Das Leben liebt die Unsterblichkeit von abgemeldet (~'*Legolas & Aragorn*'~) ================================================================================ Kapitel 1: *~min~* ------------------ *~*~*~**~*~*~**~*~*~**~*~*~**~*~*~**~*~*~**~*~*~**~*~*~**~*~*~**~*~*~**~*~*~* Erklärung: Ein RPG in ausführlicher Erzählform, in das wir große Mühen stecken und es mit Leidenschaft tagtäglich fortsetzen. Lasst Euch also davon bitte nicht abschrecken. ^____~b Pairing: Legolas x Aragorn Bemerkung hierzu: Nur langsamer und doch fortwährender Aufbau, dem viele Hürden im Weg stehen. Hürden, die sich schwer, manchmal sogar überhaupt nicht überwinden lassen. Erklärung Nr. 2: Wir bedauern sehr, dass uns die Charaktere nicht gehören... sie selbst freuen sich bestimmt darüber, weil sie dadurch vor so einigen Dingen verschont bleiben. Geld verdienen wir hiermit leider auch nicht... schön wär´s ja. Wir tun das nur, damit sich vielleicht einige Gemüter daran erfreuen können. ^_____^ In der Rolle des Aragorn: Moyashi In der Rolle des Legolas: Mononoke_chan Die Geschichte beginnt nachdem die Gefährten aus den Mienen Morias flüchten. Freut euch, gewisse Situationen aus zwei verschiedenen Blickwinkeln betrachten zu können. Und nun wünsche ich viel Spaß. *~*~*~**~*~*~**~*~*~**~*~*~**~*~*~**~*~*~**~*~*~**~*~*~**~*~*~**~*~*~**~*~*~* Aragorn: Selten sah ich solch einen Schicksalsschlag auf jemanden zukommen wie diesen, der uns den Atem nahm und endlos verzweifeln ließ. Als das Licht mein Haupt berührte, schloss ich die Augen und ich stellte mir die Frage, wen die Schuld traf. Der Verlust Gandalfs war schwer... Begann es, als Frodo sich auf dem Pass des Caradhras für die Mienen Morias entschied oder als Pippin das Skelett des Zwergen in den endlosen Brunnen stieß? Der Schmerz in meinem Inneren schnürrte mir die Kehle zu, doch ich wagte es nicht, ihn zu zeigen, zu beweisen, wie schwach ich doch war. Die Brücke von Khazad-Dûm war zerstört und mit ihr unsere Hoffnung, all das heil zu überstehen. Ich sah in die Gesichter der Hobbits, die in sich zusammengesunken waren und Tränen vergossen. Gimli, der in den Armen Boromirs mit sich selbst kämpfte. Doch ich war mir sicher, er wusste genau, wie wir alle auch, dass wir gegen den Tod machtlos waren. Hilflosigkeit in den Augen der Gefährten, nicht zuletzt in denen des Elben. Seine blauen Augen hatten den mutigen Glanz verloren und erweckten den Anschein, nicht mehr zu wissen, wie es nun weitergehen sollte. "Legolas!" Ich atmete tief ein, bewegte mich langsam auf einen der Hobbits zu, während mein Blick weiterhin an dem Blonden haftete. "Hilf ihnen auf!" Wir durften nicht verweilen, nicht zurückblicken, denn das würde nur die Angst schüren. Ein langer Weg stand uns noch bevor und ehe auch ich mich von der Verzweiflung verführen ließ, wollte ich eher noch den Worten Gandalfs folgen. Es lag nun an mir, die Gemeinschaft zu führen und ihr Kraft zu geben. Kraft, die ich selbst erst zu suchen und aufzubringen hatte. Die Angst nagte mindestens genau so gefräßig an mir, wie an jedem der Gefährten. Leid und Tod kannte ich schon sehr lange... sie waren ewige Begleiter und doch war es immer wieder scheußlich, sie willkommen zu heißen. Und wie Zuhause fühlten sich diese ungebetenen Gäste, wie schön musste es sein, den Halblingen den letzten Mut zu rauben. "Steh auf, Samweis Gamdschie." So half ich diesem auf, wider der Bitte Borormir's, ihnen Zeit zu geben zur Trauer. Diese Zeit würde kommen... doch nicht jetzt. "Wenn es dunkel wird, wimmelt es hier von Orks." Lorien war nicht mehr weit... und so blickte ich mich letzen Endes nach dem Ringträger um. Der, welcher zuletzt über unser aller Schicksal bestimmte und ohne Vorwürfe machen zu wollen, hoffte ich, dass wir jeden seiner bestimmten Wege überstehen würden. "Frodo!" Der Genannte wandte sich um, langsam und diese Emotionen nahmen mir für einen Augenblick die Fähigkeit zu atmen. Eine einzelne Träne wanderte still über die Wange des Hobbits und ich war mir einer Sache sehr sicher: Die größte Last trug er, welcher Entscheidungen zu treffen hatte, denen er nicht gewachsen war. Niemals würde ich einen Vorwurf gegen ihn sprechen, nie diese Entscheidungen in Frage stellen. Bis zu den Feuern Mordors würde ich ihm folgen... und ich schwor mir selbst, niemanden mehr sterben zu lassen. ~*~ Legolas: Aragorns Ruf riss mich aus meiner Benommenheit. Aus der Benommenheit, die meine Glieder lähmte, mich fort brachte. Weit weg von diesem Ort, an dem uns dieses Unheil gepackt hatte. Zuerst nur leise drang sie zu mir. Die aufgeregte Stimme... sie zitterte, kämpfte um festen Halt. Ja... Halt... Der fehlte uns allen. Es war, als würden Aragorns Worte gegen eine Mauer prallen, als würden sie mich nur gedämpft erreichen. Ich hörte sie widerhallen, doch stand nur dort, unfähig jeglicher Bewegungen, annähernd des Atems beraubt. Ich starrte auf das helle Gestein, um mich herum begann Stille zu herrschen, keinen Laut nahm ich wahr. Vor meinen Augen begannen schwarze Schleier zu tanzen. Und das Gestein verblasste... "Legolas!" Gellend laut schlug mir der Schrei entgegen und ließ mich in die Höhe fahren. Ich spürte einen Schmerz in meiner Brust, ein Stechen, welches so schnell an Kraft verlor, wie es an ihr gewonnen hatte. Der kühle Wind erfasste mich, ließ mich frösteln. Und mit einem Male vernahm ich das Schluchzen der Hobbits, das gedrungene Ächzen des Zwerges, die Worte, mit denen Boromir ihn zu beruhigen versuchte. Und Aragorn wandte sich ab... eilte zu der kleinen Gestalt, die, mit dem Rücken zu uns gekehrt, auf einem Felsvorsprung stand. Reglos, während kühle Böen sie umspielten. Stockend begann sich mein Körper zu bewegen. Die lähmende Kälte noch immer spürend, wandte ich mich ab, stieg hinauf zu den beiden Hobbits, die laut weinten. Tiefes Entsetzen saß in meinem Herz verankert, klammerte sich regelrecht um mich und ließ nur schwerlich gegen sich ankämpfen. Es betäubte meine Gedanken, ließ mich offen vor den grausamen Tatsachen stehen, ohne dass ich realisieren konnte, was geschehen war, in den Mienen von Moria... Ich hatte die beiden Halblinge gepackt und hinausgezogen. Und Frodo hatte geschrieen... Ich würgte ein schweres Schlucken hinunter, beugte mich hinab und griff Merry unter dem Arm. Entsetzen, Verwirrung... kein klarer Gedanke gelang mir. Nur eines wusste ich. Wir mussten fort. Fort von hier. An einen Ort, der uns mehr Sicherheit bot. Aragorn hatte Recht. Immer weiter, zurückblicken konnten wir später. ~*~ Aragorn: Schnell lief ich zu dem kleinen Mann, dessen Herz so unendlich schwer sein musste. So schwer... selbst nach diesen achtundachtzig Jahren meines Lebens überstieg sie meinen Horizont. Immer schon war ich mir meiner eigenen Last bewusst, die ich als Erbe Isildurs trug... die Schuld, die durch meine Vorfahren die allergrößte Sünde war. Auch sie war eine schwere Bürde, doch nicht mit der, die das Wesen mit dem einen Ring im Besitz, trug. Nun wurde mir ein weiteres Mal klar, wie groß das Herz Elronds sein musste, mich trotz des gewaltigen Fehlers aufgenommen und nach dem Tode meiner Mutter großgezogen zu haben. 'Estel'... so nannte er mich, so wie mir viele einen Namen gaben. Doch der Name 'Estel' bedeutete 'Hoffnung' und ich stellte mir die Frage, wie ich eine Hoffnung darstellen konnte... ich, der wohl ebenso unsicher und durcheinander war, wie die Gemeinschaft selbst, welche langsam zu zerfallen begann. Ich fürchtete mich. "Frodo..." Vorsichtig legte ich die Hände auf den Schultern des Ringträgers ab und hockte mich auf die Knie, um zu ihm aufzusehen... Er sprach kein Wort, blickte nur stumm an mir vorbei und beachtete nicht einmal die Träne, die bereits von seinem Kinn tropfte. Keine Worte konnten Trost spenden, keine Geste würde ihm Mut schenken können. Ich konnte ihn nur sich selbst überlassen, warten und beten, dass er begriff, dass die Schuld an Gandalfs Tod, nicht die seine war. "Wir gehen weiter!" Deutlich rief ich es den anderen zu, erhob mich wieder und strich flüchtig über den Schopf des Hobbits. Noch einmal schloss ich die Augen, holte tief Luft und nahm dann eine gestärkte Haltung ein. Ich musste Gandalfs mentale Stärke übernehmen, musste es bewältigen, meinen alten Freund... zu ersetzen - nur, damit all die, die so schrecklich darunter litten, nicht völlig an seinem Verlust zu Grunde gingen. Von Gandalf erfuhr ich von dem Fund des einen Ringes, von der bevorstehenden Schlacht und ich entschied mich zu dieser Reise. Gandalf stand mir mit Rat und Tat zur Seite; allein durch seine lange Lebenszeit, die selbst die Meine bei weitem übertraf... Für einen kurzen Augenblick ließ ich den Kopf auf die Brust sinken, biss die Zähne aufeinander und ließ den kalten Wind auf mich einwirken, den ich bislang ignoriert hatte. Diese Aufgabe stellte sich doch als unmöglich dar! Wie... wie nur, sollte ich das schaffen...? Mit einem beherzten Seufzer setzte ich mich dann in Bewegung, trat konzentriert über die felsige Landschaft, ungeachtet, ob es mir die Anderen gleich taten. Ich konnte nicht zurückschauen, würde die Trauer nicht länger emotionslos ertragen können. "Die Wälder Lothloriens sind noch mindestens einen Tagesmarsch entfernt. Wir müssen uns sputen!" Und allen voran beschleunigte ich meine Schritte ohne Rücksicht. Es war achtlos, aber ich hoffte, dass Legolas mir die Last abnahm und sich um die Anderen kümmerte. Ich war in diesem Moment einfach nicht dazu fähig, denn obwohl mich die Trauer ebenso rücksichtslos gepackt hatte, herrschte in meinem Kopf noch ein ganz anderer Schatten, der mir das klare Denken schwerfallen ließ. Für den Augenblick der Lage, schämte ich mich meiner selbst wegen... ~*~ Legolas: Er drehte sich um... Er drehte sich um und eilte weiter, ohne inne zu halten, ohne zurückzublicken. Und ich sah ihm nach. Nur kurz und doch erschien es mir wie eine Ewigkeit. Behände erklomm er einen hochliegenden Fels, mit jedem Schritt, meinte ich, würde er schneller eilen, als hetze ihn ein Feind, an den er nur mit Grauen dachte. Ich blinzelte, der kalte Wind brannte in meinen Augen und Frodo setzte sich in Bewegung. In benommenen Schritten stolperte er über das karge Gestein, nicht darauf bedacht, sich zu sputen, an Aragorns Hast nicht teilnehmend. Merry stand neben mir und ich hörte ihn etwas flüstern, bevor auch er an mir vorbeizog. Ich konnte seine Worte nicht verstehen. Sie kamen zu leise über seine Lippen... und mein Blick blieb an dem Ringträger haften. Er, dachte ich mir irritiert, gerade er ist es, der Aragorns Bitte zuerst Folge leistet. Er ist es, der sich dem Entsetzen zuerst entriß und sich in Bewegung setzte. Aragorn war verschwunden, Frodo tastete sich an den Felsen entlang, kam schnell in den Genuss Sam´s Fürsorge, der sich aufrappelte und zu ihm lief. Auch Merry und Pippin gingen los... und ich blieb stehen. Was, fragte ich mich, als mich eine kalte Windböe erfasste, was ging in ihnen allen vor. Was dachten sie in diesen Sekunden. Besaßen sie Hoffnung? Stärke? Entschlossenheit? Wir alle besaßen dergleichen als wir aufbrachen. Wir besaßen diese Eigenschaften stärker denn je und nun schien all das zu verblassen, als hätte es sich stets nur um einen Traum gehandelt. Und all das durch den Tod eines Einzigen...? Wir alle wussten, dass diese Reise Gefahren mit sich bringen würde. Ja, wir alle waren uns dieser Tatsache bewußt. Weshalb... Ich schloß die Augen und ließ den Kopf sinken. Die trockene Luft brannte in meiner Lunge, nur schwerlich fand die Hand den Weg zu meinem Gesicht, verbarg es unter sich, während meine Lippen stumme Worte flüsterten. Weshalb tat es dennoch so weh?! Weshalb verzweifelten wir und wurden vom Leiden erfasst, nur weil etwas eingetreten war, das wir alle erwartet hatten?! Weshalb schwand die Hoffnung gleich der Flamme im Wind? Sie hatte einst so stark gelodert, unzerstörbar gewirkt... Ich wollte mich bewegen, den Anderen folgen, zu meinem Entschluss zurückfinden, nicht zurückzublicken. Weiterzugehen... auf das uns weiteres Unheil widerfahre... "Legolas." Eine Hand legte sich grob auf meine Schulter, ließ mich aufblicken. Boromir zog an mir vorbei, Gimli trottete bereits davon. Nur flüchtig trafen sich unsere Blicke, und doch blieb es eine Geste, die stärkte. Wenn auch nur etwas. Ich sah Boromir nach, meine Hand sank hinab, ballte sich zu einer entspannten Faust. Und endlich fand auch ich die Fähigkeit, mich zu bewegen. Leichtfüßig sprang ich von dem Fels, schlug den wärmenden Mantel zurück und folgte Aragorn. Nach Lothlorien... ~*~ Aragorn: Weshalb verzweifelte ich? Der Tod war allgegenwärtig. Eine Tatsache, die mich nicht verwundern sollte. Viele Kameraden sah ich sterben und ebenso auch jene, die sich mir, meiner Seite entgegenstellten. Und doch war dieser Verlust anders. Ich spürte die Blicke auf mir, folgte jedoch ungerührt meinem Weg und begutachtete jeden Felsen. Meine Hand glitt bedächtig über jede ihrer Scharten und ich stellte mir die Frage, wie sie wohl dahin kamen, was die Ursache dafür gewesen sein konnte. Es war eine Art... Abwehrmechanismus, der mich von der eigentlichen, grausamen Sache ablenken wollte. Sorgfältig umging ich die scharfen Kanten, schnellte über die karge Landschaft und sprang über störende Hindernisse. Dann blickte ich doch, aller Ängste entgegen, zurück und bemerkte, dass es den Hobbits doch sehr schwer fiel, über die mir so leichten Blockaden zu kommen. Doch auf ihre gegenseitige Hilfe konnte man sich verlassen und sicher benötigten sie meine Sorge nicht. Wenn auch nicht jetzt, so würden sie sich gegenseitig besseren Trost spenden können, als ich es könnte. Ich hatte nicht einmal Trost für mich... Ehe ich meinen Blick wieder aufmerksam auf die Landschaft, welche vor mir lag, konzentrieren konnte, sah ich zu Legolas. Auch er wirkte etwas gefasster und sein Anblick brachte mir augenblicklich wieder einen Teil meiner Zuversicht zurück. Viel zu oft hatte diese Betrachtung solch einen Effekt... Damit jedoch wandte ich mich flugs ab und ging weiter, durchschritt nun das hohe Gras, welches die Nähe des Waldes prophezeihte und mich etwas aufatmen ließ. Eilends strich ich die dünnen Halme beiseite, blieb jedoch nach wenigen Schritten wieder stehen und horchte auf. Die Erde bebte... ich spürte es unter meinen Füßen und hob sofort die Hand zur Warnung. Wir waren nicht allein und ehe ich die Chance hatte, hörte man das furchtbare Grölen der Orks und wahrlich eine Armee über das weite Plateau hasten. Sie hatten zu schnell aufgeholt! "Orks!!" ~*~ Legolas: Während die Anderen weitergehastet waren, hatte ich bereits inne gehalten und den Feind erpäht. Niemand von uns hatte mit ihrem Auftauchen gerechnet, nahezu war es unbegreiflich, dass sie hier auf uns stießen. Ich hörte Aragorns Ruf und drehte mich um. Der Boden zitterte unter meinen Füßen, erfüllt von der tödlichen Macht des Feindes, die angsterfüllten Schreie der Hobbits drangen an meine Ohren und ich blickte hinüber zu dem Wald, dem rettenden Ziel. Mein Atem raste. Boromir stieß einen lauten Fluch aus, der Zwerg brüllte, die scharfe Klinke seiner Axt durchschnitt die Luft, als er sie zog und kampfbereit schwang. Der Wald... Ich wich um einen Schritt zurück, die Orks im Rücken. Wir könnten ihn erreichen, befiel mich ein hoffnungsvoller Gedanke, der jedoch zerbrach, sobald ich die Hobbits erblickte. Auch sie zogen ihre Schwerter, die Angst spiegelte sich in ihren Augen wider. Aragorn, Boromir... auch der Zwerg, wir könnten den Wald erreichen, Schutz in ihm finden. Wir waren für diesen Kampf nicht gewappnet, er kam zu plötzlich, zu gewaltig, schlug auch mir mit einer Kraft entgegen, die mich verunsicherte. Wir konnten nicht fliehen, nicht ohne die, die wir zu beschützen geschworen hatten! Heftig rang ich nach Atem, das ohrenbetäubende Gebrüll der Orks näherte sich rasend schnell. "Legolas!!" Boromir zog das Schwert. Ein scharfes Zischen war zu vernehmen, als auch Aragorn die Waffe aus der Scheide riss. Instinktiv griff ich nach hinten, sicher umfasste meine Hand den Bogen und zog ihn hervor. Surrend schoss ein Pfeil an mir vorbei, bohrte sich nicht weit entfernt in den Boden und so fuhr ich herum, wich zurück und erblickte die wilde Horde. Gleichsam riss ich einen Pfeil aus dem Köcher und näherte mich eilig meiner Gruppe. Die Hobbits hinten, vorne drei starke Kämpfer. Eilig ließ ich den Pfeil von der Sehne schnellen, Aragorn packte mich an der Schulter, als ich sie erreichte. Brüllend ging ein Ork zu Boden, weitere stürzten über ihn, wurden erbarmungslos überrannt. "Wir können nicht bestehen!!", hörte ich Boromir gellend schreien, meine Hand zog den nächsten Pfeil. "Nicht gegen diese Übermacht!!" Aragorns Hand klammerte sich beinahe schmerzhaft in meine Schulter, ich vernahm sein Keuchen, die Verbissenheit, die in einjedem seiner Laute lag. Wieder stürzte ein Ork, Pfeile surrten an uns vorbei, verfehlten uns nur knapp. Und kurz darauf ließen sie die letzten Meter hinter sich. Geschwind steckte ich den Bogen zurück, fasste mit beiden Händen über meinen Kopf und zog die Kurzschwerter. Boromir hob schützend seinen Schild, hielt das Schwert weit von sich gestreckt, bereit zum Angriff. Gimli schrie wütend auf, seine tobende Stimme übertönte annähernd den Lärm der Angreifer. Aragorn schob sich an mir vorbei und ich unterdrückte das angespannte Zittern, welches schubweise durch meinen gesamten Körper jagte. Ein Wunder... wir benötigten ein Wunder! Ein Wunder, um all dies heil zu überstehen! Und wenn nicht... ich schloss die Augen, hörte Aragorn schreien... so erfuhren wir einen ehrenhaften Tod. Ehrenhaft, gestorben zu sein, für eine Sache, für die es sich zu sterben lohnte. ~*~ Aragorn: Wie sehr musste das Schicksal gegen uns sein! Welche Ungerechtigkeit übermannte uns mit dieser Gefahr?! Sofort zog ich das Schwert, eiligst wandte ich mich um, kehrte zu denen zurück, die der Gefahr am nächsten waren und erblickte auch sofort die Meute, die uns mordlüstern entgegenrannte. Orks am Tage! Diese Stärke hatte ich nicht erwartet, sie nahezu unterschätz, denn nie erblickte man Orks am Tage... ihre Furcht vor dem Licht war bislang sehr berechnend gewesen. Doch nicht heute, nicht hier, wo wir, die wir schier am Ende unserer Kräfte, an den Grenzen unserer Stärke angelangt waren, mussten nun erkennen, dass Saurons Einfluss und Sarumans Wille, den einen Ring zu bekommen, unermesslich sein mussten. Ich teilte die Flüche Boromirs still, brüllte wütend in meinem Inneren, Gimli gleich und maßte mir die selbe Angst zu, die auch die Hobbits erfasst hatte. Doch ich erblickte auch Legolas, der zurückwich. Einjede Bewegung seinerseits erfasste meine Augen und ich ahnte sofort, welcher Gedanke ihm kommen musste. Unsere Beine waren schnell aber die der Hobbits konnten nicht mithalten und so wurde dieser Hoffnungsschimmer alsbald von mir verdrängt. Wir konnten diesen Kampf nicht meiden! Rasch fand ich mich bei den Anderen ein, überblickte das Feld, suchte immer wieder nach einem Ausweg und bemerkte gar nicht, wie ich dabei Halt an Legolas' Schulter ersuchte. Wie ein Reflex hatte es mich wohl übermannt aber es war keine Zeit, darüber zu sinnieren! Wir mussten handeln.. handeln!! Diese Übermacht vor uns... und nichts als unser Leib und der Stahl in unseren Händen als Schutz! Mein Atem raste zusehends, ebenso, wie das schnelle Klopfen meines Herzens in meinen Ohren dröhnte, den Ruf Boromirs beinahe übertönen konnte und mein Griff in die Schulter des Elbes nahm zitternd an Stärke zu. Wie sollte ich sie beschützen? Konnte ich meinen Schwur halten?? Noch einmal zog ich die Luft, welche vor Spannung zu knistern begann, in meine Lunge, fühlte sie und schloss die Augen, während ich dem Surren der Pfeile nur einen Teil meiner Aufmerksamkeit schenkte. Ruhe... Eine kurzweilige Stille und eine Bewegungslosigkeit vor meinem geistigen Auge, ließen mir Zeit, vergangene Worte zu erfassen: Kraft, Stärke, Standhaftigkeit, Mut... Und sobald diese Worte mein Bewusstsein ergriffen, kehrte die Gegenwart zurück und nichts als der Wille zum Kampf war zurückgeblieben. Zum zweifeln war keine Zeit, jawohl... Die Meute traf auf uns und ich schob mich an Legolas vorbei, ließ einem schallenden Schrei freien Lauf und verbannte die Furcht aus meinen Gliedern. Und wenn ich sterben würde! "Erendil!!" Ich spurtete in die Meute, erhob das Schwert und drehte mich flink aus der Angriffsbahn eines Orks. Sofort nutzte ich den toten Winkel, stieß das Metall durch den Körper der elenden Kreatur und brachte sie zu Fall. Ohne mich lange davon aufhalten zu lassen, zog ich das Schwert zurück, parierte einen anderen Schlag und erlegte den Nächsten. Immer weiter, immer weiter, durch die Massen, um sie zu vernichten und den Halblingen jenen Schutz zu gewähren, den ich und all die anderen ihnen geschworen hatten! ~*~ Legolas: Gleich tosender Wellen, die gegen die Klippen schlugen, preschten die Angreifer gegen uns und ich erwachte zum Leben. Hastig packte ich einen Speer, bevor er sich in meinen Leib rammen konnte, stieß ihn zur Seite und wirbelte herum. Mit aller Kraft zerschmetterte ich die leichte Rüstung des Orks, durchschnitt seinen fauligen Leib und schlug sogleich nach dem Nächsten. Geschmeidig fraß sich die Klinge meines Säbels durch die Kehle eines Angreifers, den ich daraufhin zurückstieß, weitere Orks aus dem Gleichgewicht brachte. Es entstand ein wahrloses Durcheinander, welches eine solche Gefahr barg, dass man sich einen prüfenden Blick zu den Gefährten unter keinen Umständen erlauben konnte. Einzig und allein auf sich durfte man sich konzentrieren, egoistisch musste man sein, um am Leben zu bleiben. Nein, nicht Egoismus, sondern starkes Vertrauen in meine Gefährten erlaubte mir, lediglich auf mein eigenes Umfeld zu achten. Hastig beugte ich mich hinab, ein Säbel surrte über meinen Kopf hinweg und ich stieß mich ab, rammte mich gegen den Ork, dem ich mit einem schnellen Hieb den Arm abtrennte. Das Herz raste in meiner Brust, mein Atem stockte und mir blieb keine Zeit, um nach Luft zu schnappen. Mit schwindender Kraft parierte ich einen heftigen Schlag, lenkte ihn in die falsche Richtung und streckte die Kreatur nieder. Dicht neben mir hörte ich Boromir schreien, kurz kämpfte er sich an mir vorbei. Flüchtig standen wir Rücken an Rücken, bevor wir brutal getrennt und von allen Seiten angegriffen wurden. Es waren zuviele! Ich biss die Zähne zusammen, klammerte mich um meine Säbel und rannte los, um mich aus der bedrängten Gefahrenzone zu befreien. Ich stolperte, rammte zwei Angreifer zur Seite und schob mich weiter. Ein Bein stellte sich mir in den Weg und ich schlug nach ihm, durchschnitt es und fuhr herum. Drei Orks warfen sich gegen mich, ließen mich zurückwanken. Es war beängstigend zu spüren, wie die Glieder schwerer wurden, kurz davor waren, auch den letzten Teil der Kraft zu verlieren. Wir hatten zu viel gekämpft... Eine wuchtige Hand schlug sich um meinen Arm, erlaubte mir gerade noch, mich abzuwenden, sie von mir zu zerren. Und vor mir erblickte ich ein Schwert. Hastig wich ich zurück, wurde kurz darauf jedoch von hinten erfasst und nach vorn gestoßen... direkt in die Klinge. Doch nicht gegen sie lief ich, vielmehr gegen den Ork, der getroffen zu Boden sackte. Erneut wurde ich gepackt und herumgezogen. Mit einer schnellen Bewegung riss ich den Säbel in die Höhe und wand mich in dem Griff. "Halt ein!!" Keuchend hielt ich inne, als ich den Zwerg erblickte, der mich hielt, flink losließ und sich mit einer bemerkenswerten Kraft durch die Reihen der Angreifer schlug. Ich jedoch, strauchelte, rang verzweifelt nach Sauerstoff, fühlte die marternde Schwäche, die deutlich das Unheil verkündete. Röchelnd atmete ich ein, kämpfte mich in eine aufrechte Haltung und rammte mich gegen einen Ork. Er stürzte sofort, mein Säbel bohrte sich tief in seine Brust und ich stolperte über ihn hinweg, zog die Klinge ins Freie und erblickte Pippin, der, direkt vor mir, um sein Leben kämpfte, einen ungerechten Kampf gegen die Riesen führte, die beängstigend flink in ihrer Schwertführung waren. Ich stolperte weiter, stolperte auf ihn zu, eine Wucht erfasste mich, brachte mich erneut aus dem Gleichgewicht. Und dennoch kämpfte ich mich vorwärts. Meine Hände verkrampften sich, meine Miene zuckte und schnell ließ ich den Rest der Strecke hinter mir, erreichte den hilflosen Halbling und erschlug seinen Gegner. "Legolas!!" Vor Panik und Angst geweitet waren seine Augen. Hektisch und zittrig seine Bewegungen, als er sich an mich klammerte. Mein Blick streifte ihn flüchtig, schützend legte sich meine Hand auf seinen Rücken, drückte ihn an mich. Erneut stieß jemand gegen mich. Es fehlte an Wucht und so blieb ich stehen, zerschmetterte den dünnen Helm eines Orks und drehte mich mit Pippin zur anderen Seite. Ziellos setzte ich das Bein auf die Erde, zog ihn mit mir und hielt inne, als ich einen reißenden Schmerz verspürte. Er breitete sich rasend schnell in mir aus, unerwartet und so intensiv, dass mein Atem stockte. Ich spürte, wie sich Pippin an mich klammerte, fühlte einen Luftzug, als ein Ork an mir vorbeihetzte und sank hinab. Die Kontrolle über meinen Körper entglitt meinen Händen, mein Knie gab nach und ich sackte tiefer, fand mich hockend wieder, inmitten des Schlachtfeldes. Vom Schmerz gelähmt, annähernd unfähig jeglicher Bewegungen. ~*~ Aragorn: Ich hörte die Schreie, das Gebrüll meiner Gefährten, denen ich keinen Augenblick meiner Aufmerksamkeit schenken konnte. Viel zu wild war auch mein Drang, sie alle niederzureißen, jene, die sich ohne Bedenken das Leben Unschuldiger und Schwacher nahmen. Diese Vorstellung ließ mich immer fester zuschlagen, immer mehr austeilen. Geschwind sprang ich über eine Klinge, rollte mich flugs ab und fasste sofort wieder Fuß, ehe ich mein Schwert in einer schnellen Kreisbewegung um mich sausen ließ, und drei aasige Körper niederstreckte. Nun konnte ich mir kurz erlauben, doch einen Blick durch die Massen schweifen zu lassen, sah Frodo dicht bei Sam kämpfen und seine Angst hinausschreien. Dicht bei ihnen kämpfte auch Pippin mutig und wacker, wirklich alles daran setzend, den Ringträger zu beschützen. Der Instinkt warnte mich jedoch sogleich, mich wieder um mein eigenes Wohlergehen zu sorgen und ich duckte mich, um einer Klinge haarscharf auszuweichen, während ich die Meine in den Leib des Orks bohrte. Es hörte nicht auf! Ich hatte das Gefühl, auch wenn sich die Kadaver stapelten, so wurden es nicht weniger! Und während unsere Kräfte immer mehr schwanden, nahmen die gewaltigen Massen nicht ab! Verzweifelt versuchte ich wieder zu den Anderen zu stoßen, eine Unterstützung zu sein und kollidierte dabei mit einem sehr fleischigen Ork, dessen Masse mich zurückstieß und mir der Überraschung wegen das Schwert aus der Hand riss. Ich sah auf, erkannte direkt die Klinge, die sich schneidend auf mich zubewegte und ich hechtete zur Seite, trat gleichweg nach dem Arm, der diese Schärfe hielt und holte Schwung um mich alsbald zurück auf die Beine zu bekommen. Wieder duckte ich mich vor einem Schlag, holte aus und rammte die Faust in das Gesicht des Monsters, bevor ich dann mit beiden Händen nach dessen Schädel griff und in einer fließenden Bewegung sein Genick brach. Dann vernahm ich dieses Gebrüll hinter mir und mit geschockter Miene wandte ich mich um und erkannte den Säbel direkt vor mir. Dennoch war es mir mit einem Male ein Leichtes auch diesem auszuweichen, denn das Schwert Boromirs hatte sich in den Rücken gebohrt. Einzig ein dankbares Nicken meinerseits konnte folgen, ehe ich nach meinem Schwert Ausschau hielt. Dabei erkannte ich, dass auch Legolas sich wacker auf den Beinen hielt und mutig weiterkämpfte... Ein heftiger Windzug erfasste mein Haar, als eine Klinge ganz dicht an meinem Gesicht vorbeiglitt und mir eine trotz allem nur schwache Schnittwunde zufügte, während die Kreatur sofort wieder ausholte... ein Pfeil jedoch, ihn stoppte und zu Fall brachte. Mit einem Male war der Ton eines Horns zu hören, welches das Gebrüll der Massen übertönte und die Orks aufschrecken ließ. Sofort wandte ich den Blick dorthin und plötzlich surrten Pfeile dicht an mir vorbei, streckte die Massen der Orks nieder und wieder ertönte das Horn. Nicht das berühmte Horn Gondors war es, sondern die Geschöpfe des Waldes, bei denen wir Schutz ersuchten. Rasch fand ich wieder zu meinem eigenen Kampf zurück, griff vorerst nach einer der schweren Klingen der Orks und fochte weiter. Und endlich schien es soweit zu sein, dass die Massen des Feindes abnahmen und der Beistand umso größer wurde. ~*~ Legolas: Ich weiß nicht, was mir neue Kraft verliehen hatte, doch war ich aufgestanden. Zum Trotze der Schmerzen, die mich quälend durchzuckten, hatte ich mich um die Säbel geklammert und einen Ork niedergestreckt. Und ich konnte Pippin nicht sehen, zwang mich, mir kurz Zeit zu nehmen, um mich Sorgen zuzuwenden. Suchend blickte ich mich um, während der Kampf um mich herum tobte. Er musste abgedriftet, hinfortgestoßen worden sein, um sich woanders durchzuschlagen. Das Haar peitschte in mein Gesicht, als ich mich heftig umdrehte, woanders nach ihm zu suchen und von einem harten Schlag gegen den Rücken niedergestreckt wurde. So stürzte ich zu Boden, schlug auf... und einer der Säbel englitt dabei meiner Hand. Stockend wand ich mich im zertretenen Gras, vernahm den röchelnden Atem des Feindes hinter mir. Ich wusste es. Meine Kraft würde nicht genügen, um mich ein weiteres Mal zu erheben. Ein reissender Schmerz ließ mich die Zähne zusammenbeissen, als ich mich nach vorn schob, hektisch die Hand nach dem Säbel ausstreckend. Ich war verwundet, versuchte den Schmerz zu unterdrücken, spreizte die Finger und berührte den kunstvollen Knauf der Waffe, als sich ein großer Fuß in meine Seite rammte. Ein heiserer Schrei kam über meine Lippen, als ich herumgerissen wurde und mich kurz darauf auf dem Rückend liegend wieder fand. Keuchend wollte ich mich aufrichten, als derselbe Fuß auch auf meine Brust niederging, mich auf den Boden hinabstieß und mich dort hielt. Das Bild vor meinen Augen wurde getrübt, die Konturen verblassten und nach einem lauten Ächzen erschlafften all meine Glieder. Annähernd reglos blieb ich liegen, blinzelnd erkannte ich ein gezacktes Schwert, welches gehoben wurde, um mich zu töten. Wehren! Ich erzitterte. Ich musste mich wehren! Konnte nicht meine Unsterblichkeit verraten durch Zögern, gar Nichtstun!! Benommen bewegte ich die Finger, spürte den Griff des Säbels, der sicher in ihnen lag... Ein Schatten! Ein Schatten tauchte auf... zog gleich eines Traumgebildes an mir vorbei und riss den Ork mit sich. Ich hörte ihn schrill schreien, bevor seine Laute verstummten. Erneut blinzelte ich, versuchte meine Gedanken zu ordnen, zu begreifen, was geschah, als weitere Gestalten erschienen. Behände, gar leichtfüßig, sprangen sie über mich hinweg. Entsetztes Fauchen ertönte, die Schreie der Orks, die mir einjedes Mal in den Ohren schmerzten. Gehetzt hob ich die Hand. Ich rieb meine Augen, zwinkerte und sah mich um. Ich meinte, mein Blick würde einer Täuschung unterliegen. Meine Augen weiteten sich. Flatternde Gewänder, langes Haar, das Zischen prachtvoller Säbel, die glänzend und mit scharfer Klinge auf so manchen Ork niedergingen. Das Surren der Pfeile, auf das klägliches Winseln der Kreaturen folgte. Die Elben Lothloriens! Sie waren gekommen...? Stockend gab meine Hand den Säbel frei, erschöpft kämpfte ich mich in eine aufrechte Haltung und blieb kauern. Ungläubig erspähte ich die fliehenden Orks, die, von Todesangst ergriffen, fort liefen, alles und jeden zurücklassend. Die Orks, die ich fest für das Symbol unseres Todes gehalten hatte... Geschlagen von einer Macht, die sich zu unseren Gunsten erhoben hatte, mich mit bloßer Irritation erfüllte. Ich würgte ein schweres Schlucken hinab, nur langsam drehte ich das Gesicht zur anderen Seite. Der Kampf war vorbei! Während die Elben dem Feind letzte Pfeile nachschickten, jedoch nicht zur Verfolgung ansetzten, erblickte ich meine Gefährten. Pippin...! Keuchend hockte der Hobbit im Gras, das Gesicht vom Entsetzen erfüllt, welches er in diesen Sekunden verspürte. Ebenso Merry, Sam und Frodo hatten sich sinken gelassen. Nahe der vollkommenen Erschöpfung, stützte sich Boromir auf die Knie, während der Zwerg noch immer seine Axt schwang und laut brüllte. Mein Gesicht verzog sich unter dem Schmerz. Kurz ließ ich es sinken, schloss die Augen und blinzelte zur Seite. Schwankend zog Aragorn an den Hobbits vorbei. Mit weichen Knien. Nur schlürfend und stolpernd setzte er einen Fuß vor den anderen. Wirr hing das Haar in seinem Gesicht, das dunkle Blut der Orks haftete an seinen Händen und dann blieb er stehen und starrte auf den Boden. Kurz darauf beugte er sich hinab. Nur stockend und langsam griff er nach unten und umfasste den Griff seines Schwertes. Er schien unverletzt zu sein. Alle schienen lediglich unter der Erschöpfung zu leiden... nein, niemand von ihnen war ernsthaft verwundet. Langsam sanken meine Lider hinab, ebenso mein Kopf und während das Herz in meiner Brust noch immer raste, atmete ich tief ein, entließ auch den zweiten Säbel aus dem festen Griff und betastete kraftlos meinen Rücken. Die Weste... ich ertastete zerrissene Fransen, fühlte darunter eine gewisse Hitze, eine warme Flüssigkeit, die sich auf meine Haut legte, sobald ich ihr näherkam. Eine Klinge hatte sich durch meine Haut gefressen. Unter einem leisen Keuchen ließ ich die Hand sinken und sank in mich zusammen. ~*~ Aragorn: Es war kein leichtes Unterfangen, unter den stinkenden Kadavern meine Waffe wiederzufinden. Die Klinge, die ich die letzten schrecklichen Minuten des Kampfes getragen hatte, durchbohrte einen der vielen leblosen Leiber der Orks. Ein Wunder, welches ich nicht mehr zu träumen gewagt hatte, war geschehen und mit einer schier endlosen Erleichterung sah ich die Feinde fliehen und die letzten Pfeile unserer Retter auf sie niederprasseln. Gesiegt... Erschöpft trottete ich nun weiter, ehe mir das edle Metall entgegenblitzte und ich mich zu meinem Schwert hinabbeugen konnte. Mit einem schweren Keuchen richtete ich mich wieder auf und nahm mir nun endgültig Zeit, das Feld zu überblicken. Ich sah zu den Hobbits, ihre Haltung, die von Erschöpfung und eher beklemmender Freude, die jedoch mehr von der Angst und dem Schock gezeichnet war und blickte dann zu Boromir, welcher völlig ermattet am Boden hockte und nach Luft rang. Zu schwer lag auch die Kraftlosigkeit in meinen Gliedern, als dass ich meinen Gefährten ermutigende Worte zusprechen könnte. Völlig kraftlos ging ich langsam auf Gimli zu und legte meine Hand auf seine Schulter, einerseits um ihn zu beruhigen, da sein Gebrüll aus Wut abebben sollte und andererseits, um ihn zu bitten, sich um die Hobbits zu sorgen, denn er schien als einziger von uns noch wirklich mutmaßlich kraftvoll zu sein. Ein leichter Windhauch erfasste mich, als Haldir zu uns trat und sich leicht vor mir verbeugte, so wie ich es ihm dann gleichtat. Es folgte eine kurze Erzählung, doch diesem Bericht schenkte ich nicht lange Beachtung, denn es war für mich viel wichtiger, die letzte, bedeutende Person aus der Gemeinschaft ausfindig zu machen. Und meine Ruhe verschwand, als ich diesen auf dem Boden liegen sah. Kurz legte sich meine Hand auf Haldir's Schulter, ehe ich schnellen Schrittes zu dem blonden Elben ging. Wortlos beugte ich mich zu ihm hinab, griff nach seinem Arm und zog ihn hoch. Nur flüchtig besah ich ihn, denn ich zweifelte nicht daran, dass es ihm trotz allem gut ging und er ,nur' wie wir alle der letzten Kräfte beraubt war. ~*~ Legolas: Nur unsicher kam ich zum Stehen und beinahe verlor ich den Halt, als sich Aragorn nach einem knappen, einschätzenden Blick abwandte. Es war das rechte Bein, dem ich die Beanspruchung entzog, es etwas anwinkelte, um mich auf das Linke zu stützen. Ich fand das Gleichgewicht, ließ die Arme hängen und kämpfte um Fassung. Die Augen geschlossen haltend, atmete ich die klare Luft, nahe Lothloriens ein, in der ein unangenehmer, ja, annähernd widerlicher Geruch hing. Zusehends raubte er mir den Atem und dennoch war ich noch nicht dazu imstande, mich zu bewegen. Ich hörte die leisen Stimmen meiner Gefährte, konnte sie deutlich vernehmen, da die Orks geflohen waren, eine beinahe erdrückende Stille zurückgelassen hatten. Einer der Hobbits brach in Tränen aus, ich wusste nicht, wem die Kraft fehlte, seine Emotionen zurückzuhalten, denn ich blickte erst auf, als mich eine angenehme Brise erfasste. Besonnen trat Haldir vor mich, musterte mich mit seinen ruhigen Augen und nickte mir langsam zu. "Legolas von Bruchtal, es ist mir eine Ehre." Auch ich beugte mein Haupt und mein Gesicht zuckte. Erleichtert konnte ich mich nennen, restlos befreit von jeglichen Sorgen. Im Moment. Überschwängliche Freude jedoch verspürte ich nicht. Die Schwäche ließ nicht zu, dass sie nach mir griff. Und so blieb es bei der ehrerbietigen Geste. "Wir erspähten den Feind früh", wandte sich Haldir entspannt an meine Gefährten. Meine Augen drifteten zu Seite, suchten nach meinen Säbeln, während ich noch immer nach Luft rang und mein Hals schmerzte. "Ihr Erscheinen stellte keine Überraschung dar. Ganz anders euer Besuch." Ich erblickte die Säbel, zögerte jedoch kurz, bevor ich mich ihnen humpelnd näherte, mich stockend hinabbeugte und benommen nach ihnen griff. "Von Lothlorien trennt uns nun noch ein kurzer Marsch. Ich bitte euch, folgt mir, seid als Gäste willkommen und erholt euch von den Strapazen." Langsam hob ich die Säbel hinter den Kopf, verstaute sie sicher in den kunstvollen Scheiden. Erholen... ging es mir schleppend durch den Kopf. Ja, erholen... wir mussten uns erholen. Nicht nur von den Strapazen, des Weiteren von Todesängsten, Leid und Trauer. Von Schwäche und anderen Dingen, die uns von der sicheren Weiterreise abgehalten hätten. Ich drehte mich um, näherte mich strauchelnd den Hobbits, deren Beine entgültig versagt zu haben schienen. So humpelte ich auch an Aragorn vorüber, betastete meine Weste, strich das eigene Blut an ihr ab, welches an meinen Fingern haftete. Nur ungenau bemerkte ich, wie Haldir Frodo ansah. Lange, nicht darauf bedacht, es unauffällig zu tun. Frodo, den Ringträger... Boromir und Gimli halfen den Halblingen auf die Beine. Ich hörte, wie Boromir leise auf sie einredete, ihnen Erholung versprach. Nur noch der kurze Marsch, dann fand das Grauen vorerst zu seinem Ende. Die Elbenkrieger folgten uns, umschlossen uns. Ihre Augen tasteten sich aufmerksam über die weite Flur und während ich der Gruppe in unsicheren Schritten folgte, verspürte ich ein Gefühl. Ein Gefühl, welches ich lange nicht mehr wahrgenommen hatte. Sicherheit... Geborgenheit! ~*~ Aragorn: Man sah es mir gewiss nicht an... aber zur Sicherheit hätte ich den Leib des Blonden lieber kontrolliert, nach Blessuren abgetastet. Es geschah bis zum heutigen Tage niemals, dass ich Legolas am Boden sah... und das einzige, was ich tat, war, ihm lieblos aufzuhelfen, ihn kaum eines Blickes zu würdigen und nicht auf seine Mimik einzugehen. Doch es war eine bessere Lösung als die Gewissheit, nicht mehr loslassen zu können. Und so wandte ich mich sehr bald wieder von dem Blonden ab und versuchte meine Sorge auf mich selbst zu konzentrieren. Der Geruch des dunklen Blutes an meinen Händen stieg mir in die Nase und auch die leblosen Körper wirkten, als würden sie schon verwesen. Schon oft hatte ich diesen Geruch wahrgenommen und immer wieder würgte er den puren Ekel hoch. Es lag dann aber an einem der Hobbits, dass ich meine Aufmerksamkeit wieder auf diesen lenken konnte. Ich sah in das Gesicht dessen, der nun hemmungslos weinte... und beneidete ihn still, ehe ich den Blick abwandte und nach Haldir suchte. Seine Elbenkrieger sammelten sich nun allmählich und durch dem glanzvollen Schleier der seidenden Umhänge derer, entdeckte ich ihn nahe bei Legolas stehen. Ungeachtet dessen, ob jemand meine Beobachtung bemerkte oder sich dieser anschloss, hörte ich die Worte, die man sprach... ein Leichtes war es, doch lohnenswert nicht, denn ich kannte Haldir und hatte keinen Moment lang an seiner, Herrin Galadriels oder Celeborns Güte gezweifelt. Lange noch blieb ich an der Stelle stehen, ohne Gedanken zu hegen oder mir irgend einen Hauch von Emotionen anmerken zu lassen. Selbst als Legolas an mir vorbeiging, schwach und von den Strapazen gezeichnet, rührte ich mich nicht vom Fleck. Das einzige worauf ich zeitweise achtete, war seine blutbefleckte Hand und ich sah die Meine an... manchmal fragte ich mich, ob es je einen Tag geben würde, an dem unsere Hände nicht mit Blut besudelt waren. Ich richtete meinen Blick auf Frodo und von ihm aus, wieder zu Haldir. Sein Augenmerk war auf jenen Hobbit gerichtet und sobald ich das begriff, setzte ich mich wieder in Bewegung. Ich durfte nicht vergessen, dass die Macht des einen Ringes groß war... und jeder wohl ein Feind sein konnte... selbst die eigenen Gefährten und Verbündeten. So tat ich es Gimli und Boromir gleich - vor allem Boromir, da er sich schon auf dem Pass des Kaladras merkwürdig benommen hatte und ging zu den Halblingen. Sam starrte auf einen undefinierbaren Punkt, sein Gesicht voll Trauer und Angst verzerrt... für ihn, nein, für uns alle unbegreiflich, wie viel Unheil uns in so wenigen Wochen widerfuhr. "Samweiß..." Mit den wenigen Kraftreserven, die mir noch geblieben waren, zog ich ihn zurück auf die Beine, bat ihn noch ein wenig durchzuhalten und klopfte ihm sanft auf die Schulter, ehe ich ihn an Frodo's Seite hinter den Anderen herschickte und ich selbst vorging, um an vorderster Front laufen zu können. Die Krieger der Elben wirkten wie eine Schutzmauer, die es mir erlaubte, nicht mehr ruhelos umherblicken zu müssen. So musste ich auch keinen Gedanken daran verschwenden, die selbige Trauer in meinem Gesicht zu zeigen, wie sie auch in Sam's Gesicht war. Schwer bemüht jedoch, die aufrechte Haltung zu bewahren, lag auch mein Blick gebannt auf einem nicht vorhandenen Punkt, krampfhaft bestrebt, die Augen offen zu halten und nicht einfach umzufallen. Doch wach rüttelte mich die Hand, die sich plötzlich auf meine Schulter legte. Perplex sah ich wieder auf und Haldir begutachtete mich mit seiner ernsten Mimik. In einer Hinsicht dankbar, in der anderen weniger beglückt, hielt er mich wach und berichtete mir anfangs das, was ich bereits durch das Gespräch von ihm und Legolas mit angehört hatte und diskutierte mit mir über die Vorgehensweise nach der erstmaligen Kräftesammlung in Lothlorien. In diesen Gesprächen vertieft, bemerkte ich nicht, wie wir den Wald betraten. Erst dann, als ich die feuchte Luft auf meiner Haut und die angenehme Kälte um mich herum bemerkte, war ich mir sicher, dass uns nun... vorläufig wirklich nichts mehr geschehen konnte. Lange folgten wir noch dem Elbenherrn und seiner Gefolgsschaft, durchstreiften den dichten Wald, dessen Bäume kaum Sonnenlicht zuließen und erreichten alsbald eine tiefere Ebene, die das Reich der Herrin Galadriel offenbarte. Nahezu durchsichtige Treppen stiegen wir hinauf, um einen alten Baumstamm, welcher einen Durchmesser von schier fünfzig Fuß haben musste. Haldir gab mir keine Zeit, mich umschauen zu können und so blieb mir jeder Blick verwehrt. Und kaum, dass wir die letzten Stufen erreichten, trat gleich einem hellen Leuchten eines herabfallenden Sternes, die Herrin selbst zu uns. Viele Worte richtete sie an uns, Fragen, deren Antworten ich nicht geben konnte und wollte und selten blickte man einjedem von uns so tief ins Herz, wie sie es konnte. In den Augen Celeborns war der tiefe Schmerz über Gandalfs Verlust ebenso zu erkennen, wie in den Unseren. In mir stieg erneut die Hoffnungslosigkeit auf... denn nicht nur der Tod einer der Gefährten war mir eine schwere Last... ganz andere Bürden lagen auch auf meinen Schultern und ich fürchtete mich wirklich vor der Gewissheit, dass die Herrin auch diese in mir lesen konnte. Doch umso wärmender war ihr sanftes Lächeln, als sie uns den Ort freigab, an dem wir ruhen konnten. Viele Dinge gingen mir durch den Kopf, als ich den Gürtel schließlich mitsamt Schwert neben der weichen Liege ablegte und mich mit einem etwas angenehmeren Wohlbefinden, durch Reinigung und neue Kleidung auf diese setzen konnte. Nicht zuletzt konnte ich mein Augenmerk einzig und allein auf den blonden Elben legen, der sich durch die Umstände zu oft meinem Blick entziehen konnte. Seine blauen Augen spiegelten das warme Licht wider, als er in seiner anmutigen Haltung über das weiche Gras schritt. Der edle Stoff, der seinen Körper umhüllte, ließ ihn wahrhaft als den schönen Prinzen erscheinen, der er war. Ebenso, wie seine weichen Gesichtszüge, geprägt durch das Leid unserer Erfahrungen, seiner Zierlichkeit noch mehr Ausdruck verliehen. Zuweilen... kämpfte ich wirklich mit mir. Immer wieder musste ich mir sagen, dass jener Elb, ein Gefährte war; ein Freund, der mit mir und vielen Verbündeten in die Schlacht zog. Und immer wieder musste ich begreifen... dass mein Blick auf keinem anderen Freund so intensiv haftete... und dessen Gesicht mir noch nie zuvor... so oft im Traum begegnete. ~*~ Legolas: Die Entspannung blieb mir fern. Selbst hier an diesem Ort, der doch so geprägt von Harmonie und friedlicher Stille war, war ich ruhelos, nicht dazu imstande, mich der Erleichterung der Anderen anzuschließen, mich durch Meditation gar zu stärken.... Nur mit getrübtem Auge erblickte ich die Wunder Lothriens, mit verkrampfter Miene stand ich den Bäumen gegenüber, so majestätisch und kräftig in ihrer vollen Pracht, dass sie mir den Atem geraubt hätten, würde ich mich in einem anderen Zustand befinden. Die erfrischende Feuchtigkeit des Grases, die reine Luft, welche uns verspielt erfasste. Die leisen Gesänge der außergewöhnlichen Tiere, die Anmut, diese ganze Pracht... Mir war es vergönnt, ihr die gebührende Aufmerksamkeit zu schenken. Gewaschen und gehüllt in saubere Kleidung, konnte ich die Schmerzen dennoch nicht verdrängen, die durchgehend meinen Körper befielen, mich erschaudern ließen. Matten Schrittes zog ich an ihnen vorbei... den pflanzlichen Arkaden, die meinen Gefährten sicheren Schutz gewährten, sich über sie neigten gleich eines Daches, sich zum Teil vor ihnen erstreckten, ganz wie ein eisener Schild. Eng beieinander kauerten die Hobbits dort, sie schwiegen. Und das Schweigen spiegelte sich auch in ihren Gesichtern wider. Mir schien, es hätte die Trauer zurückgedrängt, teilte sich den Platz nun mit einer sanften Melancholie, geschwächt durch die Erleichterung, der sich fast niemand entziehen konnte. Langsam drehte ich das Gesicht weiter, in die Richtung, aus der mir lautes Schnarchen entgegenzog. Reglos, bereits tief hinabgedriftet in die Geisteswelt, ruhte der Zwerg auf seinem Lager, räkelte sich nur selten, um laut zu grunzen. Ein Blinzeln unterbrach meine Beobachtung und kurz ließ ich meinen Atem erlahmen, suchte nach Kraft, um noch kurz verweilen zu können. Stark war jene Frage in mir. Stark auch der Drang, auf ihre Antwort zu stoßen. Wie ging es den anderen? Zögernd blickte ich auf, meine Augen suchten nach Boromir, wurden jedoch nur auf Aragorn aufmerksam, der erschöpft am Stamm eines mächtigen Baumes lehnte. Verständlich, ja, es war verständlich... Er sah nicht gut aus, blass, annähernd ausgemergelt und des Schlafes beraubt. Und das waren wir alle... Ich sah ihn nicht lange an, die Umstände verboten es mir. So kehrte ich meinen Gefährten den Rücken und ging. Gemach suchte ich mir abgeschiedenen Schutz, bangte, das leichte Hinken meines Ganges könne Aufmerksamkeit erregen. Stärker denn je nagte Schwäche an mir, ließ meine Schritte noch unsicherer werden, bis ich einen Felsen erreichte. Glatt und hell war er und so tastete ich mich an ihm entlang, keuchte und sehnte mich aus dem Grunde meines Herzens nach Erholung. Ich würde sie finden. Hier. Jedoch nicht jetzt. Noch nicht... Einen kleinen Abhang stieg ich hinab, bis keine Geräusche mehr um mich schallten, bis ich alleine war. Alleine mit mir und meinen Schmerzen. Ein letzter Schritt und endlich konnte ich mich sinken lassen. Nieder auf einen Stein, auf dem ich recht verspannt verharrte, stockend die rechte Hand zu den Knöpfen des kunstvollen Hemdes hob, während ich die andere nur öffnete. Eine kleine Schatulle lag in ihr, die Rezeptur der Elben, die ich erbeten hatte, zu der eine starke Angewiesenheit bestand. Ich wollte niemanden aufhalten... Niemandem Sorge bereiten. Schnell musste ich genesen sein. Schnell, um auf der Reise, an der ich als Beschützer teilnahm, keine Last zu sein. Nur langsam gelang es mir, die Knöpfe aus den Löchern zu drehen. Mit geschlossenen Augen verharrte ich, zog den wärmenden Stoff alsbald über meine Schultern und streifte ihn mit einer vorsichtigen Bewegung tief hinab, bis die kühle Luft spürbar auf die offene Wunde traf. Eine fröstelnde Gänsehaut überzog meinen Leib, die Hand schloss sich um die Schatulle, jedoch nicht dazu fähig, zuzudrücken. Wehrlos musste ich die Schmerzen ertragen und erneut benötigte ich lange Zeit, um mich zu sammeln. Das Ausmaß der Verletzung war mir ein Unbekanntes, sie zu berühren, wagte ich nicht. ~*~ Aragorn: Das Schweigen der Hobbits, diese Stille, neben dem umso lauteren Schnarchen Gimli's hatte meinen Verstand nicht erreicht. Erst, als mir auffiel, dass ich den blonden Elb zu lang beobachtete, mir beinahe schon selbst wie jemand erschien, der anderer Schritte belauschte, wandte ich den Blick ab und stand auf. Ich nahm mir mein Schwert, band es wieder um. Keinen Schritt tat ich, ohne diese Waffe bei mir zu tragen, selbst wenn Lothlorien momentan den sichersten Ort in ganz Mittelerde symbolisierte. Nur flüchtig sah ich noch einmal prüfend zu dem Herrn Zwerg, der jedoch immer noch... und sehr wohl möglich, bis zum nächsten Morgen durchschlafen würde, ehe ich zu den Hobbits ging und auch ihnen riet, sich schlafen zu legen. Nur Merry und Sam sahen zu mir auf, immer noch still und schweigsam, ehe sie sich, der eine um Pippin, der andere um Frodo kümmerten und ihnen leise Worte zuflüsterten. Ich hoffte, sie würden Schlaf finden, denn dies war eine Nacht voll Gefahrlosigkeit, die sie in den kommenden Tagen nicht mehr finden würden. Ausschau hielt ich auch nach dem Sohne Gondors, der sich fort von der Gemeinschaft abgewandt und sich regelrecht verkrochen hatte. Seit der Begegnung mit der Herrin Galadriel wirkte seine Handlung unsicher und noch wesentlich verzweifelter als die unsere. Was hatte die Herrin gesehen, was hatte sie ihm gesagt, dass er so verzagte? Rasch fand ich ihn, zusammengesunken af einem Stein hockte er, während sein Kinn kraftlos auf seiner Brust ruhte. "Du solltest schlafen, Boromir. Die Grenzen Loriens sind gut geschützt." "Hier werde ich keinen Schlaf finden", antwortete er mir schnell und nervös, kopfschüttelnd und nahezu, als würden wir uns immer noch in einer Schlacht befinden. Mit fragender Miene setzte ich mich zu ihm, sah ihn wortlos an und erhoffte mir eine Antwort auf sein Betragen. Sofort erhielt ich sie. "Ich hörte ihre Stimme in meinem Kopf! Sie sagte, selbst jetzt besteht noch Hoffnung!" Seine Stimme erhob sich, erweckte beinahe den Anschein, als wären diese Worte so unglaubwürdig, wie das schnelle Ende des Krieges. "Aber ich sehe sie nicht." Nur ein stummes Nicken konnte ich erwidern. Ich wusste, wie es um Gondor stand... natürlich wusste ich es. "Hast du sie jemals gesehen, Aragorn? Die weißen Pforten..." "Ich habe die weiße Stadt gesehen, vor langer Zeit...", erwiderte ich nachdenklich. Eine Erinnerung, die mir einen unangenehmen Schauer über den Rücken jagte, zu vieles lauerte dort. Wir führten das Gespräch lange fort und letzen Endes gelang es mir, ein schwaches Lächeln auf den Lippen des Anderen zu beschwören... ihn von seiner Hoffnungslosigkeit zu befreien... zumindest ihn zeitweise davor zu verschonen. "... und von den Mauern wird der Ruf erschallen: 'Die Söhne Gondors sind zurückgekehrt'!" Ich erzwang mir selbst ein Lächeln, ehe ich ihm auf die Schulter klopfte, ihm noch einmal zunickte und ihn dann abermals bat, zur Ruhe zu finden. Es war mir wichtig, es ihm nicht gleichzutun, bevor der Letzte zum Schlafe gefunden hatte. Aufmerksam beobachtete ich die Hobbits, die bereits in wärmenden Decken lagen, während ich mich an einen Baum lehnte und die Augen offen behielt, mit den Gedanken jedoch weit weg war. Boromirs Sorge war auch die Meine. Sie wies mich darauf hin, dass sie nicht die einzige war... so vieles lag noch im Dunkeln. Müde fuhr ich mir mit der Hand über die Augen, lange Zeit stand ich dort, verdrießlich Erinnerungen und Gedanken nachjagend, ehe ich mich nach mehrmaliger Kontrolle über der Ruhe der Gemeinschaft abwandte. Diese Überlegungen hielten mich nun wacher, als es mir lieb war und ich erhoffte mir, die alte Müdigkeit wiederzufinden, indem ich das Gefilde durchstreifte. Nach kurzer Zeit erreichte ich einen Abhang, unauffällig war er, so dass er mir zuvor nie aufgefallen war. Aus unerklärlichem Interesse schritt ich ihn hinab, glaubte auch leise Geräusche zu hören und legte die Hand auf das Schwert, da es mir meine Vorsicht riet. Doch umsonst schien sie mich zu warnen, denn ich erblickte den Elben, der niemals schlief. Ich legte leicht den Kopf zur Seite, wunderte mich still über die Haltung des Blonden. Sein Haar umfuhr seinen nackten Rücken, streichelte die schöne Haut. Ich folgte dieser Beobachtung, konnte den Blick nicht abwenden, doch geriet diese abwegige Träumerei flugs in Schwanken, als ich die Wunde entdeckte, die das schöne Sinnbild störte. Für einen kurzen Augenblick hielt ich den Atem an, wollte meinen Augen nicht trauen, denn ich erkannte gut, dass diese Blessur nicht von Unachtsamkeit her stammte. Sie war tief... wie konnte ich das übersehen? Mein Blick war doch so gründlich und doch war Legolas' Wille so stark gewesen, dass er es vor mir verbergen konnte! Unerklärlich war es mir, wie dies geschehen konnte und der Schock saß so tief, als würde diese Wunde nicht die seine sein. Nie zuvor hatte ihn eine Klinge getroffen... und diesmal war es doch passiert. Hatte er sich deswegen so zurückgezogen? Der Schrecken ließ mich lange zögern, doch wenn ich ihm im Kampfe nicht zur rechten Seite gestanden hatte, so würde ich mir nichts mehr wünschen, als dass ich ihm jetzt zu Diensten sein konnte. Äußerlich ruhig ging ich auf ihn zu, blieb hinter ihm stehen und streckte den Arm aus, um behutsam nach der Schatulle in seiner Hand zu greifen, während ich mich über ihn beugte und eine ernste Miene offenbarte, während meine Stimme von einem leicht vorwurfsvollen Ton getrübt war. "Fürchtest du, eine Last zu sein, mein Freund?" ~*~ ~*tbc*~ Kapitel 2: *~tâd~* ------------------ Legolas: Erschrocken starrte ich auf seine Hand, hatte ihn weder gespürt, noch gehört. All meine Sinne schienen mich schmählich im Stich gelassen zu haben. Und dann vernahm ich seine Stimme, seine ruhigen Worte, die er an mich richtete. Reglos ließ ich zu, dass er die Schatulle an sich nahm, ließ dann die Hand sinken und schloss die Augen. Ich fühlte ihn, spürte, wie er hinter mir stand. Und sein Erscheinen überraschte mich... Nie hätte ich erwartet, dass er zu mir kam, vertrat fest die Meinung, er hätte einen eigenen Kampf zu führen, ohne dabei die Zeit zu besitzen, etwas anderes zu tun, da er ihn so in Anspruch nahm. Matt senkte ich den Kopf, die Strähnen fielen in meine Stirn und nach einem stummen Durchatmen blinzelte ich zur Seite. "Die anderen müssen es nicht sehen", flüsterte ich leise. "Ich selbst wünschte, ich könnte die Augen davor verschließen." Somit verstummte ich, meine Pupillen richteten sich auf das feuchte Moos unter meinen Füßen. Abwesend betrachtete ich es mir und Aragorn schwieg. Ich achtete nicht auf ihn, fand nicht die Kraft, mich auf ihn zu konzentrieren. Mir entrann ein leises Seufzen. "Es hätte beileibe keinen schlechteren Zeitpunkt treffen können." Langsam hob ich die Hand, setzte die Fingerkuppen auf meine Stirn und ließ sie höhergleiten, bis ich mir das lange Haar zurückstreifen konnte. Eine jede Bewegung rief Schmerzen in mir hervor. "Ja." Meine Stimme wurde leiser, senkte sich, geschwächt von meinem Schwermut. "Ich fürchte, eine Last zu sein, nein, ich bin es. Dir und den anderen." Erneut schloß ich die Augen, meine Lippen pressten sich aufeinander und wieder senkte ich den Kopf. "Verzeih mir." ~*~ Aragorn: Es wunderte mich sichtlich, den anderen so erschreckt zu haben, denn sein waches Auge hatte schon jeden erspürt, dessen Distanz zu uns viele Meilen betrug. Der Schmerz der Wunde, die beim näheren Betrachten weitaus tiefer wirkte, als gedacht, musste seine Sinne vernebeln, ihn nahezu so rücksichtslos zerstreuen, dass seine Umsicht nicht mehr weit sein konnte. Schweigsam lauschte ich seiner Stimme, überdachte jedes einzelne Wort, jedoch vielmehr einjede Bewegung. Ruhig sah ich zu, wie er den Kopf sinken ließ und das Haar etwas mehr von der makellosen Haut preisgab. Ein seltsames Gefühl war es, dabei zu fühlen, wie das Herz einen ungewöhnlich schnellen Takt schlug und mir immer wieder für einen kurzen Augenblick das Atmen erschwerte, so dass es mir nicht sehr leicht fiel, lautlos Luft zu holen. Ich würde es selbst nicht verstehen... diese Ruhelosigkeit, diese Zweifel, welche der Elb an sich selbst hegte, machten ihn... schöner... Hätte man mir erzählt, wie schön Arwen doch war, wenn sie die Brauen leidvoll verzog und ihre Augen vor Tränen glänzten, hätte ich denjenigen nur missbilligend angeblickt und mich abgewandt. Langsam ließ ich mich sinken, nahm Platz dicht hinter Legolas und weiterhin wortlos ging ich meinen Gedanken nach. Kurzweilen ließ ich den Blick sinken, besah mir die Schatulle, öffnete sie und nahm den bekannten Geruch der Athelaspflanze auf. Wieder nahm ich die Bewegung des anderen wahr, setzte ein leichtes Lächeln auf und hob reflexartig die Hand, als er beim Zurückstreifen der Haare eine dünne Strähne verlor. Flüchtig berührte meine Hand die weiche Haut, als ich das Haar über die Schulter des Blonden legte. Darüber dachte ich nicht nach... ich fasste keine Gedanken über mein Handeln, sondern tat es einfach. "Es gibt nichts zu verzeihen, Legolas", murmelte ich leise, nutzte den Moment und ließ dann die Fingerkuppen sanft und ohne jeglichen Druck über den Rücken des Anderen wandern. Es war ein seltener Genuss und ich konnte nicht widerstehen, meiner gewollten Kontrolle Taten folgen zu lassen. "Es gab viele dunkle Tage, an denen wir unserer Kräfte beraubt und von Schmerzen geplagt waren und keiner von uns hätte diese überstanden, wenn er allein gewesen wäre." Ich lehnte mich etwas zurück, legte den Kopf zur Seite und warf wieder einen Blick auf die Wunde. "Jedoch nur, wenn wir weiterhin als Gemeinschaft zusammenhalten." Vorsichtig ließ ich die Finger zu der Wunde gleiten, fühlte die Stärke der Haut um die schwere Verletzung und fasste einen Entschluss. "Du bist niemandes Last, nur dir selbst." Ich ließ ab von seinem Körper und öffnete eine kleine Brusttasche, aus der ich Nadel und Faden zog. "Es ist nichts Falsches daran, einen Gefährten um Hilfe zu bitten." Behutsam legte ich die freie Hand auf seine Schulter. "Aber es wird schmerzhaft werden", meinte ich zuletzt und wartete lieber ab, ob es ihm wirklich Recht war, wenn ich ihm half... nun, allein lassen würde ich ihn jedoch auch nicht. ~*~ Legolas: Leise drangen seine Worte an meine Ohren und ich lauschte ihm schweigend, während ich seine Finger auf meinem Rücken spürte. Sie waren rau - eindeutig die Hände eines Schwertkämpfers und dennoch legten sie sich mit solch einer Sänfte auf meine Haut, dass sie lediglich ein leichtes Kitzeln hinterließen. Meine Schultern hoben sich, als ich tief Luft holte, sie unter einem leisen Seufzen ausstieß und etwas in mich zusammensank. "Die Gemeinschaft...", flüsterte ich beinahe lautlos, als er kurz verstummte, seine Hand sich tastend meiner Wunde näherte. "Du bist niemandes Last, nur dir selbst." Ich spürte seinen Atem auf meiner Haut, nahm Bewegungen hinter mir wahr und blinzelte zur Seite. Diese Gemeinschaft... ging es mir schleppend durch den Kopf. Sie hatte sich verändert, seit wir aufgebrochen waren. Ja, in unseren Augen hatte Entschlossenheit geglänzt, in unseren Gliedern Kraft gesteckt, in unseren Händen der Wunsch, nach dem Schwert zu greifen. Treue hatten wir uns geschworen. Und den Schwur hatten wir eingehalten. Wochenmärsche über ungeschützte Ebenen, der Kampf, über den Kaladhras zu gelangen, die Angst in den Mienen Morias, die grausamen Enthüllungen... Gandalfs Tod... Wieviel... Wieviel der Grausamkeiten, die uns erwarten würden, hatten wir somit hinter uns? Hieß es, nicht mehr durchstehen zu müssen oder würde es nach Lotrien gar erst beginnen? Wenn dem so war, was meine düstre Befürchtung unbarmherzig bestätigte... Ja, wenn dem so war, so konnten wir uns keine weiteren Fehler gar Verluste erlauben. Kein Misstrauen, welches versteckt in der Gemeinschaft seiner Wege krauchte, keine Zweifel, die mich zerfraßen, keine Ängste, die die Glieder der Hobbits während des Kampfes lähmte. Und keine Last... "Du bist niemandes Last, nur dir selbst", hörte ich Aragorns Stimme leise in meinem Kopf. Wieso sagte er dies zu mir? Meine Brauen verzogen sich, langsam legte sich seine Hand auf meine Schulter. "Es ist nichts falsches daran, einen Gefährten um Hilfe zu bitten." Meine Lippen bewegten sich stumm, beirrt suchten meine Augen festen Halt, streiften nur ziellos umher. "Aber es wird schmerzhaft werden." Seine Hand bewegte sich kurz auf meiner Schulter und ich blickte auf. Kurz betrachtete ich mir den mächtigen Stamm eines Baumes und er schien zu zögern, auf etwas zu warten. "Ich möchte nur einen einzigen um Hilfe bitten." Langsam drehte ich das Gesicht zur Seite, drehte es soweit, bis ich ihn entspannt aus den Augenwinkeln anschauen konnte. "Aragorn." Ich zwinkerte, entfloh kurz seinem Blick und sah ihn wieder an. "Hilf mir, keine Last mehr zu sein. Nicht für die anderen... nicht für mich. Und sorge dich nicht. Körperliche Schmerzen ertrage ich." ~*~ Aragorn: Zu gerne hätte ich gewusst, nur einen Hauch einer Ahnung gehabt, woran er dachte, was in ihm vorging... was er fühlte. Doch ich saß viel mehr ratlos hinter ihm, reglos und abwartend. Ich stellte mir die Frage, ob es vielmehr der seelische Schmerz war, der ihn so mutlos und zweifelnd machte, als dass sein Körper wehrlos dieser Wunde ausgesetzt war. Mordor... lag noch soweit entfernt... und wir alle waren bereits mit unserer Weisheit am Ende. Weisheit... Gandalf hätte die passenden Worte gefunden, um diese Mutlosigkeit von uns zu nehmen... und für mich... stellte diese Aufgabe Unmögliches dar. So blieb ich auch weiterhin stumm, beobachtete, wie der blonde Elb die Schultern hob und seufzte. Was konnte ich schon tun...? Ich selbst litt unter einem seelischen Schmerz, der mir schon zu lang den Leib zerriss. Langsam ließ ich den Blick sinken, ließ von dem Rücken ab, dessen Körper und Geist mir diese unerklärliche Wunde zugefügt hatten und besah mir die Nadel, die ich abwartend in der Hand kreisen ließ. Es schien mir... als hätte ich noch nicht wahrgenommen, dass ein Gefährte verschwunden war... dass er nicht mehr unter uns weilte. Vielleicht gelang es mir deshalb, diese Angst vor einem weiteren Verlust zu verdrängen oder über diese Tatsache zu trauern. Nur als ich schließlich bemerkte, wie Legolas aufsah, hob auch ich den Blick. Wie hatte er sich entschieden...? Die folgenden Sätze überraschten mich, ließen mich regelrecht zu einer Statue erstarren und alle Überlegungen abbrechen. Meine Hand ließ ab von seiner Schulter, sobald ich erkannte, dass er das Gesicht zu mir drehte und ich musste alle Sinne zusammenhalten, um nicht zu viel Verblüffung zu offenbaren. Ein unerwarteter Schauer schlich sich über meinen Rücken und ich drückte diesen durch, um eine aufrechte Haltung zu bewahren, doch mein Mund öffnete sich einen Spalt, ohne jedoch nur einen Laut über die Lippen zu bringen. 'Bitte sieh mich nicht so an', bat ich ihn wortlos, hoffend, dass er den Blick abwandte und schwieg. Und für einen kurzen Augenblick hatte ich gedacht, er würde meiner stummen Bitte folgen, doch stattdessen nannte er meinen Namen. Ich konnte mich nicht erinnern, diesen je so sinnlich aus seinem Munde gehört zu haben. Und ich spürte, wie sehr meine eigene Wunde weiter aufriss. Sie würde niemals heilen. Den flüchtigen Moment, in dem er meinem Blick auswich, nutzte auch ich, um Luftholend meine alte Fassung zurückzuerlangen, obgleich ich sofort wieder aufsah, als auch er wieder die Augen auf mich richtete. Nie hatte ich gedacht, dass mich ein Wesen so elendig quälen konnte, wie er es tat... und doch so rein bleiben konnte, wie er es war. Wie konnte so etwas passieren...? Ich zwinkerte diese wirren Gedanken weg, wandte nun selbst den Blick ab und ich nickte... einfach nur still und begann die Nadel in den dünnen Faden einzufädeln. Ein einfaches Unterfangen, das mir zu wenig Gelegenheit gab, wieder zu mir zu finden. Nie zuvor war ich so uneins mit mir... "Ich..." Erneut legte ich die Hand auf seinen Rücken, schaute nun konzentriert auf die Wunde und hob mit der anderen Hand die Nadel zum Mund, behielt sie zwischen den Lippen und legte dieselbige Hand nochmals auf die Schulter des Blonden, um diese zu mir zu ziehen, während ich etwas Druck auf das Rückgrat des Anderen legte, damit er das Kreuz etwas durchdrückte. Erst dann nahm ich die Nadel aus dem Mund und musste mir verinnerlichen, das leidvolle Keuchen Legolas' einfach zu überhören. "... ich werde mich hüten, dich unnötig zu verletzen." Vielleicht sagte ich dies eher zu mir, als zu ihm, auch wenn ich die Worte deutlich aussprach. Nur dass für mich der Sinn dieses Satzes ein ganz anderer war, als für ihn... so hoffte ich. Und nun würde ich einzig und allein mein Augenmerk auf die Verletzung richten, weder Stimmen noch Bewegungen wahrnehmen. Das einzige, was ich tat, war, die Schulter festzuhalten und dafür zu sorgen, dass der Rücken durchgedrückt blieb, so dass das Nähen der Wunde leichter vonstatten gehen konnte. So ließ ich die Nadel sinken, holte noch einmal tief Luft und stieß sie langsam aus, bevor ich die Nadel sicher durch die Haut gleiten ließ und begann die Wunde zu schließen, vorsichtig und ruhig, jedoch auch nicht mutmaßlich langsam... Hmm... eine Narbe würde bleiben. Eine dunkle Narbe... auf dem unbefleckten Leib. ~*~ Legolas: Ich spürte einen kurzen Stich, der meinen gesamten Leib zu durchzucken schien und eine Gänsehaut über meine Arme jagte. Nur flüchtig vertiefte ich mich in den Versuch, den Schmerz, den ich in diesen Sekunden verspürte, vor anderen Augen als den Meinen zu verbergen. Doch... Es war Aragorn. Aragorn, dem ich vertraute, Aragorn, vor dem ich keinen Beweis zu erbringen hatte. Weder für meine Stärke, noch für etwas anderes. Meine Miene verzog sich und unter einem gedrungenen Ächzen ließ ich den Kopf sinken, biss die Zähne zusammen und zwang mich, auch die Augen zu schließen. Ich meinte dazu im Stande zu sein, einjede seiner Bewegungen zu spüren, fühlte, wie seine Hand stützend auf meiner Schulter verharrte, wie die rauen Finger beiläufig meine Haut streiften, während sie die Nadel gekonnt führten. Und auch diese spürte ich... selbst, wenn sie nicht meine Haut zerstach, meinte ich dennoch, von ihrem Schmerz geplagt zu werden. Ich kämpfte gegen eine Verkrampfung, atmete zittrig ein und lehnte mich unbeabsichtig gegen seine Hand, als ich den Kopf etwas hob, die Lippen einen Spalt weit öffnete und zur Seite blinzelte. Nur kurz erblickte ich das schwache Licht, welches, getrübt durch die frühe Abenddämmerung, durch die zarten Blätterkronen der Bäume auf uns fiel. Es blendete mich dennoch, besaß die Kraft, meine Augen flüchten zu lassen. Ich unterdrückte ein leises Zischen, als sich die Haut auf meinem Rücken etwas spannte, der stabile Faden straff gezogen wurde. Angespannt starrte ich hinab auf meine Finger, die sich allgemach in den dünnen Stoff des Hemdes klammerten und nachdem ich erneut gegen mich angekämpft hatte, schloss ich erneut die Augen. Zielstrebig und durchaus etwas gezwungen, versuchte ich mich flink in eine leichte Meditation zu vertiefen. Ich benötigte Ablenkung, eine Milderung der Schmerzen, so gering sie auch wäre, ich würde sie mit Dankbarkeit empfangen. Noch immer lagen meine Hände zu Fäusten geballt auf meinem Schoß, zerdrückten den Stoff, begannen zu zittern, als sich meine Haut erneut spannte, mir das Gefühl gab, zu zerreissen. Zu Beginn stumm, nun jedoch leise, begann ich zu sprechen, würgte das gebrechliche Flüstern regelrecht hervor und verharrte reglos, in Furcht vor den Schmerzen, den tiefen Wunsch verspürend, abzudriften, meinen Versuch von Erfolg zu krönen und all dem mit weniger Leid entgehen zu können. ~*~ Aragorn: Obwohl ich es mir so fest vornahm, konnte ich mich den Leiden des Blonden nicht entziehen, spürte jedes Zucken, jede Verkrampfung, sei sie noch so flüchtig und beiläufig gewesen. Ebenso seine Stimme, die zitterte und alles daran setzte, nicht die Kontrolle zu verlieren und lautes Wehklagen erklingen zu lassen. Zwar ließ ich mich nicht beirren, führte diese Aufgabe ohne Wenn und Aber weiter, doch ich konnte nicht leugnen, dass mir dieser Anblick nicht einiges an Selbstkontrolle abverlangte... viel lieber, als ihm doch Schmerzen zuzufügen, wollte ich ihn umarmen, ihn streicheln... ihn einfach nur auf eine bessere Art berühren, als diese es war... Nur ab und an blickte ich auf, bemerkte, wie er den Kopf sinken ließ, nahm das zitternde Atmen genaustens zur Kenntnis und erblickte ganz andere Bilder vor meinem geistigen Auge. Rasch räusperte ich mich, sah sofort wieder zu der Wunde und verurteilte mich still. Wie verachtenswert doch meine Gedanken waren... wie furchterregend es sein würde, wenn ein anderer sie lesen könnte... Plötzlich spürte ich den Druck auf meiner Hand und achtete genau darauf, dass er sich nicht widerrum zu weit zu mir zurücklehnte, sagte aber auch nichts dazu. Wie könnte ich auch... mir fehlten die passenden Worte, um ihm Trost zu spenden oder ihm gar die Sache erleichtern zu können. Das einzige was ich tat, war, den Faden straff zu ziehen und dafür ein gepeinigtes Zischen zu ernten... Nein, das war zu viel... ich konnte es nicht ignorieren, nicht überhören, ergab mich dem beinahe lautlosen Schrei, welche für meine Ohren dennoch deutlich hörbar war und hielt letzen Endes inne, sobald ich auch die leisen Worte hörte, die der Andere vor sich hinsprach. Eine Qual, gleichermaßen für uns beide und so konnte ich das nicht fortsetzen... Meine Hand, die auf seiner Schulter lag, übte leichten Druck auf diese aus, massierte sie zaghaft und wanderten über den Nacken zu der anderen Schulter, während ich die Fläche der anderen Hand über seine Wirbelsäule gleiten ließ, dabei jedoch darauf bedacht, Nadel und Faden von seiner Haut fernzuhalten, doch auch nicht zu riskieren, dass sich die bisher genähten Stellen wieder öffneten geschweigedenn lockerten. Leise begann ich zu summen, führte diese Tätigkeit erst mal fort, bis ich das Gefühl haben konnte, dass Legolas entspannt genug war, um den Rest der schmerzhaften Prozedur zu durchstehen... "Et Eärello Endorenna utúlie...", sang ich leise, ruhig und tief... ein elbisches Lied, welches mir einst meine Mutter beibrachte. "Sinome maruvan ar Hildinyar tenn' Ambar-metta..." ~*~ Legolas: Er hielt inne, setzte mich nicht weiteren Schmerzen aus und schwieg. Noch immer kämpfte ich mit dem Versuch, mich zu beruhigen und so kam mir diese Unterbrechung recht gelegen. Tief holte ich Atem, spürte, wie der Schmerz allmählich und schleppend an Kraft verlor, wie sich mein Körper befreiter anfühlte, endlich der Entspannung um ein Stück nachgab. Kühlend bedeckte die frische Luft meine Haut, umso mehr nahm ich die Wärme der Hand wahr, die ruhig auf meiner Schulter lag. Kurz blinzelte ich, seufzte vor Erleichterung und legte den Kopf zur Seite. Die Nadel blieb meiner Haut fern, mein Haar streifte Aragorns Hand und kurz darauf begann sich diese zu bewegen. Mit anfänglicher Verwunderung fühlte ich die rauhe Haut auf der Meinen, spürte, wie sich die Finger sanft bewegten, vorsichtig meine Schulter massierten. Auch seine anderen Finger spürte ich, wie sie sich jetzt auf meinen Nacken setzten, das Haar zur Seite streiften. Kitzelnd glitt dieses über meinen Rücken, fand seinen Platz über der anderen Schulter und wieder kehrte die Hand zu meinem Nacken zurück, legte sich auf diesen und wanderte mein Rückrad hinab. Erneut nahm ich seine lebendige Wärme war, seine Berührungen entfachten ein behagliches Gefühl in mir, welches durch all meine Glieder zog, den Platz der Schmerzen einnahm, den ich nur allzu bereitwillig hergab. Langsam senkte ich die Lider, meine Lippen verblieben stumm, kein Flüstern kam mehr über sie, keine Verantwortung, die Qualen zu verdrängen, lastete mehr auf ihnen. Stockend hob ich den Kopf, legte ihn in den Nacken und hielt die Augen entspannt geschlossen. Mit dem größten freien Willen gab ich mich seinen Berührungen hin. Seinen Händen, die mich gekonnt ablenkten, mich in eine andere Situation trieben. Sie kitzelten angenehm und ebenso gerne gab ich mich dem Genuss hin. Dem Genuss, dem ich zu lange entsagt hatte. Erneut bildete sich die Gänsehaut auf meinen Armen und erneut erschauderte ich, ließ mich mitreissen von der Massage, die mich alles vergessen ließ. Wenn auch nur für diesen kurzen Moment... Ein genüssliches Seufzen kam über meine Lippen und nach einem bequemen Räkeln verblieb ich erneut bewegungslos, hoffend, wenigstens noch kurz diese Zufriedenheit zu verspüren. Auch weiterhin tastete er meine Haut ab, anfänglich zaghaft, bald jedoch intensiver und umso herrlicher. Der kühle Wind umspielte mich angenehm, die peinigenden Schmerzen der Wunde schienen verflogen und alsbald nahm ich seine Stimme wahr. Nur leise erhob sie sich, wurde durch den Wind zu mir getragen und drang sanft an meine Ohren. Mein Atem stockte, als ich sie vernahm. Die elbischen Worte, die rauh und doch sanft über seine Lippen kamen, die ruhige Melodie, die mir nur all zu bekannt war, der ich mit größtem Gefallen lauschte. Verträumt sprach er die Worte aus, so ausdrücklich und doch schwelgend war seine Stimme und ich atmete aus. Leise, annähernd geräuschlos, um das Lied nicht zu übertönen. Bald darauf sah ich mich zu einem leichten Lächeln gezwungen. Frohgemut lächelte ich dem Himmel entgegen... Und er sang. ~*~ Aragorn: Hätte ich geahnt, wie gut es wohl dem Elben tat, was ich da mit meinen Händen anstellte, so hätte ich lieber sein Wehklagen erduldet. Egoistisch mag dies klingen, doch je besser er sich zu fühlen schien, umso schmerzhafter zog sich mein Herz zusammen. Ich führte den Gesang weiter, überbrückte ihn ab und an durch ein melodisches Summen und hörte doch nicht auf, den anderen zu massieren... eher noch erhöhte ich den Druck auf die weiche Haut. Es galt das Zittern in meinem Körper zu verbergen... das Zittern dieser inneren Beunruhigung bei jeder Gestik des Blonden. Schön waren sie alle... Elben, unsterbliche Wächter der Wälder und der Täler, doch an Geschicklichkeit, Eleganz... Anmut... so zweifelte ich, dass es nur eines dieser Wesen gab, das ihnen ebenbürtig war. Solch eine Reinheit... wie er den Kopf zur Seite legte... das seidige Haar meine Hand berührte, umspielte und mich lockte, nach ihm zu greifen und fest zu umschließen. Flüchtig schloss ich die Augen und hässliche Dinge zeigten sich vor meinem Auge... was war mein Geist schon gegen meinen Körper? Ich lehnte mich etwas vor, kniete wie ein Knappe vor dem König, hinter dem Elb und kam seinem Rücken gefährlich nahe. Immer noch summend, leise elbische Worte wispernd, konnte ich den Blick nicht mehr abwenden, nahm den Geruch seines Haares wie Sauerstoff in mich auf und unterdrückte mir selbst ein Keuchen und blieb krampfhaft ruhig... Ich unterdrückte dieses dürstende Verlangen... konnte mich nur ausleben, indem ich weiter dieser Behandlung nachging und mir selbst Schmerzen zufügte... immer mehr, immer tiefer und mich wieder zurücksetzte, ehe Legolas den Kopf in den Nacken legte und sich diesem Seufzen hingab. Wie lang noch... würde ich dem widerstehen können...? "... meleth... anira... " 'Liebe... begehren...' und obwohl er die Worte wohl verstand, so wusste ich, würde er nie begreifen, in welcher Verbindung sie zu mir... zu ihm standen. Vorsichtig ließ ich die Fingerkuppen weiter an der Wirbelsäule hinabrutschen und erreichte alsbald den Steiß, von dem ich sofort abließ... und die Hand zurück zur Nadel greifen ließ. Während die Hand an seiner Schulter nicht zur Ruhe fand, zärtlich durch die blonden Strähnen gelangte, erreichte sie zurückhaltend den feinen Nacken, begann ihn beruhigend zu kraulen, ehe ich meine eigentliche Aufgabe wieder aufnahm und erneut die Haut durchstach und durch den Faden verband. Schnell tat ich dies, ließ keine Zeit, um einjeden Stich spüren zu lassen und lenkte den Anderen weiterhin mit der anderen Hand ab. Und es gelang mir, ohne langes Zögern die Wunde zu schließen. Mein Gesang endete schließlich, ich beugte mich etwas hinab, berührte bebend mit den Lippen die Haut und schloss die Augen... gedämpft dem Verlangen entgegen und durchbiss den festen Faden. Schwer ausatmend setzte ich mich dann wieder auf, griff nach der Schatulle und öffnete sie. Mit allerlei Hingabe rieb ich die Verletzung ein und schloss dann das Kästchen, um schließlich aufzustehen und von oben auf den Elb hinabzusehen. "Halte deine Bewegung vorerst ein wenig in Grenzen..." So unschuldig... trotz Mord, Angst, Tod... Ich schüttelte wortlos den Kopf und trat um Legolas herum, hockte mich vor ihn, besah ihn mir näher und legte den Kopf schief. "... auch deine Wunden benötigen ihre Zeit zur Heilung." ~*~ Legolas: Es war mir, als würden jegliche Geräusche der Natur verstummen, als verebbe der Wind, als würden die zarten Halme des Grases in dem sanften Wiegen innehalten. Nur noch Aragorns Gesang war es, auf den sich all meine Sinne richteten. Je intensiver desto leiser seine Stimme wurde, desto mehr er sie senkte, sie alsbald nur noch als leises Summen zu mir drang. Beruhigung wurde wir wahrlich zuteil, als er meinen Nacken rieb, mit den Fingern meine Muskeln massierte, sie schnell zur Entspannung brachte und somit auch meinen Atem. Nur schwerlich zu Bewegungen imstande, zu sehr im Genießen vertieft, war es mir ein schweres, den Kopf sinken zu lassen, war nur stockend und recht langsam dazu fähig. Geräuschvoll atmete ich aus und schloss den Mund, auf dem ein immerwährendes Lächeln weilte. Schmerzen waren nicht dazu fähig, mich aus dieser Abwesenheit zu holen, aus diesem Zustand, der umso einiges angenehmer und durchaus wirksamer war, als jede erdenkliche Meditation, die ich beherrschte. Nur ein leichtes Ziehen, welches ich beiläufig spürte, welches zu schwach war, um sich quälend zu erheben. Aragorns Hand tastete sich weiter, ohne zu stocken, auch nur ohne das geringste Zögern, bearbeitete sie meine Haut, trieb mich weiter und weiter in das Gefühl des wärmendes Halbschlafes, aus dem ich nur ungern erwachen wollte... und es dennoch tat. Als ich ein sanftes Kitzeln auf meinem Rücken spürte, nahe der Wunde. Ein Kitzeln, welches ich als fremdartig empfand. Es legte sich auf meine Haut und ich öffnete die Augen, erhob mich aus der recht zusammengesunkenen Haltung und tauchte auf aus der Welt... in der keine Schmerzen ihre Existenz fanden... ... in der es nichts gab, was Leid und Schmach mit sich brachte... ... welche nur Annehmlichkeiten bereit hielt und mich widerstandslos über eine längere Zeit hätte behalten können. Ich kehrte zurück in die Realität, die mir durch einen kurzen Schmerz ihre Wahrheit vor Augen führte. Ich verzog die Augenbrauen, leicht überrumpelt durch dieses plötzliche Geschehen und doch schnell verstehend, wie schnell sich auch dieser Schmerz zurückzog, wie all das sein Ende fand. Aragorn hatte den Faden zerbissen, kitzelnd glitten die Strähnen seines Schopfes über meine Haut, als er sich zurücksetzte... einen schweren Atem ausstoßend, als erleichtere ihn der Abschluß dieser Prozedur nicht weniger als mich. Eine leichte Verwunderung überkam mich, als ich mich allgemach umblickte, die Gegend auf mich einwirken ließ, das Abschwächen der Schmerzen spürte und mir darüber bewußt wurde, wie schnell dies doch eingetreten war. Stumm bewegten sich meine Lippen, ziellos suchte ich nach Worten und unterdrückte meine Suche, als ich die kühlende Salbe auf der geschlossenen Wunde spürte. Die heilende Arznei der Elben, noch wirksamer aufgetragen durch die fürsorgliche Hand. Und erneut fand ich zu meinem Lächeln. Es gelang mir schnell, zog entspannt an meinen Lippen, traf auf keinen Widerstand und entfaltete sich schnell, als die Schmerzen letztendlich beinahe abstarben... ... als mich für wenige Momente nichts mehr an die schwere Zeit erinnerte, die ich hinter mir gelassen hatte. Alsbald ließen die Berührungen nach, die Salbe war aufgetragen. Ich vernahm ein leises Geräusch... Die Schatulle wurde geschlossen. Langsam hob ich die Hand und streifte das Haar zurück. Die Bewegungen fielen mir leichter, bereiteten mir mehr Freude als zuvor, da mich keine Pein von ihnen abhielt. "Halte deine Bewegung vorerst ein wenig in Grenzen..." Ich hielt inne, als ich seine Worte vernahm, hielt die Hand zwischen den langen Strähnen und blickte auf, als er neben mir erschien, in sicherem Schritt vor mich trat, mich tiefgründig musterte und kurz schwieg. Unverwandt erwiderte ich seinen Blick, löste die Hand aus meinem Schopf und ließ sie sinken. Und mit ihr ging auch Aragorn in die Knie. Er ließ sich sinken, als stecke in seinen Beinen marternde Schwäche, als fehle die Kraft, sich länger aufrecht zu halten. Ich senkte den Kopf, mein Blick folgte ihm aufmerksam und alsbald kniete er vor mir im kühlen Gras, hielt die Schatulle sicher in der Hand und lenkte nach einem knappen Zögern, dessen Grund ich nicht kannte, erneut den Blick auf mich. "... auch deine Wunden benötigen ihre Zeit zur Heilung." Diese Augen, dachte ich mir, während ich beide Hände im Stoff des Hemdes verbarg, reglos sitzen blieb und ihn ansah. Dieses Flehen, welches in ihnen lag, diese Besorgnis... Die Besorgnis, die jedem galt. Lange wusste ich nichts zu erwidern, betrachtete ihn mir still und scheiterte an dem Versuch, in seiner Mimik zu lesen. Und allgemach verzogen sich meine Augenbrauen, unbewusst ließ ich mein Gesicht skeptisch wirken, verjagte diesen Ausdruck erst unbeabsichtigt, als ich den Kopf schüttelte, zu dem Lächeln zurückfand, welches jeden Zweifel zerstörte. "Verleugne deinen Schmerz nicht", sprach ich ruhig zu ihm, langsam und leise, um ihm meine Worte zu verinnerlichen. Und das Lächeln hielt an. "Schenk ihm mehr Aufmerksamkeit als dem meinem. Aragorn... mein Schmerz wird es nicht sein, der dich aufhalten wird. Einzig und allein der Eigene ist es, der dich zum Stocken bringt." Ich blinzelte, ließ den Blick sinken und ihn sich zielstrebig auf seine freie Hand richten, die auf seinem Oberschenkel gebettet lag. Ich besah sie mir nur kurz, bis ein leises Gefühl der Bekümmerung nach mir griff und ich mich vorsichtig zu ihm beugte, langsam und geduldig, um mich nicht freiwillig dem verdrängten Schmerz hinzugeben. "Du zitterst ja." Nur ein besorgtes Hauchen kam über meine Lippen, als ich die Hand zu seiner senkte, mit den Fingern über seinen Handrücken strich und mich in meiner Annahme bestätigt sah. "Leg dich nieder." Ich hob den Kopf, fand zu seinen Augen zurück. "Finde Ruhe und belaste deine Seele nicht mit den Nöten anderer. Diese muss jeder selbst tragen, nicht du." Erneut bewegte ich den Kopf langsam von einer Seite zur anderen, versuchte mit meinem Lächeln Trost zu spenden und scheiterte beinahe daran, als mir Aragorns Miene auch weiterhin verschlossen blieb. Kurz sahen wir uns schweigend an, bis ich mich aufrichtete. "Ich sehe die Müdigkeit in deinen Augen, spüre die Schwäche deines Körpers. Ich bitte dich, leg dich nieder, suche den Schlaf und finde ihn. Und hab aufrichtigen Dank für deine Hilfe, du besitzt wahrlich heilende Fähigkeiten." ~*~ Aragorn: Eigentlich hätte es mir schwer fallen müssen, den Blick weiterhin sicher auf ihm zu belassen, seinen Augen keinen Augenblick zu entrinnen, doch es war wie eine Bannung dieses tiefen Blaues, welches mir so besorgt entgegenblickte. Eine seltsame Fügung. Sicherlich konnte er erkennen, dass Sorgen und Kraftlosigkeit sich an meinem Körper labten... nur nicht... weshalb dem so war. Es war mir ein leichtes, denn ich zweifelte daran, dass abgrundtiefe und boshafte Gedanken je in seinem Inneren Platz finden würden, dass er wissen konnte, welche Art von Sorge mich belastete. Ich sah, wie er die Brauen verzog, dieses vermeintliche Misstrauen seine Miene ergriff und blieb selbst ruhig. Nein, so tief könnte er nicht in mein Herz blicken. Und doch... ein eiskalter Schauer durchstreifte meinen Körper. "Verleugne deinen Schmerz nicht", sagte er so lieblich lächelnd, als sei es einfach nur eine Normalität. Das, was ich immer tat. Viel mehr noch verunsicherten mich seine Worte so sehr, dass ich meine Hände für einen kurzen Moment zu Fäusten ballte und drohte, die Schatulle in dieser Hand zu beschädigen, um mich an meine Selbstsicherheit zu erinnern. Ja... wie recht er doch hatte, ohne es zu wissen. Ohne auch nur zu ahnen, wie sehr mich mein Schmerz auffraß, Tag für Tag an klaren Gedanken hinderte, die es eher galt zu verinnerlichen. Ich stockte, blieb wahrlich immer wieder an ein und derselben Stelle stehen. Dem konnte ich einfach nicht entrinnen, würde es nie können, da eine unausgesprochene Last, eine Ewige war... und blieb. Wortlos hockte ich da, überwältigt von seiner Sagung, irritiert und der Verzweiflung immer näher tretend, wie vor einem tiefen Abgrund, vor dem es kein Entrinnen gab. Plötzlich beugte er sich zu mir hinab und ich folgte seinem Blick, besah mir meine Hand und erschrak. Ich zitterte wahrlich, ein Blinder hätte es bemerkt und ich vermochte es nicht zu leugnen. Mir blieb nichts anderes übrig, als mich weiterhin in Schweigen zu hüllen, fürchtete, einjedes Wort von mir, jeder Widerspruch würde mich verraten und so blickte ich ihn nur an, hoffte, die Sorge aus seinem Gesicht würde verschwinden. Es machte auch beinahe den Anschein, da er wieder lächelte, auch wenn es unsicher erschien. Was musste ich wohl für einen Anblick liefern? Ich schloss die Augen konzentriert, als seine Hand die meine berührte und gleichermaßen wärmte. Gejagt von der Angst, den Verstand zu verlieren, ihn an der Hand zu packen und in meine Arme zu schließen, wagte ich es nicht, mich zu regen. Unbeschreibliche Mühe kostete es mich, den Atem weiterhin ruhig zu halten. Ich sterbe... dachte ich... sterbe an dieser unsättlichen Schwäche in mir, die nur