platz, Beschützer des Pharaos! Ihr werdet alle beide dran glauben müssen! Es ist mir bestimmt, meinen Erzfeind zu töten und die Macht zu erhalten, die schon vor Ewigkeiten mein hätte sein sollen! Aber allmählich verliere ich die Geduld! Ihr stemmt Euch mit aller Kraft gegen das Gift in Euch, also werde ich Euer Ende etwas beschleunigen!" Die gigantische Schlange raste auf das Paar zu und klappte ihren furchteinflößenden Rachen weit auf, um zuzubeißen. Bakura griff nach der goldüberzogenen Klinge und parierte die Attacke, indem er dem Dämon einen tiefen Schnitt in die untere Körperseite verpasste. „Ich kann vielleicht nicht seine Magie gebrauchen, aber ich kann es als Waffe benutzen! Mach dich auf was gefasst, du wandelnder Alptraum!" Apophis grinste hämisch, wirbelte herum, packte ihn mit seinem Schwanz und warf ihn achtlos und brutal über den Sockel hinweg gegen die Wand, als wäre der Dieb ein Gegenstand. Er landete unsanft auf den Bodenplatten und rieb sich seine geschundenen Glieder. Er musste sich den Kopf gestoßen haben, denn er spürte, wie warmes Blut an seiner Schläfe entlanglief. Seine Augen flirrten zu dem Monster und er sah entsetzt, wie dieses ein zweites Mal seine Zähne in die königliche Haut versenkte. „Atemu!!!" Das Gelächter der Kobra hallte in seinen Ohren wider und er rannte angstvoll zu dem regungslosen Meisterduellanten hinüber. Er schüttelte ihn heftig und rief: „He, Pharao!! Wach auf!! Du kannst jetzt nicht schlappmachen, hört du?!" Die schönen Amethyste öffneten sich angestrengt und Yami lächelte ihn an. „Ich friere, Aton. Es ist....so schrecklich kalt....Du bist warm...." Er schmiegte sich an den Grabräuber und dieser strich ihm sanft durch das wilde Haar. „Was immer auch geschieht, Liebster....versprich mir, dass du am Leben bleibst, hast du verstanden? Sonst....war mein Opfer völlig nutzlos...." „Was redest du da?! Ich erlaube dir nicht, einfach wegzusterben!! Kämpfe dagegen an, verdammt nochmal!! Du hast noch nie aufgegeben!! Nicht einmal, als ich vor fünftausend Jahren versucht habe, dir dein Leben zur Hölle zu machen!! Du bist zu stolz, zu willensstark, um so etwas hinzunehmen!! Du kannst nicht aufgeben - nicht jetzt, nicht hier!!" „Er hat eine weitere Ladung Gift in mich gepumpt....mein Körper ist eisig.... ich werde es nicht schaffen....Versprich mir, dass du überleben wirst!" „Ich....ich verspreche es...." „Ich glaube dir. Unkraut wie du....vergeht nicht...." Bakura erwiderte das traurige Lächeln, als sich der Leib in seinen Armen ein letztes Mal aufbäumte wie unter unbeschreiblicher Qual. Sein Kopf fiel seitwärts und seine Muskeln erschlafften. Sein Atem versiegte endgültig. Er war tot. „Nein....NEIN!!! Das ist unmöglich!! DAS IST UNMÖGLICH!!! Das kannst du mir nicht antun, du verfluchter Mistkerl!!! Komm zurück!!! KOMM ZURÜCK!!! Das kannst du nicht machen, du mieser Egoist!!! Wie kannst du es wagen, einfach abzuhauen und mich alleine zu lassen?!?! Du verdammtes Arschloch....!!!" Die Stimme brach ihm. In seinem Herzen explodierte ein Schmerz, der ihn von innen heraus aushöhlte, geradezu auffraß. Soweit er sich zurückerinnern konnte, hatte er nur einmal so etwas Grausames, Unbarmherziges empfunden....als er seine Mutter verlor, als sein Heimatdorf zerstört wurde. Aber das hier war noch schlimmer. Es war, als risse man ihm einen Teil seiner selbst aus der Brust, gleichgültig gegen die blutende, nicht mehr heilbare Wunde, die das hinterlassen würde. Er musste daran denken, mit welchen Vorbehalten, mit welcher Abneigung er diese Mission angenommen hatte, wie ärgerlich er darüber war, dass man ihn dazu zwang, ausgerechnet mit dem Pharao zusammenzuarbeiten. Er musste daran denken, wie sie sich nach und nach einander angenähert hatten, erst zögernd und unfreiwillig, bis sie lernten, sich gegenseitig zu vertrauen. Wie das Begehren zwischen ihnen erwachte und ihr Respekt voreinander. Er musste daran denken, wie sie sich das erste Mal leidenschaftlich geküsst hatten, der mächtigen Anziehungskraft erliegend, die zwischen ihnen bestand. Er musste daran denken, wie sehr er ihn gehasst hatte....und erkannte verblüfft, dass da von