ungeduldig danach verlangte, Tilgung zu empfangen. Den Versuch beginnend, gefasst zu sein, sah ich wieder auf und nahm dann... seinen Dank stumm nickend zur Kenntnis, betrachtete dabei jedoch unauffällig seinen Oberkörper, die straffe Brust, deren Haut an die eines Jünglings erinnerte... so unberührt schien sie. Der flache Bauch bewegte sich in gleichmäßigen Abständen. Ich sah, wie sich die feinen Muskeln abhoben und sich auf dem schlanken Leib keine Fehler aufwiesen... keine Unebenheit. Als wäre er noch nie in ein Kampfgeschehen verwickelt worden... als sei er ein Neugeborenes, in dem Körper eines erwachsenen Elben, der erst jetzt zu leben schien. Tiefe Falten legten sich zwischen meine Brauen und auf der Stirn, als ich wieder aufsah, nicht fähig diese Pein vollends zu verbergen. Langsam hob ich die Hand, welche zuvor so sorgsam berührt wurde und legte die Fingerkuppen zärtlich an das Ohr des Elben, fuhr es feinfühlig nach und ließ fortan ab, als ich zuletzt das Ohrläppchen streifte. Wie dumm war ich doch, mich so verleiten zu lassen von einem Wesen, das so unwissend von seiner Wirkung war. "Ich... werde Ruhe finden", flüsterte ich, ließ Hand und Kopf sinken und kam langsam auf die Beine. "Doch zweifle ich, dass meine Seele sich dieser Ruhe anschließen wird." Selten bedachte ich das, was ich aussprach, denn ich sprach wenig... nur in dieser Nacht zu viel. Rechtfertigen konnte ich mich aber nicht und würde es nicht. Unwirsch wanderten meine Augen über die weite Flur, ehe ich noch einmal aufsah und die Sterne betrachtete. Vorwurfsvolle Anschuldigungen warf ich ihnen stimmlos entgegen, nicht erkundet, an wen ich sie sonst hätte richten sollen, bevor ich einen letzten Blick auf den Elben warf. "Lass auch du nun deinen Körper ruhen, Legolas." Schwermütig sprach ich seinen Namen aus, sah zum Abhang, ehe ich mich in Bewegung setzte und ermattet an dem Blonden vorbeiging. "Unser Weg wird früh fortgesetzt und die Kraftschöpfung kurz sein." Damit wandte ich mich vollends ab, stieg den Abhang hinauf und kehrte zu zurück, zu den Schlafplätzen der Anderen. Stumm fluchend über mich selbst, meiner Eigensucht, meiner menschlichen Schwäche wegen. Immer wieder schüttelte ich den Kopf, stöhnte entkräftet und mürbe, völlig in einen Kampf mit mir selbst verstrickt. Und doch spürte ich die wachen Augen der Hobbits auf mir, als ich an ihren Liegen vorbeischritt und hielt inne, um sie noch einmal zu mahnen. "Schlaft." Zu mehr war ich nicht imstande und ich wandte mich ab, ging weiter und suchte eine etwas abgelegene Stelle. Eine Gelegenheit, in der ich für mich allein sein konnte. Dort, wo zuvor Boromir saß, seine Zweifel bei mir aussprach, dort fand ich diese Einsamkeit vor und schützte mich einzig und allein durch den dünnen Umhang vor der Nässe des Grases und dem Tau, der schon die Morgenstunde ankündigte. Doch dies hinderte mich nicht daran, den schweren Gedanken nachzujagen. Viel zu lang, ehe ich es Leid war und die Augen schloss. Schlaf... Doch war es wohl so, als ob nicht einmal dort ein etwaiger Seelenfrieden mich ummantelte... mir Entspannung erließ. Viel mehr ein dichter Nebel vor meinem geistigen Auge, der mich wachsam doch gleichsam in einem Traum versetzt, ruhelos werden ließ. Ein Schrei hallte wider und ich spürte, wie er mir durch Mark und Bein ging... mir dem Atem nahm. Legolas... ~*~ Legolas: Ein langes, recht ungewisses Schweigen brach über uns herein. Ich war verstummt, blickte ihn an, suchte nach einer Antwort in seinen Augen und brach jegliche Gedanken ab, als er wortlos die Hand hob. Nur flüchtig folgte ich ihr mit den Augen, sah, wie sie sich meinem Gesicht näherte und blickte ihn an, als sie sich durchaus etwas zaghaft durch mein Haar schob und mein Ohr erreichte. Zurückhaltend, gar etwas verunsichert war seine Berührung und erneut verspürte ich das leichte Zittern, erkannte diesen undefinierbaren Ausdruck in seiner Mimik, als seine Hand mein Ohr hinabstrich. Dieser Ausdruck... er lenkte meine Aufmerksamkeit so sehr auf sich, dass ich seinen Berührungen keine Beachtung schenkte. Er war mir fremd, nimmer zuvor hatte ich ihn bemerkt, ihn bei ihm erblickt. Er war gewiss etwas Fremdartiges, etwas, das Verwirrung in mir wachrief, mich ihn nicht verstehen ließ. Annähernd fühlte ich mich gar verunsichert und während ich nach Konzentration suchte, ebenso nach der Erklärung, die all dies in ein verständliches Licht rücken könnte, ließ er die Hand bereits sinken. Gleichermaßen den Kopf und so nahm er mir die Möglichkeit, ihn musternd zu betrachten. "Ich... werde Ruhe finden. Doch zweifle ich, dass meine Seele sich dieser Ruhe anschließen wird." Bekümmerung befiel mein Herz, als ich seine Worte vernahm. So kraftlos, so mürbe, obgleich sich uns hier ein Ort bot, an dem man Entspannung finden konnte, ohne jegliche Anstrengungen auf sich nehmen zu müssen. Weshalb... Weshalb nahm er nicht an dieser Entspannung teil? Spürte er sie nicht? Die beruhigende Aura, die um uns lag? "Aragorn...", ich wollte ihm antworten. Es verlangte mir, die Antwort nicht aus seinen Augen zu lesen, sondern sie aus seinem Munde zu hören, der öfter denn je schwieg. Doch er erhob sich und brachte mich zum verstummen. Besorgt blickte ich zu ihm auf, verfolgte, wie er sich scheinbar ziellos und gequält umsah, mir letztendlich wortlos die Schatulle reichte und ich ebenso schweigend nach ihr griff. Flüchtig berührten sich unsere Hände und als wäre ihm die jetzige Situation plötzlich unangenehm, wandte er sich ab. "Lass auch du nun deinen Körper ruhen, Legolas. Unser Weg wird früh fortgesetzt und die Kraftschöpfung kurz sein." Und da war er wieder... dieser Unterton in seinen Worten. Welch eine Ironie, dass er mir Ruhe wünschte und mir mit seiner melacholischen Stimme genau dies verwehrte. Ich blickte ihm nicht nach, bettete die Schatulle auf meinem Schoß und umschloss sie mit beiden Händen. Ich hörte seine Schritte, ja, fühlte regelrecht, wie er davonging. Und ich hoffte, die Entspannung würde ihm zuteil. Alsbald verstummte jeder Laut und ich fand mich allein wieder, durchaus etwas fröstelnd und sehr müde. So gab ich mich kurze Zeit meinen Gedanken hin, meinen Grübeleien, Ängsten und Sorgen, die nie nur mir allein gegolten hatten. Bald erhob ich mich dann von jenem Stein, durchkämmte die Gegend mit einem flüchtigen Blick und streifte das wärmende Hemd über meinen nackten Leib. Auch ich würde nun zu neuen Kräften finden, ruhen, bis die gefährliche Reise uns weiterführte. Gemach, nicht in Eile, stieg ich höher, kehrte zu dem Lager meiner Gefährten zurück, die ich schlafend antraf. Leise trat ich hinter festen Gestein hervor, meine Finger schlossen den letzten Knopf. Die Hobbits saßen eng beieinander, spendeten sich Wärme, gleichermaßen Trost. Unruhig waren ihre Augen geschlossen, noch waren sie nicht in den Schlaf gekommen. Ich sah sie sich räkeln, vernahm gar ein leises Flüstern, welches durch ein lautes Schnarchen übertönt wurde. Gimli... erneut musste ich lächeln, als ich mir den Zwergen besah. Wie beneidete ich ihn doch um seine Fähigkeit, an jedem auch nur erdenklichen Ort zu schlafen. Geräuschlos zog ich an ihnen vorbei und erreichte mein Lager, welches auch etwas außerhalb lag, verborgen vor Blicken, reich an Schutz und einer leichten Abgeschiedenheit, die meinem Gemüt hin und wieder sehr gut tat. Befreit von den quälensten Schmerzen, verspürte ich eine gewisse Freude in mir, als ich mich niedersetzte. Das erste Mal seit langer Zeit, ohne mich jeglichen Sorgen zuwenden zu müssen. Wohlig legte ich mich nieder, streckte mich aus und labte mich an der reinen Luft, an den erfrischenden Winden, die in Lotrien herrschten. Gerne hätte ich mich länger von ihnen verwöhnen lassen, doch drang ein beunruhigendes Geräusch an meine Ohren, ließ mich inne halten, die natürlichen Gaben Lotriens in den Hintergrund drängend. Mir verlangte es nicht nach Gewissheit, nach keiner Überprüfung. Ich hatte es gehört... Ich beruhigte meinen Atem, unterließ jegliche Bewegungen, die mein Gehör beeinträchtigt hätten und vernahm es wieder, ohne lange abwarten zu müssen. Um die Quelle dieser Geräusche war ich mir durchaus bewusst und obgleich ich so etwas hätte erwarten müssen, erduldete ich die Laute nicht ohne an ihrem Leid teilzunehmen. Leises Ächzen hörte ich zwischen dem friedlichen Rauschen der Blätter, gepeinigtes Keuchen. Aragorn... Wehleidig blickte ich hinüber zu den Hobbits, welche reglos lagen, nicht das wahrnahmen, worunter ich litt. Erneut stand ich also auf, gern dazu bereit, die Kraftschöpfung um die Gunst eines Freundes auch weiterhin zu verkürzen. Viel war ich ihm schuldig... Wenig hatte ich bis jetzt eingelöst... Aus der Tiefe meines Herzens verlangte es mir danach, ihm eine Hilfe zu sein, ihm Sorge entgegenzubringen. Ihm... der den Anschein erweckte, etwas dergleichen am wenigsten zu benötigen. ~*~ Aragorn: Die Finsternis die mich umgab, verbarg den Blick in die Ferne und auch der Nebel zu meinen Füßen ließ mich rätseln, welchen Weg ich beschritt. Nur dieses Keuchen, Wehklagen, die Schmerzenschreie hallten in meinen Ohren wider, ließen mich zusammenschrecken und unwirsch umherblicken. Ich konnte nicht ausmachen, woher die Schreie kamen, doch ich wusste, dass er es war, der schrie und allein diese Erkenntnis, ließ mich einfach losrennen, ohne Bedenken, wohin ich lief. Dann, wie ein Blitz erschien mir ein Bild... Geweitete Augen blickten nach oben, das Blau in ihnen zeigte die schiere Angst. Eine Faust ging nieder, mitten in sein Gesicht. Wieder erhallte dieser schmerzerfüllte Schrei, ehe die Benommenheit den Elb erfasste und ihn nur noch leidvoll aufstöhnen ließ. "Wieso...?" Hörte ich ihn stockend fragen und ich erkannte die Tränen in seinen Augen. Die blanke Wut packte mich und ich wollte das Schwert ziehen, welches sich jedoch nicht an meinem Gürtel befand. Völlig wehrlos musste ich das geschundene Gesicht erblicken, Blessuren an den feinen Zügen und groß, wie eine Erinnerung vor dem geistigen Auge, die sich jedoch nie in der Vergangenheit abgespielt hatte. Ein feiner Blutfaden bahnte sich seinen Weg über die dünnen Lippen des Blonden und ein rasselnder Atemzug folgte. "Warum...?" Und genau so stellte ich mir auch dieselbe Frage. Wieso tat man ihm das an? Warum konnte er sich nicht wehren...? Ratlos rief ich seinen Namen, doch er hörte mich nicht, hob schwerfällig die Hände, um den rätselhaften Körper über sich von sich zu stoßen, doch genau so grob wurden seine Handgelenke gegriffen und neben seinem Kopf auf den festen Untergrund gepresst. Mit Leichtigkeit schob der Unbekannte die Hände über den blonden Schopf zusammen, hielt sie stark in einer Hand und umfuhr völlig gefühl- und rücksichtslos den nackten Oberkörper des Elbes. Umbringen würde ich ihn! Den und jeden anderen der es wagte, ihm ein Leid zu tun. Gerechtigkeit, Güte und Skrupel wären Worte, die ich aus meinem Kopf streichen würde, nur um zu sehen, wie der Täter seinen letzten, ächzenden Atemzug tat und qualvoll starb. Und doch war ich jetzt völlig hilflos, konnte nichts tun und sah hinauf in die unendliche Dunkelheit, die mich von allen Seiten umgab und mir diese schrecklichen Bilder in brutalen Fetzen vor die Füße warf. ~*~ Legolas: Schweißnass lag er vor mir, nur bebend und stoßweise kam der zitternde Atem über seine Lippen, die leicht geöffnet waren, sich immerzu bewegten. Schnell, gehetzt und doch stumm... als würde er jemanden rufen. Ich stand neben ihn, war den Geräuschen gefolgt... hatte zu ihm gefunden. Zu ihm, den abscheuliche Alpträume quälen mussten. Mitfühlend sah ich ihn an. Mitfühlend, obgleich mir jegliche Alpträume unbekannt waren. Düstre Erscheinungen waren es, die mich zu gewissen Zeiten des Atems beraubten, Halluzinationen, gestärkt durch die Schwäche, die oft meinen Körper befallen hatte. Und nicht nur meinen Körper... Wir alle waren diesen Leiden ausgesetzt und es war nicht erleichternd, dass abscheuliche Träume während der Meditation nicht nach mir greifen konnten. Nein, sie suchten sich andere Wege... zu anderen Zeiten. Ein erschrockenes Zucken jagte durch seine Glieder, ließ ihn sich aufbäumen und kurz darauf ermattet auf das Lager zurücksinken, auf dem er keuchend liegen blieb. Ein gedämpfter Atem kam über meine Lippen, auf denen sich allgemach ein beschwichtigendes Lächeln abzeichnete. Vorerst selbst nach Kraft suchend, dann matt erstrahlend. Vorsichtig ließ ich mich neben ihn sinken, ging auf die Knie nieder und besah mir seinen krampfenden Leib, das königliche Gesicht, welches sich verzerrt von einer Seite zur anderen warf, die Lippen... die scheinbar immer lauter schrieen. Ein erneutes Zucken durchfuhr ihn, bevor er sich zur Seite wälzte. Sorgsam bettete ich die Hand auf seiner Schulter, spürte die angespannten Muskeln und zwang ihn mit einem vorsichtigen Druck, sich niederzulegen. Ebenso beugte ich mich langsam über ihn, hielt die Hand festigend auf seiner Brust und streifte mir das Haar zurück, welches für einen kurzen Moment seine blasse, vor Schweiß glänzende Stirn gestreift hatte. "Aragorn." Nahe an seinem Gesicht nannte ich ihn beim Namen, rief ihn leise, nicht darauf bedacht, ihn aufschrecken zu lassen, ihn unangenehm aus dem peinigenden Schlaf zu reissen. Zitternd stieß er den Atem aus, sein Gesicht sank zur Seite, worauf er sich erneut stockend zu räkeln begann, sein Atem mein Gesicht kitzelte und ich die Hand von meinem Haar löste, um vorsichtig nach seiner Wange zu tasten. "Aragorn", flüsterte ich erneut und umfasste die Schulter, um sachte an ihm zu rütteln. Solch eine Qual brachte keine Erholung. Keine Entspannung, die er, wie jeder andere auch, mehr als sonst benötigte. Und Sorgen befielen mich, als seine sonst so beherrschte Miene von angstvollen Ausdrücken befallen wurde. Welches Grauen war so reich an Kraft, dass es ihn sogar bis tief in den Schlaf hinein jagte, ihn aufspürte, wo immer er war? Was immer er tat? Ganz gleich... Ich wollte ihn davon befreien. ~*~ Aragorn: Ich trat vor und wieder zurück, unschlüssig und klaren Gedanken völlig fern. Es wirkte wie eine grausige Geschichte, die, gesponnen aus der düsteren Fantasie eines jungen Kindes, entsprungen war und mir vor Augen gehalten wurde. Eine Lichtgestalt, die ihrer Anmut... und Schönheit beraubt wurde. Die Szenen spielten sich um mich herum ab, vor, hinter, sogar an meinen Seiten sah ich den gepeinigten Körper, sich windend, bestraft, von vielen roten Striemen übersäht, während seine Stimme nicht nachgab, die Angst, die Demütigung offenbarte, noch so viel nachdrücklicher als es seine Augen hätten tun können. Blind vor Tränen blinzelte er, legte den Kopf beiseite und suchte nach Hilfe, die ihm keiner gab. Viele Male versuchte ich in die Bilder zu fassen, ihn zu befreien, zu retten... zu beschützen, doch ich griff ins Leere, konnte noch so schnell laufen, aber ich erreichte ihn einfach nicht! Geschwächt von dieser gnadenlosen Hilflosigkeit, stürzte ich auf die Knie, presste die Hände auf die Ohren und bat, es solle aufhören! Alles würde ich tun, ihn vor diesem Schicksal zu bewahren, alles, um diesen Schreien zu entgehen. Ich versuchte mit der eigenen Stimme die des Elben zu übertönen. Ängstlich wie nun jenes Kind senkte ich den Kopf tief, kniff die Augen fest zusammen und ließ letzen Endes die Stirn auf die Oberschenkel sinken, immer noch bedacht, die Hände fest auf den Ohren belassend, immer noch bedacht, mir selbst die Seele aus dem Leib zu schreien. Tod dem, der es wagte, selbst wenn ich es mit bloßen Händen tun müsste, ihm eigenhändig das Genick zu brechen, nachdem ich ihn lange bluten ließ. Mit einem Schlag sah ich wieder auf, zu den grausigen Zerrbildern, stützte mich mit den Händen vom Boden ab und spürte wie mein Herz nicht mehr einfach nur schlug, sondern sich mit dem Puls zu einem monotonen Surren vereinigte. Krampfhaft biss ich die Zähne zusammen, ließ dem Hass freien Lauf und stellte mich der Grausamkeit, für die es keine Rechenschaft geben konnte! Wer wagte es, wer schaufelte dort sein eigenes Grab?! Wer stellte sich dort an die Klippe vor dem tiefen Abgrunds der Hölle, in die ich ihn mit höchster Freude stoßen würde?! Wer konnte soetwas tun, für den selbst all diese Aussichten noch zu milde waren?! "Aragorn!!" Der Zorn wich dem blanken Entsetzen, als der Blonden mit letzter Kraft den Namen rief, wie seine Stimme dabei zerbrach, ehe die Hand ihm den Mund zuhielt und das Gesicht des Täters ins kalte Licht gehüllt wurde. Dem Wahnsinn verfallend, hockte die Gestalt über dem hellen Körper und grinste. Meine Kehle gab ihr letztes und ich schrie mir die Seele aus dem Leib, als ich die Augen weit aufriss, noch einmal die Hand zum Schwert führte und genau dieses ergriff, bevor ich es mit einem lauten Zischen aus der Scheide zog und mir selbst den Gnadenstoß geben wollte. Doch weg war die Finsternis und der Nebel unter meinen Füßen und im letzten Moment hielt ich inne, als ich in die blauen Augen blickte... die ich eben schon einmal so sah. ~*~ Legolas: Immer gehetzter bewegten sich seine Lippen, röchelnder fiel sein Atem und in mir erwachte die Besorgnis zu neuem Leben, stärker denn je, zwang sie mich dazu, heftiger an ihm zu rütteln, seinen Namen lauter zu nennen, mich über ihn zu beugen und mich der Hoffnung hinzugeben, meine Stimme würde zu ihm dringen. Weit weg schien er sich zu befinden, schier unerreichbar für mein Bemühen. An einem Ort, an dem ihn fest die Angst umklammerte, an dem er etwas erlebte, das ihm jegliche Fassung nahm. "Aragorn." Ich sprach lauter, führte beide Hände zu seinem Gesicht, bettete sie stützend auf seinen erhitzten Wangen. Ich spürte das krampfartige Zucken, zitternder Atem strich über mein Gesicht und ein eiskalter Schauer erfasste mich, als er urplötzlich erwachte. Ohne zu blinzeln, fuhren seine Lider in die Höhe, vor Panik geweitet, starrten seine Augen ins Leere und seine Lippen bewegten sich erneut, um einem gellenden Schrei in die Freiheit zu entlassen. Dumpf stieß er mir entgegen und bevor ich dazu imstande war, zu reagieren, schnellte seine Hand zur Seite. Als stünde ein grausamer Feind vor ihm, lähmend, unbesiegbar. Nur aus den Augenwinkeln verfolgte ich die Bewegung, schon längst hatte ich die Hände sinken lassen, hielt sie erstarrt im Leeren und war erst wieder dazu imstande, mich zu bewegen, als ich das kalte Zischen der tödlichen Klinge vernahm, die die Scheide verließ, nach oben gestoßen wurde. Ein leises Ächzen entrann mir, als ich mich eilig von ihm abstieß um vor der Klinge zu flüchten, die in diesem Moment von einer beirrten Hand geführt wurde. So schnell es mir erlaubt war, fuhr ich in die Höhe, bis mich ein schier betäubender Schmerz erfasste und mich stocken ließ. Verwirrt, durchtrieben von Schrecken und Schmerz, die gleichsam um meine Aufmerksamkeit kämpften, entrann die Kontrolle kurz meinen Händen... und blieb verloren, als ich die gefährliche Kälte an meinem Hals spürte. Der geschärfte Stahl, die mörderische Waffe, der schon viele erlegen waren. Deutlich fühlte ich sie an meinem Hals, nun jedoch reglos, hatte sie abrupt inne gehalten. Mit geweiteten Augen blieb ich kauern, nur ein schweres Schlucken ließ sich hinunterwürgen, bevor ich den Blick beirrt und unsicher auf Aragorn richtete. Zögerlich und ungewiss sah ich ihn an, sah seine bleiche Miene, so blass, als hätte der Tod nach ihm gegriffen, seine Pupillen, erstarrt durch den Anblick eines abgrundtiefen Entsetzens. Keuchend lag er vor mir, leicht aufgerichtet, sich röchelnd auf den Ellbogen stützend, während die andere Hand den Griff verkrampft umfasste, die Klinge noch immer nicht von meinem Hals lösend, den ich erstarrt freigab. Nur langsam, so schien es, erblickten seine Augen das Bild der Realität. Vorerst vernebelt von düstren Illusionen, erschienen sie mir alsbald klarer, menschlicher, in jeder Art und Weise. Stockend bewegte ich die Lippen, dennoch schweigend, nicht die Worte findend, die ich auszusprechen wünschte. Und er starrte mich an, während die Klinge zitternd meine Haut kratzte. ~*~ ~*tbc*~ Kapitel 3: *~neled~* -------------------- Aragorn: Ich spürte den Schweiß auf meiner Stirn nicht, nicht einmal die angenehm klare und kühle Luft schien mich zu erreichen, denn ich nahm nur Stille wahr. Ohne Wärme, Kälte oder Anwesenheit anderer, obwohl ich ganz genau wusste, dass der Blonde bei mir stand und sich wohl meines Benehmens wegen in der Ahnungslosigkeit befinden musste. Doch Aufklärung würde nicht folgen, schwer genug kämpfte ich nun mit mir, um diese Bilder zu verdrängen, zu vergessen... um mir sagen zu können, dass dies nur ein Traum war. Eine bedeutungslose Erscheinung, die mir die ewigen Begleiter Angst und Dunkelheit zusandte, in den Augenblicken, in welchen ich ihnen nicht entrinnen konnte. Leise hörte ich die Stimme, die meinen Namen nannte, obwohl nichts anderes mein Ohr erreichen mochte. Ich regte mich nicht, wollte auch sie überhören, wenn es auch möglicherweise dazu beitragen würde, einen wichtigen Gefährten vor den Kopf zu stoßen. Jedoch tat ich lieber dies, als den Verstand zu verlieren, der, welcher mir wie Sand durch die Finger rann und die Grenze nicht mehr sah. Hatte ich das, was ich dort gesehen hatte, einmal getan? War es die Zukunft? Nicht lange konnte ich darüber sinnieren, mich jedoch auch nicht länger damit quälen, denn erneut erklang der Name durch die weiche und beinahe tonlose Stimme Legolas'. Zwar lag es mir weiterhin fern, dem anderen zu antworten, wollte nicht riskieren, etwas Falsches zu sagen oder... zu tun, doch ich spürte die Berührung auf meiner Schulter. Eine leichte Irritation befiel mich. Wirkte ich nicht so, wie ein Mann, der sich selbst nicht vor Schrecken und Entsetzen retten konnte und dafür umso mehr Stärke und Entschlossenheit predigte? War dies nicht einer der seltenen Momente, in denen man erkannte, dass ich als Anführer versagte, da Traum und Realität Dinge waren, die es zu unterscheiden galt? Und dennoch verstärkte sich der Druck auf meiner Schulter, fühlte nun erstmalig, wie sehr mein Körper doch an Ruhe verloren hatte, da nicht einmal eisige Windböen ihn je so zum zittern bewegten und lockerte den Griff in meinem Haar etwas, um den Kopf ein wenig zu heben. Nicht mehr, als dass ich den schlanken Oberkörper des Elben sah, verdeckt und gewärmt von dem feinen Stoff. Doch er kam mir näher, ohne lange Bedenken und allgemach hob ich den Kopf weiter an, mit fragender Miene, die ich jedoch nicht direkt an ihn richten konnte. Es war beinahe wie ein Reflex, als ich die Hand am Nacken spürte, dass ich die Augen schloss und unwillkürlich erschauderte. Einfühlsame und weiche Hände, bei denen man anzweifeln konnte, dass sie je ein Schwert geführt, je einen Bogen gespannt hatten. Wenn auch nur kurz, so würde mir die Berührung lange noch im Bewusstsein haften... und mich quälen mit ihrer Zärtlichkeit. Für einen kleinen Augenblick glaubte ich den wärmenden Atem des Blonden auf dem Gesicht zu spüren und ich öffnete die Augen einen Spalt, um zu erkennen, dass der schöne Leib ganz dicht bei mir hockte und mir eine tröstende Wärme spendete. Nur beiläufig achtete ich auf die Hand an meinem Rücken, schnappte eher noch nach Luft, nahm dabei den feinen Geruch des anderen auf und erinnerte mich an die helle Haut, an den schönen Rücken... Erneut schloss ich die Augen, mahnte mich, die Beherrschung nicht zu verlieren und ergab mich einem trockenen Husten, ehe ich mein möglichstes tat, um das Zittern zu verbergen. Doch nicht lange dauerte die Frage an, wieso ich nicht in diesem Moment der sein durfte, den ich nun darstellte, vor dem, der sich seiner wegen nicht schämen brauchte. Die Umarmung verstärkte sich, gab mir Halt, ohne es erwidern zu müssen und flüchtig entrann mir ein Keuchen, denn diese Nähe war ich nicht gewohnt. Umso mehr begehrte ich sie, die Wärme des anderen Körpers, die mich von der gefühllosen Stille befreite und mir ein Gefühl des Trostes spendete. Ich spürte eine leichte Brise, den süßen Hauch seiner Stimme nahe an meinem Ohr, die mir hoffnungsvolle Worte zuflüsterte, die für jeden anderen bedeutungslos wären. Es war vorbei... Ja, das war es... ein Traum. Tief seufzend schloss ich die Augen wieder, hob den Kopf etwas an und ließ dafür die Hände sinken, sie ohne Bedenken unter Legolas' Armen hindurchwandern und an den Seiten entlangstreichen, eh sie den schlanken Körper mit wenig Kraft ebenso festhielten. Ich genoss diese Zuwendung, diese Geborgenheit in den Armen des Elben, unschuldig und doch so intensiv ganz nah bei mir und wenn sich auch mein Herz von dem Entsetzen beruhigte, so schlug es weiterhin stark für diese Seltenheit. Langsam und matt legte ich den Kopf seitlich auf der Schulter des Anderen ab, wagte es, ihn dicht an die Halsbeuge zu legen und dort meine Entspannung zu suchen. Legolas: Als ich reglos verharrte, inne hielt in der Umarmung, um sie so langanhaltend und tröstend zu gestalten, spürte ich, wie er sich bewegte, leicht den Kopf hob, wie er eine knappe Irritation zum Ausdruck brachte und alsbald zu hadern schien. Versetzte ihn denn mein Bemühen in solch eine Verwunderung? Meine Besorgnis? Meine Bereitschaft, ihm auch außerhalb des Kampfes ein treuer Gefährte zu sein? Ich lächelte, blinzelte zur Seite und richtete den Blick auf die bedeutungslose Gesteinswand, vor der er Ruhe und Schutz gefunden hatte. Ich richtete den Blick auf sie, jedoch nicht meine Gedanken, die sich in diesem Moment der Stille ganz und gar auf ihn bezogen, die meine Wahrnehmung schärften, auf dass ich fühlte, wie sich die Ruhe allgemach in dem bebenden Körper einfand. Wie sie sich rasch ausbreitete, an Kraft gewann und ihn in meinen Armen ermatten ließ. Unter einem scheinbar befreiten Ächzen lehnte er sich gegen mich, ergab sich der Umarmung... erwiderte sie gar. Erleichternd war es, seine noch immer zittrigen Hände an meinen Seiten zu fühlen, wie sie sich dort entlangtasteten, meinen Rücken erreichten, sich seine Arme um ihn legten. Und ich hörte ihn durchatmen, mich fester haltend, Trost suchend... ihn findend. Gerne verdrängte ich das kalte Zittern aus seinem Leib, spendete die Wärme meines Körpers... gerne bot ich ihm Zuflucht, gerne ließ ich eine Möglichkeit zu einer Tat werden. Zu einer Tat... ... zu der ich viel zu selten Gelegenheit fand. Wir bewegten uns nicht, vertieften uns still in den Moment. Nur er drehte kurz das Gesicht und bettete es flüchtig auf meiner Schulter, bevor er es an meinem Hals verbarg, diesen mit einem tiefen Atemzug kitzelnd. Aragorn... Man dachte an diesen Namen, sobald man Reden von Tugend, Mut und Ehrlichkeit vernahm. Man dachte an ihn, wenn man Menschen von Kriegen reden hörte, von Kämpfen, so bitter und tödlich, dass sie nur wenige vom Tod verschohnt haben konnten. Man bedachte ihn mit Ehrfurcht, Verehrung... ... nur fehlend mit Mitgefühl. Langsam tastete ich mich höher, bettete die Hand auf seiner Schulter, während die andere stützend auf seinem Rückrad verharrte. Eine Außergewöhnlichkeit war dieser Moment ganz ohne gleichen. Ein kurzer Augenblick, in dem ich im Helden den Menschen erblickte... Mein Lächeln vertiefte sich. Ich wusste es nicht zu verhindern, war mir des Glückes nicht offensichtlich bewusst, des Anblickes, dessen ich als einer der wenigen habhaft wurde. Ruhig lag er in meinen Armen, augenscheinlich entspannt und entrissen dem Grausamsten, jedoch nicht schlafend. Wenn auch selten, spürte ich leichte Bewegungen, spürte seine Regungen, seinen wachen Zustand. Allmählich erleichterte ich die Umarmung, löste langsam die Hände von seinem Rücken, bereit, ihn loszulassen, den Rest der Angst mit Worten zu tilgen, ihm auch weiterhin eine Hilfe zu sein, bis ihm die Gnade zuteil wurde, einen festen Schlaf zu finden. Vorsichtig hob ich nun auch die Arme, lehnte mich etwas zurück, erwartend, dass er es mir gleichtat... Doch fand ich mich noch immer in fester Umarmung. Er ließ nicht los, lehnte an mir, hielt mich sicher und dennoch sorgsam, ohne aufzublicken. Und so hielt auch ich inne, wurde mir der Zeit bewusst, die er womöglich noch benötigte und willigte gern ein, sie ihm zu geben. So bettete ich die Arme erneut auf seinem Rücken, schloss die Augen und labte mich an der kühlen Frische Lothloriens bei Nacht. Aragorn: Nur in den Armen Arwens hatte ich mir je erlaubt, Schwäche zu zeigen, dieser nachzugeben und das Mitleid ihrer aufzunehmen, damit ich mich besser fühlte. Doch ebenso wie bei ihr, keimte keine Angst vor meiner eigenen Schwäche vor dem anderen, kein Sorge oder Zweifel an meiner Stärke würde in den Augen des Elben auftauchen... ihm vertraute ich die Fehler der Menschen an, Mängel, die ich ebenso trug, wie jeder andere. Zögerlich und matt wanderten meine Hände an den Schulterblättern des Blonden hinauf, erhaschten das weiche Haar und gaben der Verlockung nach, diese seidigen Strähnen zu berühren, mir ihrer Schönheit auf der eigenen Haut bewusst zu machen. Gedankenverloren folgte ich dabei Legolas' Bewegungen, atmete ruhig ein und spürte die beruhigende Last auf meinem Rücken. Niemand sonst hätte mir solch eine Ruhe zurückbringen, mir sie so einverleiben können, wie er und ich überführte mich selbst bei der Vorstellung, dem Blonden näher zu sein, als all die Wesen in Mittelerde. Eine nutzlose Vorstellung, wenn man an das Umfeld unsereins dachte... Ich öffnete die Augen ein wenig, erblickte wieder die freigelegte Haut seines Halses und beobachtete erwartungsvoll das Pulsieren seiner Halsschlagader, die sich nur leicht abhob. Ebenso verfolgte ich jede Bewegung, während er Luft holte, sie wieder aus seiner Lunge entließ und schluckte. Verführerisch und qualvoll zugleich war diese Betrachtung und doch ließ ich nicht von ihm ab, als ich spürte, wie sich seine Arme hoben, mich aus der Umarmung holen und mir möglicherweise anderweitig Trost zusprechen wollten. Mir lag es nicht nur fern, ihn gehen zu lassen, da dies wohl einer der höchst seltenen Momente war, an denen ich seinen Duft so intensiv einatmen konnte, wie in dieser Nacht, sondern auch, weil ich Angst hatte, er würde mich mit wenigen Worten verlassen und ich müsste ihm zusprechen, dass es mir gut ging, damit er sich nicht weiter sorgte. Mir würde ein jeglicher Grund fehlen, ihn bei mir zu halten und weiterhin unauffällig berühren zu können. Lächerlich, ja beinahe dumm kam ich mir vor, einem Tölpel gleich, der in seiner Art und Weise keinen rechten Fuß tat. Und dennoch hielt ich ihn fest, lehnte an dieser Schulter, spürte, wie eine dünne Strähne seines Haares meine Stirn kitzelte und schloss wieder die Augen, um mich weiterhin hüten und beschützen zu lassen. Eine endlose Ruhe schien mir zuteil, ein Wohlbefinden, das niemals zuvor meinen Weg gekreuzt hatte. Und doch... erkannte ich die Kälte wieder, dämmrig zeigte sich der dichte Nebel in meinem Kopf und ich stockte in meinem Tun, seine Haare zu ergreifen und sogar zu atmen. Fetzen, Schreie... Blut... mein Grinsen, welches boshaft auf meinen Lippen hockte, Gefallen an dem befleckten Leib fand. Unter einem erschreckten Keuchen nahm ich die Hände zurück und drückte sie gegen den Leib des Elben, drängte ihn von mir und stieß ihn mit allerlei Kraft weg. Gehetzt war wieder mein Atem, als mein Blick abermals unruhig umherwanderte, ehe ich der alten Erschöpfung sehr nahe den Kopf schüttelte und mich von dem Blonden wegdrehte. Ich unterdrückte mir ein schweres Keuchen, legte die Hand an die Stirn und starrte zuletzt auf den Boden. Nie würde ich Ruhe finden, niemals! Wie sollte dies auch jemals geschehen, wenn ich dem, der mir so viel Leid zufügte, ganz nahe war... wie konnte Frieden in meinem Inneren herrschen, wenn mein Verlangen durch diese Unschuld des Anderen nur noch mehr Feuer fing?! Ermattet hob ich die andere Hand, richtete die Handfläche in Legolas' Richtung und winkte ihn von mir, müde und kraftlos, hoffte, dass ich ihn nicht verletzt hatte, sah dem aber auch nicht nach. Ich konnte ihm einfach nicht ins Gesicht blicken... viel zuviel Ehrfurcht hatte ich vor einer Miene, die mich verachtete oder Antworten wollte und letzen Endes... war es wohl mein Schicksal, diese Last allein zu tragen... sonst würde der Tag kommen, an dem ich im einen meine gesamten Pflichten vergaß... und im anderen verhängnisvolle Träume wahr werden ließ... Legolas: Ein angenehmes Gefühl durchflutete mich, als ich ihn auch weiterhin hielt, ihm meine Wärme gab, mit meiner bloßen Anwesenheit zeigte, dass ich nicht nur Tatkraft, sondern auch Trost abzugeben hatte. Und er wurde ruhiger, immer ruhiger, bis er sich kaum noch bewegte, bis sein Atem annähernd geräuschlos fiel und ich mich nur noch der Umarmung hingab, da er mich nicht losließ. Befreit von jeglicher Angst schien er zu sein, entspannt, annähernd schläfrig und dennoch... Er lehnte an mir, als wäre es ihm nicht ein einziges Mal in den Sinn gekommen, sich von mir zu lösen, als würde er mehr benötigen, als nur Trost und die Anwesenheit eines Freundes. Tief atmete ich ein, versuchte grobe Bewegungen zu unterbinden, da ich ihn wirklich im Schlaf versunken glaubte. In mir sträubte sich nichts, länger hier zu verweilen, auch weiterhin bei ihm zu sein. Nur eine leise Verwunderung befiel mich, welche mit einer weiteren, einer durchaus tieferen Besorgnis verbunden war, als die, die ich anfänglich verspürt hatte, als er sich schweißnass vor mir geräkelt hatte. Er, der stets voranging, uns führte... Er, dem die Befehlsmacht oblag, obgleich man ihn nie mit Worten zum Anführer erklärt hatte... Er war es. Und nun, in der tiefen Finsternis der Nacht erblickte ich sein anderes Gesicht, fühlte seinen klammernden Griff, der nicht zitternd war und dennoch etwas zum Ausdruck brachte, das mich irritierte. Mit einer vorsichtigen Bewegung schwang ich mein Haar zurück, nahm in derselben Drehung auch eine Bewegung seinerseits wahr. Ein Keuchen... Und bevor ich mich versah, schien er zu erwachen, fuhr in die Höhe und erinnerte mich an den Aragorn, den kurz zuvor Alpträume geplagt hatten. Als stiege etwas Verdrängtes in ihm höher, als errichte sich eine Barriere, löste er sich von mir. Übertrieben schnell und unvorhergesehen, handelte auch ich erschrocken und lockerte meine Arme... bevor sich seine Hände gehetzt auf meine Brust legten, mich zurückdrängten, ja, beinahe stießen. Rechzeitig gelang es mir noch, mich abzustützen, hocken zu bleiben. Diesmal in sicherer Entfernung zu dem Mann, der urplötzlich all seine Kräfte wiedererlangt zu haben schien. Ich fürchtete, meine Miene wirkte perplex, als ich ihn ansah. Nicht wie so oft... ich verstand ihn nicht, war nicht dazu imstande, sein Verhalten nachzuvollziehen, es mir gar zu erklären. Ich wusste nur, was ich sah. Und das war dasselbe Zittern, welches ich zu verjagen versucht, es meiner Meinung nach, auch bewerkstelligt hatte. Die Unsicherheit, die all seine Gesten verworren erscheinen ließ, unkontrolliert und furchtsam. Als hätte er nur neue Kraft getankt, brach das Ächzen aus ihm heraus, der gehetzte Atem, der deutlich an meine Ohren drang. Ich sah ihn in sich zusammensinken, kleiner werden, sah, wie er das eigene Gesicht flüchtig mit den Händen verdeckte, sich etwas zurückschob. Langsam richtete ich mich auf, noch immer mit mir kämpfend. "Aragorn..." Nur undeutlich sprach ich seinen Namen aus, zu unüberlegt, zu beirrt, als dass meine Stimme jegliche Stärke hätte aufweisen können. Unentschlossen hob ich die Hand, streckte sie ihm flüchtig entgegen und ließ sie alsbald sinken. Doch ich sah die seine... wie sie sich hob, mich heftig von sich wies, sich insgesamt sehr abweisend formte. Als flehe er stumm um mein Verschwinden, als etrüge er mich nicht. Schweigend sah ich ihn an, wurde mir des Wunsches bewußt, er würde mich ansehen, nicht nur durch Gestiken nach außen dringen lassen, was in ihm vorging, welchen anderen Kampf er noch zu führen hatte, als den um Mittelerde. Was so immens an seinen Kräften nagte, dass er als bestes Mittel, die Angst zu tilgen... die Einsamkeit sah. Es tat weh, ihn so zu sehen, immer wieder zu hören, wie er keuchte, wie er ächzte, mir seine unkontrollierten Bewegungen zu betrachten. Ich zog die Augenbrauen zusammen und richtete mich etwas auf. Nun gut, wenn ihm nur die Einsamkeit weiterhalf, so wollte ich sie ihm geben... "Verzeih mir." Ich senkte den Kopf, begann mich währenddessen behutsam zu erheben. "Es war gewiss nicht meine Absicht, dir zu nahe zu treten." Vorhergesehen und dennoch nicht erhofft... ich erhielt keine Antwort. Nur ein letztes Winken, ein letztes Hinfortwünschen, der stumme Schrei nach Abgeschiedenheit. Vorsichtig kam ich auf die Beine, betrachtete ihn ein letztes Mal und fand mich hilflos auf der Suche nach gleichkommenden Worten. Ich wusste nichts hinzuzufügen, war irritiert und beirrt bis in mein tiefstes Wesen, weshalb ich mich zum stummen Gehen entschied. Ich presste die Lippen aufeinander, brachte ein leichtes Nicken hervor und drehte mich um. Ich kehrte zu meinem Lager zurück, hörte noch lange die Geräusche des stillen Kampfes hinter mir und versuchte Erleichterung zu finden, als sie endlich verstummten. Dennoch schwermütig ließ ich mich nieder, warf sorgsame Blicke zu den Anderen und fand sie allseits schlafend vor. Nun gut, zumindest wurde den Hobbits und dem Zwerg der ruhige Schlaf zuteil. Ganz gewiss auch Boromir, der gleichermaßen abgeschiedene Orte zu bevorzugen schien. Einen stummen Atem ausstoßend, faltete ich die Hände auf meinem Bauch, lenkte den Blick ein letztes Mal in die Richtung, in der Schlaflosigkeit herrschte und entschied mich dann dazu, Aragorns Wunsch ohne weitere Grübeleien Folge zu leisten und meine eigene Ruhe zu finden. Aragorn: Ich hatte sein Stimme gehört, die, welche meinen Namen so ganz anders klingen ließ. Schwach, verwirrt... und ich grämte mich, spürte das drängende, nahezu schmerzhafte Schlagen meines Herzens, das mich mahnte. Doch wie sehr ich den Blonden auch mit meinem Verhalten kränkte, so eisern blieb ich dennoch mit meiner Geste. Viel lag mir nun an der Einsamkeit, an der Distanz zu dem Elb, gerade weil ich ihn zuvor so schamlos ausgenutzt hatte. Die Begierde in meinem Inneren schien mich langsam um den Verstand zu bringen. Ich bemerkte, wie sich Legolas bewegte, doch behielt ich den Blick auf den Boden gerichtet und sorgte mich nur um meine eigene Fassung, die keine Wiederkehr zu finden schien. Und trotzdem horchte ich auf, unbemerkt und doch aufmerksam. Entschuldigte er sich? War er von Sinnen?! Ich unterdrückte ein schweres Keuchen, das eher von Verzweiflung als Unruhe getrieben wurde und ließ den Kopf tiefer sinken, wortlos, ohne einen Widerspruch zu leisten, der mir brennend und qualvoll auf der Zunge lag. Ich war es doch, der Grenzen überschritt... wofür und weshalb suchte der Blonde dann nach Vergebung, wenn nur er es war, der alles richtig tat?! Zermürbt biss ich mir auf die Unterlippe, harrte aus, bis der Andere gegangen war und schaute erst dann auf, als meine Augen sein Antlitz nicht mehr erfassen konnten. Rätsel in der Finsternis. Finsternis nicht in den Wäldern Lothloriens... Noch einige Zeit kämpfte ich damit, mich selbst zu beruhigen, mir selbst ein Schutzwall zu sein und daran zu glauben, dass die Wärme und Geborgenheit des Elben keinerlei Notwendigkeit bedurfte. Schlafen dagegen konnte... nein, wollte ich nicht mehr. Zu viel Furcht ergriff mich bei dem Gedanken, Wahnvorstellungen zu unterliegen und die Alpträume zu ertragen. Auf wackeligen Beinen erhob ich mich, mühte mich gegen diese Müdigkeit ab und zog meine Pfeife aus der Tasche, begann gedankenlos zu rauchen und die wenigen Orte Loriens abzuwandern, die ich noch nicht zu kennen glaubte. Die Nacht jedoch verhüllte viel Schönheit und irgendwann war sie mir dann auch gleichgültig. All das verblasste unter den Sorgen, den Lasten meiner süßen Schuld, die mir klare Gedanken verwehrte, würde ich in jenen Augenblicken welche hegen wollen. Mir schienen die Stunden wie Minuten, als ich schließlich ins Lager zurückkehrte. Hätte mich jemand gefragt, wo ich gewesen war, so hätte ich keine Antworten gehabt. Jeder blühende Baum, jede Weide, die sich demütig dem schwachen Wind unterwarf und die zarten Blätter im stummen Applaus aneinander reihen ließ, weckte so viel Freude in mir, wie die Vorherbestimmung König zu werden. Leise schritt ich an den Schlafenden vorbei, lauschte abwegig dem regelmäßigen Schnarchen des Zwergen und den ausgeglichenen Atemzügen der Hobbits. Eine Suche nach Boromir verweigerte ich mir, schätzte, die Abgeschiedenheit würde ihn etwas Besinnung zurückgeben und so ging ich weiter, überschaute die schlafende Landschaft und schwelgte dahin. Schlaftrunken fuhr ich mir über die Augen, blinzelte kraftlos und entdeckte dieser Müdigkeit wohl unterlegen, den blonden Elb, ebenso abgeschieden von der Gemeinschaft, wie ich es selbst war. Sein schlanker Leib ruhte auf der wärmenden Decke, entspannt und der Erkenntnis wegen, Elben würden nie schlafen, in einer Meditation versunken. Verborgen, angelehnt an einem kräftigen Stamm, blickte ich ihn an, unauffällig und doch auf nichts anderes fixiert. Lange wollte ich diese Beobachtung bewahren, die Minuten zu Stunden werden lassen, jeden Atemzug und jede kleine Bewegung seiner geschlossenen Lider verfolgen, während ich nicht begreifen konnte, wie ich mir selbst bei solch einem Ereignis so viel Leid zufügen konnte. Wie er es nur vermochte, allein durch seine anmutige Erscheinung... Eines Tages würde ich dem Wahnsinn verfallen, das wusste ich. Würde ich nicht endlich einen Weg finden, bei welchen ich meine Konzentration auf das Schicksal Mittelerdes richten konnte... einzig und allein auf dieses eine Schicksal. Stumm blieb ich der fragwürdigen Begebenheit treu, ehe ich glaubte, die Morgenröte zu erkennen. Leicht schüttelte ich den Kopf, gab mir erneut die Bezeichnung des Tölpels und vom Schicksal Gehassten, bevor ich mich endlich abwandte. Helle Gestalten erleuchteten den schlafenden Wald Loriens und auch ich machte mich daran, die Gefährten zu wecken. Ja, es wurde Zeit. Die günstigste Zeit, den Orks zu entkommen, einen Vorsprung dank des Tagesanbruches zu schaffen, der uns zeitweise weniger Kraft kosten könnte. Dies war der Anstoß, meiner Aufgabe wieder gerecht zu werden. Vorsichtig weckte ich die Hobbits, bat sie den Träumen bis zum nächstgeeigneten Zeitpunkt Lebewohl zu sagen und sich wieder aufzurappeln. Gimli... der erst durch kraftvolle Schläge erwachte, murrte griesgrämig und hätte sich wohl gern dem Schlaf erneut hingegeben, doch eine Aufgabe erteilte ich ihm. Eine, die ich nicht so sicher rüberbringen könnte, wie der Herr Zwerg. Es galt, Legolas zu wecken... eine Sache, die der Zwerg gern für mich übernahm, während ich die Begründung gab, mich selbst noch um Boromir sorgen zu müssen... Legolas: Tief versank ich in der Meditation, schnell fand ich zur Ruhe, gab meinen Leib endlich zur Entspannung frei und ließ diese ihren Dienst tun. Wohlig und warm schloß sich die Dunkelheit um mich, hüllte mich in ihren geborgenen Mantel, hielt mich, ohne dass ich mich im geringsten wehrte. Keine Sorgen befielen mich... Keine Ängste... gar Nöte, die großes Leiden mit sich brachten. Wie unbeschreiblich war doch dieses Gefühl, in dessen Genuss ich so selten kam. Und um so herrlicher war mein Erwachen. "Legolas!" Ein etwas grober Schlag traf meinen Arm, die raue Stimme des Zwergen ertönte und eine Hand rüttelte an mir. "Wach auf!" Nur gemächlich tauchte ich aus der sanften Dämmernis auf, öffnete die Augen und blinzelte unter den ersten Strahlen der Sonne, die durch das rauschende Blätterdach fielen, sanft mein Gesicht kitzelten. Genüsslich atmete ich die frische Luft ein. Sie war kühler, schien reiner als am gestrigen Tag, als wir erschöpft und verlassen von jeglichem Mut, hier Schutz gesucht und gefunden hatten. Schon bei diesem lebendigen Atemzug spürte ich jene Stärke in mir. Die Stärke, die ich so lang hatte missen müssen. Spürbar floss sie durch meine Venen, ließ mein Herz kräftiger schlagen, hüllte den neuen Tag vor meinen Augen in einen majestätischen Glanz. Einen Glanz, den selbst die stetig grimmige Miene des Zwergen, die ich über mir erblickte, nicht verdunkeln konnte. Mürrisch kam er auf die Beine. Ihm schien der Schlaf wohl nur Kraft wiederzugeben... weder Besonnenheit, noch das leiseste Glücksgefühl. "Jetzt steh doch schon auf", raunte er nur, bevor er sich umdrehte. "Wir müssen weiter." Nicht in Hast verfallend, ließ ich das Gesicht zur Seite sinken und sah ihm schweigend nach. Auch die Hobbits waren bereits erwacht. Um ein beachtliches Stück an melancholischer Trauer erleichtert, streckten sie sich, gähnten und rappelten sich auf. Ihre Gesichter hatten an gesunder Farbe gewonnen, ihre Augen an entschlossenem Glanz. Diese Pause war von größter Wichtigkeit gewesen. Für unsere Körper... mehr noch, für unsere Seelen, die sich nun wahrlich befreiter anfühlten. Ich jedenfalls trug dieses Gefühl deutlich in mir, als ich mich gemächlich zu regen begann, mich langsam aufrichtete. Ich blieb sitzen, winkelte die Beine an und legte die Ellbogen über die Knie. Als hätte mich nie die Klinge eines Feindes verwundet, blieb ich vor jeglichen peinigenden Schmerzen verschont. Gemächlich streifte ich mein Haar zurück, tastete weiter nach unten und griff nach der Decke, um sie wärmend über meine Schultern zu legen. Ich weiß nicht warum, doch Gimli gab sich zahlreichen Flüchen hin, während er sein Gepäck zusammensuchte. Ich musste bei diesem Anblick lächeln. Nur sanft und unauffällig und doch spürte ich Boromirs Blick, der mich flüchtig streifte. Er war zurückgekehrt, hatte ich ihn doch während der Nacht nicht finden können. Er wirkte recht gefasst, entspannt und ruhig, augenscheinlich bereit für die Weiterreise, die voller Gefahren sein würde. Aragorn war bei ihm... Ich machte mich daran, mein Gepäck zu mustern, konnte mich jedoch nicht gegen den Drang wehren, erneut zu ihm zu schauen. Er wechselte wenige scheinbar belanglose Worte... dann wandte er sich zu uns . Und wieder erkannte ich jenen Ausdruck in seinen Augen. Die Entfernung war keine Hürde, deutlich erspähte ich es. Die Besorgnis des vorherigen Tages schien nicht sonderlich abgeschwächt zu sein... In der Nacht, in der ich gern an seinem Leid teilgenommen hätte, hatte ich ihn letztendlich mit diesem Leid allein gelassen. Und als ich ihn nun sah, wie er mit denselben Augen in die Runde blickte und allen einer aufmerksamen Musterung unterzog, stellte ich mir eine Frage. Hatte er Schlaf gefunden, nachdem ich ihn sich selbst überlassen hatte? Hatten weitere Alpträume nach ihm gegriffen? War auch er gestärkt nach dem kurzen Moment des Aufatmens? Noch immer lastete jene Blässe auf seinen Zügen, doch fand ich in ihnen nicht die Antworten auf all meine Fragen, fand nicht einmal Gelegenheit, in seine Augen zu sehen. Nie richteten sie sich auf mich... Er schenkte mir keine Aufmerksamkeit und ging. Rasch und doch ruhig rafften wir das Gepäck zusammen und wurden vor die Herrin Lothloriens geführt, die zu uns sprach, uns mit wenigen Worten Mut und Glück zusprach, was wahrlich in ihrem Können lag. Allein ihre Worte spendeten neuen Antrieb und ich lauschte ihnen voller Genuss, ließ ihre Stimme auf mich einwirken und dankte ihr aufrichtig, als sie mir ein Geschenk überreichte. Einen edlen Bogen Lothloriens, der mir gewiss eine große Hilfe sein würde. Nicht schwer fiel uns der Entschluss, den Weg mit den Booten fortzusetzen, auf dass wir Vorsprung zu möglichen Verfolgern gewannen. Ohne Zeit zu verlieren, beluden wir die Boote mit Proviant, trafen die letzten Vorkehrungen. So lud ich wenige Taschen in den Rumpf des Bootes, in dem Pippin und Merry Platz gefunden hatten. Auch sie wirkten heiter, während sie sich unterhielten. Ich senkte den Blick, schob etwas Stoff zur Seite und griff in die Tasche. "Seht nur", lächelnd hob ich das trockene Brot, welches sorgsam in ein stabiles Blatt gewickelt war. Stolz präsentierte ich es den Halblingen, die meiner Demonstration aufmerksam folgten. "Dies ist Lembas, elbisches Wegbrot. Ein einziger Bissen füllt den Magen eines Mannes." Nur kurz besah ich mir die beeindruckten Gesichter und verstaute das Lembas wieder in der Tasche. Ebenso lächelnd drehte ich mich dann um, beschattete die Augen mit der Hand und ging, um mich auch um den letzten Proviant zu kümmern. Und die Hobbits flüsterten. Aragorn: Es hatte mich nicht viel Zeit gekostet, den anderen Menschen zu finden und noch weniger Augenblicke benötigte ich, um ihn zu wecken, da ich ihn an seinem nächtlichen Platz wach vorgefunden hatte. Doch er wirkte nicht müde oder erschöpft, machte eher den Eindruck, als dass er doch den Schlaf gefunden an den er nicht geglaubt hatte. Ruhig war er gewesen, als ich zu ihm trat, aber die wachen Augen, wenn auch immer noch von wenigen Zweifeln geplagt, wirkten optimistischer... und hoffnungsvoller. Aufmunternd nickte ich ihm zu, reichte ihm sein Schwert, nachdem er seinen Schild gerafft hatte und begleitete ihn befangen zu den Anderen. Der Elben Hilfe im Rücken zu haben, zu wissen, dass sie uns eine mentale Unterschützung waren, sollte ihm noch mehr Mut und Zuversicht bringen, aber er blieb weitesgehend reaktionslos. Das Einzige, was er tat, war sich in diesem Moment umzuschauen. Ich bemerkte, wie sein Blick an Legolas haftete, konnte aber nicht urteilen, mit welchen Emotionen er dies tat... weshalb. "Das Elbenvolk ist gütig, wir sollten ihnen Dankbarkeit zeigen, Boromir." Fest legte ich die Hand auf seine Schulter und erlangte so seine Aufmerksamkeit zurück. "So lass uns unsere Aufgabe... gewissenhaft durchführen." Ich sagte dies nicht nur aus dem Grund, damit der andere von Legolas abließ, da es mir so schien, als verspüre er keinerlei Freude oder Erleichterung über die Hilfe und Gesellschaft der Elben, sondern auch, damit ich ihn wahrhaft an unsere Pflicht erinnern konnte. Vieles stand noch vor uns und ich hoffte, die Lage würde sich nicht durch Unsicherheiten oder Tollkühnheit der Gefährten verschlechtern. Ich würde Acht geben... vor allem auf mich selbst. Noch einmal nickte ich dem anderen zu, klopfte ihn noch mal auf die Schulter und wandte mich schließlich ab, ohne selbst noch einmal einen Blick auf den Elb zu richten. Meine eigene Stimmung erhellte sich etwas, als ich bemerkte, wie entschlossen die Hobbits nun schienen, wie die Erschöpfung von ihnen abgelassen hatte und sie nun mit einem Hauch Optimismus geprägt waren. Nicht weniger lag dies an den Worten und den warmen Gesten der Herrin Galadriel. Ein Lächeln legte sich auf meine Lippen, als ich zum ersten Mal Gimli's Verlegenheit und vor allem Legolas' tiefe Dankbarkeit erblickte. Es schien mir, als würden wir erst jetzt zu der Reise antreten, denn es war wieder Kraft und Stärke in jedem Körper der Gefährten. Vorsichtig strich die Elbenherrin über den Abendstern Arwens, bevor sie sich nach wenigen Worten auch von mir abwandte. Auf eine Sorge machte sie mich wieder aufmerksam... die Entscheidung der jungen Elbin, der, welcher ich Liebe geschworen und Lüge gegeben habe... Geistesabwesend folgte ich nun der Gemeinschaft und der Herrin Lothloriens zu den Gewässern, dem großen Strom Anduin, welcher uns ein weiterer Schutz und Freund vor den Verfolgern war. Das Volk stellte uns viel zur Verfügung. Boote, Proviant und Mäntel der Elben, die nie zuvor von anderen Völkern getragen worden waren und so machten wir uns daran, das Gepäck zu verstauen. Wahrlich ermutigt tat auch ich mein Bestes und ließ mir meine Kraftlosigkeit nicht anmerken. Nur flüchtig, nachdem viele der Dinge gepackt waren, wandte ich mich ab und schritt zu Herrn Celeborn, dem ich tiefe Dankbarkeit aussprach. Doch statt seine Aufmerksamkeit auf diese Geste zu lenken, hielt er mir einen Dolch entgegen, den ich verwundert annahm, während er einen Schritt auf mich zukam. "Nie sah man Orks am hellen Tage das Ödland passieren, doch diese taten es. Sie tragen das Zeichen der weißen Hand", flüsterte er nachdrücklich, bedacht, dass kein anderer unseren Worten folgen konnte. "Ihr werdet verfolgt." Die Warnung Celeborns nahm ich wortlos hin, hatte ihm gedankt und war zu den Anderen zurückgekehrt. Wachsam würde mein Auge sein, doch hielt ich es zunächst für unnötig, die Hobbits mit dieser Nachricht erneut aufzuschrecken und behielt sie für mich. Später würde ich es ihnen mitteilen... So half ich erst einmal Frodo und Sam in das Boot, geduldig, um ihre Angst davor zu nehmen, da es schien, als fehle Samweis die Gabe des Schwimmens, ehe ich mich zu ihnen setzte und die Paddel ergriff. Ich wollte gefasster wirken, als ich war und zeigte eine Miene, die Hoffnung und Gelassenheit offenbarte. Ich wollte wieder derjenige sein, der allen Mut gab und Tatenkraft. So führten wir also unseren Weg fort, ließen uns ein wenig von den Wassern zu der Ebene von Celebrant treiben, ruderten vorbei an dem Nebenfluss Limklar und traten dann eine Pause an der südlichen Biegung des Anduin an. Obgleich wir die Reise sehr früh begonnen hatten, hatten wir den Tag hinter uns gelassen, als wir aus den Boden stiegen und jeder für sich erneut Ruhe suchte. Doch diesmal war es wohl nur eine leichte körperliche Schwäche, die uns befiel. Die anderen weniger, als mich. Das Land war rasch von der Dunkelheit verhüllt worden und so konnte ich geschützt von dieser Finsternis offen gelegt an einem der vielen Felsen lehnen und achtsame Blicke über den Fluss werfen, über das andere Ufer. Oft hatte ich zu Boromir gesehen, wollte stets sicher sein, was seine Miene mir verriet, doch sie blieb nahezu emotionslos. Legolas dagegen, widmete ich nur wenig meiner Beobachtung. Nur immer dann, wenn ich mir sicher sein konnte, dass er meinen Blick nicht erwidern konnte. Ein gekonnter Ruderer war er... anmutig und edel in allem, was er tat und in dieser Erinnerung schwelgend, hob ich die Hand und rieb Daumen und Zeigefinger aneinander. Das weiche Haar, das im Wind tanzte, der süße Duft... Plötzlich bewegte sich das Wasser und ich verengte die Augen, nur um zu erkennen, dass ein kleiner Baumstamm gegen die leichte Strömung schwamm. "Gollum", murmelte ich leise und blickte zur Seite, vorhersehend, dass sich Boromir zu mir gesellte und dieselbe Beobachtung gemacht hatte. Ich wandte mich ab und ging ruhig über die kargen Felsen. "Ich habe gehofft, dass wir ihn abhängen würden, doch das Wasser ist eben sein Gebiet." Boromir war im Gegensatz zu mir hektisch und von einer leichten Angst geführt. "Und was ist, wenn er den Gegner auf uns aufmerksam macht? Aragorn, wir könnten..." Und ohne es näher zu erläutern, schlug er mir das vor, was ich schon lang erwartet hatte. Das Reich Gondors betreten und von dort aus mit gestärkten Truppen nach Mordor... doch ich wusste, was er vor hatte. "Stärke? Gondor hat keine Stärke." "Aber von den Elben hast du dir helfen lassen!" Aufgebracht wandte er sich an mich und sah mich eindringlich an. "Ja, die Menschen sind unausgeglichen, wankelmütig und schwach. Aber sie besitzen auch Mut und Stärke!" Boromir setzte viel daran, mich zu überzeugen... jedoch lieber wollte ich mich wortlos abwenden, doch packte er mich am Kragen und ließ mich nicht passieren. "Wieso verleugnest du dein eigenes Volk?!" Und nun war ich es, der ein wenig aufgebrachter war, seine Frage ignorierte und mich losriss. "Ich lasse nicht zu, dass der Ring weniger als hundert Meilen an eure Grenzen kommt!" Damit zog ich die Weste zurecht und wandte mich endgültig ab. Und mir lag viel daran, fortan, für die wenigen Stunden, die wir hier verweilten, wieder Ruhe für mich zu finden und erlaubte mir, mich verborgen hinter kargen Zweigen auf einem Felsen niederzulassen. Ich stützte die Ellenbogen auf die Knie und sah mir meine Handflächen an... als ob ich sie zum ersten Mal sah. Abwesend folgte ich den Linien auf der Haut und rief mir die feine Erinnerung zurück, ganz unvermeidlich, so als ob ich nun nicht mehr anders konnte, als alles mit dem Elben zu verbinden. Umso schwerer war es immer wieder, den Blick von ihm zu lassen oder es wirklich erst dann zu wagen, wenn seine Sinne auf andere Dinge konzentriert waren. Blaue Augen, die suchend in die Ferne blickten oder vor Sinnlichkeit leuchteten... Freude, Trauer, Wehmut... sie leuchteten immer... und ohne mein Zutun blickte ich wieder auf und versuchte dieses wundervolle Blau zwischen den Zweigen im Schutze zu entdecken. Legolas: Rasch waren wir vorangekommen, schnell und flink über Wasser, so manchem Feindesauge verborgen bleibend, so, dass wir uns uns getrost einer kurzen Pause zuwenden konnten. Ich selbst blieb vor Erschöpfung verschont, begrüßte die Rast jedoch im Interesse der Hobbits, die sich träge und recht plump niedersetzten, sobald sie eine geeignete Stelle gefunden hatten. Eng saßen sie beieinander, streckten die Beine von sich und gaben sich genügsam einer Pfeife hin, während ich am Ufer stehen blieb, nahe des Wassers, dass die Wellen beinahe meine Füße umspülen konnten. Nicht auf die Unterhaltung der Halblinge achtend, blickte ich sinnierend hinüber zum anderen Ufer. Unter einem lauten Gebrüll mischte sich auch der Zwerg in die Diskussion ein und überließ die aufmerksame Wacht somit ausschließlich mir. Konzentriert tasteten sich meine Augen durch die dünnen Äste, begutachteten einjeden Stamm, einjeden Zweig und richteten sich letztendlich auf wenige Felsen, die sich nicht weit entfernt erhoben. Entspannt umschloss meine Hand den Bogen, mein Atem fiel leise, erhob sich nur zu einem verdrießlichen Seufzen, als ich den Felsen den Rücken zukehrte und langsam den Kopf schüttelte. Sobald die Boote auf Grund gelaufen und die Hobbits ausgestiegen waren, hatte er sich der Abgeschiedenheit zugewandt. Auch er war gegangen, um an einem entfernten Ort Ruhe zu suchen. Diese Abgeschiedenheit, so meinte ich, wurde ihm mit der Zeit stetig sympathischer. Ich starrte hinab auf den Boden, auf das helle Gestein, lugte auch in die kleine Runde, die lachte und scherzte, schäkerte und erzählte. Aragorn war fort... und mit ihm Boromir. Noch immer stumm verharrend, unauffällig meine Gedanken verbergend, entfernte ich mich vom Ufer, zog leisen Schrittes an den Hobbits und dem Zwerg vorbei und stellte mich unter die tief hinabragenden Äste eines Baumes. In ihrem Schatten war mir das Sinnieren angenehmer. Ich hob die Arme, verschränkte sie vor der Brust und hielt den Bogen noch immer sicher, während ich mich vorsichtig gegen den Stamm lehnte. Zielstrebig und besonnen richtete ich mein Augenmerk auf ein Stück Treibholz, welches ruhig an unserem Rastplatz vorbeizog. Erneut brach Gimli in lautes Gelächter aus, eine weiße Wolke des Tabakkrautes zog an mir vorüber und ich bewegte mich nicht. Jegliches Blinzeln vermeidend, die Arme still vor der Brust haltend, beobachtete ich die knorrige Hand, die sich tollpatisch über die Rinde des Treibholzes tastete, sich darin festklammerte und nach hinten fortrutschte, als es gegen das Gestein des gegenüberliegenden Ufers stieß. Ein leises Platschen ertönte. Leise und doch nicht zu überhören, selbst für die anderen... Von dieser Beobachtung zeigte ich mich nicht beeindruckt, gar überrascht. Gollums auffällige Erscheinen und seine nicht vorhandene Fähigkeit, sich vor unseren Augen zu verbergen, traf hier vorhersehbar auf uns. "Legolas!" Ertönte Gimlis raue Stimme und so entzog ich dem Treibholz meine Aufmerksamkeit, blickte hinüber zur heiteren Runde und sah den Zwerg, der mit seiner Pfeife winkte. "Komm, setz dich zu uns! Laufe nicht ruhelos umher!" Erneut schweiften meine Pupillen zum Ostufer, erfassten scharf eine kümmerliche Gestalt, die sich eilends durch das Dickicht davonstahl. "Uns fehlt die Zeit, lange zu ruhen", murmelte ich leise, längst abgelenkt und auf andere Dinge konzentriert. "Auch ihr werdet bald aufstehen müssen." "Oh, es macht mich verrückt, wenn du dort stehst!", meinte der Zwerg mit einer Stimme, die vielmehr drohend, als bittend klang, ohne dass er es beabsichtigte. "Ihr Elben seid doch so reich an Ruhe und Besonnenheit! Musst du..." Seine Worte verstummten in meinem Kopf... Meine Ohren nahmen längst etwas anderes wahr, das größerer Aufmerksamkeit bedurfte. Ein wütender Schrei... Es war und blieb kein Geheimnis, von wem er stammte. Nur beiläufig sah ich, wie der Zwerg das Interesse verlor, es in Gleichgültigkeit umwandelte und sich schnaufend der Gruppe zuwandte. Nach einem letzten abwägenden Blick zum anderen Ufer, drehte ich mich leicht und schob mich am Stamm entlang, bis ich entspannter in eine andere Richtung blicken konnte. Weiteres Geschrei eines vermeindlichen Streites ertönte, zog unbemerkt an der schwatzenden Gruppe vorbei und fiel mir umso stärker auf, ohne dass ich mich bewegte, den Ort verließ, an dem ich bequem stand. Starr blieben meine Augen auf einen gewissen Punkt gerichtet, ohne das geringste Sinnieren mit ihm zu verbinden. Was sprach er stets vom lebenswichtigen Zusammenhalt, von der Festigkeit, die dinglich zwischen uns bestehen musste...? Meine Brauen verzogen sich, skeptisch legte ich auch den Kopf schief. Weshalb verinnerlichte er uns stets die Bedeutung dieser Dinge, schien ihnen selbst jedoch äußerst entspannt, gar schon nachlässig gegenüberzustehen? Ganz recht, ich hieß es nicht gut, dass er sich von uns entfernte, sobald man ihm die Gelegenheit dazu bot. Die Zurückgezogenheit wies auf einen Mangel an Vertrauen hin, auf den Gedanke, sich mit der Einsamkeit besser zu verstehen, als mit uns. Ihn suchen zu müssen, sobald wir uns ein Lager errichteten... Über seinen Verbleib der Ungewissheit ausgesetzt zu sein... All das stellte Anstrengungen dar, die sich vermeiden ließen. Ebenso die Geheimhaltung seines Denkens, seiner Sorgen, die Angewiesenheit auf Trost und doch nicht dazu bereit zu sein, diesen Trost durch andere weitaus bessere Möglichkeiten zu finden. Allein dieses Schweigen seinerseits, rief eine Beunruhigung in mir hervor, weckte beinahe eine leise Unzufriedenheit, die ich mich nicht scheute, offen zu zeigen. Wie gedachte er diesen Zusammenhalt auf die Art und Weise zu finden, die er uns mit seinem Verhalten vorschrieb? Wie, meinte er, fühlten wir uns dabei? Vor allem Frodo musste eine starke Angewiesenheit auf seinen Rat verspüren. Auf seine Offenheit, neben der uns nichts weiterbrachte. Ich wurde auf etwas aufmerksam, wandte jedoch den Blick ab, als mich näher darin zu vertiefen. Ich konzentrierte mich nicht darauf, meinen Gram zu verbergen, war jedoch sicher vor der Aufmerksamkeit der anderen, die sich ablenkten. Befielen sie denn nicht auch wage Zweifel an all dem? Unter einem leisen Atemzug löste ich von dem Stamm, ließ den Bogen sinken, trat auf das kalte Gestein hinaus und hielt dort inne. Meine Ohren nahmen ein unauffälliges Knacken wahr und doch hielt ich mein Augenmerk auf dem Gestein zu meinen Füßen. Ich spreizte die Finger, ballte die Hände zu lockeren Fäusten und presste die Lippen aufeinander. Auch den Kopf bewegte ich leicht, hin und hergerissen zwischen einem Vorhaben und einer ebenso starken Blockade, die dieses Vorhaben zu unterbinden versuchte. Ich musste mit ihm sprechen, ihm meinen Standpunkt vor Augen führen, der ihm gewiss unbekannt war. Ich musste Probleme mit Worten vernichten, bevor sie an Kraft zunahmen und erheblichen Schaden anrichteten. Gefasst von einer gewissen Entschlossenheit wandte ich mich zur Seite, wandte mich zu dem Dickicht, welches sich auf der anderen Seite des kleinen Strandes erstreckte. Ruhig tat ich einen Schritt, näherte mich dem dichten Geäst und hielt dennoch inne. Von mir selbst überrascht blieb ich stehen, senkte den Kopf und schloss kurz die Augen. Aragorn war sehr wohl dazu imstande, den Zeitpunkt selbst zu bestimmen, an dem er helfende Worte hören wollte, gar Worte der Kritik oder Vorschläge. Und er wusste auch, wie man diverse Ablehnung zeigte... Ich schluckte und mein Körper machte sich daran, dem Dickicht den Rücken zu kehren, ohne dass ich es ihm deutlich befahl. In wenigen kurzen Augenblicken fühlte ich mich verbunden mit einer noch schwachen und zurückhaltenden Wut. Und ich wusste nicht, ob sie sich in meinen Augen widerspiegelte, ob sie sich zeigte oder noch verbarg. Jedenfalls fiel mein Blick zielstrebig und geradelinig durch das Dickicht, richtete sich flüchtig und doch intensiv auf die Gestalt, die dort verborgen kauerte... Ich sah ihn nur aus den Augenwinkeln an, gab nur einen kurzen Moment der Aufmerksamkeit preis, bevor ich mich umdrehte und zu den Booten ging. Ich musste niemandem schaden, indem ich aufdringlich wirkte. Es lag in seinen Fähigkeiten, auch eigene Fehler zu bemerken und ich würde warten... Warten auf den Zeitpunkt, an dem er mir den Beweis lieferte. Aragorn: Unauffällig ersuchte ich die Gestalt des Blonden, hatte mich allerdings durch das Gegröle des Zwergen ablenken lassen, welcher für eine augenscheinlich heitere Stimmung sorgte. Pippin grinste breit und kaute genüsslich auf der Pfeife, während Merry krampfhaft versuchte, Kreise aus dem Rauch zu formen. Frodo blieb ruhig, doch wirkte auch er etwas besonnener und Sam hatte seinen Blick immer auf ihn bedacht, obgleich auch er den Tabak sichtlich genoss. Es erfreute mich dieser Anblick der Beharrlichkeit, den ich allerdings bald wieder zunichte machen musste. Immerhin verfolgte man uns, viel eher noch, als wir es erwarteten, am Tage und scheinbar vor Kraft strotzend. Unerwartet käme ein Angriff... und so dachte ich darüber nach, welchen Weg wir einschlagen konnten, ohne Gondor betreten oder gar den Orks begegnen zu müssen. Ich verfiel dieser Grübelei, schloss für einen Moment die Augen... Es gab viele Wege, die wir einschlagen konnten... doch kaum einen, den wir gefahrlos überstehen würden. Leise seufzend blickte ich wieder auf, lehnte mich etwas vor und ließ den Blick aufmerksam durch die Gegend schweifen. Mir fiel keine Gefahr auf, nichts, was sich bewegte, kein Beben der Erde... die Natur war völlig ruhig und gar friedlich und doch beschlich mich ein unangenehmes Gefühl. Meine Augen richteten sich auf Legolas, der, welcher ebenso unruhig zu sein schien wie Boromir. Seine Haltung wirkte durch Gestik und Mimik nicht nur ruhelos, sondern auch verschlossen, beinahe schon trotzig. Ich fragte mich, was wohl in ihm vorging, beobachtete ihn genau, wie er die Hände zu entspannten Fäusten ballte und leicht den Kopf schüttelte... so als wüsste er nicht, was er nun tun sollte. Es war ein seltsames Geschick, dies bei ihm zu beobachten. Die Fehler der Menschen und ihre Unsicherheit besaßen die Elben nicht, daher entglitt mir die Sorglosigkeit, die ich empfand, als wir Lothlorien verließen. Umso mehr wunderte ich mich, als er sich schließlich direkt zu dem Dickicht wandte, in dem ich mich verhüllt gedacht hielt. Sicheren Schrittes trat er in meine Richtung und ich ließ den Blick sinken. Nicht umsonst hatte ich mich hier verbergen wollen. Zeigte ich damit nicht, dass mir die Gesellschaft der Natur in diesen Momenten lieber war, als die der Gefährten? Gerade Legolas wusste um meine Art, Gedanken und Erinnerung zu ordnen, gerade er musste doch ahnen, dass diese Abgeschiedenheit von Nöten war, da ich sonst gewiss bei ihnen sitzen würde. Einerseits interessiert und andererseits nahezu überfordert über die erneute Zweisamkeit, hob ich dann überrascht die Augenbrauen, als Legolas plötzlich inne hielt und die Augen schloss. Es war wahrhaftig nicht nur ein seltener, sondern auch ein angespannter Moment, in dem ich nicht erkennen konnte, was der andere fühlte, welche Gedanken er führte. Schon immer hatte ich erkennen können, welche Last auf seinen Schultern ruhte, welche Besorgnis an seiner Entschlossenheit zehrte. Nur dieses Mal... konnte ich nichts dergleichen in dem Blau seiner Augen erkennen. Der flüchtige, letzte Blick, den er mir und ganz sicher mir zuwarf, ließ mich verstört aus der gesunkenen Haltung hochfahren und ungläubig dreinblicken. Kalt waren sie gewesen, diese Augen, die mich allezeit voller Güte und Verständnis angeblickt hatten. Ich spürte diese kleine Feindseligkeit, diesen schwachen Zorn und... ich besaß keinen Anhaltspunkt dafür, wieso dem so war. Jetzt, wo ich ihm weder Leid noch Sorgen bringen konnte, gerade weil ich mich von ihm fernhielt, verstand ich es nicht. Langsam richtete ich mich auf, blickte umher und trat bedächtig aus dem Geäst hervor. Nun stellte sich mir die Frage, ob dies einer Aufklärung bedurfte. Eine unausgesprochene Sache, die zwischen uns lag, würde das Vertrauen, welches ich predigte, wohl zerstören und die Verlässigkeit aufeinander beirren. Doch ebenso war dies eine Situation, die mir sehr von Nutzen sein würde. Ein viel tieferer Schmerz würde mich packen, wenn diese Lücke zwischen uns wieder geschlossen würde und er mich anschaute, als wäre alles gut. So konnte ich wohl darauf beharren, dass ich seine Gutmütigkeit nicht mehr ausnutzen könnte, wenn mich wieder ein schwacher Moment ergriff. Ich atmete ruhig ein und ging auf die Hobbits und Gimli zu, ohne Legolas nur einen Funken Beachtung zu schenken. Es war... gut so, wie es nun war. "Wir brechen auf", sagte ich ihnen, rief dies ebenso Boromir zu, der weiterhin verborgen hinter den Felsen verblieben war und ging stumm an Legolas vorbei, äußerlich völlig teilnahmslos über dessen Befinden und derzeitigen Mimik und legte die Hände an das Boot, um es aus dem Sand zu ziehen. Ich machte mich beinahe schon stur daran, die Taschen mit dem Proviant detailiert dem Rumpf des Bootes anzupassen... so als ob es nicht auch so schon genügend Platz für die beiden Hobbits und mich gab. "Wir rudern die Nacht durch!", rief ich allen noch zu, ehe ich abwartend zu den Hobbits blickte und bereitschaftlich Sam und Frodo die Hand hinhielt, damit sie in das wackelige Boot steigen konnten. Ich hörte Samweis leise ächzen und grinste darüber, sorgte aber dafür, dass das Boot nicht zu sehr schwankte, als ich es weiter ins Wasser schob und selbst Platz nahm. Ich wusste, dass ich nicht auf die anderen warten musste, ruderte voraus, um ihnen ein Wegweiser zu sein und ihnen rechtzeitig Signale geben zu können, falls ich etwas entdeckte. Selten achtete jemand auf eine Gefahr, wenn er sie nicht vermutete und ich hatte es immer noch nicht geschafft, den Gefährten von dieser Gefahr zu berichten. Schnell und gleichmäßig ruderte ich voran, ohne zurückzublicken, ohne ein Wort zu verlieren. Die Nacht glitt an uns vorbei und ebenso der Tag, ehe wir den Pass erreichten, den ich noch an diesem Tag schaffen wollte. Mit einer leisen Begeisterung legte ich die Hand auf Frodo's Schulter und bat ihn, aufzusehen. Nach vielen Stunden erreichten wir die Argonath, die Säulen der Könige, die sich in schweren Höhen an unseren Seiten befanden. Statuen, die uns den Weg offenbarten, zu dem wir zu gelangen suchten... Kapitel 4: *~canad~* -------------------- ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* Bemerkung: Tut uns leid, dass wir eure Geduld auf so eine harte Probe stellen, aber ein langsamer Aufbau macht ihre Liebe nur umso süßer. Ihr werdet auf eure Kosten kommen. Und wir werden es auch, haben uns so einige Dinge vorgenommen, auf die wir uns riesig freuen. ^_____^/) Grüße an die fleißigen Leser, Mononoke_chan ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* Legolas: Ich war stehen geblieben, dem Dickicht den Rücken zugekehrt, desinteressiert die Hobbits beobachtend, keinen Anteil mehr an der Umwelt nehmend. Erneut knackte es hinter mir und ich wusste, dass er nun zu uns zurückkehrte. Sicher trug er seine Fassung außerordentlich sichtbar, zeigte sich den anderen entschlossen und unbekümmert, als gäbe es nichts, das es dringend zu verbergen galt. Ich spürte regelrecht, wie er aus dem Dickicht trat und ich vernahm seine Stimme. "Wir brechen auf." Geräuschlos atmete ich ein, blickte auf und sah ihn an mir vorbeiziehen. Unauffällig folgten meine Augen ihm. Natürlich... da war sie wieder. Die Stärke, der Unterton, der die Worte zu einem Befehl werden ließ. Unbekümmert, beinahe schon zu entspannt ging er zu den Booten, rief auch nach Boromir. Soeben noch hatte er zusammengesunken Schutz hinter wirren Ästen gesucht, sich zurückgezogen, um seine Gedanken mit niemandem teilen zu müssen. Und natürlich war es niemandem aufgefallen. "Wir rudern die Nacht durch!", meinte er noch und schob das Boot zurück in das Wasser, diesmal mit verräterischen Bewegungen, die mich auf eine gewisse Hast aufmerksam machten. Nach einem ruhigen Zögern tat ich es ihm gleich, ging zu meinem Boot, einen flüchtigen Seitenblick zu dem Zwerg werfend. Was... fragte ich mich, als wir die Fahrt fortsetzten, Aragorn folgten, der ein schnelles Tempo vorlegte... was spielte er für ein Spiel? Schweigend tauchte ich das Paddel in das klare Wasser, betrachtete mir dessen Konturen, die kleinen Wellen, die es schlug. Spielte er mit uns... oder nur mit sich? Und welch ein Ziel versuchte er zu erreichen? Weiter tasteten sich meine Augen über das Wasser, immer weiter zur Seite, bis sie sich auf das andere Boot richteten, welches Boromir antrieb. Auch ihn unterzog ich einer knappen, jedoch aufmerksamen Musterung, sah es als kein Hindernis an, die unauffällige Wut in seinen Zügen zu entdecken, die Anstrengung, mit der er seine Lippen verschlossen hielt. Ich kannte den Mann aus Gondor nicht, hatte ihn im Rat Bruchtals zum ersten Mal gesehen und dennoch war sein Benehmen zu offensichtlich, als dass es mir verschleiert bleiben könnte. Ich ruderte weiter, schwieg und beschäftigte mich mit meinen Gedanken, die zu oft zu skeptischen Grübeleien, ohne gleichen, zu Zweifeln wurden. Gemächlich zog der Wald an uns vorbei, Baum um Baum, Stamm um Stamm und während der Zwerg gemütlich saß und Pfeife rauchte, bewegte ich das Paddel im Wasser. Von einer Seite zur anderen, mit mechanischen Bewegungen, auf die ich die Sinne nicht lenken konnte. Aragorns Verhalten wuchs mehr und mehr zu einem Mysterium heran... Ungewissheit griff nach mir... ja, womöglich nach uns allen. Boromir wurde öfter denn je von Wut erfasst... Nur undeutlich war ich mir seiner Beweggründe bewusst... Undeutlich waren sie vielleicht, mir jedoch nicht gänzlich unbekannt. Ja, ich spürte, was in ihm vorging, fühlte unangebrachte Aufregung, sah seine zuckende Miene. Er stellte eine Gefahr dar. Und Frodo war schweigsam und verschlossen. War es nur die Verunsicherung, die durch die schwere Bürde auferstand? War es noch immer die Trauer um Gandalf, der ich selbst wehleidig gegenüberstand? Oder war es mehr...? Unsicherheit! Die schiere Unsicherheit zerfraß die Reihen der Gemeinschaft oder des festen Bundes, wie Aragorn es sicher noch immer zu nennen pflegte! Abwesend und taub für jegliche Geräusche, zog die Dunkelheit gleich eines flüchtigen Schleiers an mir vorbei. Ich ruderte, ließ jeden meiner Gefährten außer Acht und es gelang mir erst, mich vom schweren Sinnieren loszureissen, als die ersten Strahlen des neuen Tages zu uns drangen, sich glitzernd im Wasser wiederspiegelten, einen herrlichen Anblick boten, der in meinen besorgten Augen keinerlei Pracht besaß. Eine leichte Faszination befiel mich erst, als wir das Tor der mächtigen Säulen passierten, an den kolossalen Figuren aus Stein vorüberdrifteten, gebannt von ihrer Größe, der Macht, die sie ausstrahlten. Ich sah Aragorn inne halten, sah, wie er sich Zeit nahm, um den Anblick zu genießen. Auch die Hobbits legten staunend die Hinterköpfe in den Nacken, während der Zwerg aus seinem tiefen Schlaf erwachte und sich dem Staunen nur anschließen konnte, als sich die mächtigen Könige zu seinen Seiten aufbauten. All das erlebte ich nur mit schwindendem Bewußtsein, erneut hinabdriftend in die Welt, die nur aus Gedanken und Thesen bestand. Die Welt, in der ich mich seit geraumer Zeit des öfteren, wenn auch unwillig, aufhielt. Dann endlich erreichten wir unser Ziel. Unter einem beinahe ohrenbetäubenden Getöse stürzte der Anduin die Klippen hinab, beschrieb deutlich das Ende einer jeden Bootsfahrt. So lenkten wir die Boote zum Westufer, welches das Ziel darstellte. Die Sinne boten mir Vorsicht und rieten mir Aufmerksamkeit, als wir uns dem leuchtenden Strand näherten. Und so begrenzte ich meine Existenz ausschließlich auf das Hier und Jetzt, blickte mich um und lauschte den Geräuschen des Waldes, als wir anlegten. Als hätte die Fortbewegung unseres Bootes einzig und allein ihm oblegen, stöhnte der Zwerg gepeinigt, bevor er sich umständlich aufrappelte und aus dem Boot stieg. "Wir Zwerge bevorzugen den festen Boden!", hörte ich ihn mit seiner grollenden Stimme verkünden. Reglos verharrte ich, vorsichtig legte ich das Paddel vor mir ab, hielt es auch weiterhin umschlossen und drehte mich langsam zum Ostufer um. Schweigend betrat auch Boromir das Festland. Ebenso stumm zog er sein Gepäck mit sich und stampfte davon, während sich die Hobbits nicht sorgen ließen, diskutierend über das helle Gestein gingen und es sich nahe des Waldrandes bequem machten. Wieder erhob sich seine temperamentvolle Stimme und ich empfand es als störend, da eine trügerische Atmosphäre meine besondere Aufmerksamkeit erzwang. Lange blickte ich hinüber zum dichten Wald, bevor ich mich umdrehte, das Boot verließ und meine Konzentration nun auf das Dickicht lenkte, welches sich direkt vor uns erstreckte. Kam dieses Gefühl der Unruhe so rasch? Hätte es mich vielleicht schon eher ergriffen, hätte ich mich nicht vor der Umwelt verschlossen? Die Hobbits unterhielten sich, während einjeder seiner Wege ging, ziellos am Ufer entlangzog oder sich niedersetzte. Ich blieb stehen, hielt den Bogen recht fest in meiner Hand, während ich mich pausenlos umblickte, mich nicht gegen die Unruhe zu wehren wusste und sie bald als verständlich akzeptierte. Flüchtig fuhr ich mir mit dem Handrücken über die Wange, meine Augen machten sich auf eine bestimme Suche und wurden schnell fündig. Ohne zu Zögern zog ich eiligen Schrittes an den Hobbits vorbei, nahm mir keine Zeit, sie zu mustern und ging zu Aragorn, der ruhig dort stand, ebenfalls dem Wald zugekehrt. "Aragorn." Nur beiläufig sprach ich ihn an, hielt neben ihm inne und fixierte mich befürchtend auf das grüne Geäst, welches in trügerischem Frieden im sanften Wind raschelte. "Wir dürfen hier nicht verweilen." Ich senkte die Stimme, ließ sie zu einem Flüstern werden, welches den Hobbits entgehen sollte. Ich fand keine Ruhe, der Boden, auf dem ich stand, behagte mir nicht. Alles an diesem Ort war mir unangenehm. Aragorn: Sowohl mit einer leisen Begeisterung, als auch mit Ehrfurcht, betrachtete ich die ganze Schönheit der weißen Kolosse und staunte über ihren guten Erhalt in den letzten fünfzig Jahren. Und von dieser Ergriffenheit befangen, erzählte ich Frodo das, was ich selbst über sie gehört und gelesen hatte. Gern hätte ich mir die Zeit genommen, dort, an den Füßen der Könige zu sinnieren und der Natur zu lauschen, abgeschieden von allem, wäre diese Pflicht nicht... und dieses Wissen. Es blieb mir vergönnt, an der Erde zu horchen, sagen zu können, dass sie still blieb oder vielleicht schon unter schweren Schritten bebte. Umso behaglicher fühlte ich mich, als wir das Westufer erreichten, die Boote zu diesem lenkten und wieder auf den festen Boden zurückkehren konnten. Kontrolliert stieg ich aus dem Boot und ließ Sam diesmal selbst und allein aussteigen, da seine Angst davor wenigstens in diesem flachen Gewässer völlig unbegründet war. Vielmehr würde er sich vor dem fürchten, was noch auf uns zukommen würde. Ich hob die Taschen aus den Ruderbooten, lehnte sie mit den anderen an einen Felsen und wühlte in einer von ihnen, um Frodo ein Stück Lembas zuzuwerfen. Sehr wohl hatte ich bemerkt, dass er nicht so viel aß wie die anderen und ich nahm mir vor, darauf zu achten, dass dies kein Dauerzustand werden würde und schickte ihm ein mahnendes Zunicken. Er war mir wichtig. Nicht als Ringträger, sondern als den, den es zu beschützen galt und dem man so viele Lasten abnehmen sollte, wie es möglich war. Einen flüchtigen Seitenblick warf ich zu Boromir, der, der momentan neben der Gefahr die uns außerhalb bevorstand, selbst eine Gefahr darstellte. Nicht einzuschätzen, was in seinem Kopf vorging, war er mir eine größere Sorge, als alles andere. Dennoch verbot ich mir mein Augenmerk dauerhaft auf ihn zu richten, überprüfte meine eigene Ausrüstung, das Schwert an der linken Seite, den Dolch im Stiefel verborgen und den Bogen, sowie den Köcher griffbereit auf den Rücken geschnallt. Achtsam überblickte ich die von Baumkronen verdunkelte Flur vor uns, eines Labyrinthes gleich, das durch Sträucher und Gestrüpp keine weite Sicht erlaubte und spürte dieses Unbehagen, das sowohl Körper als auch meinen Geist zur Wachsamkeit anregte. In mir selbst stieg eine Unruhe auf, die ich mühselig zu verbergen versuchte. Nicht zuletzt richtete ich die Armschienen, schnürte sie fester und ballte die Hände zu Fäusten, um die Kraft zu spüren, die ich gut zur Reserve hatte. Zwischen dem munteren Geplapper der Hobbits und dem unüberhörbaren Organ des Zwerges, hörte ich meinen Namen und hob den Kopf wieder an. Legolas steuerte auf mich zu und ich spürte sofort diese Beunruhigung in seinen Schritten. "Wir dürfen hier nicht verweilen." Flüsterte er dicht an meiner Seite und ich warf einen kurzen Blick zu ihm, senkte ihn hinab und wandte ihn schließlich ab, ehe die Beobachtung seiner Lippen gar intensiver werden könnte, als die, die ich auf den Wald zu richten hatte. "Noch nicht, Orks bewachen das Ostufer. Wir brechen erst auf, wenn die Nacht hereingebrochen ist." Erwiderte ich mutwillig ruhig und beinahe schon besonnen. Auch ihn wollte ich endlich wieder täuschen können und zudem auch beruhigen. Oder ahnte er das, was ich zu wissen glaubte...? Legolas: "Warten?" Hatte ich soeben noch die Tiefen des Waldes erblickt, wandte ich mich nun zu ihm, offenbarte meine Beunruhigung, die sich deutlich in meinen Zügen wiederspiegeln musste. Ungläubig sah ich ihn an, schweigend, nicht zu weiteren Worten imstande. Meine Lippen bewegten sich nicht, nur der Atem fiel zu schnell, wurde durch ein schweres Schlucken unterbrochen, bevor ich mir den Wald aus den Augenwinkeln erneut betrachtete. Seit ich Fuß auf diesen Boden gesetzt hatte, durchzuckte mich warnendes Kribbeln, Nervosität meine Hände, auf dass sie den Bogen noch fester hielten. "Aragorn." Flüsterte ich schnell, überprüfte die Unaufmerksamkeit der Hobbits und des Zwergen und trat näher zu ihm. "Nicht das Ostufer ist es, welches mir Sorgen bereitet. Es ist vielmehr ein Schatten, der sich meiner bemächtigt." Eindringlich sah ich in seine Augen, bat angespannt um seine Einsicht. Auch er musste es bereits bemerkt haben... Weshalb, fragte ich mich, als ich kurz verstummte, weshalb war er dennoch imstande, diese einmalige Ruhe zu bewahren? Hierzustehen, als drohe uns keinerlei Gefahr? "Aragorn." Flüsterte ich erneut. "Ich..." Ein leises Geräusch ließ mich erneut auf den Wald aufmerksam werden. Ich unterbrach den Atem, setzte alles daran, diesem Geräusch nachzugehen, meine gesamte Konzentration darauf zu lenken, um alsbald zu erfahren, dass ich mich geirrt haben musste. Aragorn schwieg, allgemein schien nur ich es zu sein, der ruhelos um sich blickte und glaubte, verräterische Laute zu vernehmen, warnende Zeichen des Waldes zu sehen... eine Gefahr zu spüren, die sich uns drohend näherte. "Weder das Ostufer... noch Orks." Wieder sah ich ihn an, nur leise erreichten meine Worte ihn, nur flüsternd und dennoch scharf. "Das Glück wäre uns hold, wäre dem so, doch ist etwas anderes der Fall. Aragorn, etwas anderes erhob sich zur Verfolgung, ist gar kurz davor, uns aufzuspüren!" Ich verengte die Augen, sah mich erneut dazu gezwungen, mich fahrig umzuschauen. Vor wenigen Momenten noch nicht stark genug, um mich so reagieren zu lassen, wurde die Ahnung meines Gespürs nun mit jeder Sekunde stärker. Fester packte ich meinen Bogen, neigte mich zu ihm, bis ich die Distanz soweit verringert hatte, dass er sogar mein beinahe stummes Hauchen vernehmen konnte. "Einen Tag bist du bereit, hier zu verweilen? Aus Vorsichtig vor dem Ostufer? Aus Vorsichtig vor den Orks? Aragorn, lieber sollten wir uns mit ihnen schlagen, als still hier zu sitzen, Kräfte zu schöpfen, unaufmerksam zu sein und uns aus dem größten freien Willen ans Messer zu liefern! Bereit, uns einer Macht zu stellen, die wir nicht einzuschätzen wissen! Deren Kraft uns vollkommen unbekannt ist?" Langsam schüttelte ich den Kopf. "Spürst du es denn nicht?" Ohne mich zu bewegen, linste ich zur Seite. Aragorn: Mir behagte diese Nähe nicht. Keine Sekunde lang und doch blieb mir nichts anderes übrig, als ihm zu lauschen und seine Worte zu verinnerlichen. Ich hörte seinen Atem nahe an meinem Ohr, den leichten Windhauch, den er mit sich brachte und ebenso die Angst in seiner Stimme. Er musste wissen, dass etwas anderes unseren Weg kreuzen würde. Etwas, womit wir alle nicht rechneten, so dachte er gewiss. Erneut blickte ich zu ihm auf, traf auf den intensiven Blick und erwiderte ihn weiterhin ruhig. Nur unauffällig ballte ich die Hand zur Faust, denn zu gern hätte ich sie gehoben und dem Blonden über die Wange gestreichelt. Wieder fiel mir auf, wie schön er war, wenn er wachsam umherblickte und das Blau der Pupillen durch die geweiteten Augen noch viel durchdringender zu sein schien. Ein Schatten, so sagte er... ich spürte ihn auch... umgeben war ich von ihm und lauern tat er überall. Genau wie er, ließ ich den Blick wieder schweifen, doch keineswegs aufgeschreckt, ehe er meinen Namen erneut nannte und fortsetzen wollte. Das leise Geräusch, welches so dezent wirkte, dass wohl nur wir beide es wahrnahmen, ließ ihn stocken und immer mehr verunsichern. Welch eine Angst... ich spürte sie nicht so einschneidend, wie er es wohl tat. Doch war ich der Unsicherheit ebenso nah, wusste sie jedoch besser zu verbergen. Auch er war es immer gewesen, der stets die Ruhe in Person darstellte, meist so viel mehr, als ich. Er handelte zu überstürzt, befürchtete ich und mir fehlten die Worte, um ihn zu beruhigen, da sein Gespür selten... nein, noch nie trügerisch gewesen war und uns immer vor großen Gefahren gewarnt hatte. Plötzlich lehnte er sich vor und ich hielt sofort in jeglicher Bewegung inne, vergaß das Atmen und starrte reflexartig nur geradeaus. Und doch vernahm ich den sanften Duft seiner Haut und spürte seinen Atem um so wärmer auf der meinen. Ich verfluchte ihn. Wahrlich! Seine Unwissenheit trieb nicht nur meine Selbstbeherrschung an ihre Grenzen, sondern stellte mich regelrecht in Frage. Für einen kleinen Moment schloss ich die Augen, konzentrierte mich auf das, was der Elb gesagt hatte und ignorierte gewaltsam den Gedanken, dass die Worte, die ich nun aussprach, an Legolas gingen... und an keinen anderen. "Ich setzte die Hobbits nicht früher einer Gefahr aus als nötig!" Zischte ich leise jedoch warnend, wandte mich nun selbst wieder direkt an ihn und senkte den Kopf leicht, ohne den Blick von ihm zu nehmen. "Orkähnliche Kreaturen haben wir zu erwarten, Legolas. Kreaturen, die am Tage wandern." Ich sah durch das Dickicht, überflog es flüchtig mit den Augen, ehe ich wieder zurückblickte. "Halte mich nicht für blind und handle nicht zu rasch, sonst läufst du Gefahr, zu stolpern!" Ich zog die Luft ein, nahm erneut den süßen Duft wahr und wandte mich schließlich von ihm ab. Er machte mich noch verrückt! Nicht im Zorn, nicht in Wut... Was sollte ich noch alles tun, um ihn bestenfalls fernzuhalten?? "Über Nacht überqueren wir das Ostufer und schlagen den Weg über das Sarngebirge ein!" Rief ich deutlich zu den anderen, ließ Legolas stehen und bückte mich zu den Taschen, um einen Schleifstein herauzuholen. Ich hielt inne, als der Zwerg mich ansprach und nun selbst begann meinen Weg in Frage zu stellen. Über die Emyn Muil würden wir uns kämpfen und dann durch einen Sumpf. Ich unterdrückte mir ein erbittertes Zucken und nickte dem Zwerg schließlich zu. "Genau das ist unser Weg. Ihr solltet Euch ein wenig ausruhen, um bei Kräften zu bleiben, Herr Zwerg." Und dann war er der Empörte, tat dies anschaulich kund und sprach dann auf Merry ein, woraufhin ich nur den Kopf schütteln konnte. War mein gezielter Weg zu vage? "Wo ist Frodo?" Warf der Hobbit fragend ein und blickte sich um. Sofort tat ich es ihm gleich, konnte ihn aber ebenso nicht entdecken. Rasch wirbelte ich herum und sah angespannt zu einem Stamm, an dem ein dicker Schild lehnte. Der Schild Boromirs... und er selbst war ebenso spurlos verschwunden. Mit einem Mal verschnellerte sich mein Atem und eine dunkle Vorahnung befiel mich. Anfangs völlig handlungsunfähig blickte ich zwischen den Hobbits und dem Zwerg umher, bevor ich einfach lossprintete. "Packt alles zusammen! Legolas, Gimli, bringt die Hobbits in Sicherheit!" Schnell ließ ich das Lager hinter mir, hechtete an den Bäumen vorbei, sprang geschwind über Gestrüpp und tote Äste und versuchte mich an Geräuschen oder Spuren zu orientieren. Schnell hatte ich diese erfasst, sowohl die von Boromir, als auch von Frodo. Es schien mir, als wäre hier etwas vorgefallen... doch die Spuren trennten sich und ich folgte denen des Hobbits. Ungeachtet dem Verbleib des Menschen, erreichte ich eine Ruine, aus weißem Gestein. Ich hielt inne und versuchte einen Anhaltspunkt zu finden, ehe ich einen Aufprall hörte. Ungestüm wandte ich mich um und trat hinter dem Gemäuer hervor, als ich auch schon Frodo am Boden sah. Hastig fiel mein Atem, als ich ihn anblickte, erhoffend, dass er unverletzt war. "Er hat sich Boromir's bemächtigt!" Gab der Halbling keuchend von sich und ich zog erzürnt über meine eigene Unvorsichtigkeit die Augenbrauen zusammen. "Wo ist der Ring?" Und mit einem Schlag sprang Frodo auf und wich zurück, als ich zu ihm trat. Beschwichtigend hob ich die Hand, doch er entfernte sich nur noch mehr von mir. "Ich habe geschworen, dich zu beschützen, Frodo." Und daran hielt ich, doch sein Blick zeigte keine Überzeugung. Nach wenigen Augenblicken hielt er mir die Hand entgegen,in der der Ring ruhte und fortan hörte ich eine Stimme in meinem Kopf, die mich beim Namen rief. Langsam ging ich auf den Hobbit zu und streckte die Hand nach der seinen aus... und schloss sie, ehe ich auf die Knie ging. "Ich wäre mit dir gegangen. Bis in die Feuer Mordors hinein." Und er nickte nur stumm, bevor er mich bat, auf alle Acht zu geben. Betrübt ließ ich den Kopf sinken, respektierte jedoch die Entscheidung Frodo's, dessen Entschlossenheit eisern war. Jedoch blieb uns keine Zeit, weitere Worte zu wechseln, denn mir fiel das blaue Leuchten an seinem Gurt auf. "Lauf!" Ich fand sofort auf die Beine zurück, zog mein Schwert und ging einige Schritte zurück. Frodo erkannte die Warnung. "Lauf!" Wiederholte ich mit einem Zittern in der Stimme, das mir selbst völlig unbekannt schien. Sofort drehte sich Frodo um und verließ die Ebene, während auch ich mich abwandte... und die Horde der Kreaturen auf mich zurennen sah, mit der ich zwar gerechnet... doch sie wahrhaftig unterschätzt hatte. Doch ich fürchtete mich nicht, stellte mich ihnen entgegen und hob das Schwert. Der einzige Gedanke, der mir durch den Kopf ging, als ich Klingen auswich und das Schwert schnell in die Leiber meiner Gegner stieß, war die Hoffnung, dass ich Frodo so einen geraumen Vorsprung geben und er sich fortan selbst beschützen konnte. Legolas: Schweigend schenkte er meinen Worten Gehör, hielt den Blick starr nach vorn gerichtet, ließ ihn erst schweifen, als auch ich durch ein Geräusch stockte. Nur flüchtig drehten wir die Gesichter in dieselbe Richtung. An weiterer Reaktion fehlte es jedoch auch weiterhin, als wir jener Stelle den Rücken kehrten und ich die letzten Worte voller Besorgnis an ihn richtete. Und trotz der Unruhe, die sich deutlich in meine Stimme legte und diese veränderte, schien er von keinerlei Nervosität ergriffen zu werden. Ruhig stand er vor mir, schwieg auch weiterhin und ließ so eine Stille über uns hereinbrechen, die drückend war und ungewiss... so wie der Weg, der vor uns lag. Ich löste meine Augen von seinem Gesicht. Viel wichtiger war es mir, die Gegend zu durchmustern, aufmerksam zu sein. Nie durfte ich die gesamte Konzentration auf einen Punkt richten, die anderen unbeobachtet lassen. So entfernte ich mich um einen langsamen Schritt von ihm, tastete nach hinten, fühlte den Köcher, die blanken Griffe der Kurzschwerter, die mir ein gewisses Maß an Zuversicht und Ruhe schenkten. "Ich setzte die Hobbits nicht früher einer Gefahr aus, als nötig!" Unverhofft erhob er die Stimme, ummantelte sie mit einer unauffälligen Schärfe, die mich in meinen Bewegungen inne halten ließ. Er flüsterte nur, leise, zischend, mit einer Aggression, deren Gründe ich nicht kannte. Er antwortete, als hätte ihn schmerzhaft ein beleidigendes Wort getroffen... als wäre dieses Wort aus meinem Mund gekommen. Ungläubig blickte ich zu ihm auf, jegliches Verständnis für diese Reaktion vermissend. Und er drehte sich zu mir, gemach und doch in einer abweisenden Haltung. Dieselbe Abweisung... die sich in seinen Augen widerspiegelte. "Orkähnliche Kreaturen haben wir zu erwarten, Legolas." Seine Stimme wurde durch keine Veränderung umgeschwenkt, noch immer prallte sie kalt gegen mich, ließ mich eine Wut spüren, die ich nicht glaubte, verdient zu haben. "Kreaturen, die am Tag wandern." Zischte er weiter, wandte nicht den Blick ab, hielt ihn bohrend auf mich gerichtet. "Halte mich nicht für blind und handle nicht zu rasch, sonst läufst du Gefahr, zu stolpern!" Versteckt und verschleiert und dennoch nackt und eindeutig, nahm ich die tiefere Bedeutung dieser Worte in mir auf, versuchte mich vor ihr zu verbergen und dennoch drang sie in mich ein, wie ein Dolch, der sich in schutzloses Fleisch rammte. Meine Augen weiteten sich, starr und benommen wandte ich mich erst gar nicht der Suche nach einer Antwort zu. Ich würde keine Antwort finden... geschweigedenn, hatte ich vor, sie zu geben. Ich wußte nicht, ob er meiner Reaktion Aufmerksamkeit schenkte. Und falls dem so war, so war sie kurz und alles andere als tiefgründig. Er drehte sich um... wandte sich ab, als wäre damit alles gesagt! Als hätte ich mich durch eine grauenhafte Schuld selbst dieser Worte belastet, als besäße er jedes Recht, sie an mich zu richten! Als würde ich ihm einen Grund dazu geben! Nur langsam drehte ich ihm das Gesicht nach, nur stockend und gelähmt. Fest haftete mein Blick auf ihm, wurde durch keine Mühe versteckt. Er ging davon, gesellte sich zu den anderen... "Über Nacht überqueren wir das Ostufer und schlagen den Weg über das Sarngebirge ein!" Hörte ich ihn sagen, vertiefte mich hastig in den Ton seiner Stimme, in der sich nicht einmal das leiseste Anzeichen jeglicher Wut verbarg, so sehr ich auch lauschte und suchte. Gelassen wandte er sich an die anderen, hatte er mich doch soeben noch wie jemanden behandelt, dessen Rat er nicht benötigte. Auf seine folgenden Worte, denen ich kaum noch lauschte, reagierte der Zwerg aufbrausend. "Mit anderen Worten sollen wir uns also einfach so durch die Emyn Muil kämpfen! Ein undurchdringliches Labyrinth, übersäht mir messerscharfen Felsen! Und danach wird es sogar noch besser. Da erwartet uns eine stinkende Sumpflandschaft, so weit das Auge reicht!" Ich hörte ihn schreien, auf das Aragorn ihm ruhig antwortete. Und ich stand noch immer auf meinem Fleck, den Bogen umfasst, nicht wissend, wie ich mit Aragorns Verhalten umgehen, gar in welche Richtung ich das Eigene lenken sollte. Bewegung erfasste die Gruppe, Pippin rutschte umher und Merry kam auf die Beine, während der Zwerg noch immer empört den Kopf schüttelte, verdrießlich an seiner Pfeife zog und leise brummte. "Wo ist Frodo?" Merrys Stimme brachte mich der Realität endlich wieder näher. Totenstille zog sie nach sich und einjeder hielt inne, in dem was er tat. Auch ich blickte langsam auf. Ratlos wechselten die Hobbits Blicke, auch der Zwerg suchte überrascht nach ihm. Flüchtig und intensiv suchte auch ich die Gegend nach ihm ab, sah mich um und fand letztendlich nur den massiven Schild, der verlassen an dem hellen Gestein lehnte. Boromir war auch fort!! Ein erschrockenes Zucken durchfuhr mich eiskalt, eine grausame Befürchtung griff nach mir, doch bevor ich reagierte... handelte Aragorn. "Packt alles zusammen! Legolas, Gimli, bringt die Hobbits in Sicherheit!" Hörte ich ihn schreien, als hätte ihn auf einmal all die seltsame Ruhe verlassen, als ließ die Angst sich erst jetzt spüren. Seine rasche Reaktion irritierte mich, ich blieb stehen, sah, wie ihn die Eile packte, er alles stehen und liegen ließ, zu rennen begann und in einem gehetzten Sprinten im Wald verschwand. Nur kurz sah ich, wie er sich durch die dicht beieinander stehenden Bäume schlängelte und sprang... dann verschwand er und die Hobbits wechselten angstvolle Blicke. "Was ist los?!" Verlangte Merry unruhig zu wissen. Auch Pippin war aufgesprungen und Gimli arbeitete daran, es ihm gleichzutun, ächzte und fluchte. Er selbst schien nicht bei Sinnen zu sein, doch größer als sein Verständnis war das meine auch nicht. Nur eines wusste ich... nur eine hatte ich gehört. Aragorns Worte. Und ohne Zweifel taten wir gut daran, ihnen Folge zu leisten. So war ich der erste, der sich aus der erschrockenen Benommenheit riss, rasch zu den Hobbits eilte und Sam, der recht verloren und restlos überfordert dorthockte, auf die Beine zog. Gleichsam griff ich nach seinem Gepäck, seinem Rucksack, drückte ihn in seine Arme und half auch Gimli, aufzustehen. "Wo läuft er jetzt schon wieder hin?!" Schrie der Zwerg wütend. Und wenn man es recht bedachte, hatte er allen Grund dazu. Ich selbst jedoch, begann schnell zu begreifen, knüpfte Zusammenhänge, schöpfte Verständnis und fuhr zu dem Wald herum. Nicht nur eine Gefahr lauerte zwischen dem dichten Geäst... nein. Es waren zwei. Mir blieb nicht die Zeit, mich zu sorgen, mir Fragen zu stellen über das, was zwischen Aragorn und mir vorgefallen war. Unumstößlich stand es fest, dass wir uns im Kampf Treue zu erweisen hatten. Dass wir zusammenhielten... komme, was wolle. Ich keuchte, schluckte, gepackt von Nervosität drehte ich mich um meine eigene Achse, blinzelte auf zum Himmel und schüttelte den Kopf. Aragorn: Ich hatte sie wahrlich unterschätzt. Saruman und Sauron, die Massen von Kreaturen erschaffen hatten, um uns zu vernichten, um den Ring zu erhalten, der das Schicksal Mittelerdes bestimmte. Hastig duckte ich mich unter einem Hieb, schlug zur selben Zeit einem Gegner dicht neben mir das Bein ab und brachte diesen zu Fall, ehe ich dem Monster vor mir das Schwert in's Fleisch rammte und sofort wieder hinauszog, um den Nächsten direkt zu enthaupten. Flüchtig überblickte ich mir die Massen, wich zurück und rannte zu der Steintreppe der Ruine, sprintete einige Stufen hinauf, ehe ich mich umwandte, um dem dichtgefolgten Feind einen Tritt zu verpassen. Einige erfasste die Kreatur, doch viel zu viele kamen davon, holten nach mir aus. Atemlos wich ich zur Seite aus und stieß ihn mit einem kräftigen Schub von der Anhöhe. Ich glaubte, erneut einem Alptraum zu erliegen, als ich zu der Richtung blickte, aus der sie kamen und immer noch kein Ende dieser Massen erfassen konnte. Frodo durfte ihnen nicht in die Hände fallen! Ohne zu überlegen, nahm ich Anlauf und sprang mit einem gellenden Schrei die Ruine hinab, zog viele der Gegner mit mir zu Boden. Schneller als sie holte ich Schwung und erfasste damit zwei Leiber, ließ dann das Schwert zur Seite schnellen und teilte ein Ungetüm in zwei. Es waren zu viele und ich wusste, dass ich ihnen allein unterlegen war. Aber ich durfte mich nicht fürchten. Ich wusste, wofür ich kämpfte und tat dies in fließenden Bewegungen, obgleich meine Kraft schwand und ich die grausame Schwäche in meinen Gliedern spürte, sie mich übermannen und zur Bewegungslosigkeit zwingen wollte. Nächte ohne Schlaf, Aufgaben, die es stets zu bewältigen gab... ein Krieg, den es zu gewinnen galt. Und nach langer Zeit spürte ich, dass ich allein dies nicht bewerkstelligen konnte und auf Hilfe angewiesen war. Legolas: Weshalb gerade jetzt? Wieso zwang ihn die Angst um Frodo nur genau in diesem Moment, so überstürzt und hastig zu handeln? Orkähnliche Kreaturen... er hatte es gesagt und stand im Recht, doch ebenso verunsichernd war diese Erklärung, sie nahm nicht fort, was wir nicht kannten. Und er lief in den Wald, Frodo zu suchen... nun, da sie uns bald erreicht haben mussten! Und er ging, um alleine zu erfahren, was wir fürchteten, setzte sein Leben auf's Spiel durch eine dunkle Vorahnung, die auch mich seit langem ergriffen hielt, mit Sicherheit zu Realität wurde... Eilig rafften die Hobbits ihre letzten Habseligkeiten zusammen und ich stand dort, starrte unruhig in den Wald, spitzte die Ohren und lauschte. "Legolas!" Schnaufend richtete sich der Zwerg auf, hielt die massige Axt fest in den Händen. "Lass uns auch..." Gehetzt drehte ich mich zu ihm um, warf einen hastigen Blick zu den Halblingen und griff den Zwerg an der Schulter. "Merry, Sam, Pippin! Verlasst nicht diesen Ort! Haltet euch versteckt! Zeigt euch nicht, was immer auch geschieht!" Ich drehte den Zwerg, stieß ihn nach vorn, drängte ihn zum Wald. "Wir werden versuchen, sie von euch fernzuhalten. Sollte dies missglücken, so flieht mit den Booten! Findet ein Versteck am Ostufer und wartet!" "Legolas...!" Der Zwerg wusste nicht, wie ihm geschah. Er brummte und schnaufte, erkämpfte sich dennoch nicht den geringsten Teil meiner Aufmerksamkeit. Eilig ließ ich ihn los. Er hatte selbst Beine, mit denen er laufen konnte. Und er tat es, zögerlich... doch er setzte sich in Bewegung, hatte verstanden und lief in den Wald. Ich war versucht, ihm zu folgen, hielt jedoch inne, als ich die Hobbits noch immer dort stehen sah. Restlos verwirrt, gar verängstigt, waren sie nicht imstande, sich zu bewegen. Keuchend blickte ich mich um, musterte auch das Ostufer, welches deutlich eine geringere Gefahr darstellte, als das unsere. "Geht!" Schrie ich ihnen zu, hob den Bogen und dirigierte sie hastig fort. Dann wandte auch ich mich ab. Der Kampf stand im Vordergrund, ihm allein gehörte die größte Wichtigkeit. Ohne zurückzublicken begann ich zu rennen, tauchte in den Wald ein, ließ das Ufer hinter mir und folgte den leisen, jedoch eindeutigen Geräuschen, die beunruhigend an meine Ohren drangen. Und mit jedem Schritt, den ich rasch auf den weichen Boden setzte, wurden sie lauter. Auffällig löste sich das Klirren der Schwerter aus ihnen, wildes Geschrei, das Rascheln des Geästs, an dem die Feinde ruppig vorbeirannten. Mit einem Satz übersprang ich einen liegenden Stamm, stieß mich an einem Baum ab, sicherte mein Gleichgewicht und ließ den Zwerg schnell hinter mir. Keuchend suchte ich nach der Geräuschquelle, sprintete weiter, kämpfte mich einen Abhang hinauf und schlängelte mich durch wenige Bäume. Und als sich mir endlich eine weitreichende Sicht eröffneten, erspähte ich sie. Auf einem Abhang... in nicht weiter Entfernung! Nachlässig befasste ich mich mit der Musterung meiner Gegner, machte mich viel eher daran, zu ihnen zu gelangen. Sie kämpften bei altersgrauen Ruinen, waren groß und massig, hatte starke breite Schultern, eine imposantes und furchterregendes Auftreten... Schwerter mit spitzen Haken, bullige Schilde, die sie vor so manchem Hieb schützten. Ihr Erscheinungsbild erfüllte mich nicht mit Angst, waren sie doch auch sterblich, obgleich die Kreaturen Sarumans. Und falls diese Angst wirklich tief in meinem Inneren existierte, so wurde sie von der Hast übertüncht, Aragorn zu Hilfe zu eilen, der wohl allein diesem Heer gegenüberstand. Ich irrte mich nicht, kam rechtzeitig, sah ihn kämpfen, umgeben von Feinden, die stetig nachdrängten, umbarmherzig auf den Kämpfer einschlugen und doch selbst zu Fall gebracht wurden. Gewand erklomm ich auch diesen Hügel, wechselte den Bogen in die andere Hand, griff nach hinten, zog einen Pfeil und schob mich durch den arkadenförmigen Durchgang der Ruine, der mich direkt das Schlachtfeld betreten ließ. Schnaubend rannten sie an mir vorbei und ich ließ einen Regen aus Pfeilen auf sie niedergehen, hielt sie auf, trat vorerst zurück und verschaffte mir in halbwegs sicherer Distanz einen Überblick. Wieder ließ ich einen Pfeil von der Sehne schnellen, ergriff den Nächsten und stach mit ihm in das Gesicht eines Angreifers, der mir zu nahe gekommen war. Ein lauter Schrei verriet, dass auch Gimli eintraf und so die Aufmerksamkeit der Feinde auf drei Gegner, anstatt nur auf einen Einzigen gelenkt wurde. Zielstrebig und sicher hob ich den Bogen über den Kopf, steckte ihn zurück neben den Köcher und ließ die Hände mit den kurzen Säbeln zurückkehren. Geschwind trat ich einem Angreifer aus dem Weg, schnitt nur flüchtig in sein Bein und ließ ihn durch die eigene Wucht stolpern. Eilig erwehrte ich mich weiterer Monstren, streckte sie nieder, hielt mich stets auf Abstand, des öfteren sogar einen Rückzug vortäuschend, nur um sie etwas von Aragorn fernzuhalten, dessen Bewegungen schlingernd und unsicher wirkten. Erfasst von der vollen Macht des Feindes, mussten seine Kräfte arg gelitten haben. Rasch trat ich hinter eine schmale Säule, lehnte mich mit dem Rücken gegen das raue Gestein, schob mich zur Seite und packte die Hand, die zuerst mit einem Schwert nach mir stieß. Ich schlug sie gegen die Säule, stützte mich selbst an dieser ab und zog die Kreatur zu mir, an mir vorbei, worauf sie brüllend den Abhang hinabstürzte, der sich hinter mir auftat. Und immer wieder suchten meine Augen nach Frodo... ... suchten Boromir... ... und scheiterten auf beiden Wegen. Nur Aragorn war hier. Aragorn, der vor uns losgeeilt war. Nach einem kurzen Überblick tauchte ich hinter der Säule hervor, schlängelte mich geschwind durch die tobenden Angreifer, wirbelte herum, tötete zwei und eilte weiter, sogleich verfolgt werdend. Ich sah den Waldläufer, wie er sich, in einen Gegner verkeilt, gegen das Gestein der Ruine warf, nach dem Kopf des Monsters griff, diesen erneut dagegenschlug. Gimli, der seine Axt schwang, einen Pfad aus Toten hinterließ und mit seinem Gebrüll die Tiere des gesamten Waldes aufschrecken ließ. Den kraftvollen Schlägen, die alles zertrümmerten, was auf sie stieß, hatte ich viel entgegenzusetzen. Meine Wendigkeit erlaubte es mir, den brutalen, jedoch trägen Hieben auszuweichen, mit einer Schnelligkeit zurückzuschlagen, der sie nicht entkommen konnten. So trat ich rasch aus der Gefahrenzone, führte den Angreifer an mir vorbei, verletzte ihn am Rücken oder am Bein und war gewarnt vor jeglichen feigen Angriffen, die von hinten erfolgten. Jedes Vibrieren des Bodens nahm ich wahr, jedes Knacken und Knirschen des Geästs. Eilig tauchte ich unter einem scharfen Schwert hinweg, durchschnitt mit einem Schlag die Wade des Monsters, zertrümmerte die dünne Panzerung, hinter der sie steckte und stieß ihn von mir. Hintereinander weg, pausenlos, immer weiter.... ... bis mich etwas abrupt innehalten ließ. Einen Ton wahrnehmend, der jegliches Gebrüll überschallte, blieb ich stehen, ließ die Säbel sinken, lauschte auf und blickte mich keuchend um. Auch der Zwerg reagierte auf das Signal, ebenso Aragorn. Und für wenige Augenblicke stellte sich der Kampf ein. Erneut ertönte es. Dumpf und unüberhörbar schallte es durch den Wald, drang aus nicht all zu weiter Entfernung zu uns... Das Horn Gondors! Aragorn: Diese Massen offenbarten mir, dass ein Sieg für mich etwas Unmögliches war und ich hier viel mehr um mein eigenes Überleben zu kämpfen hatte, als alles andere. Doch welche Ironie, dass all diese Gegner nicht auf mich oder die Gemeinschaft als Ganzes, sondern eisern auf die Halblinge fixiert schienen. Viele rannten an mir vorbei, übersahen mich regelrecht und nur wenige, die mich augenscheinlich an einer Verfolgung hintern wollten, stellten sich mir in den Weg. Rasch wich ich einem erbarmungslosen Seitenhieb aus, parierte fast zugleich einen anderen, dessen Klinge ich auf den einen Dritten lenkte, ehe ich den Ersteren einfach zur Seite schlug und dann das Schwert in den anderen Leib rammte. Sofort stürzte ich mich auf den am Boden liegenden und sorgte erbarmungslos dafür, dass er nie wieder aufstand. Kurz blickte ich zur Seite und rollte mich reflexartig weg, bevor kalter Stahl mich erfassen konnte und brachte daraufhin wieder einen zu Fall, kam selbst schnell wieder auf die Beine und ließ das Schwert bis in die zertretende Erde sinken, während ich den Leib durchbohrte. Schnell zog ich es zurück, ließ den Griff flüchtig aus der Hand gleiten, umfasste ihn gleich eines Speeres und bohrte die Klinge voller Zorn und Wutgebrüll durch den Schädel, beständig dabei den anderen Arm des Feindes festzuhalten. Die Verzweiflung griff nach mir, als auch dieser Feind zu Boden ging und es doch nicht endete. Ich holte nur noch aus, schlug um mich, wich aus, trat zu und es wollte nicht enden. Ich spürte das warme Blut auf meinen Händen, nicht mein eigenes und doch wurde mir schwindelig, wenn auch nur für wenige Sekunden und ich schüttelte unter einer leichten Benommenheit den Kopf, knapp davor, von einer Klinge erschlagen zu werden. Mit Kraftreserven, die ich nicht mehr vorhanden glaubte, fing ich den todbringenden Hieb mit der Hand ab, holte tief Luft, während ich mich kurz zurücklehnte und mit aller Kraft die Stirn gegen die des Ungetüms prallen ließ und es mit einem undefinierbaren Grollen zu Boden ging. Ich nahm mir nicht mehr die Zeit dazu, es zu enthaupten, durchschnitt ihm nur beiläufig die Kehle, erntete ein kraftloses Röcheln, das jedoch von einem viel angenehmerem Geräusch übertönt wurde. Das Surren schneller Pfeile lenkte mein Augenmerk wenn auch nur kurz zu dem Durchgang und ich erblickte Legolas. Voller Erleichterung empfand ich sein Kommen und auch das des Zwergen, obgleich mein Befehl ein ganz anderer war. Ich hatte weder Gelegenheit um von meinen Gefährten zu erfahren, wo die Halblinge nun waren, noch lange genug Zeit, mir darüber Gedanken zu machen. Viel wichtiger war nun auch unser Überleben, dessen Aussicht nicht mehr hoffnungslos war. Sie waren zu besiegen... ich musste daran glauben. Daran, dass Frodo unverletzt davonkam... dass den anderen Hobbits nichts geschah... dass wir alle die Reise fortsetzen konnten. Legolas und Gimli waren mir eine Unterstützung, die mir die Möglichkeit gab, den Wesen Saruman's vom Hügel aus entgegenzutreten, denn es war offensichtlich, dass sie nun von allen Seiten kamen, um uns zu vernichten. Das Surren der Pfeile verstummte und ich lauschte den klaren Klängen der silbernen Kurzschwerter, sah flüchtig zu dem Elb, der den Eindruck machte, als wäre er nicht verletzt, der an Wendig- und Schnelligkeit eher noch zulegte und einen nach den anderen niederrang. Auch der Zwerg beglaubigte mir mit seinem Gebrüll seine unnachgiebige Schlagkraft, seine pure Entschlossenheit. Sogleich wollte ich also den Moment nutzen, dem Weg Frodo's folgen, als mich ein Gegröl aufmerksam werden ließ und ich gerade noch zurückweichen, mich gegen das kahle Gestein werfen konnte und schneller als diese Missgestalt seinen Kopf packte und ihn gegen diese Wand schlug. Hektisch lief ich durch den Durchgang, seitlich den Abhang hinunter und holte Schwung mit dem Schwert und schlug dem Feind die Beine weg, woraufhin dieser unkontrolliert weiter hinabrollte. Nahe bei den Ruinen erstreckten sich weitere Säulen und auch dagegen drängte ich die Gegner, schlug deren Köpfe in einem günstigen Augenblick zusammen. Ein endloses Meer an Leichen zeigte sich vor mir und obwohl das Blut an meinen Händen nicht das meine war, wurde mir kurz schwarz vor Augen, ebenso breitete sich ein unangenehmes Schwindelgefühl in meinem Kopf aus und ich hob die Hand, um mich an der Gesteinswand festhalten zu können, Halt zu haben, ehe meine Beine nachgeben könnten. Die Erde unter meinen Füßen bebte und ich bemühte mich, die Benommenheit zu vertreiben, obgleich ich gleichzeitig das Schwert dicht an meiner Seite zurückschnellen ließ und den Angreifer hinter mir, bevor er mir zu nahe kam, durchbohrte und zu Fall brachte. Ruhelos wanderten meine Augen über die Ebene, sahen Legolas und Gimli gar nicht weit entfernt kämpfen und ständig agieren, ehe wir alle, ebenso auch der Feind von einem unverkennbaren Laut abgelenkt wurden. Dumpf schallte der Klang des Horns wider... "Boromir!" Erst stockend setzte ich einen Fuß vor den Anderen, ehe ich losspurtete, nicht geglaubt hätte, trotz des annäherndem Schwindelanfalls solch eine Schnelligkeit aufbringen zu können. Nicht umsonst erklang das Horn! Nicht umsonst lockte es die Angreifer dorthin, wo es sich befand und ich ahnte Schlimmes. Ich konnte nicht auf Legolas achten, als ich flugs an ihm vorbeieilte, genau in die entgegengesetzte Richtung, in die Frodo geflüchtet war und den kleinen Abhang hintersprang. Nur wenn es günstig war, riss ich den Feind nieder, hoffte darauf, dass sowohl Legolas, als auch Gimli die Verfolger weitesgehend zur Strecke bringen konnten, damit mir die freie Bahn blieb. Immer wieder hörte ich das dumpfe Grollen, das, das ankündigte, dass die Gefahr größer war denn je und ich gab alles, um an Schnelligkeit gewinnen zu können. Immer näher kam ich dem Laut, doch alsbald verstummte es, urplötzlich, ungewollt, so schien es und mir fehlte es einen Augenblick an Orientierung. Was war geschehen?? Ohne lange zu überlegen, folgte ich nun den Scharren vor mir, bemerkte mit einem Mal, wie wenige es doch waren und das es unmöglich der Fall sein konnte, dass wir sie alle niedergerungen hatten. Was zur... Eine große Gestalt stand dort, etwas verborgen von Bäumen, die mir die Sicht nahmen, doch ich erkannte nach wenigen Schritten schon, was es war... Anders als die Ungetüme, die uns angegriffen hatten, war dieses größer, als seltsamer Ausgleich jedoch kaum von einer Rüstung geschützt, trug weder Schild noch Schwert... doch gespannt hielt es einen Bogen, ein Pfeil in ihm und gerichtet auf den, welcher uns bis jetzt verborgen geblieben war. Zu konzentriert war die Kreatur wohl, als ich sie mit einem kräftigem Sprung mit mir zur Seite riss und zu Boden brachte, ehe sie seinem Ziel den Gnadenstoß geben konnte. Schnell versuchte ich wieder Fuß zu fassen, doch auch mein Gegner hatte sich aufgerappelt und beim Sturz einen umherliegenden Schild gegriffen. Gehetzt holte ich mit dem Schwert aus, doch ebenso schnell wurde es pariert und die Kraft, die sich mir entgegenstellte, war stärker als die Meine! Ich konnte ihm nichts entgegenbringen, als er mich in einer einfachen Bewegung zurückdrängte, ich kurzerhand das feste Holz eines Stammes in Rücken spürte und bei diesem Aufschlag das Schwert verlor. Zu schnell war die Reaktion des Anderen, unterschätzt hatte ich ihn und ehe ich mich von dem Stamm überhaupt regen konnte, schnellte das eiserne Schild auf mich zu und nagelte mich regelrecht am Baum fest. Mit zusammengebissenen Zähnen, versuchte ich es mit aller Kraft von mir zu stoßen, versuchte meinen Hals zu befreien, von Furcht erfasst, da keine derartige Kraft mehr in meinen Gliedern zu sein schien. Schnell holte die Kreatur aus, grinsend und beinahe schon amüsiert knurrend, rannte sie auf mich zu und war nahe daran, mich zu enthaupten, doch hatte sich das Schild in letzter Sekunde gelöst und es war mir möglich gewesen, darunter hinwegzutauchen. Mein Streich war dies nun und ich schlug die Faust in die Magengegend, erhoffend, dadurch etwas Zeit gewinnen zu können, doch nahezu unberührt, traf mich das Knie des Gegners ebenso dort und ich verlor den Halt erneut und ging zu Boden. Mit einer irren Erschöpfung blickte ich auf, sah die Klinge mit dem messerscharfen Haken und unter kraftlosen Keuchen rollte ich mich zur Seite, entkam der Klinge und holte selbst mit dem Fuß aus. Gezielt traf ich das Handgelenk und ein Brüllen ertönte, während sich das Wesen flüchtig aufrichtete. Krampfhaft biss ich die Zähne aufeinander, als ich den Dolch aus meinen Stiefel zog und ihn in des Gegners Oberschenkel rammte. Wieder ertönte das schmerzerfüllte Knurren, doch beschlich mich das Gefühl, dass all dies keine Wirkung zu haben schien! Er blickte zu mir hinab, hielt sich mit der einen Klaue jenen Oberschenkel und schlug mit der anderen wutentbrannt zu. Dumpf spürte ich den Schlag in meinem Gesicht und ich sank wieder hinab, völlig benommen rollte ich etwas zur Seite und wurde sofort wieder gepackt und hochgezogen. Ich fühlte nur noch diese Kraftlosigkeit und das Bild vor meinen Augen wurde undeutlich, ließ mich nur diese gelben Augen sehen, die mir voller Kälte entgegenblickten. Näher kamen sie mir und unerwartet traf der harte Schädel auf meine Stirn und warf meinen Kopf zurück. Mir war unklar, ob ich nun lag oder immer noch festgehalten wurde, doch folgte unbarmherzig ein Schlag gegen meinem Brustkorb und ich glaubte beinahe dadurch wieder fast etwas zur Besinnung gekommen zu sein. Das weiche Laub federte meinen Sturz etwas ab, als er mich bei jenem Schlag losgelassen hatte und irgendwie versuchte ich mich mit den Händen vom Boden abzustützen und aufzublicken. Ungeachtet floss Blut aus meinem Mund und annähernd kriechend bewegte ich mich zu meinem Schwert, während der Gegenüber gelassen wirkte und sich ohne weiteres mit einer Leichtigkeit den Dolch aus dem Fleisch zog. Ich verstand es nicht, wusste nichts über diese Kreatur, entstanden aus tollkühnem Hass, dem ich augenscheinlich nichts entgegenbringen konnte. Gerade noch im rechten Moment, sah ich die Klinge des Dolches auf mich zukommen und noch einmal hob ich mein Schwert, schaffte es tatsächlich, mich auch vor diesem Angriff zu schützen. Doch nichtsdestotrotz bückte er sich nach der eigenen Klinge, kam erneut auf mich zu und ich hechtete mich noch einmal auf die Beine. Ich glaubte nicht mehr an eine Verteidigung, akzeptierte den Tod, würde er mich hier nun holen wollen und so griff ich an, mit verbleibenden Kräften, gab nicht nach, selbst als er sie parierte und erwischte letzen Endes doch eine Lücke und schlug ihm den Arm ab! Und auch in dieser Bewegung noch bohrte sich mein Schwert durch den Leib des Gegners. Doch ungeachtet dessen... als ob Schmerz und Leid unbekannt für jene Kreatur war, legte sich die Klaue auf das Schwert und zog mich nur noch näher zu ihr. Ein Rätsel war es mir! Ein Rätsel, welches sich jedoch nicht zu klären lohnte und ich zog das Schwert zurück und enthauptete das Ungetüm mit einem letzten kräftigem Hieb. Leblos fiel der Körper zur Seite und ich schnappte Luft, blickte mich um und taumelte viel mehr als zu rennen, zu der Person, die stockend atmend, am Boden lag. Drei Pfeile hatten den Körper erfasst, saßen fest in der Haut, im Fleisch und ich ließ mich neben Boromir auf die Knie sinken und beugte mich über ihn. "Sie haben die Kleinen in ihrer Gewalt!" Keuchte er erregt, rang nach Luft. Ich bat ihn ruhig zu bleiben, wollte mir die Wunden besehen, wissen, ob es noch etwas zu retten gab. "Frodo... wo ist Frodo?!" "Ich habe Frodo ziehen lassen." Erwiderte ich ruhig, versuchte auch meinen Atem zu beruhigen und die Schmerzen zu ignorieren. "Dann hast du getan, was ich nicht konnte. Ich versuchte ihm den Ring wegzunehmen." Eine Beichte war dies viel mehr und es machte mir Angst. Ich fürchtete mich vor der Tatsache, die es nicht mehr zu verdrängen oder gar zu leugnen galt... "Der Ring ist für uns jetzt unerreichbar." "Verzeih mir! Ich konnte es nicht ahnen... ich hab euch alle verraten!" Zitternd krallte sich seine Hand in die meine und ich spürte, beachtete jedoch nicht die Finger, die sich ruhelos in meinem Haar bewegten, nach Halt rangen und ihn nicht finden konnten. Ich fürchtete mich... und so vermochte ich es nur leise, nur mit wenig Selbstbeherrschung mit ihm zu reden, ihm zu antworten, ohne etwas tun zu können... "Nein Boromir, du hast tapfer gekämpft. Du hast deine Ehre bewahrt." Legolas: Der Moment des Zögerns war nur von geringer Dauer und umso erschreckender die Art und Weise, wie der Kampf erneut begann. Mit einem Mal erwachten die Feinde zum Leben, gleichsam drehten sie sich in dieselbe Richtung, begannen zu rennen, voller Hast und ohne auf jemanden zu achten. Sie folgten dem Ruf des Hornes, welches, auf Hilfe bedacht ertönt war, nun alles andere als das anlocken würde. Mit den Kreaturen begannen auch wir uns zu bewegen, uns allen voran, sprintete Aragorn und ich wandte mich um, sprang den Abhang hinab, ohne ihnen zu folgen. "Gimli!!" Nur nebenbei schrie ich nach dem Zwerg, hielt mich an einem Baum, schob mich an ihm vorbei und eilte weiter, ebenso in jene Richtung. Ich bemerkte, wie der Zwerg mir folgte, wie dumpf seine massigen Füße im Laub aufsetzten. Ich duckte mich unter einem Ast, erreichte eine weitläufig ebene Gegend, auf der ich sofort jemanden traf. Aragorn hastete an mir vorbei, keuchend und sorgenvoll erregt, hatte er nicht die Zeit, es selbst mit den Monstern aufzunehmen, die seinen Weg teilten. Ich sah ihm nicht nach, stürzte mich direkt in die Schar, die ihm folgte. Gemeinsam mit dem Zwerg versuchte ich sie zu zerstreuen, auseinanderzutreiben, aufzuhalten, auf das sich Boromirs vermeindlich gefahrvolle Situation nicht auch noch weiterhin verschlimmerte. Wild schlugen wir gegeneinander, erwehrten uns der Angreifer, achteten auch auf die, die an uns vorbeiwetzten, auf einen anderen Kampf aus waren, als auf den mit uns. Gimlis feurige Kampfeslust erlaubte es mir, den Gegnern kurz den Rücken zu kehren und die, die es geschafft hatten, an uns vorbeizukommen, mit geschwinden Pfeilen zu Sturz zu bringen. Einer oder zwei, so fürchte ich, entkamen mir dennoch. Die mächtige Stimme des Zwergen ertönte schreiend hinter mir, brachte die Wut zum Ausdruck, die in ihm loderte, ihm neue Kraft verlieh, auf dass er nach jeder abscheulichen Kreatur schlug, die sich seiner auch nur näherte. Die letzten Pfeile riss ich aus dem Köcher, jagte sie in die schwarzen Körper und bangte um meine Gefährten. Genügte die Stärke zweier Kämpfer, eine wilde Horde aufzuhalten? Besaß Aragorn noch die Kraft, Boromir eine Hilfe zu sein? Auf den hilfesuchenden Hall des Hornes zu reagieren? Zielstrebig griff ich nach hinten, zog den Dolch aus dem Halfter meines Gürtels und schleuderte ihn surrend nach einem Gegner, der sich zum Rücken des Zwerges durchgefochten hatte. Und allmählich glaubte ich, als ich mich wieder in den nahen Kampf stürzte, mich Seite an Seite mit Gimli schlug, schienen es weniger zu werden. Gleich einer Schar Ameisen hatten sie vor wenigen Augenblicken noch den ganzen Hügel schwarz gefärbt. Nun jedoch, sank ihre Zahl. Mit allen Kräften bildeten wir eine Mauer, sorgten uns um weiträumige Flächen, ließen niemanden hindurchschlüpfen und in Aragorns Fußstapfen treten. Umbarmherzig schlugen wir nach ihnen, töteten sie, verletzten sie, hinderten sie mit allen Kräften an dem, was sie allesamt vor hatten, zu tun. Und erst, als die Angreifer immer geringer wurden, uns wieder Zeit gegeben ward, um Gedanken zu sammeln, uns auf andere Dinge zu konzentrieren, als auf die Verteidigung, drehten wir uns selbst um. Eilig hetzten wir durch das Gestrüpp, liefen und rannten, wollten uns selbst von dem überzeugen, was geschehen war. Weshalb war das Horn Gondors ertönt? Behände ließ ich ein Hinderniss zurück, tastete mich an einem Stein entlang, orientierte mich neu und setzte meinen Weg fort. Sogleich erfassten meine Augen eine schwarze Gestalt, die sich flink durch das Dickicht kämpfte, dasselbe Ziel verfolgte, wie wir. "Gimli!" Wieder duckte ich mich unter einem Ast, schlitterte an der rauen Rinde eines Baumes vorbei, stieß mich ab und rannte weiter. Mit einer fahrigen Handgeste machte ich den Zwerg auf den Überlebenden aufmerksam und unerwartet, jedoch nicht unverhofft, wechselte der Zwerg die Richtung, schrie und machte sich daran, der Kreatur den Weg abzuschneiden. Wild schwang er seine Axt und ich eilte weiter, war sicher, dem Ziel näher zu sein, als ich dachte. Einen toten Feind sah ich alsbald zu meinen Füßen liegen und sprang über ihn hinweg, bevor ich einen Ort erreichte, der wahrlich ein Ort des Todes war. Ich verlangsamte meine Schritte, schwankte kurz und blickte mich um. Allseits lagen die zerschnittenen Körper der Bestien, ich trat auf ihre Waffen... ... beinahe mit jedem Schritt. Mein Atem fiel schnell und ungestüm, als ich die Hand hob, abwesend über meine dreckige Wange strich und beinahe einen abgetrennten Kopf zur Seite trat. Nur flüchtig sah ich ihn an, besah mir mit Ekel das verzerrte Gesicht, drehte mich ihm nach, stolperte noch einen Schritt und blieb dann stehen. Als hätten sie nie etwas anderes gesucht als dieses Bild, richteten sich meine Augen zielstrebig auf eine Stelle. Sie waren nicht dazu imstande, weiterzudriften, blieben auf sie gerichtet, während ein leiser, zitternder Atem über meine Lippen strich. Er lag dort... kaum dazu fähig, sich noch zu bewegen, das Haupt auf einer Wurzel gebettet... langsam und stockend legte ich den Kopf schief, meine Brauen verzogen sich, alles in mir wollte nicht wahrhaben, was ich erblickte. Und dabei hätte man es erwarten müssen... Durch all die Zustände... Pfeile ragten aus seinem Leib, bewegten sich unter seinem akgehakten Ächzen, welches seinen Atem ersetzte. Boromir... Ohne dass ich es meinem Körper befahl, tat ich wenige kurze Schritte, näherte mich zögernd und hielt bald inne, als graue es mir regelrecht davor, noch weiter zu gehen, mich der Stelle zu nähern, an der nur Aragorn war, ihm den letzten Abschied zu geben, vor der Reise zu seinen Ahnen... Nahe kauerte er bei ihm, beugte sich über den krampfenden Leib, der mit jedem Augenblick mehr des Lebens entsagte. Fest lag seine Hand auf dem Haar des stolzen Mannes aus Gondor, ebenso fest hielt seine andere die von Boromir, die erstarrt den Griff des Schwertes umfasste, ihn gegen sich presste, um dem Tod mit Würde zu begegnen. Ich hörte, wie auch Gimli eintraf, mit schweren Schritten und rasendem Keuchen bis zu mir trat, dann ebenfalls stehen blieb und schwieg. Ich vernahm ihn nur beiläufig, schottete mich ab, um zu realisieren... zu realisieren, dass diese Reise, dieser gefahrenvolle Weg, der sich als das Symbol der Hölle erwiesen hatte... nun... nicht nur ein Leben gefordert hatte. Zwei tapfere, weise Männer hatte sich der Tod bereits gegriffen, sie in seine eisernen Pranken geschlossen... danach gierend, noch weitere zu empfangen. Boromirs Bewegungen erlahmten, einen letzten röchelnden Atem sog er in sich ein, bis er tot in das Laub hinabsank... auch der letzte Hauch des schwachen Lebens seinen Körper verließ und sich sein Gesicht, befreit vom schmerzvollen Zucken, entspannte... Mein Mund war trocken, als ich ihn schloss, ein schweres Schlucken hinunterwürgte und blinzelte. Dies musste eine Alptraum sein... Ein Alptraum ohne gleichen! Aragorn bewegte sich nicht. Reglos kniete er bei ihm, hielt sein Gesicht, sah ihn an. Und meine Augen lenkten sich auf ihn... Nur leicht begann er sich nach alsbald zu regen, löste die Hand von der Wange Boromirs, strich mit den Kuppen der Finger über seine Augen, schloß die Lider zum letzten Frieden, den man in dieser Zeit zu finden vermochte. Gar in der selben Bewegung neigte er sich zu ihm hinab, küsste seine Stirn... Es... es war ein Kampf gewesen... ein Kampf, annähernd einer, wie jeder andere auch. Gegen Bestien, die wir erst einzuschätzen imstande waren, als sie uns angriffen... Was hatte zu dem geführt...? Boromirs Verunsicherung? Hatte es ihm an Konzentration gefehlt? Waren sie zu stark gewesen? In Massen über ihn hergefallen, so, dass auch ein standhafter Krieger wie er, ihrer Macht nicht viel entgegenzusetzen hatte? Ich fand nicht die Antwort auf all die Fragen, die ich mir so verzweifelt stellte. Boromirs Tod war kein geringerer Verlust, als der von Gandalf... Die Trauer darüber war ebenso wenig schwächer... Und doch gab ich mir ihr nicht hin, wendete mich geistig ab von dem Ort, an dem ich stand, befasste mich mit anderen Fragen, ja, lenkte meine Gedanken beinahe krampfhaft in eine andere Richtung. Ich wollte mich nicht mit dem auseinandersetzen, was geschehen war... Noch nicht... nicht jetzt. Keiner von uns war zu Worten imstande, fühlte sich gar dazu hingezogen, zu sprechen, als wir den toten Körper Boromirs zurück zum Strand trugen. Ein Schweigen lag über uns, von dem ich meine Beachtung mit allen Kräften fernhielt. Ich versuchte mich nicht auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren, trieb auch weit weg mit Gedanken, als wir Boromir in eines der Boote legten, zur Bestattung, für die wir uns Zeit nehmen mussten. Wir konnten ihn nicht liegen lassen... im Wald, umgeben von den zahllosen Toten, unter denen er nicht auffiel. Gimli ging, den Schild Boromirs zu holen, Aragorn kauerte auf der Kante des Bootes, nahe des Gefallenen. Auch auf ihn achtete ich nicht. Zwei Boote waren noch hier... eines fehlte. Und ich blickte hinüber zum Ostufer, sah es dort auf dem trockenen Gestein liegen. Vor kurzem erst, hatte man mit ihm den Anduin überquert. Eine gewisse Unruhe breitete sich in mir aus, ließ meine Hände kribbeln, mich nervös auf der Stelle treten. Frodo war fort... und ich wusste, wo er war. Abwesend starrte ich auf das Boot. Sam war fort... auch sein Verbleib war mir kein Mysterium. Er war dort, wo er immer war. Bei Frodo. Und Merry und Pippin...? Ich wandte den Blick ab, ließ den Kopf sinken. Nur dunkel stellte ich es mir vor, wollte mich gar nicht mit dem Gedanken anfreunden. Mit der Tatsache, dass die Angreifer, die doch so zahlreich erschienen waren, sich so schnell zurückgezogen hatten. Wir hatten sie nicht alle getötet, nein, beiweitem nicht. Sie waren verschwunden... Und mit ihnen die beiden Halblinge. Sie, die ich gebeten hatte, hier zu bleiben, denen ich Anweisungen zur Vorsicht gab, um sie verlassen, zu dem Kampf eilen zu können. Beschützt? Nein, das hatte ich sie nicht... Sobald das Boot, welches Boromir fort trug, im rauschenden Nebel des Wasserfalls verschwand, stemmte ich die Hände gegen das letzte verbleibende Boot, schob es über den groben Kies, hinein in das Wasser. Fest fixierte ich mich auf meine eigentliche Aufgabe, auf den Grund, weshalb ich der Gemeinschaft beigetreten war. "Frodo und Sam haben längst das östliche Ufer erreicht." Meinte ich aufgeregt und hielt das Boot zurück. Ich wollte mich hineinschwingen, nur kurz auf Aragorn und Gimli warten, mit denen ich den Weg fortsetzen würde. Der Zwerg trat auch näher, ich lugte flüchtig zu ihm, wurde dann jedoch auf einen anderen aufmerksam. Aragorn... Er machte nicht den Anschein, als würde er mir hastig folgen wollen, als würde er meine Angst teilen. Gimli wandte sich zu ihm und ich hielt inne, richtete mich nur langsam auf und sah ihn ergründend an. Ich blickte in seine Augen, durchmusterte seine Haltung, schätzte sie ein und mir fiel nur eine einzige Art eines Entschlusses auf, die er mir mit alldem zeigen konnte. "Du hast nicht vor, ihnen zu folgen." Aragorn: Ich wollte nicht, dass es so zu ende ging, konnte nicht akzeptieren, dass all die Bemühungen umsonst waren... dass ich versagt hatte. In mir sträubte sich alles und ich war bereit, die Pfeile aus seinem Körper zu ziehen, trotz des sicheren Todes, dem der Andere geweiht war, doch gehetzt legte sich seine Hand auf die Meine und hinderte mich daran. "Lass...! Die Welt der Menschen wird untergehen... alles versinkt im Dunkeln. Und meine Stadt liegt in Trümmern!" Er hatte sich damit abgefunden... mit seinem Tod... ehrenhaft, so dachte ich mir, waren da die Bedenken, die er röchelnd aussprach... seine Angst, die schwer auf ihm lastete und sogar die Kraft besaßen, seine Schmerzen zu in den Hintergrund zu rücken, nur um sie loszuwerden. Und so lag mir viel daran, ihm diese letzte Last zu nehmen, ihn wissen zu lassen, dass all seine Taten nicht umsonst waren... das unser Weg und der, den er nun beschreiten würde... nicht ohne Sinn waren. "Ich weiss nicht, welche Kraft ich aufbringen kann, aber ich schwöre dir, weder wird die weiße Stadt fallen, noch wird unser Volk versagen." Bewusst wählte ich diese Worte... Boromir hatte mir gezeigt, dass die Stärke Gondors vorhanden war. An seinem Mundwinkel glitt das rote Blut hinab und doch zierte ein unergründliches Lächeln seine Lippen... so unscheinbar es auch war. "Unser Volk... unser Volk." Zustimmend nickte ich, versuchte selbst ein Lächeln aufzubringen... doch verlief sich dieses in einem grausamen Trauerspiel. Wie konnte es nur so weit kommen? Schwerfällig legte er den Kopf zur Seite und bewegte die Finger, versuchte sein Schwert zu ergreifen und ich reichte es ihm und legte es mitsamt meiner Hand auf seiner Brust ab und ich spürte nur noch die wenige Kraft die er aufbringen konnte. "Ich wäre dir gefolgt, mein Bruder, mein Hauptmann... mein König." Dies... dies waren seine letzten Worte, ehe die Bewegungen erstarben und ich in die leeren Augen des Anderen blickte. Mir war es ein unmögliches, meine Trauer zu verbergen, den Verlust an einem weiteren Gefährten... und Freund still hinzunehmen. Sanft legte ich die Hände an seinem Schopf, lehnte mich weiter vor. "Friede sei mit dir, Sohn Gondor's." Und als ich mich vorbeugte, ihm einen Kuss auf die Stirn hauchte, spürte ich die vergängliche Wärme seiner Haut... Gondor würde nach ihm Ausschau halten... doch er würde nie zurückkehren. Schwerfällig richtetet ich mich auf, holte tief Luft und ließ den Träne freien Lauf... zu Ehren Boromirs. Und dann drehte ich mich um, hatte die Anwesenheit der beiden Anderen längst gespürt und auch sie waren sich bewusst, was hier geschehen sein musste. Es fiel mir schwer, in ihren Gesichter zu lesen... erkannte zwar die Trauer in Gimli's Gesicht, an der Haltung seines Körpers, der sich erschöpft auf der Axt abstützte, doch wirkte Legolas dagegen völlig weggetreten... als wäre er nicht hier. Doch mir selbst fehlte der Mut, ihn anzusprechen, geschweige denn, ihnen Worte zu sagen, die tröstend sein könnten... denn ich zweifelte daran, dass es dafür je einen Trost geben konnte. Diese Sprachlosigkeit hielt an und trotzdem waren wir uns alle einig, dass der leblose Körper Boromir's nicht zwischen den der Feinde liegen bleiben durfte und ihm ein Ort der Ruhe gegeben werden sollte, welche das Schicksal selbst wählte. Völlig stumm wirkte der Wald nun auf mich, als wir den Körper trugen, zu dem Strand zurückkehrten, dessen Ruhe mir widerrum so schrecklich falsch vorkam. Alles war falsch... jede Voraussicht, die ich getroffen hatte... Ich konnte den Blick nicht auf das Boot lenken, in welchem Boromir nun lag, viel mehr als würde er schlafen und die Strömung ihn davon nahm. Das Horn entzweit, ebenso wie meine Hoffnung einen Schwur zu halten, den ich gebrochen hatte... Das war es nun... wir standen vor dem Nichts. Ein Boot nur noch, dass uns zum Ostufer führen konnte, den Spuren Frodos und Sams hinterher und ein anderer Weg und viele der Gestalten, so wusste ich, die uns erneut nach dem Leben trachten würden. Weder vor, noch zurück und ich nutzte diese Schweigsamkeit, wenn gleich sie störend und erdrückender denn je war, um meine Gedanken zu sammeln... Flüchtig warf ich einen Blick zu Gimli, der mit tiefgesenktem Haupt auf dem Kies stand und dennoch das Augenmerk auf dem Wasserfall belassen hatte... und dann sah ich zu Legolas. Er verhielt sich sonderbar für seine sonstige Art, auswärtig und doch direkt hier. Ich wusste nicht, ob es Trauer war, die sich in seinem Gesicht wiederspiegelte... mir misslang es, herauszufinden, was es stattdessen war. Und sogleich entrann er meinem Blick und seine Stimme drang fest und entschlossen zu mir, als er die Hände an das verbleibende Boot legte und die Begleitung des Ringträgers fortsetzen wollte. Ich dagegen... hatte meine Entscheidung nun getroffen, achtete nur flüchtig auf den Zwerg, der sich ebenfalls in Bewegung setzen wollte und schnürte mir selbst die Handschienen fester, setzte ein Bein auf einem der Felsen ab und festigte den Stiefel, während mein Blick wieder zu dem Elb gelang... der meinen Entschluss wohl verstand... aber nicht begriff. Auch Gimli wandte sich zu mir. 'Du hast nicht vor, ihnen zu folgen.' Und ich sah zurück zu dem Ostufer, beäugte nur flüchtig das dort anliegende Boot und nahm dann den Fuß vom Felsen. "Frodos Schicksal liegt nicht mehr in unserer Hand." Mit diesen Worten, die ich sicher aussprach, ließ Legolas ab von dem Boot und trat von den Wassern weg. Er schien nicht zu begreifen, weshalb ich dies tat, ebenso der Zwerg, der all dies als 'umsonst' bezeichnete... und mir noch einmal vor Augen führte, dass die Gemeinschaft zerbrochen war. "Nicht so lang wir uns treu sind. Wir werden Merry und Pippin nicht Folter und Tod überlassen." Es konnte noch so viel Erschöpfung an mir nagen, noch so viel Leid meine Glieder zerfressen... ich würde nicht eher ruhen, bis ich diese Pflicht erfüllt hatte. "Unnötige Ballaste lasst liegen, nehmt nur das nötigste mit." Ich versuchte mich an meinem letzten Funken Mut zu halten, wandte mich um und bückte mich nach dem Dolch. "Lasst uns Orks jagen!" Zischend verschwand der Dolch im Halfter und ich nickte den beiden zu, ehe ich erneut losrannte, entschieden dazu, Frodo allein... nein, mit Hilfe Sam's den Weg nach Mordor bewältigen zu lassen und nun denen zu helfen, denen wir eine Hilfe sein konnten... Legolas: Eilig liefen wir durch das Dickicht, konnten es uns nicht leisten, auch nur die geringste Zeit zu vergeuden. Um denen zu helfen, die unserer Hilfe so dringend besdurften. Denen, die ohne sie von einem grausamen Schicksal erfasst werden würden. Und obgleich sie nicht im Besitz des Ringes waren, so waren sie doch nicht von geringerer Wichtigkeit. Wie kaltherzig wäre es, so zu denken. Nicht nur dem Ringträger hatten wir uns mit Treue und Beistand verpflichtet... nein, ebenso den anderen Gefährten. Während ich rannte, Aragorn folgte, der unerwartete Kräfte aufbrachte, um die Flüchtenden einzuholen, lief der Zwerg schon lange hinter mir. Nur selten drehte ich mich um, um zu überprüfen, ob er mithalten konnte. In der Zwischenzeit jedoch, bewies sein schwerer Atem seine Anwesenheit, an der ich oft gezweifelt hatte. So behielt ich meine Aufmerksamkeit für mich, lenkte sie auf meine Gedanken, die getrennt zu meinem Körper zum Leben erwachten. Mein Leib bewegte sich annähernd von selbst, automatisch immer hinter Aragorn her, ohne die Umwelt wahrzunehmen. Ja, Aragorn... Ich hatte nichts gesagt. Ich hatte ihn sprechen lassen... und selbst geschwiegen. Was hätte ich denn auch sagen sollen? Eine Äußerung der Zweifel, die mich seit einiger Zeit belasteten? Die Offenbarung meiner Gedanken, die ich nicht in Worte fassen konnte? Ich hatte ihm nicht einmal in die Augen geblickt, als er uns Mut zugesprochen, eine Entscheidung getroffen hatte. Eine Entscheidung, die uns doch alle betraf. Seit einem Zeitpunkt, den ich nicht deutlich bestimmen konnte, stand etwas zwischen uns. Etwas, das ebenso wenig eine Definierung zuließ. Es war, als hätte sich etwas zwischen uns geschoben, langsam und doch stetig. Nur schwerlich ließ sich nun Verständnis finden, nur mit Verunsicherung konnte ich seinen Blick erwidern. Und ich blieb schweigsam, um seine Wut nicht erneut auf mich zu lenken, ohne die Veranlassung und seine Gründe dazu zu kennen. Diese Ungewissheit ängstigte mich. Kein langer Weg war es, bis wir den Waldrand erreichten und die Ebene Rohans erblickten, die sich weit vor uns erstreckte, deren Ende außerhalb unseres Sehvermögens lag... selbst des meinen. Während sich der Zwerg auf die Knie stützte, um nach Atem zu ringen, blickte ich mich um, hielt die Augen offen, suchte nach Spuren, die ich auch schnell fand. Aragorn tat es mir gleich, beugte sich herab, betastete mit konzentrierter Miene den Boden. Kurz sah ich ihn an, annähernd fliehend sah ich dann auf und wandte mich ab, um den Blick über die Ebene schweifen zu lassen. Diese war überlagert von Gesteinsbrocken, versperrte mir die Sicht, ließ mich nur auf eine schwere Wolke aufgewirbelten Staubes aufmerksam werden, die über der weiten Flur lag. Auch Aragorn entging sie nicht lange. So war die Richtung vorgegeben und die Verfolgung konnte fortgesetzt werden. So schnell uns unsere Beine trugen, taten wir dies, durchstreiften hastend das Gefilde. Wir mussten die offene Sicht nutzen, die uns diese flache Gegend erlaubte, mussten geschwind sein, bevor wir die Spuren der Flüchtenden in den Wäldern oder anderen unüberschaubaren Orten verloren. So leisteten wir uns keine Pause, sammelten nur neue Kräfte, indem wir langsamer rannten. Ich sah, wie die Sonne über den Himmel wanderte, gemächlich ihren Lauf nahm. Wir sprangen über Felsen, stiegen Hügel hinauf, stiegen hinab und sprinteten über weite Strecken. Und wir holten auf, so glaubte ich. Gemach, aber mit Sicherheit. Als die Sonne bereits tief gen Horizont gesunken war, traten wir in eine tiefe Ebene hinab, in der wir uns von hohen Felsen umgeben widerfanden. Zu allen Seiten blieb uns die Sicht versperrt, die deutlichen Spuren, die die Richtung des Feindes verrieten, gingen verloren und so blieben wir bei einigen Felsen stehen. Keuchend und hustend ließ sich der Zwerg auf den Boden sinken, sein Atem raste und seine Haltung gab körperliche Schwäche preis, Erschöpfung, die mich bei weitem weniger befiel, als ihn. Mein Körper war leicht und wendig, laufen und rennen konnte er lange und so fiel mein Atem in halbwegs ruhigen Zügen, als ich auf Gimli aufmerksam wurde. Er röchelte, schüttelte den Kopf und ich drehte das Gesicht zur Seite, blinzelte unauffällig zu Aragorn, der ebenso orientierungslos um sich blickte, nach Zeichen am Himmel suchte, nach Staubwolken, zertretenem Gras. Doch es schien, als wären sie einen anderen Weg gegangen... entfernt von uns, wenn auch nicht sehr weit. Er gab sich nicht lange sinnlosen Grübeleien hin, ließ sich sinken, schob die langen Halme des Grases mit der Hand zurück und legte das Ohr auf den Boden. Nur vorsichtig und doch intensiv. Gimli brach in dumpfes Husten aus, unterdrückte es jedoch, als Aragorn die Hand hob und ihn bat, Stille zu wahren. Nach einem prüfenden Blick zu dem Zwergen, lenkte ich die Beobachtung erneut auf Aragorn. Auf seiner Haut haftete noch das Blut der gefallenen Feinde, der Schmutz des Bodens, auf den man ihn oft gezwungen hatte. Auch auf die Blässe wurde ich erneut aufmerksam. Seit langem war sie das einzige, was sein Antlitz zierte und dennoch wäre es schwer, ja annähernd ignorant, sie als Normalität anzuerkennen. Sie war ein Beweis der Erschöpfung, die wortlos verriet, was er für sich behielt. Alsbald hoben sich seine Lider und er richtete sich auf und entfernte sich vom Boden, worauf ich mich abwandte. Wie kindisch es mir doch erschien... Diese Angst, auf ihn einzugehen... war kindisch. Ebenso das Schweigen, um nichts Ungewolltes heraufzubeschwören. "Ich brauche eine Pause!" Verkündete Gimli leicht gereizt, ohne das Ergebnis des Lauschens abzuwarten. Und mit leichtem Sarkasmus fügte er hinzu: "Verzeiht, wenn ich eure Fähigkeiten zur Ausdauer in diesem Fall nicht teilen kann, doch seid ihr nicht der Meinung, gestärkter wären wir den Hobbits eine größere Hilfe, als ausgelaugt und schnaufend?! Wenn wir sie einholen... und das werden wir!" Natürlich... ich rieb mir das Gesicht, räusperte mich leise und blickte zum Himmel auf. Es wäre unsinnig und dumm, die Kräfte für die Verfolgung herzugeben und sie zu vermissen, sobald man das erhoffte Ziel erreichte. Ich selbst hätte keine Einwände, eine Rast zu verschieben, sie gar überhaupt nicht vorkommen zu lassen. In meinen Beinen steckte Kraft, in meiner Seele eine gewisse Entschlossenheit. Doch... Ich verdrängte die Verunsicherung zugunsten einer Tatsache, die mir in diesem Moment wichtiger erschien, musterte die Miene Aragorns, in der sich, nicht gerade unauffällig und verborgen, Skepsis zeigte. Zweifel an Gimlis Wunsch, vielleicht der eigene Wunsch, dem zu widersprechen. Doch was auch immer er dachte, sein Gesicht hatte sich eine eigene Sprache angeeignet, die ich sogleich verstand, tief in mir aufnahm. Fast einen ganzen Tag waren wir gerannt, gesprintet, hatten Felsen erklommen, unsere Kräfte einer harten Probe unterzogen... weshalb also, widersprach der Ausdruck in seinen Augen so immens der Bitte seines Körpers? Was hielt ihn auf, zuzugeben, dass er sich in die Lage des Zwergen versetzen konnte? Er war erschöpft. Und das seit langem... Wieviel Verantwortung war er bereit, für alle anderen zu tragen? Und wie verantwortungslos ging er dabei mit sich selbst um! Als läge niemandem viel an ihm, als wäre er von geringem Wert, gern dazu bereit, alles zu tun und dabei selbst alles zu verlieren. Nein... Ich schüttelte langsam den Kopf. "Auch mir würde eine kurze Rast zusagen." Stellte ich mich auf Gimlis Seite und gegen ihn... nur zu seinen Gunsten. "Gimli hat jedes Recht bei sich, verlassen von jeglichen Kräften werden wir den Hobbits keine Retter sein, werden schlimmstensfalls selbst Rettung benötigen." Ich heftete den Blick auf den Boden, wollte nicht seine Augen sehen, gar einen Ausdruck in ihnen entdecken, der auf Wut schließen ließ. Auch meine Worte überdachte ich lang, bis ich sie aussprach. Mit allen Mühen, um ja nicht zu verraten, dass ich ihm die Pause an meisten gönnte. Die Worte könnten sich wie erneute Zweifel anhören... mit dem denkbar schlechtesten Resultat, welches ich schon kannte. Mutwillig achtete ich nicht auf seine Reaktion. "Auch die Verfolgten werden irgendwann eine Pause benötigen. Sie sind sterblich, so auch Lebewesen, deren Kräfte nicht unendlich sind." Ich weiß nicht, was ihn zur Zustimmung trieb, doch wir einigten uns auf eine kurze Rast, die der Zwerg gedachte, mit Schlaf zu verbringen. So brach auch die Dunkelheit über uns herein und wir suchten sicheren Unterschlupf in einer kleinen Gesteinsnische, verborgen vor den Augen anderer, geschützt und abgeschirmt, bis wir die Gefahr selbst mit offenen Armen empfangen wollten. Ich hatte alles abgelegt, außer den Bogen und meinen Köcher, die ich eng bei mir am Leibe trug. So stand ich etwas außerhalb, nicht weit entfernt von Gimli, der in kürzester Zeit in den Schlaf gefunden hatte, nahe einer Gesteinswand lag und gar lautstark schnarchte. Die einzige Gefahr für uns, sah ich in diesen Lauten... Mir gelang ein leichtes Lächeln, welches schnell an Kraft verlor und mir dennoch geglückt war. Selbst in dieser schweren Zeit, in der ich nicht damit gerechnet hätte, Grund dazu zu haben. Ich drehte mich um, schritt langsam durch das tiefe Gras, erkundete die Gegend mit den Augen, hielt Wache und achtete nicht darauf, dass mein Umherwandern nicht gerade ein Anzeichen von Erschöpfung war, welches ich doch als Grund zur Rast genommen hatte. Doch weshalb sollte ich es verbergen? Mein Ziel hatte ich erreicht. Nach wenigen Schritten blieb ich stehen. Nicht weit von Gimli entfernt, diesmal weniger abgekapselt, hatte sich auch Aragorn niedergelassen. Bequem mit dem Rücken an das Gestein gelehnt, beschäftigte er sich mit irgend etwas... und ruhte. Aragorn: Ich versuchte düstere Gedanken zu verdrängen, in besserer Weise noch, nach Hoffnung zu suchen. Anstatt zu zweifeln, dass jene, die wir suchten, nicht mehr am Leben waren, rief ich mir immer wieder ins Gedächtnis, dass eine Entführung der Hobbits ein sinnloses Unterfangen sein würde, wäre kein Leben mehr in den Körpern der Halblinge. Ungeachtet dessen, dass meine Kräfte weiterhin schwanden, rannte ich dennoch, versuchte Energie aufzubringen, die nicht mehr vorhanden zu sein schien und behielt die Haltung dennoch aufrecht. Nur die Rettung war von belangen... nicht mein Bewusstsein, nicht meine Schwäche. Den Schwur zu halten... Rasch ließen wir den Wald hinter uns, erreichten eine lange Flur, geprägt von flachen Gräsern und Gesteinsbrocken, die die Sicht auf weite Blicke versperrte. Die Lande Rohans. Nicht hilflos waren wir der Orientierungslosigkeit ausgeliefert, da Staub und Spuren uns den Weg wiesen und immer weiter rannten wir, unerschöpflich... zumindest war es Legolas. Ab und an und nur flüchtig blickte ich zurück, sah, wie der Elb geschwind meiner Schnelligkeit nachkam, ganz im Gegenteil zu Gimli, der weitab hinter uns lief und nach Atem schnappte. Doch er würde es schaffen, durchhalten, so wie ich es auch tat. Pausen konnten wir uns nicht leisten. Und so sah ich die Sonne an uns vorüberziehen und wir durchliefen Täler und Anhöhen der Ebene. Schwer war es, Hügel zu bezwingen, Felsen zu überqueren oder hastend zu umgehen, weite Distanzen im Sprint hinter uns zu lassen. Ich spürte das Klopfen meines Herzens schmerzhaft in der Brust, ergab mich dadurch, dass ich zeitweise langsamer lief, den kurzen Seitenstechen und der Trägheit meines Körpers... nur um wenige Minuten danach, wieder volles Tempo zu erreichen und weiterzukommen. Die Sonne entzog sich meines Blickfeldes, versperrt durch hohe Felsen, die den weiterführenden Weg nicht preisgaben, da weder Spuren noch Staub erkenntlich waren. Diesen Weg hatten sie nicht genommen... und letzen Endes blieb ich stehen und versuchte dennoch etwas zu finden. Kurz legte ich die Hand auf die Brust, schloss für einen Augenblick die Augen und beruhigte meinen Atem und das Zittern meiner erschöpften Glieder. Und für wenige Augenblicke gab ich ihnen etwas Ruhe, ließ mich sinken, strich jedoch nur das Gras beiseite und horchte. Hoffend die schweren Schritte der Feinde zu erhaschen, die sich bebend über die Erde bewegen mussten. Ich schloss die Augen, bat mit der Hand um Ruhe, trotz der schweren Atemstöße und des Hustens des Zwergen... doch verblieb mir keine Zeit, meine Sorgen auch auf ihn und seine Kondition zu richten... viel wichtiger waren die Hobbits. Und die Erde bebte tatsächlich, unmerklich jedoch für jedes Wesen, welches sich der Bewegung der Erde nicht bewusst war. Rasch öffnete ich die Augen wieder, erhob mich und blickte in die Richtung, auf die mich die Umwelt hinwies. Doch diese Beobachtung war nicht lange und Gimli machte mich erneut aufmerksam. Rast... ein Segen für meinen Körper, jedoch für mich ein Gedanke der Unmöglichkeit. Wir hatten aufgeholt, konnten doch nicht jetzt wo sie näher waren, pausieren! Allerdings... musste ich ihm stumm Recht geben. Die marternde Schwäche war ein Begleiter, der die Hilfe erschweren würde, die wir sein wollten. Was also war zu tun? Plötzlich... meldete sich auch Legolas zu Wort. Seine Schweigsamkeit war mir durchaus aufgefallen, doch hatte ich ihr nicht sehr viel Aufmerksamkeit geschenkt. Ich dachte, es wäre mir bekannt, weshalb er schwieg... und mir eine Distanz bot, aber diese Worte, die er nun endlich sprach, waren beinahe schon unglaubwürdig. Auch er wollte eine Rast...? Unschlüssig tat ich langsam einen Schritt vor den anderen, blickte umher und überdachte diese Worte. Unklar war es, wohin die Kreaturen die Hobbits brachten, wann es ihnen in den Sinn kam, die Halblinge zu beseitigen... aber zu guter Letzt mahnte ich mich selbst meiner überstürzten Handlung wegen. Wenn es half, unseren Gliedern mit einer Ruhe von wenigen Minuten Kräfte wiederzugeben, so sollte ich diesen Vorschlag nicht ausschlagen. Zumal es mir selbst eine Stütze sein würde... "Nun gut, wir rasten." Der Zwerg zeigte seine Erleichterung und ich wandte mich ab, nur für einen kurzen Moment den Blick auf Legolas wendend. Allmählich begann ich es zu hassen, missbilligte es regelrecht, dass er mir etwas vorspielte, um mein eigenes Spiel zu kontrollieren. Denn als wir den geeigneten Ort fanden, schlief der Zwerg flugs ein und auch ich setzte mich, lehnte an einem der vielen Felsen. Nur er, der meinte, dass er eine Pause benötigte, blieb ruhelos und ließ sein waches Auge umherstreifen! Es war leicht für mich, vor denen stark zu machen, die Mutlosigkeit befiel und nach einem Licht greifen wollten. Ihnen konnte ich dieses Licht sein... doch des Elben Auge schien mich schier zu durchleuchten und sicher hatte er längst erkannt, welche Schwäche in mir auszubrechen versuchte. Ich ließ den Blick sinken, besah mir mein Schwert und war nahezu davor, einfach diese Ruhelosigkeit zu teilen, die der Andere in diesen Momenten hegte. Um zu warten, bis er sich selbst verriet und ich jeden Grund hatte, ihm die Zweifel auszutreiben. Ich wollte nicht, dass er Lügen aussprach, um mir Entspannung zu bringen, dass er sich sorgte, ohne dass ich es verlangte. Wieso konnte ich nicht auch ihn täuschen...? Diese Sorge brachte ihn mir nur zu nah... und diese Nähe schmerzte. Ich legte den Kopf in den Nacken, erwartete mit abwesender Mimik das Erscheinen der Sterne, tat dies jedoch nicht lange. Jetzt, wo ich dort saß und keine Gefahr in Sicht war, gefiel es meinem Körper, dieser Erholung nachzugehen und ich spürte die Schwere meiner Lider. Unbewusst senkten sie sich und hastig hob ich sie wieder. Ich durfte nicht schlafen! Und doch... Erholung, Ruhe, Befreiung... und mit einem Mal nahm ich die Umgebung nicht mehr wahr, schaffte es nicht mehr, die Kraft aufzubringen, um mich dagegen zu wehren und gab mich kurze Zeit später geschlagen. Matt ließ ich den Kopf zur Seite sinken, schloss die Augen und alsbald war nur noch diese Finsternis um mich, die mir weder Furcht machte, noch mich an Wachsamkeit erinnern ließ. Es war still... Legolas: Ich war erneut hinausgetreten, stand auf der Ebene, hielt in der einen Hand den Bogen, bewegte die andere abwesend im Wind, der hier an diesem freiliegenden Ort sehr kräftig blies, mein Haar verwehte, auf dass ich es öfter aus meinem Gesicht streifen musste. Und meine Gedanken schweiften genauso weit wie meine Augen. Ich hoffte, ja, betete, die Flüchtenden gut genug eingeschätzt zu haben. Stark waren sie in ihrer ganzen Art, mächtig und besessen von einer grausamen Brutalität. Doch gerade diese massigen Körper, die ihnen in Kämpfen ganz ohne Frage gute Dienste leisteten, waren nicht für Spurte über lange Strecken gemacht, gleichten dem des Zwergen, der mich in meinem Glauben sicherer sein ließ. Zwei, gar drei Tage voller Sprint dürfte man benötigen, um diese Ebene hinter sich zu lassen, Orte zu erreichen, an denen man mehr Schutz fand. Niemanden kannte ich, kein Leben konnte existieren, welches so reich an Kraft, protzend vor körperlicher Stärke war, um sich dieser Prüfung erfolgreich zu unterziehen. Ich schloss die Augen, atmete die erfrischende Luft, hob die Lider und drehte mich langsam um, um zum Rastplatz zurückzukehren, meinen Gefährten etwas näher zu sein, und... so sehr es auch im Hintergrund stand... selbst etwas Frieden zu finden. Schwächer konnte ich dadurch nicht werden. Meine Kräfte würden mich nicht verlassen, mich nach Abbruch der Pause vielmehr durchströmen, auf dass wir auch die letzte Strecke hinter uns bringen und Merry und Pippin befreien konnten. Langsam setzte ich meine Schritte auf den Boden, ging an dem Fels entlang und blieb stehen, als ich die Nische erreichte. Gimli schlief einen tiefen Schlaf. Ich wusste es, ohne zu ihm schauen zu müssen, denn sein Schnarchen ließ sich nur schwer überhören. So lenkte ich mein Augenmerk etwas zögerlich auf Aragorn, dessen Stelle im Schatten der Felsen lag, dort, bis wohin die leichte Helligkeit der Nacht nicht vordringen konnte. Ich benötigte eine kurze Zeit, um mich an die schwarze Dunkelheit zu gewöhnen, meinen Augen eine schärfere Sicht zu erlauben... und ihn zu erspähen. Im ersten Moment glaubte ich, ihn wach zu sehen. Wie er dortsaß, noch immer am Gestein lehnend, das Kinn leicht gen Brust gesenkt. Und er schien sich zu bewegen, sich zur Seite zu lehnen. Etwas Fremdartiges entdeckte ich an der Art dieser Bewegung. Etwas träges, unkontrolliertes... Er neigte sich weiter zur Seite und ich legte den Kopf schief, verwundert, nicht dazu fähig, in der Schnelle Grübeleien darüber anzustellen. Und auf einmal rutschte er hinab, glitt mit dem Rücken an den Felsen entlang und landete sanft und weich im Gras. Er war umgekippt... und bot mir somit einen Anblick, der jeglichen Ausdruck aus meinem Gesicht verbannte. Die leichte Zufriedenheit, der Hauch eines Lächelns, den ich der Nacht geschenkt hatte... all das verblasste, bis meine Miene keine Emotionen mehr verriet. Ohne mich zu bewegen, stand ich dort, hielt den Bogen sicher und besah ihn mir. Das einzige, was ich im ersten Moment in mir spürte, war bloße Verwunderung. Sie war zu mächtig, um sich einen Platz mit der Freude zu teilen, der dieser Anblick wahrhaft würdig war. Vor wenigen Augenblicken noch aufgerichtet, lag er nun reglos auf der Seite. Die Arme zu sich gezogen, die Beine angewinkelt, wirkte er ummantelt von Geborgenheit, umgeben von schützenden Felsen... er schlief. Ich musste erst realisieren, was ich da sah. Nur zögerlich öffnete ich den Mund und verzog die Augenbrauen, ließ die Verwunderung deutlich nach außen dringen, ohne verbergen zu wollen, dass nun auch die Freude, ja, die abgrundtiefe Erleichterung ihren Platz einnahm. Meine Lippen verzogen sich zu einem Lächeln und in bedächtigen Schritten trat ich näher, näher zu ihm, um ihn mir genau zu betrachen, den Anblick zu genießen, der sich mir selten bot. Der Zwerg räkelte sich und grunzte laut, als ich an ihm vorbeizog und verharrte wieder still, als ich Aragorn erreichte und vor ihm stehen blieb. Schlafend hatte ich ihn bereits gesehen... auch wenn dies eine Seltenheit darstellte. Ich wusste genau, wie er aussah, wenn er die Augen länger als einen kurzen Moment geschlossen hielt. Es war etwas anderes, das eine Neuigkeit darstellte. Etwas ganz anderes... Stumm bewegten sich meine Lippen, während sich meine Augen konzentriert über sein Gesicht tasteten, in seinen Zügen nach etwas suchten, das meine Freude lindern könnte. Doch ich fand nichts. Friedlich und entspannt wirkte er bis ins Letzte. Und... genau das war es, was man nur mit viel Glück bei ihm beobachten konnte. Sein Mund war einen kleinen Spalt weit geöffnet. Nur leise und ruhig strich der warme Atem über sie hinweg. Seine Lider waren gesenkt. Kein Zucken durchfuhr sie, kein Anzeichen verlieh das Wissen, dass er sich in einem Alptraum wand. Die Stirn, welche so oft zweifelnd, gar wehleidig gerunzelt war... nur ein schmaler Kratzer deutete darauf hin, dass er etwas schlimmes erlebt hatte. All das rief Faszination in mir hervor, gar Freude. Anders konnte man es wahrlich nicht nennen. Aragorn, der ein Leben fristete, was zumeist nur aus nervlicher Anspannung, Sorge und Kampf bestand... das ihn nur mit dem grundlegenden Leben belohnte. Aragorn, der so manchen bat, endlich Schlaf zu finden und dann selbst umherlief, geplagt von Befürchtungen... das eigene Wohl gänzlich vergessend. Tief schien er im Schlaf versunken, tief hinweggedriftet an einen Ort, der nichts von alledem für ihn bereithielt, was ihm im realen Leben erheblichen Schaden zufügte. Ich konnte den Blick nicht von ihm lösen, genoss es wirklich, ihn so betrachten zu können, ohne selbst betrachtet zu werden. Genoss es auch, seine Augen, die so musternd dreinblickten und sich vor jeglichen Musterungen von Außen schützten, nun geschlossen zu sehen. Langsam ging ich in die Knie, hockte mich an den Platz, an dem ich stand. Keine Sekunde wendete ich meine Augen ab, nur abwesend und langsam legte ich den Bogen in das Gras. Und so kauerte ich direkt vor ihm. Stetig sah man ihn mit der Hast kämpfen, stetig an Ängsten nagen, sich stets sorgen. Kämpfend, schreiend, seinen Mut beweisend... anders kannte man ihn nicht. Abgesehen von wenigen und durchaus kurzen Momenten, in denen sich sein Umfeld veränderte, fand man keine Möglichkeit, sein wahres Wesen kennenzulernen. Sein Wesen, welches, so glaubte ich, viel sensibler war, als sein starker Leib, der sich in so manche Schlacht stürzte. Wenige Bewegungen verrieten es, wenige Gesten, die so weich vonstatten gingen. Einen weiteren Beweis brachten seine Augen, wenn sie, verlassen von Ängsten und Zorn, das Innere klar widerspiegeln konnten. Ein König war er für wahr, ein Anführer, dem man folgen konnte, ohne etwas anderes als Vertrauen zu spüren. Ein Mensch, der Sicherheit vermittelte, Entschlossenheit, selbst in Lagen, die so ausweglos schienen, wie das Sterben nach einer tödlichen Wunde. Einen langen Atemzug nehmend, wandte ich endlich den Blick ab, betrachtete mir das Gras, das Gestein... und schloss alsbald die Augen. Nie hatte ich ihm zugetraut, sich von schierer Wut packen zu lassen... und bisher hatte ich mich in meiner Annahme stets bestätigt gesehen. Nie hatte ich ihm zugetraut, Zorn gegenüber eines Anderen zu empfinden, durch einen Grund, der so gering sein musste, dass er kaum auffiel... und bis vor kurzer Zeit hatte ich mich auch in diesem Glauben sicher geschätzt. Bedrückung befiel mich, die Erinnerung an seine scharfen Worte, die mich entsetzt, ja, so grob getroffen hatten... dass ich mich für wenige Momente gar gekränkt gefühlt hatte. Ich versuchte zwar, seiner Reaktion andere Gründe zu geben... sie nicht auf mich zu beziehen, doch dies war schwerer, als ich mir je hätte vorstellen können. Nie hatte er Andere unter seiner Anspannung leiden gelassen. Nein, nie... so war er nicht. Und weshalb war ich der erste gewesen, für den er seine feste Gewohnheit, sich zu verbergen, aufgegeben hatte? Schmerzhaft hatte mich der Ton seiner Stimme getroffen. Schwerlich auszuhalten für meine Ohren, schmerzhaft für meine Seele. Stets war ich ihm treu gefolgt, hatte zu ihm gestanden, seinen Erklärungen Glauben geschenkt, mich seinen Entscheidungen gebeugt. Nie hatte ich ihm widersprochen, nie hatte ich ihm Ärger gemacht. Wie eine Selbstverständlichkeit hatte die reine und offene Atmosphäre zwischen uns gelegen. Eine Atmosphäre, die keiner Worte bedurfte, seit je her enge Freundschaft und selbstverständliche Treue in sich barg. Sie war gestört, so erschien es mir beängstigend. Erdrückt, verringert durch etwas, dessen ich mir nicht bewusst war! Meine Miene verzog sich wehleidig und unter einem stummen Kopfschütteln ließ ich mich ganz zu Boden sinken. Was sollte ich ihm gegenüber nur empfinden? Was sollte ich tun, wenn er mir mit Ignoranz und Schweigen immer wieder das peinigende Gefühl gab, den größten Teil der Schuld an den Zuständen zu tragen? Ich wusste von keiner Schuld... und wenn mein Unwissen unberechtigt, wenn irgend geschehen war, dem ich nur zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt hatte, weshalb ließ er mich weiterhin im Unwissen, als mich mit wenigen Worten aufzuklären? Und auch wenn es scharfe und verletzende Worte sein würden... ich wollte sie hören. Ich wollte wissen, weshalb er einen Gräuel gegen mich hegte... ... sich von mir fernhielt, ... mir mit Nichtbeachtung begegnete, ... weshalb... mein Atem stoppte. ... weshalb er mich der Befürchtung auslieferte, mich von sich stoßen zu wollen! All das glich einem Alptraum! Sollte es wirklich daran scheitern...? Kapitel 5: *~leben~* -------------------- Aragorn: Merkwürdig war es. Dunkelheit um mich herum und doch nichts, was mich an grausame Dinge erinnerte. Schwerelosigkeit und Frieden... ohne Bewegungen nachzugehen oder Befürchtungen zu hegen. Wie lang ich mich dieser Ruhe hingab, wusste ich nicht. Zeit existierte nicht. Und doch entließ mich diese Finsternis nach und nach aus ihrer seltsamen Geborgenheit und ich öffnete die Augen, matt, nur einen Spalt und erkannte die Gräser um mich herum. Blinzelnd kontrollierte ich dieses Bild und allmählich erwachte ich völlig aus dem Schlaf. Vorerst etwas perplex darüber, dass ich im Gras lag, als ich doch zuvor an jenem Felsen lehnte, setzte ich mich langsam auf und fuhr mir mit der Hand über das Gesicht. Ich hatte tatsächlich geschlafen. Geschlafen, obwohl ich wachen wollte. Wie verräterisch doch der eigene Körper war... Meine Hand legte sich an den Felsen und galt mir als Stütze, um aufzustehen. Ich ballte die Hand zur Faust und verspürte die vermisste Energie, bemerkte durchaus, wie ein Teil meiner Kraft zurückgekehrt war. Ruhelos blickte ich mich um, sah Gimli, wie er immer noch dort lag und seinem Schnarchen nach zu urteilen, immernoch schlief. Meine Augen wanderten weiter und erfassten die Silhouette des Elben, offenbarten mir nach Gewöhnung an die Dunkelheit der Nacht seine Gestalt. Weiterhin wachsam und stark stand er dort... Wie lang hatte ich geschlafen? Ich sah zum Himmel und an ihm leuchteten die Sterne, sehr viele an der Zahl... "Legolas!" Es waren keine kurzen Momente gewesen, die ich geruht hatte... Stunden wohl und es verlangte mir zu wissen, wie viele es waren. Schnellen Schrittes ging ich auf ihn zu, sah, wie er sich zu mir wandte und völlig ruhig zu bleiben schien. "Wie lange verweilen wir schon hier?" Nachdrücklich verlangte ich dies zu wissen und würde, wenn es wirklich Stunden waren, sofort erfragen, weshalb er nichts dagegen getan hatte. Doch er schwieg. Obgleich ich vor ihm stand, sah er mir nicht in die Augen und schien zu zögern. Sicher hatte er keiner Erholung nachgegeben, sicher hatte er anstelle meiner Wache gehalten! Meine Ruhe hätte warten können, der Schlaf wäre sicher, dann, wenn es günstiger gewesen wäre, gekommen! Nicht hier hätte er mich holen dürfen. Doch ehe Legolas antworten und ich die Frage noch einmal eindringlicher stellen konnte, hörte ich ein Grummeln hinter mir und ich wandte mich um, als der Zwerg ebenso erwachte. "Wir können weiter!" Und er war erfreut, dass er Schlaf gefunden hatte und sich gestärkter fühlte. Er ruderte leicht mit den Armen, erweckte seine Glieder und griff nach seiner Axt, tatenkräftiger als zuvor. Kurz schwieg ich, sah zurück zu dem Elb, der weiterhin schweigsam blieb und ließ dann von ihm ab, zu Gimli tretend. "Von nun an folgt keine Pause mehr. Wir haben Zeit verloren und werden sie nun wieder aufholen." Damit ließ ich von beiden ab, sicherte noch den Gürtel und kontrollierte, ob alles an seinem Platz war. Diese Verschwiegenheit zwischen Legolas und mir, so dachte ich, als ich die Nische verließ, hinaus auf die Ebene trat und mich erneut orientierte, sie war belastend. Anders hatte ich mir dies erhofft, hatte ihn nicht in irgend einer Weise einschüchtern, sondern von mir fernhalten wollen, auf dass er wegen meines Wohlergehens keine Sorgen mehr hatte, dies mit Gleichgültigkeit abtat. Doch war das Gegenteil eingetreten und ich spürte diese Besorgnis umso mehr. Seine Haltung, die mir seine Wachsamkeit und Entschlossenheit einreden wollte, doch mir seine Unsicherheit und Bedrückung deutlich vor Augen führte. Seine Augen, die nur selten und nur flüchtig die meinen streiften, fliehender, als ich dies bei ihm tat und ich erinnerte mich an den Augenblick, als er mir diesen wütenden Blick zugeworfen hatte, als ich wieder die Einsamkeit suchte. Und viel mehr noch erinnerte ich mich an die Bestürzung, die mir die blauen Augen offenbart hatten, als ich meine eigene Wut unkontrolliert gezeigt hatte, obwohl er eigentlich nichts dafür konnte. Er konnte nichts dafür, dass ich mich regelrecht nach ihm verzehrte... Seufzend erfasste ich die Richtung, aus der ich das Beben gespürt hatte, vor der Zeit, als ich dem Schlaf erlegen war. "Sie liefen gen Osten!" So rief ich es meinen beiden Gefährten zu, bevor ich die Verfolgung wieder aufnahm und losrannte. Schneller als zuvor, als wir aufbrachen, um die Hobbits zu retten, trugen mich meine Beine über die weite Flur und ich konnte es wahrhaftig nicht leugnen, dass die Rast wohl nötig gewesen war. Und während ich die Flur durchquerte, dorthin lief, wo ich den Feind zuletzt erspürt hatte, lag es mir fern, über jene zu sinnieren. Ich glaube... dass es Zeit wurde, diese Kluft zwischen Legolas und mir zu schließen, Klärung erfolgen zu lassen. Es wurde Zeit, meine Qual auszusprechen, auf dass wenigstens die seine endete. Vielleicht war mir meine Verschwiegenheit, die ich an den Tag legte, um andere von Sorgen zu verschonen, das Verhängnis, welches alles auseinander brach. Doch es war... schwer. Wenn er es wüsste... wenn Legolas wüsste, dass all die Schuld an diesem Streit das Sterbliche war, welches die Ewigkeit liebte, so würde sein Blick nie wieder auf den meinen treffen und die Freundschaft, die seit jeher bestand, würde nie mehr existieren... Was war das nur für ein Ausgleich? Entzweit durch Missverständnisse, die ich heraufbeschworen hatte, um ihn nicht zu verletzen... und dies dann doch getan zu haben. Entzweit durch Klärung, um Missverständnisse zu beseitigen, die zum Schutze gedient hatten und nun der Wahrheit weichen mussten. Welche, die erschreckender sein würden, als all der nahezu unbegründete Zwist. Ich wollte ihn nicht verlieren... doch in Unwissenheit konnte ich ihn auch nicht lassen. So entschloss ich mich, diese Beichte abzulegen, sobald der passende Augenblick kommen würde. Ich versuchte mir dies im Kopf zu behalten und konzentrierte mich wieder auf das, was vor mir lag. Der Weg führte hinab in ein Tal und zeigte mir die weite Ebene, die sich keine Meilen weiter wieder erhob und uns den Aufstieg erschweren würde. Ebenso konnte ich im Norden einen tiefen Abhang erspähen. Es war mir ein Unmögliches, zu erblicken, was dahinter lag, doch seine Tiefe bezeugte mir, dass unsere Feinde diesen Weg ganz gewiss nicht genommen hatten. Ein Abstieg war unmöglich und würde wohl einjedem von ihnen den Tod bringen... Eilends lief ich hinab, überblickte den Boden, während ich allen Bemühungen zum Trotz, aufpassen musste, dass ich nicht wegrutschte. Das Gras war zertreten und die Erde aufgewühlt... und nach einer kurzen Zeit, in der ich Halt gesucht habe, blieb ich stehen und sah mich noch einmal wachsam um. Etwas kam auf uns zu... ich spürte es unter meinen Füßen. Die Erde bebte erneut.... Legolas: Nicht lange hatten wir zur Verfolgung angesetzt, bis wir einen Hügel hinter uns ließen, einen tiefes Tal vor uns erblickten und uns achtsam dort hinunter tasteten. Der Boden war rutschig, feucht durch den Morgentau, sandig und steil. So betraten wir ihn nur mit größter Vorsicht, gern dazu bereit, etwas mehr Zeit aufzuwenden, um uns selbst sicher schätzen zu können. Nach einer Nacht voller Sinnieren und Grübeleien waren Aragorns barschen Worte nach seinem Erwachen nicht überraschend gekommen. Erneut hatten sie mir mein Unverständnis vor Augen geführt und, bereit, alles zerbrechen, und weiterhin der Ungewissheit zu überlassen, hatte ich es nicht einmal in Erwägung gezogen, ihm eine Antwort zu geben. So hatte Gimli die Situation bereinigt, bevor sie sich verschlimmern konnte und nun, da wir wieder liefen und eilten, waren diese Dinge abgetan, verdrängt und alle Sinne auf das Hier und Jetzt gerichtet. Ich griff nach einem Stein, verschaffte mir Halt, als ich mich an ihm vorbeischob, die letzten Schritte tat und die Ebene erreichte, die das Tal bildete. Der Zwerg war nun flinker denn je, holte rasch auf und zwang uns nicht zum Warten. Mehr als erhofft, hatte sich diese Rast bezahlt gemacht. Für Gimli und Aragorn... weniger für mich. Während der Zwerg nun bei uns eintraf, schnaufte und wie so oft auch fluchte, blickte ich mich um, betrachtete mir den unebenen, felsigen Boden und sah auch hinüber zu den Klippen, hinter denen sich eine weite Tiefe erstrecken musste. Doch der Weg der Flüchtigen lag nun deutlich vor uns. Es gab nur einen, den sie hätten gehen können. Aragorn war bereits weitergegangen, stieg über das kantige Gestein und auch der Zwerg setzte sich in Bewegung, im Gegensatz zu mir, der ich inne hielt und auflauschte. Ein Gefühl wahrnehmend, welches mir nur zu bekannt war. Nur wenig später blieb auch Aragorn stehen, bewies sein Gespür für Übles, neben dem sicher nichts von so großer Wichtigkeit sein könnte, dass er seine Hast ablegte. Erneut blieben meine Augen versteckt an ihm hängen, beobachteten ihn, wie er um sich blickte, ohne dass ich mich selbst auf die Gefahr konzentrierte. Der Zwerg stieß ein lautes Knurren aus, seine Hand wanderte zum Griff der Axt... Hinter mir bröckelte etwas Gestein vom Abhang, rieselte hinab und riss mich von Aragorn los. Der Boden zitterte... nur etwas, und doch fühlte ich es intensiv genug, um mir der Gefahr sicher zu sein. Reglos blieben wir stehen, aufmerksam und erregt suchten unsere Augen nach dem Feind und deutlich war uns die Einsicht, dass uns hier nichts ein Versteck bieten konnte, dass wir kämpfen mussten... was auch immer man nach uns ausgesandt hatte. Als hätten wir uns nicht genug Kämpfen ergeben müssen, als hätten wir nicht genug gefochten, uns ein Stück ruhigen Weges verdient... Gestärkt durch die Pause beherrschte uns die Aufregung weniger, als bei der vorherigen Schlacht. "Welche Brunft stellt sich uns jetzt wieder in den Weg!" Brüllte der Zwerg erzürnt und schwang die Axt, zielsicher richtete ich meine Aufmerksamkeit auf einen Hügel nahe der Schlucht. "Kommen sie zurück, uns zu töten?!" "Nein." Flüsterte ich leise und doch drehte er sich sofort zu mir um. Noch immer fixierte ich jenen Punkt, langsam hob sich meine Hand gen Köcher, während die Andere bereits den Bogen zog. "Sie sind zu schnell, als dass es dieselben sein könnten." "Mir egal!" Knurrte der Zwerg, erneut bröckelte das Gestein und ich umfasste den schlanken Schaft eines Pfeiles. "Sie werden meine Axt zu spüren bekommen! So wie die elenden Kreaturen zuvor und die Kreaturen vor den elenden Kreaturen! Und...! Gut... an mir kommen sie jedenfalls nicht vorbei!" Vorbeikommen? ... das hatten sie nicht vor. Ich weiß nicht, was mir half, die Ruhe zu bewahren, was auch meinen Atem gleichmäßig hielt und meine Hand sicher zufassen ließ. Als würde es außer Frage stehen, dass wir uns auch dieser Angreifer erwehren konnten... wir, die wir zu dritt waren. Ein fremdes Geräusch drang an meine Ohren, gleich eines scharfen Fauchens erreichte es mich, schenkte mir die düstre Gewissheit, wieder vor einem unbekannten Feind zu stehen. Hier zu sein... entschlossen und gewappnet zum Kampf und sie noch immer nicht erblickt zu haben. Nun mit einer schnelleren Bewegung legte ich den Pfeil ein, spannte die Sehne weit und hob den Bogen, mit ruhiger Hand auf jenen Hügel zielend. Und dort erschien nun etwas direkt in meiner Schusslinie. Ich blinzelte, verengte die Augen und