Anfang mehr gewesen sein musste als nur purer Hass. Und nun? Nun, wo er endlich begriffen hatte, gestattete man es ihm nicht, mit dem Mann glücklich zu sein, den er liebte? „Es ist vollbracht!! Jetzt werde ich mir die göttliche Energie einverleiben, die in ihm schlummert und Ra ein für allemal besiegen!" Und bei diesen Worten verdrängte etwas anderes seinen Schmerz. Ein so berauschendes, erdrückendes Gefühl von Hass, dass Bakura sicher war, noch nicht einmal den Pharao jemals so gehasst zu haben. Er ließ den Leichnam vorsichtig los, nahm das Sonnenschwert an sich und stand auf. Zusätzlich zückte er sein Messer und starrte mit einem Blick auf den Schlangendämon, dessen Botschaft klar und eindeutig war: „Ich werde dich töten." Beide Waffen schwingend, stürmte er auf das Ungeheuer los und schlug nach ihm wie ein Berserker. Apophis war überrascht, denn er fragte sich, woher der Bandit nur diesen Mut hatte. Sollte er nicht gebrochen sein? Verzweifelt? Wehrlos? Der Krieger der Maat brachte ihm viele vereinzelte Wunden bei und wich den Angriffen der Schlange geschickt und behände aus. Sein markantes Gesicht war verzerrt vor Wut und sein Verstand sehnte sich nur noch nach Rache. „Du verfluchte Kreatur!!" schrie er außer sich. „Du hast ihm und mir alles genommen, was wir geliebt haben!! Du hast uns damals gegeneinander ausgespielt, nur um deinen kranken Ehrgeiz und deine Machtgier zu befriedigen!! Du bist der wahre Auslöser der Schreckensnacht von Kul Elna!! Du hast seine Mutter und meinen Vater getötet und hast mein geliebtes Ägypten mit deinem Terror überzogen!! Und du hast mich zu deinem Werkzeug gemacht!! Du ließest mich von Zork besetzen und hast dafür gesorgt, dass ich meine Heimat beinahe in den Untergang stürzte!! Atemu hat dich vertrieben und deinen Diener Zork vernichtet!! Und jetzt....jetzt hast du ihn auch noch umgebracht!! Wie konntest du, du verdammtes Monster?! Was hast du ihm angetan, diesem arroganten, unbezähmbaren, herrlichen Halunken, diesem halsstarrigen, wunderbaren Schurken!?! Ich bin nicht jemand, der brav vor anderen die Kniebeuge macht oder Ehrerbietung heuchelt - aber vor ihm würde ich mich verneigen!! Er ist der einzige Mann, den ich je als meinen Herrscher hätte akzeptieren können, der einzige....der einzige, den ich je werde lieben können!! Und du....du hast ihn....getötet....!!" Er wischte sich den Schweiß von der Stirn und seine Finger krampften sich um die Griffe seiner Waffen. Er sah zu dem toten Körper hinüber. Der Pharao lag da, als würde er schlafen, sein edles Antlitz wirkte friedlich und ruhig. Es war bleich, aber nichtsdestotrotz immer noch von einer rätselhaften Schönheit übergossen. „Sei kein Dummkopf, Grabräuber! Du kannst nicht gewinnen! Das ist dein Ende!!!" Er wickelte seinen dicken Schlangenleib um den überrumpelten Dieb und begann ihn zu würgen. Bakura roch seinen stinkenden Atem und ihm wurde übel. Seine Arme waren gegen seine Seiten gepresst und er konnte sich nicht mehr bewegen; es war, als befände er sich in einem Schraubstock. „Sei verflucht für alle Ewigkeit, Apophis!" Er spie den Satz förmlich aus. „Ich werde nicht aufhören, zu kämpfen! Ich werde erst ruhen, wenn ich seinen Tod gerächt habe! Du wirst es büßen, hast du kapiert?! Wie konntest du ihn....wie konntest du....!!" Die Windungen der Kobra schlossen sich enger um seinen Hals und machten es ihm unmöglich, weiterzusprechen. Er wand sich hin und her, wütend und unglücklich, doch es war nutzlos. Wenn er auch noch starb, war es vorbei! Er durfte nicht zulassen, dass diese Bestie sich Atemus Macht holte! Atemu....der Name wehte durch seine Gedanken wie eine zärtliche Brise. Ein schmerzhaftes Brennen in seinen Augen lenkte ihn einen Moment ab. Was war los mit ihm? Ein seltsamer, dumpfer Laut brach aus seiner Kehle hervor. War das....ein Schluchzen? „Oh, wie betrüblich - deine Augen sind feucht! Man soll es doch nicht glauben, der große, unerbittliche König der Diebe fängt an zu heulen! Und dass nur, weil du diesen armseligen Wicht von einem Pharao verloren hast!? Mach dich nicht lächerlich!" Der Spott war grausam und schnitt ihm ins Herz. Aber Tränen? Konnte