musterte die behaarte Kreatur. Sie war groß, beeindruckend, gar furchteinflößend von ihrem Auftreten. Meine Finger bewegten sich an dem eingespannten Pfeil. Geduckt stieg sie empor und kam zum Stehen, als der Ork, der auf ihr saß, heftig an den Ketten zog. Bis hierhin hörte ich das kalte Eisen rasseln. Weitere erschienen neben ihr, beritten und wild, als Fortbewegung, noch mehr als Waffe zu gebrauchen. Aragorn und Gimli trübten sich, verschwanden aus meinen Sinnen, die sich scharf und entschlossen auf die Ungetüme richteten. Fünf, zählte ich, sechs, sieben... Sie fanden sich ein, überblickten das Gebiet, erspähten ihre Gegner. Wild schüttelte die vorderste Kreatur den Kopf, stemmte sich nach vorn und stieß ein lautes Brüllen aus, welches der Zwerg kampfeslustig erwiderte. Sie brüllte, der Ork zückte ein gezacktes Schwert und ich verzog die Miene, gequält durch das unangenehme Geräusch. So zielte ich kurz und schoss den Pfeil ab. Zischend zog er an meinen Gefährten vorbei und beinahe im selben Moment noch, verstummte das Getier. Mit offenem Maul blieb es stehen, presste statt des Getöses ein würgenden Laut hervor, röchelte und brach zusammen. Und somit begann die anderen Ungetüme zu rennen. Merkwürdig geduckt und doch schnell bewegten sie sich vorwärts, hechelten laut, brüllten und schüttelten sich in den weiten Sprüngen. In schweren Schritten rannte der Zwerg an mir vorbei, stürmte den Angreifern mutig entgegen, während ich vorerst einen neuen Pfeil einspannte und eine Kreatur von ihrem Reiter befreite. Sogleich steckte auch ich dann den Bogen zurück, umfasste die Griffe der Säbel und riss sie aus ihren Scheiden. In schnellen Schritten folgte ich dann dem Zwerg, entgegen der Monster, bereit für den Kampf. Rasch näherten wir uns, bevor wir aufeinander trafen. Fauchend sprang mir eine Kreatur entgegen und ich entging ihren scharfen Klauen nur mit schneller Reaktion, drehte mich zur Seite, wich ihr aus und entfernte mich dennoch nicht zu weit von ihr, um mit einem Säbel den starken Hinterlauf zu erreichen und sie zu Fall zu bringen. Erfasst von der eigenen Wucht, stürzte die Kreatur schwer, überschlug sich und riss den Ork mit sich, der nicht weniger hart aufschlug und in geraumer Zeit keine Gefahr mehr darstellen würde. Nach dem zielsicheren Schlag eilte ich sogleich weiter, lenkte meine Konzentration weit auf mein Umfeld, musste Angriffe aus einer jeden Richtung erwarten. Nicht weit von mir brachte der Reiter sein Getier zum Stehen, riss es zu mir herum, hetzte es auf mich. Noch immer vor jeglicher Angst verschont bleibend, wich ich vorerst zurück... wenn auch nur für kurze Zeit, ich vergrößerte die Distanz, umfasste meine Säbel sicherer und starrte auf das Maul mit den gefletschten Zähnen, die mich zerreissen wollten. Wieder setzte ich einen Schritt zurück, drehte mich zur Seite und sprang vor der Schnauze eines weiteren Angreifers zur Seite. Ungeschoren ließ ich ihn davonkommen, die Zeit reichte nicht, um zu handeln, denn sobald ich mich aufrichtete, hatte mich das eigentliche Ziel erreicht und ich holte weit aus, schleuderte einen meiner Säbel nach der Kreatur, ließ ihn sich weit in deren Schädel bohren. Und erneut musste ich zur Seite treten, um von dem stolpernden Monster nicht erfasst zu werden. Rasch drehte ich mich also weg, ließ die Kreatur direkt neben mir zu Boden gehen und zerschnitt mit einem kraftvollen Schlag den Leib des Reiters. Eilig packte ich ihn, zerrte ihn hinab vom sterbenden Leib und schwang mich selbst mit einem Satz auf diesen. Geschwind tastete ich hinab zum Kopf, umfasste den Säbel, zog ihn zurücks in's Freie und ließ mich hinter den schützenden Körper fallen, worauf ein Monster weit über mich hinwegsprang, durch das Gras schlitterte und sich zu mir umdrehte. Rasch sprang ich auf die Beine und tastete mich über das grobe Fell der erlegten Kreatur, bevor ich mich erneut über sie hinwegschwang, sicher aufsetzte und mich an ihr abstieß, um zu sprinten. In diesem Kampf gehörten die Vorteile durch den Schauplatz ihnen. Sogleich setzte die Bestie zur Verfolgung an, setzte sich hechelnd und schnaubend in Bewegung, jagte über den toten Artgenossen hinweg und holte sehr schnell auf. Keuchend blickte ich zurück, wägte die Entfernung ab, lief langsamer und handelte erst, als ich den stinkenden Atem der Kreatur bereits im Nacken spürte. So setzte ich den Fuß auf einen Stein, stieß mich zur Seite, rollte mich ab und kam zurück auf die Beine, die Kehrseite der Bestie nun vor mir. Keine Sekunde dieser Möglichkeit ließ ich mir entgehen, schleuderte einen der Säbel zu Boden, in dem er stecken blieb und zog den Dolch aus dem Gürtel. Surrend warf ich ihn nach dem Monstrum, verletzte es schwer an der Seite. Es fauchte, stieß merkwürdig schrille Geräusche aus und verlor das Gleichgewicht. Hinkend kämpfte es sich weiter, bevor es benommen zusammenbrach und sich der Ork von ihm runterkämpfte, selbst die Waffe zückend, auf mich zuhastend. Flink beugte ich mich hinab, tauchte unter dem gefährlichen Schlag hindurch, griff nebenbei nach dem Säbel und zog ihn aus dem Boden. So wechselten wir die Seiten, belauerten uns kurz und griffen an. Seinen kraftvollen Hieb parierte ich schnell, lenkte ihn in eine andere Richtung und schlug ihn zur Seite, ehe ich den kunstvollen Knauf meines Säbels in sein Gesicht rammte, hart in seine Kniekehle trat und ihn von hinten rasch mit den Klingen niederstreckte. Erneut trat ich zu, stieß ihn nach vorn auf den Boden und fuhr herum, als ich mich eine Brise scharfen Gestankes erfasste. Größer denn je sah ich den bulligen Kopf des von mir verletzten Monsters, riss im letzten Moment einen der Säbel in die Höhe und schaffte es, die Bestie am Auge zu verletzen. Orientierungslos preschte sie an mir vorbei, fauchte und würgte und hielt dennoch inne, um sich umzudrehen, mich erneut anzugreifen. Zu vorhersehbar war dies, als dass ich keine Vorkehrungen treffen könnte. Ohne lange nachzudenken, steckte ich einen Säbel in die Scheide zurück, griff bei dem anderen um und trat zurück, mich unbewusst der Schlucht nähernd. Eher als gedacht stieß sie sich ab, setzte sich in Bewegung und hastete mit einer unglaublichen Wucht auf mich zu. Konzentriert sah ich sie näherkommen... näher und immer näher, worauf ich vorsichtshalber erneut zurücktrat... und erneut von der Seite angegriffen wurde! Hektisch versuchte ich meine Gedanken zu ordnen und schnell zu reagieren, wodurch mir nichts anderes übrig blieb, als mit einem schnellen Schritt auszuweichen. Und noch während die kräftige Kreatur an mir vorbeihetzte, erreichte mich die Verletzte. Dumpf stießen beide Monster gegeneinander, brüllend ging der Ork zu Boden und für wenige Augenblicke geriet ich in das undurchschaubare Gedränge der Kreaturen. Kurz steckte ich zwischen ihnen, bevor die eine nach der Schwachen biss, die Zähne in deren Nacken rammte und sie erneut aufschreckte. Sie lehnten sich gegeneinander und ich biss die Zähne zusammen, klammerte mich in ihr Geschirr, nach Atem ringend, der mir in dieser Lage genommen wurde. Dann riss sich das verletzte Monster los, begann zu sprinten, fortzulaufen, so schnell es nur konnte. Und mit einem Ruck, der betäubend durch meinen gesamten Leib raste, zog sie sich mich mit sich. Sogleich entglitt der Säbel meiner Hand, entsetzt spürte ich das kalte Ziehen der Kette, in der sich mein Arm verfangen hatte. Hilflos hang ich an ihr, ächzte laut, bäumte mich auf und schlug die Hand weiter oben in das harte Geschirr der Bestie. Verkrampft versuchte ich mich an ihr hinaufzuziehen, den Druck von der Kette zu nehmen, die sich immer fester um meinen Arm zurrte. Doch unverhofft rutschte ich ab, fand keinen Halt und hing an der Hand, während meine Beine hart über den Boden schlitterten und der massibe Leib des Monsters immer wieder gegen meinen Rippen schlug. Aragorn: Das Beben verstärkte sich und doch erblickte ich noch nicht die Gewalt, die sich gegen uns stellen wollte, die Gefahr, die uns wieder einholte. Doch umso wachsamer wurde ich, zog das Schwert aus der Scheide und wartete ab. Oh, ich spürte, wie erstärkt mein Griff war und auch diese Erschöpfung hatte sehr von mir abgenommen, sich beinahe in ein Nichts aufgelöst. Einen Frevel hatte ich wahrlich an Legolas begangen und ich wusste, ganz gleich welche Macht sich nun gegen uns stellen würde, wir würden sie bezwingen und danach würde ich mich bei ihm bedanken. Bedanken, dass er die Gedanken las, die ich zu verbergen versuchte. Doch all das würde erst später sein. Mein Optimismus war zurückkehrt, unterschätzen würde ich den Feind nicht und so ließ ich ab von dem aufgeregten Gebrüll Gimli's und verstärkte den Griff um das Schwert. Ich erfasste ein Geräusch, zu weit entfernt, als dass ich wüsste, was es war, doch war mir die Richtung bekannt. Mein Augenmerk lenkte sich an jenen Hügel und gleich darauf erkannte ich eine Gestalt, die dort erschien. Undefinierbar war mir das Geschöpf, waren meine Augen zwar gut, doch nicht vergleichbar mit denen der Elben, aber war ich mir der Größe der Kreatur bewusst... und dann erfolgte ein Brüllen, das nicht nur Größe, sondern auch Masse bedeutete und fortan lag meine Konzentration nur noch auf diesem Feind. Viele von ihnen hatten sich eingefunden und an der Bewegung, mit welcher sie nun zu uns hinabstürzten erkannte ich auch die Art Kreatur, auf der die Orks ritten. "Wargs..." Flüsterte ich leise zu mir selbst, erstaunt und zugleich geschockt. Zischend holte mich der Pfeil Legolas' aus der Bewegungslosigkeit und ich begann mich zu regen. Schnell ließ ich das Schwert wieder verschwinden, während ich weiterschritt, schnellen Fußes und mir dann den Bogen aus der Halterung holte, hinterrücks nach einem Pfeil griff und zielte. Warten musste ich noch, wenige Sekunden, in denen ich mein Ziel erfassen konnte, doch waren sie schnell und mir gelang es einzig, einen Pfeil von der Sehne schnellen zu lassen und einen Ork von seinem Getier zu holen. Wahrlich zu schnell und ich steckte den Bocken zurück und zog erneut das Schwert. Und nun rannte ich, Gimli gleich der Meute entgegen und lenkte meine Aufmerksamkeit vollends auf den Warg ohne Reiter. Geschwind rannte er auf mich zu, riss das Maul weit auf und ich entkam ihm kurzerhand durch eine Rolle, fasste wieder Fuß und wich erneut seinen Krallen aus. Schnell holte ich aus, durchstieß den Rumpf des Ungetüms und es ging jaulend zu Boden. Kurz zog mein Blick über das Feld, sah Gimli dem Monster mutig entgegentreten und Legolas gewandt kämpfen. Meine Beobachtung hielt nicht lange an, schon holte mich das grimmige Fauchen eines Orks aus ihr heraus und ich wandte mich um, mit schneller Reaktion auch diesem samt Getier ausweichend. Im Hintergrund wütete das wilde Gebrüll, sowohl der Feinde, als auch Gimlis und mir kam es in den Sinn, dass man uns unterschätzt haben musste... So schnell sie auch waren, waren wir es doch, die schneller waren. Während sich mein Gegner erst umwenden musste, rannte ich schon auf diesen zu, holte aus und schlug zu, doch wurde der Schlag pariert. Verhöhnend erklang das Lachen des Orks, als er weiterritt, sich umwandte und zu mir zurückkehrte. Dem Getier bewusst nur so viel wie nötig ausweichend, so dass mir keine Gefahr vor Pranken und Maul drohte, hielt ich das Schwert erhoben, entkam so dem Schlag des Orks, doch zog ich die andere Hand im rechten Moment hoch und erfasste den Ork, zog ihn von seinem Getier. Heisere Töne traten aus seiner Lunge, als er hart auf dem Boden aufschlug, doch nicht lange erließ ich ihn diesen Schmerz und enthauptete ihn. Der Warg, auf welchem er geritten war, spurtete weiter, ungeachtet auf mich und ich verfolgte ihn. Zwei an der Zahl, so schien es... nur noch zwei. Hastig schnappte ich nach Luft und blickte ein weiteres Mal über die Flur, dem Zwerg bei einem weiteren Sieg beobachtend... doch erfassten meine Augen Legolas nicht. Unschlüssig sah ich umher und plötzlich hörte ich seine Stimme. Ein Ächzen in nicht weiter Entfernung und perplex drehte ich mich noch einmal, erkannte die Klippe. Ich glaubte, mein Herz würde stehen bleiben, als ich einen Warg erblickte, hetzend und unkontrolliert wetzte er auf die Klippe zu... doch dort erspähte ich auch den Elben, der sich nicht zu lösen vermochte. "Legolas!!" Ungeachtet dessen, was um mich herum geschah, sprintete ich los. Eine plötzliche Leere herrschte in meinem Kopf, unnachgiebig drängte ich meinen Körper an die Grenzen, um an Schnelligkeit zu gewinnen. Keinen Meter mehr war das Getier von dem Abhang entfernt und dann... stürzte es mit einem lauten Gebrüll in die Tiefe. Als ob sich Schwerter in mein Fleisch bohren würden, gaben meine Beine nach und mit einem Mal schien jegliche Kraft, jegliche Fähigkeit zu atmen verschwunden zu sein. Als wäre ich gestolpert, sank ich zu Boden, auf die Knie, beinahe vorn über kippend, den Blick starr und die Augen geweitet auf jenen Abhang gerichtet, meinen Mund weit geöffnet, ohne Luft zu holen und ohne Stimme schreiend. Reglos hockte ich dort und... ich begriff nicht, was geschehen war. Nein... das... das war nicht geschehen... ein Alptraum, ein weiter Alptraum... Und doch spürte ich das Gras, um welches sich meine Finger legten, verkrampft und bebend bewegte sich mein Körper, lehnte sich vor. "Legolas!!" Ich hörte meine eigene Stimme nicht, wusste jedoch, dass sie über die weite Ebene laut und deutlich zu hören war, gleichsam fühlte ich das trockene Reißen in meiner Kehle... und dennoch war alles still um mich herum. Dunkelheit, Angst, Unglauben, ein qualvoller Schauer durchfuhr meinen gesamten Leib. Ein wildes Fauchen erreichte mein Ohr und ich schaute, einer Regung völlig unfähig, zurück und sah die Bestie auf mich zustürzen. Der stinkende Atem erreichte meine Haut und ich spürte die sanfte Kälte auf meiner Wange... ohne überhaupt Regung zu zeigen, ohne Gegenwehr zu leisten. Der Schock saß tief... zu tief, so dass ich glaubte, mich mit allem abgefunden zu haben, doch kurz bevor die Kreatur mich erreichte, bäumte sie sich auf und ging noch vor mir zu Boden. Diese unerwartete Bewegung riss mich nun endlich aus diesem Zustand und ich sah Reiter... Menschen gar auf Pferden in einer Schar auf mich zukommen. Endlich kam ich wahrlich zurück, blickte wieder zur Klippe und versuchte aufzustehen. Meine Hoffnung... war noch nicht zerstört... nein, er, Legolas... war am Leben, gewiss! Ich biss mir krampfhaft auf die Unterlippe, als ich auf den Abhang zulief, taumelte reglerecht, noch immer gelähmt. Den Reitern schenkte ich keine Aufmerksamkeit. Mir war es egal, wer sie waren, wichtig war es nun dem Elb zu Hilfe zu kommen. Er war nicht tot. Nur wenige Meter trennten mich noch von dem Blick in die Tiefe, als sich ein Pferd dazwischen drängte und der Mensch auf ihm mir seine Worte aufzwang. "Kommt mit." Ich ignorierte ihn, wollte nun wieder rascher an dem Pferd vorbeieilen und hinabblicken. Er war nicht tot. Und wieder stellte der Mensch sich mir in den Weg. "Hört Ihr nicht?" Mahnte er mich, zu dem ich dann aufsah. "Man erwartet Euch in Edoras!" Und mir war es gleich. "Geht mir aus dem Weg." Erwiderte ich nur leise, noch ehe der Reiter mir widersprechen konnte, wohl nicht verstand, was so wichtig erschien, hörte ich die schweren Schritte hinter mir. "Wo ist Legolas?!" Verlangte der Zwerg aufgebracht zu wissen, während ich dem Versuch nachkam, hinter dem Pferd zur Klippe zu gelangen. "Er ist dort hinabgestürzt." Sagte ich ihm, unglaublich ruhig. Ja natürlich... denn er war nicht tot. "Ich will sehen, wo er ist und ihn holen." Fügte ich noch hinzu, doch zum Schüren meiner Wut, trat das Pferd ebenso zurück, wie ich an ihm vorbei wollte. "Wir haben keine zeit, uns um Tote zu kümmern. Der König..." Noch ehe er aussprach, war ich auch schon vor ihm, verhakte die Finger in der Rüstung und zog ihn zu mir hinunter. "Er ist nicht tot!" Zu gern hätte ich dieser Wut freien Lauf gelassen und den Menschen von seinem Ross geholt, doch hielt mich Gimli zurück, packte meine Arme und versuchte sie mit aller Macht von dem Mann zu ziehen. "Geht zur Seite!" Eine Hand entließ ich tatsächlich dem Griff, doch stieß ich damit nur Gimli zurück und drückte den Reiter ebenso von mir, um endlich an dem Pferd vorbeizukommen und hinabzublicken. Doch ich sah... nichts. Und mit einem Mal... verlor sich jegliches Gefühl aus meinem Gesicht... ebenso musste ich weitaus mehr an Farbe verlieren. "Er muss... abgedriftet sein...", murmelte ich leise, nickte mir zu und versuchte Entschlossenheit wiederzuerlangen. "Gimli, wir folgen dem Fluss!" Und sofort wandte ich mich ab, einplanend, dass der Zwerg mir folgen würde, doch fehlten die schweren Schritte hinter mir und ich drehte mich zu ihm. Bewegungslos stand er dort bei dem Reiter, lehnte sich an seine Axt und hatte das Haupt gesenkt. "Er ist nicht tot!" Rief ich ihm zu, nachdrücklich, versichernd. Und wieder hallte der Schrei im Tal wider und doch schien er keinen zu erreichen. "Findet Euch damit ab." Der Reiter kam auf mich zu und ich verlor alles an einer starken Haltung, ließ die Schultern und die Augen ungläubig umherstreifen. Neben mir hielt der Mann, beugte sich zu mir hinab und legte mir die Hand auf die Schulter. "Ich verstehe Euren Verlust, doch wichtiger ist jetzt, dass der König nach Euch verlangt..." Und dann ritt er weiter... und wieder sah ich zu dem Abhang. Nun endlich trat der Zwerg zu mir, hatte die Axt zurückgesteckt und hob die Hände, in welchen der silberne Säbel des Elben lag. "Komm." Und auch er legte seine Hand auf meine Schulter, übte leichten Druck auf sie aus und zog mich weg... langsam und doch bestimmend, ehe er vorging, um das Pferd zu empfangen, das uns gestellt wurde. Erneut sah ich zurück und doch hatte sich nichts verändert. Ein Ork lag dort, auch nur wenige Meter von jenem verhängnisvollen Abhang entfernt und ich blieb stehen, umfasste den Griff des Säbels fester und biss die Zähne aufeinander. Das war es nicht... Er konnte nicht verschwinden! Nicht, bevor ich ihm alles sagen konnte!! Unkontrolliert eilteich zurück zu der Klippe, holte mit dem Fuß aus und trat mit aller Kraft gegen den Leichnam, ließ zeitgleich einem schmerzerfüllten Schrei freien Lauf und sah zu, wie dieser Kadaver hinabstürzte. Er war... er konnte nicht tot sein... Legolas: Nur wenige Augenblicke in Schwerelosigkeit, gefolgt von einem dumpfen Schlag... der mir jedes Bewußtsein nahm. Dann umfing mich Finsternis. Eine schwarze Leere umgab mich zu allen Seiten. Entspannt und dämmrig sah ich sie vor mir, fühlte keine Kälte, keinen Schmerz... Gerade so, als wäre meine Existenz nie vorhanden gewesen. Ich hörte mich nicht atmen, mein Herz nicht schlagen, keine Bewegungen... Und doch war dieses Gefühl nicht unangenehm. Rasch hatte ich die Besinnung verloren, ebenso das Gefühl, eines Körpers habhaft zu sein. Es kam mir vor, als hielte dieser Zustand eine Ewigkeit. Lange ließ ich mich treiben, nicht dazu imstande, mich dagegen zu wehren. Eine wohlige Wärme wahrnehmend, gab ich mich der Besinnungslosigkeit hin, erinnerte mich nicht, dachte nicht, sorgte mich nicht... Auch Geräusche nahm ich nicht wahr. Keine Stimmen, nicht den leisesten Laut. Still war es überall... sehr lange, bis ich doch etwas zu hören begann. Ein leises Glucksen, so glaubte ich, Rauschen... Nur langsam hob es sich aus der Stille empor, erst leise und unauffällig, dann immer intensiver und als es deutlich an meine Ohren drang, erwachten auch meine Gedanken zu neuem Leben. Schleppend bauten sie sich auf, waren jedoch noch nicht dazu fähig, kontrolliert geführt zu werden. Zusammenhangslose Fetzen zogen mir lange durch den Kopf, bis sich die Sinne meines Körpers wieder meldeten. Die angenehme Wärme wandelte sich in frische Nässe, die kühlend und direkt auf meiner Haut lag. Auch bewegen tat ich mich. Gleichmäßig, nur etwas schwankend, noch immer in Schwereslosigkeit, so schien es. Als hätte ich es jetzt erst neu erlernt, holte ich tief Luft. Sauber und kühl drang sie in meine Lunge, brachte jedoch auch etwas anderes mit sich, was in meinen Hals floss und mir kurz den Atem nahm. Ich hustete und öffnete den Mund, versuchte auch die Augen aufzuschlagen, um endlich die gesamte Besinnung zurückzuerlangen. Schwer waren meine Glieder, benommen mein Körper... er sträubte sich noch gegen meine Kontrolle, erlaubte mir keine Bewegung. Kurz darauf spürte ich, wie etwas Hartes meinen Kopf berührte, wie sich etwas unter ihn schob, er sich darauf bettete. Gestein... Erneut erfasste mich eine kleine Welle, trug mich höher, ließ mich weiter auf den festen Untergrund treiben, schenkte meinem Körper etwas Halt. Ziellos und stumm bewegte ich die Lippen, fühlte die allseitge Nässe noch deutlich, gar eine Brise kühlen Windes, die über mich hinwegzog. Klar und deutlich vernahm ich das Rauschen des Wassers, das leise Rasseln der Steine, die von dem Wasser mit sich gezogen wurden. Erneut versteifte ich mich auf den Versuch, die Augen zu öffnen und bewerkstelligte es zaghaft. Nur kurz erblickte ich verschwommen den blauen Himmel, bis die Sonne mich blendete und ich die Lider erneut senkte. Stockend begann ich mit den Händen zu tasten, bekam einen Stein zu fassen, ertastete auch weitere. Geräuschvoll stieß ich einen tiefen Atem aus, blinzelte erneut und schaffte es, die andere Hand zu heben. Gleichsam zwang ich meinem Körper, sich kontrollieren zu lassen, stützte mich mit einem Bein ab, rollte mich langsam und ächzend auf die Seite. Mit Konzentration und Geduld erblickte ich einen hellen kleinen Strand, der verborgen das Ende eines Flusses darstellte. Perplex sah ich mich um, blieb noch liegen, tastete nur nach meinem Gesicht, als mir etwas ins Auge geriet. Benommen suchte ich nach meiner Stirn, setzte die Fingerkuppen auf ihr ab und wischte etwas weg. Es war Blut, welches mir kurz die Sicht genommen hatte. Eine Schramme zog sich über meine Stirn und ich zollte ihr nur Aufmerksamkeit, indem ich die Hand ins Wasser tauchte, nass zurückholte und mir nachlässig über das Gesicht fuhr. Mein Atem fiel schnell, als ich dann den Kopf etwas hob, blinzelte und mein Umfeld genauer musterte. Nass trieften meine Haare, ebenso haftete meine Kleidung an meiner Haut, Sand und feines Gestein knackte zwischen meinen Fingern, als ich die eine Hand höher schob, sie über den Boden gleiten ließ, nach Halt suchte, um mich höherzuziehen, dem Wasser zu entkommen, welches mich immer wieder umspülte. Was war geschehen...? Ich klammerte mich in den Sand, hustete erneut, spuckte Wasser aus und schob mich stockend nach vorn. Ein Warg hatte mich mit sich gerissen... Ein Pfeil, der aus dem Köcher gerutscht war, neigte sich in mein Gesicht. Beiläufig schob ich ihn zur Seite. Nein, der Warg, den ich verletzt, der mich dennoch erneut angegriffen hatte... Allmählich gelangte ich auf trockenen Boden, versuchte mich aufzurappeln. Nur mit viel Anstrengung gelang es mir, die Arme durchzustrecken, mich nach oben zu stemmen und halbwegs aufrecht zu hocken. Erneut sah ich mich um und strich mein Haar zurück. Wie konnte dies geschehen? Hatte ich es einer erneuten Unaufmerksamkeit zu verdanken? Ich schloss die Augen, ließ den Kopf sinken und schüttelte ihn. Gleichsam betastete ich meinen Rücken, fühlte die Wunde... sie schmerzte nicht stark, schien keine weiteren Blessuren geerntet zu haben. Nach einer kurzen Zeit der Besinnung kam ich so auf die Beine, strauchelte und fand das Gleichgewicht. Zerzaust sah ich wohl aus. Meine Kleidung war verrutscht, an manchen Stellen gar leicht gerissen. Doch Erleichterung erfasste mich, als ich meine Waffen überprüfte und mir bewusst wurde, wohl nur einen meiner Säbel verloren zu haben. Köcher, Bogen, der zweite Säbel... ich hatte es noch, stand einem möglichen Angriff also nicht wehrlos gegenüber. Wieder wischte ich mir über das Gesicht, wischte den Dreck fort, fuhr auch noch einmal über die Verletzung und drehte mich dann zum Fluss um. Wie weit hatte er mich wohl mit sich getragen? Wie lange? Wie weit war ich nun vom eigentlichen Kampflatz entfernt? Ich überblickte die Gegend, schloss müde die Augen und rollte mit den Schultern, die sich etwas verspannt anfühlten. Aragorn, Gimli... ich musste sie weiderfinden, bezweifelte nicht, dass ich mich noch immer im Tal befand. Würde ich dem Fluss stromaufwärts folgen, so dürfte ich auf sie treffen. Ich tat zwei schleppende Schritte, schwankte erneut und zog an dem Gurt meines Köchers, der ebenso verrutscht war. Ich zog ihn hinab, zupfte beiläufig an der Weste und ging weiter. Es schien, als wären alle Kräfte, die ich gesammelt hatte, wieder verloren gegangen... als hätte ich sie nie besessen. Meine Glieder waren schwer zu bewegen, träge und es fehlte ihnen auch an Stärke. Selbst meinen Beinen, die sich etwas taub anfühlten. So ging ich schwerfällig und bemüht den schmalen Strand hinauf, erreichte die Böschung und schob mich durch das Geäst. Mehr Anstrengung benötigte ich, um meine Gegend zu überschauen und als gefahrenlos anzuerkennen. Niemand schien mir hier aufzulauern, nur einen leichten, beissenden und doch bekannten Geruch nahm ich wahr, als ich noch weiter ging, tiefer hinein in einen lichten Wald, der gut zu durchmustern war. Etwas unschlüssig blieb ich stehen, rieb meinen Hals und ließ den Blick zum Boden sinken. Es hing etwas in der Luft... etwas, das mir unangenehm war. Doch gerade dies war der Grund, weshalb es meine Aufmerksamkeit erregte. Mir den Boden beschauend, ging ich tiefer in das Dickicht, fand immer mehr Anhaltspunkte, die bewiesen, dass hier etwas durchgekommen sein musste. Erst kleine, dann große und schwere Fußabdrücke... geknickte Äste, sogar manch kleine Schnallen und Einzelteile von dunklen Rüstungen. Ich glaubte, meine Augen wären durch einen Zauber getrübt. Ungläubig starrte ich auf die Kerbe in einem Baum. Dem Geruch nach... war es selbst noch nicht lange her. Tief atmete ich ein und schloss die Augen, um all das zu realisieren. Konnte das sein? Aragorn: Ich schwang mich auf das Pferd, missmutig und durchaus mit Aggressionen kämpfend. die ich zu gern ausleben wollte, wäre mein gesunder Menschenverstand... und der Sinn für meine Plichten nicht dazwischen. Ich wusste, dass der Reiter nur seine eigene Pflicht tat und seine Worte hatten Trost spenden wollen, doch waren sie kalt und gefühllos und eher noch anstachelnd zum niederringen und erschlagen. Meine Wut und dieser Schmerz ließen nicht ab und mein Verständnis für das Geschehen war nicht vorhanden. Wie hatte dies geschehen können und wieso war ich unfähig gewesen, es zu verhindern? Das Leder der Zügel knackte leise unter meinem festen Griff, während ich abwartete, bis Gimli das Pferd bestiegen hatte. Sicher hätte dies weniger Zeit in Anspruch genommen, hätte ich ihm geholfen, doch war mein Handeln nicht mehr von Sorge um Andere geprägt. Diese Besorgnis lag nur bei dem Einen, der von allen tot geglaubt wurde. Ein schwerer Seufzer, obgleich von der Anstrengung als auch von dem Verlust des Gefährten hörte ich hinter mir und es war mir lästig. "Legolas ist zäh... er ist nicht tot." Sagte ich ihm noch einmal, doch war ich mir sicher, dass der Zwerg meinen Worten keinen Glauben schenkte. Die Menschen ritten los und ich folgte ihnen, wenn auch widerwillens und desinteressiert. Wir ritten lang und ich blieb weitaus wortkarg, selbst als der Pferdeherr sich meinem Tempo anschloss und erneut Worte an mich gab. "Täglich reiten wir durch das Land und patroullieren, um umherstreifende Orks zu vernichten, dies ist des Königs Wunsch..." Was anderes hatte ich nicht erwartet und ich behielt den Blick nach vorn gerichtet, stellte jedoch nach wenigen Meilen eine Unklarheit fest. "Edoras liegt südlich... wir aber reiten südöstlich." Unterbrach ich ihn und er setzte ein klägliches Lächeln auf, als ich den Blick zu ihm wandte. "Isengard verlangt die Herrschaft über dieses Land. Nicht Mordors, sondern Orks des weißen Zauberers streifen durch diese Lande. Es scheint, als würde ein Schlag gegen die Herrschaft der Menschen zuerst erfolgen, denn des Königs Verstand ist bereits vernebelt." Mehr als nun skeptisch, zog ich die Augenbrauen zusammen, ehe ich die Zügel zur Seite riss und das Pferd zum Stehen brachte. "Welcher König also, verlangt, dass ich zu ihm komme?!" Rief ich nun dem Herren zu und dieser hatte wohl jene Frage erwartet, denn auch er kam frühzeitig zum stehen und ich blickte mich erneut um, erwatend, einem Hinterhalt in die Falle gegangen zu sein. An dem weißen Gebirge waren wir nun angelangt, nur wenige Meilen sowohl von Edoras als auch Helms Klamm entefrnt. "Wer erwartet uns hier??" Mit diesen Worten sprang ich vom Pferd und zog mein Schwert. Des Reiters Gefolgsleute kehrten zurück, während der Reiter selbst nun von dem Pferd stieg. "Ich musste Euch Unwahrheiten erzählen, denn hätte ich die Wahrheit selbst ausgesprochen, wäre Euer Misstrauen zu hoch gewesen und Eure Ungläubigkeit enorm." "Wer erwartet uns?!" Und plötzlich meldete sich, ganz unerwartet eine Stimme hinter mir und gehetzt wandte ich mich um, ebenso auch Gimli, der vom Pferd gestiegen und seine Axt griffbereit gezogen hatte. Der weiße Schein ließ mich glauben, es sei jener Zauberer, der all dieses Übel zu verschulden hatte und ohne zu warten, setzte ich an zu einem Seitenhieb. Doch Hitze, nahezu ein schmerzhaftes Glühen erfasste mein Schwert und ich musste es loslassen... ebenso war Gimlis Axt zerbrochen, als er gleichzeitig ausgeholt hatte. Geblendet wich ich einen Schritt zurück und war nun wehrlos und ich blickte zu dem Pferdeherr zurück, der ein schwaches Lächeln auf den Lippen hatte. "Ich erwarte euch." Und mein Augenmerk richtete sich wieder auf die Person im weißen Schein, dessen Licht langsam abnahm und ehe ich etwas sagen konnte, erkannte ich das Gesicht wieder, dessen Körper ich verloren geglaubt hatte. Nun wahrhaftig ungläubig wich ich einen weiteren Schritt zurück, bildete mir ein erneut zu träumen und doch schien es wahr... dass Gandalf zu uns zurückgekehrt war. "Du... du bist gefallen!" Zittrig stieß ich den Atem aus, ging wieder einen Schritt auf die helle Gestalt zu und verzog die Augenbrauen ungläubig. "Wie... wie ist das möglich?" Ein Totgeglaubter war zurückgekehrt und nach wenigen Erzählungen und dann wohl doch vorzeitig aufkeimender Freude wurden mir die Augen geöffnet. Und dann lag es an mir, dem Zauberer zu offenbaren, was geschehen war... und was es mit dem Verbleib von Legolas auf sich hatte. Schnell und qualvoll war meine Freude getrübt, doch zeigte ich nur die Ernsthaftigkeit und die Entschlossenheit, denn da es nun nicht der König war, der Pflichten an mich zu richten hatte, waren meine ganzen Sinne nur von einer Sache gefangen: Die Rettung Legolas'. Genau dies teilte ich ihm mit und während der mir nun bekannte Eomér mit seinen Gefolgsleuten davonritt, kehrten nach einem Augenblick der Schweigsamkeit jene Worte zurück, die ich gehofft hatte, nie wieder hören zu müssen. "Du hast andere Pflichten, Aragorn." Mit der alten Wut war ich im Begriff, Gandalf zu widersprechen, doch hinderte er mich mit einem mahnenden Blick daran. "Saruman hat den Verstand des Königs in seiner Gewalt. Es ist nun an uns, König Theodén aus seiner Gewalt zu befreien und Eomér aus der Verbannung zurückzubringen." Der Zauberer setzte sich in Bewegung und ich sah ihm nur erzürnt nach, auch wenn er es nicht war, der dies verdient hatte. Ungestört dessen, pfiff Gandalf eine Melodie und ein schneeweißer Hengst erschien von der Ebene her, als wäre es aus Magie zu uns gekommen. "Sollte Legolas noch leben...", begann er, als er sich auf den Rücken des Hengstes schwang. "Er lebt." Wiederholte ich nachdrücklich und wieder erntete ich nur einen mahnenden Blick. "... so wird er zu uns zurückkehren." Doch daran glaubte ich nicht. Ich konnte an nichts mehr glauben, geschweigedenn hoffen. Ich spürte nur diese Angst um ihn. Stumme Flüche traten über meine Lippen, als ich mein Schwert hob, es zurücksteckte und erneut auf das Pferd stieg, nur, um nach Edoras zu reiten. Weiter und weiter weg von dem Fluss... und von ihm. Rasch erreichten wir jene Stadt, die, kaum dass wir sie betraten, einem Friedhof glich.. oder nach Gimli's Worten zu urteilen, durchaus düsterer. Gandalf hatte uns gewarnt, dass Willkommensgrüße oder warme Empfänge ausbleiben würden und es war mir nur recht, denn ich selbst befand mich in ähnlicher Stimmung. Vor den Toren der großen Halle wurden wir empfangen, als hätten wir es auf den König selbst abgesehen und mussten vor dem Eintreten sämtliche Waffen abgeben. Es dauerte lange... sehr lange, bis ich es über mich brachte, auch jenen Säbel aus der Hand zu geben. Listenreich war es, dass der von nun an weiße Zauberer, dessen Graurock nicht mehr derselbige war, seinen Stab behalten durfte... und so traten wir ein und sowohl Gimli als auch ich, achteten genauestens auf die Menschen in unserer Umgebung, die abwartend und lauernd zu unseren Seiten liefen. "Schlechte Nachricht ist ein schlechter Gast!" So begrüßte uns ein ausgemergelter Mann, der einen nicht weitab an eine Schlange erinnerte. Doch kaum, dass dieser bemerkte, dass der Zauberer noch bewaffnet war, wich er zurück und hetzte jene Männer auf uns. Ein Augenblick auf den ich gewartet hatte, denn jeden Hass, jede Wut setzte ich in die Schläge, um die Gegner niederzuringen. Jedoch ein leichtes, als einjeden Zorn aus meinen Gliedern zu verbannen. Grima, so der Name des Mannes, lag bewegungslos am Boden und wurde am Aufstehen durch den breiten Fuß des Zwergen gehindert. Doch war es Gandalf, der sich des Zaubers Sarumans entgegenstellte und sich bemühte, den König zu befreien. In einem Moment, an dem ich meine Konzentration nicht mehr an denselben Ort hatte, sah ich blondes Haar und aus purem Reflex hielt ich die Person ab, ihren Weg fortzuführen. "Wartet!" Gleichzeitig aber bemerkte ich, dass das Blond wesentlich dunkler und welliger war, als das des Elben, welches ich nach der Trennung wieder auf meiner Haut zu spüren gehofft hatte. Eine schändliche Täuschung war dies und grausamer denn je, doch hinderte ich die junge Frau weiterhin am voranschreiten, da eine Störung der Prozedur schrecklich gewesen wäre. Nach wenigen Augenblicken bäumte sich der König auf und zum letzten Schlag setzte Gandalf den Stab an dessen Stirn und der Leib fiel zurück auf den Thron. Ein leises Ächzen erfolgte und erschöpft beugte sich der König nach vorn, fiel nahezu vom Thron, wäre da die Frau nicht gewesen, die sich aus meinem Griff befreite. Sie hielt ihn ab von seinem Sturz, setzte ihn zurück und warf einen besorgten Blick auf denjenigen, dessen schwere Blässe aus dem Gesicht verschwand und das weiße Haar zu einem goldblond wurde. Die Menschen in der Halle verbeugten sich und auch ich tat es ihnen gleich, den Gedanken wieder ganz woanders hinschweifend lassend. Doch hörte ich nach einiger Zeit das Gebrüll des Theodén und sah auf und verfolgte das Geschehen, bei dem er Grima aus der Halle werfen ließ. Laut war der Klageschrei Grimas zu hören und während er kurzzeitig versuchte, Fuß zu fassen, folgte ihm der König. In dem Moment, als des Königs Schwert zum Schlag gehoben wurde, trat ich dazwischen... denn ich war es allmählich Leid, dem Blutvergießen zuzuschauen. "Genug Blut wurde seinetwegen vergossen!" Sprach ich nachdrücklich zu dem König und er ließ das Schwert sinken und blickte sich um. Ich nutzte dies, um die Hand nach Grima auszustrecken. Ich war mir sicher, dass auch ihn nur die Angst vor Saruman zu jenen Taten verleitet hatte, so wie die Angst vor Sauron Saruman handeln ließ, wie er es eben tat. Doch war dies ein ganz anderes Schicksal. Eines, das ich vor dem Tod nicht bewahren würde. Verächtlich blickte der Mann zu mir auf, ehe er die Augen auf meine Hand richtete... und spuckte. Angewidert ließ ich sie sinken und schaute der trostlosen Gestalt nach, wortlos, wie sie durch die Tore Edoras' reißaus nahm. Nun, dachte ich, war der König befreit und die Pflicht erfüllt, die mir auferlegt wurde... doch fernab davon schien ich zu sein. Ich konnte meine Bitte nicht einmal aussprechen, folgten doch sofort all die Nachrichten, die der von Sinnen gerissene König nicht bemerkt haben konnte. Doch... so sehr ich den Verlust des Königs Sohn, von dem der König selbst erst erfuhr, verstand... so wollte ich die Angst um meinen eigenen Verlust tilgen und meine Sehnsucht nach ihm beenden. Ich wohnte der Beerdigung Theodréds nicht bei, weilte allein neben den Wächtern am Halleneingang und beobachtete die Sonne bei ihrem Lauf. Ich würde ihn finden... gewiss... und nicht warten. Legolas: War dies nicht ein unglaublicher Zufall? Gestürzt von einer Klippe, weit getrieben im Wasser, stieß ich nun auf die Spuren der Uruk-hai, die wir so lang und verbissen verfolgt hatten. Um ein gewaltiges Stück Vorsprung reicher, stand ich dort und zögerte nun in meinem Vorhaben. Konnte ich mir diese Möglichkeit entgehen lassen? War es nicht viel klüger, den Uruk-hai vorerst allein zu folgen, ihren Weg zu überwachen und sie an ungeplanten Routen zu hindern? Ebenso gut könnte ich dies tun und die Sicherung der Lage übernehmen, bis Aragorn und Gimli uns einholten, auf dass wir sie gemeinsam angreifen konnten. Und wenn sie auch weiterhin die Spuren verfolgten, rasch eilten, so würden wir aufeinandertreffen. Schnell traf ich eine Entscheidung, zu groß war die Verlockung, dem Feind schon so nahe zu sein, als dass ich die entgegengesetzte Richtung einschlagen und meinen Gefährten entgegenkommen konnte. Ein letztes Mal blickte ich zurück zum Fluss, der mich hierher gebracht hatte, bevor ich mich umdrehte, ein letztes Mal prüfend meinen Körper betastete und meine einzige Schwäche in meiner Erschöpfung fand. Nicht etwa in schweren Verletzungen, denen ich durch den gefährlichen Sturz nur mit größtem Glück entkommen sein konnte. Und auch wenn ich lahmte und auch wenn ein anhaltender Schmerz in meinem Kopf tobte... laufen konnte ich. Einholen konnte ich sie gleichermaßen... Und dies würde ich! So setzte ich mich in Bewegung, streifte gemächlich und doch fortwährend durch den Wald, der schnell dichter wurde. Ein beschwerlicher Weg war es und oft blieb ich stehen, um kurz Kraft und neuen Atem zu schöpfen. Und stets dachte ich an die, die ich zurückgelassen hatte. Hoffentlich hielt die Sorge um mich sie nicht auf. Hoffentlich war das Vertrauen in das Gute und Positive nicht zu schwach in ihnen. Und hoffentlich glaubten sie mich nicht verloren. Noch immer bestand dieselbe Angewiesenheit zu ihnen, nun gar stärker denn je, denn eine große Gefahr stellte es dar, alleine zu wandern, alleine zu verfolgen... alleine einzuholen. Und so hielt auch ich mich an meinen Glauben, sie bald und unversehen wiederzusehen. Nicht viel hatte ich mitbekommen, doch sie hatten sich gut geschlagen. Gut und mutig, so wie immer. Lange schob ich mich durch das Dickicht, oft blickte ich auf den Boden, suchte die Fährten und wurde mir darüber bewusst, dass ihre wachsende Auffälligkeit nur von meinem baldigen Ziel zeugen konnte. So ging ich eiliger, belagerte meinen sich sträubenden Leib mit verbissener Ignoranz, zwang ihn zu Bewegungen und nahm den stechenden Geruch der Flüchtenden immer deutlicher wahr. Neugierde befiel mich, als ich zwischen den eng beieinanderstehenden Bäumen das Blau des Himmels erspähte, welches lobend das Ende des Waldes zeigte. Von nun an bewegte ich mich vorsichtiger fort, lauschte konzentriert, beachtete jedes Geräusch und duckte mich, als ich am letzten Baum vorbeizog. Achtsam kniete ich nieder, schob mich zu einem Gebüsch und tastete mich durch das dünne Geäst, bis ich es zur Seite schieben, und mir somit einen guten Blick auf die weitere Ebene erlauben konnte, die sich hinter dem Wald erstreckte. Mit großer Erleichterung fand ich sie gut überschau vor, kaum belagert von Felsen und anderen Hindernissen, die mein Blick nicht imstande war, zu durchdringen. Und dieser richtete sich mit einem vorsichtigen Triumph auf die dunkle Horde, die, nicht weit entfernt, ihrem Weg folgte. Nur kleine Punkte waren sie, doch umso verräterischer durch die Spur des aufgewirbelten Sandes, den die massigen Füße stieben ließen. Ein flüchtiges Lächeln zeichnete sich auf meinen Lippen ab, darauf folgend ein knapper Blick in beide Richtungen. Und so wagte ich mich auf die ungeschützte Fläche hinaus. Einen weiteren Hinterhalt der Verfolgten vermutete ich nicht. Sicher meinten sie, das recht zur Gewissheit zu besitzen, uns durch die heimtückischen Wargs in den Tod gestoßen zu haben. So hatten sie uns nicht zu fürchten und Zeit, das zu überprüfen, hatten sie nicht. Eilends verließ ich also den Wald, sprang aus den Gebüschen hervor und setzte zu einem ausdauernden Sprint an. Den Hügel hinab, bis ich den Fuß auf ebenen Boden setzte. So fiel mir das Laufen einfacher und als ich meinen Atem kontrollierte und die gesamten mir verbleibenden Kräfte in meine Beine lenkte, war ich mir sicher... die letzte und gleichermaßen entscheidende Phase der Verfolgung, würde nicht von langer Dauer sein. Ich sah sie immer deutlicher vor mir. Die, für die ich im Gegensatz nur ein unauffälliger Punkt war. Die eingeschränkte Sicht und minderen Fähigkeiten ihrer Augen, gereichte mir zum Vorteil. Lange lief ich durch die Gegend, die sich in dieser Zeit kaum veränderte. Die Steppen von Rohan waren gewaltig. Stets nur auf einen Punkt fixiert, bemerkte ich bald, wie die Umwelt vor meinen Augen zu zittern begann und nach wenigen weiteren Schritten stach ein Schmerz in meinem Kopf, der mir kurz jegliche Kontrolle raubte. Ich biss die Zähne zusammen, hob hastig die Hand zu meinem Gesicht und lief mich stolpernd aus, bis ich unsicher zum Stehen kam und mich nach vorn beugte. Ich musste mit dem Kopf aufgeschlagen sein... Quälend erhob sich der Schmerz, pochte hinter meiner Stirn und unter einem leisen Ächzen legte ich die Hand dort auf, schloss die Augen und sah mich zu einer Rast gezwungen. Nur kurz... nur so lang, bis mir der Schmerz weitere Bewegung erlaubte. Langsam atmete ich ein, hielt die Luft kurz in meiner Lunge und stieß sie geräuschvoll aus, bevor ich mich hinabkniete. Mir war schwindelig, als ich blinzelte und mich umschaute. Gespenstisch wölbte sich die weite Flur... so ließ ich die Lider erneut sinken, tastete kurz nach meinem Bogen und setzte mich nieder. Die drängende Situation erlaubte es mir nicht, Rücksicht zu nehmen. Nicht auf die anderen, denen ich für die Rücksicht Vertrauen gab und am aller wenigsten auf mich. Zu viel Ruhe und Fürsorge hatte ich benötigt, um meine Wunde zur langsamen Heilung zu führen, zu sehr hatte sie mich aufgehalten. Nicht erneut würde ich dies über mich ergehen lassen... vor allem nicht, wegen solch einer Sache. Durch das kurze Ruhen verlor der Schmerz bald an Kraft und unbarmherzig kämpfte ich mich auf die Beine, schüttelte den Kopf, verzog die Miene und rieb mein Gesicht, um mich nach der kurzen Unaufmerksamkeit umzuschauen. Fortan wandte ich mich wieder meinem Weg zu, ringend mit der Erschöpfung und dem Schmerz, der mir bald einen wichtigen Teil meiner Konzentration raubte. Doch auf diese war ich nicht angewiesen, um zu laufen. Nur geradeaus... Alsbald nahm die Gegend wieder Unebenheiten an. Hohes Gestein bot mir Verstecke, dichtes Gras federte meine Schritte und in nicht allzu weiter Entfernung erblickte ich wieder einen Wald. Weitaus größer als der vorherige, weitaus dichter und düstrer. Eine leichte Beunruhigung erfasste mich, als ich mir der geringen Entfernung zwischen ihm und den Uruk-hai bewusst wurde. Ein Leichtes wäre es ihnen, in ihm zu verschwinden, möglicherweise gar, mich abzuhängen. Doch diese Beunruhigung schwand schnell, als ich sie vor dem Waldrand halten sah. Ja, sie blieben stehen. Keuchend hielt auch ich inne, nachdenklich meiner Beobachtung folgend. Sie rasteten! Aragorn: Stumm lauschte ich der bebenden Stimme Éowyns, zu hören war sie in der gesamten Stadt, die bis auf wenige Wachen völlig leer war. Hinter ihr, hinter den kargen Mauern, wurde der Sarg Theodréds getragen und ebenso brachte mir der Wind die Wehklagen des Volkes. Die Freude war wahrlich zurückgekehrt, als der König zur alten Besinnung zurückgekehrt war und Grima Schlangenzunge das Land verlassen hatte... und genauso war sie wieder entschwunden. Doch obwohl mein Gesicht ebenso von Trauer und tiefer Besorgnis gezeichnet war, teilte ich sie nicht mit der des Volkes. Einzig das Wohl Legolas' lag mir am Herzen. Ich schaute auf zu dem Himmel, der voller Ironie das klare Blau zeigte und mir die Sicht in die Ferne erlaubte. Der Gesang verstummte und zur selben Zeit zog ich schwer seufzend die Pfeife hervor und stopfte sie, ohne sie auch nur eines Blickes zu würdigen. Geirrt hatte ich mich wohl, als ich die mir allzu bekannten schweren Schritte hinter mir hörte, jedoch weder stürmisch noch standhaft. Annähernd zaghaft wirkten sie und ein rätselhaftes Lächeln huschte über meine Lippen. Eine Freude wäre es gewesen, würde Legolas es sehen können. Sehen, wie sich der grimmige Zwerg um ihn sorgte... "Aragorn." Seine Stimme erreichte mich ebenso zaghaft, wie seine Schritte und ich wandte mich langsam zu ihm um, sah zu ihm auf, während er hinter mir stehen blieb. Erneut hielt er in seinen Händen den einen Säbel, welchen ich von den Wachen nicht zurückverlangt hatte, da ich nicht riskieren wollte, dass er mir auf einem Weg verloren ging. Und dass ich ihn Legolas unbeschadet wiedergeben konnte, wenn ich ihn gefunden hatte. "Waren der Elb und ich auch keine Freunde... so wirklich, du verstehst...", ich nickte ihm zu, jedoch etwas fragend und nichtsahnend, worauf er hinauswollte, "so denke ich, sollten wir ihm eine vortreffliche Erinnerungsstätte bereiten, die einjeden an ihn erinnern lässt. Auf lange Zeit." Ruckartig stand ich auf und sah auf Gimli herab, erneut untröstliche Wut unterdrückend. Ich wusste, dass er dies in aller Freundschaft meinte und doch... Eine arge Beherrschung, wie die gesamte Zeit zuvor schon, war von Nöten um Ruhe zu bewahren, ebenso als ich mich zu dem Zwerg hinabbeugte und meine Hand auf seiner Schulter platzierte. "Nur ungern, aber umso nachdrücklicher sage ich dir dies noch einmal, Gimli, er ist nicht tot. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis er wieder bei uns ist." Damit wandte ich mich ab, doch nicht ohne den Säbel aus seiner Hand genommen zu haben und ihn in die große Halle zu tragen. Das Blut jener Kreaturen haftete immer noch an dieser Klinge und umso bedeutender war es, den silbernen Glanz zurückkehren zu lassen und so hockte ich mich lange Zeit mit gegebenem Material in die große Halle, verborgen hinter den festen Säulen, die das Gemäuer hielten und verbrachte die Zeit der Wiederkehr des Volkes damit, meine Gedanken abwandern zu lassen, zu jener Nähe in Lothlorien... zu jenen blauen Augen, die voller Wut zu mir blickten und sich voller Entsetzen abwandten... Ich bemerkte nicht, wie sich die Halle wieder füllte... doch nach einiger Zeit sah ich wieder auf. Erneut erfasste mein Auge das lockige, blonde Haar und ich stand auf, den polierten Säbel fest in der Hand. Langsam, nahezu schleichend ging ich auf jene Person zu und beobachtete, wie die junge Frau Éowyn selbst das Schwert geschickt in der Hand schwang, sich umwandte und beinahe mich selbst getroffen hätte, hätte ich nicht vorausahnend den Säbel erhoben. Doch gab ich mich keines Kampfes hin, selbst als ihre angrifflustigen Augen die meinen herausforderten, da die silberne Klinge für mich zu kostbar war, als sie selbst im Kampf, geschweigedenn in solch einem Gefecht nutzen zu wollen und so ergab ich mich. "Ihr seid geschickt mit dem Schwert." Ein Lob aus meinem Mund, lange Zeit hatte ich dies nicht mehr getan und doch war mir so, als würde ich diese Konversation nur führen, da weitere Gedanken an jene andere Person meine Entschlossenheit nur trüben würden. "Die Frauen Edoras' haben gelernt, dass jene ohne Schwert doch durch ein Schwert getötet werden können." Und in ernster Miene ließ sie jenes in der Schwertscheide versinken. "Ich fürchte weder Schmerz noch Tod." Und ich drängte mich weiter und erfragte, vor was sie sich sonst fürchten würde. "Einen Käfig. Hinter Gittern zu sitzen, bis Gewohnheit und hohes Alter jede Aussicht und selbst den Wunsch, Heldentaten zu leisten, unwiderruflich zunichte machen." Und ich fragte mich, wie viel Leid dem Menschen selbst zugefügt werden musste, dass er sich freiwillig dem Tod stellte. Kurz warf ich den Blick auf den Säbel, traurig und gleichzeitig sinnierend, sah mein eigenes Antlitz in der Klinge, ehe ich ihn sinken ließ. "Ich glaube nicht, dass Euch so ein Schicksal gegeben ist...", eine leichte Verbeugung meinerseits folgte, ehe ich den Blick senkte und an ihr vorbeiging... Obwohl doch wichtigere Sorgen mich belasteten, konnte ich nicht verstehen, was in solch jungen Wesen vorging, die glaubten, Heldentaten und Ruhm, ja, Ehre im Krieg zu finden. Umso wohler hätte ich mich gefühlt... letzen Endes, wäre Legolas nach Düsterwald zurückgekehrt und hätte der Ringgemeinschaft den Rücken gekehrt. Kaum verließ ich die eine Halle, wurde ich in die andere gerufen, in der König und Gefolgschaft versammelt war. Nun... grämen sollte ich mich, würde ich nun behaupten, die Planung Théodens würde mein Interesse erreichen. Die einzigen Worte, die dies taten, waren, dass er einem offenen Krieg aus dem Weg gehen wollte... "Offener Krieg steht Euch bevor, ob Ihr ihn wollt oder nicht." Sagte ich ihm und zog sogleich des Königs bitteren Blick auf mich. Ja, wüssten sie, was ich bezweckte, oh, zum Teufel jagen würden sie mich ebenso wie Grima zuvor. "Ich setze meinem Volk nicht mehr Gefahr aus, als es schon erleiden musste!" Und ich zeigte meine Unzufriedenheit, doch zog ich meine eigene Planung... so spontan sie auch war, zu Rate. "Was ist mit den Hobbits, Gandalf? Wenn das Volk hinter den festen Mauern Helm's Klamm Schutz sucht, so kann es nun an uns liegen, Merry und Pippin zu Rettung zu eilen. Falls es nicht zu spät ist." Gespannt war ich auf die Antwort des Zauberers, doch befürchtete ich beinahe, er ahnte, was mir in den Kopf gestiegen war. "Nein, Aragorn. Bekannt ist mir längst der Ort, an dem die Hobbits Angst um ihr Leben haben müssen. Isengard, das ist das Ziel und nicht ehe sie den Turm Sarumans erreichen, nicht eher müssen Merry und Pippin bangen. Ihnen wird nichts geschehen." Ich nickte ihm zu und grämte mich. Sogar die Pflicht, die Hobbits zu suchen und zu retten, hätte ich ausgenutzt, um Legolas zu finden! Selbst das... auch wenn ich hätte akzeptieren müssen, dass die Halblinge Priorität hatten, so hätte ich es danach genutzt... nun schien mir sogar dieser Weg fern und ich spielte mit dem Gedanken, allein die Suche zu beginnen und einjede Pflicht hinter mir zu lassen. "Doch Aragorn, hast du noch eine Pflicht." Allmählich fürchtete ich mich davor, dass entweder meinem Gesicht wahrhaftig jeder Gedanke abzulesen war... oder der König und Gandalf eine Gabe der Gedankenlesung besaßen. Ich fürchtete, dass ich Edoras nicht unbemerkt verlassen konnte... "Ihr reitet mit fähigen Männern Rohans die Mark ab, säubert die Lande in dem Umkreis der Meilen zu Helms Klamm von umherstreunenden Orks. Ich will nicht, dass meinem Volk auf dem Weg etwas geschieht. Erst dann werden wir die Reise beginnen." Es war wohl die pure Verwunderung gewesen, dass dieser Befehl an mich gerichtet war, doch umso mehr glaubte ich, dass mir eine Gelegenheit gegeben wurde, etwas unrechtes zurechtbiegen zu können. Tief verneigte ich mich, von neuem Mut gepackt und verließ mit eiligen Schritten die Halle. Es ging schnell voran, sehr wohl lag dies an der Tatsache, dass ich jeden zur Eile antrieb. Stetig spürte ich den aufmerksamen Blick Gandalfs im Rücken und erhaschte einen sorgsamen Blick der jungen Maid... deren Augen zuvor noch voller Wagemut glänzten. Sicher wusste Gandalf was mein Belangen war... und doch hielt er mich nicht auf, als ich selbst Gimli verbot, mitzureiten und selbst auf's Pferd stieg. Vielleicht hoffte er noch auf mein Pflichtgefühl... doch hoffte er umsonst. Seine Prioritäten waren nicht die meinen, so lange ich keine Gewissheit hatte. Entschlossen drängte ich das Pferd sofort zur Eile an, hob das Schwert und viele Männer folgten mir. Fest mit dem Glauben, für ihr Land zu kämpfen, kämpften sie doch nur für meine Tollkühnheit. Ich spürte kein Gewissen, das mich mahnte... viel zu sehr hatte es der Elb mit seiner Anwesenheit in tausend Fetzen gerissen, die ich nicht vermisste... Schnell schaffte ich mir neue Orientierung und ohne den Blick auf Helms Klamm zu werfen, ritt ich voran, einem einzigen Ziel entgegen. Das Flussbett, an dem ich Legolas zu finden erhoffte. Es war ein langer Ritt und immer, wenn ich glaubte, dass einer der Männer mit mir ein Wort wechseln wollte, so erhöhte ich das Tempo, denn die Worte die folgen würden, war ich mir bewusst. Stetig ritten wir nur einer bestimmten Route nach und es war schier gegen den Befehl des Königs. Doch keiner hatte den Mut, sich meinem Willen zu widersetzen. Nebst der vielen Hufgeräusche der Pferde lauschte ich der Umgebung, glaubte auch alsbald das Rauschen des Flusses wahrnehmen zu können. "Noro lim, noro lim!" Brégo, so der Name des Pferdes, gab seine letzten Kräfte, erreichten eine Anhöhe und überquerte sie in einem nahezu unebenen Gefilde, hinab zu jenem Flussbett, welches ich voller Erwartung ersucht hatte.Gehetzt stieg ich vom Pferd, sah mich hastig um und doch... war es wieder ein Fehlschlag. Keine Spur von jenem, den ich suchte... nichts... doch entdeckte ich die Spuren der Orks. Verdammt, jene Kreaturen waren nicht das, was ich zu finden erhoffte! Mir waren sie gleichgültig, denn Orks gab es unzählige und beinahe überall auf Mittelerde! Wohin also nun? Sehr im Sinnieren vertieft, bemerkte ich nicht, wie die Menschen, die den pausen- und vor allem feindlosen Ritt wahrscheinlich Leid waren, von ihren Pferden stiegen und ebenso den Blick umherstreifen ließen, wie ich. Und jene Spuren... waren tief und selbst für das normale Auge durchaus sichtbar. "Herr Aragorn! Ihr habt sie gefunden!" Die Menschen erfreuten sich daran und ich beließ das Nachdenken, wandte mich zu ihnen um. Mit ernster Miene sah ich sie an. "Durch den Wald gingen sie und wir werden ihnen folgen!" Die Männern zeigten Entschlossenheit, doch blieb ich fernab ruhig. Wieder durchkreuzte jemand meine Voraussicht ohne es zu wissen und so schauten mich die Männer erwartungsvoll an und ich nickte ihnen zu, geschlagen und nachgiebig. "Ja, das werden wir." So musste ich eine andere Begebenheit finden, an der ich mein Ziel verfolgen konnte und ich würde dies mit Gewissheit tun. Ich setzte mich also wieder in Bewegung, hielt Brégo an den Zügeln und führte ihn durch das Dickicht, gefolgt von denen, deren Aufmerksamkeit mir zu gründlich war. Legolas: Nun, da ich dem Erreichen meines Zieles so nahe war, vergönnte ich mir selbst eine Pause. Die konnte ich mir jederzeit nehmen, wenn ich meine Position eingenommen hatte. Nahe bei ihnen, erkundend, belauernd... Ich musste näher an sie heran. Schnell fasste ich einen Entschluss, als ich mir die Waldgrenze betrachtete. Der Wald, dem sie durchaus etwas zu nahe waren. Dann lenkte ich den Blick auf das hohe Gestein, welches sie schützend umgab... und sie doch dem Unwissen ausliefern würde. Ein letztes Mal überprüfte ich meine Ausrüstung. Der Verlust meines zweiten Säbels war schwer. Er würde mir in meiner Hand fehlen, sollte ein Kampf ausbrechen. Sollten meine Gefährten erscheinen... sollten wir uns auf sie stürzen. Die Gefahr war deutlich und doch zog ich los. Vorsichtig umging ich ihre Nähe, pirschte mich hinter den Felsen entlang, umging sie, bis ich in sicherer Entfernung den Wald betrat, in den ich vorerst tief hineinging, der mir ein beruhigendes Maß an Sicherheit schenkte, das Verborgensein vor dem Feind. So stieg ich recht besonnen durch das Dickicht, hinweg über starke gesunde Wurzeln, durch raschelndes Dickicht, immer seitwärts, um mich den Uruk-hai vom Wald aus zu nähern, von der Seite, die ihnen weitreichend verborgen blieb. Gemächlich griff ich einen Ast, zog mich an ihm hinauf und tastete mich an ihm entlang, während ich über einen gestürzten Stamm schritt, alsbald stehen blieb und fest den Wald fixierte. Mit allen Anstrengungen versuchte ich sie zwischen den Bäumen zu erspähen, ihre Laute wahrzunehmen, wobei mir nur das Letztere gelang. Sie konnten nicht mehr fern sein, ich hörte sie, vernahm ihr Geschrei, ihre rauen Stimmen, die mir selbst unangenehm waren, einen Ton in sich hatten, der in meinen Ohren schmerzte. Und dennoch pirschte ich mich näher, nutzte das Blattwerk für meine Deckung und hielt erst inne, als ich ihre Bewegungen zwischen den Stämmen sah. Doch nicht deutlich genug, um auch die Hobbits zu entdecken. So duckte ich mich, achtete fortan darauf, dass die Gebüsche mich nicht verrieten, das nichts raschelte, kein Ast unter meinem Fuß knackte. Aufmerksam schob ich mich so zwischen den Bäumen hindurch, achtsam beruhigte meine Hand die Gebüsche, als ich ihnen zu nahe kam. Nur selten lenkte ich den Blick auf meinen Weg, vielmehr haftete er an dem Ziel, welches zu erreichen ich mir vorgenommen hatte. Konzentriert sah ich sie näherkommen, tat einen intuitiven Schritt über einen Stock, legte die Hand auf die starke Rinde eines Baumes und ging hinab in die Knie. Von dort an näherte ich mich ihnen kriechend. Rasch schob ich mich auf den Ellbogen, brachte den letzten Abstand hinter mich und suchte Schutz hinter einem darniederliegenden Stamm, der hoch genug war, mir diesen zu gewähren. Erst lehnte ich mich mit dem Rücken gegen ihn, streckte die Beine von mir und beruhigte meinen Atem. Ein zu geringer Abstand lag zwischen uns, als das ich mich durch mein Keuchen verraten konnte. Höchste Vorsichtig war geboten. Ohne mich zu bewegen, nahm ich ihr Fauchen wahr, hörte das dumpfe Stampfen ihrer massigen Füße, spürte die Bewegungen des Bodens, als ein hünenhafter Uruk-hai losrannte, um sich brüllend auf einen Ork zu stürzen. Ich rappelte mich etwas höher, winkelte die Beine an und befreite mich nebenbei vom Gurt meines Köchers. Langsam und mit bedachten Bewegungen zog ich ihn über meinen Kopf, legte ihn neben mich. So gewann ich eine größere Bewegungsfreiheit, schloss für einen Moment die Augen und legte die Hand auf meinen Rücken, der erneut mit einem unauffälligen Schmerz auf sich aufmerksam machte. Ebenso mein Kopf benötigte Ruhe. Nicht lange verharrte ich so, bis ich eine bekannte Stimme wahrnahm, mich sofort zur Seite drehte und hinter dem Stamm hervorlugte. Knappe zwei Tage hatte ich sie nicht gesehen... und nun tat ich es. Mit gefesselten Händen lagen sie im Gras, deutlich sichtbar der Uruk-hai und den Orks, nahe bei ihnen. Freude erfasste mich, sie so wohl auf zu sehen, scheinbar unverletzt und noch immer bei genügend Kraft, um miteinander zu flüstern. Sie hielten sich standhaft. Ich holte tief Atem, zog mich zurück und lehnte mich seitlich gegen die Rinde, an der ich liegen blieb und mich grübelnd umblickte. Die Verwechslung gereichte ihnen zum überlebenswichtigen Vorteil, das scheinbare Wissen, in dem sich die Entführer glaubten... den Ringträger ertappt und gefangen genommen zu haben. All das gab mir selbst noch etwas Zeit, mich meinen Gedanken zuzuwenden, abzuschätzen, zu sinnieren. Würden Aragorn und Gimli rechtzeitig den Weg finden? Würden sie erscheinen, bevor die Situation eskalierte, etwas geschah, was ich in meine vorsichtigen Planungen nicht mit einbezogen hatte? Konnte ich auf sie hoffen? Konnte ich mich auf ihre Schnelligkeit verlassen oder würde ich dem Feind allein gegenüberstehen? Ich weiß nicht, was ich fühlte, als ich meine Gedanken in diese Richtung lenkte. War es Furcht? Oder gar Entschlossenheit? Nun, ich wurde schnell dazu gezwungen, die Antwort selbst zu finden, denn ein erneutes Brüllen riss mich aus meinem Sinnieren. Sogleich rappelte ich mich auf, wagte einen erneuten Blick zu den Entführern. Unruhe brach in ihren Reihen aus, lautes Fauchen und abartige Flüche lagen in der Luft. Ein Streit schien auszubrechen. Ein Streit, der mich mit leiser Nervosität belagerte. Die Hobbits lagen mittendrin. Mit leichter Beunruhigung beobachtete ich sie, bis ich wieder auf die Uruk-hai aufmerksam wurden. Sie schrieen, brüllten sich an und stießen einander zur Seite. "Nur dieses madige Brot!" Fluchte ein Uruk-hai, der mir am nächsten stand. "Und das seit drei stinkenden Tagen!" Ich duckte mich, verfolgte das Szenario aufmerksam, tastete nebenbei nach meinem Bogen und zog ihn zu mir. "Ich will frisches Fleisch!" Keifte ein Ork und drängte sich durch die raue Menge. "Ich brauche etwas zufressen!!" Fahrig suchten meine Augen nach den Hobbits. Noch hielt man sie aus dem Streit heraus... Fest umklammerte ich den Bogen, kniete mich auf und stützte mich sachte ab, als ich mich nach vorn schob, die schützende Obhut des Stammes etwas verließ. Ich meinte nicht, man würde mich in ihrem Zorn entdecken. "Frisches Fleisch!" Zog das barbarische Fauchen durch die Reihen und mein Herz machte einen entsetzten Sprung, als sich die Schar zu den Hobbits wandte. Als würden sie alle die gleichen Gedanken führen. Als wären sie auf etwas Bestimmtes aus. Meine Augen weiteten sich. Stampfend näherte sich die Schar den beiden Halblingen. Den Halblingen, die ich geschworen hatte, zu beschützen... "Was ist mit den Beinen?" Krächzte der Ork an vorderster Spitze. "Die brauchen sie doch nicht mehr!" Eine scharfe Vorsichtig griff nach mir. Ohne mich Skepsis oder dem geringsten Zögern zuzuwenden, legte ich den Bogen auf dem Stamm ab, zog einen Pfeil und spannte ihn ein. Nach tagelanger Verfolgung, schweren Kämpfen, um diese fortführen zu können, nach Lebensgefahren und Ängsten... konnte meine Aufgabe nicht an so etwas scheitern! Reglos blieb ich kauern, zielte auf das Gesicht des Orks, wartete ab. Und das mehr als unruhig und angespannt. "Wenn hier jemand etwas bekommt, dann ja wohl wir!" Brüllte ein riesiger Uruk-hai und stieß mein Zielobjekt fort. "Wir schneiden ihnen die Beine ab!" "Dann lasst uns wenigstens zwei!" Zog ein aggressives Zischen durch die Meute. "Zwei?!" Die Uruk-hai brüllten. "Mehr als einen Zeh habt ihr nicht verdient! Elendes Pack!!" Es bedurfte nur eines kurzen Blickes, um die Angst in den Augen der Hobbits zu sehen. Und Grund zur Angst hatte sie wohl. Soviel, dass sie wohl kaum erwarteten, dass ihnen jemand zu Hilfe eilen würde. Und ich würde es tun... mit meinen Gefährten oder ohne ihnen. Ich spreizte die Finger, die Pfeilspitze suchte unruhig nach dem ersten Ziel. Ein scharfes Zischen ertönte, als einer der Uruk-hai sein Schwert aus der Scheide riss. Die Orks schrieen, die Uruk-hai brüllten und in großen Schritten stampfte der Riese auf die wehrlosen Hobbits zu. Seine Entschlossenheit drängte mich dazu. Keine Angst... Kein Zögern... Keine Flucht... Die Ehre durch das Einstehen einer versprochenen Treue war bei weitem von größerer Wichtigkeit, als das Leben selbst! Zischend schnellte der Pfeil von der Sehne, bohrte sich zielgerade zwischen die Augen der Kreatur, ließ sie sogleich zu Boden gehen. Und es trat ein, was ich befürchtet, deutlich vorhergesehen hatte. Andere Waffen wurden gezogen. Ohne dass sich die Uruk-hai und Orks wunderten, zückten sie ihre Waffen und es gelang mir nur, zwei weitere niederzustrecken, bevor sie mich sahen. Und sie stürzten auf mich zu. Einen letzten Pfeil schoß ich noch ab, bevor ich den Bogen zur Seite schleuderte, meinen Säbel ergriff und auf die Beine sprang. Ich wartete nicht, bis sie das Dickicht erreicht hatten, kam ihnen entgegen, sprang an ihnen vorbei und drängte mich durch ihre Reihen. Die Verbitterung trieb mich an, die Anspannung, der pure Wunsch, den Hobbits eine Rettung zu sein. So, wie es von Anfang an geplant war. So biss ich also die Zähne zusammen, klammerte mich um meinen Säbel und lieferte mich erneut den mächtigen Kreaturen aus, die uns zuvor schon sehr zu schaffen gemacht hatten. Sie selbst waren mir dabei eine Hilfe. Zu unkontrolliert und zu hassvoll griffen sie an, stießen gegeinander, standen sich selbst im Wege, retteten mich selbst vor der Gefahr, vielen Gegner auf einmal gegenüberzustehen. Keine Zeit blieb mir, Rücksicht auf meinen Leib zu nehmen. Ich hatte um mein Leben zu kämpfen. Und nicht nur um das Meine. Mit aller Kraft rammte ich die Hand gegen den Arm, der mit einem kurzen Schwert auf mich niedergehen wollte, durchschnitt mit einem Schlag den Hals des Angreifers und riss die Waffe aus seiner kalten Hand. So duckte ich mich unter einem weiteren Hieb, tötete einen Ork, tauchte unter weiteren Hieben hindurch und spürte, wie mich in einem kurzen Moment der Unvorsichtigkeit eine Klinge an der Schulter traf. Nur ein kurzer reissender Schmerz war es, bei weitem nicht stark genug, um mich zurückzuhalten. So rannte ich weiter, stets verfolgt werdend von denen, die sich selbst bekämpften, sobald sie sich über den Weg liefen, sich gar über den Haufen rannten. In gehetzten Schritten näherte ich mich so den Hobbits, holte mit dem gegnerischen Schwert aus und schleuderte es nach ihnen. Dicht neben ihnen blieb es federnd im Boden stecken und sogleich musste ich mich weiterer Feinde erwehren. "Flieht!!" Schrie ich aus heiserem Hals, als meine Klinge die eines Feindes traf. Auf einen Kraftkampf konnte ich mich nicht einlassen, so wich ich aus und rammte meinen Säbel in die Brust des Orks. Keuchend streckte ich die Hand zur Seite. "In den Wald!!" So stolperte und wich ich etwas vor den Feinden zurück, die den Grund meines Angriffes noch nicht bemerkt zu haben schienen. Deutlich spürte ich ihrer aller Aufmerksamkeit ausnahmslos auf mir und so nutzte ich die letzte Gelegenheit, die mir blieb. Ich musste versuchen, sie zu spalten, nun, wenigstens von den Hobbits abzulenken! Hastig rammte ich den Fuß gegen ein am Boden liegendes Schwert, trat es hoch, schnappte es weg und wandte mich sogleich um. In schnellen Schritten zog ich zur Seite, flüchtete vor den Angreifern und sprang nach einem kurzen Sprint zurück ins Dickicht. Hier im Wald gab es einige Vorteile, die deutlich auf meiner Seite waren. Aragorn: Kein langer Weg war es durch das tiefe Geäst der Bäume und den Mulden, denen es trotz allem geschickt auszuweichen galt. Schnell geriet man in Gefahr durch Unaufmerksamkeit den Fuß zu verknicken und gerade ich musste darauf Acht geben. Unglaublich war es... einerseits war der Fund der Spuren jener Kreaturen nicht von Freude geprägt, auch wenn sie zur höchster Wahrscheinlichkeit denen gehörten, die Gimli, Legolas und ich seit geraumer Zeit verfolgt hatten und andererseits war mir seit dem letzten Kampf so vieles gleichgültig, da ich keine Gewissheit über den Verbleib des Elben erlangen konnte. Wenn dort nur ein Zeichen gewesen wäre! Etwas, was mich in meiner Denkweise beruhigen, mir wieder einen klaren Kopf verschaffen konnte! Doch nichts! Nichts, als wir dem Walde folgten, obgleich auch diese Spuren der orkähnlichen Wesen schon von niedergefallenem Geäst und Laub verborgen wurden und ich auch durch völliges Desinteresse nicht einmal mehr als oberflächige Gedanken darüber hegte. Alsbald lag der Wald hinter uns und ich kauerte mich hin um den Fortgang der Horde weitesgehend nachvollziehen zu können. Doch drang ein seltsames Surren an mein Ohr und ich hockte mich tiefer. Den nahezu aufdringlichen und gespannten Blicken der Menschen auf meinem Rücken schenkte ich wenig Beachtung, doch hoffte ich, dass ihr mangelndes Wissen über die Sprache der Natur, welche so manches Rätsel lüften konnte, sich nicht auf ihr Kampfgeschick auswirken würde. Denn Kampf würde folgen, dem war ich gewiss. So schwang ich mich wieder auf´s Pferd, blickte mich flüchtig um und gab Prégo die Sporen.Gehetzt taten es mir die Männer gleich, folgten mir und ich merkte, wie sie auf ein Zeichen abwarteten. "Nordost!" rief ich ihnen zu, unnötig wohl, da sie, egal was ich sagen würde, mir doch stets folgten. Erschwerlich war der Hügel, der sich vor uns aufbäumte, jedoch dämpften er nur schwach, was ich zuvor am Boden bemerkt hatte. "Rasch!" Anfangs taten sich die Pferde noch schwer, verloren viel an ihrer Schnelligkeit, aber nach wenigen Minuten lag der Hügel unter uns und uns erlag ein weiter Blick über das Land. Ein Stückchen Wald tat sich weiter hinten auf, wenige Meilen entfernt und ich erspähte durch Sehstärke, die den Männern Rohans verborgen blieb, viele Gestalten, die sich dort tummelten... sie anscheinend rasteten und doch auseinander stieben. Es sah aus, wie ein Streit... Nun also lag es an uns, die Hobbits zu retten, so, wie ich es geschworen hatte... "Noro lim!!" Schleunigst begehrten wir den Hügel zu verlassen, durch den Abstieg auf ungeahnte Geschwindigkeit zu gelangen, da mein Gefühl mir sagte, Eile sei geboten! "Hört mich an!" Rief ich den Männern zu, so laut, dass meine Stimme nicht einmal von den schnellen Hufgeräuschen übertönt werden konnte."Geiseln haben diese Wesen, hört!! Auenländer! Sucht und beschützt sie und kein Leid darf ihnen geschehen, hört!!" Auf dass sie noch lebten... Geschwind kamen wir näher und beinahe nahm ich an, man hätte uns zu früh bemerkt, denn waren viele im Begriff im Wald zu verschwinden. Es schien jedoch etwas anderes gewesen zu sein, dass ihre Aufmerksamkeit auf sich gelenkt hatte... zu unserem Glück, denn sie bemerkten uns erst dann, als jeglicher Fluchtversuch wohl vergeblich gewesen wäre. Wenige verschwanden dennoch im Wald, schien der Großteil der Masse allerdings dem Kopf des Kampfes Willen voll zu haben und brüllend hoben sie die Schwert und traten uns waghalsig entgegen. Es waren viele... zu viele wären es gewesen, hätten nur drei Personen ihnen Einhalt gebieten wollen. "Bedenkt meine Worte!!" Erinnerte ich die folgsamen und mutigen Männer. "Seid wachsam! Und kämpft!!" Und mit diesen Worten erreichte ich schon die ersten Gegner, holte weit mit dem Schwert aus und rang sie zu Boden, ohne ihnen Gelegenheit zur Gegenwehr zu gewähren. Die Reiter zerstreuten sich und ich hörte ihr wildes Geschrei und auch das Gebrüll der Ungetüme. Bei all diesen Tönen, war es mir vergönnt die hellen Stimmen der Hobbits auszumachen und in jeder Gelegenheit, die sich mir bot, nachdem ich einen weiteren Feind zur Strecke brachte, blickte ich mich intensiv um. Und ich ritt fernab zu dem Wald, tat ersteinmal Gutes daran, den Kreaturen den Gar aus zu machen, die sich an die Flucht krallten, um mir dann einen Überblick verschaffen zu können. Doch durch dicke Stämme und dem Dickicht, welches der Wald zu seinen Grenzen offenbarte, war mir nicht möglich weit zu blicken und so kam ich ihm wieder näher, den Feind weiter zu bekämpfen und die Augen weiterhin offen zu halten, um einem zufälligem Augenblick nicht zu entgehen, an dem die Hobbits aus dem tiefen Grün zu uns hinaustraten... Und wenn ich sie dann errettet in Edoras glauben konnte, so war eine Sorge weniger vorhanden. Legolas: Rasch schob ich mich durch das dichte Geäst, achtete vorerst nicht auf meine Verfolger. Sie waren da... dessen war ich mir bewußt. Ich hörte sie schreien und brüllen. Wild schlugen sie sich durch die Hindernisse, wüteten und konnten dennoch nicht mithalten. Nicht weit lockte ich sie in den Wald hinein, bevor ich mich in die rauhe Rinde eines Stammes klammerte, mich zur Seite zog und hinter ihm verschwand. Gehetzt rang ich nach Atem, hielt das Schwert des Orks verkrampft in der Hand, versuchte nach wenigen kurzen Augenblicken auch, nach den Hobbits Ausschau zu halten. Doch dann erreichten sie mich. Ein Ork sprang an mir vorbei, fuhr zu mir herum und schlug zu, worauf ich mich fortdrehte und seine Klinge sich in den Stamm bohrte. Geschwind drehte ich mich weiter, erfasste ihn von hinten und tötete ihn, bevor ich erneut ausweichen musste, um den Angriffen der anderen zu entgehen. Doch... Es waren weniger, als ich vermutet hatte. Bei weitem nicht alle schienen mich verfolgt zu haben und ich spürte eine rege Sorge um die Hobbits, die vielleicht den Grund darstellten. Hatten sie sie wieder gefangen genommen? Erneut nutzte ich den Baum als Schutzschild, es schmerzte mir, ihn so beschädigen zu lassen, doch die Verbitterung setzte mich einem Zwang aus, dem ich mich nicht erwehren konnte. Mit Geschicklichkeit und schnellen Reaktionen parierte ich den kraftvollen Hieb eines Uruk-hai, wurde jedoch zurückgedrängt und verlor beinahe meinen Säbel aus der Hand. Stolpernd wich ich zurück, stützte mich kurz am Boden ab und sah ihn erneut auf mich zustürmen. Fahrig kam ich auf die Beine und schleuderte das kurze Schwert nach ihm. Er schenkte dem viel Aufmerksamkeit, machte sich daran, auszuweichen, wobei es nur zu seinen Füßen stecken blieb und ich mir seine Unaufmerksamkeit zu Nutzen machte. Ich durchschnitt sein Bein, eines der wenigen Körperteile, die die schwarze Rüstung nicht schützte. So ging er zu Boden und ich zog das Schwert aus der Erde, sprang über ihn hinweg und rammte es hinab in seinen Leib, bevor ich den beiden Orks entgegenstürmte, die merkwürdiger Weise die letzten Gegner zu sein schienen. Ich musste sie schnell töten, zog es mir rasend durch den Kopf, musste rasch handeln, um für die Hobbits zu sorgen!! Ich biss die Zähne zusammen und rammte mich gegen die hageren Kreaturen. Eine von ihnen brachte ich damit zu Sturz, doch begann ich selbst zu stolpern, als sie auf dem Boden aufschlug. Meine Schulter nahm mir das Gleichgewicht, schmerzte und ließ meinen Arm kurz erlahmen. Beinahe traf ich mich die Waffe des anderen Orks, nur mit letzter Kraft konnte ich mich ducken und eine Strähne blonden Haares sank zu Boden, als ich kurz in die Knie niedersank, meinen in die Rückhand wendete und mich zu dem Angreifer vorkniete, als er das Schwert hob. Ich stemmte mich gegen ihn, nutzte die Wucht meines erschöpften Körpers, um meinem Stoß Kraft zu verleihen und so bohrte sich die Klinge tief in den Bauch der Kreatur. Ächzend kippte sie zur Seite und ich musste darauf achten, den Säbel festzuhalten, ihn nicht aus der Hand zu verlieren. Doch sobald der Ork zu Boden ging, tauchte hinter ihm der Letzte auf und ohne zu zögern, schleuderte ich meinen Säbel nach ihm, traf ihn am Hals und hatte somit auch gegen den letzten Feind gesiegt. Keuchend und nach Atem ringend, blieb ich kurz hocken, bis mich ungewohnter Lärm in die Realität zurückriss und mich schwankend und unsicher auf die Beine kommen ließ. Strauchelnd näherte ich mich dem Ork, zog meinen Säbel aus seinem Schädel und eilte, so schnell es mir meine Knie erlaubten, zurück zum Waldrand. Ich glaubte die Hobbits in größter Gefahr! Schwer atmend sprang ich also aus dem Gestrüpp, setzte den Fuß auf die freie Fläche hinaus... und hielt inne. Ein Anblick bot sich mir, in den ich keine Erwartungen gesetzt hatte, der so plötzlich und unverhofft kam, dass jegliche Fassung von mir bröckelte und ich stehen blieb. Irritiert blickte ich um mich, aufgeregt, überfordert mit dem plötzlichen Erscheinen der Pferdeherren von Rohan! Schnaufend gallopierten ihre Pferde an mir vorbei, schreiend stellten sich die Uruk-hai und die Orks einem Kampf, den sie nicht gewinnen konnten. Schwerter zischten, sterbend jaulten die Kreaturen auf und sanken zu Boden. Niedergemetzelt wurden sie allesamt... Ungläubig ließ ich den Säbel sinken, nur wenige Augenblicke benötigte ich, um einen einen gewissen Kämpfer aufmerksam zu werden, der sein Pferd sicher lenkte und kraftvoll das Schwert führte. Einen Kämpfer... mit dem ich in diesem Zusammenhang nie zu rechnen gewagt hätte! Aragorn! Meine Augen richteten sich auf ihn, schreiend stolperte ein Ork an mir vorbei, wurde von einem Pfeil getroffen und stürzte nieder. Er war gekommen... Mit den Kriegern Rohans, von denen ich keine Hilfe erwartet hätte. Ich konnte nicht definieren, was ich in diesen wenigen kurzen Augenblicken fühlte. Als ich dort stehen blieb, sich meine Hand um den Griff des Säbels entspannte und ich ihn erblickte. Erleichterung... ja, dies war es wohl. Annähernd gleichzeitig schien auch er auf mich aufmerksam zu werden und vergessen all der Strapazen der letzten Zeit, wäre es niemand gewesen, den ich lieber gesehen hätte... Ich nahm einen Schatten neben mir wahr, nur eine flüchtige Bewegung, der ich keine Beachtung schenkte, da unsere Blicke für einen Moment aufeinander trafen. Eine Sekunde war es höchstens, bis mich die Verwunderung verließ und ich brutal in die kämpferische Realität zurückgezogen wurde. Eine Wucht prallte seitlich gegen mich. Ein massiger Leib, der eine solche Kraft mit sich brachte, dass ich ihm nachgab, sobald er sich gegen mich rammte. Gepackt durch den Schock, entglitt der Säbel meiner Hand, deutlich nahm ich das Knacken meines Halses wahr, der kurz darauf von einem wuchtigen Ellbogen getroffen wurde. Ein scharfer, markzerreissender Blitz durchzuckte meinen Kopf, von einer Sekunde auf die andere breitete sich Dunkelheit vor meinen Augen aus und ein grausamer Schmerz in meinem gesamten Leib, als ich mit voller Wucht auf dem Boden aufschlug. Ein lautes, ja, beinahe schon schrilles Dröhnen zog durch meine Ohren, während mein Körper von der Benommenheit ergriffen wurde. Noch immer in die Dunkelheit starrend, fehlte es mir an jeglicher Beweglichkeit. So blieb ich liegen, wie ich gefallen war. Hart auf steinerne Ebene. Aragorn: Es waren viele, durch welche ich mich wohl erneut einer überstürzten Handlung wegen, hätte grämen müssen. Schuld wäre aufgekommen, unglaublich schwer, obgleich sie durch einen raschen Tod nicht von Dauer gewesen wäre. Doch nun war alles Glück auf unserer Seite und ich hoffte, dies würde anhalten, wenn die Hobbits unseren Weg kreuzten... und erst Recht, wenn mir dann Zeit und viel Zuversicht gegeben werden würde, um nach Legolas zu suchen, der meine einzig große Sorge und mein einzig großes Interesse war. Flink riss ich das Pferd an den Zügeln zur Seite, entging so dem Anschlag Brégo enthaupten zu lassen und ließ zeitgleich das Schwert die Luft spalten und kurz darauf fiel auch der Ork meiner Klinge zum Opfer. Wir waren ihnen überlegen; durch Pferde den weniger stämmigen Orks an Höhe und den ähnlichen Kreaturen durch Schnelligkeit. Nur gewandter konnten wir nicht sein, war dieser Nachteil allerdings nicht von Belangen, wenn wir unsere Vorteile geschickt ausspielen würden. Und wider meinen Befürchtungen waren die Männer fähiger und schreckten nicht zurück. Jeder ließ ein siegreiches Gebrüll und ich merkte, wie sie ihre Blicke auf mich legten, hoffend, dass ich all ihre Taten bemerken und stolz sein würde. Sicher war ich es, doch kämpfte ich genügend für mich selbst, denn es war noch wichtig den Wald zu durchstreifen... nach ihnen zu suchen... In jenem Gedanken blickte ich auch auf zu diesem grün und direkt davor stand eine Gestalt, dessen Begegnung ich nicht sobald zu hoffen vermochte und mich umso mehr danach verzehrte! "Legolas...", flüsterte ich leise, zu mir selbst und mein Herz gab Töne von sich, als würde es singen und nicht dem alltäglichem Rhythmus nachgehen... Es war, als bliebe die Zeit für einen Augenblick stehen und nichts bewegte sich mehr, nur wehte das Haar des Elben in einem sachten Winde und dünne Strähnen ließen sich von ihm zum Tanz auffordern. Doch umso erschreckender von diesem gar arglosen Wiedersehen, war das Ungetüm, welches plötzlich hart gegen Legolas prallte und ihn zu Boden warf. Geschockt, doch keinesfalls zögernd, setzte ich mich auf und sprang vom Pferd und mit großen, schnellen Schritten ließ ich das Pferd stehen, dessen Höhe mir eher zum Verhängnis als zum Vorteil werden würde und rannte laut des Elben Namen rufend auf die Horde zu, die aus dem Walde ihm gefolgt waren. Erneut von Hass, jedoch vor allem Umsicht getrieben, wich ich den Monstern aus, stieß ein Anderes mit der Schulter gegen ein Drittes, ehe ich dem ersten den Leib völlig durchschnitt und einem weiteren den Kopf abschlug. Keinen Gedanken an die anderen beiden verschwendend, da Mann und Pferd diesen bereits Abhilfe schafften, lief ich hastig zu Legolas. "Schnell!" Hastig streckte ich die Hand aus, wartete geduldig, bis er die Seine hob und ich nach ihr greifen konnte. Lang hatte ich diese Haut vermisst... und ich konnte mein Glück nicht beschreiben in jenem Augenblick... als seine Rückkehr kein Wunschtraum mehr war und ein zaghaftes Lächeln zierte meine Lippen. Mein Griff wurde fester und ich hielt ihn sicher, um ihn mit einem kräftigen Ruck wieder auf die Beine zu ziehen. "Komm, steh auf!" Legolas: Nur schwach spürte ich das grobe Gestein, auf welchem meine Wange gebettet war. Viel mehr herrschte mich ein dumpfes Pochen in meinem Kopf, welches mir das Gefühl gab, weit hinweggedriftet, in mich gekehrt zu sein. Stockend bewegte ich die Hand, schob sie über den Boden, spreizte die Finger und ballte sie kraftlos. Weshalb stand ich nicht auf? Nur schleppend erwachten meine Gedanken zum Leben, zogen nur leise und schwerlich durch meinen Kopf, wurden annähernd vom Dröhnen und Pochen übertönt. Ich blinzelte hastig und verstört, sah, wie die Dunkelheit zum Rückzug antrat, mich meine Umwelt langsam wiedererkennen ließ. Finstere Schatten flüchteten sich an mir vorbei, Pferde, die, wie in einen nächtlichen Schleier gehüllt, vorüber galoppierten. Das Zischen der scharfen Klingen drang an meine Ohren und dazwischen auch eine Stimme... die mir wohl bekannt war. Sie rief meinen Namen. Laut und gellend, so schien es und doch hörte ich sie, als ertönte sie aus weiter Entfernung. Und umso rascher und unverständlicher erreichte mich eine Gestalt. Immer deutlicher wurde meine Sicht und das vertraute Antlitz erfüllte mich mit erneutem Tatendrang, dem Drang, den mutigen Kriegern Edoras´ eine Hilfe zu sein. Stolz, Zufriedenheit... zufrieden war ich auch mit ihm. Ihm, der anwesend war, wenn Sorgen die unbeschwerte Seele niederdrückten. Ihm, der kam, wenn man bangte. "Schnell!" Hörte ich ihn rufen, nun nahe bei mir. Langsam begann ich mich zu regen, wollte seinen Worten Taten folgen lassen, wollte mit ihm gemeinsam kämpfen, die Aufgabe gemeinsam beenden, so wie wir sie gemeinsam begonnen hatten. "Komm, steh auf!" Er erleichterte mich, als er mir die Hand entgegenstreckte, befreite mich endlich vom ungewissen Zögern und intuitiv hob ich den Arm, legte meine Hand fest in die Seine und griff zu. Ich spürte meine Stärke, fühlte auch die Seine, als er zupackte, sich zurücklehnte, mich kraftvoll und geschwind nach oben zog. Rasch richtete ich mich also auf, weit schweiften meine Gedanken bereits vornweg, hielten sich vielmehr bei dem noch immer tobenden Kampf auf, bei meiner Mitwirkung... doch sie brachen ab. Alles endete... Einjedes Sinnieren, einjeder Gedanke an etwas anderes. Bis zu diesem Zeitpunkt heimtückisch schlummernd, bäumte sich etwas in meinem Körper auf, was ich noch nie zuvor verspürt hatte. Etwas Unbekanntes, das mich zwang, laut zu schreien. Nicht mit der Hoffnung, so den abgöttischen Schmerz verdrängen zu können, nein, bestehend aus der ersten Reaktion, zu der ich fähig war. Durch das Ziehen meines Armes breitete sich ein Gefühl in mir aus, als würde ich zerreissen, brennend machte mein Rücken auf sich aufmerksam und fluchtartig, übertrieben hastig und fahrig, versuchte ich meine Hand aus der Anderen zu lösen, freizukommen, da gerade dieser Griff diese unvorstellbaren Qualen in mir wachrief. Erneut schrie ich. So laut ich konnte, wohl auch kläglich und verzweifelt, überfordert und gepackt von einer grausamen Angst. Mein gesamter Leib begann zu zittern, entriss sich meiner Kontrolle, erschlaffte und krampfte kurz darauf. Gehetzt fiel mein Atem, stieß keuchend durch meine Zähne, als ich diese zusammenbiss, die Miene verzog, annähernd panisch versuchte, dem Schmerz zu entkommen, der mich doch so sicher gepackt hielt. Mein Arm schien sich zu entspannen, wurde sinken gelassen und so sank auch ich hinab, ächzend und mich windend, verwirrt und perplex, bis in mein tieftes Inneres. Ich brannte! Alles an mir!! Es schmerzte... ließ mich glauben, dem Wahnsinn zu verfallen!! Urplötzlich, gleich einer Sturmflut, gegen die sich zu wehren, ein hoffnungsloses Unterfangen darstellte. Konnte es solch einen Schmerz überhaupt geben?! Gleich eines Fluches lastete er auf mir, nicht dazu bereit, abzuschwächen, stattdessen nachrückend, immer stärker, immer folternder, bis ich erneut schrie, mich im Gestein wälzte und meine Hände in das klammerte, was mir am nähesten war. Kapitel 6: *~eneg~* ------------------- Aragorn: Die Freude, ihn endlich wieder zu haben, hinderte mich daran, anderweitige Gedanken zu hegen. Wichtige Gedanken, die mich möglicherweise vorgewarnt hätten, ehe ich bereit war, Legolas hochzuziehen. Sicher hätte ich mich gefragt, wieso er denn nicht früher aufgestanden wäre und die immense Sorge um ihn hätte mich vorsichtiger werden lassen. Doch zu spät und ich spürte das heftige Zucken seiner Glieder, gefolgt von dem markerschütternden Schrei, der mich so plötzlich aus der Erleichterung riss, wie es nur geschehen konnte! Ich weitete geschockt die Augen, war nahezu bewegungsunfähig, selbst, als der Elb den Griff lockerte, tat ich dies erst Sekunden später, doch sank ich mit ihm hinab, fiel auf die Knie und beugte mich über ihn. "Legolas!" Unwirsch wanderten meine Augen über seinen Körper, ahnungslos, weshalb der Blonde schrie und keuchte und in mir wuchs die Panik, dass er eine Wunde tragen musste, die ich nicht zu heilen vermochte. Was war ich für ein verdammter Narr?! Erst jetzt war mir auch die Wunde an seinem Kopf aufgefallen und auch mein Verstand hätte mich wissen lassen müssen, dass allein jener Sturz verhängnisvolle Verletzungen mit sich brachte! Kurz blickte ich auf, überflog mit gehetztem Blick das Kampffeld auf der Suche nach irgendwem, der mich unterstützen konnte, doch kämpften die Reiter mit einem Male um ihr eigenes Leben und waren nicht fähig, auf mich zu achten. Schnell lenkte ich meine Augen wieder auf das schmerzverzerrte Gesicht Legolas' und in mir keimte die rege Verzweiflung, spätestens, als ich den klammernden Griff an meinem Bein spürte. "Halte durch!" Keine Zeit war, um zu hoffen, dass die Krieger auf mich aufmerksam wurden und unvorteilhaft war es, den Elb hier mitten im Feld zu untersuchen, ihm zu helfen. Ich versuchte, alle Sinne beisammen zu halten, als ich mich weiter zu ihm vorbeugte, die Hand an seine Wange legte und sein Gesicht zu mir drehte. "Bitte halte durch!" Ich atmete tief ein, legte dann die Hand unter seinen Nacken und hob den Kopf etwas vom Boden, damit ich mit der anderen Hand um seine Schulter greifen und ihn weiter anheben konnte. Seine Wehklagen hallte in meinen Ohren wider, doch musste ich ihn trotz des Schmerzes in eine aufrechte Lage bekommen und versuchte ihn mit allen Kräften dabei zu unterstützen. Mein eigener Körper bebte vor Furcht, als ich mich zu bewegen begann, mich vom Boden erhob und den schwachen Leib des Anderen mit mir zog. Rasch legte ich seinen Arm um meine Schulter, hockte mich vor ihm wieder hin und zog ihn auf meinen Rücken, ehe ich die andere Hand an seinem Oberschenkel platzierte und ihn hochzog. Sein Kopf ruhte an der anderen Schulter und ich stellte mich hin, jedoch gebückt, hielt den anderen Arm, der über meiner Schulter lag, am Handgelenk und lief raschen Schrittes, jedoch so leichtfüßig wie möglich, über das Feld, zurück in den Wald, aus dem Legolas zuvor gekommen war. Immer wieder sprach ich dem Elb zu, er solle durchhalten und ehe ich das Dickicht betrat, schaute ich mich noch rasch nach Verfolgern um, schenkte dem sonstigen Treiben jedoch keine weitere Beachtung. Ich tat auch nur wenige Schritte, bis ich glaubte, dass hier nun kein Feind hineintreten würde, suchte flugs eine etwas ebenere Fläche zwischen Laub und kleinem Geäst und hockte mich dort wieder hin, achtete sorgsam darauf, dass ich Legolas weich darauf betten konnte. Mir verblieb keine Zeit, mir über meine Taten Gedanken zu machen. Alles in meinem Kopf war durcheinander, nur wusste ich, dass ich selbst sterben würde, würde er mich nun hier verlassen und alles musste ich daran setzen, dass dies nicht geschehen würde. Stockend rang ich nach Luft, als ich mich nun erneut über ihn beugte und die Hand an sein Hemd legte. Hastig zog ich es höher, legte die helle Haut frei, den flachen Bauch, der sich unregelmäßig hob und als ich dort nichts erkannte, packte ich ihn an der Schulter und Hüfte und zog ihn auf die Seite. Eine rege Befürchtung hatte sich in mir ausgebreitet und voller Entsetzen stellte ich fest, dass sie unwiderlegbar war. Jene Wunde, die ich vor nicht allzu langer Zeit genäht hatte, war erneut aufgerissen, war so tief wie von Beginn an! Das Blut bahnte sich seinen Weg über die ebene Haut und erreichte alsbald das grüne Laub. Sofort legte ich das Knie an seinen Rücken, sorgte dafür, dass er nicht wieder zurücksank und verhakte kurz darauf die Fingernägel in meinem eigenen Hemd und riss einen langen, großen Streifen heraus. Hektisch legte ich eine Hand wieder an Legolas' Schulter, während ich das Knie zurücknahm. Gut gefüttert, so dachte ich, war mein Hemd und so presste ich es gegen die Wunde des Elben, versuchte dem Blutschwall Einhalt zu gebieten, auch wenn ich unter meinen Händen spürte, wie sehr ich ihm damit weh tat. Und dann... konnte ich nichts anderes mehr tun. Hier hockte ich mit ihm, fernab von der einen Gefahr und mitten in der anderen. Und für einen kurzen Augenblick schloss ich die Augen, ließ den Kopf erschöpft sinken und presste die Lippen fest aufeinander. Doch ich konnte ein Keuchen nicht unterdrücken, verfiel es beinahe schon in ein Schluchzen und ich spürte, wie sich mein Blick verschleiert hatte und durch Tränen blickte ich auf das gepeinigte Gesicht. "Bitte stirb nicht..." Solch eine Angst... hatte ich zeitbleibend nur selten erlebt. Ich nahm die Hand von Legolas' Schulter, legte sie erneut an dessen Nacken und zog ihn vorsichtig hoch, gleichsam dass ich näher zu ihm gerückt war und mit allerlei Rücksicht, die ich aufbringen konnte, hielt ich ihn fest, drückte seinen Kopf an meine Schulter und hauchte einen schwachen Kuss auf seinen blonden Schopf. "Bleib bei mir..." Beinahe lautlos flüsterte ich ihm diese Worte zu, ließ die Hand von seinem Nacken zu seiner Wange gleiten und strich mit dem Handrücken sanft über diese, streichelte alsbald über sein Haar und zog ihn zu mir auf den Schoß, jedoch bedacht, die Wunde nicht zu vernachlässigen. "Ich... habe dir noch viel zu sagen..." Legolas: Mit einer Kraft, die ich nicht mehr in meinem Körper vermutet hatte, klammerte ich mich an ihn, presste das Gesicht hinab auf den rauen Boden und kämpfte verbittert damit, nicht einen weiteren Schrei auszustoßen. Die rasche Bewegung hatte all dies in mir ausgelöst. Nun jedoch, als ich mit aller Konzentration versuchte, reglos zu verharren, näherte sich der Schmerz etwas mehr dem erträglichen und so blieb es bei einem scharfen Keuchen. Ich wollte meine Augen nicht öffnen, glaubte, auch nicht dazu imstande zu sein. Alles würde ich tun, um diesen Qualen zu entgehen... wenigstens für einen kleinen Moment. Alles, um sie nicht wiederkehren zu lassen. Ich fühlte, wie sich Aragorn regte, meine Hände glitten ab, tasteten sich bebend und zitternd über den Boden... so wie mein ganzer Leib, den etwas Grausames heimgesucht hatte. "Halte durch!" Ich hörte seine Stimme deutlich, plötzlich ganz klar und nahe bei mir, war sie doch zuvor wie durch Mauern zu mir gedrungen. Verkrampft presste ich die Lippen aufeinander, versuchte meinem gehetzten Atem Einhalt zu gebieten. Und dennoch brach er schnell wieder aus mir heraus, laut und schwer. Langsam und doch unermüdlich schlich sich das Brennen durch meine Glieder, breitete sich erst auf meinem gesamten Rücken aus, befiel kurz darauf auch meine Arme. Diese wurden auf einmal fest und doch achtsam umgriffen. Ich wurde auf den Rücken gedreht, leicht angehoben... kaum nahm ich die eigenen Bewegungen wahr, spürte nur, wie mein Kopf zur Seite sank, zu vertieft in das Keuchen und in den Kampf mit mir selbst. Die Verletzung schien mich in eine rasch anwachsende Benommenheit zu drängen, ohne dass die Schmerzen einen erleichternden Teil ihrer Intensität einbüßten. Ein Druck legte sich auf meinen Bauch, er lud mich auf. Wieder spürte ich seinen Griff an meinem Handgelenk, eine feste Berührung auch an meinem Oberschenkel. Und die Wärme seines Körpers strömte mir entgegen... Unter einem argen Stechen verzog ich die Miene, zischte leise auf. Meine Lider zuckten, ohne dass ich sie heben konnten, ungeschickt bewegte ich die Hand, streckte die Finger, tastete im Leeren und gab mich erneut jenem Keuchen hin. Allmählich wurde die Qual gegen etwas eingetauscht, das nicht weniger unangenehm war. Etwas undefinierbares... kaltes, steifes... abwesendes. Sich jedoch nur auf meinen Körper auswirkend, verschohnte es weitgehend meine Sinne, ließ mich meine Umwelt noch recht klar wahrnehmen. So atmete ich auch weiterhin geräuschvoll und gedrungen, vernahm jedoch auch ein anderes Keuchen... nicht weit von mir entfernt. "Bitte halte durch!" Erhob sich eine Stimme, die selbst von einem solchen Zittern befallen war, als laste auch auf ihr eine Qual, die meiner nicht minder war. Hustend versuchte ich gegen den Druck in meinem Bauch anzukämpfen, ballte die Hände zu matten Fäusten und erlangte für einen kurzen Augenblick die Fähigkeit, die Augen zu öffnen. Dickicht war es, welches ich flüchtig und doch recht deutlich erkannte. Es zog an mir vorbei... und meine Lider sanken schwächelnd hinab. Ein leises Knacken, Geäst unter flinken Füßen. Somit rutschte ich zur Seite, wurde von einem starken Arm gehalten und fühlte den Boden unter mir, auf dem ich vorsichtig abgelegt wurde. Ich glaubte, in jedem Moment einzuschlafen. Pochend klaffte die Wunde auf meinem Rücken, nass haftete der Stoff der Weste an meiner Haut. Der Schmerz jedoch, der etwas erträglicher und doch fortwährend bestand, hielt mich fest im wachen Zustand. Ein ungewisses Murmeln kam über meine Lippen, ohne dass ich beabsichtigte, zu sprechen. Erneut flüchteten meine Pupillen zur Seite, starrten flimmernd auf die Stämme, die mich allseits umgaben, während meine Lippen einen Spalt offen standen, weit genug, um dem lauten Keuchen, welches sich oft in wehleidiges Ächzen wandelte, freien Lauf zu lassen. Ich war zu entkräftet, um es zurückzuhalten. Fahrig tasteten sich Hände über meinen Leib, suchten und griffen alsbald meine Schulter, ebenso meine Hüfte und ich wurde auf die Seite gedreht, auf der es sich besser liegen ließ. Nachdem sich der Schmerz dadurch kurz aufgebäumt hatte, schwächte er rasch wieder ab, übergab mich dem dahindämmernden Zustand. Kalte Finger schoben sich unter meine Kleidung, zerrten sie hastig zur Seite, legten meinen Körper frei und ließen mich kurz zusammenzucken. Und sobald sich die kühle Luft auf meine nackte Haut legte, ließen jegliche Bewegungen nach, nur ein entsetztes Keuchen glaubte ich zu hören. Unangenehm erfassten mich frische Brisen, legten sich auf meinen nassen Rücken und ließen mich frösteln. Ein Knie stützte sich gegen meinen Rücken, hielt mich sicher in der Lage, während sich die Hände von mir lösten und rasch zu mir zurückkehrten. Ich fühlte etwas Weiches. Nur flüchtig kitzelte es meine frierende Haut, bevor sich etwas gegen mich presste, Druck auf meine Wunde ausübte, mich die Schmerzen wieder deutlicher wahrnehmen ließ. Ein abgehaktes Ächzen entrann mir, verspannt verhärteten sich meine Muskeln, ziellos suchten meine Hände nach Halt, glitten im Gras ab, klammerten sich letztendlich in die trockene Erde und hielten diese fest umschlossen, als würde mir dieser verdrängende Griff eine Hilfe sein... Der Druck ließ nicht nach, ich wand mich, keuchte und sehnte mich nach einem weiteren unfreiwilligen Kampf nach der Ohnmacht. Gepeinigt verzog ich die Augenbrauen, würgte ein schweres Schlucken hinab und hinderte mich an verzweifelten Bewegungen, die meine Lage nur noch verschlimmerten, sollten sie doch eigentlich das Gegenteil erreichen. "Bitte stirb nicht..." Wieder erhob sich die bekannte Stimme. Sie, die meinen Namen gerufen hatte, gerade noch so kraftvoll und nun selbst verlassen von jeglicher Stärke, befürchtend und unruhig zitternd, gedrungen und sich eines Ausdruckes bedienend, den ich noch nie in ihr wahrgenommen hatte.... der ohne viel Anstrengung einen kurzen Moment meiner Aufmerksamkeit auf sich zog. Die Bedeutung der Worte blieb mir verschleiert, hätte eine Konzentration verlangt, die ich nicht aufbringen konnte. Wieder spürte ich seine Hand... diesmal auf meinem Nacken, auf dem sie sich kühlend und angenehm ablegte, gar beruhigend und sanft. Alsbald zog sie mich höher. Wie sehr spürte selbst ich, der ich schwach von Sinnen und der Benommenheit übergeben war... wie sehr spürte selbst ich das Zittern seines Körpers. Er zog mich zu sich, hob mich höher, so schien es. Nur mit schwindender Wahrnehmung wurde ich mir dessen bewusst, bevor mein Gesicht zur Seite sank, Halt an seiner Schulter fand und an ihr lehnte. Unsicher bettete sich eine Hand auf meiner Wange, drückte mich fester gegen den fahrigen Leib. Nicht grob und doch intensiv. So blieb ich liegen, sah die Kraft regelrecht aus meinem Körper fliehen, selbst meine Lider im Stich lassend, worauf sich diese ein letztes Mal senkten... "Bleib bei mir..." Ein warmer Atem drang durch mein Haar, die Hand auf meiner Wange begann sich zu bewegen, glitt zittrig und doch sanft über meine Haut... fester legte er den Arm um mich, hielt den Stoff ebenso sicher und aufmerksam auf meine Wunde gedrückt, deren Pein ich kaum noch spürte. "Ich... habe dir noch viel zu sagen..." Annähernd lautlos erreichte mich dieses Flüstern, ließ es mich in mir aufnehmen, jedoch verbleichen, bevor ich mich mit ihm beschäftigen konnte. Festgehalten, weich gebettet auf seinem Schoß gab ich endlich der dämmrigen Finsternis nach und tauchte in sie ein. Nicht unangenehm war dieses Abdriften, ich verglich es vielmehr mit einer wärmenden Erlösung, die die Schmerzen wehrlos in den Hintergrund drängte, meiner gern habhaft werden konnte. Sterben...? Nein... Auch wenn die Schmerzen tödlich schienen... den Tod mussten sie mir nicht bringen. Aragorn: Vielleicht war es ungünstig der Verletzung wegen, dass ich Legolas in der Haltung ließ, doch vermochte ich es nicht, mich von ihm zu trennen. Jetzt, da er mir so nahe war, das ich ihn festhalten und berühren konnte, war es mir vergönnt, irgendeine Berührung wahrzunehmen... weder Glückseeligkeit noch Frieden würden mich erreichen durch diese Umarmung. Dort war nur Angst, Angst um ihn, dessen Ewigkeit doch wahrlich von Dauer sein sollte... die Unsterblichkeit konnte nicht hier enden, vor allem, wenn die Sterblichkeit nichts dagegen tun konnte. "Legolas..." Sofort hatte ich gespürt, wie die Verkrampfungen seines Körpers nachließen, wie sein schneller, unkontrollierter Atem verschwand. Und wie ein Blitz durchfuhr mich ein Schrecken, von dem ich mich nimmer erholen würde. Meine Hand schob sich von seinem Haar zu seinem Hals hinab, strich hastig einige Strähnen beiseite und tastete vorsichtig nach der Halsschlagader. Schnell fanden die Finger zu ihr und ich konzentrierte mich auf das, was ich erhoffte... und spürte. Der Puls war vorhanden, geschwächt, jedoch nicht verloren oder gar verstummt... lediglich die Bewusstlosigkeit hatte nach ihm gegriffen. Und gut war dies, denn Schmerzen würde er eine Weile nun nicht mehr erdulden müssen, allerdings musste ich nun rasch handeln. Ich blinzelte die letzten Tränen aus meine Augen, blickte auf und versuchte einen Blick hinter mich zu werfen. "Brégo, lagor! Iosí, Brégo!" Mit verbleibender Kraft rief ich das Pferd zu mir, betete, dass es die Schlacht überlebt hatte und meinen Worten folgte, auch wenn sie zitternd und nur herausgepresst über meine Lippen kamen. Doch umso hektischer rief ich es immer wieder und spürte alsbald die Bewegung des Bodens, das Erzittern der Erde. Allerdings waren es nicht nur Hufe, die ich wahrnahm... schwere Schritte und voller Furcht sah ich auf, als die Gestalt aus dem Dickicht hervortrat. Eine rege Erleichterung befiel mich, als sich diese Gestalt als zweiter Mann der Reiter offenbarte. "Herr! Was macht Ihr hier?! Wir haben Euch im Kampf gebraucht!! Viele sind vo..." "Seid still!!" Barsch sprach ich ihm dazwischen, hinderte ihn daran, sein Gejammer fortzusetzen. "Seht Ihr nicht, dass ich einen Verwundeten im Arm halte?!" Eine bodenlose Frechheit war es, dass der Mann dies zu ignorieren schien. "Aber Herr, viele von uns..." Wieder unterbrach ich ihn. "Trauert nachher um der Männer Tod, doch helf mir, ihn hier nach draußen zu tragen!" Kurz zögerte er noch, dann nickte er untertänig und trat um mich herum. "Haltet dies hier." Ich deutete mit einem Kopfnicken auf die Wunde und den Stoff hin. "Lasst nicht locker!" Sobald der Mann dies tat, ließ ich selbst ab von der Verletzung, legte den einen Arm erneut um Legolas' Schulter und griff mit der anderen Hand unter seine Kniekehlen. Ich gab dem Reiter ein Zeichen und im selben Moment standen wir auf und durchschritten nahezu im Gleichschritt, auf welchen ich den etwas erschütterten Mann immer wieder hinwieß, durch das Dickicht und verließen den Wald. Draußen war alles still, weder Vögel noch sonstiges Getier machte auf sich aufmerksam und die weite Ebene glich wahrlich einem Schlachtfeld... aus dem die Menschen zwar gesiegt, aber doch schwere Verluste davongetragen hatten. "Brégo!!" Und ein wildes Wiehern erreichte mich von der Seite, ein Mann brüllte auf und das Pferd riss sich aus dem Halt dieses Menschens und kam sofort zu mir. "Kommt her!" Ein anderer Mann, der ebenso, wie viele Andere gezeichnet von dem Kampf war, trottete von einem Verletzen weg und erreichte mich flugs. "Nehmt ihn mir ab, aber lasst die Wunde nicht locker! Legt ihn auf den Boden, aber vorsichtig!" Verwundert starrte der Mann mich an, doch ich nickte ihm abwartend zu und sogleich wurde er mir abgenommen. Keine Zeit ließ ich verstreichen, als ich das Hemd auszog und es in weitere Fetzen riss, so, wie viele lange Streifen. Man beäugte mich skeptisch bei dieser Tat, doch galt mein Augenmerk einzig auf das Wohlergehen Legolas', welches ich nun zu hüten hatte. Rasch legte ich die Fetzen wie ein Verband um seinen Bauch, konnte so verhindern, dass während des kommenden Rittes etwas freigelegt wurde, was geschützt bleiben musste. Kaum war dies geschehen, stieg ich auf's Pferd, befahl den Männern, mir den Elb behutsam hochzuheben und kurz darauf, hatte ich ihn vor mir sitzen. Sicher hielt ich ihn mit der einen Hand, hatte die Andere sicher um die Zügel gelegt und noch einmal wanderte mein Blick flüchtig über das Feld. "Was ist mit den Hobbits?" Verlangte ich zu wissen und die Männer warfen sich verstohlene Blicke zu. "Wir fanden sie noch nicht, Herr. Weder tot, noch lebendig." "Fünf von euch sollen sie suchen! Bringt sie nach Edoras! Aber macht Ihnen keine Angst und sagt ihnen, wer es wünscht, sie zu sehen." Natürlich waren auch sie noch am Leben... daran hegte ich weder Zweifel noch Bedenken. Ich ließ den Blick sinken, starrte auf das durch Sand und Erde verdreckte blonde Haar und verfestigte noch einmal den Griff. "Die Toten lasst hier!" Damit wandte ich mich ab, kühl und nur bedingt um die Männer trauernd, die meinetwegen gefallen sein könnten und gab Brégo die Sporen. Ich bat ihn schnell und geschwind zu reiten, doch große Sprünge und unnötige Begegnungen über Fels und Stein zu vermeiden und bald tat das treue Pferd eine Geschwindigkeit, bei der die Männer Rohans nicht nachkamen, seien sie noch so sehr 'Pferdeherren' genannt. Umso dankbarer war ich, als wir den schnellen Ritt in nur der Hälfte der Zeit hinter uns brachten und wir das Tor Edoras alsbald erreichten. "Ruft Heiler und Mediziner zusammen, rasch!!" Rief ich den Männern an den Tormauern zu und sogleich rannten sie ihrer Wege. Während ich mitten auf dem großen Platz zwischen Bauernhaus und königlicher Halle zum Halt kam und gehetzt nach den verlangten Menschen Ausschau hielt, ritten die, die mir folgen sollten, an mir vorbei, weiter hinauf zu den Wächtern der Halle... ihre verständnislosen Blicke und das leise Verachten, sowie ihre rege Abneigung, die sich ihnen mir gegenüber auftat, bemerkte ich sofort, doch waren es nicht meine Sorgen. "Herr! Herr!" Junge Frauen und einige junge Männer rannten auf mich zu, ihre Blicke voller Besorgnis auf den Elben gerichtet. "Wir kümmern uns um ihn, Herr!" Ich nickte ihnen stumm und längst wieder ernst und stark entgegen und entließ den blonden Elb aus meinem Halt, ließ ihn von vielen wärmenden und heilenden Händen abnehmen und voller Sehnsucht lag mein Blick auf ihm, als eine dünne Strähne meine Handfläche streifte und dann hinabsank, als er davongetragen wurde. Jetzt blieb mir nichts anderes übrig, als zu hoffen... Untätigkeit und Hoffnung... Tief senkte sich mein Haupt und verschiedenen Gedanken nachhängend, achtete ich nicht einmal auf Gimli, wie er längst auf mich und vor allem auf Legolas aufmerksam geworden war und zu jenem Elb hinrannte und doch voller Besorgnis die Menschen ausfragte. Sie gaben ihm keine Antwort und rasch kehrte der Zwerg zurück zu mir und auch ich blieb stumm... Pflichten würde ich erfüllen, wenn Legolas sterben würde... wahrscheinlich aufmerksamer, als ich es bis jetzt getan hatte. Doch würde alles mit dieser Pflicht enden, da kein anderer Halt mehr vorhanden wäre. Wenn Legolas starb... starb auch ich... so wie vieles beim Anblick seines Antlitz ebenso gestorben war. "Herr Aragorn!" Herrisch holte mich eine tiefe Stimme aus den Gedanken und ich hob den Kopf an, erkannte das zuckende Gesicht König Theodéns und neben ihm, mein zweiter Mann mit düsterer Miene. "Ich will Euren Bericht!" Er wandte sich um, verschwand in seiner riesigen Halle und erwartete, dass ich ihm folgte. Eines Königs Befehl sollte man nicht mit Füßen treten, so sagte man... und so stieg ich vom Pferd, legte die Zügeln abwesend in Gimlis Hände, der immer noch abwartend neben mir gestanden hatte und immer wieder ließ ich den Blick in jene Richtung schweifen, in welche der Elb von den Menschen getragen wurde, ehe die letzte Stufe bestiegen ward und ich die Halle zu betreten hatte... Legolas: Als ich nach einer scheinbaren Unendlichkeit die Augen öffnete, erblickte ich verschwommen und undeutlich den hellen Himmel, der annähernd reglos über mir lag, eine Ruhe ausstrahlte, die mich auch weiter dahindämmern ließ. Und doch nahm ich den Geruch vieler Pferde wahr, hörte ihr aufgeregtes Wiehern, als hätten sie gerade erst eine große Gefahr hinter sich gelassen... Ich blinzelte, fühlte viele feste Griffe an mir, Hände, die mich trugen. Wirre Stimmen umgaben mich allseits. Die kräftiger Männer, auch die einiger Frauen. Allesamt verliefen sie sich beinahe im Lärm klappernder Rüstungen und wilder Hufschläge. Ein Schatten schoss an mir vorüber, nur kurz konnten meine Augen die wehende Mähne eines Hengstes erfassen, bevor sie sich auf einen Alten richteten, der dicht bei mir ging. Gekleidet in ein dunkles Gewand, mit ernster Miene, barsche Befehle an die verteilend, die mich trugen. Allgemach kehrten meine Sinne in die Realität zurück, warteten nicht auf meinen Leib, der noch immer der völligen Benommenheit übergeben blieb. Gedankenlos schaute ich wieder auf den Himmel, nur kurz, denn schon erblickte ich die hochliegende steinerne Decke eines Flures, die ich mir ebenso geistesabwesend betrachtete. Für einen flüchtenden Moment glaubte ich die laute Stimme des Zwergen zu hören, doch schenkte ich dem keine Beachtung, bewegte die Lippen, schluckte schwer und schloss kurz die Augen. "Legt ihn nieder!" Meldete sich der Alte erneut zu Wort und so spürte ich, wie ich sinken gelassen wurde, hinab auf ein gefüttertes Lager, auf dem ich reglos liegen blieb, auch schweigend verfolgte, wie ein Knabe an mir vorbeieilte, zwei Frauen fortliefen, um Tücher und Wasser zu holen, ganz wie der Alte es befehligte. Unter einer unangenehmen Kälte verzog ich das Gesicht, versuchte auch das bekannte und gleichermaßen gefürchtete Stechen mit Nichtbeachtung zu erdrücken. Unauffällig mischte es sich unter mein Frösteln. Benommen bewegte ich die Hand, ertastete das Laken unter mir. "Lasst uns hoffen, dass sein Körper reagiert, wie der des Menschen." Mit halbgeschlossenen Augen sah ich wieder den Alten, der sich über mich beugte, die Hände an mich heranführte. "In der elbischen Heilkunst bin ich nicht erfahren! Geschwind, entkleidet ihn! Zur Verschwendung steht uns keine Zeit offen!" Und sogleich spürte ich, wie man meine Weste aufknüpfte, wie viele Hände sich an mir zu schaffen machten. Ich fand die Fähigkeit, mich zu bewegen, hob etwas den Arm, räkelte mich stockend und legte das Gesicht zur Seite. Mit verspannter Miene starrte ich auf eine steinerne Halle, die weit reichte, bis eine Tür aus grobem dickem Holz aus ihr hinausführte. Eine große Eile herrschte. Ich sah viele, die in ihre Aufgaben vertieft, ihrer Wege liefen, auch welche, die verletzt auf den Lagern saßen. Von ihnen gab es viele, und doch herrschte annähernd stolzes Schweigen. Mit verbissenen Gesichtern ließen sich die Männer behandeln, in einer Ecke weinte ein Knabe, aufgeregt überschlugen sich die Stimmen der Frauen. Ein leichter Ruck erfasste mich, ließ mich zusammenzucken und leise aufzischen. Zwei hatten mich an der Schulter gegriffen und mich auf die Seite gedreht, während der Alte den Stoff von meiner Haut zog, meinen Oberkörper entblößte und mir die bisher noch schlummernden Schmerzen rasch zurückbrachte. "Auf den Bauch! Auf den Bauch!", rief er und weitere Hände griffen nach mir. Sie waren kalt, ebenso arm an Geduld und Sänfte. Nicht so wie die eines anderen... Ohne sich mit etwas anderem zu beschäftigten, machten sich meine eigenen auf die Suche, fanden das Laken und klammerten sich hinein, als ich endlich in der Haltung lag, die dem Heiler recht wahr. "Wo ist das Wasser! Wo sind Tücher! Eilt, was sagte ich denn?!" Die letzte Kleidung wurde von meinem Oberkörper gezerrt und ich sah mich wehrlos gegenüber der gnadenlosen Rückkehr des Leides, welches ich überstanden geglaubt hatte. Überstanden... ja, doch stand ich selbst gerade erst vor dem Beginn. Noch nie zuvor war mir solch ein Schmerz widerfahren. Eisig berührten die rauen Finger des Alten meine Haut, betasteten sie grob und mit einer herzlosen Routine. Hin und hergerissen zwischen der Verdrängung der Schmerzen und leisem Ächzen, lag ich dort, während er die Hand kurz nach einem kleinen Dolch ausstreckte und mit diesem die wenigen Fäden durchschnitt, die noch miteinander verbunden waren. Zuckend und krampfend räkelte ich mich auf den erhitzten Decken. Heiß, durch das starke Fiebern meines Körpers, welches sich scheinbar von einem Augenblick zum anderen aufgebäumt hatte. Nasse Hitze haftete auch auf meinem Gesicht, stumm schrieen meine Augen nach einer erfrischenden Brise, die das Gefühl von mir nahm, innerlich zu verbrennen. Geschwind zog die Hand ein weiteres Stück des robusten Fadens aus meiner Haut. Ein ruhiges Leben war mir zuteil geworden. Der Genuss des Friedens, allseitige Ruhe, kein Grund, sich jeglichen Sorgen auch nur um einen Schritt zu nähern. Was hatte ich für ein Leben geführt! Wie harmonisch war es gewesen und für wie selbstverständlich hatte ich es genommen. Wie selbstverständlich war es doch, nicht von körperlicher Pein gequält zu werden, auch vor Angst und eiskalter Anspannung verschont zu bleiben. War ich mir je darüber bewusst gewesen, welche Entscheidung ich im Rate Bruchtals getroffen hatte? In Bruchtal, in das ich anfänglich nur als Überbringer einer Nachricht meines Vaters gereist war... Ein nasses schweres Tuch drückte sich in die Wunde, begann sie zu säubern, und meine Zähne knirschten, so fest biss ich sie zusammen. An vorderster Front hatte ich mich entschieden zu kämpfen, für das Überleben eines Hobbits einzustehen, welcher von einer solch imensen Bedeutung war. Voller Drang, etwas zu verändern. Voller Mut... Stolz auf die Taten, auf das Vollbrachte, sich danach sehnend, die Seele auch mit weiterem Stolz zu bereichern. Und dann... durch die Klinge eines Feindes... Eine von Einhunderttausend... Durch sie allein wurde das Blatt gewendet. Endlich löste sich das schwere Tuch von mir und als sich gerade die Kraft näherte, tief durchzuatmen, drückte sich ein Finger leicht in das offene Fleisch. Bevor ich mich darauf besinnen konnte, es zu unterdrücken, entrann mir ein gedrungenes Ächzen. "Tief", murrte der Alte und schrie nach seinen Gehilfen. "Nadel und Faden! Rasch, steht nicht da!" Von einem Moment auf den anderen blieb nichts zurück, als der Wille, Gutes zu tun. Doch dem Willen allein fehlte die Kraft, auf Worte Taten folgen zu lassen, wenn der Körper zu schwach, gar verletzt und geschunden war. Durch den Krieg gegen die Übermacht... ... der doch gerade erst seinen Anfang gefunden hatte. Allein diese Tatsache ließ mich verzweifeln. Wollend und doch nicht könnend... War so schnell aus der Tatkraft die Angewiesenheit auf Arznei und Fürsorge geworden? War ich einst der Helfende, nun selbst der Hilfebedürftige? Größer als die Angst vor dem Tod... war diese. Keuchend löste ich das Gesicht von dem Laken, auf das ich es gedrückt hielt, blinzelte zur Seite und erblickte die Werkzeuge. Nur flüchtig besah ich sie mir, rang nach Atem und ließ mich wieder sinken. War das Ausmaß meiner Verletzungen so gewaltig, um mich in diese Hölle hinabzustoßen? Die Schmerzen allein, die mich nahe um den Verstand brachten, mich glauben ließen, vor den Grenzen des Wahnsinns zu stehen, kurz davor, sie zu passieren... Sie allein gaben mir das grauenvolle Gefühl, dem wäre so. Und brächte es mir Erleichterung, das Vertrauen allgemein auf die raschen selbstheilenden Fähigkeiten meines Körpers zu konzentrieren? Auf diese Fähigkeit, um die wir Elben von so manchem Volk beneidet wurden... Würde sich der Neid eines weiteren Grundes bereichern? Die kalten Fingerkuppen eines Arztes setzten sich auf meinen brennenden Rücken, ließen mich deutlich zusammenzucken. "Entspannt Euch", vernahm ich seine raue Stimme und schloss keuchend die Augen. Was trieb das Schicksal nur für einen elenden Scherz mit mir?! Weshalb versuchte es mich an der Aufgabe zu hindern, die ich so entschlossen zu bestehen versuchte?! Weshalb, um alles in der Welt, ließ es mich nicht meine Pflicht erfüllen?! Ich biss die Zähne zusammen, versuchte den peinigenden Schmerz hinunterzuwürgen und klammerte mich zitternd in die Decken. Sorgsam verpflegte man meine Wunden und dennoch quälte mich einjede Berührung. Wie lange müsste ich meine tapferen Gefährten in den Kampf schicken und selbst darniederliegen und unter der Feigheit leiden, die man mir so boshaft aufzwang?! Wie lange könnte ich keine Hilfe darstellen, sondern vielmehr eine Last?! Eine Last... ... und nicht nur für sie! Aragorn: Langsam, nahezu schlendernd, betrat ich die Halle und sofern ich den Blick durch sie schweifen ließ, begegnete ich der zurückhaltenden Wut der Menschen, die mir gefolgt waren... und jene Mitstreiter verloren hatten, um die ich mich nicht scherte. "Herr Aragorn!" Erneut hallte die herrische Stimme des Königs in der Halle wider und unbarmherzig erklang sie. Mir schwante nichts Gutes, doch war ich mir bewusst, wieso dem so war und ich machte mich auf allerlei gefasst. Ich selbst war mir zu jener Zeit... keiner großen Schuld bewusst... "Fast Isengard berittet Ihr mit meinen Männern, die ich Euch anvertraute, um das Land Rohans nach umherstreifenden Orks und anderen Feinden zu durchforsten und jene zur Strecke zu bringen, die meinem Volk zur Gefahr werden könnten! Wie rechtfertigt Ihr Euer eigenmächtiges Handeln?!" Noch einige Schritte ging ich weiter und blieb dann wenige Fuß vor dem Thron stehen, senkte das Haupt. "So liegt Isengard dennoch vor den Grenzen Rohans, vor den Pforten dieses Landes und wenn Ihr den mächtigen Turm als keine Gefahr anseht, so gibt es außer Mordor weit und breit keine." Isengard war nie mein Ziel gewesen, doch schien es für die Männer so zu sein und ich versuchte eher unbewusst meinen Kopf vor der Ungnade des Königs zu bewahren. Nun, vielleicht war ich mir der Schuld doch bewusst, sollte für mich ein einziges Leben nicht mehr von Belangen sein, als die Leben der mir anvertrauten Männer. "Und ob Isengard oder nicht, so fanden wir Feinde und erschlugen sie. Die Pflicht, die Ihr mir auferlegtet, ist erfüllt und mutig fielen die Männer zum Schutze des Volkes." Aber schon vorher hatte mich kein anderes Leben nur annähernd so interessiert, wie das des Elben. "Eines Elben Leib...", so setzte der König fort und erneut befürchtete ich, dass man meine Gedanken eher laß, als ich sie im Kopf ausgesprochen hatte. Mit ernster Mimik hob ich nun den Blick, erwiderte den des Königs furchtlos und wartete gespannt auf den Fortgang der Worte. Obgleich ich mich bemühte, Ruhe zu bewahren, musste ich ein wütendes Zucken vermeiden, ahnte bereits, was nun folgen würde. "Eines Elben Leib...", wiederholte Theodén erneut, "... ist nicht bedeutender, als zehn meiner Männer, Herr Aragorn!" "Ihr habt uns wegen eines Elben im Stich gelassen!" Mischte sich der zweite Mann ein und trat einen Schritt auf mich zu, ebenso wütend, wie ich es nun selbst war. "Ihr...", begann er von neuem und hätte nicht Gandalf seinen Stab erhoben, hätte ich dies mit der Faust getan. "Nun, ich bin sicher, Aragorn versteht, was Ihr meint, König." Sein eindringlicher Blick streifte den meinen, ehe er sich an Theodén wandte. "Legolas jedoch, ist ein Gefährte, mit dem er seit Bruchtal reist. Priorität abzuschätzen, wo Grenzen von Volk und Freundschaft nicht vorhanden sind, war sicher schwer und nicht klar zu treffen. Ist es nicht so, Aragorn?" Und ich wusste, mein alter Freund tat dies, um mich vor einer Strafe zu bewahren, auch wenn mir sein mahnender Blick ein Unbehagen auflastete. Ein kurzes Schweigen herrschte, denn ich war weder fähig zu nicken, noch dem 'Weißen' beizupflichten. "Der Fehler sei Euch vergeben, Herr Aragorn", brach der König diese Stille seufzend und wandte sich Gandalf zu. "Ich will, dass Ihr für ihn bürgt. Und nun beraten wir über den Weg nach Helms Klamm..." Weiter lauschte ich diesen Worten nicht, wandte mich wortlos um und hoffte darauf, dass mein Wissen über die Strecke zu jener Festung nicht von Nöten sein würde. Eiligst verließ ich die Halle, ging nun schnellen Schrittes die Treppen hinab und schlug die Richtung zu jener Halle ein, in die sie Legolas gebracht hatten. "Herr Aragorn!" Eine helle Stimme rief meinen Namen, aus der Königs Halle hinaus und ich blickte kurz auf, sah Éowyn, wie sie mich zurückwinkte. "Euer Wissen ist gefragt, Herr!" Und ich stieß nur einen leisen Fluch aus, ehe ich der Blonden mitteilte, dass ich nun jene Grenzen ersuchte und Prioritäten setzte, bisweilen man auf mein Wissen also verzichten musste. Damit nickte ich ihr trotz allem noch dankbar über den Bescheid zu und machte mich dann flugs zur der Halle auf. Ehe ich noch die Tür erreichte, durchdrang ein gedrungener Schrei ihr breites Holz und ich hörte viele Schritte. Ohne Zögern stieß ich die Tür auf, folgte der Stimme und sah ihn dann dort liegen, der, weswegen ich alle meine Grenzen über Bord warf. Auf dem Bauch lag er, seine Haut freigelegt und die Wunde unter unsanften Berührungen. Doch vermochte ich nichts dagegen tun zu können, ging den Menschen, die handelten, aus dem Wege. Flüchtig beobachtete ich das schmerzerfüllte Gesicht, spürte selbst einen grausamen Schmerz in der Herzgegend, als ich nur dort stehen konnte. "Seid vorsichtiger!" Verärgert stellte ich fest, dass keinerlei Gefühl unter dieser Behandlung herrschte, es wirkte, als sei dies ein einfacher Mensch, der nun zwangsgemäß zu verarzten war und der ältere Mann blickte mich verdutzt an. "Elben sind anders gestrickt, Herr! So ist ihre Haut empfindlicher und reiner als die unsere, geht feinfühliger vor, verflucht!" Vielleicht sah ich dies erneut aus übertriebener Sicht, doch hatte ich das Gefühl, als würden sie einem Menschen eben diese fehlende Feinfühligkeit schenken, die hier zu kurz kam. Wieder erreichte mich ein gepresstes Ächzen, welches ihm wohl hinter den Lippen nicht zu verstecken gelang und ich hockte mich vor Legolas und besah ihn mir, von einer seltsamen Wehleidigkeit befallen. "Mein Freund... halte durch." Leise flüsterte ich ihm dies zu, hob vorsichtig die Hand und behielt meine starke Maske aufrecht, soweit dies vor aller Augen möglich war und vor denen des Elben, dessen Schmerz und Leid unverkennbar in ihnen leuchtete. Sanft ließ ich die Finger über sein Haar, das wirr über seiner Schulter lag, gleiten und legte eine lange Strähne hinter das Ohr, welches ich nur zaghaft berührte. "Bleib standhaft, es wird sicher gleich vorbei sein... der Schmerz wird vergehen." Trotz dieser skurilen Situation versuchte ich ein Lächeln aufzubringen und ihn irgendwie zu ermutigen. Plötzlich wurde ich auf etwas aufmerksam, blickte zur Seite und sah seine Hand, die sich stockend und schwerfällig hob, zu mir zu gelangen versuchte. Schnell kam ihr die meine entgegen und hielt sie fest, während sich die andere ebenso auf diese legte. Ich spürte den unglaublichen Druck dieser Hand, stellte Kräfte fest, die ich nicht mehr bei dem Elben vorhanden glaubte und bemerkte dadurch, dass der Schmerz beiweitem größer zu sein schien, als die Heilung. Dass Besänftigung noch fern war, auch wenn Legolas wohl viele Bemühungen daran legte, dieses Leid für sich zu behalten. "Besitzt Ihr keine Linderung dieser Schmerzen?" Ich richtete mich auf, ließ die Hand jedoch nicht los, übte einen leichten Gegendruck aus und streichelte beruhigend mit den Daumen über seinen Handrücken, während ich den alten Mann abschätzend musterte und auf eine gute Antwort hoffte. "Könntet Ihr ihn nicht betäuben, ihm während der Prozedur die Schmerzen ersparen?" Des Mannes stechender Blick traf auf den meinen und er musterte mich für wenige Sekunden missbilligend, ehe er seiner Arbeit weiter nachging und zu allem Überfluss die kalte Art und Weise beizubehalten pflegte. "Viele hielten es auch ohne Linderung durch", sagte er deutlich, den Blick nun auf einer Nadel und einem rauen Faden belassend und wenn ich daran dachte, wie er bei mir schon gelitten hatte, so konnte ich das nicht zulassen. "Bei Eurem Mitleid für den Leidenden, konnten es unter den 'vielen' nicht viele sein!" Und der alte Mann hielt inne, starrte mich an, als sei ich ein Ork, der kurz davor war, ihn zu zerfleischen. Dann jedoch, wandte er den Blick ab, nickte einem der Helfer zu und dieser verschwand für wenige Augenblicke. Ich sah ihm nach, hockte mich dann wieder hin und streichelte mit jeglicher Fürsorge und wieder völlig warmer Mimik Legolas' Hand und blickte ihn wieder an. "Du bist tapfer, Legolas und sehr widerstandsfähig... nicht eine Sekunde hatte ich an deinem Überleben gezweifelt... keine Sekunde. Und auch dies wirst du überstehen..." Ruhig versuchte ich ihm Worte zuzuflüstern, die ihn einerseits von seinen Schmerzen ablenken, andererseits weiterhin Mut machen sollten und dann folgte ich meinem Gehör und blickte auf, als der Helfer zurückkam und mir ein Tuch in die Hand gab. "Haltet es ihm unter die Nase und sorgt dafür, dass er dies einatmet. Wenige Momente und er schläft tief und fest." Tief holte der Heiler Luft und warf mir nun einen abwartenden Blick zu, den ich nicht lange auf mir sitzen ließ und mich wieder an den Elben wandte. Ich lehnte mich weiter vor, seinem Gesicht nur einer Handbreite fern und ich legte den Kopf etwas schief, als ich noch einmal voller Hingebung seine Hand streichelte. "Atme dies ein und du wirst schlafen. Zum ersten Mal schlafen, Legolas. Vertrau mir, es wird ein ruhiger und schöner Schlaf sein." Langsam hob ich das Tuch, achtete darauf, dass der Blonde es sah und nicht erschreckte, als ich es behutsam über seine Nase und seinen Mund legte. "Ruhe nun, mein lieber Freund. Ich werde über dich wachen..." Legolas: Mit aufgezwungenem Willen bereitete ich mich auf den Schmerz vor, der mir in letzter Zeit gar sehr oft widerfahren, in der Zwischenzeit nicht mehr als Fremdartig zu bezeichnen war. So gern ich dies auch getan hätte... ich war mir bewusst darüber, was mich erwartete. Eine Prozedur, die ich sanfter kennen gelernt hatte, als sie war. Ich zwang mich zu einem tiefen Atemzug, kämpfte damit, die Verspannung aus meinem Körper zu verdrängen. Sie würde all dies nur verschlimmern. Doch ließ sie nicht von mir ab und erneut drifteten meine Augen zu der Nadel, die der Arzt ruppig und schnell in der Hand wendete und daraufhin über die Flamme einer kleinen Kerze hielt. "Säubert die Wunde erneut." Befahl er, als sich die Nadel bereits rotglühend färbte. "Mir bleibt keine Zeit, ihn morgen erneut zu versorgen!" Ich presste die Lippen aufeinander, schloss auch die Augen und versuchte auf diese Art und Weise ein wenig Ruhe zu finden. Erneut wurden die Tücher in das bereits rote Wasser getaucht und ausgewrungen und war es mir doch lieber, all das mit geschlossenen Augen über mich ergehen zu lassen, öffnete ich sie dennoch, als mich eine kühle Brise erreichte. Von draußen musste man sie hier hineingebracht haben... Sie brannte in meinen geröteten Augen, kühlte jedoch mein fieberndes Gesicht und nicht weniger groß wie dieser Genuss, war der Anblick, der sich mir bot. Als hätte er seinen Weg mit Eile hinter sich gelassen, kam er neben mir zum Stehen, begegnete kurz meinem Blick und befasste sich prüfend mit der Situation. Sein Erscheinen allein, brachte meinem Körper eine gewisse Festigkeit, wirkte sich beruhigend nicht nur auf ihn, sondern auch auf meinen Geist aus. Ich war froh, dass er hier war, mir Beistand zu leisten, hier zu sein in dieser schweren Zeit, in der ich mir selbst nicht zu helfen wusste. Wieder begannen die Frauen, die Wunde auszuwaschen. Und dies taten sie intensiv, so wie der Alte es angeordnet hatte. "Seid vorsichtiger!" Hörte ich seine Stimme, als ich mich erneut in das Laken klammerte und den Atem anhielt. "Elben sind anders gestrickt, Herr! So ist ihre Haut empfindlicher und reiner als die unsere, geht feinfühliger vor, verflucht!" Ich verwünschte den Alten für seine raue Art nicht, schenkte ihm vielmehr ein vorsichtiges Vertrauen, dass er genau wüsste, was er tat und so qualvoll diese Behandlung auch werden würde... Erfolg würde sie krönen. So war ich gern dazu bereit, mich jedem erdenklichen Unheil auszuliefern und es zu überstehen. Überstehen... ganz egal, auf welche Art und Weise. Mir entrann ein leises Ächzen, als man den Stoff auf die zerschnittene Haut presste. Ganz egal, auf welche Art und Weise... ob nun kläglich wimmernd oder still und verzweifelt... es würde vorbeigehen. Ich öffnete den Mund, atmete schnell und wirsch, hob meine zitternde Hand und wischte stockend meine Augen, als Schweiß hineingeriet. Und als meine Sicht etwas aufklarte, sah ich Aragorn vor mir knien. Keuchend sah ich ihn an, wieder vergruben sich meine Finger im Laken und meine Haut weinte den rauen Tüchern brennend nach. "Mein Freund... halte durch." Fest, annähernd unerschütterlich erhob sich seine Stimme. Nur selten hatte ich sie anders vernommen, denn stets war sie geprägt von einer weisen Ruhe, von einer Gelassenheit, um die ich ihn in diesem Moment beneidete. Doch lauschte ich seinen Worten, lauschte aufmerksam und fixierte mich mit allen Sinnen fest auf ihn. Und während ich ihn ansah, fragte ich mich, was er wohl in meinen Augen las, von denen ich selbst nicht wusste, was in ihnen geschrieben stand. Meine Miene zuckte unter einem stechenden Schmerz und nur kurz brach ich den Blickkontakt, der mir eine gewisse Stärke verlieh. Und während ich das Gesicht hinabdrückte und mich verdrängend verkrampfte, waren es doch seine Finger, die mich umso sanfter berührten, als sie sich auf meine Wange setzten, zu meinem Ohr strichen und dabei eine Strähne mit sich nahmen. Nur flüchtig und kurz berührte er mich und dennoch drängte sich eine jene Frage stärker und stärker in mir. Nur durch dieses flüchtige Streicheln über meine Haut. Wie konnte sich ein Wanderer, ein Streicher und ein Waldläufer bei all der rauen Natur, die für viele Jahre sein einziger Gefährte gewesen war... Wie konnte er sich dennoch solch eine Sänfte zurückbehalten? "Bleib standhaft, es wird sicher gleich vorbei sein... der Schmerz wird vergehen." Ein Lächeln entfaltete sich auf seinen Lippen. Ein ehrliches Lächeln... so wie alles in seinem Inneren ehrlich war. So sehr es mir mein Zustand erlaubte, wurde ich mir erneut meines Glückes bewusst, ihm begegnet zu sein und ich versuchte das Lächeln zu erwidern, scheiterte jedoch an dem Versuch, da der Schmerz eine zu große Barriere darstellte. Er durchströmte mich anhaltend, bäumte sich auf, verstärkte sich und zog sich zum immerwährenden Zustand zurück, was die einzige Linderung darstellte, in deren Genuss ich kam. Mit großer Anstrengung entriss ich dem Leid einen Teil der Kontrolle, welches es über meinen Körper hatte, löste den klammernden Griff aus den Laken und befreite meine Hand. Stockend und nur sehr langsam schob ich sie zu Aragorn, bat auch weiterhin um seine Unterstützung, meine Angewiesenheit, die jetzt, stärker denn je, zu ihm bestand. Und er kam mir entgegen, handelte rasch, aus dem größten freien Willen, gern dazu bereit, mir Beistand zu leisten, ganz gleich in welcher Form. Es fühlte sich gut an, als er meine Hand mit der Seinen umschloss, sie festhielt, gar die andere ebenso auf ihr bettete. Die Herstellung dieses Druckes war die größte Hilfe, die er mir geben konnte. Ich kämpfte gegen ihn an, presste seine Hand, versuchte all die schwindenden Kräfte auf diesen einen Punkt zu fixieren und fand mich abgelenkt, den Schmerzen jedoch nicht entflohen. "Besitzt Ihr keine Linderung dieser Schmerzen?!" Vernahm ich seine Stimme erneut, nun recht zornig und voller Ungeduld. Doch vertieft in meinen verbitterten Kampf, konnte ich keine Aufmerksamkeit spenden, hörte kaum die Antwort des Arztes und die Aragorn´s, die daraufhin sofort folgte. "Bei Eurem Mitleid für den Leidenden, konnten es unter den 'vielen' nicht viele sein!" Zischte er alsbald, begann entgegen der scheinbaren Wut jedoch meine Hand zu streicheln. Somit verstummte er kurz, wandte sich mir zu und ich sah ihn nur kurz an, fand nicht die Kraft, es länger zu tun. "Du bist tapfer, Legolas und sehr widerstandsfähig... nicht eine Sekunde hatte ich an deinem Überleben gezweifelt... keine Sekunde. Auch dies wirst du überstehen..." Ich hustete leise, abschnürend breitete sich ein Druck in meinem Halse aus und ich lockerte den Griff flüchtig, um ihn daraufhin sogleich wieder zu verstärken. Ich versuchte diese Worte gedanklich zu verarbeiten, blieb bei diesem Versuch jedoch ebenso verloren und hustete wieder. Allmählich verlor der Schmerz seine auffällige Schwere, setzte mit dem Fieber gleich, welches in mir glühte, einen Schwindel in mir ausbrechen ließ, wenn ich die Augen öffnete. Aragorn löste eine seiner Hände von mir, schenkte mir mit der einen einen festen Gegendruck und begann sich zu regen. Er zog meine Hand etwas mit sich... zischend tauchte sich die glühende Nadel in kaltes Wasser, bevor der Faden durch ihr Öhr glitt und straff gezogen wurde. Doch bevor ich mit Verbitterung der weiteren Qual entgegenblicken konnte, hörte ich wieder seine Stimme. "Atme dies ein und du wirst schlafen. Zum ersten Mal schlafen, Legolas. Vertrau mir, es wird ein ruhiger und schöner Schlaf sein." Flimmernd hob ich die Lider ein Stück, erblickte ein kleines Tuch, welches er in der Hand hielt, etwas entfernt von meinem Gesicht, sein Vorhaben einfühlsam ankündigend. Vertrauen...? Ich versuchte die Augen auf ihn zu richten, ihn anzsuchauen, befürchtete aber, an ihm vorbeizudriften. Ihm vertrauen... ja. In diesem Moment täte ich nichts lieber... denn das Vertrauen in ihn war stets von keinerlei Enttäuschung geprägt gewesen. Langsam beugte er sich zu mir, erneut versuchte ich ihn zu erfassen, sah doch auch dieses Unternehmen zum Scheitern verurteilt und fühlte den weichen Stoff auf meiner Nase, ebenso meinem Mund, den er vorsichtig und intensiv abdeckte. Ein vorerst stechender Geruch ging von ihm aus, wandelte sich jedoch bald ins Süße und Angenehme. Fortan atmete ich weiter, nahm ihn in mir auf und fühlte rasch, wie meine Lider schwer wurden. "Ruhe nun, mein lieber Freund. Ich werde über dich wachen..." Entspannend geleiteten mich seine Worte in den Zustand, den die Menschen als "Schlaf" bezeichneten, der nach Aragorns Versprechen ruhig und schön war. Schnell näherte ich mich ihm, mich ebenso schnell von der Realität entfernend. Und bevor Grübeleien darüber auferstehen konnten, erstarben sie in mir, ganz gleich der Schmerzen und der Geräusche, die mich allseits umgeben hatten... Aragorn: Ich schickte einen Elb zum ersten Mal in den Schlaf und vielleicht war dies eine schwerwiegende Entscheidung für ihn, denn nie zuvor haben sich Elben des Schlafes bedient. Ich fragte mich, ob ich ihm damit wehtat, ihm irgendwas von seiner elbischen Art nehmen würde, während ich ihm das Tuch über Nase und Lippen gelegt und ihn still angeschaut hatte, abwartend, dass er die Lider schloss und in wenigen Augenblicken einschlafen würde. Umso größer war die Verwunderung, als es nur Sekunden dauerte und ich beinahe schon annahm, dass die Wirkung des Mittels zu stark war und kaum, dass ich Legolas im tiefem Schlafe wusste, schaute ich den Mann an, der dieses Mittel verordnet hatte. "Sorgt Euch nicht. Wie ihr bereits sagtet, ist der Körper eines solchen Wesens wahrhaft empfindlicher und reagiert natürlich viel rascher auf diese Wirkung. Er schläft tief, wie Ihr es wolltet." Meine Sorge legte sich etwas, doch nahm ich mir an, diesen Mann im Auge zu behalten, um ihn für jegliche Nachwirkungen verantwortlich machen zu können. Und dieser Pflicht würde ich gewiss nachkommen. Jedoch musste ich dem nun erst einmal Glauben schenken, sah wieder zu dem Blonden, der nun ruhig und reglos dalag und den Schmerzen fernblieb. Seine Hand lag immer noch in der Meinen und ich hielt sie ebenso fest, wie zuvor, als er meinen Gegendruck mit aller Kraft erwidert hatte, streichelte über die warme, zarte Haut und hätte ihr zu gern mit einem Kuss gedankt, dass sie ihre Wärme behielt. Jegliche Kälte in ihr... der Kälte eines Toten inne habend, hätte ich nicht verkraftet. So verblieb ich... viele Minuten und der Heiler schickte mich nicht fort, vielleicht aus Furcht, dass sich meine Stimme erneut erhob oder dass ich vielleicht das Schwert erheben könnte und so behielt ich den Blick diese Zeit auf das makellose Gesicht gerichtet, das keinen Schmerz widerspiegelte... "Herr Aragorn?" Langsam wandte ich mich um und erspähte einen Mann hinter der geöffneten Tür. "Ich habe Euch gesucht. Die Halblinge sind gefunden und unversehrt hergebracht worden." Die Schwere meines Herzens nahm etwas ab, war endlich eine Sorge weniger vorhanden und ich nickte dem Mann zu und stand auf, streckte die müden Beine und blickte dann noch einmal zu dem Heiler. "Verzeiht meine von Verzweiflung geprägten Worte." Ich ließ den Blick sinken, während ich diese Entschuldigung aussprach, sah die zierliche Hand in der meinen an, ehe ich sie vorsichtig auf das Laken bettete und wehmütig das schlafende Gesicht begutachtete. "Die Angst, jemanden zu verlieren, der einem teuer ist, lässt Gleichgültigkeit anderen Dingen gegenüber entstehen." Erwiderte der Mann nur und ich blickte auf, etwas überrascht und gleichzeitig nicht, denn viele Menschen werden heute gespürt haben, dass alle meine Sinne nur auf einen Punkt fixiert waren. "Ich nehme es Euch nicht übel." Ob er die Wahrheit sprach oder nicht, konnte ich nicht ausmachen, denn, obgleich er trotz seiner Erscheinung wesentlich jünger war als ich, wirkte er weiser und beseelter, als der erste Augenblick zu zeigen vermochte und machte nun für mich einen Eindruck einer gespaltenen Persönlichkeit. Ich dachte mir, als ich mich kurz verbeugte und mich umwandte, dass er mir in der Hinsicht ähnlich war, da ich, kaum, dass ich die Halle verlassen hatte, gleichsam ausgeglichen mit mir selbst vor den Hobbits erscheinen wollte und weder Angst noch Schwäche zeigte. Neugierig blickten sich Merry und Pippin um, als sie im selben Augenblick, als ich auf sie aufmerksam geworden war, von den Pferden geholt wurden und ihr breites Lächeln und leises Lachen zeigte mir, dass es ihnen wirklich gut ging. Schnell schritt ich die Stufen hinunter, lächelte selbst erfreut und froh sie zu sehen. "Halblinge sind wirklich zäh!" Rief ich ihnen zu und sie drehten sich zu mir, lachten nun herzhaft und kamen auf mich zugerannt. Geschwind ließ ich mich auf die Knie fallen, streckte die Arme von mir und ließ mich stürmisch umarmen. Es war herrlich... wahrlich, und diese Freude lenkte mich von einem Gedanken ab, den ich tagelang mit mir trug. Ich entließ sie wieder aus der Umarmung, ließ Merry erzählen, erfuhr, was ihnen in der Zeit unserer Trennung widerfahren war und hörte dann Pippin zu, wie er voller Begeisterung von der Rettung berichtete. Ich sah ihre Gesichter voller Dankbarkeit strahlen, als Legolas in höchsten Tönen gelobt wurde, einjede Bewegung seiner nachgeahmt und fröhlich bejubelt wurde und ich spürte den erfüllenden Stolz und natürlich den Respekt, den ich vor dem Elben hatte. Sich wahrhaftig allein einer solchen Meute zu stellen, sein eigenes Leben noch selbstloser zu riskieren, als ich es wohl selbst könnte, verdrängte die Sorge um Legolas' Zierlichkeit, denn ein Krieger war er für wahr. Einer der mutigsten und stärksten, die ich je sah und umso mehr machte ich mir bewusst, dass diese Verletzung niemals seinen Tod gefördert hätte. "Wo ist er?" Fragte Pippin ausgelassen und als ich sie daraufhin einige Sekunden lang stumm anblickte, wurden sie mit einem Male ruhiger. "E-er ist doch in Ordnung, nicht wahr Aragorn?" Mein Lächeln wurde breiter und ich nickte ihnen zu, es mir selbst einverleibend, dass diese Minuten, die ich nun hier mit den Hobbits verbrachte, die letzten sein würden, die der Blonde unter der Nadel ertragen musste. "Ja, das ist er." "Wir wollen ihn sehen! Wo ist er?" Sie machten sich geradewegs schon zu einem Spurt bereit, doch hob ich die Hand, um ihnen Einhalt zu gebieten. "Er schläft. Lange Zeit waren wir ruhelos und nun muss er seine Kräfte wieder sammeln." Ungläubig blickten sie mich an und ich wusste, wieso, lachte nur und stand auf. "Macht euch keine Gedanken, Freunde. Ihm geht es gut, doch müssen wir ihm erst einmal diese Stille gönnen. Morgen könnt ihr ihm sicher danken." So hoffte ich, dass er morgen wieder erwachen würde, damit er wusste, wohin es uns nun verschlagen würde. Plötzlich hörte ich ein tiefes Lachen, die brummende, doch heitere Stimme des Zwergen hinter mir und die Hobbits wandten sich ab, grinsten Gimli entgegen und rannten auch ihm in die Arme. Ich lauschte ihren Worten nicht, doch wusste ich, dass sie auch ihm von der wagemutigen Rettung berichteten. "Herr Aragorn!" Ich drehte mich um und blickte zur Halle des Königs, an deren steinernen Platte der zweite Mann stand. "Man verlangt nach Euch!" Während ich dem Mann zunickte, der wohl augenscheinlich eben solchen Argwohn meinen Namen zu rufen, empfand, wie ich, da ich gerufen wurde, sah ich wieder zu den Hobbits, die jedoch lieber jede Ecke des großen Hofes erkundeten. Gimli hatte ihnen ebenso nachgeschaut, ehe er mir einen Blick zuwarf. Ich hatte nicht vergessen, mit welcher Nachlässigkeit ich ihn behandelt hatte und ging auf ihn zu, bevor er sich zu mir aufmachen konnte. "Verzeih, dass ich dich zurückgelassen habe. Verzeih, dass ich dich im Ungewissen ließ und bitte vergib mir meine Engstirnigkeit." Auch vor ihm verbeugte ich mich tief, denn es tat mir Leid, jetzt, wo ich langsam wieder dem Beachten schenken konnte, was ich außer Acht gelassen hatte. "Mein lieber Aragorn...", brummte mir der Zwerg grimmig zu und ich fürchtete, dass meine Bitte keine Wirkung hatte, ich nun sein Vertrauen und seine Freundschaft verloren hatte. " ...du wirst uns Zwergen immer ähnlicher mit dieser Borniertheit." Ich sah etwas verdutzt auf und unter dem braunen, struppigen Bart erkannte ich ein merkwürdiges Grinsen, welches mir auch noch durch die kleinen Lachfalten verdeutlicht wurde. Langsam richtete ich mich auf, hob die Augenbrauen und erwiderte das Grinsen nur mit einem unsicherem Lächeln. Es folgte ein dumpfer, schwerer Schlag gegen meine Schulter und dann lachte der Zwerg auf, während ich zurücktaumelte. "Lass dir das nicht zur Gewohnheit werden, sonst halte ich dich noch für meinen Neffen Balin!" Ich verzog die Miene, erst nachdenklich, dann wahrhaft verwirrt und so erzählte mir Gimli etwas, womit ich nicht gerechnet hätte. "Ich habe deine Sorge um den Elb genau so geteilt. Ja, richtig! Aber ich bin ein Zwerg und weiß nicht, wie Ihr Eurer Sorge freien Lauf lasst. Deswegen sei dir verziehn, auch wenn mir die Eigenart der Menschen etwas zu angespannt erscheint. Ich habe nie daran geglaubt, dass dem vorlauten Elbenherr etwas geschehen ist." Skeptisch ließ ich nun eine Braue sinken und begutachtete ihn eindringlich. "Na schön, na schön! Einen Augenblick schon!" Diese Worte zwangen mir schon beinahe erneut ein Lächeln auf und ich nickte Gimli einfach zu, als ich mich dann abwenden wollte. "A-aber!" Schnell rannte der Zwerg wieder vor mich und sah mich eindringlich an. "Er ist in Ordnung, ja?" Erneut nickte ich... und die Freude wuchs, da sich Gimli wahrhaftig solche Sorgen um jenen machte, dem er zu Beginn voller Abneigung entgegengetreten war. "Gut, gut..." Murmelte er daraufhin und ließ ab von mir, ging vor sich hingrummelnd weg, zu den Hobbits zurück, die ihre Neugier noch immer nicht gebremst hatten. Ich schüttelte den Kopf, setzte mich ebenso wieder in Bewegung und ging zu der einen Halle, die mich wohl nun viele Stunden in Anspruch nehmen würde. Hastig überwand ich die Treppe, atmete noch einmal tief ein und durchschritt die Tür, die abwartenden Blicke des Königs und all denen, die die folgende Reise regelten, auf mir sitzend. "Lange haben wir auf Euch gewartet, Herr Aragorn." Meine Freude schwand und ich kämpfte nun damit, mir mein Unbehagen über diese Mitteilung nicht ansehen zu lassen. "Wie wahr." Erwiderte ich ruhig, trat zu einem langen Tisch, auf dem die Karte Mittelerdes ausgebreitet war, das Augenmerk auf Rohan gerichtet. "Und völlig unnütz, da ich nicht mehr berichten kann, als jene, die Orks getötet und den Sieg errungen haben." "Uruk-Hai." Warf Gandalf korrigierend ein und ich nickte ihm seufzend zu, obgleich es mir einerlei war, wie diese Kreaturen hießen. "Doch ist Eure Beobachtung ausgeprägter, als die meiner Männer. Auf was müssen wir uns gefasst machen?" Der König tippte mit dem Zeigefinger auf die Stadt Edoras und fuhr den Weg nach Helms Klamm nach. Nachdenklich wackelte ich mit dem Kopf, behielt den Blick auf die Karte und rieb mir flüchtig das Kinn. "Isengard wird angreifen." Ließ ich verlauten und viele Blicke trafen erneut auf mich, nur Gandalf pflichtete mir mit einem Nicken zu. "Es werden viele sein." Sprach ich weiter und endlich hatte ich wieder das Gefühl, mich um das sorgen zu können, weswegen ich die Reise überhaupt angetreten hatte. "Ganz Isengard wird marschieren... zur Aufrüstung wird es noch mindestens einen Tag dauern, doch erreicht mich das ungute Gefühl, dass uns sehr bald schon, ein großer Kampf bevorsteht." Und so führten wir das Gespräch fort und ohne Gedanken woanders hinwandern zu lassen, wurde ich aktiv, schlussfolgerte ohne Zögern, konzentrierte mich auf die Gefahr aus dem Nordosten und sorgte mich um die Sicherheit der Menschen. Viele Stunden zogen an uns vorbei und ich spürte die Müdigkeit nicht, bemerkte nicht einmal, wie schnell die Nacht hereingebrochen war... wie viele Sterne den Himmel schon zierten. Umso erleichterter trat ich dann nach all der langen Zeit aus der Halle, betrachtete den Mond, der in seiner vollen Pracht die Stadt erleuchtete und hockte mich auf jene steinerne Ebene, auf der ich den gesamten Hof im Blickfeld hatte und alles, was sich hinter den Mauern abspielen konnte. Nun doch etwas träge zog ich die Pfeife hervor, atmete die frische Luft ein, während ich diese stopfte und wollte mich dann erheben, um Feuer an den Fackeln zu erhalten, doch hatte sich eine Gestalt diesen schon genähert und ein dünnes Holzstück hineingelegt, welches sie vorsichtig wieder hinauszog. Schon vorher war mir der dezente Duft aufgefallen, doch hatte ich erwartet, dass er nur vorübergehend gewesen wäre. "Wieso schlaft Ihr noch nicht, Éowyn?" Ein annähernd schüchternes Lächeln zeigte sich auf ihren dünnen Lippen und sie ließ den Kopf für einen Augenblick sinken, ehe sie das Holzstück hob und den Tabak entzündete. "Ich sah, wie Ihr hinaustratet." Sie setzte sich zu mir, einen kleinen Abstand zu mir belassend und erneut mit starrem Blick über die Mauern hinwegsehend. "Welche Frage lastet Euch auf dem Herzen?" Es irritierte mich ein wenig, dass sie nun bei mir saß, es nicht vorzog, sich vor dem etwas rauen Wind zu schützen und sich zur Ruhe zu legen. Wieder streifte ein Lächeln über ihre Lippen und sie blickte mich an, während ich nun wieder der Nachdenklichkeit verfiel, da so schnell keine Antwort folgte und ich ertappte mich dabei, einen flüchtigen Blick auf die andere Halle zu werfen. "Euer Gefährte...", begann sie und ich sah sie an, nun selbst leicht lächelnd, da ich mich auch von ihrer Wahrnehmung ertappt fühlte. "... er wurde in eine Ruhehalle verlegt." Sie hob die Hand und richtete den Zeigefinger auf ein großes Gebäude, wenige Meter von der einen Halle entfernt. "Dort liegt er in Abgeschiedenheit der anderen Verletzten. Ich habe nie einen wie ihn gesehen und Eure Sorge um ihn ließ mich annehmen, dass er von Wichtigkeit ist. So ließ ich ihn dort hinbringen." Lange sah ich sie an, nahm die Pfeife aus dem Mund und senkte tief das Haupt, als Dank für diese Voraussicht. "Diese Kette..." Sie hob die Hand, langsam und berührte nur flüchtig den Anhänger; den Abendstern Arwen's und nach langer Zeit schenkte ich ihm wieder Aufmerksamkeit und besah ihn mir. "... wo ist die Frau, die Euch diese schenkte?" Mit einem Male verblieb ich still und eine schmerzhafte Erinnerung kehrte zurück. Jener Moment, an dem Arwen mir diesen Anhänger schenkte, das Licht, das ihr Leben widerspiegelte und welche Schuld ich gespürt hatte, als ich sie danach geküsst hatte. Ich fühlte mich wieder so zerrüttet wie zuvor. "Sie segelt davon, in die unendlichen Landen, mit allen, die von ihrem Volke übrig geblieben sind." Mehr wollte ich nicht sagen und mir wurde die Pfeife zuwider, ehe ich überhaupt an ihr gezogen hatte. Seufzend drehte ich sie um und klopfte den Tabak heraus. "Ein Geschenk aus Liebe, doch habe ich die Ihre nicht gerecht erwidert." Ich winkelte ein Bein an, stemmte mich an diesem hoch und stellte mich hin, erneut den Blick auf jenes Gebäude. "Die Ewigkeit zu lieben, ist ein verzweifeltes Ding, das ich schnell aufgegeben habe." Abwesend ließ ich die Hand sinken, spürte Éowyns und verhalf ihr auf die Beine. "... die Ewigkeit zu lieben ist ein grausames Schicksal, dass einen langsam verzehrt..." Die letzten Worte flüsterte ich nur und dann blinzelte ich, mich selbst fragend, wieso ich diese ausgesprochen hatte und ich wandte mich an die junge Maid, die mich voller Sorge und Mitleid anblickte. Dumm war ich, dass ich ihr dies erzählte und ich machte mir den Vorwurf, ihr Herz erschwert zu haben. "Unkontrolliert sind heute meine Worte, vergebt mir, Herrin." Ich hob ihre Hand, die ich noch immer hielt, begutachtete sie und fasste erneut Wort, ehe sie es tun konnte. "Vergesst, was ich sagte und geht schlafen." Langsam ließ ich sie los, drehte mich um und ging zu der Treppe, die mich zu dem einen Gebäude führen würde. "Geht schlafen, Éowyn." Wiederholte ich und blickte auf zu ihr und sie voller Unentschlossenheit zu mir herab. "Und bitte belastet Euch nicht mit den Sorgen Anderer, denn ein von Sorge geprägtes Gesicht, macht den Menschen dieses Landes keine Hoffnung." Ich erkannte eine leise Verwunderung und vielleicht eine gewisse Klarheit in ihren Augen, doch befasste ich mich nicht mehr damit, da ich nun schnellen Schrittes den Hof überquerte und gezielt vor jener Halle stehen blieb. Ich spürte, wie schnell mein Herz schlug, jetzt, da es dunkel war und ich wusste, hinter dieser Tür wurde nur er allein sein. Zögerlich griff ich nach dem hölzernen Knauf, drückte die Tür langsam auf und trat ein. Rasch jedoch, schloss ich sie wieder hinter mir, denn der Gedanke daran, dass mich Jemand, der Aufmerksamkeit auf mir beruhen ließ und leise Skepsis offenbarte, sehen würde, ließ mich erschaudern.Ich wollte nun Zeit für mich haben... mich wieder der Qual hingeben. Leise durchschritt ich den langen Gang, die Säulen an meinen Seiten, die das Gebäude hielten und öffnete eine weitere Tür. Dahinter erschien mir ein großer Raum, nur in den Schein weniger Kerzen gehüllt, die an den Seiten eines großen Bettes auf kleinen Sockeln standen und von dem kleinen Windhauch, den ich mit mir brachte, erzitterten. Auch diese Tür schloss ich und mein Blick verfiel unbeirrt der Schwermut. Sobald ich diesen Raum betreten hatte, fühlte ich mich verloren und schwarz, wie ein Schatten hinter dem Schein der kleinen Flammen und des hellen Antlitzes, der sich mir offenbarte. Ruhig lag der blonde Elb in dem Bett, auf weichen Kissen war sein Kopf gebettet, geschlossen die Lider, still und wohl behütet sein Körper unter einer wärmenden Decke, die seinen Oberkörper preisgab. Ummantelt war dieser von einem feinen Stoff, hell und klar, wie die Haut über dem er lag und in dem kargen Licht zu leuchten schien. Mein Herz verkrampfte sich spürbar, mein Atem schien beinahe zu stocken, nur um dem des Elben zu lauschen, völlig entspannt und friedlich, von Schmerzen und anderen Sorgen verschont. "Wieso...", fragte ich leise und dennoch schien meine Stimme wiederzuhallen an den steinernen Wänden und dieses Wort nachdrücklicher zurückzuschicken, als sei dies ein Vorwurf an mich selbst. Keinen Fuß weit entfernt von dem Bett, blieb ich stehen, zog die Brauen zusammen, die Zähne fest aufeinander beißend, um jeden schmerzhaften Aufschrei zu unterdrücken. Meine Hand hob sich, ohne dass ich einen Befehl an sie richtete und wollte über die Wange des Schlafenden streicheln, wie ein Verlangen, ihn unbedingt berühren zu müssen und sofort zog ich sie weg, ehe dies geschehen konnte. Ich drehte mich zur Seite, senkte den Blick. "Wieso...?" Mit zitternder Stimme stellte ich die Frage erneut und sah ihn wieder an. Den, der zu keiner Antwort fähig sein konnte... was wohl ein Grund war, dass ich sie an ihn richtete. "Wieso quälst du mich...?" Hörbar schnappte ich nach Luft, schloss verkrampft die Augen und plötzlich schien alles um mich vergessen... die Pflichten, die Menschen, Mittelerde. "Siehst du es nicht...?" Ich fühlte, wie mein Körper bebte und ich fürchtete, dass meine Beine nachgaben, versuchte sie durch unwirsche Schritte zu festigen. "Es zerfrisst mich... dieses Verlangen, wie eine Sucht, die ich nicht zu bezwingen vermag." Nun rasender schritt ich um das Bett, nur um dort wieder an dem Kopfende zu verharren und gar weinerlich zu ihm hinabzublicken. "Siehst du es nicht?" Eine unendliche Trostlosigkeit ergriff mich und ich stützte die Hände an der Bettkante ab und beugte mich über ihn, vorwurfsvoll... wütend. "Begreifst du es nicht?!" Ich würgte ein schweres Schlucken hinunter, spürte nahezu einen Kloß in meinem Hals, der mir das Atmen erschwerte und ich gehetzt nach Luft rang. "Du bringst mich um!" Erneut spürte ich die Schwäche in meinen Beinen und ich setzte mich neben ihn, der nicht wusste, was geschah, der nicht bemerkte, dass ich hier war. "Ich sterbe..." Ja, es war ein Wimmern und ich verstand selbst nicht, was in mir vorging, wieso ich dies tat. Ein Gefühl, was nicht in Worte zu fassen war und meinen Horizont übertraf. Und ich hinderte mich selbst nicht daran, nachdem ich mich vieler Atemzüge und der Hoffnungslosigkeit hingegeben hatte, dass ich die Hand erneut nach ihm ausstreckte. Meine Füße erreichten nicht mehr den Boden, soweit beugte ich mich über ihn, stützte mich mit der anderen Hand neben seiner Hüfte ab und berührte zaghaft mit der anderen seine Stirn, glitt mit den Fingern zu seiner Wange hinab. Er regte sich nicht, war wahrhaftig in einen tiefen Schlaf gesunken... "Le melin..." Es war ein seltsames Gefühl... ,Ich liebe dich', sagte ich ihm... "Le melin... Legolas..." ...und ich sagte es noch oft, mehrere Male und doch... keine Regung. Es war nicht erfüllend, selbst als ich seinem Gesicht näher kam und seinen warmen Atem auf meinem Gesicht spürte. Die Hand wanderte weiter und ich beobachtete sie, als wäre es nicht meine... wie die Finger behutsam über sein Ohr wanderten, das Ohrläppchen beinahe schüchtern berührten und dann zaghaft zu seinem Kinn glitten. Ich erinnerte mich daran, wie ich es schon einmal getan hatte und Legolas mich mit einem verwunderten Blick gestraft hatte. Jetzt würde er es nicht tun und ich führte die Bewegung fort, gelangte zu seinem Hals, zu dem Kehlkopf, zärtlich hinabstreichelnd und nahm die warme Haut unter meinen kalten Finger auf. So schön... so warm, dass es mein Verlangen nur noch schürte, wie eine Flamme, die man mit Öl zu löschen versuchte. Es schien mir, als würde jegliche Vernunft aus meinem Kopf verschwinden, als würde sie vertrieben durch Gier... und aufkeimende Lust. Zu spät hatte ich gemerkt, wie sich mein Atem beschleunigte, wie ich mir bereits die trockenen Lippen leckte und den Blick nicht mehr von ihm nehmen konnte. Er schlief... so friedlich... Meinem Körper entfiel das Zögerliche, ließ bestimmt zu, wie sich die Finger zu seinem Schlüsselbein aufmachten und dann gestoppt wurden durch Schlaufen, die das Gewand hielten, um seinen Körper zu bedecken. Ich sah wieder auf und nichts hatte sich verändert... und ich gab der Dunkelheit die Schuld dafür. Die Finsternis, die mich dieser Sinnlichkeit auslieferte oder sie mir auslieferte... und mir jegliche Beherrschung nahm. "Sinn..." Hauchte ich und mir entrann bei jenem Wort ein Keuchen, obgleich ich mich nicht davon abbringen ließ, mich mit der Hand neben seiner Hüfte abstützte, um mich weiter über ihn zu beugen. Eine Furcht ergriff mich, nur nicht mahnend genug, um mich abzuhalten, seinen Atem auf den Lippen zu spüren, nur flüchtig nachdem sie über die Seinen gekommen waren. "Wo ist der Sinn...?" Ich schloss die Augen, beließ die Lippen leicht geöffnet und legte den Kopf etwas zur Seite. Ich berührte dabei leicht seine Nase und öffnete die Augen sogleich wieder. Doch er regte sich nicht... Furchtsam und mit einem Herzen, das aus der Brust zu springen vermochte, streifte ich seine Lippen, nur leicht, kaum merklich mit den eigenen und mir stieg der süße Duft seiner Haut in die Nase, betörend, wie ein Yohimbin. Erst entfernte ich mich wieder von ihnen, besorgt und doch nicht befriedigt... keine Zeit ließ ich mir und berührte seine Lippen erneut, zärtlich, als wären sie so kostbar wie Glas. Doch hielt ich mich nicht zurück, übte ein wenig Druck aus und beraubte den hellen Lippen des Elben ihrer Unschuld, fing sie ein mit den Meinen und küsste sie ohne Rücksicht. So weich... diese unberührten Lippen, die nur mir gehören sollten und eine rege Gänsehaut über meinen Körper jagten, der ich nicht mehr Einhalt gebieten konnte. Es war schon Begierde, als ich es fortführte, mit der Zunge zärtlich über die Oberlippe glitt und sie mit meinen Lippen gefangen nahm... Und nicht nur sie verlockten meine Lippen zu handeln, lud die schöne, reine Haut doch geradezu zum Wandern ein und ich verfing mich in einem Netz voller Sünde, als meine Lippen der Einladung folgten und die Wange enlangstrichen. Ich begann mich nun mit der anderen Hand zu stützen, da jene, die neben der Hüfte des Schlafenden ruhte, nun an jener Hüfte Platz genommen hatte, drängend und zitternd den Oberschenkel hinabwanderte und einen Druck ausübte, als würde sie verlangen, dass der schlafende Körper sich bewegte und zu dem Meinen rückte. Zitternd sog ich den feinen Geruch ein, stieß den Atem stockend aus und küsste sein Ohr, ehe ich den Kopf weiter zur Seite neigte und nach den hellen Strähnen schnappte, die mir die Haut des Halses verweigern wollten. Ich hörte seinen Atem nicht mehr, den des Elben, vernahm nur widerhallend mein eigenes Keuchen, als ich die Hand hinaufwandern ließ und mit Begehr über den Stoff fuhr, der seinen Oberkörper bedeckte. Ich spürte die feste Haut unter ihm, fragte mich, wie sie sich anfühlen würde und geriet in eine nahe Ekstase, als ich den Versuch zuwandte, es mir nur vorstellen zu wollen. Ein schwerer Hauch kämpfte sich über meine Lippen, als meine Finger die Schlaufen ersuchten, die Bänder, die in ihnen lagen und mir den Weg versperrten. So süß... Süß schmeckte die reine Haut, unbefleckt und unberührt, so war sie und ich wollte und konnte nicht aufhalten, was von statten ging. Schnell fand ich die störenden Bänder, war es mir doch ein Leichtes, sie ohne eines Blickes zu würdigen, zu öffnen, mir ohne Rücksicht zu erlauben, das zierliche Schlüsselbein freizulegen. Wie ein Blitz durchfuhr mich ein Zucken, erfasste meinen Körper und raubte mir erneut den Atem, als ich die Brust freilegte und nun wieder von Ehrfurcht gepackt, nicht wagte, mich über sie hinwegzubewegen. Nur schwach hatte ich den Körper im Gedächtnis... den flachen Bauch und die makellose Brust. Furchtsam wanderte die Hand wieder hinauf, den Hals entlang, den Kopf des Schlafenden ein wenig zur Seite drängend, während meine Lippen hinabwanderten, eine feuchte Spur hinterließen und die Schulter erreichten, die nun freigelegt und berührbar war. Ruhelos glitten die Finger über den Hals, voller Hingebung... und dann... hielt ich inne. Wie ein Tier kam ich mir vor, aufgeschreckt durch ein einfaches Geräusch, gewarnt von den Sinnen, deren Wachsamkeit ich dankbar sein sollte. Ein leises Knarren der Tür war zu hören und ich glaubte diese nicht richtig zugemacht zu haben. Zu Beginn hatte ich mich nicht davon stören, hatte der Versuchung weiter nachgehen wollen, denn es schien ein Traum zu sein, intensiver und heimtückischer denn je. Doch dann horchte ich erneut auf... ließ ab von dem berückenden Hals und sah auf. Schritte... leise, behände... nicht die eines Zwergs oder Halblings... nicht die eines ahnungslosen Menschen. Ich richtete mich auf, nun fluchtartig, ahnend, wer da durch den langen Gang schritt, zielstrebig hierher... Und ich handelte rasch und bedächtig. Die Tür öffnete sich und als ich aufblickte, sah ich den langen weißen Stoff des Weißbärtigen und sein Blick haftete auf mir, wie auf jemandem, den er auf frischer Tat ertappt hatte. Doch als er auf Legolas blickte, der schlief, ruhig und unberührt, so hatte ich es wieder aussehen lassen, wusste ich seinen Blick nicht zu deuten und hoffte darauf, dass er an sich selbst zweifelte. Das weite Hemd des Elben war wieder zugeschnürt, die Decke weitestgehend zurechtgerückt und ich selbst saß gerecht in einem weiteren Abstand. "Folge mir." Ich sah dem Zauberer nicht ins Gesicht, ließ den Blick abschweifen und erhob mich, langsam und nahezu in einer Art Trance, denn es schien so unwirklich, was soeben geschehen war. Lange hielt ich den Blick noch auf dem Schlafenden, trat langsam hinaus und schwieg, als ich Gandalf durch den Gang aus der Halle folgte. Ein kalter Windzug erfasste mein Gesicht und ich spürte erst jetzt, wie sehr es glühte... wie sehr mein Körper noch brannte und sich nach dem des Elben sehnte. "Ich werde nicht fragen, was du hier machst, Aragorn." Mahnend war der Ton, in dem er mir dies sagte und ich versuchte die Haltung zu bewahren und mich nicht als den Verbrecher zu fühlen, der ich war. "Doch gebe ich dir den Rat, dein Schicksal nicht herauszufordern. Denn dann, das sei gewiss, wird dir ein Fehltritt das Genick brechen." Legolas: Besinnlich und langsam stieg ich auf aus der umhüllenden Wärme, die nicht nur mein Inneres wohlig erfüllte, sondern auch meine Haut verwöhnte, auf der sie beruhigend verweilte. Mit größtem Wohlgefallen genoss ich diese behütete Lage und erweckte mein Bewusstsein nicht drängend, gern fügsam dem angenehmen Schatten, der mir diesen Genuss offenbarte. Sein geruhsames Entweichen konnte meinethalben von ausgiebiger Dauer sein. Noch nie zuvor war meine geistige Absenz so intensiv, meine Wahrnehmung so gehemmt gewesen. Geräusche vernehmend, jedoch nicht reagierend, jeglicher Bewegung unfähig, schutz- und wehrlos in der misstrauischen Betrachtungsweise. Doch sah ich meine anfänglichen Zweifel und die leise Skepsis nur als unwissende Vorurteile an, denn, wenn auch gefahrbringend, war dieser Schlaf so wunderbar und gönnerhaft, dass sich Körper und Seele an ihm laben konnten. Während sich mein Leib noch dem sanften Schlummer hingab, rief ein tiefer Atemzug meine Empfindung wach. Belebend nahm ich die reine Luft in mir auf, meine Lunge ergötzte sich an ihr, tat ihren Dienst so willkürlich und stark, wie ich es lange nicht mehr erfahren hatte. Ich spürte etwas auf meinem Gesicht, das morgendlicher Frische recht ähnlich war, gedämpfte Stimmen ertönten scheinbar aus weiter Entfernung. Sie erhoben sich temperamentvoll, jedoch in keiner Hast. Ebenso das Wiehern vieler Pferde, friedlicher als ihre Laute, die ich zuletzt vernommen hatte. Wieder schöpfte ich Atem, probte die Stärke meiner Augen und hob die Lider, als ich sie eindrucksvoll spürte. Mit einer längst verloren geglaubten Schärfe, die mich in Erstaunen versetzte, erblickte ich meine Umwelt. Anfänglich erneut verwundert, dann jedoch rasch zu Ruhe findend, blickte ich mich um in dem geräumigen Zimmer. Die Wände waren dick und rau, gebaut aus grob behandeltem Gestein, abschirmend gegen jegliches Geräusch, bis auf eine kleine arkadenförmige Öffnung, die dem frischen Wind Einlass gewährte. Noch immer etwas befangen betrachtete ich mir die Sonnenstrahlen, die so gleichermaßen einen Weg zu mir in die Kammer fanden, fasziniert um ihre Seltenheit und Intensität bewundert wurden. Lange hatte die Sonne nicht mehr geschienen... So erstrahlte sie am heutigen Tage in einer außergewöhnlichen Schönheit, deren Anblick die Schwere von meinem Herzen nahm. Bequem wandte ich das Gesicht um, blickte hinüber zu einer hölzernen Tür. Viele Schritte zogen an ihr vorbei, ohne dass diese Laute eine Beeinträchtigung der heilenden Ruhe darstellten, die den Kranken von größerer Hilfe sein musste, als etwaige Arznei. Nicht lange beschaute ich sie mir, gewährte den Erinnerungen die Rückkehr, fasste sie mit Beruhigung auf und behandelte sie sorgfältig. Mein Blick suchte erneut nach dem Fenster, streifte weiter hinaus, bis ich in weiter Entfernung einen Vogel erspähte, der gar so majestätisch durch die Lüfte glitt, mit gespreizten Flügeln, als würde er über die Steppen wachen. Obgleich es vielmehr Fetzen aus Bildern, Worten und Handlungen waren, wusste ich mich doch recht gut zu entsinnen, war mir des Geschehens bewusst und begann mich zu bewegen, als meine Aufmerksamkeit kontrolliert auf die Wunde gelenkt wurde. Sie, die mich jeglicher Kontrolle beraubt, in eine Lage gedrängt hatte, in der ich mich nur unwillig befinden wollte. Doch... Selbst trotz der äußerst reellen Schmerzen... es erschien mir wie ein Traum, den ich durch perfide Hand erlitten hatte. So ließ es mich die völlige Kontrolle glauben, mit der ich die Finger spreizte, die Hände bewegte, zu Fäusten ballte und sie letztendlich unter der wärmenden Decke hervor zog. Zu rasch war sie zu mir zurückgekehrt, zu arm an Folgen war dieses Erlebnis, als dass ich mich vor erneuter Verwunderung hätte schützen können. Irritiert verzog ich das Gesicht, betrachtete mir meine Hände, die durch kein Zittern erschüttert, durch keinen Schmutz verdunkelt, sondern unerklärlich ruhig und kontrollierbar waren. So senkte ich sie bald, ertastete mit ihnen ein Hemd aus dickem Leinen, welches meinen Oberkörper kleidete. Wie anders war es doch, zu schlafen... Annähernd wie Zauberei erschien mir diese Wirkung, wie Magie. Hatte ich doch am vorherigen Tage noch geglaubt, in den Wahnsinn hinabzudriften, mich dem Tod wehrlos ausgeliefert zu sehen, war es nun so, als hätten diese Gefühle nur aus Einbildung bestanden, als hätte es ihnen deutlich an Realität gemangelt. Sorgsam stützte ich mich ab und setzte mich auf, nur langsam und beherrscht, obgleich mir keine Schmerzen Anlass dazu boten. So als hätte ich ihn nie als schweres Keuchen hervorgewürgt, fiel mein Atem ruhig und behäbig, brachte Entspannung, die mein Körper auf wundersame Art und Weise empfand. Nur ein leiser Druck, der meinen Bauch umschloss, bewies, dass ich keiner Täuschung unterlegen war. Ein fester Verband war es, den ich durch das Hemd fühlte, der meine Verletzung schützte. Auch meinen Rücken betastete ich, jene Stelle, vor deren Berührung ich solch abgrundtiefe Furcht verspürt hatte. Erneut war sie genäht worden, fest und sicher, einen deutlichen Erfolg versprechend. Doch wollte ich mich nicht länger mit der eigenen Musterung beschäftigen. So zog ich die Decke von mir, bettete die Hand stützend auf meiner Seite und schob mich aus dem Bett. Das leichte und durchaus bekannte Spannen meiner Haut mahnte mich der Vorsichtig, ebenso dem Geiz an Bewegungen, doch fand ich Halt auf meinen Beinen, als ich mich erhob, besaß Gleichgewicht und die Stärke in den Knien, die ich benötigte. Eine weite Leinenhose bedeckte auch meine Beine und so trat ich in zurückhaltenden Schritten zum Fenster, streifte mein Haar mit dem Handrücken hinter meine Schulter und überblickte die weite Ebene Rohans, die sich majestätisch vor mir auftat, hell im freigiebigem Licht der Sonne erstrahlte. Wärmend legten sich ihre Strahlen auch auf meine Brust, durchfluteten mich mit Wohlbehagen und gaben mir die Kraft zu einem Lächeln. In diese Betrachtung vertieft, hob ich beide Hände. Langsam legte ich die eine gegen das Gestein, um mir sicheren Halt zu gewähren, während ich die andere abwesend nach dem Hemd tasten ließ, den oberen Knopf fühlte, der nur leicht in der Schlaufe lag, mit Eile und Hast eingedreht worden sein musste. Dies kam mir gelegen, um mich zu beschäftigten, sie mit Genauigkeit und Geduld in die Schlaufe zu legen und zu festigen, während sich meine Augen auch weiterhin an dem atemberaubenden Anblick labten. Weit in der Ferne, den Horizont bildend, erhoben sich die spitzen Berge des weißen Gebirges, bildeten eine düstre Grenze unter dem leuchtenden Himmel. Weit, als besäße sie die Endlosigkeit, lag die grüne Steppe vor mir. Nur selten bildete graues Gestein einen auffälligen Kontrast. Nun deutlicher vermochte ich die Stimmen zu vernehmen, die von unten zu mir drangen, mich auf einen weniger auffallenden Akzent aufmerksam machten, der dennoch nicht sonderlich versteckt in ihnen lag. Doch nicht sie verrieten mir den Ort, an dem man mir eine herzliche Hilfe gewesen war. Nein, meines Aufenthaltsortes war ich mir längst bewusst. So kehrte ich dem Fenster alsbald den Rücken, dem genussvollen Anblick entsagend, jedoch mit einem Vorhaben, welches weitaus drängender in mir lebte. Auf einem Schemel bereitgelegt, fand ich einen dünnen langen Mantel aus robustem dunkelblauen Stoff und ich streifte ihn mir über, bevor ich den Raum verließ. Neugierde beherrschte all meine Gedanken, Fragen, deren Antworten ich noch nicht kannte, auf die ich jedoch zu stoßen hoffte. Aufmerksam blickte ich mich um, nahm meine Gegend wahr, betrachtete mir den kurzen steinernen Gang und nahm mir die Zeit, all dies auf mich einwirken zu lassen. Ruhelos schweiften meine Augen von einer Richtung zur anderen, als ich vorsichtig weiterging, zur großen eisenbeschlagenen Tür, an der der Gang sein Ende fand. Stolze Banner kleideten die kargen Wände, in einer schattigen Nische brannten Kerzen und ein junger Gehilfe flüchtete in Hast an mir vorbei, als ich meinem Ziel schon sehr nahe war. Mit größter Aufmerksamkeit schenkte ich meinem Körper Schonung, drehte mich nicht um, ihm nachzublicken und mich so einer unnötigen Gefahr auszusetzen, erneuten Schaden zu nehmen. Stattdessen tastete ich mich über das grobe Holz, drückte leicht dagegen und schon ließ sich die Tür widerstandslos öffnen. Ein raue Brise erfasste mich, als ich mit einem Schritt ins Freie trat und die Größe Edoras' vor mir sah. Auf steinernem Boden stand ich noch vor dem Gebäude, welches der Burg nicht fern war, vor einem Hof mit Gestüten lag, auf dem wahrlich viele Menschen ihrer Wege gingen. Mich vor dem rauen Klima Rohans schützend, zog ich den Mantel enger um mich. Ich erblickte starke wackere Männer mit ernsthaften Gesichtern und stolzem Gang, Krieger, treue Gefolgsleute des Königs. Auch Frauen sah ich, die Körbe trugen, aufrichtigen Arbeiten nachgingen und Kinder, so vergnügt und frei durch ihr unschuldiges Unwissen. All dies musterte ich flüchtig, jedoch intensiv, bevor ich zum Himmel aufblickte, die Augen mit der Hand beschattete und dennoch unter dem Licht blinzelte. Erneut flatterte mein Mantel unter einer kraftvollen Brise auf, warf mir auch eine Strähne in die Stirn, nach der ich sogleich tastete. "Ist er das...?" Ich hielt inne in meinen Bewegungen, hatte ein Flüstern vernommen. Nur ein Flüstern unter den mächtigen Stimmen der Kämpfer und doch verlangte mir dieses eine besondere Aufmerksamkeit ab. "Meinst du?", nahm ich eine ebenso unsichere Antwort wahr, streifte das Haar zurück und blickte mich um. "Natürlich ist er das", bestätigte eine energische Stimme, die das gedämpfte Flüstern unerwartet mit einem lauten Lachen übertönte. "Legolas!" "Er ist es wirklich!" "Sagte ich doch!" Mit einem Mal erschienen zwei Hobbits vor der Ecke eines Gestüts, nicht weit entfernt, sprangen sie in die Luft und winkten mit den Armen. Lachend, sich einer Freude bedienend, die man nicht vermutete in solchen Zeiten. Doch wurde sie auch mir zuteil. Mehr als Beruhigung brachte es mit sich, sie so heiter, so unbekümmert und lebendig zu sehen, das Wissen, den Einsatz des eigenen Lebens nicht als sinnlos ansehen zu müssen. Nein, er war nicht sinnlos gewesen... In schnellen Schritten kamen sie zu mir gelaufen und ich hielt den Mantel mit einer Hand geschlossen, die andere hebend. "Grüßt euch", empfing ich sie voller Freude, die sie dennoch besser auszudrücken vermochten, als ich. In ihrer Aufregung dennoch Rücksicht nehmend, beließen sie es dabei, nach meiner Hand zu greifen und sie innig zu schütteln. "Welch eine Freude!" Pippin lachte laut auf. Welch eine Fähigkeit besaßen die Hobbits doch, ihre Gefühle so deutlich nach außen dringen zu lassen, wie wenige Barrieren hatten sie doch in sich... ich schmunzelte. "Du seist verletzt, sagte man uns. Wir machten uns Sorgen!" Merry drängelte sich gegen seinen Gefährten, er keuchte, starrte mich an, als wolle er sich keine meiner Reaktionen entgehen lassen, meinen Zustand genau studieren. "Dazu besteht kein Grund", antwortete ich und noch immer hielten sie meine Hand, blickten zu mir auf und lauschten meinen Worten wie Kinder, denen man eine spannende Sage erzählte. "Seht, ich stehe vor euch, bin von nichts geplagt und zufrieden. Auch meine Verletzungen werden rasch heilen." Sie antworteten mir vorerst nur mit einem stummen Nicken, verinnerlichten meine Worte, doch, so glaubte ich, wirkten sie weniger beruhigend auf ihre von Sorge beschwerten Gemüter. Sie senkten die Blicke, sahen betrübt aus und ließen meine Hand los. Merry war es, der das Wort ergriff, auch seine unangenehmen Gefühle aussprach. "Verzeih uns, dass wir dich einer solchen Gefahr auslieferten", hörte ich ihn leise sagen. "Wären wir aufmerksamer gewesen, hätten wir am Ufer des Anduin deinen Befehl mit mehr Ernsthaftigkeit aufgefasst, so wäre all dies nicht passiert. Aus Sorge um Frodo hörten wir nicht auf dich, die Aufregung riss uns mit sich und durch unsere eigene Torheit..." "Nein." Ich schüttelte sanft den Kopf, beabsichtigte, sie von ihrem Schwermut zu befreien, sie von Schuldgefühlen fernzuhalten, auf dass sie ihre Freude auch weiterhin leben konnten. Zu selten würde diese sein. "Ich selbst lieferte mich aus, aus größtem freien Willen", sprach ich ruhig zu ihnen. "Und zu verzeihen gibt es nichts, Herr Merriadoc. Richtet euer Augenmerk auf den erfolgreichen Ausgang der Befreiung und genießt das Aufhalten unter Wesen, die nicht von jeglicher Gnade verlassen wurden, Stolz und Aufrichtigkeit besitzen." Es erleichterte mich, ihr Lächeln zurückkehren zu sehen. Nur zaghaft und dankbar für meine Worte, nickten sie diesmal zustimmend. Auch ihre Erleichterung war sichtbar, ihre befreiten Gesten, ihre Augen, in denen sich keine Angst mehr verbarg. Ich raffte den Mantel höher, legte die Hand auf ihre beiden Köpfe und verinnerlichte ihnen meine Worte lächelnd. Ruhig und unbeschwert war diese Atmosphäre, bis ein lauter grollender Schrei sie zerriss. Laut erschraken auch die Hobbits und drehten sich um, während ich den Zwerg auch um seine Fähigkeit bewunderte, die Aufmerksamkeit aller auf sich zu ziehen, obgleich er nur die eines einzigen auf sich zu lenken gedachte. In schweren Schritten, hindurch durch die Reihen der Starrenden und Erschrockenen, die Axt auf der Schulter, mit einer Miene, die weniger Sorge ausdrückte als Zorn. "Närrischer Elb!", schrie er während der letzten Schritte. "Bist du von all deinen spitzohrigen holden Geistern verlassen, mir solch eine Angst einzujagen oder treibst du nur dein böses Spiel?!" Hätte ich es nicht besser gewusst, so hätte ich ihn für wütend gehalten. Doch war es nur seine Art Besorgnis zu äußern, wenn auch weniger schmeichelhaft und offensichtlich. Und meine Einschätzung erwies sich als korrekt, denn sobald er mich erreichte, schlug er mir so arg gegen den Arm, dass ich kurz mit dem