das wahr sein? Hatte er nicht vor langer Zeit verlernt, zu weinen, Trauer zu zeigen? Er spürte, wie eine einzelne Träne seine Wange hinab rann und auf seine Brust tropfte. Plötzlich schrie er auf, als hätte er sich versengt. Die Träne glühte auf seiner Haut, als wäre sie entsetzlich heiß. Apophis war nicht immun gegen diese Hitze und fuhr zurück, zischende Laute ausstoßend. Der Weißhaarige befreite sich aus dem Würgegriff, wobei ihm das Sonnenschwert und das Messer entglitten, denn man hatte seinen Händen die Blutzufuhr abgeschnitten. Mit einem unangenehmen Prickeln kehrte das Blut in seine Adern zurück und er schob verwirrt sein Hemd nach oben. Dort, wo sich sein Herz befand und wo auch die Träne gelandet war, zogen sich fein ziselierte schwarze Linien über seinen Körper, bis hinauf zur Schulter. Er erkannte religiöse Symbole darin, unter anderem das Horus-Auge und das Ankh-Zeichen. Das Brennen ließ langsam nach und auf einmal begannen die Linien silbern zu leuchten. Es war ein reines, heiliges Licht, das der Dämon nicht ertragen konnte. Er schloss sein eines unversehrtes Auge und jammerte. Bakura wusste kaum, wie ihm geschah. Das helle Strahlen wirbelte um ihn herum und manifestierte sich vor ihm schließlich in Gestalt einer Frau, die ein Priestergewand trug. Sie besass rückenlanges silberweißes Haar und tiefgrüne Augen, ein sanftes Lächeln umspielte ihre Lippen. Er wich in abergläubischer Scheu zurück. „Mu....Mutter....?" Meret, die Hohepriesterin der Maat, nickte und sagte hoheitsvoll: **Mein Sohn....was du hier siehst, ist eine Seelenbotschaft. Als ich dich vor Apophis‘ Zugriff verstecken musste, beschloss ich, das Mondschwert mit mir zu nehmen. Es durfte nicht in die Hände unseres Feindes fallen! Deshalb versiegelte ich die Klinge mittels eines Zaubers in deinem Körper. Gemäß der göttlichen Beschwörung sollte das Siegel durch eine Perle des Mondes gebrochen werden.** „Eine....Perle des Mondes, um das Mondschwert zu befreien? Die Perlen des Mondes....das sind Tränen, nicht wahr? Das Schwert ist also....in mir?" Sie trat zu ihm und tauchte ihre Hand in seine Brust wie durch eine Wasseroberfläche. Die Linien des Siegels leuchteten noch stärker und Meret zog ein herrliches Schwert hervor, aus bestem Stahl gearbeitet, versilbert, in der Mitte des Griffes prangte eine glitzernde Mondsichel. Die Hieroglyphen am Schaft bedeuteten „Die Waffe des Wächters". Das Licht erlosch und die kunstvolle Zeichnung auf der Haut des Banditen verblasste nach und nach. Sie reichte ihm das Schwert und küsste zärtlich seine Stirn; eine Berührung, die ihm durch Mark und Bein ging. **Nun lebe wohl, mein Sohn....ich bin sehr dankbar, dass ich dich noch einmal sehen durfte, bevor meine Seele diese Welt für immer verlässt.** „Du warst also bei mir....die ganze Zeit....du hast mich niemals alleingelassen...." **Ich musste doch auf dich aufpassen - solange, bis du denjenigen gefunden hast, den du liebst. Bevor ich gehe, werde ich noch etwas für dich tun.** Zwischen ihren Händen materialisierte sich ein eigenartiges Buch mit allerlei Schnörkeln und Schriftzeichen. **Das hier ist das Schwarze Buch der Toten. Nur Priester können es sich zunutze machen.** Sie versenkte sich in Trance, wobei ihre Augen leer und weiß wurden, und murmelte eine alte ägyptische Zauberformel. Aus dem Buch quoll schwarzer Nebel hervor, der sich zu einer geisterhaften Erscheinung verdichtete. Der Grabräuber konnte Yamis Silhouette darin erkennen und schluckte. Das seltsame Wesen flog zu dem leblosen Körper hinüber und vereinte sich mit diesem. Einen atemlosen, elektrisierenden Moment lang geschah gar nichts....bis ein Zucken durch den ehemaligen Herrscher lief und sein Brustkorb sich hob, um Luft in seine Lungen zu füllen. Er schlug die Augen auf. „Aton....?" „Atemu!!!" Er umarmte ihn leidenschaftlich, als wolle er ihn nie wieder loslassen. Der Pharao erwiderte die Umschlingung und flüsterte: „Was ist passiert? Bin ich nicht....gestorben? Oder habe ich bloß schlecht geträumt? Was ist mit dir, Liebster? Du weinst ja. Warum?" Behutsam streichelte er über dieses abgespannte, vormals so verzweifelte Gesicht, das von Tränen benetzt war. Diese Tränen sagten mehr als tausend Worte und bedurften keinerlei Antwort. Sie war in diesem Blick zu lesen, deutlicher als irgendetwas sonst. Der Aristokrat stand auf und wandte sich an Meret. „Ich erkenne Euch....Ihr seid die beste Freundin meiner Mutter, die Hohepriesterin." **Das ist richtig, mein Pharao. Ihr seht ihr sehr ähnlich. Ich bin froh, dass Ihr Euch trotz aller Widernisse Euer tapferes und ehrliches Herz bewahrt habt. Ich muss Euch nun verlassen. Lebt wohl, ihr beide....und werdet....glücklich.