Gleichgewicht kämpfte und die Miene verzog. Rasch kamen mir die Hobbits zu Hilfe, stützten und bewahrten mich vor dem Sturz, den auch meine zurückgekehrte Kraft nicht hätte verhindern können. "Sind deine Augenbrauen so kraus, seinen Zustand nicht zu sehen?!", mahnte ihn Pippin. "Er ist verletzt und benötigt Ruhe! So sagte es auch Aragorn!" "Der gerne mit seiner Fürsorge zu übertreiben pflegt!", erwiderte Gimli unbeeindruckt. "Seht, er steht doch noch aufrecht! Weshalb seid ihr wütend? Hinzukommend ist er doch trotz seiner zerbrechlichen Rasse ein wackeres Kerlchen!" Ich senkte den Kopf, schüttelte ihn langsam, die Hoffnungslosigkeit deutlich vor mir sehend. Ja, die Kräfte des Zwergen hingegen waren unermesslich, ganz gleich seiner Sturheit, die ich ihm in diesem Fall nicht übel nahm. Viel mehr interessierte mich etwas anderes. "Wie erging es euch, Gimli?", erkundigte ich mich also und zog den Mantel wieder zurecht. "Erzähl mir von euch. Das Erscheinen der Reiter Edoras' war rettend, jedoch umso verblüffender. Lasst uns spazieren gehen, ruhen tat ich genug." So gingen wir los. Der Zwerg in seinen dumpfen Schritten neben mir, heiter und frohgemut auch die Hobbits. Sogleich erhob sich die impulsive Stimme des kleinen Mannes und erneut richteten sich viele Augen auf mich. Doch nicht nur erschrockene sah ich unter ihnen. Nein, Kämpfer waren es, in deren Augen ich etwas spürte. In ihren Augen... die sich nicht etwa auf den Zwergen, sondern zielstrebig auf mich richteten. Mit Verwunderung fühlte ich ihre Blicke, fühlte auch Argwohn, der jegliche Mühe scheute, sich zu verbergen. Trotz Interesse blieb ich den Erzählungen des Zwergen des öfteren fern, erwiderte jene Blicke, suchte nach Antworten, sinnierte, suchte auch nach Gründen, weshalb sie mir augenscheinlich zürnten. Hatte ich einen Fehler begangen in der Zeit der Abwesenheit durch die Schmerzen und das Leid? Hatte ich falsch gehandelt? Was, fragte ich mich, untermauerte ihr Benehmen? Wir schritten den Hof hinab, nahmen einen bequemen Bogen und kehrten so alsbald zurück. Murrend passte sich der Zwerg meinem genügsamen und langsamen Schritten an, während die Hobbits ihren Vorteil in ihnen sahen. "... so ritt er allein mit den Männern Theodens", verkündete Gimli laut und ich schaute zu ihm. "Er war wir ein Besessener, gar Furcht einflößend und unerreichbar für sinnvollen Rat. Erst, als er von der Schlacht zurückkehrte, erkannte ich ihn wieder." "Aragorn." Ich blickte mich um, erinnerte mich, ihn bisher nicht gesehen zu haben. "Wo ist er?" "Ach!" Gimli gestikulierte verwerfend mit der Hand. "Stets in Eile, stets in Hast, kaum zu erwischen, um wenige Worte zu wechseln. Er steht Theoden bei, hält Rat, ist wie ein Verrückter unterwegs. Rechne nicht damit, dass er sich Zeit nimmt für ein Gespräch, denn die übrig bleibende Zeit benötigt er schon zum Atmen und außerdem..." "Gandalf!" Erhob sich neben mir die heitere Stimme Merrys und dieses eine Wort war dazu befähigt, mich restlos mit Irritation zu erfüllen. Mein erster Blick richtete sich perplex auf den Halbling, folgte dann jedoch dessen eifrigem Winken und ich drehte mich um. Ich hob den Kopf, spürte einen kurzen Stich in meiner Brust, musste die Augen weiten, um mich zu vergewissern, dass das, was ich sah, nicht der Realität entsagte. In weißem Gewand, mit weißem Haar und ebenso weißem Bart, gleich eines gleißenden Sternes kam er auf mich zu, stieß mich in den Glauben zurück, erneut einen Traum zu durchleben. Sein Erscheinen, welches ich geglaubt hatte, meinen Augen nie wieder zu gönnen, kam zu plötzlich, zu erschütternd, dass ich mich nicht bewegen konnte. Tot hatte ich ihn geglaubt... wir alle. In den Schatten gestürzt und nun zurückgekehrt, heller denn je. Mit einer Macht, die gleißend an ihm strahlte, mich erschaudern ließ, je mehr er sich mir näherte. Und dennoch gelang es mir, mich aufzurichten und stockend Haltung anzunehmen, wobei mein Gesicht noch immer im selben Ausdruck verharren musste. Doch dieses verschmitzte Grinsen, welches mir so bekannt war, brachte mich meinem Glauben an die Realität näher und ich schluckte, als er vor mir zum Stehen kam. Der Ausdruck in seinen Augen war an seiner Einzigartigkeit nicht zu übertreffen. Still und doch ausdrücklich musterte er mich, sah mich an und ich senkte den Kopf, beugte auch meinen Oberkörper hinab, so weit ich es schmerzlos konnte. "Du bist von den Toten zurückgekehrt", hauchte ich ungläubig, als ich zu ihm blickte und mich aufrichtete. "Wie gelang es dir, ihren Klauen zu entfliehen? Du trittst auf, als hätten sie mehr für dich übrig, als für jeden anderen. Als hätten sie dir neue Kraft verliehen...?" Er lachte kurz und stellte den weißen Stab neben sich ab. Auch ihn sah ich an, bevor ich ein tiefgründiges Schmunzeln auf seinen Lippen erkannte. "Viele scheinen von den Toten zurückzukehren", antwortete er mir bezugnehmend. "Und diese Erfahrungen verleihen einem jedem Stärke." Ich verzog die Augenbrauen, wollte mich mit dieser knappen Erklärung nicht zufrieden geben, weitere Fragen stellen, sein Hiersein begreifen. Aber er hob die Hand, hielt mich ab von meinen Worten. "Verzeiht mir, doch Taten sind gerade von größerer Wichtigkeit, als die Erklärungen der vergangenen Taten. Vorsorgen müssen mir, vielen Aufgaben muss ich mich zuwenden." Er ließ den Blick über die anderen schweifen, bedachte sie mit einem kurzen Moment der Aufmerksamkeit und wandte sich letztendlich wieder an mich. Ruhig bettete er die Hand auf meiner Schulter, verdrängte die Hast meiner Fragen mit einem beschwichtigenden Lächeln. "Ich bin erleichtert, dich wohlauf zu sehen, Legolas. Auf niemanden können wir verzichten, erst recht auf keinen der treuen Gefährten. Lass dich nicht beirren, alles hat seine Richtigkeit. Suche Ruhe und schöpfe neue Kräfte. Bald werden wir uns wiedersehen." Somit nickte er uns zu, wartete auf keine Antwort und ging. Stumm und unsicher hatte ich das Nicken erwidert, drehte mich um, blickte ihm nach und steckte fest in der Verwirrung, die meine drei Kameraden bereits hinter sich zu haben schienen. Rasch entzog er sich meinem Blickfeld und so wandte ich mich wieder nach vorn, hadernd und grübelnd, sinnierend und nach einem Grund suchend, woran ich jedoch scheiterte, denn ich erspähte jemanden, mit dem ich unbedingt sprechen wollte, in nicht weiter Entfernung. Die Hobbits vertieften sich in ein Gespräch mit dem Zwerg und nach einer unauffälligen Handgeste ging ich los. "Aragorn!" Kräftig erhob sich meine Stimme, rief seinen Namen laut genug, dass er auf mich aufmerksam wurde. Mit der Eile, wie Gimli sie beschrieben hatte, war er aus einem Gebäude getreten, ebenso schnell auf dem Weg zu einem anderen. Doch er blieb stehen und ich war erleichtert, dass er sich die wenige Zeit, die ihm offen stand, für mich nahm. Doch ebenso wichtig war der Grund, weshalb ich ihn ersuchte. Zügig, jedoch nicht hastend, näherte ich mich ihm. Wieder bäumte sich mein Mantel auf und wieder zog ich ihn enger, bevor ich die wenigen Stufen zu seiner steinernen Anhöhe hinaufstieg. So kam ich vor ihm zum Stehen, war nicht darauf aus, ihn lange aufzuhalten und sprach aus diesem Grund sofort. "Aragorn, liebster Freund." Sein Anblick tat nicht nur gut, wenn man den Schmerzen erlag, selbst, als ich nun vor ihm stand, fühlte ich die Freude, ihn zu sehen. "Gimli berichtete mir bereits von deiner Eile und so möchte ich dich nicht lange in Anspruch neh..." Als mein Blick sich direkt auf sein Gesicht richtete, stockte meine Stimme. Der letzte Ton kam über meine Lippen, bevor ich verstummte und ihn ebenso schweigend ansah. Etwas lag in seinen Zügen, das mich meiner Sicherheit beraubte. Etwas Unbekanntes, etwas, das sich nicht definieren ließ. Er teilte mein Schweigen und so suchte ich nach Worten, versuchte mich zu fassen und rieb mir beiläufig den Hals. Ich wollte mich nicht daran gewöhnen, ihn müde und blass zu sehen, wollte mich nicht mit der Tatsache anfreunden, dass er sich um andere mehr kümmerte, als um sich selbst. Selbst wenn ich der Hilfebedürftige war. Jedenfalls stand er wieder so vor mir, ausgelaugt und die Erschöpfung stand in sein Gesicht geschrieben, deutlich zu lesen und auffällig genug, um mich zögern zu lassen. Kurz entfloh ich seinem Blick, der den größten Teil der Schuld an meiner Verunsicherung darstellte, sah kurz zu Boden und richtete mich unter einem tiefen Atemzug auf. "Verzeih mir", entschuldigte ich mich für die weitere Verzögerung und suchte festen Halt, um ihm wieder ins Gesicht schauen zu können. "Selbst wenn Worte vielleicht nicht genügen, um es auszudrücken, so bleibt mir doch nichts anderes." Erneut räusperte ich mich, für mich selbst unverständlich, da es den Anschein machte, als wolle ich erneut Zeit schinden. "Ich stünde nicht hier, wenn es dich nicht gäbe, nicht deine helfende Hand, die du jedem reichst, nicht dein selbstloses Handeln. Und so sehr es auch selbstverständlich für dich ist... für mich ist es das nicht. Ich bin mir bewusst, dass du anderes hättest tun können, als mir beizustehen, für mich zu sorgen. Anderes, gar Wichtigeres." Erneut hob ich die Hand, rieb instinktiv die gleiche Stelle. "Doch ich würde dasselbe für dich tun, würdest du je in einer solch misslichen Lage stecken, was ich doch eher bezweifeln und nicht hoffen möchte. Nicht aus Schuldgefühlen, Aragorn... allein aus Selbstverständlichkeit und Dankbarkeit, so wie ich auch dem Schicksal danke, dass es mich auf dich stoßen ließ. Niemand hätte mir eine größere Hilfe sein können." Meine eigenen Worte erinnerten mich an meine Gefühle und so war ich zu einem sanften Lächeln imstande. "Mehr Menschen müssten so sein, wie du", hauchte ich und ich senkte den Kopf. Flüchtig legte ich die Fingerkuppen an meine Lippen, hob die Hand zu einer schweifenden Geste und blickte langsam auf. "Aragorn... hannad le." Kapitel 7: *~odog~*. -------------------- Aragorn Die Worte meines einstigen Freundes trafen mich direkt und auch wenn es ihm wieder einmal gelang, seine Worte in einer Diskretion zu verschleiern, die für fremde Ohren unverständlich war, so wusste ich genau, wie ein Fehltritt aussah. Ich hatte den Blick nicht von ihm genommen und blieb beinahe schon stur, als ich damit den Seinen erwiderte. Was sollte ich schon tun? Es war frevelhaft gewesen, gewiss... doch schien es mir momentan nicht falsch. Es war noch zu irreal, als dass ich begriff, was ich vor wenigen Augenblicken unter meinen Händen und in meinem gesamten Körper gespürt hatte. Ich wusste nur, dass ich es nicht aus bloßer Gier getan hatte... er konnte keinen Zweifel gegen meine Ehrlichkeit hegen. Und ob dies nun der Fall war oder nicht, so hatte er sich mit einem rätselhaften Nicken abgewandt und war zu den Toren hinab geschritten. Ich fühlte noch das Erzittern des Bodens, als das Tor aufgeschoben wurde, lange nachdem ich die Schwelle zu meinem Schlafgemach übertreten hatte und mich zu meinen anderen Gefährten legte, die bereits tief schliefen. Als ich dort so lag, als sei dies nun der wahre Hergang meines Verlassen des Rates bei König Theodén gewesen, hob ich die Hand zur Decke und sah den schlafenden Leib des Elben vor meinem geistigen Auge. Ich streckte die Hand und wusste, dass er mir nun unerreichbar war, egal, wie lange er noch schlafen würde. Unter wachsamen Augen würde ich schreiten und dann, wenn ich es zu weit mit meiner Sehnsucht trieb, würde ein jedes Vertrauen in mich schwinden und ich würde als Waldläufer erneut der Gemeinsamkeit entsagen, um allein die Wälder zu durchstreifen und unter freiem Himmel zu nächtigen... Keinem würde ich dann noch Schaden zufügen können, nur mir selbst, wenn mich Träume jagten und ich besessen, gleich eines hungernden Tieres, meine Seele verlor. Ich liebte ihn so... so sehr, dass jede Strafe mir gerecht war, um seine Lippen noch einmal spüren zu dürfen. Die Zeit verstrich und ich konnte nicht schlafen, sehr lange lag ich mit offenen Augen da, starre Blicke der Wand zusendend und dann aus den Augenwinkel den Sonnenaufgang beobachtend. Vielleicht, ich entsann mich nicht mehr, gelang es mir, wenn auch nur für wenige Stunden, dass ich der Wirklichkeit entsagen und meinem Kopf etwas Ruhe gönnen konnte, doch wusste ich wirklich nicht, ob ich nun gewacht oder geschlafen hatte, als ich mich von der Decke erhob und mir den Nacken rieb. Die Hobbits hatten in einem Bett geschlafen und schnarchten immer noch liebevoll den Träumen hinterher, war es ihn aber nicht möglich, des Zwergen Töne zu überstimmen und ich zwinkerte die Müdigkeit davon, als ich aus dem Raum schritt und nur wenige auf den Beinen ersah. Es waren wohl Krieger gewesen, die die Nacht überdauert und gewacht hatten und so tat ich Gutes daran, ihnen vorläufig aus dem Wege zu gehen, denn ihre enttäuschten Blicke hafteten immer noch an mir, ebenso ihre leise Verachtung. Doch stören ließ ich mich nicht davon, sah es vielmehr als Vorsehung zu dem Schicksalsschlag, der mir von Gandalf prophezeit worden war. Die Sonne stand noch nicht sehr hoch, als ich den weiten Hof überquerte, langsamen Schrittes und zu einem steinernen Brunnen trat. Während ich das Seil fasste und mit wenig Kraftaufwand begann, den Eimer, gefüllt mit klarem Wasser, aus dem Fluss Schneeborn zu ziehen, sah ich erneut zum Himmel auf und weit weg, glaubte ich düstere Wolken zu sehen, die sich Isengard näherten. Es würde noch dauern, bis diese unnatürliche Überdeckung der Sonne auf uns treffen würde, doch musste ich feststellen, dass für Ruhe und Frieden wohl keine lange Zeit bleiben würden. Rasch benetzte ich mein Gesicht mit dem kalten erfrischenden Wasser und strich mir einige Strähnen aus dem Blickfeld, ehe ich erneut meine Augen auf eine bestimmte Tür richtete... die, hinter der Legolas schlief und mich befiel sogleich der Wunsch, erneut zu ihm zu gehen. Zu meinen Glück oder Unglück, wie man es wohl drehen und wenden wollte, sah ich mich weiter um und hielt inne, als sich mein Augenmerk völlig unwillkürlich auf die steinerne Ebene vor der Halle des Königs richtete und ich dort Gandalf stehen sah. Wie ich es doch bereits erahnt hatte, wachten seine Augen noch intensiver über mich, als die des Raubvogels über seine Beute. Stetige Beobachtung und mir graute es davor, wenn ich nie mehr eine Gelegenheit finden sollte, in der ich unbemerkt blieb. Lautlos seufzte ich, als ich mir mit dem Ärmel über das Gesicht fuhr und dann wieder hinaufstieg. Sicher konnte ich mich nicht mehr der Verantwortung entziehen, aber ich fand mich wohl oder übel damit ab und nahm sie an. Ohne es lang und geläufig zu erläutern, war auch der König auf den Beinen, entschlossen und wacher denn je und erneut verwickelte man mich in eine rege Diskussion über den Fortgang dieses Tages, über die Pässe, die wir nach Helms Klamm zu durchschreiten hatten und welche Gefahren uns dort auflauern könnten. Alsbald sorgten wir uns auch über die wenigen Kämpfer, die uns zur Verfügung standen und es wunderte mich, dass man mir den Verlust ihrer zehn nicht mehr auf die Schultern sprach. Oft hatte ich zu Gandalf geblickt, immer wenn er Wort gefasst und weise gesprochen hatte und ich glaubte, dass er mich nun keines Blickes mehr würdigte, so lange ich mir dieses Blickes bewusst sein konnte. "Eomér und seine Männer sind Euch treu ergeben, Theodén. Sie würden für Rohan kämpfen." "Eomér ist inzwischen über dreihundert Meilen entfernt, dürfte die Westmark lange schon hinter sich gelassen haben. Auf ihn kann ich meine Hoffnung nicht legen." Ich schwieg, so wusste ich keinen Rat und tat nur wie mir geheißen. Es galt, nach letztem Wortwechsel, dass ein jeder tüchtige Mann zur Wachsamkeit gerufen werden musste, doch sollte man vermeiden, den Frauen und Kindern, sowie den Alten Angst und Unsicherheit aufzubürden, denn dann wäre ein so langer Weg bis nach Helms Klamm ein Gräuel, den man dem Volk nicht antun konnte. "Informationen wurden gesammelt, so hatte ich des Nachts Männer ausgesandt", fuhr der König fort und ich lauschte ihm nur beiläufig. Ich konnte einfach nichts dagegen tun, nichts gegen die Abschweifung meiner verbotenen Gedanken. "Viele Dörfer Rohans wurden bereits von wilden Menschen überfallen und die Bauern wussten sich nicht zu wehren. Viele Häuser wurden niedergebrannt und nur wenige konnten sich retten, sind bereits nach Helms Klamm geflüchtet." Eiligst verließ ich also die Halle, tat viel daran, die Männer zu wecken und ihnen das Gesagte mitzuteilen und selbst auch noch jungen Knaben Mut zuzusprechen, die ich für stark genug hielt. Nun... weder alte noch junge Männer wählte ich aus, da ich es nicht mit ansehen wollte, müssten sie kämpfen und trotzdem durchschritt ich den gesamten Vormittag die Häuser. In einem flüchtigen Moment war mir das Erwachen Gimlis zu Ohren gekommen, da sein Gähnen und Geschmatze weit zu hören war und ich hörte schon die Kinder lachen, die doch schon zu früher Stunde ihren Weg nach draußen gefunden hatten. Nun, das Wetter lud wahrhaft ein zum Spielen und Scherzen und ich erblickte auch, erneut in einem kurzen Moment des Aufatmens, die beiden Hobbits, die sich ihrer Heiterkeit bedienten. Jedem von ihnen wünschte ich einen guten Morgen, obgleich ich nicht darauf beharren konnte, dass sie es mir gleich taten, denn die Arbeit ruhte nicht. Nach einigen Stunden kam mir ein Gefühl bekannt vor, dass sich in meinen Gliedern breit machte. Die bekannte Müdigkeit und noch oft, wenn ich die Gelegenheit hatte, wusch ich mir das Gesicht mit kaltem Wasser. Gandalf sah ich in den Stunden des Umherirrens nicht, selbst, als ich gelegentlich zum König selbst gerufen wurde, doch fürchtete ich, dass seine Augen überall auf mich gerichtet waren. Und es schmerzte mir doch. Fehltritt... ich stellte mir die Frage, ob Gandalf verstehen könnte, wenn ich ihm sagte, was in mir vorging, ob er Verständnis dafür besaß und mir wieder der Freund sein konnte, auf den ich so viel hielt und der Vertrauen in mich hatte. Nach einiger Zeit verließ ich ein weiteres Haus, hatte meine Pflicht getan und einem Mann den Mut zugesprochen, den er zu Beginn nicht aufbringen konnte. Hilflos hatte er mich angeblickt, als ich ihm berichtete, wo Schwert und vielleicht noch einen Schild zu finden sei und ich konnte nichts anderes tun, als ihm die Hand auf die Schulter zu legen. Die Sonne stand hoch über mir, als ich hinaustrat und mich umblickte, als ich Gandalf erblickte, der zielstrebig über den Hof schritt und sich zum Gestüt aufmachte. Ich hatte geahnt, dass er dies tun würde, doch war mir die Zeit durch die Finger geglitten. Hastend ging ich ihm nach, wollte ihn bitten, mir zuletzt noch ein offenes Ohr zu schenken... um ihm meine Sorge zu beichten, doch dann ertönte die helle Stimme, die ich glaubte, im Schlaf zuletzt gehört zu haben und ich drehte mich überrascht um. Erstaunt war ich über die Kraft dieser Stimme, klar und stark, wie vor vielen Tagen und ich fühlte mich geblendet durch den Anblick, der sich mir bot und legte die Hand schützend vor der Sonne an die Stirn. Fortan spürte ich diese Müdigkeit nicht mehr, hatte nicht mehr das Gefühl der Schwäche in meinen Knien und glaubte von der Trübsinnigkeit, die sich in jedem Haus, das ich besuchte, befand, befreit worden zu sein. Nur weil ich dem Spiel der langen blonden Strähnen im Wind wieder Beobachtung schenken konnte und mir nun auch die Möglichkeit offen gelegt wurde, ihn in diesem Gewand betrachten zu dürfen. Regungslos... ja, einer Bewegung völlig unfähig, stand ich da und sah ihn mit schlagendem Herzen näherkommen. Sein Lächeln auf den Lippen schien mir wie die Hoffnung selbst zu sein und ich spürte die Wärme in meinen Gliedern, trotz des mächtigen Windes. Nur zu einem schwachen, stummen Nicken war ich imstande, als er meinen Namen nannte. Ich konnte nicht glauben, dass ich am gestrigen Tag noch Angst davor gehabt hatte, nie wieder meinen Namen über seine Lippen kommen zu hören... so viel bedeutender war dies doch, als ein wortloser Hauch. Geduldig und doch mit einem Hauch von Angespanntheit lauschte ich seinen Worten und verhielt mich unauffällig, als er zu stocken begann. Weshalb schwieg er? Ich beobachtete seine Gestik genau, den Mantel, den er sich umgelegt hatte. Der ihn vor der Kälte schützte und verdammt, ich verfluchte mich, dass ich nicht dieser Stoff sein konnte! Ihn noch einmal berühren zu dürfen... Plötzlich wurde ich auf seinen Hals aufmerksam, musterte interessiert diese Stelle, an der er sich rieb und wartete gespannt darauf, dass er die Hand sinken ließ. Doch meine Augen schmerzten, waren sie womöglich etwas übermüdet und ich blinzelte diese Schläfrigkeit davon. Im selben Augenblick hatte er selbst den Blick abgewandt und ich begutachtete ihn da umso intensiver, fragte mich, was ihn sich so verhalten ließ. "Verzeih mir." Unwirsch ließ ich den Blick durch den Hof schweifen und glaubte, nicht recht verstanden zu haben. Er sah mir wieder ins Gesicht und ich hielt diesem Blick schwer stand, ehe ich eine rote Stelle an seinem Hals entdeckte, während er sich räusperte und ich es nicht wirklich zur Kenntnis nahm, ihm gar in diesem Moment keine Aufmerksamkeit zusprechen konnte. Ein dünner Kratzer zog sich über die Stelle, auf die er die Hand gelegt, an der er sich eben noch gekratzt hatte. Sein Hals an dieser Seite... Mein eigenes Keuchen hallte in meinen Ohren wider und ich schluckte schwer, da ich mich zu erinnern begann. Sein Hals... die weiche Haut, von der ich keinen Augenblick hatte lassen können, wäre Gandalf nicht dazwischen gegangen. "Ich stünde nicht hier, gäbe es dich nicht. Nicht deine helfende Hand, die du jedem reichst, nicht dein selbstloses Handeln. Und so sehr es auch selbstverständlich für dich ist... für mich ist es das nicht. Ich bin mir bewusst, dass du anderes hättest tun können, als mir beizustehen, für mich zu sorgen. Anderes, gar Wichtigeres", sprach er dann weiter und mir war der Augenblick der kurzweiligen Stille nicht aufgefallen, da ich zu sehr in Gedanken und peinigenden Erinnerungen gefangen war. Selbstverständlich, dachte ich mir und lachte innerlich über mich selbst. So dumm war er, dass er nichts von seiner Wirkung wusste und nicht einmal zu ahnen imstande war, dass mein Wesen ihn so inniglich begehrte, dass es sich selbst das Herz hinaus reißen würde, wenn es damit etwas Gutes für ihn tun könnte. Wie dumm er doch wahr... "Doch ich würde dasselbe für dich tun, würdest du je in einer solch misslichen Lage stecken, was ich doch eher bezweifeln und nicht hoffen möchte." Mit aller Macht versuchte ich die leidvolle Miene, die sich auf meinem Gesicht ausbreiten wollte, zu verbergen und ich verurteilte mich so abgrundtief, dass ich wünschte, ein Blitz würde meinen Leib spalten und mich vor all dem hier verschonen. Ich starb... ein jedes Mal, wenn er mir dankte, wenn er lobende und wohlgemeinte Worte an mich richtete, starb ich einen qualvollen Tod und es wurden so unendlich viele durch nur wenige Momente. Langsam senkte ich den Blick, verzog die Augenbrauen und sah doch wieder auf, als er mir die Worte zuhauchte. "Mehr Menschen müssten so sein, wie du." Das feine Lächeln, das sich auf seine Lippen legte, ließ mich daran denken, wie weich sie doch waren und doch war jeder Laut der Schärfe eines Messers gleich, welches er mir damit in den Körper jagte! Wüsste er nur, was hinter dieser treuen Fassade meiner selbst lag, dann wären diese Worte nie über seine Lippen gekommen. Für einen flüchtigen Moment schloss ich die Augen und öffnete sie wieder. Sein Antlitz wandelte sich nicht in eine wutentbrannte Miene... er griff nicht nach verborgenen Säbeln und durchbohrte meinen Leib... Er hob die Hand, legte die Fingerkuppen auf seine Lippen und sprach elbische Worte, deren Sänfte durch seine Stimme und Gestik nur noch intensiver wirkte. "Aragorn... hannad le." Ungewollt stieß ich einen schweren Seufzer aus, hob dann jedoch die Augenbrauen und schüttelte daraufhin den Kopf, so als ob das Seufzen nicht ihm gewidmet wäre. Ich zwang mir ein schwaches Lächeln auf und legte den Kopf etwas zur Seite, alle Sinne auf seine blauen Augen fixiert und den unheilvollen Kratzer an seinem Hals ignorierend. Doch mir fehlten die Worte für eine Erwiderung, wusste ich nicht, wie ich einer einfachen Danksagung entgegenkommen sollte, zumal ich mir bewusst war, dass ich sie nicht verdiente und allmählich glaubte ich, dass ich dem Schweigen eh ein besserer Freund war, als der Sprache. Noch für wenige Augenblicke stand ich da und sah ihn an, ehe ich den Kopf sinken ließ, meinen Körper selbst etwas neigte, als sei ich der Dankbare. Ah, es war so ein Wirrwarr, ein endloses Labyrinth, das mich zwischen Hass, Zweifel, Verachtung, Dankbarkeit, Zuneigung und Leidenschaft pendeln ließ, wie ein nutzloser Kompass, der ahnungslos den Norden suchte. Dann sah ich wieder auf, doch in die andere Richtung und ich hörte die Pferde im Gestüt... aufgeregt schritten sie in ihren Kammern vor und zurück und machten durch Wiehern auf sich aufmerksam. "Entschuldige mich." Ich konnte ihn nicht erneut anblicken, konnte erahnen, da ich ihn nun wieder stehen ließ, wieder Gefahr lief, ihn von meiner gleichgültigen Seite kosten zu lassen und als ich rasch wenige Schritte getan hatte, hielt ich erneut inne. Nur einen schwachen Blick warf ich über meine Schulter, drehte mich auch ein wenig zur Seite und kam mir allmählich so tölpelhaft vor, wie es ein junger Knabe, der gerade Laufen lernte, nur sein konnte. "Ich bin froh, dich wieder auf den Beinen zu sehen." Das sagte ich ihm noch, leise, so dass nicht einmal der Wind diese Worte zu weit tragen konnte und wendete mich endgültig ab, zu den Pferden hin, denn es lag noch eine offene Kluft vor mir, über die ich eine Brücke bauen wollte. "Warte, Gandalf!" Er hatte gerade Schattenfell, das weiße Pferd, gesattelt, stemmte sich vom Boden ab und saß auf und wenn auch flüchtig, strafte mich sein mahnender Blick. Ich rannte zu ihm, stellte mich sogleich in seinen Weg, denn ich fürchtete, dass seine Enttäuschung sehr groß war. Erschöpft von dieser Last und dieser abweisenden Haltung, die mir mein alter Freund nun entgegenbrachte, ließ ich die Schultern sinken, legte die Stirn in Falten und sah kraftlos auf. "Gandalf, wieso..." "Siehst du nicht, was du anrichtest, Aragorn?" Zornig war seine Stimme und der gute alte Mann, der er vor aller Welt war, zeigte sich einschärfend und erbost. "Ich kann nicht...", begann ich von Neuem, doch unterbrach er mich nochmals. "Ein König hat zu können! Pflichten zu erfüllen, den Menschen Hoffnung zu geben und nicht einen einzigen Elben als Mittelpunkt dieser Welt zu sehen und dieses Leben höher zu schätzen, als das der Männer, die ihm treu folgten!" Ich trat zögerlich einen Fuß vor. "Versteh mich recht." Seine Stimme wurde ruhiger, auch er schien zu hören, dass sich Schritte dem Gemäuer näherten. "Auch ich erfreue mich an Legolas' Gesundheit und seinem Wohlbefinden... doch diese Freude, die du dem Wachen verbirgst und einem Schlafendem offenbarst, ist feige, mein lieber Herr Aragorn." Erneut wechselte sich seine ruhige Art in eine Weise der Enttäuschung und er sah mich an, schüttelte den Kopf. "Du verlierst den Verstand und scheinst es nicht zu bemerken. Du tust ihm Unrecht und dabei müsste dieses zerstörerische Gefühl dein Innerstes zerreißen." Und er wusste und ahnte nicht einmal, dass es genau das war, das ich seit Jahren spürte. "So verwerflich, wie es ist." Er setzte sich aufrecht, lächelte an mir vorbei und ich drehte mich um und erblickte einen Reiter, der sich zufällig zu uns gesellt hatte und nach seinem Pferd sehen wollte. "Es wird dir so lange Schmerzen zufügen, bis du dir wünschst, tot zu sein", flüsterte er, hielt die Zügeln straff und blickte stur an mir vorbei. "Ae ú-vathach naeg, ingach, hain ú-'erich...", zischte ich ihm leise zu, wissend, dass er der elbischen Sprache ebenso mächtig war, wie ich. Und erneut schüttelte er den Kopf und gab dann dem Pferd die Sporen. Ich war noch nicht fertig, wäre gern dazu bereit gewesen, ihn zurückzuhalten und nach den Zügeln zu greifen, doch hinderte mich etwas daran und mich packte nur die pure Wut, als ich ihm aus dem Stall folgte. "Ae ú-vathach naeg, ingach, hain ú-'erich. Dan ú-belich matho naeg aen?!" Doch ließ er sich nicht von den Worten aufhalten, die ich mit aller Kraft über den Hof brüllte und kurzerhand verschwand er, ohne sich umzudrehen, hinter den Häusern und Hütten, begab sich ohne mir Gelegenheit gegeben zu haben, mich offenbaren zu können, fernab und ich konnte nur erahnen, was sein Ziel war. Verborgen war mir ein Weg, der mir gegeben sein sollte, nur Scherben alter Spiegel und dunkler Schatten führten mich über ein Meer vergessener Ebenen. Angst packte mich erneut und ich gab mich der letzten Haltung hin, würdigte niemanden eines Blickes und wandte mich ab, ging schnellen Schrittes die Ebene entlang und stellte mich taub und stumm, als ich die Treppen hinter mich brachte und starren Blickes die Halle betrat. ~*~ Legolas Er schwieg still, während ich sprach, ihm mein Dankgefühl offenbarte, ihn als Menschen pries und mich letztendlich knapp verneigte. Und seine Stille beunruhigte mich nicht, wie doch so viele andere Dinge an ihm. Was sollte er auch sagen? Ich war es, der ihm Worte schuldig war. Zu viel hatte er getan, zuviel musste er noch tun, als dass ich auf eine ausführliche Reaktion hoffen konnte. So richtete ich mich auf, sah ihn an und hielt mein Lächeln zu seinen Gunsten aufrecht. Ich war nicht darauf aus, ihn mit weiterer Verunsicherung zu beladen, zu all seinen Sorgen eine weitere hinzukommen zu lassen. Das hatte er nicht verdient. Wiederholt brach ein stiller Moment über uns herein und während ich ihn gelöst ansah, senkte er leicht das Haupt, erwiderte meine dankbare Geste, als wäre ich ihm eine Hilfe gewesen, als hätte auch ich mir Anerkennung verdient. Wofür? Leicht irritiert sah ich ihn sich aufrichten und nach einer knappen Verabschiedung, die verbunden war mit einer Bitte um Nachsicht, drehte er sich um, stieg in gemächlichen Schritten die wenigen Stufen hinab und setzte seinen Weg, von dem ich ihn kurz abgehalten hatte, fort. Ich selbst blieb stehen, kreuzte die Arme vor der Brust und bettete die Hände stützend auf meinen Seiten. Ich sah ihm nach, beobachtete, wie seine Schritte geschwinder wurden und er doch nach wenigen von ihnen erneut stehen blieb. Nach einem flüchtigen Bedenken wandte er sich wieder zu mir um. "Ich bin froh, dich wieder auf den Beinen zu sehen", sagte er, den Blick fest und doch weniger intensiv auf mich fixiert. Und dennoch glaubte ich, dass mein Lächeln einen Teil der Wahrheit zurück erlangte, die Aufgezwungenheit verdrängte und ehrlicher erschien. Ich glaubte, dasselbe auch auf seinen Lippen zu erkennen, doch bevor ich mir dessen sicher sein konnte, ging er endgültig. Und wieder wurde ich mir seiner Stärke bewusst. War er doch erkennbar selbst von Beklemmung geplagt und vermochte es dennoch, anderen diese Bedenken zu nehmen, die eigene Stärke zu präsentieren... auf dass er sich selbst verleugnete... und das einmal mehr. War meine Entlastung durch seine Beflissenheit also als Egoismus zu betrachten? Mein Lächeln verlor an Kraft, als ich mir selbst diese Frage stellte und den Kopf senkte. Von wem konnte ich die Antwort erhoffen, wenn nicht von ihm selbst? Diese Welt war gepeinigt durch Furcht und Zwiespalt... War es also absonderlich, dass wir alle uns mit diesen Empfindungen infiziert fühlten? Mir entrann ein beinahe lautloses Seufzen, bevor ich die Stufen bedächtig hinab schritt und zu meinen drei Freunden zurückkehrte. Und auch die Hobbits, die sich mit dem Zwerg in eine tiefe Diskussion vertieft hatten, gaben mir Rätsel auf. Waren doch auch sie weichmütige Geschöpfe, klein und den Eindruck erweckend, als besäßen sie die Zerbrechlichkeit von Glas. Stets mit wachsamen Augen und Ohren, aufmerksam und dynamisch... Teilten sie Aragorns bemerkenswerte Begabung, sich vor jedem zu verschließen und die eigenen Empfindungen unfreigiebig mit niemandem teilen zu wollen? Oder bemerkten sie wahrhaftig nicht, dass etwas Beklemmendes vor sich ging? Ich fühlte es... Ich sah es... Ja, annähernd roch ich es schon im Wind! Und es fletschte unheilvoll die Zähne, als wolle es mich bald zerfressen! "Eintausend sagtest du?" Pippin legte skeptisch die Stirn kraus. "Du führst uns doch hinters Licht!" "Verstehe unsere Worte nicht miss, Herr Zwerg. Doch das, was du sprichst, ist unmöglicher als unmöglich." "Was sagst du da?!", grollte der Zwerg und ließ die Axt sinken. "Wenn ich es doch sage, so könnt ihr euch darauf verlassen, dass es der Wahrheit entspricht!" "Wenn du das sagst", erwiderte Pippin, "so besteht die einzige Verlässlichkeit zu deinem Abdriften in Wunschvorstellungen." "Unmöglich", sagte Pippin erneut mit fester Überzeugung. "Unmöglich." Gimli stieß einen rauen Schrei aus, klammerte sich um die Axt und wandte sich drängend an mich. "So stärke mir doch den Rücken, wenn du schon hier stehst! Legolas, diese Halblinge begegnen mir nicht mit Ernsthaftigkeit!" "Was sagtest du?" Ich brach mein fieberhaftes Umschauen ab. Meine Gedanken entflohen der gegenwärtigen Situation, sobald sie es vermochten. "Argh!" Gimli schüttelte sich und mein Blick driftete unaufhaltsam zur Seite. "So sag es doch einfach! Wir fochten gegen einhundert Wargs, so also auch gegen einhundert Orks, einhundert Speere und spitze Säbel! Auf unserer Suche nach ihnen, nein, doch eher auf der nervenzerreißenden und bedrohlichen Verfolgung ihrer barbarischen Entführer!" Ich versuchte ihn mit einem stummen Nicken zufrieden zu stellen, obgleich ich dieses Ereignis in weitaus geringeren Ausmaßen im Gedächtnis hatte. Doch es fehlte ihm an Wichtigkeit, weshalb ich an dieser Debatte nicht unerlässlich teilnehmen musste. "Unmöglich!", ließ Merry wieder verlauten. "Wenn es doch Legolas bezeugt?!", rief Pippin. "Wie grausam, Gimli! Drei gegen Einhundert?!" Stolz schwoll dem Zwergen die Brust und ich zog den Mantel enger, noch immer auf der Suche nach dem unbekannten Ziel. "Euer Entsetzen kann nur bedeuten, dass ihr eine winzige Tatsache vergesst!", verkündete er und lud die Axt höher. "Unter den drei Kämpfern... war ich, der Zwerg!" "Oh!" Pippin schlug die Hände über dem Kopf zusammen. "Unmöglich!", brummte Merry. Und spätestens jetzt sah ich meine Aufmerksamkeit begründet. Von einem leisen Geräusch, welches an meine Ohren drang, wurde sie untermauert und ich drehte mich um, hatte die Streitenden im Rücken und obgleich ihre Stimmen lauter wurden, so nahm ich doch etwas Zweifelloses wahr. Es filterte sich geradezu unter den anderen Geräuschen heraus, war zu auffällig, zu fremd in diesem Lande. Ich trat einen Schritt, mein Gehör schärfte sich, ohne dass ich es ihm befahl. Elbische Worte... Wer bediente sich hier in Rohan, dem Land der Pferdeherren, der elbischen Sprache? Welchen Sinn galt es zu verfolgen, da es hier doch niemanden gab, der ihrer fähig war... Niemanden, bis auf wenige. Gimlis Stimme begann zu wachsen, bis ich mich einen weiteren Schritt entfernte, um der Ablenkung durch sie zu entgehen, mich auf das zu konzentrieren, was mir wichtig war. Und hatte ich die Worte, die meine Aufmerksamkeit erweckt hatten, nur gedämpft und mühsam vernommen, so schlugen mir mir die nächsten deutlich entgegen und ließen mich erbeben. "Ae ú-vathach naeg, ingach, hain ú-'erich. Dan ú-belich matho naeg aen?!" Deutlich erkannte ich die Stimme meines fürsorglichen Freundes, doch erkannte ich sie zitternd, tobend vor Wut, gar gebrochen durch Verzweiflung und Anspannung. Einen kalten Schauer ließ sie in mir aufleben, der mich durchfuhr, mich innerlich frieren ließ und mir das Entsetzen schmerzhaft nahe brachte, welches ich über seine Worte empfand. Sie, die gewiss nicht für meine Ohren bestimmt waren. 'Wenn du keine Schmerzen spürst, denkst du, du hast keine. Aber kann es nicht auch sein, dass du nicht mehr in der Lage bist, Schmerzen zu spüren?!' Und wahrhaft unbedacht musste er sie ausgesprochen haben, so wusste er doch um mein Gehör. Unbedacht und zu hemmungslos, so wie es nicht der wachsame Waldläufer tat, der er war. Ich wagte es nicht, mich zu regen, hielt die Hände fest im Mantel verankert, ließ sogar meinen Atem erlahmen, mit schmerzlicher Befürchtung auf Weiteres wartend. Doch folgte daraufhin nur der geläufige allseitige Lärm, der verschluckte, wonach ich suchte. Und noch erschreckender, als es sonst gewesen wäre, tauchte Aragorn auf. In hastigen, annähernd schroffen Schritten, kam er den Platz hinauf. Verbissen war sein Kopf gesenkt, sein Blick, so glaubte ich, an den Boden genagelt, als wäre er in diesem Augenblick nicht bereit, noch etwas Zugehöriges der Umwelt zu sich dringen zu lassen, gar darauf einzugehen. Seine Fäuste waren geballt, die wirren Strähnen seines feuchten Haares verdeckten sein Gesicht, in welches, dessen war ich mir sicher, ich keinen Blick zu werfen gewagt hätte. Nur meine Pupillen waren in Bewegung, als ich ihm mit dem Blick folgte. Stockend schweiften sie zur Seite, verfolgten, wie er die kantigen Stufen, die zur Halle des Königs führten, hinaufsprang, nicht wartend, nicht zögernd, als hätte etwas die Erinnerung an eine nötige Aufgabe von größter Wichtigkeit in ihm wachgerufen. "Warum einhundert?", erkundigte sich Merry misstrauisch. "Blieb dir die Zeit, oh du tapferer Zwerg, ihrer zu zählen?" "Zählen? Wie könnte ich!", verharrte Gimli auch weiterhin auf seinem Standpunkt. "Gleich einer Flut aus schwarzen Ameisen stürzten sie sich auf uns! Nun... doch, eben da du es erwähnst. Durchaus möglich, dass sie gar einhundertfünfzig an der Zahl gewesen wären." "Ich traue meinen Ohren nicht!" "Und ich nicht deinen Worten, Pippin! Du warst schon von Beginn an zu leichtgläubig!" Als ich meine Aufmerksamkeit so wieder auf anderes lenken konnte, zwar in Gedanken versunken, jedoch anwesend war, fiel mir die Geschäftigkeit der Menschen auf. Stets vorhanden, wirkte sie dennoch allmählich aufgeregter, als stünde ihnen nur geringe Zeit zur Verfügung, diverse Aufgaben zu verrichten. Grüblerisch blickte ich mich um, sah Pferde, die aus ihren Ställen geführt und beladen wurden, sah Frauen, die ihre Kinder riefen, alte Menschen, die man aus ihren Betten trug. Graduell wuchs der Tumult, der um mich herrschte, doch bevor ich mich an Gimli oder einen der Hobbits wenden konnte, um von ihnen etwas zu erfahren, von dem ich nicht wusste, erfasste mich eine leichte Brise dezenten Parfüms und eine sanfte Stimme nannte meinen Namen. So sprach ich die Frage nicht aus und drehte mich gemächlich zur Seite. Eine junge Frau mit sanftmütigem Gesicht und blondem Haar, welche ich zuvor nie gesehen zu haben glaubte, blieb vor mir stehen und das erste Mal seit langer Zeit erblickte ich ein Lächeln, welches so befreit und aufrichtig war, dass ich es mit einem intensiven Blick bedachte. Sanft und zerbrechlich wirkte ihr Körper, umso feinfühliger ihre Gesten, als sie den Kopf senkte und ich die Begrüßung erwiderte. "Ihr seid eher auf den Beinen, als ich es erwartet hätte, Herr." Ihre Stimme wurde befallen von einem leichten Erstaunen, als sie mich geschult mit den Augen musterte, meinen Blick anschließend erwiderte und doch nicht zu jenem außergewöhnlichen Lächeln zurückfand. "Taten wir Euch mit dem Schlaf zu großes Leid an?" Mit großer Irritation nahm ich diese Frage in mir auf, verfing mich im Sinnieren und sie senkte den Kopf. "Ihr seid der Erste aus dem Volk der Elben, dem ich begegne. Viel hörte ich über Eure Art, viel, das mich mit Neugierde erfüllte und bedauerlich ist die Art, wie ich Euch kennenlernte. Doch...", ihr Blick Blick schweifte zur Seite, bevor er sich wieder auf mich richtete, "... seid Ihr widerstandsfähiger, als ich vermutet hätte." Und endlich kehrte das Lächeln zurück. "Am gestrigen Tage noch gepeinigt von Erschöpfung und Schmerz und nun geht Ihr bereits Eurer Wege, seht gestärkt aus und gesund." "Das Anhalten des Schmerzes und die Heilung der Wunden ist bei uns von geringer Dauer", erwiderte ich ruhig und sie lauschte meiner Stimme aufmerksam, worauf sich das Lächeln vertiefte, spätestens jetzt den letzten Teil der Betrübnis verlor. "Doch waren die Schmerzen von Dauer und Ihr bliebt standhaft. Die Fürsorge des Herrn Aragorn erfüllt mich nicht mit Verwunderung, gewiss seid Ihr ihm ein wahrer und bedeutender Freund. Lange wachte er über Euch, bis ich Euch zu den Ruheräumen bringen ließ. Erst spät fand er die eigene Ruhe." Ich nickte langsam, spürte die Rückkehr all der Fragen und der Sorgen, die mir sein Zustand bereiteten. Die Worte der Maid brachten mir nichts als Beunruhigung und die Sicht auf den unerfüllten Wunsch, dasselbe für ihn tun zu können. Doch nickte ich wieder, nickte ihr zu, denn auch ihr schuldete ich Dank. Und obgleich ich ihn ihr wortlos gab, fasste sie ihn auf. Gern schien sie auch über Aragorn zu sprechen, doch teilte ich ihre Leidenschaft nicht und stellte ihr jene bisher unausgesprochene Frage. "Eile und Hast herrscht", sagte ich leise und sah mich erneut um, fand die deutliche Bestätigung meiner Worte. "Was geht vor sich?" "Wir verlassen Edoras Gezwungenerweise, werden Unterschlupf und Sicherheit in Helms Klamm suchen, wohin schon viele vor uns flohen", antwortete sie mir, während sie meinen Blicken folgte. "Vor einem Angriff sind wir hier nicht sicher. Die Ummauerung hält vielem stand, doch keinem Angriff der Kreaturen, die sich verbotener und grausamer Waffen bedienen. Der Herr Aragorn war sich dieser Gefahr recht schnell bewusst, fällte diese Entscheidung gemeinsam mit dem König, mit dem er sich berät, so oft es die doch eher geringe Zeit erlaubt." Ihr Herz begann schneller zu schlagen... ich spürte es. Ebenso wenige Gesten, die doch vor kurzem noch so kontrolliert und ruhig gewirkt hatten, deuteten nun vielmehr auf eine innerliche Aufregung hin. Unbemerkt sah ich sie aus den Augenwinkeln an und sie hob die Hand, wies gen Osten. "In Helms Klamm schenkt uns nicht nur der undurchbrechliche Wall mehr Sicherheit, so ist der Zauberer auch aufgebrochen, Eomér, des Königs ersten Mann, zu finden, der durch Verrat und Intrige verbannt wurde. Viele Männer hat er bei sich, viel Stärke, die wir benötigen, wenn sich die Feindesmacht einzig und allein auf Helms Klamm richtet." Somit wandte sie sich zu mir und als sich unsere Blicke kreuzten, stand es anders um sie. Anders, als zu dem Zeitpunkt, als sie zuerst zu mir getreten war... als sie mir ihre Gefühle noch nicht so willkürlich offenbart hatte... nur durch Worte. Ich schwieg und so erhob sie erneut die Stimme. "Ein Pferd habe ich für Euch bereitstellen lassen, Eure Ausrüstung ist zusammengetragen." Noch immer antwortete ich nicht, beobachtete sie geruhsam. Ein Leichtes war es mir, in ihr zu lesen, ihre Emotionen zu deuten... ebenso die Anlässe ihrer hochgestochenen Freundlichkeit. Diese konnte man sich in solchen Zeiten nicht leisten... besaß man auch ein noch so gutes und aufrichtiges Wesen. Den wichtigen Großteil der Konzentration auf einen einzigen zu lenken, war das Gefährlichste, was man in diesen Tagen tun konnte. "Wie mir scheint, seid Ihr in Einklang mit Eurem Körper und versteht ihn gut, doch bitte reitet vorsichtig und sollten Euch Schmerzen plagen, so ersucht mich. Ich werde Euch behandeln." Ich hob die Augenbrauen, war neugierig auf die weitere Steigerung ihrer Fürsorge, die deutlich aus etwas anderem bestand, als aus berechtigter Sorge, oder gar Sympathie gegenüber meines Wesens. Bestehend war diese schon... jedoch nicht ausschlaggebend. Dennoch brachte ich ihr erneuten Dank entgegen, verbeugte mich tief und hoffte darauf, bald wieder mit meinen Gedanken in Einsamkeit umgehen zu können. So drehte sie sich alsbald um und ging, ihre Arbeiten zu erfüllen. Ich sah ihr nur kurz nach, bevor meine Augen nach Gimli und den Hobbits suchten. Nur etwas weiter wegstehend, führten sie mit großer Beharrlichkeit noch immer dieselbe Debatte und es verlangte mir immer noch nicht danach, an dieser teilzunehmen. Und ich war mir auch sicher, dass sie mit dem Plan und der Reise nach Helms Klamm bereits vertraut waren, weshalb ich mich einfach umdrehte und ging. Ich suchte mir Abgeschiedenheit, kehrte für kurze Zeit auch in den Ruheraum zurück, in dem ich mich umkleidete. Gereinigt und repariert war meine Tracht dort für mich hingelegt worden und sie zu tragen vermittelte mir ein Gefühl der baldigen Rückkehr zur Tatbereitschaft, zur Hilfe anderer. Alsbald wurde das Drängen im Hof stärker, die Menschen sammelten sich, die nötigsten Habseligkeiten, die sie transportieren konnten, auf Lastkarren verstaut. Ordnend und überblickend galoppierten die Männer auf ihren Pferden an ihnen vorbei, riefen und gestikulierten mit der Hand, worauf eine gewisse Ordnung unter den Flüchtenden entstand. Auch der König trat aus seiner Halle, gekleidet in eine leichte Reiterrüstung, Befehle erteilend an seine fähigsten Männer, sein Land überblickend. Nach einem kurzen Umschauen ging auch ich los, hielt mich bedacht von der drängenden Menge fern, schob mich zwischen den Lastkarren hindurch und erreichte in behutsamen Schritten den Stall. Beinahe restlos verlassen und leer tat er sich vor mir auf. Nur hie und da führten Männer ihre Pferde aus den Kammern, in der hintersten Ecke wurde noch eilig gesattelt und noch ehe ich suchen konnte, führte mir ein Stallbursche einen weißen Hengst vor. Und sobald ich ihn erblickte, lenkten sich meine Gedanken mahnend zurück auf die blonde Maid. Ein starkes Pferd brachte man mir, durch die Robustheit geeignet für die raue Schlacht, doch benötigte ich nur eines zur ruhigen und gefahrlosen Fortbewegung. Skeptisch musterte ich das Tier, ließ mir dennoch die Zügel reichen und sah auch dem Stallburschen argwöhnend nach. Diese bevorzugte Behandlung missfiel mir, ohne dass ich es ausdrücklich zeigte. So drehte ich mich auch um, verließ in gemächlichen Schritten den Stall und ließ die Zügel zwanglos von der Hand hängen, während der Hengst hinter mir hertrottete. Der Marsch hatte sich bereits in Bewegung gesetzt. In schnellen, jedoch kraftsparenden Schritten, zogen die Menschen an mir vorbei, Pferde zogen die Karren und wieder dachte ich daran, dass der Hengst einem anderen eine bei weitem größere Hilfe hätte sein können. Schnaubend tänzelten die Pferde von einem Bein auf das andere, Reiter hatten sich zu den Seiten der Menschen postiert, bereit, sie zu schützen, so wie der König mit seinen besten Männern vorneweg ritt. Ich blickte mich um, suchte nach dem Zwerg und den Hobbits, doch diese mussten woanders reiten und da erst gar nicht die Hoffnung bestand, Aragorn ausfindig zu machen, trat ich neben den Hengst, zog die Zügel locker mit mir und hob den Fuß in den Steigbügel, in dem ich mich dann mühelos aufstemmte und mich in den Sattel setzte. Ein schwerer Atemzug entrann mir, bevor ich gedankenlos die Zügel in eine Hand legte, den Kopf des Pferdes zur Seite lenkte und es laufen ließ. ~*~ Aragorn Ich spürte, wie mir eine jede Nähe entrann. Grausam, so wusste ich doch, dass nur ich diese Begebenheit verschuldet hatte und dies wahrlich der Schlag war, den Gandalf mir prophezeite. Offensichtlich, so schien es, blieb auch für das menschliche Auge meine derzeitige Wut, als ich die Halle betrat und des Königs Blick auf mich gerichtet wurde. Sofort war ich mir der Anspannung bewusst, die scheinbar jedoch erst entstand, als ich die Schwelle übertreten hatte. Allmählich glaubte ich, dass, egal wo ich war, weder für Andere noch für mich selbst je ein Moment kommen würde, an dem Befreiung herrschte und ich mir sicher sein konnte, dass man meine Anwesenheit wünschte. Nur die Akzeptanz und der Respekt hielten die namenlosen Gestalten davon zurück, mich wie einen Delinquenten davonzujagen. Meine Erfahrung war alles, was mich an diese Wesen band... und was mich vor der Einsamkeit bewahrte. In diesen Gedanken versunken, sah ich abwesend auf die Karte und blickte dann den König an, der die Lippen bewegte, mich aber mit keinem Ton zu erreichen schien. Ich... ich hatte versagt. Das wusste ich nun. Nicht einmal Scherben konnten mir noch einen Weg weisen, der gerecht für mich wäre, da sich nur eine bodenlose Schlucht vor meinen Füßen auftat, die mich von allem Rechten fernhielt. "Das Volk ist bereit, mein König." Die Stimme des zweiten Mannes ließ mein Gehör nun wieder zu und ich blinzelte, sah mich um und nickte, als ob ich nun wissen würde, wie die Reise vonstatten ging. Der König warf einen Blick über die Herren in seiner Halle, nickte ihnen zu und begab sich schnellen Schrittes aus dem Rat. Nur gemächlich folgte ich ihm und seinen Männern, hatte ich nun nichts, das es zu packen lohnte, da es nichts gab, was mir wichtiger sein könnte, als das, was ich schon am Körper trug. Das, was ich am Körper trug... unscheinbar streiften meine Finger den Anhänger um meinen Hals und ich blieb stehen, senkte den Kopf und hob den Abendstern Arwens in mein Blickfeld. Sein blauer Schein war noch hell, doch meinte ich, dass er abgenommen hatte... und erneut stellte ich fest, dass ich ihn nicht verdiente. Es war ihr Lebenslicht und in der Einsamkeit, in der sie sich nun befand, da das Elbenvolk gen Westen ging und sie mir wider meines Willens versprach, Mittelerde nicht zu verlassen, spürte ich regelrecht, wie sie weinte. Als würde ich nun, da ich dem blauen Leuchten wieder Aufmerksamkeit zusandte, ihre Gefühle wahrnehmen, legte ich die Hand um den Stein und riss ihn mitsamt Kette von meinem Hals. Ich wünschte, all das wäre nicht wahr... und dieser Schatten, der sich drohend um mich erhob, wäre nicht reell. Zwanzig Jahre trug ich diese Schuld mit mir und erst jetzt schien ich zu begreifen. "Herr Aragorn!" Ich blickte auf, man winkte mich zu sich und als ich aus der Halle trat, war bereits ganz Edoras in Bewegung. Brégo stand am Fuße der Stufen, als hätte man ihn dort angebunden, doch war er völlig frei, hatte sich wohl aus dem Gestüt gestohlen, um nicht zurückgelassen zu werden und wieherte aufgebracht, wenn ihn einer fassen wollte. "Lasst." Behutsam ließ ich den Anhänger in die Tasche sinken, achtete darauf, dass er mir nicht verloren gehen konnte und stieg die Stufen hinab und hob beschwichtigend die Hände, um die bemühten Reiter dankbar aber bestimmend Distanz wahren zu lassen. Sie warfen mir skeptische Blicke zu, doch konnte ich wohl als Einziger ganz einfach die Zügel ergreifen. "Law, Brégo, law..." Sanft streichelte ich das Pferd, rasch hatte es sich beruhigt und es kostete mich keine Kraft aufzusteigen. Die Männer wandten sich ab, flüsterten leise, doch achtete ich nicht auf ihre Worte, die ich mir nicht mehr aufdrängen wollte. Ich hatte genug. Langsam ritt ich reserviert hinter den Menschen, nahm mir die Zeit, mich von der Hornburg zu verabschieden, die mir ebenso wenig Geborgenheit spendete, wie die weite Ebene hinter dem Wald des Westufers. Doch plötzlich fiel mir etwas ein und ich hielt inne, brachte Brégo zum Stehen, ehe ich wendete und zurück ritt. Schnell war ich auf dem Hofe vom Pferd gesprungen und in das Schlafgemach zurückgekehrt. Hätte ich doch beinahe etwas vergessen, das ich so in Ehren halten wollte... und was mir meine verlorene Nähe für wenige Augenblicke zurückgeben könnte. Umso dringender gab ich Brégo die Sporen, als ich das, was ich gesucht hatte, in der Hand hielt und das Volk Rohans einzuholen versuchte. Wie ein Fluss wirkten die wandernden Menschen und die Reiter an ihren Seiten, so viele waren es und nun würde es mir ein Schweres sein, ,ihn' unter ihnen zu finden. Doch der Weg war lang und ich musste meine Konzentration mehr über Land und Feld lenken, als um Mensch und Pferd. So hielt ich mich anfänglich noch lange zurück, sah zu, wie sich die wenigen Bäume im kalten Luftzug neigten, demütig und wie sich kurze Gräser unter den schweren und langsamen Schritten in die Erde bohrten.... und Blüten in der Luft tanzten und sich in einer traurigen Ballade des pfeifenden Windes davon machten und ohne Beachtung verschwanden. Melancholie, so glaubte ich, hatte sich in einem ungeheuerlichen Ausmaß in mein Herz geaast und ich wusste dem nicht abzuhelfen. "Hier stimmt etwas nicht." Fragend hob ich eine Augenbraue, als ich grummelnd diese Worte vernahm, obgleich sie nicht in solch einer Wichtigkeit erklangen, als dass es eine Warnung hätte sein können. "Was soll denn nicht stimmen?" Ich spürte regelrecht, wie der, der diese Frage stellte, vor sich hinschmunzelte, so belustigend klang sie. Mir waren diese Stimmen bekannt und mein Schwermut verblasste, als ich ihnen folgte. "Wieso ist dein Pony größer als das Meine?" Voller Empörung sah ich Merry kerzengerade auf seinem kleinen Reittier sitzen und zu Pippin hinüberblicken, der heiter mit dem Kopf wackelte. "Weil ich auch größer bin, deshalb!" "Pippin! Das weiß doch jeder! Ich bin der Große und du bist der Kleine!" Nun konnte ich selbst kein Lächeln unterdrücken, ritt zu ihnen, vorsichtig an den Menschen vorbei und sogleich bemerkte man mein Kommen. "Aragorn, steh mir bei!" Ich versuchte eine ernste Miene aufzusetzen, obwohl es mir wohl nicht wirklich gelang. "Sag, welcher ist der Größere?" Merry zog ein säuerliches Gesicht und blickte mich abwartend an, während Pippin nicht von seiner Heiterkeit ablassen konnte. Ich, allerdings, fühlte eine leichte Überforderung, so wusste ich doch keine Antwort. "Ihr gebt euch in der Größe nichts", gab ich letzen Endes zur Antwort, waren sie für mich doch annähernd gleichgroß. "Unmöglich!" Ich blickte mich unbeholfen um, spürte ich doch die Blicke der beiden Halblinge auf mir, die Angewiesenheit auf eine angenehmere Antwort. "Ihr...", begann ich, verstummte aber urplötzlich, da ich doch endlich erfasst hatte, wen ich suchte. "Ich bin größer, ist es nicht so?" Pippin lachte leise. Ich stimmte abwesend zu, nickte und Pippins Lachen verstärkte sich, während ich los ritt, an ihnen vorbei, fest auf das schöne weiße Pferd fixiert, auf dem der saß, der meine Welt bedeutete. "Unmöglich!" Das Lachen des Hobbits registrierte ich nicht mehr, lenkte Brégo geschickt an den Menschen vorbei und ehe er wieder zu derselbigen Geschwindigkeit des weißen Pferdes anhielt, zog ich bereits den silbernen Säbel. Rein und schön spiegelte sich die Abenddämmerung in ihm, ehe ich ihn kurz hochwarf und ihn an der Klinge auffing, ohne mich zu schneiden und das Heft des Säbels, dem, der auf jenem weißen Pferd saß, vor das Gesicht hielt. "Der gehört dir." Wo war sie hin, die Düsterkeit, wenn ich ihn wohlauf sehen konnte, gekleidet in jener Kleidung, mit der wir Lothlorien verließen, der roten Sonne mit der hellen Haut die Schönheit nehmend. Selbst einen klaren Sonnenuntergang ließ er verblassen, wenn seine blauen Augen voller Verwunderung leuchteten. Ja... wo war nur der Sinn der schönen Folter? "Es stimmt schon, viele Zwergenfrauen sieht man nicht." Abgelenkt von der dunklen, aber heiteren und erklärenden Stimme des Zwergen, nahm ich den Blick von Legolas, obgleich ich ihn ganz offen aber stumm angeblickt hatte und nun neben ihm her ritt. "Außerdem sind sie uns in Stimme und Erscheinen so ähnlich, dass man sie oft für männliche Zwerge hält." Ich grinste heiter und neigte mich dann zu dem Elben, ohne ihn anzusehen, abschätzend, ob der Zwerg das hören würde, was ich nun zu sagen hatte. "Das liegt an den Bärten", flüsterte ich Legolas leise grinsend zu, sah ihn an und formte mit einer Hand einen langen Bart. ~*~ Legolas Ich ritt bequem, setzte den Hengst keiner Hast aus, ließ ihn nicht meine Fersen spüren und legte die Zügel locker. So genoss er die sanfte Behandlung, die ihm nicht oft zuteil werden konnte, wenn Krieger auf ihm in die Schlacht ritten. Besonnen trottete er neben der ziehenden Schar einher, schnaubte, schüttelte den Kopf und nutzte die Freiheiten, die ich ihm gab. Ich selbst hatte die Füße aus den Steigbügeln gehoben, ließ sie entspannt neben dem Rumpf des schönen Tieres hängen und blickte über die weite Steppe, die uns allseitig umgab, deren Reiz auch nicht durch Furcht verblasste. Die Menschen waren ruhig, unterhielten sich leise, Kinder lachten und liefen neben den Karren einher. Das Vertrauen zu dem König gab ihnen diese Kraft und es war eine Flucht, wie man es nicht von ihr gewohnt war. Ich beschatte die Augen mit der Hand, drehte mich zur Seite und blickte hinüber zu den rauen Bergspitzen, der Hufschlag eines Pferdes näherte sich mir und als ich mich in den Sattel zurücksetzte, hatten mich die Laute erreicht. Mit größter Verblüffung starrte ich auf den glänzenden Säbel, den man mir vorhielt. Er, den ich seit dem Kampf gegen die Wargs verloren geglaubt hatte. Irritiert blickte ich hinüber zu dem, der mir meine Waffe wiederbrachte. Entspannt ritt Aragorn neben mir, hatte sich etwas aus dem Sattel geneigt und hielt die Klinge ruhig zwischen den Fingern. "Der gehört dir." Erwartungsvoll sah er mich an und ich brachte ein stummes Nicken hervor, hob die Hand und schloss sie um den Griff, der so wohlig und angenehm in ihr lag. Ich betrachtete ihn mir, hob ihn ins Licht und sah, wie sauber er war, nicht wie ein Stück, welches abhanden gekommen war. Erneut wandte ich mich an Aragorn, ließ den Säbel rasch in einer Tasche des Sattels verschwinden und nickte ihm dankend zu. Gern hätte ich ihm mehr entgegengebracht, doch empfand ich sein Erscheinen in diesen ersten Momenten als beunruhigend und mir war nicht klar, wie ich mich verhalten sollte. Ich musterte ihn wieder flüchtig und knapp aus den Augenwinkeln, sah die Zufriedenheit in seinem Gesicht, die Lässigkeit, mit der er ritt. Und trotz alledem... schien sich nichts verändert zu haben. So wusste ich nicht, welche Worte ich wählen, wie ich ihm begegnen sollte, war sein Verhalten mir in der letzten Zeit doch so fremd. Und so schwieg ich einmal mehr, hielt den Blick gesenkt, blieb jedoch verschont von einer langen drückenden Stille, denn Gimli, der nicht weit vor uns ritt, erhob seine kräftige Stimme und begann mit allem Stolz von seinem Volk zu erzählen. Nur zu gern richtete ich meine Gedanken auf seine Worte, entfloh der belastenden Lage, denn Aragorn ritt noch immer neben mir. Gut konnte ich mir eine andere, gar bessere Art und Weise vorstellen, mehr über die Zwerge zu erfahren, doch fixierte ich mich unverdrossen auf seine Stimme, ohne ihr besondere Aufmerksamkeit zu schenken. "Es stimmt schon, viele Zwergenfrauen sieht man nicht. Außerdem sind sie uns in Stimme und Erscheinen so ähnlich, dass man sie oft für männliche Zwerge hält." Ich holte tief Atem, bemerkte eine leichte Bewegung neben mir und kurz darauf erreichte mich Aragorns Stimme, die mir sehr nahe war. "Das liegt an den Bärten", verriet er mir heimlich flüsternd und als sich mein Blick irritiert auf ihn richtete, verblüfft über seine Worte, die in dieser Art so unerwartet gekommen waren, hob er die Hand und untermauerte seine Worte mit einer eindeutigen Geste. Rasch begann ich zu realisieren, dass er sich wirklich Scherzerein hingab und entgegen der Verwunderung musste ich grinsen. Er tat es ebenfalls, doch fühlte er währenddessen sicher etwas anderes, als ich. Während sich das Grinsen weiterhin unaufhaltsam vertiefte, ich langsam den Kopf schüttelte und einen prüfenden Blick zum Zwergen warf, fürchtete ich mich doch davor abzudriften, seine blasse Miene zu vergessen, die Sorgen, die mich seinetwegen befielen. Ich wollte mich nicht seiner Erheiterung hingeben und mir die Oberflächlichkeit aneignen... wusste ich doch genau, dass er nicht das aussprach, was man als seine wahren Gefühle deuten konnte. Dass er seine Stimmen nicht dem tiefen Gemütszustand anpasste... dass er stets vorgeben könnte, jemand zu sein, der er nicht war. Doch erlebte ich einen wunderschönen Moment, in dem er auch leise lachte und allein für diesen, wenn auch nur kurzen Augenblick des Vergessens, war ich ihm dankbar. Ich war wehrlos gegen diese Freude... und nicht allein der Scherz trug daran die Schuld. Lange hielt dieses Schmunzeln an, doch viel rascher ertönte lauter Hufschlag und ein Mann Théodens erreichte uns, in dessen Miene ich eine leise Aufgebrachtheit entdeckte, als er sein Pferd wendete und neben uns ritt. "Ihr missachtet des Königs Befehl?", wandte er sich erbost und ohne zu zögern an Aragorn, der all dies mit bemerkenswerter Fassung trug. Gerade so, als wäre des Königs Befehl lediglich von geringer Bedeutung. "Er verlangte, dass Ihr bei ihm reitet!" Ich suchte nicht nach dem Grund dieses Befehls, glaubte mich sicher in dem Gedanken, Theoden benötige ihn für eine Beratschlagung. So schaute ich zu Aragorn und erkannte noch immer jenes Grinsen auf seinen Lippen, mit dem er Brégo antrieb und dem Mann bereitwillig, wenn auch etwas verspottend folgte, als hätte er sich dessen Zorn nicht zu Herzen genommen. Nachdenklich blickte ich ihm nach, sah, wie Brégo die ersten Sätze tat und er sich unerwartet im Sattel zu mir drehte. Erneut hob sich die Hand zur bekannten Geste zum Kinn, stumm bewegten sich seine grinsenden Lippen. "Vergiss nicht", las ich von ihnen ab. "Der Bart." Somit wandte er sich nach vorn, trieb Brégo an und galoppierte davon. Ohne dass ich es zu verhindern wusste, entrann mir ein leises Lachen, welches ich rasch hinter der Hand verbarg, um den Zorn des Zwergen nicht auf mich zu lenken. Die Seltenheit der Scherze, an denen sich Aragorn bediente, machten sie umso amüsanter, ließen sie zu einer Außergewöhnlichkeit werden, der man sich nicht entziehen konnte. Doch der Zwerg redete noch immer, gab sich damit zufrieden, dass die blonde Maid ihm Gehör schenkte. Sie führte sein Pferd, und auch sie lachte, nachdem sie Aragorn lange nachgeschaut hatte. Ich räusperte mich. Dieses Lachen war schadenfroh und das wollte ich nicht sein. So kehrte ich in die leichte Ernsthaftigkeit zurück, blinzelte unter dem Licht und wurde auf ein kleines Mädchen aufmerksam, welches nahe bei mir lief. Mit großen, gar erstaunten und bewundernden Blicken betrachtete sie sich den Hengst, hielt das Gesicht nur zu mir gehoben und stolperte über jeden Stein. Ihr fiel es schwer, sich dem Tempo anzupassen und so neigte ich mich aus dem Sattel, fand Halt in den Steigbügeln und reichte ihr meine Hand. Sie zögerte nicht lange und griff nach ihr. So zog ich sie hinauf, hob sie vor mich in den Sattel und ließ sie nach den Zügeln greifen. Sie lachte, streichelte den Hals des Hengstes und ich erlebte die weitere Reise mit zurückhaltendem Genuss. Wir ritten den ganzen Tag und erst, als sich die Nacht über Rohan neigte und die Sonne tiefer sank, zog die Nachricht durch die Flüchtenden. "Eine Rast!", hörte ich eine Stimme von vorne. "Eine Rast!", ertönte es wie ein Echo hinter mir. So blieben die Menschen stehen, Karren wurden losgelassen, Lasttiere von dem Gepäck befreit. Auch ich brachte mein Pferd zum Stehen und musterte die kleine Tiefebene, auf der wir uns befanden. Eine gute Wahl des Königs, um zu pausieren. Das Mädchen begann sich zu regen und so griff ich beiläufig, noch immer in die Konzentration vertieft, nach ihrer Hand. Rasch hielt sie sich fest und ich neigte mich etwas hinab, bis sie hinabsprang, festen Boden unter den Füßen hatte und kichernd davonlief. Nach kurzer Zeit, als sich die Flüchtigen bereits gesetzt hatten und sich der kurzen Erholung hingaben, erspähte ich die beiden Hobbits, die scheinbar ziellos umherliefen, miteinander sprachen, scherzten und lachten... was bei ihnen keine Seltenheit darstellte. Auch Gimli sah ich, verzweifelt in den Versuch verstrickt, von dem Pferd zu gelangen. Er brüllte und bewegte die Beine, bis er seitwärts vom Leib des Tieres kippte und so sein Ziel erreichte. Ohne dem große Beachtung zu schenken, schweifte mein Blick weiter, hob langsam das Bein über den Hals des Hengstes und ließ mich zu Boden sinken. Beiläufig tastete meine Hand nach seiner Mähne, begann das Fell zu kraulen und schnaufend drückte er seine Blesse gegen meinen Arm. So holte er mich aus meiner Abwesenheit, die sich rein um Gedanken und schwere Grübeleien drehte. Prüfend und beratend trabten die Männer Théodens durch das Gras, erblickten die Rastenden und waren gern dazu bereit, kurz abzusteigen, um eine Hilfe zu sein. Auch einen von ihnen begann ich zu beobachten, während ich den Arm von unten um den mächtigen Kiefer des Pferdes legte, seine Wangen kraulte und mich ihm letztendlich ganz zuwandte. Eng trat ich an ihn heran, griff nach oben und ertastete die festen Riemen des Halfters. Bereitwillig senkte er sein Haupt und als wären wir auf dasselbe aus, ließ er sich das schwere Geschirr über den Kopf streifen und abnehmen. Sachte nahm ich ihm auch die Trense aus dem Maul, streichelte es beruhigend und warf diese Werkzeuge, die ich nicht gut heißen konnte, zu Boden. Die raue Zunge des Tieres berührte kratzend meine Haut und erneut lehnte es sich etwas gegen mich, vorsichtig, als würde es darauf achten, mir nicht das Gleichgewicht zu nehmen. "Hoda...", flüsterte ich leise, als er mich etwas nach vorn drängte, "... hoda." Vorsichtig berührte ich seine kräftige Schulter und ließ mich sinken, bis ich mich in das Gras setzte, wobei meine Hand sein Bein hinab glitt und beinahe gleichsam winkelte er die Vorderen an, ließ sich auf die Knie fallen und setzte sich hinter mich. Viele Blicke spürte ich, als ich mich vorsichtig gegen seinen Bauch lehnte und die Beine von mir streckte. Bevorzugten die Pferde doch das Stehen, war es bei diesem anders. Ich schenkte all dem keine Beachtung, griff hinauf zum Sattel und zog den Bogen samt Köcher hervor. Bequem begann ich diesen auf Schäden zu untersuchen und oft vernahm ich das Schnauben der Nüstern nahe bei mir, fühlte das Maul, wie es neugierig meine Schulter bearbeitete. Wortlos verständigten wir uns und beide ruhten wir ungestört, bis ich von meinem Bogen abließ und auch in anderen Bewegungen inne hielt. Etwas zwang mich, all meine Aufmerksamkeit herzugeben und alsbald hob ich langsam das Gesicht. Ein Geruch stieg mir in die Nase... säuerlich und in allen Einzelheiten unangenehm. Ich roch in den Wind, rümpfte die Nase und schweifte langsam zur Seite. Unauffällig beobachtete ich die blonde Maid. Sie trug einen kleinen dampfenden Kessel bei sich, Schalen und eine Kelle. Wieder konzentrierte ich mich auf den Geruch und je näher sie mir kam, desto aufdringlicher nahm ich ihn wahr. Sie lächelte freundlich, reichte einem Reiter eine gefüllte Schale hinauf und teilte auch an andere aus, bevor sie direkt auf mich zusteuerte. Vorsichtig tastete ich wieder nach meinem Bogen, benahm mich unauffällig und blickte erst auf, als sie mich erreichte. Mit ebenso erstaunter Miene, wie ich sie von den anderen kannte, betrachtete sie sich den Hengst und hob den Kessel, während ich versuchte, den quälenden Geruch unbeachtet zu lassen... und ich schien der einzige zu sein, der ihn wahr nahm. So hob sie kurz darauf auch den Kessel. "Ich habe eine Suppe gekocht", sagte sie und beugte sich etwas zu mir hinab. "Möchtet Ihr etwas essen?" Ich zögerte kurz, wollte die Abdankung nicht zu übertrieben schnell loswerden und vertiefte mich in scheinbare Grübeleien, bevor ich einen gewagten Blick in den Kessel warf und daraufhin leicht den Kopf schüttelte. Eine kurze Verblüffung schien nach ihr zu greifen und so richtete sie sich auf und sah mich kurz stumm an. "Sagt, ist dem Volk der Elben diese Speise denn bekannt?", erkundigte sie sich dann und raffte die Schalen höher. Der Hengst schnaubte laut und begann an dem Gras zu zupfen. "Gewiss", antwortete ich ruhig und höflich. "Doch ich habe keinen Hunger." "Das wundert mich", erwiderte sie daraufhin. "Habt Ihr nach Eurem Erwachen denn etwas zu Euch genommen?" Es fiel mir schwer, in Gelassenheit mit ihr zu sprechen, während der Geruch der Suppe die gesamte Luft erfüllte. "Ich werde essen", versuchte ich sie also zu beruhigen, sprach diese Worte mit dem Hauch eines Lächelns. "Später." "Nun gut." Sie nickte erleichtert, lächelte ebenso und drehte sich um. Und sobald ich ihren Blick nicht mehr auf mir spürte, wandte auch ich das Gesicht ab und rieb meine Nase. Unbekümmert wie eh und je führte sie ihren Weg fort und ich sah ihr nach. Ihr Weg schien ihr vorbestimmt und führte in die Richtung, die ich erwartet hatte. Zielstrebig ging sie zu Aragorn, der nicht weit entfernt auf einem Stein Platz genommen hatte. ~*~ Aragorn Es war mir eine innige Freude gewesen, aus der Ernsthaftigkeit, die der Elb nun beinahe genauso eisern mit sich trug, wie ich, ein Lächeln zu erzaubern und so war mir für wenige Augenblicke eine Erleichterung zuteil geworden, die ich gerne annahm. Und ebenso lieb wäre es mir gewesen, hätte diese Atmosphäre während der gesamten Reise vonstatten gehen können, doch zeitgleich wie Legolas, wurde auch ich auf den Reiter aufmerksam, der seine Entrüstung meinem Verhalten gegenüber augenscheinlich zum Ausdruck brachte. Nun, ich wusste ehrlich gesagt nicht, welch ein Befehl mit mir zu tun hatte, doch nickte ich dem Mann zu, behielt jedoch das Grinsen bei und folgte ihm. Nur wenige Fuß hatte Brégo hinter sich gebracht, als ich mich umwandte und erneut jene Geste tat, dem Blonden stimmlos Worte zusprach und ich glaubte das leise Lachen seinerseits zu hören, wenn ich auch nicht wusste, ob dies nicht eher eine Wunschvorstellung war. Geschwind ritt ich voran, an Gimli und Éowyn vorüber und ihren Blick fest auf mich spürend. Mir blieb keine Zeit diesen zu erwidern oder anderweitige Aufmerksamkeit zu schenken, musste ich dem Reiter doch gehorsam folgen. Schnell gelang ich zu dem König, der an vorderster Front ritt und uns führte, den Blick aufmerksam über die weite Ebene gleiten. Ich ließ den Kopf flüchtig sinken, als ich mich nun dem Tempo König Théodens anschloss und ihn erwartungsvoll anblickte. Er schwieg eine Weile, blickte über seine Schulter und warf mir dann nur andeutungsweise einen Blick zu. "Es ist lange her, dass ich meine Nichte lächeln sah." Langsam sprach er dies und ich konnte nicht erahnen, weshalb er diese Worte an mich richtete, lauschte ihnen aber eindringlich, da ich es zuvor doch so versäumt hatte, ihm Gehör zu schenken. "Sie war noch ein Kind, als man ihren Vater tot nach Hause brachte, von Orks erschlagen. Sie sah zu, wie ihre Mutter vor Trauer zerbrach. Dann war sie allein und pflegte ihren König unter wachsender Furcht. Dazu verdammt, für einen alten Mann zu sorgen, der sie wie ein Vater hätte lieben sollen." Schon seit der ersten Begegnung mit der blonden Maid war mir diese Einsamkeit in ihren Augen aufgefallen, ebenso der Wunsch, sich an meine Seite zu gesellen, als ich letzte Nacht vor der Halle Tore saß. "Ich wünsche, dass Ihr dieses Lächeln auf ihren Lippen schützt, mein Herr Aragorn." Ich hob die Augenbrauen. Längst hatte sich meine gutgesinnte Miene in eine Nachdenkliche, jedoch vor allem Fragende verwandelt. "Ich wünsche...", fuhr er voller Ernsthaftigkeit, aber mit einem Hauch in der Stimme, der einem Befehl gleichkam, fort. "... dass Ihr mein Volk beschützt und wachsamer seid." "Aber..." Er schüttelte den Kopf als ich mich rechtfertigen wollte, ein wenig doch gekränkt, dass man mir das Scherzen vergönnte, wo es doch so dunkel zwischen uns allen schien und mich die Finsternis umso mehr zermarterte. "Ihr verkennt Eure Aufgabe, die Pflichten, die man Euch auferlegte." Es war erstaunlich, dass er so ruhig blieb, wo er doch etwas aussprach, was, wenn dem nur so wäre, eine unzumutbare Schuld war. Doch war ich mir dieser Schuld nicht bewusst, da ich den Befehlen folgte, alles tat, was man mir auftrug und es nur keinen glücklich zu stimmen schien. Und etwas... was wohl keiner bedachte und in keinem Gegenwärtigen von Bedeutung zu sein schien, war... dass ich um diese Pflichten nicht bat. Ich hatte mich nicht selbst ins Exil verbannt, um erneut dieser Last zu unterliegen. "Bedenkt, Herr...", er sprach weiter und ich ließ den Blick abschweifen, fühlte mich nun wahrhaft unter Druck gesetzt, "... man übergibt Euch diese Pflichten nicht, um sich selbst zu erleichtern." Wieder sah ich dem König in die Augen, wirklich erwartend, welcher Grund es denn noch sein könnte, weshalb man mir dies aufbürdete. Jetzt, wo ich die Pflichten eines Geliebten vernachlässigt, die Pflichten eines Gefährten und die Pflichten eines Freundes so schmerzhaft verletzt hatte, dass es an Wahnsinn grenzte. "Man übergab Euch jene Pflichten, weil man Euch vertraut. Gandalf und ebenso ich lege, alle unsere Hoffnung in Eure Tatenkräftigkeit und ich erhoffe mir... auch wenn es für einen König wohl nicht richtig ist, guten Rat von Eurer Seite." Ich verblieb still, etwas ungläubig zugegeben und mir die Worte verinnerlichend, um den Hintergrund dieser zu begreifen. "Ihr... erhofft Euch, dass meine Gefährten nicht der Mittelpunkt meiner Konzentration fordern, ist es nicht so?" Mein Herz schlug verräterisch schnell, so als ob es mich warnen wollte, dass ich diese Erkenntnis aussprach. "Ich erhoffe, mein Herr Aragorn, dass Ihr die Lage nicht verkennt, in der Ihr Euch befindet. Ein Mann, der sich nicht auf Wesentliches konzentriert, dem kann man nicht vertrauen und einem Mann, dem man nicht vertrauen kann, dem spendet man keine Gunst." Damit wandte er sich ab und überließ mich meiner Entrüstung, die ich der Worte wegen empfand. "Wir rasten", sagte er und blickte sich dabei noch einmal ausgiebig um, brachte sein Pferd in dieser Tiefebene zum Stehen und sogleich wurde ein Ausruf gemacht, der durch den Fluss der Menschen hallte und sie allesamt der Erschöpfung nachgaben. Wortlos ritt ich langsam zurück, entfernte mich vom König und suchte Ruhe. Ruhe zwischen den Menschen, die sich um ihrer selbst sorgten und mich achtlos sinnieren ließen. In ihrer Mitte selbst stieg ich von Brégo ab, besah ihn mir und stellte fest, dass seine eigene Erschöpfung nicht sehr von Belang war und ich nahm ihm das Geschirr ab, um ihm so ein wenig Erleichterung zu schenken. Auch wenn er nicht an mich oder ich an ihn gebunden war, so wusste ich, würde er zurückkommen. Ich sah mich um und erblickte, wenn es auch ungewollt war, Legolas nicht weit entfernt, wie er am Boden saß und sich an sein Pferd lehnte, wie an einen Stein. Es erfreute mich, ihn dort hocken zu sehen, den Bogen und Köcher bedächtig untersuchend, während das weiße Ross ohne Geschirr hinter ihm saß und ihn zu beobachten schien. Man merkte sogleich, wie nah sich doch Elb und Tier waren und ich beneidete die Elben um ihr Wissen um der Tiere Sprache, da es mir nicht gelang, näheren Kontakt mit ihnen aufzunehmen... nicht so nah, wie Legolas es mit seinem Pferd konnte. Nicht lange behielt ich diese Beobachtung bei, setzte mich auf einen Stein und versuchte mich von allen Dingen abzuschotten. Versteckt hinter diskreten Worten, waren auch die des Königs in eine Warnung verstrickt. Ja, sie wussten es alle und nur er schien es nicht zu ahnen... und ich wusste nicht mehr mit dieser Begebenheit umzugehen, war nahezu ratlos. Es war mir ein Unmögliches, mich von ihm fernzuhalten, auch nur einen Tag nicht an seiner Seite verbringen zu können, jetzt, da wir schon etliche Wochen beieinander waren. Lange Zeit hatte ich nicht an ihn denken müssen, war befreit von dieser Sehnsucht und doch hatte all dies geendet, als auch der Rat Elronds endete. Ein Geruch stieg mir in die Nase, der mir unbekannt war, roch er unangenehm und doch nicht verdächtig und ich fand mich damit ab, dass einer der Frauen für ihre Kinder Dinge mit letzten Mitteln kochte. Es lag nicht in meinem Interessenbereich, war ich doch zu sehr in einer irrsinnigen Fragerei vertieft. Was sollte ich nun tun? Ich durfte also nicht bei ihm sein, nicht einmal in einer kameradschaftlichen Nähe die Seine genießen, selbst wenn ich mich... nein, selbst da ich mich schon zurückhielt. Ich glaubte, Gandalf hatte seine Hände in einem Spiel, welches die Grenze des Toleranzbereiches weit überschritt. Seufzend blinzelte ich mich frei aus diesem Gefecht der Fadenspinnerei und zog mein Schwert aus der Scheide und auch den Schleifstein aus meiner Tasche und bemühte mich, mich gedankenlos auf das Schärfen der Klinge zu fixieren. Doch ich spürte, dass das Augenmerk auf mich gerichtet wurde und sah auf, war die blonde Maid zu mir getreten und verblieb mit Kessel, Suppenlöffel und einer Schale. "Ich habe einen Eintopf gemacht. Es ist nicht viel, aber es ist heiß." Ich erinnerte mich daran, was der König gesprochen hatte und legte Schwert und Schleifstein beiseite. Nur flüchtig nickte ich, als sie mir bereits eine gefüllte Schale reichte und ebenso den Löffel. "Danke." Ich verspürte wahrlich einen leichten Hunger und so tauchte ich den Löffel in die trübe Suppe und führte ihn anschließend zum Mund. Mit einem Male hielt ich inne und ich spürte den säuerlichen Geschmack auf meiner Zunge, der mich an den Geruch zuvor erinnerte. Kurz reglos, dann versuchte ich einen Blick zu erhaschen, zu prüfen und sie sah mich an, erwartungsvoll und schon über meine Reaktion verdutzt. Es kostete mich... einiges an Überwindung, als ich die Suppe zu mir nahm und es so ruhig wie möglich hinunterschluckte. "Ist gut." "Wirklich?" Sie fand zu ihrem Lächeln zurück und drehte sich um. Abschätzend schaute ich sie an, ehe ich mich zur anderen Seite wandte und die Schale zur Seite neigte. Bei aller Liebe und dem Hunger... "Mein Onkel...", ich hörte ihre Stimme erneut und zog die Schale sofort zu mir zurück, verbrannte meine Hände an der heißen Flüssigkeit und hielt sie mit beiden Händen fest, krampfhaft verbergend, wie schmerzhafte diese ungünstige Tatsache war, "... er hat mir etwas Seltsames erzählt." Sie drehte sich wieder zu mir und lächelte unsicher. "Er sagte, Ihr seid in den Krieg gezogen, mit Thengel, meinem Großvater. Aber er muss sich irren, denke ich." Doch ich lächelte nur matt und nickte. "Des Königs Gedächtnis ist gut. Er war noch ein kleines Kind damals." Sie hockte sich vor mich, mit einer Ungläubigkeit in ihrer Miene, die mich nicht sonderlich wunderte. "Dann müsst Ihr ja mindestens sechzig sein." Es war eine annähernde Verlegenheit, die sich meines Alters wegen in mir aufbäumte und ich hoffte, das Thema würde alsbald enden, da ich schwieg "Siebzig? Ihr könnt keine achtzig sein." Ich sah sie an und lächelte. "Siebenundachtzig." Sie erhob sich voller Verblüffung und öffnete den Mund voller Verwunderung. "Ihr seid einer der Dúnedain. Ein Nachkomme der Númenorer, die mit langem Leben gesegnet sind. Es heißt, dass Euer Geschlecht ins Reich der Legende eingegangen ist." "Nur wenige von uns sind übrig. Das nördliche Königreich wurde zerstört vor langer Zeit." Sie schüttelte den Kopf, zeigte ihre Betroffenheit. "Tut mir Leid. Bitte. Esst." Unschlüssig nickte ich, sah zu der Schale und tauchte den Löffel erneut hinein. Nur wenig... zu meinem Glücke, konnte ich einnehmen, denn schon hallte ein Ruf wider, gefolgt von vielen Wiederholungen. "Wir ziehen weiter!" Ich stand auf, neigte das Haupt vor der Maid und reichte ihr die Schale und Löffel. "Verzeiht." Sie schüttelte den Kopf und lächelte dankbar und ich stellte mir die Frage, in welcher Hinsicht sie dies tat. Dies war kein einfaches Lächeln. Ich versuchte keine Gedanken daran zu hegen und wandte mich um, rief Brégo zu mir, der sich in der Zwischenzeit abseits gehalten hatte und saß auf, als er bei mir angekommen war. Diesmal ließ ich es nicht zu, dass es Mängel auszusprechen galt und hielt mich direkt hinter dem König, als sich das Volk wieder aufmachte. Flüchtig leckte ich mir über die Lippen, verzog das Gesicht und fuhr mir mit dem Handrücken über dem Mund. Doch lange blieb mir noch dieser Geschmack und zu sehr lenkte er mich von intensivem Sinnieren ab, als dass ich die Stunden, die wir in der tiefen Nacht hinter uns brachten, auf meine bevorstehende Beichte legen konnte, die ich über die Zeit bisher nicht aussprechen konnte. Die Sterne übertrafen sich an der Anzahl ihres Lichtes und als ich flüchtig einen Blick hinter mich warf, folgten uns die tiefen Wolken nur gemächlich, als ob sie uns die Ruhe noch vor Augen halten wollten und den Sturm erst hinaufbeschworen, wenn wir uns in Sicherheit glaubten. "Herr! Die Klamm! Wir haben Helms Klamm erreicht!" Ich sah auf und vielleicht fünfhundert Fuß trennten uns noch vor der großen Burg, auf die alle ihre Hoffnung lenkten. Aus ungeahnten Kräften beschleunigte das müde Volk das Tempo und die Reiter eilten sich ebenso. Ich ließ Brégo zur Seite ausweichen, machte den Leuten Platz und erwiderte ihre erfreuten Mienen und fröhlichen Gesten mit einem simplen Lächeln und ritt nah an ihren Seiten mit. Der Mond stand in seiner vollen Pracht am Himmel, verborgen nur von kleinen Wolkenfetzen und ich schätzte die Zeit auf Mitternacht. Die schweren Tore der Klamm öffneten sich weit und das Volk stürmte hinein, durch die vielen Gänge, zielsicher und befreiter denn je und ich stieg von Brégo ab, passierte das Tor neben dem Pferd und folgte den Menschen ruhig, als der König auf seinem Pferd vor mir hielt. "Ruht Euch aus, Aragorn. Eure Anwesenheit ist für die nächsten Stunden nicht von Wichtigkeit." Ich sah mich um, erblickte durchaus die Geschäftigkeit des gesamten Volkes und ich wusste, dass meine Arme noch genügend Kraft inne hatten, ihnen bei jeglicher Arbeit zu helfen. "Ich habe noch Kraft." "Es ist ein Befehl, Herr Aragorn." Nachdrücklich wies er mich darauf hin und richtete seinen Zeigefinger in eine Richtung, zu den Gemäuern. Nun war ich wieder der Erboste und zeigte dies offen. "Man lässt Euch rufen, werdet Ihr gebraucht. Ich dulde keinen Widerspruch." Und damit wandte er sich ab, ritt fernab und ließ mich zurück. Krampfhaft biss ich die Zähne aufeinander, ballte die Hände zu Fäusten und holte tief Luft, ehe ich mich nicht verweigern konnte und diesen Weg beschritt. Ruhen, ruhen, ruhen!! Einjeder benötigte mehr Ruhe, als ich! ~*~ Legolas Sie enttäuschte mich nicht in meiner Vorraussicht, hielt geradewegs auf Aragorn zu und ich ließ den Bogen erneut sinken, auch weiterhin abgelenkt und neugierig auf den Ausgang dieses Geschehens. Wieder berührte das Maul des Hengstes meine Schulter und ich hob stockend die Hand, tastete nach seinem Kinn und begann es beruhigend zu kraulen. Alsbald erreichte sie ihn, füllte bereits eine der Schalen, als er aufblickte und von seinem Schwert abließ, welches er soeben geschliffen hatte. Ein kurzer Blick, bevor er nach der Schale griff, dankend nickte und auch den Löffel entgegennahm. Aufmerksam verfolgte ich seine Bewegungen und wie er kostete, entspannt das abwartend, was kommen musste. Und wirklich. Ich sah ihn innehalten, als er den Löffel am Mund hatte, geduckt sitzen blieb und kurz darauf aufblickte. Langsam hob ich die Augenbrauen, wartete den kurzen Moment des Zögerns ab und sah ihn daraufhin nicken. Deutlich nahm ich auch ihre erstaunte Reaktion wahr und erstaunt war nicht nur sie. Ich ließ den Blick sinken, betrachtete mir den Bogen und entließ auch den Hengst aus den Streicheleien, worauf sich dieser mit dem Gras zufrieden gab. Hatte ich mich doch entschlossen abgewandt, so haftete mein Blick trotzdem nur flüchtig an dem fein geschnitzten Holz, bevor ich wieder aufblickte. Diese Situation, in der er leidend steckte, war doch zu interessant. Unauffällig wanderte die Schale zur Seite, als sich die Maid abwandte, umso rascher machte er sich daran, den Erdboden mit der missglückten Suppe zu säumen und doch benetzte sie letzten Endes nur seine Hand, als sich die junge Frau unerwartet zu ihm drehte. Eilig umfasste er die Schale mit beiden Händen, nur kurz zuckte sein Gesicht unter dem brühenden Schmerz und ohne dass sie es bemerkte, brachte er es hinter sich, festigte die eigene Haltung und sah ihr stumm entgegen, als sie zurückkehrte. Es war bedauerlich... Ein bekanntes, gar befürchtetes Sinnieren stürzte über mich herein und diesmal fortwährend schaute ich weg, betrachtete mir die Menschen, die neue Kräfte schöpften. So reich er auch an guten, erstrebenswerten Eigenschaften war... So sehr er sich auch selbst verstellte, um anderen keinen Schaden zuzufügen... So viel Gutes, wie er tat... All das, so schien es, ging unter in dem brausenden Meer der Unsicherheit, welches endlos zu sein schien, sich auch hinter dem Horizont weithin erstreckte. Zu erdrückend, zu bedeutsam waren die gestörten und verunsicherten Gefühle zu ihm, als dass ich ihn preisen, meine Aufmerksamkeit auf solch kleine Dinge lenken konnte, konnten sie doch dem nicht enfliehen, was so deutlich vor mir lag. Stellten doch auch sie nur das Äußerliche dar... Unter einem leisen Atemzug ließ ich den Kopf sinken und blickte erst auf, als sich deutliche Stimmen erhoben. "Wir ziehen weiter!", verkündete einer der Reiter, schnaubend galoppierte sein Pferd an der ziehenden Schar vorbei und diese setzte sich schwerfällig jedoch ausdauernd in Bewegung. Ich verzog sinnierend die Miene, ließ vollends ab von meinem Bogen und betrachtete mir das Gras, welches zertreten war durch all die raschen Füße. Aber meine Gedanken durften nicht abdriften, mussten hier sein, meinen Körper der Lähmung entziehen, mich loslassen... sie befielen mich sowieso viel zu oft, zu langwierig, als es mir lieb war. So kam ich bald vorsichtig auf die Beine, sah kurz Brégo nach, der zielstrebig an mir vorbeitrabte und wartete anschließend, bis der Hengst aufgestanden war. Er schnaubte durch die Nüstern, schüttelte sich und schlug mit dem Schweif. Sorgsam streifte ich ihm das Zaumzeug über, weitete die Kandarre und schnürte auch die Riehmen lockerer. Eine mahnende Hand und die völlige, gar schmerzhafte Kontrolle, war fehl an diesem Platz. Als die Menschen bereits an mir vorbeizogen, verstaute ich noch gemächlich den Bogen und den Köcher, steckte auch den wiedererlangten Säbel in die kunstvolle Scheide und stieg hinauf in den Sattel. So gab ich mich dem letzten Stück der Reise hin, die der Hengst und ich mit größter Entspannung hinter uns brachten. Wir nahmen uns die Zeit, erlaubten es uns, zurückzufallen, das Ende der Schar zu bilden und während er hin und wieder nach hochgewachsenem Gras schnappte, summte ich die leise Melodie eines elbischen Liedes und blickte gedankenverloren zum Horizont. Bald verdunkelte sich dieser, ließ die hellen Wolken, die so friedlich über den Himmel gestreift waren, verblassen und ersetzte sie dennoch. Hell und funkelnd prangten alsbald die Sterne über uns, vermittelten uns ein Gefühl des Friedens in dem Lande, welches doch von Krieg und Leid so bitter zerfurcht war. Frischer wurde auch der Wind, der uns spielend umwehte. Wachsam ritten die Männer des Königs neben der Schar, bildeten mit ihren Pferden eine schützende Mauer, abschottend gegen die Dunkelheit, vor deren angstvollem Fluch sich die Frauen mit Gesängen wehrten. Ein fortwährendes Summen zog durch die Schar, manchmal gar heitere Melodien, denen ich genussvoll lauschte. Und so verging die Zeit schnell und überraschend flink schienen wir auch unser Ziel zu erreichen. Gleich eines Laubfeuers im von Hitze zermarterten Dickicht, verbreitete sich die Nachricht: "Helms Klamm! Wir sind am Ziel!" Und die Menschen seufzten