** Damit verschwand ihre Erscheinung und Bakura zerdrückte eine letzte Träne. Er hob das Sonnenschwert vom Boden auf und gab es dem Bunthaarigen. Das Mondschwert lag sicher in seiner eigenen Hand, als hätte es nur auf ihn gewartet. Als die zwei Klingen sich berührten, reagierten sie auf die jeweils andere Waffe und die Schneiden erglühten in Gold und Silber. Apophis, der nicht daran glauben wollte, dass sich sein Triumph ins Gegenteil zu verkehren begann, attackierte seine Feinde in blinder Wut. Als erstes hieb er nach dem wiedererweckten Monarchen, dessen Seele Meret aus der Unterwelt zurückgeholt hatte, kam aber nicht weit, da der Dieb ihn verletzte - er traf sein linkes Auge, das bereits von einer Narbe entstellt war. Der Schlangendämon heulte auf und schickte sich an, erneut mit seinem grässlichen Gebiss herniederzustürzen, hatte aber keinen Erfolg. Das Licht, das die Schwertklingen umhüllte, wurde greller und das Paar reichte einander die Hände, um den Energiefluss zu schließen. Zwischen den erhobenen Schwertern bildete sich eine Wand aus silbernem Nebel, auf der lichtdurchwirkte goldene Hieroglyphen erschienen. Atemu und Aton tauschten einen Blick, dann lasen sie die magische Inschrift: „Schwert der Sonne...." „Und Schwert des Mondes...." „....schickt Verderben!! Lasst den Sohn des Ra siegen, den Verfemten lasst sterben!!!" Gleichzeitig schleuderten sie die Klingen auf ihren Widersacher, der sich während der Vorbereitung seiner Attacke aufgebäumt hatte, und die Schwerter drangen tief ein in seine Echsenhaut. Apophis brüllte, als die heilige Kraft von Sonnen- und Mondschwert ihn von innen heraus verbrannte, sein gesamtes Selbst schien Feuer gefangen zu haben. Unter fürchterlichem Röcheln sank er nieder und zerfiel zu Asche. Einzig die beiden Waffen blieben übrig - und viele Kilometer vom Tal des Unendlichen Himmels entfernt, zersprang in Domino City die Kobrastatue in der Museumsvitrine und verwandelte sich in Staub. Der Meisterduellant betrachtete das Häuflein Asche, als könne er es noch gar nicht fassen. Er schnallte sich seine Klinge um und Bakura tat dasselbe. „Was ist mit dem Messer? Ich will es nicht hier lassen, es ist meins." „Im Grunde genommen ist es meins, die Tuaregs haben es mir geschenkt, nicht dir. Ich habe getanzt, nicht du!" „Jetzt sei nicht so geizig, du hast doch noch einen ganzen Beutel voll Geschenke!" „Ich bin nicht geizig, sondern sparsam. Außerdem ist es eine Tatsache, dass dir das Messer nicht gehört! Das ist Diebstahl!" Der Grabräuber streckte ihm die Zunge heraus und schob das Messer in den Schwertgürtel. „He, du redest hier mit einem Dieb! Was erwartest du von mir?! Die Bekehrung des reuigen Sünders?! Nein danke, ich verzichte auf die Absolution! Was mein ist, ist mein, und was dein ist, ist auch mein, alte Gaunerweisheit!" Yami antwortete nicht, weil sie gerade den Rückweg über die unsichtbare Brücke antraten, die freundlicherweise nicht mehr unsichtbar war, als der König seinen Fuß darauf setzte. Auch die anderen beiden Stationen überwanden sie ohne Schwierigkeiten. Als sie die Pyramide verließen, trennten sich Sonne und Mond gerade voneinander und es wurde wieder hell - zumindest so hell, wie es bei nahendem Abendrot sein konnte. Sie verfolgten gebannt, wie der Horizont sich in ein wunderbares Gewand aus Gold-, Rot- und Orangetönen kleidete und der Weißhaarige meinte: „Weißt du was? Allmählich verstehe ich, warum dir das so gut gefällt!" „Rück das Messer raus!" „Hä!?! Das ist doch nicht der Moment, um auf deinen Besitzrechten zu bestehen!" „Ach nein, ist es nicht? Was mein ist, ist mein, und was dein ist, ist auch mein, alte Pharaonenweisheit! Bin ich nicht der Herrscher Ägyptens und Eigentümer all seiner Schätze?" „Wer hat dir erlaubt, meine Gaunerweisheit zu missbrauchen, um deinen Standpunkt zu untermauern?!" „Niemand. Ich bin König, ich brauche keine Erlaubnis für irgendetwas. Ich vergebe höchstens eine Erlaubnis. Dir zum Beispiel erlaube ich, mir das Messer zurückzugeben, dass dir ohnehin nicht gehört!" „Nur über meine Leiche, du hochnäsiger Bürstenkopf!!" „Das kannst du haben, Wischmopp!!" Sie sahen sich an, Amethyst tauchte in Dunkelbraun und Dunkelbraun in Amethyst. Plötzlich schlang Bakura seine Arme um diese anmutige Taille und zog den Pharao an sich. Seine rechte Hand wanderte in seinen Nacken und brachte ihre Gesichter ganz nah zusammen. „Ich glaube, ich werde dich zum Schweigen bringen müssen, du aufmüpfiger Kerl - indem ich dich um deinen nervtötenden, süßen kleinen Verstand küsse!" Und er küsste ihn, gierig, sehnsüchtig, animierte ihn zu einem leidenschaftlichen Kampf, dem sich Yami nur zu gerne anschloss. Ihre Lippen glichen Puzzleteilen, so hervorragend ergänzten sie einander; sie schmeckten, erforschten, liebkosten sich, heiß und fordernd. ~~ Ehem....~~ Sie beachteten das Räuspern nicht, sie waren viel zu beschäftigt. Aber Götter mögen es nicht, wenn man sie ignoriert, besonders weibliche nicht. ~~ HE, IHR BEIDEN!!!! ~~ Sie fuhren auseinander und starrten die schöne Gestalt von Maat an, der Göttin der Wahrheit und Gerechtigkeit. ~~ Im Namen meines Vaters möchte ich euch von Herzen dafür danken, dass ihr Apophis vernichtet habt. Die Göttliche Verschmelzung ist vorüber und Ra ist nach der Zeremonie noch zu geschwächt, um erneut zur Erde herabzusteigen. Daher überbringe ich euch seinen Dank. Ihr habt uns von einem schrecklichen Dämon befreit und eure Mission erfüllt. Und ihr habt eure Liebe entdeckt. Ich freue mich für euch. ~~ „Okay, danke, danke, keine große Sache. Aber jetzt mal im Ernst: Springt sonst nichts für uns dabei raus, oder wie ist das? Ich meine, haben wir diese ganze beschissene Heldennummer nur abgezogen, um die Menschheit zu retten, und dass ohne Verdienst?" „Aton!!!" „Schau mich nicht so vorwurfsvoll an, verflixt! Ich finde die Frage berechtigt!" ~~ Verdienst? Aber ihr habt doch viele neue Erfahrungen gesammelt, ihr habt einander gefunden! Ist das nicht Lohn genug? ~~ „Tse, typische Götterantwort! Von meinen Erfahrungen kann ich mir nichts kaufen!" „Oh, ich werde heute Nacht schon eine Möglichkeit finden, dich zu belohnen!" erklärte der Pharao in einem sinnlichen Unterton, biss dezent in seine Halsbeuge und drückte sein Knie sanft gegen Bakuras Schritt, was diesem ein Keuchen entlockte. „Ah, hm....na, wenn das so ist...." Maat lächelte. ~~ Hier ist noch eine neue Karaffe mit Heiltrank, die eure ist fast leer. Trinkt und ihr werdet geheilt. ~~ Sie gehorchten. Danach fuhr sie fort: ~~ Ich schicke euch nun zurück in eure Stadt. Betretet den magischen Kreis und haltet euch an den Händen. ~~ Sie nahm die Straußenfeder von ihrem Kopfschmuck und beschrieb einen Kreis am Boden. Das Paar platzierte sich gehorsam in dessen Mitte und verschwand wenige Sekunden später in einem Lichtblitz. Bald standen sie wieder in Yugis Schlafzimmer, von wo aus sie zu ihrer abenteuerlichen Reise aufgebrochen waren. Auf dem Nachtkästchen lag unberührt und vergessen das Millenniumspuzzle, daneben waren das halbleere Glas Milch und der Teller mit den Kekskrümeln. „Es hat sich nichts verändert. Natürlich, Maat hat die Zeit angehalten, während wir fort waren. Ich kann immer noch nicht ganz fassen, dass es vorbei ist, dass Apophis uns nie wieder etwas antun kann. Wir haben es wirklich geschafft, Aton, ist dir das klar? Wir haben es geschafft!" Er lachte vergnügt und drehte sich zu dem Grabräuber um, hielt aber betroffen inne, als er dessen Blick bemerkte. Es war ein inniger, begehrender Blick....und bevor er sich versah, hatte sich Bakura auf ihn geworfen und sie plumpsten ins Bett. Ihre Lippen vereinten sich in einem neuen hungrigen Kuss und ihre Hände hatten es eilig, sich durch die Kleiderschichten auf die nackte Haut