auf. Alsbald erblickte auch ich die mächtigen Mauern der Feste, die düster und unauffällig zwischen zwei imposanten und rauen Bergen lag. Nur kleine Leuchtfeuer auf den wenigen Türmen machten auf sie aufmerksam und die Menschen gingen eiliger, setzten alles daran, der gefahrvollen Dunkelheit zu entfliehen und Sicherheit genießen zu können, die diese Festung wahrlich hergab. Nachdenklich musterte ich sie, während wir hinab von einem Hügel und durch die letzte tiefe Ebene ritten, das letzte Stück des Weges hinter uns brachten. Sie wirkte wahrlich sicher und unzerstörbar. Weise war des Königs Idee, doch glaubte ich, viel mehr als den größeren Schutz als in Edoras, besaßen wir trotzdem nicht. Unbekannt waren uns die Waffen des Feindes, unbekannt auch dessen Bösartigkeit und die Fantasie, grausame Mittel zu erschaffen, um das Ziel zu erreichen. Jeden Arm, der stark genug war ein Schwert zu führen, würden wir benötigen. Ich hoffte auch auf eine Vielzahl an Kämpfern. Sicher mussten einige vor uns hier angekommen sein, sicher gab es sie. Des Königs Männer waren mutig, doch zu gering in ihrer Zahl, als dass sie mit ihrem Mut lang genug bestehen könnten. Ja, Zweifel taten sich in mir auf und noch bestärkter fühlte ich mich in ihnen, als wir das massive Tor durchritten, als die Hufen der Pferde laut auf dem glatten Gestein schallten und ich die Stimmen vieler Menschen wahrnahm. Ein arges Gedränge herrschte im großen Vorhof, gar überall saßen Flüchtige, auf jeder freien Stelle, an jedem freien Platz. Ich brachte das Pferd zum Stehen, hielt mich jedoch im Sattel, während sich die Männer des Königs hinabschwangen und ihrer Wege eilten, einjeder verstrickt in ernsthaften Angelegenheiten. Schweigend blickte ich mich um, hörte Kinder weinen, Frauen jammern, Männer fluchen. Fleißig wurde der Proviant in die Hallen getragen und ich blickte auf zu den Mauern, auf denen Männer postiert waren. Allseits standen sie wachsam und mit ernsten Mienen. Die Enge nahm zu und so trieb ich den Hengst etwas an, lenkte ihn ruhig durch die Massen und stieg aus dem Sattel, als ich keine Gefahr mehr lief, angerempelt zu werden. Ich wusste, was dies für Folgen haben konnte. Sorgsam führte ich das Pferd zu den Ställen und entlud es meiner Habseligkeiten. Entspannt legte ich den Gurt des Köchers über meine Schulter, schob den Bogen in die Halterung und verstaute auch die Säbel auf meinem Rücken. Anschließend übergab ich den Hengst einem eifrigen Stallburschen, der ihn sogleich fortführte und versprach, ihn gut unterzubringen. In dieser Gewissheit verließ ich die Ställe, trat hinaus und wollte den Besorgten eine Hilfe sein. Vorsichtig schob ich mich durch einen Fluss von Drängenden, erreichte einen verstecktliegenden Platz und fand dort einen Zustand vor, der nahe an Chaos grenzte. In Aufregung unterhielten sich die Hilfesuchenden, manche schrieen sich gar an und nichts erinnerte mehr an die friedvolle und ruhige Flucht. Aus einem anderen Land mussten diese Flüchtigen kommen, umso verängstigter und aufgewühlter waren sie und spätestens, als jene Ruhigen diese Atmosphäre spürten, griff diese auch auf sie über. Ich ging vielen zur Hand, handelte unbeteiligt und doch hilfreich, beteiligte mich nicht an Streitereien, zog schweigend an ihnen vorüber und schob mich weiter, auf dem Weg zu einem Ort, an dem noch mehr Trubel herrschte. Ich betrat einen engen Durchgang, blieb kurz stehen und lehnte mich mit dem Rücken gegen das raue Gestein, bevor drei große Männer an mir vorbeirannten. Vorsichtig bewegte ich mich vorwärts, versuchte mir einen Überblick zu verschaffen und ließ mich vom Gedränge mitziehen. Aus allen Richtungen zog mir Lärm entgegen, aus allen Richtungen auch Getöse. Aufgeregt eilten die Menschen an der zweiten inneren Mauer vorbei und ich stemmte mich kurz gegen sie, vernahm da laute Weinen eines Kinder und erspähte ein eines, welches nach seiner Mutter schrie. So kämpfte ich mich zu ihm, spürte einen Ellbogen, der mich kurz an der Schulter traf und erreichte das Kind. Eilig hob ich es auf meinen Arm, trat zurück, brachte mich vorerst in Sicherheit und ging erst weiter, als weniger Gefahr bestand. Angelangt auf einer höheren Ebene der Klamm, reichte ich das Kind einer Mutter, die weinend auf mich zueilte. Nur kurz lauschte ich ihrer Danksagung, wandte mich ab und versuchte den Überblick zurückzuerhalten, als mich eine kräftige Hand am Arm packte. "Legolas!" Skeptisch blickte mich der Zwerg von unten her an. Noch immer hielt er meinen Arm und rüttelte an diesem, hielt mich auch zurück, als ich weitereilen wollte. "Legolas, sei doch kein Tölpel!", mahnte er mich, als hätte er jedes Recht auf seiner Seite. "Komm mit mir und iss einen Happen. So vorzüglich die Suppe der Herrin Eowyn auch war, so war sie beileibe nichts, was einen Zwerg satt machen kann!" Ich wollte widerpsrechen, doch wollte er nichts hören und zog mich mit sich. "Genug wird sich hier um sie gekümmert, genug kümmern sie sich auch um sich selbst! Lass dich nicht von ihrer Aufgebrachtheit irritieren, die wird sich legen! Jetzt komm und iss, hier in diesem Gedränge wirst du gebrechlicher Elb doch nur niedergetrampelt!" Dem wusste ich nichts entgegenzusetzen und trotz des Willen, eine Hilfe zu sein, wollte ich mich Aragorn nicht anschließen und übersehen, dass ich selbst Hilfe benötigte, eine Stärkung, der ich schon zu lange entsagt hatte. So folgte ich dem Zwerg tiefer hinein in die Feste, hinweg über Treppen und letztendlich rein in eine recht große Halle. Lange Tafeln standen dort, gedeckt mit Speisen, die dem Zwerg einen triumphierenden Schrei entlockten. Ich selbst blieb stehen, durchstreifte musternd gar suchend die Reihen der bisher wenigen Krieger, die bereits Platz genommen hatten und sich dem Schmaus hingaben. "Was stehst du dort?!", brüllte der Zwerg ungeduldig und zerrte erneut an meinem Arm. "Was für eine Verschwendung wäre es doch, den saftigen Braten nur anzustarren! Schau, ist das ein Krug Bier?!" Er ließ mich los und eilte fort und ich folgte ihm nur langsam, erkannte den zweiten Mann des Königs, der durstig trank, erkannte viele Gesichter wieder, die uns auf der Flucht begleitet hatten. Letztendlich blieb ich vor einer der Tafeln stehen und Gimli setzte sich auf die Bank, grabschte nach einem gefüllten Tablett und zog es zu sich. Mit gemischten Gefühlen besah ich mir den Braten, das Fleisch und den Wein, war unentschlossen und fand auch keine Hilfe in der Keule, die mir der Zwerg unter die Nase hielt. "Iss!", befahl er barsch, doch ich hob abdankend die Hand, entfernte mich einen Schritt und spazierte um die Tafel, auf der Suche nach etwas, das mir genügte. Bis in weite Entfernung vernahm ich das laute Schmatzen und das Rülpsen, selbst am anderen Ende der Tafel hörte ich es deutlich, spürte unter anderem auch altbekannte Blicke aus der Richtung der Tafel, an dem die Vielzahl der Männer Platz genommen hatten. Ähnlich, gar identisch waren sie mit denen, die mich in Edoras trafen und wieder schenkte ich ihnen keine Beachtung. Ich wusste keine Erklärung und ehrlich gesagt sah ich andere Dinge als wichtiger an, als die Suche nach ihr. Bald wurde ich fündig und griff nach einem Stück Brot. Mit diesem kehrte ich zu dem Zwergen zurück, ließ mich in sicherer Entfernung zu ihm nieder und erntete einen ungläubigen Blick. "Aaah", brummte er rau und senkte verächtlich den Kopf. "Kein Wunder, dass du so mager bist! Schau dich an! Du isst doch nichts Richtiges!" Somit grunzte er und biss in die saftige Keule. Ich selbst biss eine Ecke des Brotes ab und begann lange und gemächlich zu kauen. Nebenbei nutzte ich die Ruhe, um die Halle erneut zu durchmustern. Kurz blieben meine Augen auch an Theoden hängen, der raschen Schrittes an den Tafeln vorüberzog, vertieft in eine impulsante Disskussion mit einigen seiner Männer. "Ja ja... Theoden", meldete sich da Gimli zu Wort, dem meine Beobachtung augenscheinlich nicht entgangen war. "Fähiger Mann! Verstehst du, er besitzt die Fähigkeit, einjeden zu bändigen!" Ich drehte das Gesicht mit ihm, setzte die Beobachtung ungestört fort und lauschte den Worten des Zwerges nur beiläufig. "Stell dir vor!" Er lachte. "Vor kurzem erlebte ich, wie er Aragorn... ich sage dir, den leibhaftigen Aragorn, dazu brachte, sich zurückzuziehen!" Und spätestens diese Worte lenkten mich ab. Nicht darauf aus, mein Staunen zu verbergen, sah ich Gimli an und dieser nickte... wobei das Bier aus seinem Bart tropfte. "In diesen Momenten dürfte er friedlich schlummern." Ich legte den Kopf schief, ergriffen von Zweifeln, schloss auch er sich mir an und murmelte etwas Unverständliches, bevor er heftig den Kopf schüttelte. "Nun ja, jedenfalls wird er nicht erfasst von all dem Trubel, auf dass er bald nicht mehr aussieht wie ein wandelnder Toter!" Ja, dies wünschte auch ich mir, doch waren die Zweifel stetig, denn für wahr gelang es niemanden, Aragorn seinen Willen aufzudrängen, wenn dieser ihn selbst nicht akzeptierte. Und wie bekannt, gelang es niemandem, ihn zu kontrollieren... ... nicht einmal ihm selbst... zu gewissen Zeiten. So vertiefte ich mich in den Gedanken, ihn ruhend zu wissen, freundete mich mit ihm an und freute mich auf zahlreiche Augenblicke der Ruhe, in denen ich, getrennnt von ihm, sinnieren konnte. Und diese Grübeleien hatten viele Vorfälle zur Wahl... ~*~ Aragorn Man wies mir den Weg, durchaus kontrollierend, als gäbe es nichts Wichtigeres, als mich behütet in einem kleinen Raum zu wissen, an dem ich keinen Schaden anrichten konnte! Ich würdigte den Männern an der Seite der Gemäuer keines Blickes, hätte ich ihnen wohl den Tod mit einem Hass in meinen Augen gewünscht, der sie bis in den Schlaf verfolgt hätte. Man schloss die Tür hinter mir und wahrlich hätte es mich nicht gewundert, wenn man sie abschloss, doch man schien wenigstens ein wenig an meine 'Vernunft' zu glauben. Nun stand ich da, vor mir ein beinahe leerer Raum aus kargem Gestein, nur gefüllt durch eine weiche Liege, einem Stuhl und einem alten Tisch. Ruhen... eher noch ruhelos schritt ich zu jener Liege, unwirsch der Ursache auf den Grund zu gehen. Weshalb schloss man mich aus der Geschäftigkeit des Volkes aus? Warum war es mir nun vergönnt, Gedanken zu verdrängen, indem ich den Menschen half und zu Rate gezogen werden konnte?! Ich unterdrückte ein wütendes Knurren, ballte die Hände erneut zu Fäusten und brachte meinen Körper voller Zorn zum Erbeben. Zum verrückt werden! Ratlos ließ ich mich auf der Liege nieder, versuchte mich nun etwas zu beruhigen, da mir wohl ein Wutausbruch nicht weiterhelfen, mich wahrscheinlich eher noch tiefer bringen würde, als ich sowieso schon war. Weckte ich nun in einjedem Zweifel? Hatte ich sämtliche Register gezogen, ohne dabei hilfreich gewesen zu sein? Hatte alles, was ich getan hatte, nur zum Zwecke gedient, dass ich in seiner Nähe sein wollte? Legolas... Ich sehnte mich nach einem Augenblick des Friedens, spürte die nagende Erschöpfung, mit einem Male brach sie über mich herein und ich ließ mich zurücksinken. Ein schweres Seufzen entrann mir, als ich den weichen Untergrund spürte und sich mein Blick an die Decke heftete. Wieder eine kahle Decke, die mir unbekannt war und auf deren Augenschein ich gern verzichtet hätte. Ruhe kehrte ein und anstatt dem Zorn und der Wut in meinem Inneren nachzugeben, beruhigte sich mein Atem und auch meine Gedanken ordneten sich langsam. Seit Moria hatte ich meine Aufmerksamkeit ausschließlich ihm gewidmet... nun, vielleicht auch eher noch mir selbst. Ja, ich habe mich wohl mehr um mein eigenes Wohl gesorgt, als dass ich auf all jene Rücksicht nahm, obgleich ich es durch oberflächlichen Rat und Gutmütigkeit überdecken konnte. Und Legolas ahnte es, obwohl er nicht wusste, wieso. Ich wandte den Blick ab und legte mich matt auf die Seite, nun die Wand anstarrend, ohne eine Müdigkeit feststellen zu können. Leise Stimmen erreichten mein Ohr, hektische Schritte spürte ich durch die Vibration des Bodens und ich fragte mich, was der Elb wohl gerade tat, ob er den Anderen eine Hilfe war... natürlich war er das und Gimli ebenso. Alle sorgten sich um den Verlauf des Tages und der kommenden Schlacht und mir blieb dies verwehrt. Ich drehte mich auf die andere Seite und gedankenverloren besah ich mir den rauen Boden, ehe ich die Augen schloss und versuchte das zu tun, was man mir befahl. Der König, so schätzte ich es ein, glaubte nicht mehr an meine Stärke, an meine Tatenkräftigkeit, wie er es so hoffnungsvoll anpries. Man gedachte mich hier zu zähmen und wieder für Befehle tauglich zu machen, befürchtete ich, doch war mein Lebtag nie etwas anderes geschehen, als dass ich Befehle befolgte. Nie etwas anderes... und nun brannte sich etwas in mein Inneres, was diese beinahige Routine verdrängte. Ein unheilvolles und gar hoffnungsloses Unterfangen, das mich völlig in Besitz nahm und ich nicht wusste, wie ich dem abzuschaffen gedachte. Wie sollte ich diese Qual nur beenden? Es wurde still um mich, weder Stimmen noch Schritte hörte und spürte ich noch und ich erkannte mich alsbald zwischen Dunkelheit und Nebel wieder. Ziellos richteten sich meine Augen in eine Richtung, unerkennbar, wohin ich starrte. Einige Schritte lief ich noch, als ich eine Bewegung hinter mir wahrnahm und mich umwandte. Da stand er wieder. Der Elb, mir den Rücken zugekehrt, anmutig und aufrichtig wie bisher und ich blieb stehen. Sein Kopf war leicht gesenkt, doch hob er ihn und drehte sich langsam zu mir um. Ich fühlte mich bewegungsunfähig, als ich sein Gesicht erblickte, erst ausdruckslos, doch unerwartet ernst wurde es, bis er die Lider etwas sinken ließ und ich die nahe Enttäuschung in seiner Mimik lesen konnte. Ja, ich erkannte seine sanfte Miene nicht wieder, verzog er die Augenbrauen, ließ den Blick sinken und verblieb wenige Sekunden dort. Seine Schultern sanken hinab und er schloss die Augen, ehe er den Kopf wieder anhob. Ein kalter Schauer lief über meinen Rücken, hinterließ eine unangenehme Gänsehaut, als er erneut die Augen auf mich richtete, doch war das bekannte Leuchten in ihnen ein anderes. Er legte den Kopf zur Seite und blickte nur aus den Augenwinkeln zu mir, mit einer Verachtung in dem schönen Blau, das mir Angst einjagte und mein Herz für einen Moment aussetzen ließ. "Verachtenswerte Kreatur", warf er mir stimmlos entgegen und ich weitete die Augen, befürchtend, dass Hass hervortreten würde, würde ich nicht etwas tun, doch ehe ich einen Schritt machte, erblickte ich die kahle Wand vor mir und die Dunkelheit war verschwunden. Sofort richtete ich mich auf, sah mich orienterungslos um und fand mich doch allein in dem Raum wieder. Ein Traum... erneut erlag ich einer Illusion, war sie doch so real gewesen. Zittrig ließ ich die Beine auf den Boden sinken, stand auf und lief zu der Wand, vergewisserte mich, dass sie real war und ich spürte die Kälte an ihr. Wieso...? Bei all den Göttern, was hatte ich getan, dass er mir diesen Blick zuwarf?! Was hatte ich getan, dass mich all das verfolgte?! Dumpf legte sich meine Stirn gegen das Gestein und meine Finger bohrten sich langsam in die Handfläche, mir den Schmerz bewusst machend, der in mir tobte. "Wieso?!" Ich drehte mich um, erfasst von einer Wut, die ich nicht zu definieren verstand und lief schnellen Schrittes auf die Liege zu. "Weshalb dieser Blick?!" Unkontrolliert legten sich die Hände unter die Matte, erzürnt warf ich sie um und trat nach dem Holz, das ich zum Bersten bringen wollte. "Was soll ich noch tun?!" Schnell verlor ich das Interesse an der Liege, wendete ich mich gleich dem Tisch zu, den ich an der Platte packte und ebenso umwarf, ihn geradewegs gegen die Wand prallen ließ. "Soll ich verschwinden?!" Entbrannt aus Verzweiflung, griff ich nach der Lehne des Stuhls, hob ihn über meinen Kopf und zerschmetterte ihn vor meinen Füßen. "Ist es das?! Verlangst du das von mir?!" Ich erkannte meine eigene Stimme nicht wieder, wusste nicht einmal, was ich dort tat, nur, dass ich schrie und wütete, als fände ich in jedem Gegenstand, der mir ins Blickfeld kam, einen Feind, den es zu vernichten galt. Und war in diesem Fall nichts mehr greifbar, das ich zerstören konnte, hob ich beide Hände und ließ sie mit letzter Kraft gegen die Wand prallen, so dass ein lauter, harter Klang den Raum fühlte. "Was soll ich noch tun?!" Erschöpft ließ ich den Kopf sinken und meine Beine verweigerten mir augenblicklich den Dienst, so dass meine Beine einknickten und ich kraftlos zu Boden ging. Ich schluckte schwer, schnappte nach Luft und öffnete den Mund, ohne noch einmal zu schreien. "Weshalb nur quälst du mich so...?" ~*~ ~*tbc*~ Kapitel 8: *~toloth~* --------------------- *~~~*~~~*~~~*~~~*~~~*~~~* Ab diesem Kapitel werdet ihr für die einen oder anderen Szenen Bilder in der Charakterbeschreibung finden. Es werden nicht viele sein, doch wir geben uns Mühe. Wishmisstress hat sich dazu bereit erklärt, einige der Szenen bildlich darzustellen. ^_~ Wenn ihr dieses Kapitel also durchgelesen habt, dann schaut mal in der Chara-Beschreibung nach. Wenn es neue Bilder zu neuen Kapiteln gibt, so werde ich das gleich zu Beginn des Kapitels ankündigen. So wie hier. >_____< Viel Spaß Mono *~~~*~~~*~~~*~~~*~~~*~~~* Legolas: Lange blieb ich dort sitzen, mich mit dem Brothumpen zufrieden gebend, bedächtig und langsam essend. Mit dem Rücken gegen das Gestein der Mauer gelehnt, die Beine krafttankend von mir gestreckt, sträubte ich mich dagegen, gegen all diese Blicke anzukämpfen, die mich schäbig und versteckt trafen und doch so offensichtlich und spürbar für mich waren. Gimli hatte vor wenigen Momenten die Halle verlassen, vorsorglich eine weitere Keule des Bratens mit sich nehmend, verstrickt in ein Unterfangen, welches so arm an Bedeutung war, dass er es mir nicht anvertraut hatte. Langsam hob ich das Brot zum Mund, biss ab und senkte den Blick. So grundlos und unerklärlich mir diese Blicke und heimlich tückischen Beobachtungen auch erschienen... sie konnten es nicht sein, nicht unbegründet konnte man mir diese Aufmerksamkeit schenken, der ich gern entsagt hätte... Doch war ich gleichermaßen nicht dazu bereit, zu gehen, ihnen nachzugeben, zu zeigen, dass mich ihre Augen verletzten. Gleichgültig und unbeteiligt zeigte ich mich, doch machten sich meine Gedanken allesamt auf die Suche nach der Erklärung. So vertiefte ich mich in das Sinnieren und verharrte reglos, nur selten kauend und blinzelnd. Ich fühlte mich verstrickt in ein Spiel, welchem ich nicht zugestimmt, an dem ich nicht offensichtlich teilgenommen hatte. Unfreiwillig... und einjeder schien ein Wissen über Geschehnisse zu besitzen, die mir unbekannt waren. Zu oft und zu lange hatte mich die Abwesenheit hergenommen... zu oft war ich verletzt, zu lange hatte ich geschlafen und dies so tief und fest, dass alles Zugehörige der Realität sang- und klanglos an mir vorübergezogen war... ohne Spuren zu hinterlassen. Wer hielt all diese Erklärungen für mich bereit? Wer war dazu fähig, sie mir zu liefern, auf dass sich meine Ansicht änderte, auf dass ich verstand und mich, wenn nötig, den Schuldgefühlen hingeben könnte, die sich mir bisher so fern gehalten hatten... hatten doch auch sie keinen Grund besessen, mich zu befallen. Meine Miene verzog sich, betrübt, so meinte ich, doch zeigte sie wohl eher die unsichere Wut, die in mir auferstand, direkt aus der Verwirrung, der ich mich unschuldig beladen fühlte. Ich begann das Brot in der Hand zu wenden, der Hunger verging mir und ebenfalls die Lust, mich hier aufzuhalten, den Männern einen Kampf zu liefern, den kein Außenstehender je bemerkt hätte. Ohne ihnen weitere Aufmerksamkeit zu schenken, legte ich das Brot auf den Tisch, erhob mich und stützte den ledernen Gurt des Köchers, der sicher um meinen Leib lag. Kurz streiften meine Fingerkuppen das raue Holz der Tafel und ich scheute mich vor einem letzten Seitenblick, hielt die Augen verbissen, gar starr auf den Boden gerichtet und verließ die Halle in gemächligen Schritten. Es verlangte mir danach, wieder hinauszugehen, meine helfenden Hände zu geben, Trost zu spenden... mich zu behaupten als Beschützer. Gern hätte ich es auch in der letzten Zeit getan, doch kamen die Worte des Zwerges so überraschend und zog er mich so übereilt mit sich, dass ich mich nicht gegen ihn hätte wehren können. Nun jedoch, war er fort, unterwegs, um zu tun, wonach es ihm beliebte. Gemach trat ich hinaus in den steinernen Gang, blieb stehen und zog den Gurt erneut zurecht, bevor ich die Hände sinken ließ und mich noch immer auf den Boden fixierte, war er doch so unbedeutend und alles andere als nützlich in meiner Lage. Die Vorgänge in mir und um mich herum, wusste ich nicht zu definieren, doch war es etwas, das viel belastender an mir nagte... das Gespür, dass etwas in der Luft lag. Etwas, das mir trotz meiner Aufmerksamkeit durch die Finger glitt, bevor ich danach greifen konnte. Es beschämte mich, zu wissen, dass ich tief in meinem Inneren danach gierte, jemandem die Schuld zuzuweisen... und es schmerzte, dass ich diesen Schuldigen bereits gefunden zu haben glaubte... Meine Miene verzog sich, mein Körper entfloh meiner Kontrolle und ich bewegte die Hände, spreizte die Finger und presste die Lippen aufeinander, um sie wieder an mich zu reißen, in die Realität zurückzukehren, aus der ich so oft, ohne mein Zutun und Wissen, gerissen wurde. Schwere Schritte ließen mich aufblicken... ausgewachsen und groß waren alle Männer und Krieger des Königs, doch war dieser Gang unverkennbar. Zielstrebig sah ich zur Seite und erblickte den Zwerg, der sich mir etwas schleichend mit gar merkwürdigen Bewegungen näherte. In der Hand hielt er noch immer die Keule, die Zeit, zu essen, schien ihm plötzlich abhanden gekommen zu sein. Ich achtete nicht auf meine Miene, konnte doch nicht wissen, dass sie noch immer im gleichgültigen, durchaus schon verbittertem Ausdruck verweilte. Der Zwerg jedoch, schenkte ihr keine Beachtung. Etwas von großer Wichtigkeit musste ihn belagern, dass es ihm entging und ich sah ihn schweigend an, erwiderte die Beachtung ebenso wenig, denn es existierten auch für mich wichtigere Dinge, als sein Verhalten zu deuten. Er sah mich flüchtig an, blickte sich heimlichtuerisch um und hob die Keule. "Legolas." Raunte er mit seiner rauchigen Stimme. "Du wirst nicht glauben, was ich soeben sah, wessen ich Zeuge wurde, ohne es zu wollen." Ich bewegte mich nicht, wandte nur den Blick ab und ließ ihn zum tristen Gestein des Bodens zurückkehren. Seine Worte weckten nicht mein Interesse, war es doch so viel, was der Zwerg erlebte... und so nichtig in mancher Einzelheit. "Ich ging durch die Gänge, oben, nahe des Thronsaales." Fuhr er fort und ich schweifte ab, stand vor ihm und befand mich doch woanders. "Da vernahm ich Gebrüll und Lärm, den hast du noch nicht gehört! ... Aragorn war es, der wie ein Stier in seiner Kammer wütete! Alles warf er um, alles schmiss er herum... Theodens Hand ist mahnend, scheinbar jedoch nicht stark genug." Wieder sah er sich um, hob die Keule zu Mund, ließ sie jedoch sinken, da er seinen Mund zum Sprechen benötigte. "Welcher Teufel ihn reitet, weiß ich nicht, doch sollten wir ihm seine Ruhe lassen und warten, bis er wieder der wird, den man zu etwas gebrauchen kann." Dann endlich biss er ab, schmatzte und kaute und rüttelte an meinem Arm. "Lass dich nicht von den Sorgen erfassen, die ihn belasten. Sollte er sie teilen wollen, so wird er uns aufsuchen. Jetzt komm, in deinem mageren Bauch ist sicher noch Platz für etwas Nahrhaftes!" Er drehte sich um, ohne auf mich zu warten, stampfte zurück in die Halle und ich regte mich nicht, ungläubig seine Worte bedenkend... wie unwissend war er doch des scharfen Sarkasmus, dem er sich soeben bediente. Aragorn käme zu uns? Suche uns auf?! Wie groß musste sein Glaube sein, dass er ihn für so einen Gedanken verschwendete! Spendete er den Geschehnissen auch nur die kürzeste Grübelei?! Ging er mit verschlossenen Augen durch das Leben, um etwas zu übersehen, was so drückend und auffallend auf mir lastete?! Etwas, dem man nicht entgehen konnte?! Fest ballte ich die Hände zu Fäusten, zitternd hielt ich sie und spürte einen ungeahnten Zorn in mir, unbekannt, so wie die Schmerzen, die mich befallen hatten... Alles, auf das ich hätte verzichten können! Aragorn wütete? Wie fabelhaft, dass wenigsten das dem Zwergen nicht entgangen war! Hatte ich all dies bisher mit langwieriger Geduld auf mich genommen, mich vor Sinnieren geschützt... so spürte ich, wie mich jegliche Geduld verließ... wie sehr ich nach einer Aufklärung gierte und in diesem Moment meine Möglichkeit sah, diese zu bekommen! Tief holte ich Atem, mich vorbereitend auf einen Augenblick, der mir viel bringen konnte. Wenn Aragorn sich dem friedlichen Schlummer augenscheinlich nicht hingab, so würde ich mit meinem Erscheinen sicher auch nicht stören. Auf den Fußballen drehte ich mich zur Seite, überließ dem Zwerg seinem unstillbaren Hunger und suchte mir den Weg. Obgleich ich noch nie zuvor an diesem Ort gewesen war, lag dieser doch deutlich vor mir. Eine Treppe hinauf, bis die Banner prächtiger, die Säle prunkvoller wurden und nach einem kurzen Marsch, den ich angespannt und gedankenlos hinter mich brachte, erreichte ich den scheinbar besagten Gang. Nur schmal war er, unauffällig, unterbrochen von vielen Türen. Und hinter einer von ihnen befand sich das, wonach ich suchte. Leisen Schrittes ging ich los, begegnete niemandem, fand mich allein wieder und lenkte meine Konzentration auf Geräusche, die seine Tobsucht verraten konnten... Die Wut, die man von ihm nicht so unkontrolliert gewohnt war... Einjeder besaß sie, doch packte sie nach Aragorn scheinbar verstärkt und unablässig. Ich schritt langsam, unterzog einer jeden Tür einer flüchtigen Musterung, betrachtete sie genau und blieb alsbald stehen. Das Ziel, so glaubte ich, war erreicht... Reglos hielt ich für einen langen Moment inne, starrte auf das massive Holz, hinter dem kein Laut ertönte, und die mich dennoch jenes Gefühl wahrnehmen ließ, das mir die gewisse Sicherheit brachte. Ich scheute mich nicht davor, diese Tür zu öffnen, zu ihm zu gelangen... Und ich betrachtete mein Vorhaben auch nicht mit Angst... nein, die Verbitterung, gleich die Sorge um ihn, die stärker war denn je, schenkten mir Entschlossenheit und den Willen, die Kammer nicht eher zu verlassen, bevor ich Gewissheit hatte! Bevor all diese Geheimnisse nicht gelüftet und deutlich vor mir lagen! Es fehlte mir die Bereitschaft, mich weiterhin auf dieses ungewisse Spiel einzulassen... das Spiel, dessen Ende ich nicht kannte. Die Ungewissheit solcher wichtigen Dinge lag mir nicht, ungern gab ich mich ihr hin und nun stellte ich den Mann zur Rede, der die Lösung bereithielt, nur nicht bereit war, sie herzugeben! Erneut atmete ich tief durch, drehte mich zur Seite und haderte nicht, bevor ich die Hand um den massiven Knauf legte, diesen umfasste und die Tür zu mir zog, auf dass sie das Innenleben der Kammer preisgab. Ohne sie ganz zu öffnen, schob ich mich an ihr vorbei, trat in den Raum und tastete nach hinten, um die Tür hinter mir zu schließen, mir den Rückweg zu versperren, bevor ich wusste, was mich erwartete. Desinteressiert behielt ich meine Aufmerksamkeit für mich, achtete nicht auf den verwüsteten Raum, strafte auch den Mann, der dort auf dem Boden kauerte, mit Nichtbeachtung. Leise zog ich die Tür zu, ließ die Hand sinken und wandte mich direkt zu ihm... ohne die Stimme zu erheben, ohne auf mich aufmerksam zu machen... längst hatte er mich bemerkt, wenn er auch beide Hände auf die Ohren presste und keuchend das Gesicht gesenkt hielt... Das erste Ziel meiner Augen war der umgestoßene Tisch, ebenso die Liege und der Stuhl, der, inmitten des Chaos lag. Unbeeindruckt betrachtete ich mir all dies, erfüllte es mich nicht mit Verwunderung... Alles an Aragorn würde diese Reaktion in mir auslösen, würde ich dem nachgeben und mich voll und ganz auf ihn beziehen... auf dass ich vor Ungewissheit den Verstand verlor! Langsam hob ich die Arme, legte die eine Hand unter meine Armbeuge, stützte die anderen auf sie... und erst, als ich alles schweigend gemustert hatte, blickte ich auf ihn herab, blieb stehen an Ort und Stelle und vertiefte mich gezwungenermaßen in einen Entschluss. Es entsprach nicht meiner Art, mich von Anfang an der Wut zu bedienen, so mit ihm zu sprechen, bestand doch die Möglichkeit, dass es auch anders ging... Zu unsicher, zu undeutlich hatte ich bisher versucht, ihm erklärende Worte zu entlocken und nun, da ich mich dem ersten intensiven Versuch hingab, musste ich anders beginnen... es auf dem ruhigsten Weg probieren, der existierte. So suchte ich durch einen langen Atemzug nach Entspannung, verdrängte das wütende Prickeln mit aller Kraft aus meinem Leib und bewegte die Finger, um auch sie zu lockern... auf dass meine Stimme keinen Vorwurf enthalten würde. Und ich gab mich keiner Zeitverschwendung hin, nagte doch das Sehnen nach Klarheit so gefräßig an mir, dass ich es nicht lange ohne jegliche Wut ausdrücken könnte... "Aragorn." Sprach ich also zu ihm, beruhigt durch meine Stimme, die nur leise und sicher ertönte, sanft und doch in unauffälliger Art und Weise energisch. "Bist du dir selbst so fremd, dass dir keine ehrliche Einschätzung gelingt? Bist du so fixiert auf anderes, dass dir entgeht, was geschieht? Mit dir... mit uns allen?" So verstummte ich, wartend auf eine Reaktion, auf die zu hoffen, selbst in meinen Augen ein hoffnungsloses Unterfangen darstellte. Und er sagte nichts, bewegte sich nicht, bewies in keiner Art und Weise, dass er mich wahrnahm. "Du gibst dich Qualen hin, die nicht nötig wären, würdest du einen anderen Weg einschlagen... einen Weg, der doch keine Hindernisse besitzt, leicht zu beschreiten ist. Ich verstehe es nicht...", ich senkte den Kopf, schüttelte ihn langsam und schloss die Augen, in dieser Situation nur noch fähig, ein Hauchen über meine Lippen zu bringen, "... ich verstehe dich nicht." Ich schloss die Augen, versinkend in all den Tatsachen, die so grausam aus dem Nichts entstanden waren. Ein Schweigen befiel mich und erst nach langer Zeit öffnete ich die Augen, nicht damit rechnend, dass er sich bewegt hatte... und ich wurde nicht enttäuscht. "Wo ist Aragorn, wo ist der Waldläufer... der Streicher? Stets existierten Sorgen für dich, doch stets wurdest du mit ihnen fertig, schlugst dich gut und erfolgreich gegen sie, nicht weniger auch in den Kriegen, an denen du teilnahmst. Doch begegne ich dir... mit Irritation...", die eigenen Worte schmerzten, bevor ich sie aussprach und schmerzten noch viel mehr, nachdem sie über meine Lippen gekommen waren, "... mit Unsicherheit... die doch nicht nötig wäre, die so überflüssig in diesen Zeiten ist. Sie erschwert alles... Aragorn, alles." Ich hob den Kopf, erkämpfte mir die standhafte Haltung, musterte ihn intensiv. "Was betrübt dich? Was bekümmert dich? Was drückt dich so kalt nieder, dass du beinahe daran zu Grunde gehst? Was kann so reich an Grausamkeit sein, dass du es nicht wagst, es nicht schaffst, es auszusprechen!" Meine Stimme erhob sich, deutete auf die Wut hin, die ich so angestrengt zurückzuhalten versuchte. Rasch unterbrach ich mich selbst, hielt mich zurück und zwang mich zum Schweigen. Noch immer stand ich hier vor ihm, wartend, mir die Zeit nehmend, Bitten an ihn zu stellen, mich der mangelnden Geduld bedienend, auf die Antworten zu warten! Und endlich bewegte er sich, endlich zeigte er eine Reaktion und ich verfolgte eine jeder seiner Regungen, hoffend, ja, beinahe schon der Erleichterung gewiss... ... und er hob die Hand... ... und er winkte mich fort... lustlos und gleichgültig. Ich blinzelte, nahm seinen Wunsch wahr und beabsichtigte nicht, ihn zu befolgen. Ein schweres Schlucken würgte ich hinab, bevor ich gehetzt den Blick abwandte, die Lippen aufeinander presste, mich verbissen an die Geduld klammernd, die dem Zorn allgemach nachgab... bald wehrlos gegen ihn sein würde. Ich zwinkerte, stoppte meinen Atem und dennoch begann mein Herz schneller zu schlagen... "Aragorn." Erneut sprach ich seinen Namen, doch zitterte meine Stimme diesmal vor Anspannung, zeigte deutlich meinen Kampf, den ich kurz davor war, zu verlieren. Flüchtig und ziellos schweifte mein Blick durch den Raum, meine Augenwinkel zuckten und meine Hände klammerten sich in den festen Stoff. "Bist du nicht bereit, mir Auskunft über dich zu geben, so verrate mir wenigstens etwas anderes...!" Unsicher trat ich an ihn heran, blieb vor ihm stehen, hörte meinen eigenen Atem rasen. "Verrate mir den Grund! Verrate ihn mir, Aragorn... ich selbst finde ihn nicht! Sag mir, weshalb man mir mit verächtlichen Blicken begegnet, sag mir, weshalb auch du es tust! Weshalb du Distanz suchst, im nächsten Augenblick freundschaftliche Nähe! Weshalb du mir mit ungeahnten Aggressionen begegnest, dich in ein verwirrendes Verhalten kleidest, nicht nur mich damit zutiefst verunsicherst! Was...!" Ich löste die Hand von meinem Arm, streckte sie ihm entgegen, mit jedem Wort wurde mir meine Stimme fremder. "Was für eine Schuld lastet so spürbar auf mir und welcher Grund bleibt mir dennoch verschleiert?! Wie kann es schwer sein, mich aufzuklären, mir Fehler zu eröffnen, die ich beging! Sprich mit mir, sag es mir, ich zerbreche nicht daran! Doch zerbrechen kann ich wahrlich an etwas anderem! Und ich denke du bist es, der am besten weiß, was ich damit meine!" Ich schluckte weitere Worte hinab, schloss die Augen und ließ die Hand sinken. Stockend entfernte ich mich um einen Schritt von ihm, betastete unkontrolliert mein Gesicht und schüttelte den Kopf... mich der letzten Geduld bedienend, die ich besaß. "Aragorn...", nur mit größter Kraft legte ich ein Flehen in meine Stimme. "... Bitte." Aragorn: Ich fühlte mich so überfordert, von jeder Natur verlassen und hilflos wie ein Kind. Fragen irrten in meinen Kopf umher und keine Antwort schien in greifbarer Nähe zu sein, geschweige denn ein Seil, das mich aus diesem Wahnsinn hinauszog und mich rettete. Wahrlich, ein Bedürftiger war ich nun allmählich geworden, tilgend nach Hilfe und Wärme und doch konnte ich dem nicht nachgeben. So viele waren um mich herum, die mir wohl einen Rat beipflichten könnten, doch wer würde das Problem verstehen, wenn ich es selbst nicht verstand?? Die Tür öffnete sich und ich blickte nicht auf, war es mir doch nahezu gleichgültig, wer zu mir trat. Doch spürte ich es sofort, war es vielleicht die Luft gewesen, die mich mahnte, dass es Legolas war, der das Zimmer betrat und die Tür gleichsam hinter sich schloss. Ich verblieb in der Haltung, in der er mich vorfand, war er es doch, der mich zu diesen Taten, zu dieser Verzweiflung trieb und doch vermochte es wohl niemand, ihm deshalb einen Vorwurf zu machen. Als seine Stimme in dem verwüsteten Raum erklang, fühlte ich sofort die Anspannung in seiner Stimme, die er zu unterdrücken versuchte. Ich fragte mich, während ich ihm regungslos lauschte, ob er überhaupt wusste, was er da sprach. Und beantwortet mir die Frage selbst, in der ich sie ohne Zögern mit einem 'Nein' abtat. Ich wusste besser als jeder Andere, was geschah, mit mir, mit allen, die diese Seite an mir bereits entdeckt hatten und war mir einer wahrheitsgemäßen Einschätzung meiner selbst längst bewusst. Mein Verstand war vernebelt, so dürstend wie das Begehren nach dem Unwissenden war... Mein Körper jeder Kraft beraubt, da Schlaf und Ruhe mir keine Erholung oder Entspannung entgegenbringen konnten. Ich war ein laufendes Wrack und würde es nicht ändern können. Nicht ohne dem Anderen erheblichen Schaden zuzufügen und so rasch, wie es nur ging, versuchte ich die Worte, die er sprach, zu überhören. Den zielsicheren und starken Aragorn hatte die Schwäche und die Angst so zugesetzt, dass er verschwunden war, mit aller Hoffnung, die er in sich trug und zurückgeblieben war das, was er sah. Was redete er nur? Ich hob alsbald die Hand und winkte ihn hinaus, hoffend, dass er endlich verschwand und mich in Frieden ließ, auf dass ich meinem Leiden allein weiter nachgehen konnte. Eine Grausamkeit, die so arg auf mir lastete, dass alles mir egal war? Nun, sie stand vor mir und hatte nicht vor, mich zu erlösen. Erneut erklang mein Name, doch war die Anspannung in seiner Stimme nun klarer und offensichtlich. Hmm... Blicke... ja, es war unverständlich, nicht wahr? Und obwohl ich sie bisher nicht beachtet hatte, außer auf meinem eigenen Rücken, wusste ich ganz genau, weshalb man ihm dieselben zuwarf. Meine Grausamkeit hielt mich von meiner Pflicht zurück und sie vermochten es nicht, ihre Ungunst dieser Tatsache anders auszudrücken, als ihre Verachtung durch Blicke zu offenbaren. Und doch... war sie völlig unschuldig und alle Schuld lag bei dem, der diese Grausamkeit bei sich behielt. "Aragorn..." Ich musste ihn endlich von mir fernhalten, ohne ihm Rechenschaft schuldig sein zu müssen, sonst verlor auch ich in kürzester Zeit erneut meine Selbstbeherrschung. "... Bitte." Matt legte ich die Hände an die Wand hinter mir, stützte mich von ihr ab und kam anschließend vorsichtig und langsam auf die Beine, ohne aber den Blick zu heben und den Elb auch nur zu mustern. Ich lehnte mich zurück, seufzte lautlos und löste mich dann von ihr, langsam durch den Raum schreitend, ohne auch nur die Augen auf etwas anderes zu richten, als auf den Boden. "Sag...", begann ich ruhig und für wahr, ich war nahezu verblüfft von dieser Gelassenheit in meiner Stimme und von der Leichtigkeit meiner Beine, wie sie mich entspannt durch das Zimmer trugen. Dann wandte ich mich meinem Schwert zu und festigte den Gurt, "... solltest du dich nicht in die Höhlen zurückziehen?" Legolas: Als hätte ihn dieses leise Flehen wachgerufen, als hätte sich die Situation somit von Grund auf geändert, schien er endlich zum Leben zu erwachen. Zugegeben, mit Erstaunen verfolgte ich, wie er sich abstützte, sich aufrappelte, langsam und bequem auf die Beine kam, als würde ihn nichts zur Eile antreiben, als wäre alles beim Besten... Ich hob den Kopf, aufmerksam folgte mein Blick ihm und mit jeder seiner Bewegungen drängte sich das verzweifelte Sehnen stärker in mir, quälend, gar peinigend und ich meinte verrückt zu werden, wenn er mir nicht bald die Antwort gab, die ich hören wollte! Trotz der knisternden Anspannung, die merklich in diesem Raum herrschte, klammerte ich mich an mein Schweigen, wartete mit größter Ungeduld ab, dass er mehr tat, als sich nur zu bewegen... doch sah er mich nicht an, hielt den Blick gesenkt, als täte er alles lieber, als ihn auf mich zu richten... Noch immer mit jener Gleichgültig, ja, annähernd einer verhöhnenden Entspannung begegnete er mir, als wäre mein Anliegen nur von geringem Belang! Stockend sah ich ihm nach, als er ruhig an mir vorbeizog, noch immer ein Benehmen darbot, als hätte er meine Worte nicht vernommen... hatte ich sie doch so deutlich und mit großem Leid ausgesprochen! Ich drehte mich mit ihm, war nun nicht mehr dazu fähig, die Stimme zu erheben... zu schockiert von seinem Verhalten... so, wie es schon seit langem war. "Sag...", antwortete er endlich ruhig und gelassen und betastete den Gurt seines Schwertes, zurrte ihn fester, ohne mich eines Blickes zu würdigen, "... solltest du dich nicht in die Höhlen zurückziehen?" Ich erstarrte, sträubte mich regelrecht dagegen, seine Worte als ausgesprochen anzuerkennen... und während ich mich gelähmt fühlte, traf er die letzten Vorkehrungen und überprüfte den Sitz der Waffe... bereit, in die Schlacht zu ziehen, die uns so unausweichlich bevorstand. "Höhle...?" Meine Stimme war nicht mehr als ein heiseres Flüstern, gebrochen durch die Ungläubigkeit, durch das Entsetzen, dass er wirklich so etwas zu mir sagte. "Höhle?" Ich verzog die Miene, zeigte meine Entrüstung offen und trat unsicher näher. Schmerzlich war die Gleichgültigkeit, die er mir entgegengebracht hatte, doch umso brutaler war der Schluss, den ich aus seiner Frage zog. Er... zweifelte an mir...? Meinte, es mangle an meinen Kräften...? Meine Augen weiteten sich. Fliehen sollte ich? Mich verstecken? Mich vor dem Feind verbergen?! Mein Mund fühlte sich trocken an und auch ein schweres Schlucken änderte nichts. Ich fühlte einen eiskalten Schauer, der mich gnadenlos heimsuchte und schüttelte den Kopf, diesmal schnell, entschlossener... und ich wusste meine Gefühle nicht mehr zu bändigen... seine Worte brachen das Eis und ich trat noch näher zu ihm. "Ich soll mich zurückziehen?!" Meine Stimme, die so laut und wütend ertönte, erschütterte mich selbst zutiefst, doch ließ ich mich mitreißen. "Ich soll vor einem Kampf flüchten?! Das... das meinst du nicht ernst... das kannst du nicht ernst meinen!" Ich schrie ihn an. "Aragorn! Sicher... verwundet war ich und verlassen von jeglichen Kräften, doch selbst die schwerste Verletzung gibt dir nicht das Recht, an mir zu zweifeln, nicht an meine Stärke zu glauben und mein Können in dieser Deutlichkeit zu kritisieren!" Aragorn: "Höhle...?" Fragend und beinahe lautlos erreichte mich dieses Wort und ich verhielt mich still und stellte mich taub. Ich würde es nicht dulden, mich bei solch einem Kampf um ihn sorgen zu müssen! Mir verblieb keine Zeit, zwischen Orks und Ungetier, das sich bald vor den Mauern Helms Klamm' einfinden würde, ihn zu suchen und um sein Überleben zu bangen. "Höhle?" Ich hatte mir erhofft, wie ein Narr, der ich nun einmal war, dass er wortlos dieser Frage entgegenkommen würde und sich ihr, obgleich sie ein Befehl war, beugte. Doch dem war nicht so. "Ich soll mich zurückziehen?!" Laut erhob sich seine Stimme, entrüstet für wahr und ich zog das Leder der Halterung fest, umklammerte es regelrecht, damit ich nicht erneut nach der alten Wut griff. Es kam mir bekannt vor... war es doch diesem schmerzhaften Traum ähnlich, der mich heimgesucht und den ich abzuwenden versucht hatte. "Ich soll vor einem Kampf flüchten?! Das... das meinst du nicht ernst... das kannst du nicht ernst meinen!" Er sollte still sein! Still, denn ich ertrug es allmählich nicht mehr, dass er mich in Frage stellte und meinem Willen nicht nachgab! "Aragorn! Sicher... verwundet war ich und verlassen von jeglichen Kräften, doch selbst die schwerste Verletzung gibt dir nicht das Recht, an mir zu zweifeln, nicht an meine Stärke zu glauben und mein Können in dieser Deutlichkeit zu kritisieren!" Schon bevor er das letzte Wort ausgesprochen hatte, hatte es mir den letzten Geduldsfaden entrissen und hemmungslos zerfetzt. Ich drehte mich zu ihm, ohne einen Gedanken daran zu hegen, wie ich meinem sturen Zorn nachgab und verzog die Miene, erbost bis zuletzt, dass er nicht endlich schwieg. Keine zwei Schritte benötigte ich, um zu ihm zu gelangen. Schnell und ohne jegliche Beherrschung, hob ich die Hände, krallte die Finger in seine Schultern und drängte ihn mit aller Kraft zurück. Ich stemmte mich gegen ihn und ließ ihn ohne erdenkliche Rücksicht die kalte Wand im Rücken spüren, an der ich ihn mit aller Kraft festnagelte. "Sei still! Verwundet bist du auch jetzt und Kräfte vermagst du nicht mehr aufzubringen, sage ich dir!" Oh, die Leere in meinem Kopf breitete sich aus und kein Wort konnte noch beschreiben, was in mir vorging. Nur dieser endlose Zorn, diese Wut, diese Gewissheit, ihn in diesem Krieg verlieren zu können, ließ meine Sorge wie eine hasserfüllte Geste aussehen, die über ihn Herr werden sollte und ihn klein machte. So klein, dass er meinen Worten nachgab und gehorchte! Für einen flüchtigen Moment zog ich ihn von der Wand weg, um ihn gleich darauf erneut gegen diese zu drücken. "Ich verbiete deine Anwesenheit in dieser Schlacht!!" Ich verengte die Augen, abmessend sah ich ihn an, war ich doch vollends überzeugend mit meiner Überlegenheit, der er sich nicht entziehen konnte! "Fest bist du nun in meinem Griff und noch fester wirst du in denen der Feinde sein, wenn du hoffst, ihnen mit deiner Schwäche ebenbürtig sein zu können!" Legolas: Alles hätte ich erwartet! ... doch... nicht das! Beinahe ließ er mich nicht aussprechen... rasend vor Zorn kam das letzte Wort über meine Lippen und ebenso urplötzlich, wie diese Wut über mich gekommen war, entglitt sie mir, verließ mich binnen weniger Augenblicke... in einer so kurzen Zeit, wie ich es überhaupt nicht verfolgen konnte. Schon wirbelte er zu mir herum, stürzte auf mich zu und schlug die Hände in meine Schultern! Er griff mich an...! Er war von Sinnen!! Ich ächzte entsetzt auf, als er mich zurückdrängte, als er sich gegen mich presste, mich mit aller Kraft zurückschob und mich beinahe zu Boden gehen ließ... doch die raue steinerne Wand, die sich gegen meinen Rücken rammte, hielt mich vom Sturz ab. Ich weiß nicht, ob Schmerz mich durchzuckte, ich weiß nicht, was in mir vorging, denn es gab nur etwas in mir, das so stark und mächtig war, dass es all meine Gedanken gebannt hielt... die wenigen, die ich in diesem Moment zu sammeln imstande war. Mit geweiteten Augen starrte ich ihn an, glaubte, einen anderen vor mir zu sehen... nein, ich wünschte, bangte, er wäre ein anderer... nicht Aragorn! "Sei still!" Herrisch schrie er mich an, kraftvoll klammerten sich seine Hände in meine Schultern, ließen nicht locker und zitterten... genau wie ich. "Verwundet bist du auch jetzt und Kräfte vermagst du nicht mehr aufzubringen, sage ich dir!!" Ich blinzelte und rang nach Atem, der mir stockte, betäubt von dem abgrundtiefen Entsetzen war nicht nur meine Seele. Vorerst seinen Worten nicht Beachtung schenkend, hörte ich nur seine wuterfüllte Stimme in meinen Ohren dröhnen. Seine Stimme... wie sie noch nie zuvor ertönt war! Wirr verdeckte das Haar sein Gesicht und doch schien mich sein starrer Blick grausam zu durchbohren... gleichsam eines Pfeils, der nicht weniger Schmerz verursachte... Ich wehrte mich nicht. Auch, als er plötzlich wieder zupackte, mich nach vorn zog und sogleich wieder zurückstieß. Regungslos ließ ich es über mich ergehen, übermannt von seiner Brutalität, die bisher nur die Feinde zu spüren bekommen hatten. "Ich verbiete deine Anwesenheit in dieser Schlacht!!" Er schrie weiter, hielt mich gegen das Gestein gepresst, als wolle er mich unterjochen... als wolle er, dass ich mich seinem Befehl beugte... gefügsam seinem Willen erlag! Ich presste die Lippen aufeinander, mein Unterkiefer erbebte und unter einem rasenden Schauer, der mich zittrig durchfuhr, begann meine Miene zu zucken... Ich glaubte nicht, was er tat... Ich glaubte nicht, was er sagte... Ich glaubte nicht, was er in mir sah!! Und er schleuderte mir die Zweifel entgegen, als besäße er dennoch das Recht dazu!! Als gäbe ich ihm den Anlass, mich für untauglich zu halten!! Als empfände er Mitleid bei meinem Anblick!! Als hätte alles nur daraus bestanden... Seine Fürsorge... Die Umstände... Die bevorzugte Behandlung... Mitleid!!! "Fest bist du nun in meinem Griff und noch fester wirst du in dem der Feinde sein, wenn du hoffst, ihnen mit deiner Schwäche ebenbürtig sein zu können!" Rasch begann ich mich zu bewegen, reagierte plötzlich, ohne dass ich mir meiner Schnelligkeit bewusst war... als wären diese Worte so stark in ihrer abscheulichen Bedeutsamkeit, dass es allemal genügte, mich aus meinem Entsetzen zu reißen, was mich zu dem machen wollte, was er in mir sah!! Ehe ich mich versah, mich gar darauf konzentrieren konnte, meine Bewegungen zu kontrollieren und selbst zu führen, riss ich die Hand in die Höhe, schlug sie fest in seine Schulter und klammerte mich in seine Muskeln... selbst nicht darauf achtend, ihn vor Schmerzen zu verschonen... Und gleichsam bohrte ich die Ferse in seine Kniekehle, trat zu, auf dass sein Bein knickte und ich den Fuß mit aller Kraft auf seine Wade hinabgehen ließ. Er brach zusammen... und ich rammte ihn hinunter. Seine Hände glitten ab und meine Freie hob sich fahrig zu meinem Kopf, schlug sich um den Griff des Säbels und zog diesen aus der Scheide. Und noch während er auf die Knie niederging, hatte ich umgegriffen, den Säbel in die Rückhand gewendet... Und die glänzende Klinge ging auf ihn nieder, legte sich zielstrebig an seinen Hals, so frei und angreifbar... da er das Gesicht zu mir erhoben hielt. Zitternd klammerte ich mich in den Stoff seines Mantels, ebenso zitternd hielt die andere Hand die tödliche Waffe... hielt sie gegen einen Freund erhoben... auf das die Schärfe des Eisens seine Hals kratzte, singend danach gierte, tiefer zu sinken. Er, der soeben noch der Unterjocher hatte sein wollen, kauerte nun vor mir... wehrlos meinem Säbel ergeben... verloren seines Schicksals, über das in diesem Augenblick allein ich herrschte. Geräuschvoll und schwer fiel mein Atem, rasend und unbeherrscht. Noch nie zuvor war mir die Kontrolle so fern... ... und noch nie zuvor war es mir so gleichgültig gewesen! Ich biss die Zähne zusammen, blinzelte gehetzt und lockerte kurz den Griff, mit dem ich den Säbel hielt... verfestigte ihn und erwiderte seinen Blick starr, gar feindselig, übermannt von prickelnder Wut, die mich zu allem imstande sein ließ. Noch nie zuvor war mir dergleichen widerfahren... Dieses Verhalten! Diese übertriebene Skepsis! Das Misstrauen gegenüber meiner Person! Der Unglaube an meine Kraft!! Ich hielt seinem Blick stand... nichts hätte mich vom ihm abgebracht und zischend atmete ich ein, verengte zuckend die Augen und wurde mir der Tatsache bewusst, dass ich dieser Situation so schnell wie nur irgend möglich entfliehen wollte. Sie ängstigte mich...! Ja, ich fürchtete mich vor mir selbst! ... vor den Gefühlen, die mir so fremd und doch so mächtig waren! "Aragorn...", hauchte ich leise und doch wutentbrannt, fixierte mich bohrend auf ihn, rang erneut nach Atem und schüttelte langsam den Kopf, "... ein König bist du für wahr! Doch...", meine Stimme senkte sich, erreichte die Schärfe jener Klinge, die so tödlich an seiner Kehle lag, "... versuche nicht, über die Falschen zu herrschen!" Gleichsam noch, zog ich den Säbel zurück, lockerte auch den Griff und stieß ihn nach hinten. Und mit einem Schritt zog ich an ihm vorbei, klammerte mich um die Waffe und ging zügigen Schrittes zur Tür... Ich wollte raus und fort von ihm! Er ließ mich zu jemandem werden, der ich nicht war! Verzweifelt versuchte ich mich dieser Unbeherrschtheit zu entreißen, ihr zu entfliehen, mich vor mir selbst zu verstecken... doch endete dieser Versuch nur in einer Flucht. Ich blickte nicht zurück, trat hinaus, klammerte mich um die Tür und schlug sie hinter mir zu. Laut hallte der dumpfe Ton in den steinernen Gängen wider, ebenso meine übereilten Schritte, in denen ich mir meinen Weg bahnte... Fort... ganz gleich, wohin. Aragorn: Ein anderes Thema anzusprechen, um Schlimmerem zu entgehen und einen Traum nicht wahr werden zu lassen. Und nun standen wir hier, ich tat ihm weh und offenbarte meine eigene Blindheit, indem ich nicht voraussah, was nun geschah. Mir war keine Reaktionszeit gegeben, als ich urplötzlich aus der Haltung gezogen wurde und einen schmerzhaften Griff auf meiner eigenen Schulter spürte. Ich verlor den Halt, fühlte nur noch, wie sich etwas in meine Kniekehle hakte und ich zu Boden ging, das Blau so kalt und mächtig auf mich gerichtet, dass mir ein jede Gegenwehr entging. Mir misslang es, wieder aufzustehen, hielt der Elb mich mit einer wahrhaft kräftigen Hand auf dem Boden und aus reinem eigenen letzten Reflex hob ich den Kopf an, als ich das Zischen der Klinge hörte und diese kurz darauf an meinem Hals spürte. Bebend vor Zorn... vor Angst... vor Verzweiflung? Ich wusste es nicht, doch saß der Schock so tief in mir, dass ich nur voller Entsetzen aufblicken konnte und das voller Unberechenbarkeit zuckende Gesicht anstarrte, was einst so lieblich und gütig gewesen war. "Aragorn..." Nichts schien mehr, wie es vor wenigen Augenblicken noch war, nicht mehr der Legolas stand vor mir, der er war. "... ein König bist du für wahr! Doch... versuche nicht, über die Falschen zu herrschen!" Seine Stimme war so schneidend und bohrte sich so tief in mein Bewusstsein, wie es sein Säbel nicht könnte. Ich hatte das Atmen völlig vergessen, war regungslos... Was war passiert? Keine Sekunde verging, ehe er den Säbel von mir nahm, mich zur selben Zeit zurückstieß und geschwind das Zimmer verließ. Der laute Klang der zufallenden Tür erweckte mich nahezu wieder zum Leben und ohne Gedanken fassen zu können, sank ich nach vorn, kauerte zitternd und noch immer gelähmt auf dem Boden und schnappte gehetzt nach Luft. Reue ist Verstand, der zu spät kommt... und ich bereute sofort und verstand es dennoch nicht. Unkontrolliert tasteten meine Finger über den kargen Boden, versuchten mein Gewicht abzustützen und mich wieder aufzurichten, doch blieb mir die Kraft dazu fern. Ein Riss... ein endloser Riss war nun vorhanden und kein Faden war nun mehr im Stande, ihn zu schließen... Es war nur eine Sorge, so extrem, wie sie nicht hätte sein dürfen! Es war nur ein Gefühl, so extrem, dass es mich längst hätte töten müssen! Langsam hob ich die Hände und ließ sie voller Hass auf mich selbst zu Boden gehen, ohne dass ich Schmerz spüren oder meine Stimme hören konnte. Sein Schicksal lag nicht mehr in meiner Hand und würde diese Schlacht meine letzte sein, so würde es ihn wohl nicht mehr kümmern... Mein Ziel war erreicht, doch war es alles andere als ein wohliger Gedanke. Herausgerissen aus dieser Unfähigkeit, sich an die Realität zu wenden, erfasste mich der klare Klang eines Horns und ich blickte auf. Dies war kein Orkhorn. Nun sah ich wieder die kahle Wand vor mir und langsam richtete ich mich auf, wackelig kam ich auf die Füße und unsicher tat ich einen Schritt nach dem Anderen und verließ den Raum. "Herr Aragorn, man hat euch nicht rufen lassen." Ein Mann trat zu mir, stand er wohl nur wenige Meter von dem Raum entfernt und gleichgültig war mir die Gewissheit, ob er all das, was hinter der verschlossenen Tür geschehen war, gehört hatte und so winkte ich ihn einfach fort und ging weiter. Viele Stufen ließ ich schleppend hinter mir, emotionslos folgte ich dem nachhallenden Laut durch die Gänge und trat zum Turm hinauf, auf den viele Bewaffnete und der König selbst stand. Voller Verwunderung ließ er den Blick über die Mauer der Klamm schweifen, ehe er auf mich aufmerksam wurde und zu mir trat. "Ohne Umschweife, Herr. Eure Anwesenheit in dieser Schlacht halte ich nicht für notwendig." Eiligst sagte er mir dies und wollte zum Tor hinabgehen, doch hatte ich ohne nachzudenken nach seinem Ärmel gegriffen und mich auf meine alte Haltung zurückgekämpft. "Ich bitte Euch!" Ich blinzelte und glaubte nicht, dass man nun mir die Worte entgegen warf, die ich vor wenigen Minuten noch selbst ausgesprochen hatte und schüttelte abweisend den Kopf, als er mich entrüstet anblickte. "Vertraut mir wieder, mein König." An dieser Schmach würde ich sterben, könnte ich meine Kraft nicht verwenden und vielleicht Ruhe finden zwischen all den leblosen Leibern, die in Massen fallen würden. Ob nun auf unserer oder des Feindes Seite. "Ungerecht habe ich Eure Männer verraten und ohne Denken habe ich nach eigenem Ermessen gehandelt. Doch, vertraut mir... zum Kämpfen bin ich gut genug und Befehle kann ich befolgen!" Ich fürchtete mich vor der Eiligkeit, die in seinen Gliedern steckte, wollte er doch sehen, wer zu uns in dieser schlimmen Zeit stieß und er mich mit einem Abwinken zurücklassen würde, doch sah er mich eindringlich an... und nickte. "Vergesst nicht", mahnte er mich und ich nickte nachdrücklich, "wenn Ihr uns fehlleitet und Euch wieder Euren eigenen Gedanken hingebt, dann sind wir alle verloren." Ein leichtes Zucken wirkte an meinem Mundwinkel, verbannte ich die schrecklichen Geschehnisse in jüngster Zeit und nickte noch einmal. "Folgt mir." Wortlos tat ich dies und wir verließen den Turm und traten hinab. Geblendet von einem undurchdringenden Leuchten, stand ein Heer vor uns. Große, helle Gestalten in Reih und Glied und die eisernen, schönen Gesichter in eine Richtung gelenkt, schritten sie voran. Elben... ein Heer von Elben und der Heerführer trat zu uns und ich konnte meine Freude über diese Begebenheit nicht verbergen, zumal es mir schon immer fern gelegen hatte, dass ein Anderer mein Leiden ersah. "Ich bringe Kunde von Elrond von Bruchtal." Er verbeugte sich leicht und wurde auf mich aufmerksam. Haldir... "Einst bestand ein Bündnis zwischen Elben und Menschen. Vor langer Zeit kämpften und starben wir Seite an Seite. Dies Bündnis wird nun erneuert." Ich trat direkt vor ihm, grinste, wie es mir in dieser Situation nicht besser gelingen konnte. "Mae Govannen, Haldir o Lórien." Erneut verbeugte er sich, doch war es mir ein fremdes, es ihm gleichzutun und ich umarmte ihn, der eine Unterstützung war, mit der wir nicht mehr gerechnet hatten. "Wieder mit den Menschen in die Schlacht zu ziehen, erfüllt uns mit Stolz." Er war es auch, als sich die Elben postierten und die Frauen und Kinder voller Eile in die Höhlen getrieben wurden, der mich mit Informationen vertraut machte und mich nur noch auf die kommende Schlacht konzentrieren ließ. In jenem Gespräch vertieft, ließ ich mir abwesend von einem Krieger ein Kettenhemd holen, wollte ich damit auch einer weiteren Begegnung mit Legolas aus dem Wege gehen. Einem Gefühl zur Folge, blickte ich über die Mauern und erst jetzt wurde ich mir den schweren Wolken über uns bewusst und der Finsternis, die uns allmählich überkam. Auf der flachen Ebene erkannte man nur wenige Meilen entfernt, einen Fluss schwarzer Flecke, beleuchtet durch viele rote Fackeln und schwarzen Fahnen, die das weiße Zeichen trugen. "Wie viele seht Ihr, Herr Aragorn." Der König wandte sich an mich und ich behielt noch wenige Sekunden den Blick auf diese Meute, bevor ich schwer schluckte. "Zehntausend, vielleicht mehr." Er nickte, möglicherweise einkalkulierend, wie wir nun zu kämpfen hatten. Mit Elben an unserer Seite, Männern, Jünglingen und gar Kindern, die mit Waffe, Schild und Hemd gewappnet waren und dieser immensen Kraft gegenüberstehend, die sich uns unaufhaltsam näherte. "Ihr erhaltet die Kontrolle über die Mauer... tut, was Ihr gedenkt." Damit wandte er sich ab und kehrte zu seinem Stützpunkt zurück, zu dem Platz, an dem er alles überblicken konnte und ich sah ihm flüchtig nach. Man gab mir eine Gelegenheit, Falsches zurecht zu biegen und für wahr, ich musste mein Augenmerk auf meine Pflicht lenken... etwas anderes vermochte mein Arm nicht mehr zu ergreifen. Es düsterte. Der Wind schlug um und schickte schwere kalte Böen aus dem Osten... ein Grollen ertönte über unseren Köpfen und ich erschauderte, als sich der Boden diesem anschloss. Ich sah mich um, versuchte mich an den Massen zu orientieren. Bogenschützen an vorderster Front, Schwertträger dahinter und weitere Bogenschützen zuletzt. Ein Blitz erhellte die Dunkelheit und die hellen Augen der Elben leuchteten, als sie ihre Blicke streng und kontrolliert auf die Meute vor den Toren richteten, die nun unmittelbar vor uns stand. Ich zuckte kurz zusammen, als sich ein kalter Tropfen auf meine Stirn legte und dann wie ein Zeichen, unzählige nachfolgten. Es begann zu regnen und diesem Regen folgte ein unbarmherziger Guss, der in kürzester Zeit den Boden benetzte. Nun lag es also vor uns und nichts würde mehr folgen, sollten wir diesen Kampf verlieren. "Daer ú-o chyn, Ú-danno i failad a thi! An úben tannatha le failad!" Ich schritt streng und prüfend durch die Reihen der vordersten Bogenschützen, den Blick keine Sekunde auf einem belassend, aus Angst, ich würde innehalten, würde ich Legolas zwischen ihnen entdecken. 'Was dir auch Glück bringen mag...', dachte ich mir im Stillen und führte die Kontrolle fort, '... es möge die Nacht überdauern, Legolas...' Legolas: Lange lief und eilte ich, ohne mir ein Ziel zu suchen... Treppen hinab, vorüber an gefüllten Hallen, gefüllt nur durch Männer, gar Knaben... Nur flüchtig blickte ich zu ihnen, bevor ich weiterzog. Der Krieg begann... der Kampf um Helms Klamm, während dem mich Aragorn am liebsten in den sicheren Höhlen glauben würde! Noch immer hielt ich den Säbel in meiner Hand, schenkte ihm keine Beachtung, trug ihn nur bei mir und stieg eine weitere Treppe hinab. Viele kamen mir entgegen, arm an Ruhe, erfasst von Hektik und Angst. Fremd schien ihnen das Gefühl zu sein, ein Schwert in der Hand zu halten. Zu fremd, um eine große Hilfe darstellen zu können... Ohne dass ich dem mit großer Bemerkung begegnete, hefteten sich all meine Gedanken nur an diesen Kampf... An den Kampf, dem ich plötzlich mit noch größerer Entschlossenheit entgegenblickte. Und nur Aragorn trug die Schuld daran... galt es nun nicht mehr nur, die Feinde zu besiegen, sondern auch, ihn sträflich auf seinen Fehler aufmerksam zu machen... den er ohnegleichen begangen hatte. Ein leiser, jedoch fortwährender und deutlicher Ton zog durch die Nischen der Festung, drang von außen an meine Ohren und verlangsamte kurz meine Schritte. Er war mir bekannt... vertraut und angenehm... ja, ich wusste ihn zu deuten und all diese Zeichen schienen noch bestärkender für mein Vorhaben. Ein flüchtiges Lächeln zeichnete sich auf meinen Lippen ab, bevor ich mich wieder umwandte und meinen Weg fortsetzte, nun mit einem sicheren Ziel, welches ich rasch erreichen wollte... ohne Zeit zu vergeuden. Leises Klirren zog mir alsbald entgegen, Stimmen, die sich wirr erhoben, den Beweis erbrachten, dass ich jenen Ort gefunden hatte. Mich aufmerksam umblickend, schob ich mich durch die Menge, die sich gesammelt hatte, Waffen entgegennahmen, die ihre Hände noch nie zuvor hielten. Grüblerisch und einschätzend blickte ich um mich, verschaffte mir einen Überblick und sah wahrlich die bedrängende und schier unsichere Lage, in der wir uns befanden. Nicht viele standen bereit, die Feste und viele Leben zu verteidigen... nicht viele waren es beileibe, doch tat ich diese Tatsache mit Nichtbeachtung ab, kehrte erneut zurück zu jener Wut, die noch immer in mir loderte, danach gierte, in die Freiheit entlassen zu werden... und das würde ich ihr gewähren... durch den Kampf, den besten Weg, den es wohl gab. Viele Gründe besaß ich, mich dem Feind zu stellen. Raschen Schrittes zog ich an einer Säule vorbei, verstaute den Säbel in der Scheide und schob mich weiter durch die Menge, bis ich eine abgelegene Kammer erreichte, in der ich das fand, was ich suchte. Ich gab mich mit einer leichten, jedoch schützenden Rüstung zufrieden, fand eine größere Sicherheit darin, sie zu tragen, auf dass der jetzige Schwachpunkt meines Körpers gut vor den verhassten Waffen der Gegner geschützt blieb. Ohne mein Augenmerk auf etwas anderes zu richten, streifte ich den Gurt über meinen Kopf, legte Köcher, Bogen und Schwertscheiden ab und stülpte die Rüstung über. Zielstrebig tastete ich nach den Riemen, zog sie kurz, schnürte die Rüstung eng um meinen Leib, festigte auch die Schulterriemen und streckte die Arme, um meine Beweglichkeit zu testen. Sie war nicht eingeschränkt. Nichts stand mir nun noch im Wege und so griff ich nach meinen Waffen, begab mich dorthin, wo man mich benötigte und legte den Gurt während des Gehens an. Erneut bewegte ich meine Schulter, verschnellerte meinen Gang, tastete nach dem Köcher und blickte einem Knaben nach, der verloren in einer Ecke stand, mit beiden Händen fest den Griff eines alten Schwertes umklammernd, kaum dazu imstande, es zu heben. Ich senkte die Lider, schüttelte in einem lautlosen Gebet den Kopf und trat hinaus in den Vorhof. raue Luft zog mir entgegen, enthielt eine Feuchtigkeit, die den Regen vorhersagte, der sich während der Schlacht über uns ergießen würde. Ich blinzelte in der Kälte, hielt dennoch nicht inne und erblickte jene, die das Horn angekündigt hatte. Reglos und stolz hielten sich die Elben Lothloriens postiert, hell glänzten ihre Helme in der Finsternis der Nacht, ebenso auch ihre Mienen, so ungebrochen und aufrichtig, obgleich sie wussten, was sich auf der anderen Seite der Mauer so bedrohend und todesverheißend näherte. Flatternd erhoben sich ihre dunklen Umhänge im Wind, fest hielten ihre Hände die Speere, während die langen kunstvollen Pfeile hinter ihren Köpfen aufragten. Mit Anerkennung betrachtete ich sie mir, als ich an ihnen vorüberschritt, auf die Treppe zueilte, die hinaufführte zum Wehrgang. Auch dort standen die meines Volkes. In zwei Reihen, die Bögen haltend, bereit, sie zu benutzen, erstreckten sich ihre festen Reihen bis weit zu den Felsen, an denen die Klamm ihr Ende fand. Mit geschwinden Sätzen stieg ich hinauf, trat heran an den großen Elben, der dort stand, eine Wohltat für meine Augen war... obgleich das Horn auch seine Ankunft symbolisiert hatte. In vertrauter Art wandten wir einander zu, senkten unsere Köpfe. Bei einer solchen Begrüßung blieb es jedoch, denn als ich aufblickte, drifteten meine Augen zur Seite, lenkten sich hinaus auf die weite Ebene, die sich vor der Klamm erstreckte. Schweigend schloss er sich meiner Beobachtung an und unsere Gedanken mussten sich ähneln, als wir den Feind erspähten, ihn rasch näher rücken sahen. Finster färbten die geschwärzten Leiber die karge Erde der Flur, dumpf und hassvoll lag ihr Fauchen in der Luft, angstvoll zitterte gar der Boden unter ihren Füßen. Ausdruckslos blickte ich auf die Macht, die der Unseren beiweiten überlegen zu sein schien, gedankenlos und nicht darauf aus, mich an ihnen zu bedienen. Nur flüchtig streiften sich unsere Blicke nochmals, bevor ich mich abwandte, mich zwischen zwei Kriegern hindurch schob und so an vorderste Stelle trat, an der ich auch den Zwergen vorfand, ungeduldig auf seinen Beinen tänzelnd, fluchend und sich danach sehnend, mehr mit seiner Axt zu tun, als sie nur stillzuhalten. Auch wir sahen uns kurz an, bevor ich nach hinten griff, den Bogen fasste und ihn hervorzog, um ihn vor mich sinken zu lassen. Kühl und erfrischend berührte eine Wasserperle meine Wange, rann an ihr hinab, vermischte sich mit weiteren, die daraufhin folgten. Laut umgab uns kurz darauf das Rauschen des Regens, kämpfend um die Vorherrschaft gegen das Gebrüll der Angreifer. Nicht Orks waren es... vielmehr die mächtigeren Kreaturen, dir uns am Anduin aufgespürt hatten. Größer, bulliger und gefahrenvoller als die kümmerlichen Leiber, derer man sich mit geringerer Anstrengung erwehren konnte. Aufgeregt flackerten ihre Fackeln im Regen, spieen Funken auch im Sturm und das Gestein unter meinen Füßen bebte. Laut pfiff der Wind in meinen Ohren und ein greller Blitz tauchte die düstre Gegend in einen blendend hellen Schein. Wie ein aufgewühltes Meer bewegten sich die gepanzerten Köpfe nahe beieinander, glänzend ragten die Klingen der Speere über ihnen und von der Nebenmauer hörte ich das entsetzte Ächzen der Unerfahrenen. Ich blinzelte im Regen, senkte den Kopf, hielt den Blick starr auf die Masse gerichtet, bereit, auf sie zu treffen, bereit, die Feste zu verteidigen. Ganz ohne Frage erfüllte ihr Anblick auch mich mit Furcht, doch war es das, was sie zu erreichten gesuchten, was jedoch nicht den Kampf entschied. Unter einem dumpfen Getöse gingen ihre Füße auf den Boden nieder, als sie stehen blieben. Eine letzte Bewegung ging durch ihre Reihen, bevor sie die Waffen erhoben, sie donnernd gegen ihre Rüstungen und Schilde schlugen, in einem ohrenbetäubenden Gebrüll ausarteten, welches selbst mir einen Schauer über den Rücken jagte. Doch richtete ich meinen Blick nur bohrend auf sie, legte die Hand fester um den Bogen und schenkte dem Zwerg, dessen Unruhe ihn zu Flüchen zwang, keine Beachtung. "Daer ú-o chyn, Ú-danno i failad a thi!!" Kraftvoll und strotzend vor wilder Entschlossenheit, erhob sich eine bekannte Stimme hinter mir, durchdrang gellend laut den Krawall des Feindes. "An úben tannatha le failad!!" Peitschend schlug mir der Regen nun entgegen, umso lauter schrieen die Feinde, donnernd beherrschte das Getöse ihrer Wut die Gegend. "Tangado!" Zog ein lauter Befehl durch die Reihen der Elben. "Bereitmachen!" Ertönte er auch auf der anderen Mauer und gleichsam fassten wir die Bögen, unzählige Arme hoben sich, unzählige Hände umfassten sicher den ersten Pfeil und unzählige Bögen wurden gesenkt. Ein trockenes Knarren erfüllte die Luft, als wir sie gleichzeitig spannten, die blanken Pfeilsitzen hinab auf das tobende Meer richteten. Erneut blinzelte ich unter der Nässe, fest hatte ich den Bogen im Griff. "Faeg i-varv din na lanc a nu ranc." Riet ich denen meines Volkes, hielt den Blick starr auf der Kreatur, die mein erstes Opfer sein sollte. Nicht weit von mir entfernt, surrte ein Pfeil die mächtige Mauer hinab, durchschlug rasant die Rüstung eines Feindes und bohrte sich in ihn. Ich verzog die Augenbrauen, spreizte kurz die Finger und linste flüchtig zur Seite. Mit einem Male verstummte das Gelärme der Angreifer, nicht nur sie verfolgten mit überraschtem Auge, wie einer in vorderster Reihe kippte und tot auf dem Boden aufschlug. Ein verirrter Pfeil... falsch gelenkt durch eine unerfahrene Hand... bei weitem jedoch nicht verlustbringend. Tief atmete ich ein, spürte die unerwartete Atmoshäre und erneut zog ein dumpfes Grollen durch die düstre Wolkendecke. Ohrenbetäubend erwachte das Gebrüll zu neuem Leben, erhob sich noch mächtiger als zuvor und beinahe gleichsam stürmten sie los. "Hado i philinn!!" Ertönte Aragorns Stimme wieder in dem Krawall und sogleich gehorchten wir. Ein lautes Zischen ging nieder auf die Flut der Angreifer, unterbrach sie kurz, ließ die Getroffenen stürzen, andere über sie hinwegpreschen. "Hado i philinn!!" Schrie er erneut und während wir rasch nach dem nächsten Pfeil griffen, surrten die Pfeile über unsere Köpfe hinweg. Hinauf vom unteren Hof und hinein in die Schar, die rasch an Dichte verlor und ebenso schnell wieder an ihr gewann. Doch waren sie weiteren Geschossen schutzlos ausgeliefert und wir zogen eigenmächtig, spannten und schossen. Keine Zeit, sich auf einen unter den vielen zu konzentrieren... den ersten, den mein Blick traf, wählte ich. Doch ich zielte sicher, traf sauber und machte meinen Angriff zu ihrem letzten. Gehetzt schossen auch sie Pfeile nach uns, ächzend starb ein Elb hinter mir und meine Hand tastete ins Leere, als ich sie erneut zum Köcher hob. Doch nahm ich währenddessen schon durchgehende Bewegungen in der unkontrollierten Horde wahr und wieder schrie Aragorn. "Pendraith!!" Warnte er und währenddessen entfernte sich seine Stimme von mir. "Leitern!!" Schrieen die Menschen auch auf der anderen Mauer und so kehrte Bewegung auf den Wehrgängen ein. Bögen wurden zurückgesteckt, Säbel und Schwerter gezückt und eilig, jedoch nicht drängelnd, teilten wir uns auf, noch während sich die massiven Leitern aus dem Gewimmel erhoben, durchgehend höher gezogen wurden, auf das zwei von ihnen donnernd gegen die Mauer schlugen und sogleich die Kreaturen an ihnen hinaufkletterten. Ein letzter Pfeilhagel ging auf sie nieder, räumte die Leitern für einen kurzen Augenblick leer und auch uns erreichten weitere Geschosse und viele stürzten. In der Ferne glaubte ich Aragorns Schreie zu vernehmen, nur schwach durchdringend, den Tumult leicht übertönend. Eilig beugte ich mich hinab und zog einen Pfeil aus dem leblosen Körper eines Elben, noch einen suchte ich mir rasch und hielt mich kurz reglos im Gedränge. Mit kurzer Konzentration hob sich das massive Seil vom finsteren Hintergrund ab, bildete ein deutliches Ziel, welches ich auch traf. Mit dem zweiten Pfeil durchtrennte ich auch die letzte Halterung und die Leiter neigte sich in die andere Richtung, entfernte sich von der Mauer und stürzte hinab auf die Kreaturen, die sie unter sich begrub. An einer anderen Stelle jedoch, benötigte man Kämpfer dringender. Fauchend und schreiend sprangen die Feinde von der Leiter, setzten Fuß auf den Wehrgang und stürzten sich gegen die Verteidiger. So eilte auch ich los, den Bogen hastig zurücksteckend und nach den Säbeln greifend. Schnell erreichten sie auch mich, erinnerten mich an jene unschätzbare Wucht, die eine immense Gefahr darstellte. Ich hielt mich nicht lange mit ein jedem von ihnen auf, sprang vorüber, schlängelte mich durch sie, wirbelte herum und stieß sie hinab in den tiefen Hof. Rasch drängte ich mich voran, oft drängte mich die Menge zurück und ich kehrte um, andere niederzustrecken, die über die Leitern hinaufkamen. Gellende Schreie und abscheuliches Gebrüll ertönte allseitig, unerbittlich ging auch der Regen auf uns nieder, ließ mich beinahe ausrutschen, erschwerte den Verteidigern den Kampf, als wäre auch er heraufbeschworen, um den Kreaturen den Rücken zu stärken. Fortwährend schlug ich mich weiter, erreichte bald die andere Mauer und rammte den Säbel in den Rumpf des ersten, der sich mir in den Weg stellte. Dennoch nahm ich mir die Zeit, nach Pfeilen zu greifen und meinen Köcher neu zu füllen. Nur kurz, bis ich erneut abgelenkt wurde und mich wehren musste. In der Tat spürte ich meine Wunde, tat dies jedoch nicht hochgradig genug, um mich selbst zurückzuhalten in meinem Tatendrang. Ich zwang mich zu meinem vollen Können. Nur knapp gelang es mir, den spitzen Pflöcken einer Leiter zu entgehen, die neben mir auf die Mauer schlug, doch ebenso schnell rappelte ich mich auf und schlug nach der ersten Hand, die sich hinauftastete. Ich durchschnitt sie, stieß die Bestie hinab und sie riss weitere mit sich. Sogleich stürmten weitere Kämpfer an mir vorbei, nahmen sich dieser Gefahr an und erlaubten mir, weiterzueilen. So tat ich es, ließ keinen Angreifer außer Acht und näherte mich schnell der westlichen Seite der Klamm, von der etwaige Leitern bisher ferngehalten worden waren. Brüllend und aufgebracht pressten sich die massigen Leiber gegen die Mauer, immer mehr drifteten sie zur östlichen Seite ab und ich nahm mir vor, auch dorthin zurückzukehren. Ich duckte mich unter einem Schlag, wich zurück und tauchte unter dem nächsten hindurch, dem Feind einen tödlichen Hieb versetzend und als ich aufsprang und keuchte, ertönte Aragorns Stimme erneut. "Legolas!!" Sie erhob sich fahrig, gepackt von Panik und Anspannung. "Togo hon dad!!" Schwer atmend fuhr ich herum, suchte nicht nach ihm und blickte stattdessen hinab in das tosende Meer der Angreifer. Grell schien mir das speiende Feuer einer großen Fackel entgegen und ohne zu zögern steckte ich die Säbel zurück und ließ meine Hände mit Bogen und Pfeil zurückkehren. "Togo hon dad!!" Hörte ich ihn wieder brüllen und presste mich mit dem Leib gegen das Gestein der Mauer. So schnell ich konnte, schoss ich und mein Pfeil bohrte sich zielsicher in die Schulter des Monstrums, welches in großen Sätzen dem freigegebenen Weg folgte, hastend auf die Mauer zustürzte... doch nahm ich ihm mit diesem Schuss nur das Gleichgewicht. Es stolperte, rappelte sich auf und rannte weiter! "Dago hon!!" Aufgebracht und gellend schrie Aragorn wieder nach mir. "Dago hon!!" Fahrig spannte ich den nächsten Pfeil ein, zielte sicherer und ließ sich den Pfeil geradewegs in den Hals der Kreatur bohren. Deren Tod erwartend und doch ihr Weiterhasten sehend, riss ich erneut die Hand nach oben. "Dago hon!!!" Rau legte sich das grobe Gefieder des Pfeils an meine Finger und bevor ich zugreifen konnte, stürzte er sich nach vorn, erreichte sein Ziel mit einem letzten Satz... Und eine erschütternde Wucht riss die Mauer auseinander. Aragorn: "Dago hon!!!" Rief ich aus Leibeskräften Legolas zu, hoffend, dass der dritte Pfeil, der sein würde, welcher die Kreatur zum Stillstand brachte. Doch bekam keiner von uns noch die Gelegenheit dazu, diesen zu erspähen, als der Uruk-Hai zum Sprung ansetzte und sein Ziel erreichte. Ich verlor den Boden unter den Füßen und mein Gehör schien überfordert, als das Zerbersten des harten Gesteins laut durch die Lande zog. Noch ehe ich den Boden auf mich zukommen sah, hatte die Wucht mich meines Bewusstseins beraubt. Ich weiß nicht, wie viel Zeit verging, in der ich weggetreten war, doch als ich die Augen öffnete, war es nass unter meinen Händen, lag es nicht an dem Regen der erbarmungslos auf uns niederging und der Boden bebte, als sei es die Natur selbst, die sie zum Erzittern brachte. Benommen schüttelte ich den Kopf, bemühte mich, mich aufzurappeln und griff nach dem Schwert, das nicht weit von mir entfernt lag. "Aragorn!" Rasch kehrten meine Sinne zurück und der Schrei einer bekannten Stimme bewegte mich zum Umwenden. Uruk-Hai stürmten durch den gefallenen Wall hindurch, wurden anfangs noch von dem Wasserschwall zurückgehalten, doch viel mehr lag meine Aufmerksamkeit auf dem Zwerg, der noch auf der Mauer stand und sich ohne zu zögern hinabstürzte. "Gimli!" Ich trat einen Schritt vor, hielt aber inne, als ich das leise Knacken hinter mir hörte und sofort dem Wutgeschrei des Zwerges folgte, der zu seiner Zähheit zurückgefunden hatte und mutig und voller Kraft kämpfte. Er brachte einen zu Boden, holte geschwind mit der Axt aus, um den Nächsten niederzuringen und wurde dann mit einem Male zurückgeschleudert. Im selbigen Moment noch, hob ich das Schwert, lehnte mich zurück und ließ es nach vorn schnellen. "Hado i philinn!" Rief ich und die Elben, welche sich flugs hinter mir postiert hatten, ließen ihre Pfeile von den Sehnen schnellen und brachten die Vordersten Feinde zu Fall. Kurz darauf ertönte das feine Zischen der Säbel und Schwerter, abwartend auf meinen Befehl. Keine Zeit war zu verlieren und ich legte das Schwert angriffsbereit und zielsicher an mein Gesicht und holte Schwung. "Herio!!" Zeitgleich, wie ich voranschritt, folgte mir das leichtfüßige Volk, bereit mit ihren Schwertern dem Gegner den Garaus zu machen! Wir rannten los, ohne Furcht, so schien es und die Kreaturen streckten ihre Speere und doch vermochten sie es nicht, uns Einhalt zu gebieten. Auch wenn einige von den Kriegern an meiner Seite laut ächzten, wand ich mich noch geschickt an den Spitzen vorbei und schlug das Schild eines Uruk-Hai beiseite, parierte gleichwegs das Schwert und holte erneut zum Schlag aus und enthauptete das Ungetüm. Ich hörte das gierige Luftschnappen hinter mir, drehte mich um und sah Gimli auftauchen. Die Elbenkrieger schützten mich vor weiteren Angriffen, während ich den Zwerg unter den Arm griff und zurückzerrte. Gehetzt spuckte er noch etwas Wasser aus und ich ließ ihn los, als er wieder Fuß fasste. Kurz sah ich ihn überprüfend an, war sicher, dass er wohl auf war und wollte als Hilfe zurückeilen, doch erschallte ein mahnender Schrei über das Schlachtfeld. "Aragorn! Zieht Euch in die Festung zurück!!" Ich blickte mich um und sah es ein, dass eine Gegenwehr in dieser Situation undenkbar war und nickte. "Na barad!!" Rief ich den Kriegern vor mir zu und rasch folgten sie diesem Befehl und kehrten zu mir zurück. Gimli selbst stürzte sich jedoch erneut ins Gefecht und ich unterstützte ihn, hoffte, den Fliehenden so ein wenig Zeit zu geben. Erneut schlug ich einen nieder, blickte zu der Mauer auf und erblickte Haldir, der dem Ruf nicht folgte und sich ebenso wacker den Feinden stellte. "Haldir!" Er blickte hinab und ich winkte ihn hektisch zurück. "Na barad!!" Schnell reagierte er auf meine Worte, nickte und ich widmete mich weiterhin den Verfolgern, brachte alle Kräfte auf und versuchte die Anzahl zu verringern, ehe auch ich mich zurückziehen wollte und dennoch aufblickte. Mich durchfuhr ein eiskaltes Zucken, beinahe zu Stein erstarrt musste ich mit ansehen... wie Haldir auf die Knie sank. Voller Entsetzen weitete ich die Augen und ich vergaß den Rückzug, suchte nach einer Möglichkeit, hinauf zu kommen. Schnell fand ich eine Treppe, rannte auf diese zu und kam einem Uruk-Hai entgegen, den ich einfach nur zur Seite riss. "Haldir!!" Bevor sein Leib zurücksank, ließ ich mich hinter ihm auf die Knie fallen und fing ihn ab. Mit Schrecken stelle ich fest, dass dies alles war... sein Kopf fiel in den Nacken und seine Augen starrten leblos in den Himmel. Für einen Augenblick verließ mich der Lärm des Krieges und Stille kehrte ein, als ich den Tod eines weiteren Gefährten akzeptieren musste, meine Hand auf seiner Brust bettete, leidvoll meiner Hilflosigkeit nachgab. Ein Unsterblicher fand den Tod... und die Schreie kehrten zurück und ich legte den Leblosen nieder, fand zurück zu meiner Wut und gab dem Feind einen mächtigen Seitenhieb, auf dass er mit einem kläglichen Gebrüll von der Mauer stürzte. Ich dachte nicht darüber nach, als ich mich zur Mauer selbst wandte, da eine Leiter dort lagerte und eine Kreatur an dieser hinaufstieg. Ich holte nur flüchtig mit der Faust aus und beförderte ihn hinab, ehe ich selbst auf die eiserne Stufe hinaufstieg und sie mit einem Fuß von der Mauer stieß. Es war keine Furcht, als ich hinabsah und den Massen entgegen sank. Bevor das Eisen auf die Meute einschlug, sprang ich ab und zog selbst noch Einige zu Boden. Rasch fand ich auf die Beine zurück, stieß einen Uruk-Hai mit dem Heft des Schwertes von mir, wendete die Klinge in die Rückhand und durchschnitt den Körper. Ich sah flüchtig hinüber, zu dem Tor, das nun allgemach zu bersten schien und ich machte mir den Weg frei, um durch einen Seitenweg zu diesem zu gelangen, die wütende Meute hinter mir und nur noch wenige Bogenschützen waren vorhanden, um ihre Anzahl zu verringern. Einige Krieger, die noch bei Kräften waren, stellten sich der Meute in den Weg und ich konnte ungehindert den Weg zum Tor bestreiten. Ich hörte Gimli hinter mir brüllen, hatte er sich von denen, die ihn zurückgezogen hatten, gelöst und gemeinsam rannten wir durch die engen Pässe und erreichten das zerberstende Tor, das noch von vielen wackeren Männern mit aller Macht gehalten wurde. Der König stand dort und hatte die Hand auf die Rüstung gelegt, doch vermochte ich nicht, mich auf ihn zu konzentrieren und legte nur flüchtig die Hand auf seine Schulter, ehe ich begann die Männer zu unterstützen, die Gegner mit dem Schwert zurückzudrängen, als ich die Tür neben mir entdeckte. Mir kam eine Idee und ich dachte erst gar nicht über ihre Umsetzung nach und wandte mich an den König. "Wie viel Zeit braucht Ihr?!" Schwer atmend drehte er sich zu mir, festigte den Griff seines Schwertes. "So viel, wie Ihr mir geben könnt!" Ich nickte, packte Gimli am Kragen und zog ihn mit mir durch die Tür. Rasch schloss ich sie hinter uns beiden und ein kleiner, schmaler Pfad entlief an den Tormauern, dem ich vorsichtig folgte und dann über eine Ecke hinüberlinste. Der breite Rammbock ragte schon halb im Tor und begierig stemmten sich die Kreaturen gegen ihn, brachen aber noch nicht hindurch. "Komm schon, die schaffen wir!" Versuchte der Zwerg mich zu ermuntern und ich sah ihn skeptisch an. "Das ist ziemlich weit." Erwiderte ich ruhig, jedoch schwer schluckend, während ich mich bemühte, die Gedanken beieinander zu behalten. Nun sollten wir uns einer Meute stellen, die unnachgiebig sein würde... "Wirf mich!" "Was?" Ungläubig sah ich ihn an, doch er nickte, hibbelig und hadernd. "So weit kann ich nicht springen. Du musst mich werfen!" Ich leckte mir über die Lippen, hob den Arm, damit Gimli zu mir treten konnte und ohne ihn vorzuwarnen, hob ich ihn an und warf ihn auf die andere Seite. Mit einem lauten Schrei ruderte er mit den Armen, kam jedoch sicher auf der Seite an und stieß damit sogleich einige Uruk-Hai von dem Aufgang. Ich hielt mich an der Kante fest, trat einen Schritt zurück und sprang selbst hinüber und stellte mich wagemutig den Massen. Sofort erkannte der König das Geschehen und ich vernahm sein lauten Befehl. "Holt die Bretter!" Wir dagegen stemmten uns gegen einen nach dem Anderen, konnten sie noch so viele sein, so war es ihnen unmöglich, in ihrer Anzahl zu uns zu treten, da sie sich demnach selbst hinabstoßen würden. Ich duckte mich rasch unter einem Hieb, streckte das Schwert von mir und durchbohrte den Leib, ehe ich mich umwandte und ihn mit einem Tritt zurückstieß, so dass er noch einige seiner Mitstreiter mit sich riss. Wir mussten auf alles achten, durften niemanden vorbeilassen und mein Herz raste, als mir langsam die Kräfte schwinden wollten. Ungeahnt hakte sich Gimli in meinen freien Arm und in einer geschwinden Kreisbewegung rafften wir einen nach dem anderen nieder. Das Stemmen der Bretter hinter dem Tor bemerkte ich kaum und doch holte mich der Ruf des Königs aus dem Gefecht. "Aragorn! Verschwindet dort!" Sowohl Gimli als auch ich sahen noch, wie das letzte Brett die Lücke schloss und im selben Moment wurden wir auch von zwei kräftigen Armen gepackt. Mit einem Schlag blieb mir die Luft weg und ich schnappte gehetzt nach ihr, konnte nicht verhindern, dass wir offen für jeden Angriff zu den Feinden gedreht wurden, die mordlüstern auf uns zurannten. Nahezu kraftlos stieß ich den Atem aus, holte Schwung mit dem Arm und verpasste dem Ungetüm einen Seitenhieb, so dass er abgelenkt vom Schmerz seinen Griff lockerte und wir uns losreißen konnten, ehe ich dem Uruk-Hai einen Tritt hinab verpasste. Erneut stellten wir uns der Masse und nun wusste ich, was mir bei all dem Ideenreichtum fehlte: Der Rückweg! Legolas: Der Boden unter meinen Füßen zitterte und ich brachte mich in Sicherheit, als das Gestein tosend auseinander gerissen wurde. Staub stiebte durch die Luft, schwere Gesteinsbrocken erhoben sich, von der Wucht der Explosion erfasst, gen Himmel, bevor sie donnernd hinabstürzten, größtenteils auf das angreifender Heer niedergingen. Gellende Schreie ertönten, ohrenbetäubendes Gepolter folgte und ich hob den Arm, während ich zurückstolperte, schützte mich vor dem losen Gestein, welches mir entgegenprasselte. Irritiert durch diesen plötzlichen Krawall, war ich mir in den ersten Augenblicken nicht der Folgen bewusst, die mein vergeblicher Versuch, das Ungetüm zu stoppen, nach sich zog. Hastig drehte ich mich um, wischte mir das Gesicht und hustete, als der Staub in meinen Hals drang. Jemand rempelte mich ab, so stolperte ich, rieb meine Augen und blickte mich um. Gepackt von Panik, flüchteten die bewaffneten Hufschmiede und Bauern an mir vorbei, viele von ihnen stürzten in die tiefe Kluft, die die Bombe in die Mauer gerissen hatte. Ich holte tief Atem, rannte ihnen entgegen, hielt in die andere Richtung und drängte mich durch sie. Laut vernahm ich das Rauschen des unterirdischen Flusses, der durch diese Explosion befreit worden war. Rasch erreichte ich die Kante, beugte mich vor und blickte hinab auf das Wasser, welches den Dreck mit sich spülte, den Angreifern entgegenstieß und doch bald absinken würde. Sie drängten bereits nach, stemmten sich gegen die Naturgewalt... es würde nicht lange dauern, da wären sie in der Feste. Ich presste den Bogen in der Hand, meine Miene befiel Verbitterung und ich wandte mich ab, wollte rasch zu den Kämpfern meines Volkes zurückkehren. Doch hielt ich nach einem Schritt inne und obgleich ich bereits erspäht und mit Pfeilen beschossen wurde, drehte ich mich erneut um, blickte in die Kluft hinab und duckte mich unter dem scharfen Surren. Aragorns Stimme... War sie nicht an dieser Stelle ertönt? Es blieb mir keine Zeit, den durchwässerten Boden zu mustern, zu gefährlich war