vorzuarbeiten. Die Hemden landeten ohne viel Federlesen in einer Ecke des Zimmers, dicht gefolgt von den Waffengürteln, und die beiden Männer erkundeten sich gegenseitig mit Mund und Zunge. Der Dieb stöhnte kehlig, als der Pharao an einer seiner Brustwarzen saugte und die andere langsam massierte. „Hmmm....oh Ra, wie sehr habe ich darauf gewartet....!" „Bist du bereit, dich von mir lieben zu lassen, mein stolzer Feind? Willst du mich?" „Ja, verdammt nochmal, ich will dich! Frag nicht so blöd! Zieh endlich diese lästige Hose aus!" „Keine Geduld, wie gewöhnlich! Was ist, wenn Yugi hereinkommt?" „Atemu, das ist der falsche Zeitpunkt für Skrupel!" Er küsste ihn wild und rieb seinen Unterleib verlangend gegen den des Meisterduellanten. „Zum Teufel mit dem Gartenzwerg!" „Auf....den Gartenzwerg....komme ich später zurück....ah!....aber jetzt werde ich erst einmal dafür sorgen, dass du in meinen Armen zu Wachs wirst, Mistkerl! Ich werde dich rasend machen vor Begierde....dich verwöhnen....dich an mich pressen, bis du meinen Namen rufst, gefangen im Feuer der Ekstase...." „....dann tu‘s doch endlich....!!" befahl Bakura energisch und zog ihn zu sich hinunter. Sie waren so vertieft in ihr erotisches Spiel, dass sie nicht bemerkten, wie sich Maat außerhalb des Zimmerfensters materialisierte. In ihren Händen trug sie eine Schatulle, deren Inhalt in einer messbar wertvollen Danksagung bestand, die Ra ihr gegeben hatte, nachdem seine Tochter ihm die Beschwerde ihres Kriegers mitgeteilt hatte. Sie linste in den Raum und wurde rot. ~~ Oha....ich glaube, ich komme später wieder....~~ Epilog: Zwei Ringe, ein Versprechen ----------------------------------- Epilog: Zwei Ringe, ein Versprechen Yugi verabschiedete den letzten Kunden und schloss die Tür zum Game Shop ab, während sein Großvater die Einnahmen des Tages zählte. Es war ein paar Stunden her, seit er Yami in seinem Zimmer alleingelassen hatte und fragte sich, wie es seinem Freund wohl ergangen sein mochte. Ob er noch schlief? „Brauchst du mich noch, Opa?" „Wie? Oh, nein, nein, mein Junge. Du kannst ruhig Schluss machen, um die Kasse und den Laden kümmere ich mich. Und danach muss ich noch die Liste mit den Bestellungen überprüfen. Geh nur." „Prima, danke!" Der kleinwüchsige Sechzehnjährige stob die Treppe zur Wohnung hinauf und von dort direkt in sein Zimmer unter der Dachschräge. Er klopfte, und als sich nichts rührte, dachte er selbstverständlich, sein Alter Ego würde nach wie vor süß träumen. Er öffnete also die Tür und trat ein. Es war schon dunkel und so knipste er das Licht an. Irgendwas war anders. Yugi betrachtete verwirrt die auf dem Boden verstreuten Kleidungsstücke, stolperte fast über das Sonnenschwert, beglotzte das Mondschwert und wusste nicht recht, was er davon halten sollte. Diese Jeans und dieses geringelte T-Shirt kamen ihm merkwürdig bekannt vor....sein Blick glitt zu dem Bett hinüber und seine Augen wurden immer größer (sofern möglich). In den dunkelblauen Laken mit dem Sternenmotiv lagen Yami und Bakura eng aneinander gekuschelt, offensichtlich nackt, wie das Klamottenchaos verriet, und der Kopf des Banditen ruhte auf der makellosen Brust des Königs. Okay. Hier stimmte was nicht, eindeutig! Er rieb sich die Augen, blinzelte und sah ein zweites Mal hin. Nein, sie waren noch da. Yugi atmete tief ein....und schrie aus Leibeskräften, als wäre ihm Satan persönlich über den Weg gelaufen. Den Göttern sei Dank waren die Türen und Wände dick, sonst hätte sein Großvater Mord und Totschlag vermutet. Das Paar schreckte auf und der Bunthaarige war nur halb beruhigt, als er begriffen hatte, dass sein Hikari die Quelle des Lärms war. „Yugi, sei still!! Uns platzt noch das Trommelfell!!" Der Kleine verstummte abrupt und funkelte seine beiden Gegenüber misstrauisch an. „Was ist hier los?! Ich verlange eine Erklärung!!" „Wonach sieht‘s aus, Kurzer? Dein hochgeschätzter Pharao und ich hatten ein Schäferstündchen, wenn du verstehst." „Ein....ein Schäferstündchen?!?! Yami, was soll das heißen?!?!" „Soll ich jetzt mit den Bienchen und Blümchen anfangen?" „Nein!! Wie kommst du dazu, dich von diesem....diesem....also ich meine, wie kommst du dazu, dich von Bakura - BAKURA, man denke! - flachlegen zu lassen?!?!" „ICH habe IHN flachgelegt, damit das mal klar ist!" „Musst du das unbedingt ausplaudern!? Das ist demütigend, so geil du auch warst!" „Wer bist du, und was hast du mit Bakura gemacht? Und wer bist du und was hast du mit Yami gemacht???" „Wir sind wir, Yugi." „Das kann nicht sein!! Ihr hasst euch wie die Pest!! Ihr habt euch zu verachten, kapiert?! Gut, ganz ruhig. Das ist alles nur eine Halluzination. Ich gehe jetzt einfach raus und komme nach fünf Minuten wieder rein, und dann...." Er tat genau das, was er angekündigt hatte, war aber mit dem Ergebnis nicht sonderlich zufrieden. „Du bist ja noch da!" sagte er vorwurfsvoll zu dem Weißhaarigen, der genervt die Augen verdrehte. „Schön, in Ordnung. Gibt es eine vernünftige, halbwegs logische Erklärung dafür?" „Die gibt es, Hikari, aber sie ist ziemlich lang." „Macht nichts. Ich habe Zeit." „Kannst du mit Ryo telefonieren? Es wird ihn bestimmt auch interessieren." „Das kann ich machen. Äh....du bist sicher, dass ich dich mit diesen Irren allein lassen kann?" „Yugi....!!" „Is‘ ja gut, ich geh ja schon....!" So geschah es, dass Ryo, der ehemalige Wirt des Grabräubers, zu einem abendlichen Besuch bei den Mutos vorbeischaute und wieder einmal mit seiner dunklen Seite zusammentraf. Er war mehr überrascht als schockiert und lauschte der gesamten Erzählung um den Schlangendämon und die alternative Vergangenheit mit größter Aufmerksamkeit. Sein Klassenkamerad hockte Schokolade knabbernd neben ihm und lauschte ebenfalls. Als Atemu gerade das letzte Gefecht zwischen ihnen und Apophis schilderte, erstrahlte ein goldenes Licht im Raum und Maat erschien vor ihnen. Die Schüler verneigten sich vorsichtshalber, um sie nicht zu verärgern. ~~ Sohn des Ra, mein Bruder auf Erden, und du, mein treuer Krieger - ich wurde noch einmal zu euch geschickt, um euch diese Schatulle zu überreichen. Sie enthält eine Belohnung von materiellem Wert, die Ra euch darzubringen wünscht. ~~ Sie klappte das Kästchen aus purem Gold, das mit kostbaren Edelsteinen verziert war, auf und zeigte ihnen ihre Belohnung: auf purpurfarbenem Samt glänzten ihnen zwei goldene Ringe entgegen, geschmückt mit zwei prächtigen Juwelen, eines rot und geformt wie eine Sonne mit Strahlen, das andere hellblau und geformt wie eine Mondsichel. In die Innenseiten waren Hieroglyphen eingraviert. Der einstige Regent Ägyptens nahm den Ring mit der Sonne an sich und las: „Verbunden für die Ewigkeit." Er blickte zu seinem Geliebten hinüber, der plötzlich einen Kloß in seiner Kehle spürte. Yami ergriff auch den zweiten Ring und schob ihn behutsam über Bakuras rechten Ringfinger. Der Dieb sprach kein Wort, er würdigte diese Geste in ernstem Schweigen. Das Herz schwoll ihm in der Brust, fast überladen mit einem Gefühl, das ihm fremd und zugleich vertraut war. Er erinnerte sich an jene Stunden ihrer körperlichen Vereinigung, und erschauerte bei dem Gedanken an diese Augenblicke der Leidenschaft, der Hingabe, als er sich zum ersten Mal seit fünftausend Jahren hatte fallen lassen, überzeugt, aufgefangen zu werden. Mit jeder Faser seiner selbst hatte er ihren Höhepunkt herbeigesehnt, hatte sich mit nachlassenden Kräften an jenen geklammert, der sich zu seinem Herrscher aufgeworfen hatte und ging unter in rauschhaftem Entzücken, nach Luft ringend, seinen Namen stöhnend, genüsslich, wollüstig....glücklich. Ja. Er war glücklich. Er schnappte sich den Sonnenring aus der Hand des Meisterduellanten und schob ihn auf dessen Ringfinger. „Damit alles seine Richtigkeit hat." grinste er. „Aton...." »Was kann ich dir sagen, du wundervoller Schuft? Ich liebe dich. Mehr fällt mir nicht ein. Du hast dich völlig fallengelassen, hast mir dein bedingungsloses Vertrauen geschenkt. Ist dir klar, was unsere Stunden der Erfüllung für mich bedeuten? Dich so nahe zu wissen, dich zu spüren, von dir liebkost zu werden....es war unbeschreiblich. Ich bereue nichts von dem, was war. Wir werden weiter streiten. Wir werden weiter brav übereinander herziehen und uns mit Gift und Galle bespucken, daran zweifele ich nicht. Wir sind so. Aber es wird auch diese anderen Momente geben - die Momente, in denen wir füreinander kämpfen, füreinander einstehen. Die Momente, in denen wir zärtlich und liebevoll, sinnlich und fordernd sein werden. Die Momente, in denen wir nur uns allein gehören und in denen uns die ganze Welt scheißegal sein wird! Wir sind zwei Hälften eines Ganzen....und werden es bleiben!« Sie legten die beringten Hände aneinander und falteten die Finger. „Verbunden für die Ewigkeit." „Verbunden für die Ewigkeit." Maat seufzte begeistert und fügte hinzu: ~~ Die Schatulle ist auch ein Geschenk. Da mein Vater davon ausgegangen ist, dass ihr die Ringe nicht verkaufen werdet, könnt ihr das Kästchen zu Geld machen, um ihn zu zitieren. Ich hoffe, du bist nun zufrieden, Beschützer des Pharaos! ~~ „Hm, mal überlegen. Das Ding ist echt Gold und die Edelsteine sind garantiert einen Haufen Zaster wert! Doch, wirklich, eine angemessene Belohnung, Euer Vater ist sehr spendabel! Mit einer monatlichen Zahlung Heldengeld auf ein japanisches Konto können wir aber vermutlich nicht rechnen, oder?" ~~ Reiz. Mich. Nicht!! ~~ „Das heißt wohl ‚nein‘?" ~~ ....Ich fürchte, ich werde mich im ägyptischen Pantheon sehr langweilen, wenn ich euch nicht mehr beobachten oder besuchen darf. Aber Götter haben göttlich zu sein, hoch über den Wolken zu leben und sich nicht mehr als unbedingt nötig in die Belange der Menschen einzumischen. Außerdem werdet ihr beide vorläufig genug von Leuten meiner Sorte haben! ~~ „Zugegeben. Atemu dürfte zwar springen, sobald Ihr nach der nächsten Weltenrettermission pfeift, aber macht das bitte nicht so bald, wir müssen uns erholen!" ~~ Wie kommt es, dass ich dir deine Frechheit ständig durchgehen lasse? ~~ „Mein Charme." ~~ Natürlich. Wie konnte ich den vergessen! Leb wohl, mein unverbesserlicher Schüler. Und lebt wohl, mein Bruder auf Erden. Es war eine lehrreiche Zeit für mich, für uns alle. Wer weiß - vielleicht sehen wir uns eines Tages wieder. ~~ Sie löste sich in Tausende schimmernde Lichtfunken auf und verschwand. Yugi und Ryo waren beeindruckt von ihr und Bakuras Hikari meinte: „Sie ist schön und majestätisch, aber trotzdem irgendwie....menschlich. Mir scheint, die Götter sind gar nicht so anders als wir. Allerdings muss ich mich erst noch an den Gedanken gewöhnen, dass ausgerechnet ihr beide jetzt ein Liebespaar seid!" „Da bist du nicht der einzige - frag mich mal. Gar nicht zu reden davon, wie ich das Joey, Tristan, Duke und Tea beibringen soll! Sie werden mich für verrückt erklären!" „He, sie haben auch Joey nicht für verrückt erklärt, als er seine Beziehung mit Kaiba publik gemacht hat! Warum sollten sie es jetzt tun?" „Ryo, zwischen Joey und Kaiba, bei denen es praktisch offensichtlich war - auch wenn die zwei Querköpfe natürlich das Gegenteil behaupten -, und einem Monarch und einem Grabräuber aus dem alten Ägypten, von denen erwiesenermaßen bekannt ist, dass sie sich seit fünftausend Jahren bis aufs Blut hassen, besteht ein Unterschied!!" „Ach Yugi, nun verkompliziere die Angelegenheit nicht unnötig!" „Verkomplizieren?! Ich halte mich an die nüchternen Tatsachen!" „Wir müssen die anderen eben schonend auf die neue Situation vorbereiten." „Schonend? Das kann ja lustig werden...." Während sie über das Thema weiterdiskutierten, stahl sich das Paar aus dem Schlafzimmer hinaus und verließ das Gebäude, um draußen den Sternenhimmel zu betrachten. Es war nicht kühl, und das Funkeln am Firmament war atemberaubend. „Anfangs hätte ich nie gedacht, dass unser Abenteuer so enden würde. Alles, was ich wollte, war, diese unselige Sache rasch zu erledigen, um nie wieder mit dir zusammenarbeiten zu müssen. Aber bei dir verläuft nie etwas nach meiner Planung, Pharao!" „Ich widersetze mich dir eben gern. Und warum auch nicht? Wenn ich meine Krallen nicht an dir schärfen kann, verliere ich womöglich meinen Biss!" „Nein. Du wirst stolz, herrisch, stahlhart bleiben, so, wie du immer gewesen bist. Ich werde dich dafür hassen....und ich werde dich dafür lieben!" Damit drehte er ihn zu sich herum und küsste ihn. ENDE Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)