es an diesem Ort und so riss ich mich los von den Zweifeln, die bestimmt nicht angebracht, und nur zu einer riskanten Ablenkung fähig waren. Eiligen Schrittes lief ich zurück zu den standhaften Elben, die sich der Angst der weniger kampferprobten Menschen nicht anschlossen. Mit allen Kräften verteidigten sie die sichere Mauer. In großer Zahl drängten sie sich gegen eine Leiter, stemmten sie zurück, schmetterten sie hinab in das fauchende Heer und griffen wieder nach den Waffen. So tat ich es ihnen gleich, tauschte den Bogen gegen die Säbel ein, schob mich an ihnen vorbei und erreichte so den westlichen Teil der Mauer. Abgeschnitten waren wir hier von den anderen, doch war es ein leichtes, dieser Bedrängnis zu entgehen. Zum Abwägen blieb keine Zeit... entschieden sprang ich hinab, kam weich auf den Stufen auf, lief diese hinab und erreichte durch einen gewagten Satz eine schmale Brücke, auf der ich mich kurz ausbalancierte, bevor ich ihrem Lauf folgte. Vorbei an der gähnenden Kluft, hinweg über die Krieger, die sich mit Mut und Verbissenheit neu postierten, bereit, den Eindringlingen Einhalt zu gebieten. Erneut surrten Pfeile an mir vorbei und ich eilte schneller. Die Krieger meines Volkes waren auf der Mauer noch in großer Zahl, besaßen so auch die Stärke, Widerstand zu leisten. Andere waren es, die meiner Hilfe bedurften... Über die Mauern zu gelangen, war für den Feind nur eine geringere Schwierigkeit, als durch die Kluft, hinein die Feste zu laufen. Unaufhaltsam und in einer Zahl, gegen die man sich schwer wehren konnte, strömten sie über die Mauern, stürzten sich auf die Verteidiger, drängten diese zurück. Ich erreichte eine sichere Nische, tastete mich eilig an dem Gestein entlang und sprang hinab in den Hof, in dem sich Elbenkrieger sammelten, endlos Pfeile über die Mauern schossen und dem Heer dennoch keinen all zu großen Schaden zuzufügen schienen. Bei ihnen durfte ich mich nicht aufhalten. So suchte ich den schnellsten Weg, ohne mich durch sie kämpfen zu müssen. Schnell fiel mein Atem, als ich den Schotter hinabrutschte, mich kurz mit der Hand abstützte und weiterlief, zur östlichen Mauer, die kurz davor war, eingenommen zu werden. Gehetzt durchstreiften meine Augen die Gegend und blieben an den leblosen Körpern vieler Elben haften, die den Boden bedeckten. Ich stolperte an ihnen vorbei, drehte mich kurz um, riss mich dennoch von diesem Entsetzen los und erreichte so mein Ziel. Keuchend sprang ich die Treppe zum Wehrgang hinauf, erblickte sobald eine Kreatur, die mir stampfend entgegenkam, die Linien der Verteidigung durchbrochen haben musste. Ich eilte weiter, griff nach einem Schild, der auf den Stufen lag und schleuderte ihn gegen die Beine des Monstrums. Ebenso eilig lehnte ich mich gegen die stützende Wand, entging dem Stürzenden und stieß ihn hinab in die Tiefe, bevor er mich mit sich reißen konnte. So führte ich meinen Weg eilig fort, erreichte bald die den Wehrgang und fand mich in einem unüberschaubarem Gemenge aus Klingen wieder. Schreie erfüllten die Luft, das laute Klirren des kalten Stahls, der aufeinander traf. Ohne stehen zu bleiben, mischte ich mich unter das Gerangel, achtete stets darauf, weder der Brüstung, noch der Kante des Wehrganges zu nahe zu kommen. In der Mitte schlug ich mich, tötete einen aus dem Hinterhalt, überraschte auch einen anderen, durchschnitt sein Bein und stieß ihn in die Tiefe. Haarscharf entging ich einem brutalen Hieb, stemmte mich in die entgegengesetzte Richtung und schlug die Hand in das struppige Haar der Bestie. Kraftvoll zerrte ich sie mit mir, brachte sie aus dem Gleichgewicht und rammte mich gegen den Schild einer anderen, um mich rasch vorbeizudrehen, die Kreatur nachzuziehen und gegen ihren abscheulichen Artgenossen prallen zu lassen. Nur beiläufig durchschnitt ich dessen Kehle, duckte mich unter einem Schlag, griff nach dem schweren Schild eines Feindes und holte sogleich aus. In seinem Schliff fand er die Schwachstelle der massiven Helme und die Spitze rammte sich in den Augenschlitz. Laut schrie die Kreatur auf und ich schlug ihr den Schild noch gegen den Rücken, bevor ich ihn zum eigenen Schutz benutzte, ihn gegen die Klinge einer Bestie stieß und diese samt Schwert zurückdrückte. Gleichsam zerschnitt ich den Arm einer anderen, wirbelte herum und zerschlug die Beine des Feindes, der hinter dem Schild zurückstolperte. Sogleich stürzte er und ich sprang über ihn hinweg, setzte den Fuß auf seinen Bauch und schleuderte den Schild gegen den Kopf eines Vorbeistürzenden. Grölend ging auch dieser zu Boden und ein Menschenkrieger versetzte ihm den Todesstoß. Ein Unmögliches war es, alle denkbaren Wege außer Acht zu lassen, so ehrenlos und feige sie auch waren. Das eigene Leben galt es zu verteidigen, ebenso die Leben der Frauen, Kinder und Greise, die sich in den Höhlen versteckt hielten... Keinen Augenblick bedauerte ich, dass ich nicht bei ihnen war. Eine weitere Leiter brach neben mir das Gestein und noch bevor die elenden Geschöpfe auch diese benutzen konnten, drängte ich mich gegen sie, bekam nützliche Hilfe von anderen, die es mir gleichtaten. So stießen wir die Leiter mit vereinten Kräften zurück und wandten uns erneut dem Kampf zu, der verbittert und brutal auf dem Wehrgang brannte. Bald jedoch, erblickte ich eine Schar, die sich die Brücke nahe der westlichen Mauer hinaufkämpfte. Ein Regen aus Pfeilen ging auf sie nieder und dennoch ließen sie sich nicht aufhalten, begannen das hölzerne Tor zu bearbeiten und waren dem Erfolg nicht mehr fern. So entschloss ich mich, zu den Kriegern meines Volkes zurückzukehren. Bedrängt durch das rasche Vorstürmen des Feindes, bewerkstelligte ich es dennoch, zur Brücke zu gelangen und mich der westlichen Mauer schnell zu nähern. Die Zeit rann mir durch die Finger, zu groß war die Gefahr, wenn sie dieses Tor durchbrächen. Nach einem ausgiebigen Sprint erreichte ich endlich die Treppe, sprang sie hinauf und blickte immer wieder hinüber zu jener Kluft, die den Angreifern in der Zwischenzeit als offene Tür diente. Geschwind erklomm ich so die Mauer und drängte mich zwischen zwei Bogenschützen, die auf die Massen der Angreifer schossen, die sich zu unserer Seite die Brücke hinaufdrängten. Und zwischen ihnen und der Halle lag nur noch das hölzerne Tor. Arg hatte man sie bereits zerschmettert... konnte das Werk jedoch nicht zu Ende führen. Keuchend legte ich die Hände auf die steinerne Brüstung, beugte mich über sie und erblickte Gimli, der gemeinsam mit Aragorn gegen diese Schar kämpfte. Irritiert und unschlüssig überblickte ich ihre Lage. Den ungeeignetesten Ort für einen Kampf... sie hatten ihn gefunden. Und endlos drängten die schwarzen Bestien nach. Ein scharfer Haken rammte sich neben mir in das Gestein, wurde von einem massiven Seil festgezurrt. So riss ich mich von der verwirrten Beobachtung los, trat zur Seite, lehnte mich über die Brüstung und sah eine der Kreaturen an dem Seil hinaufklettern. Sofort zog ich den Bogen, griff in den Köcher eines nahe stehenden Elben und zog einen Pfeil, den ich hinab zum Monster schickte und es vom Seil stürzen ließ. Nach diesem griff ich selbst und zog es geschwind höher. Auf halber Strecke, jedoch unerreichbar für die Feinde, ließ ich es hängen, drängte mich erneut durch die Reihen der Elben und begann es zu schwingen. "Aragorn!!" Schrie ich hinab zum gefährlichen Ort, holte aus und schwang das Seil zu ihnen. Und noch während Aragorn danach griff und den Zwerg zu sich zog, wandte ich mich zu den anderen. "Enni!!" Rief ich ihnen eilig zu, packte das Seil fester und spürte die Elben kurz darauf an meinem Rücken, wie sie ebenso zugriffen. Sogleich wurde dies auch nötig, denn mit einem Satz sprang Aragorn von der Brücke, schwang hinüber zur Mauer und schlug gegen sie, den Zwerg fest bei sich haltend. "Ritha!" Schrie ich, stemmte den Fuß an die Mauer und lehnte mich gegen das Gewicht. Rasch gelang es uns, das Seil höherzuziehen, die beiden aus der gefährlichen Lage zu befreien, sie zu uns auf die Mauer zu holen. Geschwind löste ich mich von dem Seil, beugte mich über die Mauer und schlug die Hand in Aragorns Weste, als dieser die Brüstung erreichte und sich an sie klammerte. Ich griff höher, packte ihn erneut und zog ihn zu mir. Gleichsam griffen andere nach dem Zwerg und so entkamen sie der riskanten Lage. Ich hörte Aragorn laut keuchen und kurz beugte er sich nach vorn, um neue Kraft zu schöpfen. Sie war nicht endlos... im Gegensatz zu dem Feind, dem er sich annähernd allein gestellt hatte. Gehetzt blickte auch ich mich um, meine Hand setzte sich flüchtig auf seine Schulter, bevor ich mich umdrehte. "Wer weiß, wie viel Zeit wir dem Feind aufgedrängt haben!" Grollte Gimli, der stark auf seinen Beinen war und die schwere Axt höher raffte. "Zeit für uns, dem Tod noch eine Weile zu entgehen und Zeit für sie, noch wütender zu werden!" Auch wenn mir der Grund ihrer selbstmörderischen Tat unbekannt war... ... es musste ihn geben. Aragorn: Ich weiß nicht, welcher Teufel mich geritten hatte, erneut überstürzt einer Handlung nachzugehen, für die ich nicht einmal das Ende geplant hatte. Vor dem schweren Tor der Klamm' erst, wurde ich mir bewusst, wie groß die Anzahl der Feinde war, wie unermesslich die Kreaturen auf uns losstürmten und sowohl meine, als auch Gimlis Schreie bei weitem übertönten. Noch waren wir im Stande uns gegen sie zu wehren, aber diese Barriere würde nicht lange standhalten. Nicht bei meinen allzu schnell abnehmenden Kräften. "Aragorn!" Plötzlich ertönte der helle, klare Klang einer Stimme, die mich aus dem Kampfgeschehen riss und während Gimli mir die meisten Gegner abnahm, blickte ich auf die Mauer. Legolas stand dort, unverletzt und tatenkräftig wie eh und je. Rasch warf er ein Seil hinab. "Gimli!" Gehetzt wandte ich mich um und rief den Zwerg zu mir und auch er erkannte die Situation sofort, rannte schnell auf mich zu und noch während ich das Seil griff, packte ich den kleinen Mann fest unter den Armen. Ich wusste nicht, ob man uns halten könnte, wusste nicht einmal, ob ich es selbst schaffen würde, mein und auch Gimlis Gewicht zu tragen, doch als ich die Meute erneut auf uns zurennen sah, verfestigte ich meinen Griff um das Seil und sprang von dem Aufstieg. Laut knallten die Rüstungen gegen das massive Tor, zahlreiche Uruk-Hai preschten gegen das Holz und ich stemmte mich mit aller Kraft gegen die Mauer. Ja, man hielt uns und auch ich vermochte noch die nötige Kraft aufzubringen, der Schwerkraft zu widerstehen. Ich hörte Legolas schreien, den Elbenkriegern Befehle zurufen und alsbald kamen wir höher. Geschwind und kraftvoll zog man uns und ich schöpfte wieder Hoffnung. Es waren noch einige bei Kräften und auch wenn heute viele ihr Leben lassen würden, selbst wenn ich es selbst sein würde, wir würden nicht versagen. Stetig sah ich den Rand der Mauer näher kommen und mit aller Kraft hievte ich den Zwerg hoch, biss verstärkt die Zähne aufeinander und endlich spürte ich die jähe Erleichterung, als man nach Gimli griff. Viele zierliche und doch kraftvolle Hände, die ihn mir abnahmen und sicher hielten. Meine Finger schabten an dem rauen Gestein, als es in die Waagerechte ging und auch ich wurde hochgezogen und der mit Schweiß vermischte feine Duft stieg mir in die Nase. Legolas zog mich sicher über die Mauer und ich konnte endlich wieder selbst Fuß fassen. Ich schnappte nach Luft, rollte kurz mit den Schultern und fühlte mich nun wieder etwas gefasster, doch zugleich schwächte die Hoffnung wieder ab. Weit... sehr weit war der Feind in die Feste vorgedrungen und so viele leblose Körper lagen um uns, ein Gemisch aus Elben, Menschen und die Kreaturen, die all das heraufbeschworen hatten. Die Überzahl war bewiesen... "Rückzug! Rückzug!" Laut erschallten die Widerrufe Gamlings. Ich nickte Legolas dankbar zu und er erwiderte diese Geste, ehe ich ihm für einen Moment die Hand auf die Schulter legte und dann loseilte. Rasch folgte man mir und viele liefen vor mir, vor Angst gepackt, sich einer Schnelligkeit bedienend, die sie im Kampf eher noch benötigt hätten, als in der Flucht. Ich wich zur Seite aus und drängte Legolas und alle, die ihm folgten, weiter voran, ehe ich das Schlachtfeld überblickte und die Rufe der Anderen erneut wiedergab. "Na barad!! Rückzug! Rückzug!" Und dann rannte auch ich wieder los, trieb die müden Knochen der letzten Krieger zur Eile an. "Beeilung! Hinein! Alle hinein!" Ich zerrte die Letzten regelrecht in den Raum und warf noch selbst einen Blick um mich, ehe auch ich hinter der Tür verschwand. Oh, wie wenige es waren... wie viele dort draußen noch lauerten! "Verbarrikadiert die Tür!" Regungslos stand der König mit seinem ersten Mann inmitten des Raumes, sein Blick ziellos auf den Boden gerichtet. Er war nicht anzusprechen, geradezu tatenlos und mir blieb nichts anderes übrig, als nach eigenem Vermessen zu handeln. "Stemmt Stühle und Rahmen dagegen, macht schon!" Ich sah mich um und auch Legolas regte sich sofort. Seine Bewegungen waren sicher und kraftvoll, wie ich es nicht erwartet hätte und ich schloss mich ihm an, packte die eine Seite eines großen Tisches und er die andere und gemeinsam warfen wir ihn zur Seite und mit einem starken Tritt entfernte der Blonde ein Tischbein und erneut hoben wir die Platte an. "Die Festung ist eingenommen. Es ist vorbei." Erschöpft und von Mut verlassen, erklang die Stimme Théodens und ich hielt inne. "Ihr sagtet mir, die Festung würde niemals fallen, solange Eure Leute sie verteidigten!" Erwiderte ich aufgebracht, ließ den Tisch sinken und der Elb sah mich an, ließ den Blick zum König wandern und schob dann die Platte allein zum Tor, bei welchem er sofort von den restlichen Männern unterstützt wurde, während ich mich direkt zum König wandte. "Sie verteidigen sie immer noch. Sie ließen ihr Leben dafür!" Keinen Augenblick später ertönte das dumpfe Grollen des Feindes hinter der Tür und ein schwerer Schlag erfolgte, doch die Männer hielten dem tapfer stand und setzten all ihre Kräfte ein, um das Holz vor dem Bersten zu bewahren. Die Zeit war gegen uns! "Gibt es keinen anderen Weg für die Frauen und Kinder aus den Höhlen heraus?" Erwartungsvoll sah ich den König an, doch verblieb er weiterhin still... als sei er zu einer Statue erstarrt. "Gibt es keinen anderen Weg?!" Wiederholte ich nachdrücklich. Wir durften nicht aufgeben! Nicht so lange wir wenigstens die Hoffnung haben konnten, all jene zu retten, die wir schützen wollten. Doch der König stand reglos da! "Es gibt einen Pfad." Antwortete schließlich Gamling auf meine Worte. "Er führt ins Gebirge, doch weit kommen sie nicht, die Uruk-Hai sind zu zahlreich." Dies war eine Möglichkeit... keine vergebliche! "Alle Frauen und Kinder sollen sich auf den Gebirgspfad begeben und verbarrikadiert den Eingang!" Wir würden sie retten können... wenigstens sie! "Was kann der Mensch gegen solch tollkühnen Hass ausrichten?" Théoden... ein König, der das Vertrauen verlor und sich mit einem solchen Schicksal abfand. Ja, das sah ich in seinem Gesicht, in seinen Augen. Er hatte aufgegeben. Ich verblieb für einige Momente still, schwieg und sah gen Boden, während ich dem dumpfen Grollen lauschte und den dirigierenden Worten Legolas', der die Männer weiter motivierte, sie dazu antrieb, standhaft zu bleiben. 'Ein König bist du für wahr...' "Reitet raus mit mir!" Sagte ich, von einer Euphorie ergriffen, die ich mir nun nicht erklären konnte und ich sah den König eindringlich an. "Reitet raus und kämpft!" "Für Tod und Glorie." Erwiderte er müde. Ich trat einen Schritt auf ihn zu und legte die Hand auf seine Schulter. "Für Rohan! Für euer Volk!" Wir durften nicht widerstandslos aufgeben. "Die Sonne geht auf." Ruhig wandte sich Gimli zu uns und ebenso abwartend, wie ich, sah er zum König. Dieser jedoch blickte ins Leere und erneut erschallte das schwere Brüllen der Uruk-Hai und die marternden Stimmen der Verteidiger. "Ja..." Langsam hob der König den Blick und sah mich an... ein Leuchten war in seine Augen getreten, das ich lange nicht mehr erblickt hatte. "Ja!" Ein leichtes Lächeln zeigte sich auf meinen Lippen, als er nickte und sich an seine alte Tatenkräftigkeit erinnerte. "Das Horn Helm Hammerhands soll erschallen in der Klamm. Ein allerletztes Mal." Bejubelnd streckte Gimli die Hände von sich, ballte sie zu Fäusten und ein Grinsen zerrte an seinen Lippen, als wäre das Ende der Schlacht noch ungewiss. Und ja... vielleicht war es das... vielleicht war es das wirklich... "Dies möge die Stunde sein, da wir gemeinsam Schwerter ziehen!" Sofort wandte sich Gimli ab, eilte durch einen Gang, der zu einer Wendeltreppe hinaufführte. Behände winkte ich einige der Krieger zu mir, auch Legolas. Man brachte uns die wenigen Pferde, die man hier noch in Sicherheit gedacht hatte und ich reichte dem Elb tief einatmend die Zügel, vermochte es jedoch nicht, ein Wort an ihn zu richten. Nun... das Ende der Schlacht stand bevor... ob zum Guten oder zum Schlechten für das Volk Rohans... für uns... sie würde enden. Viele Worte hätte ich noch an Legolas richten wollen und nun stand außen vor, ob ich jemals noch dazu kommen sollte. Doch als ich aufsattelte und noch einmal zu ihm schaute, so erkannte ich weder Furcht noch Zweifel in seinen Augen. Er war hier... und ebenso wie ich, stolz darauf, diesen Weg gegangen zu sein. Nein, keine Zweifel mehr... "Grimme Taten erwachet. Auf zu Zorn, auf zu Verderben und blutig Morgen!" Und in jenem Moment erklang das mächtige Horn der Klamm. Wahrlich! Es war der Klang der Kraft, die in den Händen der Krieger und den Mut der Gefallenen durch weite Ebenen widerhallen würde. Gleichsam zogen wir die Schwerter und die Tür brach. "Auf Eorlingas!" Diejenigen, die die Tür zuletzt gehalten hatten, wichen zur Seite aus, als wir allesamt den Pferden die Sporen gaben und in einer regen Geschwindigkeit auf die Massen zugaloppierten. Überwältig war der Feind und nicht reaktionsfähig, als das Pferd des Königs sie niedertrat und wir es ihm gleichtaten. Wir verließen den Raum, durchritten die schmale Ebene und ließen die Schwerter hinab gleiten, die, die an den Pferden vorbeikamen, zu Boden bringend. Der Reihe nach fielen sie und waren nicht fähig, uns Einhalt zu gebieten! Erneut erschallte der Klang des großen Horns und die Kreaturen schraken zusammen, wichen zurück und wurden doch von Huf und Schweif, Schwert und Pfeil erfasst. Wir kannten keine Angst. Egal, wer sich uns entgegenstellte, wir würden nicht Halt machen! Ungehindert erreichten wir das geborstene Tor der Klamm und passierten es. Inmitten der wilden Schreie der Uruk-Hai, dem Gebrüll und dem Zischen der Pfeile, gaben die Krieger nicht nach, so unzählig auch noch das Feindesheer war. Sie wussten es... Ich wusste es... Unser letzter Kampf... Und doch erschien mir mit einem Male das Licht der aufgehenden Sonne viel heller, als zu den Zeiten, in denen sie hoch am Horizont stand. So hell... dass es die Wolken auseinander trieb und in einem Weiß erstrahlte, das all die Aufmerksamkeit der Feinde auf sich lenkte... Legolas: Er reichte mir die Zügel und ich versuchte durch einen flüchtigen Blick zu erahnen, was in ihm vorging. Doch sah ich die Standhaftigkeit, den Mut, der neben der Entschlossenheit in seinen Augen glühte und das einzige Wissen, das ich mir durch diese vergängliche Musterung aneignete, war das Wissen, seine Empfindungen, gar seine Entschlossenheit zu teilen. Wie ehrlos und beschämend wäre es, sich wie schreckhaftes Getier zu verkriechen, furchtsam und zitternd auf das Ende zu warten. Das Ende war nahe und uns allen gewiss, doch brannte auch in mir die Sehnsucht, es standhaft entgegenzunehmen, es würdig zu empfangen. So schloss ich die Zügel fest in die Hand, blickte umher zwischen den letzten Reitern, die sich auf die stolzen Rösser schwangen und ich tat es ihnen gleich, ohne dem Zögern zu verfallen. Erneut blickte ich der scheinbar hoffnungslosen Lage entgegen, dem unüberwindbaren Feind, der Tod und Leid für uns bereit hielt, lauernd darauf wartend, uns diese ewigen Bürden aufzudrängen. Stramm stieg ich in die Steigbügel, festigte mich im Sattel und führte das Pferd zur Seite. Laut schallten die Hufen in der steinernen Halle, dagegen schweigsam waren die Männer und umso lauter dröhnte das Lärmen des Feindes vor der Tür. Kurz betrachtete ich mir deren Holz. Es war brüchig, gestützt durch die letzten, von Verzweiflung getriebenen Maßnahmen. Nicht lange würde es halten, doch das musste es nicht. Ich senkte den Kopf, streifte mein Haar zurück und griff noch in derselben Bewegung nach dem Riemen der leichten Schulterpanzerung. Derb zurrte ich ihn fest, hob den Arm, fand jene Beweglichkeit und zog einen der Säbel ins Freie. Unruhig schnaubten die Pferde, kräftig ertönte das immerwährende Grollen und von einem Augenblick zum nächsten, stellte sich etwas anderes in den Vordergrund. Mächtig und harsch erhob sich die Stimme des Königs, übertönte jegliches Getöse. "Grimme Taten erwachet. Auf zu Zorn, auf zu Verderben und blutig Morgen!" Verabschiedete er sich von seinem Dasein, rammte sein Schwert in die Höhe und gab seinem Hengst die Sporen. Laut erwachte auch ein dumpfer Ton, der allseits um uns schallte, in unseren Ohren dröhnte und all das Furchteinflössende in Vergessenheit geraten ließ. Das Horn... Und dennoch blieb anderes zurück und ich riss mein Pferd herum, drehte es und blickte hinüber zu Aragorn, der sein Schwert zog, es fest umschlossen hielt und dem König todesmutig folgte. Schnaufend jagte sein Pferd an mir vorbei, unruhig wich das meine zurück und keuchend sah ich ihm nach, sah, wie Männer das Tor ausrissen, zur Seite wichen und die letzten Kämpfer an sich vorbeigaloppieren ließen. So viel Ungeklärtes lag zwischen uns... So viele Worte waren noch zu wechseln... So viele Dinge bedurften einer Erklärung... So viel wünschte ich zu erfahren... Die einzige Reue, mich dieser tödlichen Gefahr auszusetzen, bestand darin, so viel verworrene Gedanken zurücklassen zu müssen. Verunsichert schied ich aus diesem Leben, unbefriedigt in meinem Wissensdurst und nicht erleichtert um jegliche Sorgen... Die Hast zwang mich, mich diesen Grübeleien schmerzhaft zu entwinden und ich schüttelte den Kopf, um mich ihrer zu erwehren, sie loszuwerden, nun, da ich mich nicht mehr mit ihnen zu beschäftigen brauchte. Ich schloss die Augen, biss auch die Zähne zusammen und warf die letzte Sehnsucht ab, um meinen Körper zu letzten Heldentaten zu treiben und mich alsbald von ihm zu trennen. Mit allem abzuschließen, war ein Ding der Unmöglichkeit... Und ich versuchte nicht, es möglich zu machen. So zwang ich meinen Körper zu raschen Bewegungen, trieb das Pferd an und ritt hinaus auf das Schlachtfeld, welches allein der Feind beherrschte. Einhundert gegen achttausend... Verzweiflung gegen Stärke... Verbitterung gegen Macht... ... und auch, als ich in die Dämmerung des Morgens hinaus ritt, die Hufen meines Pferdes laut auf der regennassen Brücke schallten und ich nach der ersten Bestie schlug, drängten sich meine Gedanken, die ich erlahmt glaubte, nur in eine Richtung. Ich sah ihn vor mir... Dumpf prallte der Leib des Pferdes gegen den einer Kreatur, schleuderte sie hinab in die Tiefe. ... deutlich sah ich sein Gesicht... Ich holte aus, schlug erneut zu. ... das von Gleichgültigkeit erfasst, nicht mehr das war, welches ich kannte... Der tobende Lärm der Masse schlug mir entgegen und ich galoppierte weiter, immer weiter geradeaus. ... "Ich verbiete deine Anwesenheit in dieser Schlacht!!"... So schrie er wuterfüllt und... Das barbarische Brüllen verschlang uns, einschneidend drängten wir uns in das schwarze Heer. ... ich hatte ihn für diese Worte verachtet. Sie umgaben uns gleich eines Meeres, tobten und drängten sich gegen uns. ... besäße ich Zeit... Eine Bestie warf sich gegen mein Pferd und nur mit Mühe konnte ich es vor dem Sturz bewahren. ... so würde ich sie nutzen, um mich bei ihm zu entschuldigen... Tiefer und tiefer tauchten wir ein in das Verderben, vergeblich schlugen wir uns. ... wenn ich auch schuldunbewusst war... Näher sah ich das Ende rücken, sich krauchend und fortwährend nähernd. ... Schuld gab es... Schwerter und Lanzen stachen nach uns, aufgebracht wieherten die Pferde. ... und sie lastete auf uns beiden. Ein lautes Fauchen erhob sich erbost über der Masse, zog durch sie, stahl uns allen die Aufmerksamkeit. Schnell und schwer fiel mein Atem, keuchend blickte ich zur Seite. Eine Welle ging durch das Heer, als sich die Kreaturen allesamt umwandten und von einem Augenblick auf den anderen erstarb das stürmische Gerangel. Schwerter klirrten, als sie sinken gelassen wurden, Speere knackten und perplexes Murmeln und Fauchen erhob sich. Doch nicht nur die Feinde waren irritiert vom plötzlichen Geschehen, nein, auch ich schenkte meinen Augen keinen Glauben. So sehr ich auch wünschte, dass das Bild, welches sie mir boten, der Wahrheit entsprach... ein solches Glück war nicht reell. Ich blinzelte, schnappte nach Luft und spürte das nervöse Gedränge um mich. Meine Augen weiteten sich fassungslos, als ich mich in den Steigbügeln aufrichtete. Ich erblickte den Hengst der Mearas, seine schneeweiße Mähne, die der Wind erfasste, als er sich aufbäumte, tänzelnd auf den Hinterläufen stand. Strahlend war er auf dem östlichen Hügel erschienen und mit ihm der Zauberer, dessen Gewand nicht weniger leuchtete. Gleich eines Trugbildes erschien mir dieser Anblick und ich sah zu den anderen, las in ihren Augen jedoch dasselbe Staunen... und die Erde erzitterte. Bewegung kehrte in die Menge zurück, unsicheres Umherschauen, leises Fauchen, unentschlossen wurden die Waffen gehoben und plötzlich schrie die mächtige Kreatur, die sich ihr Anführer nannte. Der Horizont über dem Hügel färbte sich dunkel, Gestalten tauchten auf, Männer auf stattlichen Pferden, stark und tapfer. Stolz saßen sie in den leichten Reitersätteln und als sie die langen Speere hoben, schien es, als lege sich ein Meer aus glänzenden Spitzen über sie. Die Unruhe des Feindes wandelte sich in Angriffslust... immer stärker begannen sie zu drängen, zu fauchen, mit ihren Waffen zu drohen und der Anführer brüllte. Gandalf... über niemandes Erscheinen wäre ich glücklicher gewesen... Er brachte Verstärkung zu einem Zeitpunkt, an dem alles verloren geglaubt war. Ich ließ mich nicht von der Nervosität erfassen, blieb dennoch aufmerksam und erblickte einen stattlichen Mann, der neben Gandalf erschien, das Pferd stramm mit den Zügeln stoppte und unbeirrbar hinab in das Tal blickte. Er glich vom Aussehen den Pferdeherren aus Edoras, war passend gekleidet für den wilden Ritt, nicht zuletzt für den Kampf und an seinem Helm wehte ein langer Zopf aus weißem Pferdehaar. Ich schluckte, lenkte mein Pferd zurück und ließ den Blick sinken. Unaufmerksam standen die Kreaturen neben mir, nicht weit entfernt und doch untätig. Ich spreizte die Finger um des Säbels Griff, klammerte mich fester an ihn und schaute zur Seite. Direkt und unausweichlich traf ich auf den Blick einer Bestie. Röchelnd atmete sie, stand still wie der Rest ihrer abscheulichen Horde. Nur kurz sahen wir uns an, bevor sich ihre Augen hasserfüllt verengten und sie einem lauten Brüllen freien Lauf ließ. Ich verzog die Miene, hielt den Säbel sicher, bereit, zuzuschlagen. Doch keiner von uns griff an, stattdessen kehrte das starke Zittern des Bodens zurück, Steine schepperten aneinander und als ich mich hastig umdrehte, überflutete das rettende Heer den Hügel. in wildem Galopp sprinteten die Pferde die steile Ebene hinab, schnauften und schüttelten die Köpfe. An ihrer Spitze Gandalf, seinen Stab weit erhoben, führte er die Masse an und in einer kopflosen Hektik stürmten die Kreaturen ihnen entgegen, weit vorne wurden Speere gehoben. Mein Pferd wurde unruhig und ich hielt es fester, zwang es, stehen zu bleiben, den Blick weiterhin auf die Männer Rohans gerichtet, deren Anzahl endlos zu sein schien. Sie stürmten herab, entgegen der spitzen Speere, die sie erwarteten, entgegen der festen Mauer, die die Kreaturen an vorderster Linie gebildet hatten. Und als die beiden Heere aufeinander trafen, erhob sich majestätisch und mit einem Glanz, als wäre er allein für uns bestimmt, die Sonne über dem Hügel. Gleißende Strahlen legten sich auf die Masse der Ungetiere und blendeten ihre Augen, ließen sie ermatten und die Kontrolle verlieren. Und unter einem tosenden Lärm sprangen die Pferde mit weiten Sätzen hinein in die Armee, trieben sie auseinander, zerstreuten sie, überrannten sie regelrecht. Nicht lange hielt der Mut der Bestien, nicht lange hielten sie sich am Überleben und die wenigen, die dieser geballten Macht entgehen konnten, stürzten an mir vorbei. Ich blickte ihnen nach... sah den Feind fliehen... Den Feind, von dem ich geglaubt hatte, er würde unser Schicksal besiegeln... ... geschlagen von einer Macht, die zu plötzlich gekommen war, als dass man ihr Werk in diesen Augenblicken realisieren konnte... Erneut waren wir dem Tode entronnen und so oft es sich auch wiederholte, so oft man in ein- und dieselbe Lage zurückversetzt wurde... man gewöhnte sich nicht daran. Kapitel 9: *~neder~* -------------------- ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* *~neder*~ - neun ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* Aragorn: Selten war ich so regungslos gewesen, wie in dem Moment, an dem die Hoffnung zu uns zurückzukehren schien. Und nicht nur mich erfasste diese Ungläubigkeit. Ich sah mich flüchtig um, wollte nicht völlig unaufmerksam sein und doch scherte sich die Masse unserer Feinde nicht mehr um uns, die wir nur noch wenige waren. Alsbald bebte der Boden, schwer erzitterte die Erde unter den schnellen Hufschlägen der Pferde, allen voran Gandalf und unverkennbar folgten ihm die stolzen Pferde der Herren Rohans. Die Sonne begehrte auf, als sei sie von dem erhobenen Stabe des Zauberers gerufen worden und blendete die Augen der Ungetüme, auf dass ihnen für einen flüchtigen, doch umso fataleren Moment die Reaktion genommen wurde. Ich sah sie fallen... als würde eine Flut den Abhang ins Tal nehmen und alles unter sich begraben. Viele ächzende und wilde Laute ertönten aus der Richtung der Feinde, ungläubig waren auch sie, dass sich das Schicksal gegen sie wandte. Sie... die in ihrer Übermacht nicht siegreich sein würden. Ja, der Feind wussten es auch und noch ehe sie eine weitere Gegenwehr einzuschätzen wagten, ließen sie ab von uns... von der Klamm... von unseren Rettern und machten kehrt. Mir war nicht klar, ob ich darüber Freude empfand, ob ich sagen konnte, dass all das vorauszusehen war, noch ehe ich den König bat, gemeinsam unverzagt dem Feind entgegenzutreten. Nein, die Freude war noch fern. "Sieg!" Aus der Starre zurückgekehrt, hob König Théoden das Schwert in die Luft und als ich mich zu ihm umsah, erblickte ich ein frohgemutes Lächeln auf seinen Lippen. "Wir haben gesiegt!" Genau in diesem Moment fand ich zu meiner eigenen Beweglichkeit zurück, sah Gandalf die fliehenden Kreaturen verfolgen und lenkte Brégo um. "Noch nicht ganz." Erwiderte ich, viel mehr zu mir, als zu den Kriegern um mich herum und gab dem Pferd die Sporen, um den fliehenden Kreaturen an der Flucht zu hindern. Isengard sollte an seinen Handlangern hungern, so wenige, die zurückkehren würden! Ich galoppierte den schmalen Weg hinunter und folgte dem Feind dicht hinter Gandalf. Und noch während ich dies tat, wurden meine Gedanken von diesem Handeln abgelenkt. Ich hatte ihn gesehen... noch bevor ich, ohne auf eine Reaktion des Königs und seiner Gefolgsschaft, losgeritten war, hatte ich sein langes blondes Haar im Wind wehen sehen und die blauen Augen in ihrer alten Pracht leuchten. Für den Zeitpunkt, in dem ich Théoden Mut zugesprochen und ihm aus dem Raum gefolgt war, hatte ich es geschafft, die Angst um ihn zu unterdrücken, sie gar verschwinden zu lassen. Schnell erreichte ich den ersten Uruk-Hai und köpfte ihn, während ich Brégo zur Seite lenkte und einen weiteren unter seinen Hufschlägen niederrang. Ich hatte geglaubt, dass wir im Tode vereint sein würden, war dem so gewiss, dass ich es akzeptiert hätte, wenn er an meiner Seite starb. Jetzt aber... da Sieg und Rettung für uns alles war, hätte ich nicht gewusst, was ich getan hätte, müsste ich ihn zwischen all den leblosen Leibern suchen. "Nicht in den Wald hinein!" Laut erschallte die Stimme Gandalfs, ich brachte Brégo gehetzt zum Stehen und sah zu dem Zauberer. Weshalb? Weshalb ließen wir sie gehen? Fangorn war doch kein Hindernis für uns! "Haltet euch von den Bäumen fern!" Und ich ließ von ihm ab und besah mir das Grüne Geäst, dass sich vor uns aufgebaut hatte und in welchem die Feinde nun Rettung erhofften. Doch halt... hatte ich unbewusst ,aufgebaut' gedacht, so war dem wirklich so gewesen... näher noch an Isengard lag jener Wald, der sich nun vor Helms Klamm befand! Ich hob fragend eine Augenbraue und hielt fest an der Beobachtung, doch erkannte ich nicht weit von mir Legolas aus den Augenwinkeln. Voller Staunen weitete er die Augen als der letzte Uruk-Hai aus unserem Blickfeld verschwand. Der Verwunderung noch fern, hörte ich plötzlich ein schweres Grummeln, gar einem erbosten Grollen gleich. Die Bäume bewegten sich, ohne dass ein Wind sich hob und völlig verblüfft öffnete ich den Mund, als diese Bewegungen sich verschnellerten, annährend peitschend gen Boden gingen. Das raue Ächzen und die Schmerzenschreie der Uruk-Hai erreichten uns deutlich, die wir doch noch mindestens eine Meile entfernt waren. "Es ist vorbei." Gandalf ließ seinen Blick über die Männer wandern, die ihm bis hierher gefolgt waren, ein Trost spendendes Lächeln ruhte auf seinen Lippen und seine Augen gaben Glück und Hoffnung wieder. Ich glaubte, ein jeder dieser Männer nahm an dieser Glückseeligkeit teil. Doch sah man sich um... hinter sich zurück zum Schlachtfeld, blieb ein jedem wohl das Glück fern. Denn genau dies tat ich... erst noch zögerlich, ohne jedoch auf Gandalf zu achten, dann aber stellte ich mich diesem Anblick. Nun erst war das Resultat dieser Schlacht erkenntlich. Nun, da man von dieser höheren Ebene einen klaren Blick auf die Klamm hatte. Ich sah mir dies Elend an, dass sich nun unwidersetzlich vor uns auftat und ließ abwesend die Hand von den Zügeln gleiten und strich beruhigend über den Hals des Pferdes. "Mae carnen, Brégo." Flüsterte ich ihm leise zu und all meine Freude war gänzlich verschwunden und machte Platz für das Gefühl, welches ich nur allzu gut kannte. Die Trauer um Jene, die gefallen waren... um jene, die unnötig starben. Ich wagte nicht, erneut zu Gandalf zu schauen, konnte auch Legolas keinen Blick zuwerfen, als ich schließlich wieder losritt, langsam und ruhig. Einiges war noch zu erledigen... einiges, dass in Jedem, der diese Schlacht überlebte, ein Gefühl von Verzweiflung näher brachte. Man musste die Frauen und ihre Kinder aus den Höhlen holen, sie vielleicht noch von den Gebirgspfad zurückbringen, falls sie diesen bereits beschritten haben. Man musste ihnen berichten, dass ihre Männer gefallen... dass ihre Söhne nicht mehr am Leben waren. Allmählich häuften sich die toten Leiber an meinen Seiten, als ich der Klamm wieder nahe war, brachte Brégo zum Stehen und stieg ab. Leise flüsterte ich dem Hengst elbische Worte zu, wusste ich doch, wie seine Seele unter dem Krieg gelitten hatte und wie ich sie selbst weiter leiden ließ. Ich sah ihm in die tiefbraunen Augen und unerklärlich war für mich, ob er dies noch lang ertragen würde oder ob ich ein anderes Pferd wählen sollte. "Han i vangad i moe ben bango, Brégo..." Langsam ließ ich den Kopf sinken. "Man prestant i ardhon?" Sprach ich zu mir selbst und im selben Moment ließ auch Brégo seinen Kopf sinken und stieß mich mit der Schnauze an. Ein leises Wiehern ertönte, als er nach meinen Strähnen schnappte und näher zu mir trat und ich legte die Hand auf seine Nüstern und lächelte matt. "Han bâd nîn... hannon le, Brégo." Ich sah zurück zu Gandalf und den Männern, sah zu Legolas, der sich nicht an meiner Abweisung zu dem Geschehen im Fangornwald beteiligt hatte. Doch nur Gandalf erwiderte meinen Blick und er war kühl und emotionslos, so lange er auf dem meinen ruhte. Die alte Zwist existierte noch... Doch eine Auffälligkeit lenkte mich von diesem Wissen ab. Erneut ließ ich den Blick zu dem Elb schweifen... er ritt distanziert von Gandalf, doch war es nicht dass, was mich ablenkte... die Trauer, die ich einst in seinen Augen gesehen hatte, an jenem Tag, an dem wir Gandalf tot geglaubt hatten, war zurückgekehrt. Weit konnte sein elbisches Auge sehen und noch viel schmerzhafter musste es sein, was er erblickte, als ich ersehen konnte. Unsterbliches Volk, aus einem alten Treuebündnis zu uns gekommen, fand hier die Grenzen ihrer Lebensdauer. Ein unverdientes Schicksal. Haldir... "Aragorn, komm..." Eine Hand legte sich auf meine Schulter und ich sah auf, hatte nicht einmal gemerkt, wie der weiße Zauberer direkt auf mich zugeritten war und mich eindringlich anblickte. "... wir haben...", er richtete die Augen auf seine andere Hand, die auf seinem Mantel ruhte. Doch unter ihm war deutlich eine Form zu erkennen, als ob er verdeckt vor neugierigen Blicken eine Kugel mit sich trug. "... noch einiges zu besprechen." Er ließ ab von meiner Schulter und warf einen Blick über die seine und ich tat es ihm gleich. Noch weiter hinten als zuvor, ritt Legolas mit seinem weißen Pferd der Truppe nach und ich sah ihn schwer schlucken, als seine Augen fest und furchtsam an jenes rätselhafte Objekt des Zauberers gebannt schienen. Es lag etwas in der Luft... Legolas: Den Sieg hatten wir errungen und doch schmerzte es so sehr, die grausamen Ausmaße des Krieges zu sehen, dass das Glück mir fernblieb und ich hinabdriftete in bekümmertes Trauern. Schweigend ritt ich mit den anderen zurück zur Feste, vorsichtig mussten die Pferde treten, um freie Stellen auf dem Schlachtfeld zu finden. Von ihnen gab es nur wenige... die schwarzen zerfetzten Leiber bedeckten den Boden und ein modriger Gestank hing in der Luft. Meine Trauer richtete sich nicht auf sie, nur flüchtige Blicke, die zeigten, dass jede Kreatur den Tod verdient hatte. Wer keine Gnade bewies, verdiente sie selbst nicht. Sie waren zu grausam, um auf dieser Welt bestehen zu dürfen. So näherten wir uns dem gebrochenen Wall und ich ließ mein Pferd trotten, gönnte ihm die Ruhe, die ich ihm während des Kampfes nicht zukommen lassen konnte. Ich selbst richtete mein Augenmerk weit nach vorn, blickte zu Aragorn, der dort ritt. Nun war mir neue Zeit gegeben... Zeit, um dafür zu sorgen, dass ich, wenn mich der Tod wahrhaftig ereilte, keine Rätsel und Unklarheiten zurücklassen müsste. Ich sah ihn lange an und so sehr ich es mir auch gewünscht hatte, mich erneut in ein aufklärendes Gespräch mit ihm zu vertiefen... so sehr ich es auch gewollt hatte... nun fühlte ich mich in diesem Entschluss verunsichert. Und ich bezweifelte, dass ich die Gelegenheit, ihn alleine vorzufinden, nutzen würde. Ich wusste, wie er auf meine Fragen reagieren konnte... füchtete mich davor, seinen unberechenbaren Zorn erneut zu wecken und diesem selbst zu verfallen, mich mitreissen zu lassen und mich vor meiner schwindenden Beherrschung zu grauen. So belastend und zermarternd diese Ungewissheit zwischen uns auch war... lieber wollte ich sie so lassen, als die Situation weiterhin zu verschlechtern. Und das schien ich stetig zu tun... So wandte ich den Blick ab, setzte mich tiefer in den Sattel und schöpfte selbst neue Kräfte. Nur schleppend und müde bewegten sich die Überlebenden zwischen den Toten, mit kraftlosen Schritten, trauernd, klagend, mit Verletzungen kämpfend und nach Hilfe suchend. Und Hilfe benötigten alle... Ein Wehklagen lag in der Luft, das mir das Herz schwer machte. Bekümmert blickte ich um mich, als wir die Pferde im verwüsteten Hof zum Stehen brachten. Mit letzten Kräften stützten die Soldaten ihre Genossen, suchten nach Überlebenden. Erleichtert wurden die Männer willkommen geheißen. Nicht viele von ihnen waren gefallen, stark und unzerstörbar zeigte sich das Heer noch immer und hilfsbereit stiegen sie ab und eilten davon, unterstützten und halfen. Nach einem benommenen Zögern schob auch ich mich aus dem Sattel, stieg hinab auf den schlammigen Boden und ging davon. Vorbei an dem König, der mit Gandalfs rettendem Begleiter sprach. Vorbei an Gimli, der, noch immer der kämpferischen Hektik verfallen, umherlief. Vorbei auch an Gandalf, der seinen stolzen Hengst zum Stehen brachte und den weiten Ärmel seines Mantels um ein Gepäckstück legte... welches schon des öfteren meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte. Nur flüchtig und kurz hatte ich es bemerkt. Und dennoch... Ohne mein eigenes Zutun blieb mein Blick erneut an dem Verborgenen hängen, kurz betrachtete ich mir das dicke Tuch, in welches dieses selbst eingewickelt war. Unbeabsichtigt vergrößerte ich den Abstand zwischen mir und dem Pferd, ging einen Bogen und blickte jenem Gegenstand noch immer nach. Es war unerklärlich, er weckte mein Interesse. Ganz anders Aragorn, an dem ich stillschweigend und achtlos vorüberging. Überall lagen sie... verkrampft nach dem letzten Kampf, den sie verloren hatten. Was war schon die Unsterblichkeit... Was für eine Bedeutung hatte sie schon, wenn sie so einfach ausgemerzt werden konnte... Betrauernd schweifte mein Blick über ihre leblosen Körper, achtsam trat ich um sie herum, blickte ihnen nach, sah Blut und das Entsetzen, welches noch deutlich in ihren toten Augen glühte. Ich schluckte schwer, fand mich ungeschützt diesem Anblick ausgeliefert. "Hiro hyn îdh ab 'wanath." Leise vertiefte ich mich in ein elbisches Gebet, während ich langsam meiner Wege ging. Um mir selbst Mut zu machen, um den Toten den letzten Abschiedsgruß mitzugeben. Ich blinzelte, hob abwesend die Hand und betastete mein Gesicht. Nur nachlässig wischte ich den Schmutz von der Haut, stieg über einen elbischen Säbel hinweg und erreichte in lahmen Schritten die Stufen zum Wehrgang. Zögerlich bestieg ich ihre erste, hielt dort inne und drehte mich um, um mich dem vollen Ausmaß auszuliefern. Beschmutzt waren ihre feinen Mäntel, der Glanz ihrer kunstvollen Helme war im prasselnden Regen verblasst, schimmerte nur noch matt. Bleich waren ihre Gesichter, umso dunkler das Blut, welches ihre Haut und Kleidung säumte. Ich zog die Brauen zusammen, schüttelte in einer tiefen Trauer den Kopf und drehte mich um, weiterhin hinaufsteigend. Nur wenige standen noch auf dem Wehrgang. Verletzte lehnten keuchend an dem Gestein, kauerten zitternd auf dem Boden... Und die Sonne schien hell und hoffnungsspendend auf uns hernieder. Hatte sie uns soeben noch zum Vorteil gereicht, wünschte ich nun, sie würde versinken und mich meinem Kummer überlassen. Doch der Himmel lag blau und friedlich über uns, wirkte so kalt und einschneidend gegenüber der Erde, die übersäht war mit zertrümmerten Körpern. Nur kurz betrachtete ich mir den Horizont, auf dem noch leicht die Morgenröte lastete. Und ich empfand in diesem Augenblick nur Hohn für ihn. Und gleichermaßen fühlte ich mich selbst verhöhnt durch diesen widersinnigen Sarkasmus. So richtete ich mein Augenmerk hinab und bevorzugte die Realität zu sehen, so, wie sie nun war. Ich sah einen Knaben dort liegen... tot und zusammengekrümmt, sah einen Mann, dessen Miene dämonisch verzerrt war. Und ich sah... Ich blieb stehen, fixierte mich auf nur einen Punkt, starrte hinab und sah doch nicht das, was vor mir lag. Der Anblick stieß mich in die Benommenheit und lange verharrte ich reglos. War er doch nur einer unter vielen... Waren es doch solche Massen... seinen Tod hätte ich nicht erwartet. Langsam ließ ich mich auf die Knie sinken, blieb neben ihm kauern. Haldir... Haldir war gefallen... Ausdruckslos war seine besonnene und gutmütige Miene... geschlossen seine Lider. Er lag ausgestreckt dort... dort zwischen all den toten Leibern und doch zollte ich nur ihm meine Aufmerksamkeit. Ungläubig betrachtete ich mir die leblose Hülle, seufzte schwer und lautlos und schloss kurz die Augen, um mich dieser Anblicke kurz zu erwehren. Nicht lange verharrte ich so, beugte mich vorsichtig über ihn und schob grob und unnachgiebig den schweren Leib eines Feindes von ihm. Und keuchend blickte ich wieder auf ihn hinab. "Legolas!" Drang da eine bekannte Stimme an meine Ohren und so wendete ich mich erneut von Haldir ab, blickte um mich und erspähte den Zwerg, der unten im Hof stand, beide Hände am Mund hielt und nach mir rief. "Legolas, nun komm doch! Der Kampf ist vorbei! Opfer bringt er immer, doch ist der Erfolg das, was bleibt!" Ich senkte die Lider, schüttelte in einem schwachen Widerspruch den Kopf. "Von kurzer Dauer ist der Erfolg, den du als so langanhaltend bezeichnest. Doch fallen werden noch Massen und deren Verlust wird auf uns lasten. Selbst in Friedenszeiten... falls diese irgendwann eintreffen." "Das werden sie schon!" Der Zwerg ruderte mit den Armen. "Das werden sie ganz sicher, also verschwende keine Zeit mit Zweifeln! Und sitz nicht dort, herrje, du zeigst dich, als stünde dir der Tod bevor! Steh auf, komm her, wir haben anderes vor!" "Mein Vorhaben ist hier." Antwortete ich leise und senkte den Kopf, erneut auf Haldir herabblickend und der alten Trauer verfallend. "Ohh!" Der Zwerg ächzte. "Du zermürbst mich mehr als jeder Gegner! Gandalf bat mich, dich zu holen! Die Gefährten versammeln sich, viel gibt es zu berichten!" Somit drehte er sich um, so glaubte ich, denn ich wandte den Blick nicht ein erneutes Mal ab, blieb reglos kauern und bald ertönte die Stimme des Zwergen wieder. "Die Gefährten!" Rief er mir durchaus ungeduldiger zu. "Traf ein Hieb deinen Kopf? Ich glaube, du bist einer von ihnen, sollte mich mein Verstand seit geraumer Zeit nicht trügen!" Die wiederholte Bitte traf mich deutlich und so riss ich mich endlich los, richtete mich auf den Knien ab und senkte die Hand ein letztes Mal hinab zum toten Elben. Vorsichtig setzte ich die Fingerkuppen auf seine bleiche Stirn, spürte die Kälte, die bereits all die lebendige Wärme vertrieben hatte. "Navaer, Haldir o Lórien. Navaer... " Ich streifte seine Haut, wandte das Gesicht ab und kam auf die Beine. Ohne zurückzublicken stieg ich die Treppe hinab, begab mich zurück zum einem Ort des Grauens, den ich nur ungern betrat. Ich versuchte nicht hinunterzuschauen, als ich neben Gimli über den Hof ging, vorsichtig einen Fuß vor den anderen setzte und mich achtsam durch die Massen drängte, die sich bereits versammelt hatten. Nach einem kurzen Marsch, den Gimli mit zahlreichen Worten gefüllt hatte, traten wir hinein in die Feste, durchquerten einen Gang und erreichten so einen Raum, in dem die anderen, wie angekündigt, warteten. Neben den abscheulichen Anblicken des Krieges war es eine Wohltat für meine Augen, gleichermaßen für meine Seele, sie versammelt zu sehen. Gandalf, der bequem auf einem Stuhl saß, Merry und Pippin, die aus den Höhlen zurückgekehrt waren und ebenso gesellig auf wärmenden Fellen hockten. Ich betrachtete sie mir kurz, musterte sie alle und konnte mich nicht daran hindern, erneut auf jenes Gepäckstück zu achten, welches der Zauberer sorgsam auf seinem Schoß hielt. Mit Furcht betrachtete ich es mir, blieb stehen, ohne mich ihm zu nähern, hielt Abstand und versuchte dieses Stocken zu übertünchen, indem ich mich gegen einen der stützenden Pfeiler lehnte und die Arme vor dem Bauch verschränkte. Es war ungewiss, was sich unter diesem Tuch verbarg... ich vermochte es nicht zu erahnen und mit allen Mitteln würde ich mich wehren, es zu versuchen. Nur einer Tatsache war ich mir sicher... nichts Gutes trug Gandalf bei sich. Ja, annähernd fühlte ich mich bedroht durch die Anwesenheit des unbekannten Gegenstandes. Es breitete sich ein unangenehmes Gefühl aus, sah ich ihn an. Und näherte ich mich ihm, war es, als schneide sich eine eisige Kälte durch mein Fleisch. Es war besser... wenn ich hier stehen blieb... Nicht unnötig lang versuchte ich mich mit dieser Beobachtung aufzuhalten, gezwungen riss ich mein Augenmerk los und zufällig lenkte ich es zu Aragorn, der schweigend dort stand. Und erneut entfloh ich diesem Anblick, senkte meinen Kopf und starrte auf den Boden. Aragorn: In langsamen Schritten war ich Gandalf gefolgt und hatte auch alsbald den Blick von Legolas gelassen, der sich in einer weiterhin seltsamen Distanzierung über das Schlachtfeld bewegte. Lange Zeit, während ich dem weißen Zauberer nachging, hatte ich meinen Blick über die toten Körper schweifen lassen, doch hielt sich meine Trauer in Grenzen. Oh, ihres Verlustes war ich mir bewusst, sehr sogar und dankbar zugleich, dass sie für das Überleben der Menschen Rohans ihr eigenes Leben opferten. Aber viele sah ich schon in Schlachten fallen... viele sah ich unter Pfeilen und Klingen zu Boden gehen... und auch in tote, verzerrte Gesichter sah ich schon so oft, dass sie mich nun nicht mehr in Träumen verfolgten. Um jene, die mir nahgestanden hatten... Boromir... Haldir... an deren Verlust würde ich nun zerbrechen, wären mir auch solche Rückschläge unbekannt. Alles, was ich zu kennen geglaubt hatte, war um mich herum gestorben... und würde sterben, ehe ich selbst zu meinen Ahnen zurückkehrte. Abwesend sah ich um mich, die Geschäftigkeit der Überlebenden... ihre müden Augen, ihre Kraftlosigkeit, die Erschöpfung in all ihren Gliedern... ihre eigene Trauer, die nicht vom Sieg über ein mächtiges Heer vertrieben werden konnte. Gandalf brachte sein Ross zum Stehen und stieg ab. Sofort kam ein Mann geeilt, neigte leicht sein Haupt und nahm die Zügel Schattenfells entgegen. Leise flüsterte ich Brégo zu, fuhr flüchtig mit der Hand durch seine Mähne und konnte dem Pferdeherrn einen völlig ruhigen Hengst übergeben, um welchen er sich gewiss kümmern würde. Noch ehe er verschwand, bat Gandalf ihn, den Zwerg zu verständigen und auch Legolas zu uns zu bitten, gleichsam die Hobbits aus den Höhlen zu holen und aufzupassen, dass keine Frau, kein Kind ihnen heimlich folgte. Ein solcher Anblick, wie er sich uns hier bot, würden sie nicht verkraften und so schmerzhaft es für sie sein würde, dass sie ihre Männer und Söhne kein letztes Mal sehen durften, umso besser war es doch für ihre Seelen. Der Herr nickte und wir setzten unseren Weg fort. Ich schwieg, während wir einige Straßen hinter uns ließen, ebenso die Klageschreie und Leiden und einen Raum passierten. Ungenutzt und annähernd unbeschädigt war dieser. Eine lange Tafel stand dort, wenige Stühle und einige Felle, die am Boden und auf jenem Holz ausgebreitet waren. Trotz der klaren Sonne am Himmel war dieser Raum recht vom Licht, und beinah in einen Schatten gedrängt, so dass Kerzen auf der Tafel standen und in ihrem kargen Licht düstere Schatten warfen. Es grämte mich, mich nun hier mit den Gefährten zu versammeln, obgleich die aufkeimende Freude da war, um der Gefährten Willen. Schweigsam stand ich nun Gandalf gegenüber. Meine Gedanken waren zu wirsch, als dass ich ihn auf sein Verlassen in Edoras ansprechen könnte, auf den Hader, den wir beide noch im Stillen führten und so sah ich nur bewegungslos zu, wie er sich den Stuhl an der Tafel nahm, ihn drehte und sich mit einem leisen Seufzen niederließ. In langsamen Schritten setzte ich mich in Bewegung, nachdenklich und grübelnd, doch wusste ich nun nicht mehr, weshalb und lehnte mich absent an die Wand, den Blick trüb auf die Tür gerichtet. Einerseits war ich gespannt zu erfahren, was es zu erzählen gab, zugleich voller Neugier, in welchen Gebieten Gandalf Éomer und sein Heer getroffen hatte und was in der Zwischenzeit geschehen war, doch andererseits war es vielleicht nun auch umso schwerer, die Kluft zwischen Legolas und mir in seinem Beisein zu schließen. Ah, so vieles war noch zu tun... Ich lauschte der Stille um uns herum und allmählich begann sie mich zu erdrücken und so blickte ich wieder zu Gandalf, sah zu der kugelähnlichen Form, die er unter dem Stoff verbarg. "Nun..." Mir wurde die Möglichkeit genommen, ein Gespräch unter vier Augen zu beginnen, denn schwere Schritte ertönten, ein bekanntes Grummeln hörte man bereits durch die Mauern und kein Denken war von Nöten, um zu wissen, wer es war. Grob wurde die Tür aufgedrückt und leise fluchend trat der Zwerg hinein, sah erst zu Gandalf und dann zu mir. "Ja...", begann Gimli brummend, holte tief Luft und hielt sie an, ehe er rasch zur Seite sprang, da sich zwei kleine Männer an ihm vorbeidrängten und durch die Tür jagten. "Gandalf!" Riefen beide wie im Chor und ihre Freude über seine Wiederkehr war groß. Schnell und impulsiv sprachen sie auf ihn ein und der Zauberer lächelte gütig. Ich sah sie flüchtig an und zeigte einen Hauch von einem Lächeln, ehe der Zwerg mit einem weiteren Brummen erneut meine Aufmerksamkeit auf sich lenkte. Träge ging er auf eines der Felle zu, die auf dem Boden ausgebreitet waren. "Der Elb war schwer zu finden, sag ich euch! Reglos, nichts als ein Strich in den Landen und auf den Mauern annähernd unauffindbar! Ein Wunder, dass der Wind ihn nicht davontrug!" Er nickte sich selbst zu und setzte sich schwerfällig, die Axt dicht neben sich legend und abwartend zu den Hobbits blickend. Ich stellte mich auf taub und konzentrierte meine Gedanken auf die Worte des Zwerges. Gewiss hatte er ihn gesehen... unter all den Toten hatte Legolas gewiss den einen entdeckt und selbst wenn dem nicht so war... so war sein Verlust all derer, die den Elben aus Düsterwald verwandt waren, eine sehr schwere Last... schmerzend. Kaum war der Gedanke gedacht, öffnete sich die Tür weiter und Legolas trat ein. In demselben Moment hob Gandalf die Hand und lächelte die Hobbits an. "Ich erzähle euch, was zu erzählen ist. Setzt euch." Nun, ich behielt meine Haltung vorerst ein, bewegte mich nicht vom Fleck und richtete auch nicht den Blick auf jemand anderen. Da war eine Bewegung gewesen, die mich stutzig machte... ja, ich sah es und kein Anderer schien es gesehen zu haben. Das Hadern in den Schritten des Elben war mir nicht entgangen, so belanglos es doch für ein jedes Auge sein sollte und erneut fiel mir auf, dass es Furcht sein musste, die ihm diese Unsicherheit aufdrängte. Ich sah sie in seinen Augen... schieres Unbehagen spiegelte sich in ihnen wieder und er konnte es nicht vor mir verbergen. So war nicht ich der Grund dafür... ich folgte seinem Blick und sah erneut zu dem vom Zauberer verdeckten Objekt. Dies musste das Erzeugnis seiner Beklommenheit sein. Was... "Sag, was verbirgst du eigentlich die ganze Zeit vor uns, Gandalf?" Voller Neugierde beugte sich Pippin zu dem Zauberer und seine Augen leuchteten vor Spannung. "Lass sehen!" Er hob schon die Hand, doch hob der Zauberer es aus seiner Reichweite und strafte den jungen Hobbit mit einem mahnenden Blick. "Das, närrischer Tuk, werde ich erzählen. Und nicht mehr als Erzählungen wirst du zu hören bekommen! Also, horche gut und zügle deine Neugier!" Mich ließ das vorangehende Geplänkel kalt und spätestens, als der Zwerg sich mit in ihm einreihte, wandte ich den Blick wieder ab und sah nun ganz auffällig zu Legolas. Er, der ruhigste von uns allen, behielt zwar seine Schweigsamkeit bei und man könnte meinen, er täte dies aus der langanhaltenden Trauer, die er für die Toten mit sich trug, doch war es... ohne Worte: Nicht die Trauer ließ ihn den schmutzigen Boden begutachten oder würde ihn daran hindern, sich zu seinen Gefährten zu setzen, die er im Kampf nicht an seiner Seite hatte. Fast reglos verharrte er so, selbst das weiche Haar, das jeden kleinen Windzug zum Tanz nutzte, rührte sich nur sachte durch die lautlosen, doch raschen Atemzüge des Elben. "Ich traf Éomer, Éomunds-Sohn schon früh und aus Zorn ritten sie gen Isengard, um Orthanc, den mächtigen Turm zu stürzen." Nur dumpf nahm ich die Worte des Zauberers wahr und ab und an sah ich auch zu ihm, so wie ein jeder es tat, bis auf Legolas. Und sie waren gespannt von dem Beginn der Geschichte, so hob Merry öfter die Brauen und tauschte vielsagende Blicke mit dem Zwerg, während Pippin keine Sekunde den Blick von Gandalf ließ. "Möge es ein glücklicher Zufall gewesen sein oder eine Fügung des Schicksals, die den Ritter der Mark zu jenem Zeitpunkt dazu veranlasste, diesen Weg einzuschlagen, denn an jenem Tag, an dem wir Isengard erreichten, konnte der Turm Saruman's nicht ungeschützter sein." Ich wandte mein Augenmerk wieder rasch von ihm ab, sah erneut zu Legolas und doch schien er wie ein festgenagelter Schatten zu sein, grau und reglos und umso mehr lag mir daran, zu erfahren, weshalb er so fern war... zitterte er? Ich stützte mich von der Wand ab und ließ mich übermannen von einer seltsamen Sorge, die ich bis dahin selbst nicht ganz verstand. Doch wäre ich wohl kurz davor gewesen, auf ihn zuzugehen und ihn aus dem Raum zu bitten, um ihn zu begleiten und zu erfahren, da spürte ich auch schon den Blick des Weißen auf mir und sein Wort richtete sich sogleich an mich... als ob er wahrhaftig einen jeden Kontakt unterbinden wollte. "Wie viele waren es, die sich Helms Klamm entgegenstellten, Aragorn?" Rasch festigte ich meine Haltung wieder und drehte mich zu ihm... als ob ich nie etwas anderes im Sinne hatte. "Ganz Isengard, wie du wissen müsstest, Gandalf." Antwortete ich ruhig und atmete tief ein. "Zehntausende und vielleicht gar mehr. Ein Meer aus schwarzen Leibern. Eine Übermacht gar... du siehst sie auf jeder Stufe in diesen Pässen, auf, vor und hinter den Mauern." Er nickte, wandte den Blick ab und auch ich wollte dies tun, doch richtete er abermals seine Stimme an mich. "Nun ist es eine Macht, die wir weniger fürchten müssen..." Und es begann eine Diskussion, von der ich mich unmittelbar mitreißen ließ, war ich doch der Ansicht, dass Isengard wieder Kreaturen erschaffen würde... "Saruman hat seinen Körper verlassen. Er fiel von seinem Turm und dies fiel mit ihm." Und er ließ die Augen zu dem Stoff wandern und gleichsam rückte Pippin näher. "Einer der sieben sehenden Steine. Der Palantir von Orthanc." Legolas: So sehr mich die Wiedersehensfreude auch für eine kurze Weile gepackt hatte... so entrann sie mir mit einem jedem Atemzug mehr, bis ich eisern auf meinem Fleck ausharrte, mich gar davor fürchtete, ihm zu nahe zu kommen. Ihm und somit dem Gegenstand, der dieses Unbehagen, ja, beinahe schon diese Angst in mir aufleben ließ. Die Angst vor dem Unbekannten war stark... stärker noch als die Furcht vor dem Gewissen und ich wollte all das nicht verschärfen, wollte dieser Zusammenkunft beiwohnen, so wie jeder andere auch. Ich hörte Pippin spaßen, vernahm auch ein mahnendes Murmeln aus Merrys Richtung und der Zauberer lächelte flüchtig, nahm dasselbe wahr. Doch ihn amüsierte es und ich tat es ab, ohne mich damit zu beschäftigen. Ich versuchte meine Unsicherheit zu verhüllen, indem ich schwieg und verbarg auch meine bestürzte Miene, indem ich das Gesicht gesenkt hielt und den Blick nicht von dem dunklen Gestein lösen wollte. Es war schlimm genug, wie es nun war. Mir war unwohl in meiner Haut, alles war mir unagenehm. Mein Aufenthalt, die Atmosphäre, die herzlich war und in meinen Augen doch vor Anspannung knisterte. Ich fror, körperlich wie auch seelisch und konnte mich nicht gegen das Zittern wehren, welches mich hin und wieder nur flüchtig übermannte. Es war unauffällig... sicher entging es den anderen und so setzte ich nicht meine letzte Kraft ein, um mich dagegen zu wehren. Nur einmal... Nur einmal hatte ich bisher solch grenzenlose Bösartigkeit gespürt. In den Mienen Morias, als sich die Kreatur aus den vergangenen Zeiten aus dem Schatten stahl und sich uns in ihrer erschütternden Macht offenbarte. Gezittert hatte ich auch damals und dennoch sah ich die jetzige Situation als noch bedrohlicher an. Gimli, die Hobbits... niemand von ihnen schien sich der Gefahr bewusst zu sein, die Bedeutung, die jenes Gepäckstück besitzen musste. Gandalf hielt es tief verborgen, schützte es vor Pippin´s neugierigen Augen und ermahnte ihn. Er hielt es bei sich und ich betete, er würde es auch weiterhin tun und mich alsbald aus dieser Lage befreien. Und Aragorn... Zaudernd löste ich den Blick vom Boden, umging Gandalfs Nähe weitläufig und blickte zu ihm. Seine ernste Miene gab sein Wissen preis, die Nachdenklichkeit in seinen Augen den Versuch, mit der Problematik umzugehen. Er wusste es... dessen war ich mir sicher. Nur wenig blieb ihm verborgen. Seine Haltung wirkte undefinierbar, ließ nicht entscheiden, ob er verspannt oder gelockert war. Schweigend sah er zu Gandalf, senkte die Lider und ich wandte mich dem Boden zu, bevor sich unsere Augen treffen, oder er mich in Versuchung führen könnte, mich seinen Beobachtungen anzuschließen. Neben Angst gab es auch Interesse... doch selbst ein Blinzeln in jene Richtung würde mir Schmerz zufügen. So gab ich mich auch weiter dem Stursinn hin, zwang mir selbst meine Kontrolle auf und lauschte Gandalfs Worten, als er die Stimme erhob, ruhig zu erzählen begann. Er berichtete von Isengard, dem Sturz Sarumans und Erleichterung befiel mich, als ich diese Nachricht in mir aufnahm, mir sicher sein konnte, dass der Feind nun um eine Bedrohung schwächer war und wir unser Augenmerk auf das eigentliche Ziel zu richten vermochten. Mordor... Auch von Eomer begann er zu erzählen und unter einem tiefgehenden Atemzug verschränkte ich die Arme erneut, räkelte mich kurz an der Säule und kreuzte die Beine. Eine ungeahnte Bewegung riss mich aus meiner absichtlichen Absenz und als ich von unten behutsam aufblickte, sah ich Aragorn. Mir gegenüber hatte er gestanden und ich wusste druchaus, was er tat, spürte deutlich, wie sein Blick mich zu oft streifte, wie er sich auf mich richtete und zu lange an mir haftete. Nun tat er einen Schritt, bewegte sich auf mich zu... näherte sich mir und bevor ich dieser Lage, die ich als noch unangenehmer empfand, ausgesetzt werden konnte, richtete sich Gandalf unerwartet an ihn. "Wie viele waren es, die sich Helms Klamm entgegenstellten, Aragorn?" Erkundigte er sich, ließ ihn stocken und in seinem Weg innehalten. Abgelenkt von anderen Dingen, die schwer auf mir lasteten, schweifte mein Blick achtsam zu dem Zauberer, der sich doch gerade noch mit den Hobbits beschäftigt hatte. Ruhig und doch mit einer spürbaren Ungeduld antwortete Aragorn und Gandalf dankte ihm mit einem merkwürdigen Nicken. Noch immer lastete mein Blick auf ihm... Bedenken überkam mich. Sobald Gandalf die Auskunst erhalten hatte, wandte sich Aragorn erneut zu mir, darauf aus, seinen Weg fortzusetzen... und als hätte ich es geahnt, verwunderte es mich nicht, dass der Zauberer sich erneut an ihn wandte, ihn erneut von seinem Vorhaben abhielt. "Nun ist es eine Macht, die wir weniger fürchten müssen..." Murmelte er nachdenklich und endlich schien es ihm zu gelingen, Aragorn abzulenken. Ich spähte zu ihm, sah eine vorsichtige Wut in seinen Augen, als er sich bremsen ließ und erneut Antwort gab, weshalb sich bald eine strategische Diskussion entwickelte, der ich mich unter keinen Umständen anschließen wollte. Langsam löste ich die Arme von meinem Leib, ließ sie unentschlossen sinken und überblickte nicht weniger beirrt die Umstände. Betrügten mich meine Augen? War das, was ich soeben erblickt hatte, wirklich geschehen? Versuchte Gandalf, Aragorn von mir fernzuhalten...? Hatte er soeben erfolgreich versucht, seine Sorge zu unterbinden? Sein Einschreiten war mir nützlich, war der Umgang zwischen Aragorn und mir doch geprägt von Unsicherheit und Zweifeln. Doch er konnte es nicht wissen...? Zwischen uns war es geschehen, nicht in seiner Anwesenheit. Auch nicht in der Anwesenheit anderer, die es zu ihm hätten tragen können. Woher besaß er dieses Wissen? Woher besaß er es? Vorrausgesetzt, er handelte aus den Gründen, die ich zu kennen glaubte. Ich wusste es nicht... war unsicher... verwirrt, annähernd perplex und für einen kurzen Moment wünschte ich mir, meinen Augen einfach keinen Glauben zu schenken und die Sache somit leichtfertig abzutun. Doch es war geschehen... und eine erschreckende Einsicht griff nach mir. Entsetzt blickte ich drein und schenkte dieser Auffälligkeit keine Beachtung. Wusste er das, was ich nicht wusste? War er dem versteckten Spiel beigetreten? Nahm auch er sich eines absurden Verhaltens an, ohne eine Erklärung zu liefern? Aragorn... die Männer Theodens... und nun auch er...? Alsbald verstummte Gandalf auf eine Frage Pippins hin, und unterbrach die Geschichte. Ein Schweigen kam über uns und die Atmosphäre wurde um ein Stück Beengtheit reicher, während die Hobbits, vor allem Pippin, ungeduldig auf die Antwort warteten. Und nicht lange hielt die Stille an, bis sich Gandalf wieder zu Wort meldete, scheinbar an Pippin gerichtet, der sich noch immer zu großer Neugierde hingab. "Saruman hat seinen Körper verlassen. Er fiel von seinem Turm und dies fiel mit ihm." Er senkte leicht den Kopf, hielt den Gegenstand achtsam zwischen den Händen und während ihm der kleinere Hobbits näherkam, wuchs meine Anspannung. "Einer, der sieben sehenden Steine. Der Palantir von Orthanc." "... die von weiten sehen." Hauchte ich ungläubig und Gandalf schickte mir einen knappen Blick. "Ihrer Kraft bediente sich Saruman." Sagte er und sah in die Runde. "Nicht nur ein waches Auge war ihm der Palantir, gleichsam eine Waffe und ein Mittel, Kontakt zu Sauron aufzunehmen." Ein kalter Schauer durchfuhr mich und ich löste mich von der Säule. Die Nervosität erlaubte es mir nicht, still zu stehen. "Er steckt voller Bosheit." Flüsterte ich annähernd lautlos, die Augen nun starr auf die Kugel gerichtet, die verborgen war und doch so kalt und deutlich vor mir lag. "Ein Werkzeug des Schreckens..." Mit großen Augen sahen die Hobbits mich an, während Gandalf langsam nickte und noch während er den Ärmel wieder darüberzog, wich ich um einen Schritt zurück. Stockend streiften meine Fingerkuppen das raue Gestein der Säule, bevor ich die Hand zu einer Faust ballte und mich dazu zwang, stehen zu bleiben. "Wage es nicht!" Erhob sich Gandalfs Stimme energisch in dem Raum und geduckt setzte sich Pippin zurück, hatte er doch soeben noch die Hand nach dem Gegenstand ausgestreckt. Streng mahnte ihn Gandalfs Blick und in der Runde kehrte Bewegung ein. Gimli räusperte sich, brummte und rückte auf dem Stuhl umher. Merry schüttelte über das Benehmen seines Freundes den Kopf und auch Aragorn sah sich flüchtig und stirnrunzelnd um. "Allein die Existenz dieses Werkzeuges lässt viele in Furcht geraten...", und er bedachte mich mit einem unauffälligen Blick, dem niemand folgte, "... verstärke seine Macht nicht auch noch durch deine Torheit und halte dich von ihm fern. In deinem eigenen Interesse rate ich dir dies, Peregrin Tuk! Lenk dich ab von Beobachtungen und scheue dich davor, dich ihm zu nähern, ihn gar zu berühren!" "Was würde geschehen?" Erkundigte sich Pippin durchaus etwas trotzig und Gandalf schloss kurz die Augen. "Zu furchtbar, um es zu beschreiben. Zu gefährlich, um es zu versuchen. Halte dich einfach an meinen Rat, sonst wird es dir schlecht ergehen. Viele sind dem Palantir unterlegen und du würdest gewiss keine Ausnahme sein." Pippin verzog vergrämt die Miene, schüttelte leicht den Kopf und kam auf die Beine. Entschlossenen Schrittes zog er an mir vorbei und verließ den Raum. "Pippin!" Rief Merry ihm noch nach, unterließ es jedoch, ihm zu folgen, als Gandalf beruhigend die Hand hob. Und ebenso ruhig traf sein Blick auf den meinen und er begann sich zu bewegen. Sorgsam hob er den Palantir von seinem Schoß, drehte sich im Stuhl und legte ihn hinter sich auf dem Tisch ab, schaffte ihn aus meiner Blicklinie und lehnte sich etwas entspannter zurück. Ich selbst konnte dies nicht von mir behaupten. Scheiterte ich auch an jeglichen Versuchen, ihn zu erspähen, spürte ich dennoch seine Anwesenheit und ich suchte Ruhe, indem ich langsam und gemach durch den Raum zu spazieren begann. Die Arme vor dem Bauch verschränkt, zog ich hindurch unter den Säulen, lehnte mich an sie und lauschte den weiteren Erzählungen des Zauberers. Aus sicherer Entfernung, stets eine Distanz einhaltend und diese nicht verringernd, betrachtete ich mir meine Gefährten. Die wenigen, die noch übrig waren... Nur, als Gandalf auf die rettende Hilfe der Ents zu sprechen kam, wurde mein Herz von einem großen Teil der Last befreit und flüchtig lächelte ich in Erinnerung an jene wundervollen Geschöpfe. Nicht lange dauerte es, da sah ich Pippin zurückkehren. Flink war er durch die Tür gelaufen und hatte sich um eine Säule geschlichen, bevor er zu Merry ging und sich neben ihn setzte. Weiter entfernt, so schien es mir... und ich wandte mich Gandalfs Erzählung zu. Heiterer wurden diese, ich empfing diese Tatsache mit offenen Armen und nur das dunkle Gefühl tief in meinem Inneren mahnte mich der Anwesenheit jenes Gegenstandes. Es war nicht schwer, ihn nicht zu beachten. Entfernt hielt ich mich an einer Säule, die zwischen mir und dem Palantir lag und meine Augen folgten Gandalf, der nun gleichermaßen im Raum spazieren ging und einen besonderen Ent namens Baumbart erwähnte. Lange musste er ihn schon kennen und auch mir war dieser Name ein Begriff. Ich nickte stumm, senkte den Kopf und vertiefte mich selbst in Gedanken. Ich driftete hinab und das Geschehen, welches ich außer Acht ließ, ging dennoch weiter. So viele Länder, so viele Täler und Wälder, Wiesen und Wunder der Natur wollte ich noch erblicken. Reisen, erkunden... genießen. Es war schwer, sich vorzustellen, dass man vielleicht nie dazu in der Lage wäre. Und noch furchterregender war der Gedanke, einmal kurz davor gewesen zu sein. "Pippin...!" Drang ein leises Flüstern an meine Ohren. Ich erkannte Merrys Stimme und sorgte mich nicht darum. Oft musste der Hobbit seinen tollpatschigen Freund ermahnen. Zu lange war man schon getrennt von der Heimat... zu ungewiss war unser Schicksal, als dass wir eine Vorfreude entwickeln sollten. Enden konnte es immer. "Pippin...!" Ertönte erneut das strenge Flüstern, ein Stuhl quietschte, darauf folgend Geräusche, die ich nicht einzuordnen wusste. Gandalf blieb stehen, ich hörte auch das Brummen des Zwergen und Aragorn löste sich langsam von der Kante eines kleinen Tisches, an dem er bequem gelehnt hatte. Den Blick auf einen Punkt fixiert, tat er einen Schritt. "Nicht!!" Erschreckend bäumte sich die mächtige Stimme des Zauberers auf und ich fuhr zusammen, kehrte in die Realität zurück und trat ebenso hinter der Säule hervor, die mir als perfektes Versteck gedient hatte. "Pippin!!" Auch Merry rief und der Zwerg sprang von seinem Stuhl. Ein leiser Schrei folgte und meine Augen weiteten sich, als ich stehen blieb, nicht mehr dazu fähig, mich zu bewegen. Die Abwesenheit der anderen hatte sich Pippin gekonnt zu Nutze gemacht... Wie war er an den Palantir gelangt?! Er kauerte neben dem Tisch, war bereits auf die Knie hinabgesunken und zuckte am gesamten Leib, während er mit schmerzverzerrter Miene die Kugel in den blanken Händen hielt! Längst war das Tuch ihnen entglitten und es verschlug mir den Atem, schnürte mir regelrecht den Hals zu, als ich das finstre und allesverzehrende Innenleben des Palantir erblickte. Grelle Flammen tobten, schwarze Schatten fraßen sich ihren Weg durch sie und ein grausames Dröhnen erfüllte den gesamten Raum. Starr blieb ich stehen, bewegte nur die Lippen, verzweifelt nach Luft ringend und doch nicht dazu imstande, starrte ich auf das lidlose Auge, welches schneidig in der Mitte des Palantir flackerte. Hitze zog mir entgegen... das Dröhnen schmerzte in meinen Ohren und die Umwelt schien zu verschwimmen... war mit jedem Augenblick schwächer wahrzunehmen. Hastig machte sich Merry auf den Weg zu seinem Freund, als dieser sich nach vorn warf und mit letzter Kraft die Kugel von sich schleuderte. Dumpf schlug der Palantir auf dem Gestein auf und während sich Merry todesängstlich über Pippin beugte, eilte Gandalf fort, eilig und hastend auf den Mantel zu, der auf einem anderen Stuhl gebettet lag. "Nicht berühren!!" Schrie er aufgewühlt und Pippin ächzte noch immer. In dem ersten Moment raubte meine Furcht mir die Fähigkeit, zu realisieren. Reglos stand ich dort, mit geweiteten Augen auf die speihende Kugel starrend... ... polternd und flink, als würde ihr jemand stets neuen Schwung geben, rollte sie... auf mich zu... Zitternd atmete ich ein, blinzelte und bewegte mich instinktiv zurück. Übereilt und unbedacht waren meine ersten Bewegung, zu sehr getrieben von Panik, als dass ich sie hätte beherrschen können. Ich stolperte zurück, kämpfte um das Gleichgewicht und verlor die Kontrolle über mich. Mit einem lauten Aufschrei warf sich der Zwerg nach vorn, streckte die in festen Handschuhe gehüllten Hände nach der Kugel aus... doch sie entrann ihm und er blieb keuchend liegen. Eilig griff auch Gandalf nach seinem Mantel... So schnell ich konnte, wich ich zurück. Tödliche Angst durchzuckte mich, als sich der Palantir mir näherte. Allein seine Anwesenheit hatte mich zittern lassen! Aragorn: "Nicht!!" Die laute Stimme des Zauberers holte mich aus meiner eigenen Abwesenheit, in der ich mich von dem Tisch abgestützt hatte und nachdenken wollte, während ein jeder sprach. Doch ich sah auf, sah zu dem Zauberer und dann zu dem Tisch, neben dem der Hobbit zusammengesunken hockte, zitternd und bebend. Ich trat einen weiteren Schritt vor, erblickte die unheilvolle Kugel in seinen Händen und erstarrte völlig. Wie närrisch musste man nur sein, um solch einen Gegenstand zu fassen! Die hellen Flammen des Palantírs erhellten das schmerzverzerrte Gesicht Pippins und unfähig schien er, sich von dieser Grausamkeit zu lösen. Schnell wandte ich mich um, suchte gehetzt nach einem Tuch, um ihm zu helfen und nicht selbst noch in Gefahr zu geraten. Noch ehe ich jedoch die Gelegenheit dazu erlangte, ertönte ein dumpfer Aufprall und ich folgte dem Geräusch sofort mit den Augen und sah die Kugel schon durch den Raum rollen. "Nicht berühren!!" Schrie Gandalf und er eilte zu dem Stuhl, an dem der Mantel lag. Mir kam der Gedanke, dem Zauberer die Kugel zu überlassen, denn Pippin benötigte nun Hilfe und die Merrys würde nicht genügen. So tat ich erneut einen Schritt und erkannte dann doch die Bewegung des Elben. Sofort schweifte mein Blick zu ihm zurück und die blanke Angst war in seinem Gesicht zu erkennen. Furchtsam richteten sich die geweiteten Augen auf die Kugel und erst jetzt bemerkte ich, dass sie geradewegs auf ihn zurollte. Als würde die Dunkelheit von dem Licht angezogen... Gimli spurtete auf den Palantír zu, sprang und doch entglitt ihm das düstere Objekt. Es war keine Zeit... Keine Zeit um nach dem eigenem Befinden zu handeln! Keine Zeit um sich um andere zu sorgen! Andere, als um ihn! Ich tat erneut einen Schritt zurück, wandte mich von dem Hobbit ab und wartete nicht mehr auf den Mantel, nachdem Gandalf bereits griff. Rasch lief ich zu, bücke mich und erfasste die Kugel. Doch schien mich in dieser Bewegung jede Kraft zu verlassen und wie angewurzelt blieb ich stehen. Ich spürte das Beben, das meinen Körper durchzuckte, fest umklammerten meine Hände die dunkle Kugel, ob in Hitze glühend oder in Eis fröstelnd, konnte ich nicht ausmachen, doch war es eine Qual ohnegleichen! Ein teuflischer Schmerz erfasste meinen Körper und in einem kurzen Schrei sank ich auf die Knie und biss die Zähne aufeinander. Ich schloss die Augen, versuchte nach Luft zu schnappen, jedoch schienen all diese Fähigkeiten blockiert zu sein! Meine Lider brannten und meine Finger fühlten sich taub an, zu Eis erstarrt und doch konnte ich nicht loslassen! Und nein, ich durfte es auch nicht! Flammen... als seien sie der Hölle selbst entsprungen, erhoben sie sich vor meinem geistigen Auge und der Lärm um mich herum verblasste unter dem Zischen von Wasser, das durch heißes Eisen verdampfte. Grollen... Schreie... die Schreie von Menschen... das Gebrüll von Orks... Uruk-Hai... Trolle... Weit riss ich die Augen auf, presste ein ersticktes Keuchen hervor und spürte nur noch, wie ich zur Seite kippte. Alles war verschwommen und doch konnte ich die Hände endlich von dem Palantír reißen, viel mehr noch, war mir die Kugel aus den Händen entglitten und sie rollte weiter. Mein Körper gehorchte mir nicht, als ich erneut nach ihr greifen wollte, blieben die Arme reglos, zitterten lediglich unter dem, was ich gesehen und dem Schmerz, den ich soeben gespürt hatte... und der mir weiterhin die Sinne raubte. "Ha...", annähernd lautlos setzte ich zum Sprechen an, drehte mich dann unkontrolliert auf den Rücken und ließ den Kopf zur Seite fallen. Ich spürte einen leichten Windzug und versuchte die Augen auf die Richtung zu lenken, doch sah ich nur verschwommen den weißen Mantel auf den Boden liegen... die Kugel unter sich begraben. Ich öffnete den Mund weit und schnappte nach Luft, die mir bis dahin völlig fern geblieben war. Langsam schlossen sich erneut meine Lider. Es war dunkel... so still... "Legolas." Nur leise nannte ich den Namen und öffnete die Augen, versuchte trotz der Benommenheit aufzublicken. Doch war das einzige, was ich sah, Felle auf den Boden und alles was ich hörte, verzerrte Stimmen... "Legolas..." Ich sah ihn nicht. Meine Kraft blieb mir fern... Kraft, die es mir erlaubte, mich aufzurichten, selbst als ich mich zur Seite drehte und versuchte, mich vom Boden abzustützen. Eine Hand legte sich auf meine Schulter und ich wurde beinah schon zurückgedrängt. "Bleib liegen." Ruhig und doch streng hörte ich die Stimme des Zauberers. Er drehte mich zurück auf den Rücken, hinderte mich am Aufrichten und ich atmete tief durch. "Gimli, kümmer dich um ihn!" Was mit Pippin war, wusste ich nicht... wo Legolas war, war mir auch unbekannt, doch erneut gelang es Gandalf und dem Schicksal, als wären sie Verbündete, mich von einer Dringlichkeit fernzuhalten und mich zu entmächtigen. Nur schwach nahm ich eine grummelnde Erwiderung des Zwergen wahr und ich spürte die noch etwas hadernden Schritte des Zwergen, wie sie sich mir näherten. Und nur allein der Boden vermochte mir zu sagen, wohin Gandalf ging, denn so lautlos, wie er die Tür hinter sich schloss, nachdem er noch einmal flüchtig zu Pippin gegangen war, so intensiver und zielsicher durchschritt er den Türrahmen und ließ das Zimmer hinter sich. Was geschah nun...? Wohin waren beide gegangen? Legolas: Der Schrecken saß zu tief in meinen Gliedern verankert, als dass ich mir der plötzlichen Erleichterung bewusst sein konnte. Keuchend lehnte ich an der Wand und war nicht dazu fähig, mich zu bewegen. Mit geweiteten Augen verfolgte ich das Geschehen und blieb untätig. Untätig, als Aragorn zu Boden ging... als er sich leidend räkelte und ächzte. Grausame Qualen schienen ihn zu beherrschen, schmerzvoll war sein Gesicht verzerrt und ich stand nur dort, während der Palantir aufglühte, sich in seiner vollen Macht offenbarte. Ich konnte nicht im entferntesten erahnen, was in Aragorn vorging, was er in diesen Augenblicken fühlte. Und ich glaube, ich hätte alles lieber getan, als es zu versuchen. Noch immer brannte jene Angst in mir und nur schwerlich ertrug ich den Anblick. Nicht nur durch dessen Grausamkeit, nein, auch mein Zögern, mein Hadern... Die Furcht, mich ihm zu nähern. Ich schluckte schwer, das Treiben um mich herum entrann meinem Auge und mit letzter Kraft schob ich mich an der Wand entlang, tastete mich über das Gestein und versuchte zur Tür zu gelangen. In unsicheren Schritten bewerkstelligte ich es, eilte hinauf in den kühlen Gang, floh aus dem Zimmer und ließ Aragorn zurück. Ihn, der all dies nur wegen mir auf sich nahm... Nach einem kurzen Marsch erreichte ich ein offenes Steinplateau in großer Höhe, von dem man das gesamte Gebiet vor der Klamm sehen konnte. Zuerst blieb ich stehen, atmete im kalten Wind, der mich umspielte und kämpfte um Fassung. Zerstreut blickte ich um mich, ziellos und noch immer ergriffen von einer großen Unruhe. So konnte ich auch nicht lange stehen bleiben, begann mich zu bewegen und ging hinüber zur äußersten Kante. Verborgen und versteckt vor groben Blicken fühlte ich mich dort, hielt erneut inne und schloss die Augen. Das Geräusch leiser Schritte drang an meine Ohren und ich hob die Lider, betrachtete mir den düstren Himmel und wandte mich um, als sich mir die Schritte auch weiterhin näherten. Und ich sah Gandalf, der ruhigen Schrittes zu mir ins Freie trat, mich rasch erspähte und zu mir kam. Schweigend sah ich ihm entgegen, doch auch wenn still, sein Erscheinen erfüllte mich mit Erleichterung. Viel wollte ich ihm sagen, viel lastete schwer auf meiner Seele und niemand sollte besser dazu geeignet sein, mir Gehör und gleichermaßen Rat zu spenden. Sicher wüsste er um ihn, sicher würde er mir mit Verständnis begegnen und gewiss besaß er auch die Fähigkeit, mich zu beruhigen, was durchaus schwer sein mochte in diesen Zeiten, in denen ich ziellos und irritiert wandelte und mich von einem Geschehen nach dem anderen vom Weg abdrängen ließ. Ja, immer weiter würde ich mich von ihm entfernen, bis ich ihn im Ungewissen nicht mehr fand. Hilfe benötigte ich und er würde sie mir geben... Ein besorgter, gleichsam musternder Blick streifte mich und ich versuchte zu zeigen, was er sehen wollte, was auch er in diesen Zeiten benötigte. Zuversicht... und doch, so glaubte ich, war sein Blick zu wissend, als dass ihm meine wahre Verfassung entgehen könnte... und dennoch erkundigte er sich nach meinem Befinden. Tief atmete ich durch und unter einem beinahe lautlosen Seufzen wandte ich mich wieder zur weiten Ebene, konnte ihn beruhigen in einer Sache. Und in der anderen wollte ich ihm meine Zweifel und Ängste preisgeben, die ich verspürte, die mir Bedenken bescherten, die in diesen Zeiten nicht zu gebrauchen waren. "Unsicher ist unser Streben, schier unerreichbar deren Ziel." Ich sprach nicht über jenes Geschehen, welches sich soeben ereignet hatte. Ich wollte es nicht und gleichermaßen gab es Lasten, die schwerer auf mir lagen. Er trat neben mich, schloss sich meinen Beobachtungen an und ich umfasste das Handgelenk auf dem Rücken, senkte den Kopf und dennoch schweifte mein Blick flüchtig zu ihm. Wie rasch war er mir doch gefolgt... Bedeutete seine Eile, dass andere Dinge so gering an Wichtigkeit waren, dass sie seiner Beachtung nicht bedurften? War Aragorn wohl auf...? Ich schluckte und streifte dieses Sinnieren ab. War es doch gerade dieses Grübeln über jenen Gefährten, der all diese Gefahren mit sich brachte. "Leichter würde ich all dies ertragen, besäße ich einen festen Rückhalt. Einst besaß ich ihn, doch scheint er seit jener Zeit entschwunden, verdrängt durch Sorgen, denen ich mich nicht freiwillig ergebe." Er nickte langsam, antwortete jedoch nicht und sein Schweigen kam mir gelegen. "Mir scheint, ich hätte mich in Abwesenheit befunden, während einiges geschah, was wichtig ist, zu wichtig, um mir entgehen zu dürfen. Das Betragen der Menschen in meiner Umgebung weiß ich nicht zu deuten, nicht zu erklären und viele begegnen mir mit...", ich schüttelte den Kopf, es fehlte mir an Worten und ich sah zu ihm, erblickte seine Miene, die eine gewisse Entschlossenheit verriet. Ich suchte nach der Antwort in seinem Schweigen, doch blieb sie mir verschlossen und ich verzog die Miene. "Gandalf." Ich wandte den Blick ab, meine Hände ballten sich zu Fäusten. Nur zu einem war ich imstande. Meine Sorgen musste ich kurz fassen und ich sprach aus, worunter ich litt. "Es... ist Aragorn." Und er schien zu erwachen aus seiner grübelnden Absenz und kurz sah er zu mir. "Es ist Aragorn, der mich ängstigt. Es ist Aragorn, der mich verwirrt. Es ist...", ein Schlucken unterbrach mich, "... Aragorn, der mich erzürnt, der mich zwingt, zu jemandem zu werden, der ich nicht bin. Es ist Aragorn, der mich in Angst vor dem eigenen Wesen versetzt. Es ist Aragorn... der mir fremd geworden ist. Ohne mein Zutun, so glaube ich und dennoch scheint mir ein jeder vor Augen zu führen, wie schuldhaft auch ich an der Sache bin. Doch ist mir der Grund unbekannt." Meine Stimme nahm eine verzweifelte Anspannung an, die ich sogleich verdrängte, indem ich mich kurzem Schweigen hingab und neuen Atem schöpfte. "Wie kann es schwierig sein, mir die Gründe zu nennen." Flüsterte ich dann im pfeifenden Wind, der uns frisch umspielte. Und Gandalf begann sich zu regen, schüttelte den Kopf und wandte sich zu mir. Unsere Blicke trafen sich, erwartend, ja, beinahe flehend sah ich ihn an, doch fand ich auch in seiner Miene einen Ausdruck, der mir fremd an ihm war. Noch immer die zuvor bemerkte Entschlossenheit... die sich nun in eine gar merkwürdig Richtung lenkte... "Aragorn ist ein schwieriger Mensch." Meinte er und damit unterbreitete er mir beileibe keine Neuigkeit, doch antwortete ich mit einem zögerlichen jedoch zustimmenden Nicken und er senkte die Lider, als hadere auch er mit den nächsten Worten. "Legolas, nicht nur für dich würde es förderlich sein, wenn du in nächster Zeit eine gewisse Distanz zu ihm wahrst." Seine Worte überraschten mich, erfüllten mich regelrecht mit Entsetzen und ich sah ihn ungläubig an, hatte ich doch auf tröstende Worte gehofft. Annähernd war ich mir sicher gewesen, sie von ihm zu erhalten. Und nun bat er mich, mich von Aragorn fernzuhalten...? Was geschah hier...? Was versuchte er mit alldem zu erreichen?! Stockend wandte ich mich ab. Hinderte er Aragorn daran, zu mir zu kommen? Und nun verlangte er von mir, dasselbe zu tun...? Pure Irritation befiel mich. Ich verstand es nicht... ja, in jedem Detail fehlte es an Verständnis und allmählich schienen sich die Fäden, die vor geraumer Zeit noch geregelt verliefen, ineinander zu verfitzen, undurchschaubar, unlösbar... "Gandalf...", verstört sah ich ihn an, suchte nach Worten und ein langes kaltes Schweigen brach über uns herein, bevor ich erneut den Kopf schüttelte, ihn bittend ansah, " ... nein." Verwunderung befiel seine Miene und ein Nicken folgte, welches alles andere als Zufriedenheit zeigte. "Gandalf, ist dir bewusst, was du von mir verlangst? Zwinge mich nicht, wortbrüchig zu werden. Einmal schon tat ich es und es war zu grausam, als dass ich es je wiederholen will. Frodo und Sam ließ ich ziehen... ich entzog sie meinem Schutz." Ich blinzelte, hob die Hände und erblickte seine Miene, die mit jedem Moment, mit jedem Wort, welches ich sprach, mehr zu versteinern schien. "Nicht nur Frodo schwor ich meine Treue, nein, ich schwor sie jedem meiner Gefährten. So auch Aragorn." "Nicht nur Gemeinsamkeit führt zum Erfolg und dem zielgerichteten Befolgen des Auftrages." Beinahe unterbrach er mich und seine Stimme war streng, erlaubte nicht, dass ich es ihm gleichtat. Und ich war kurz davor. "Jedes Mittel ist recht, um den Überblick zu bewahren und das, was geschieht, ist durchaus dazu fähig, diesen Überblick zu gefährden, ebenso die gesamte Mission." "Was geschieht?" Flüsterte ich leise. "Gandalf... was ist es? Was geschieht denn hier? Ich weiß es nicht." Er hob die Hand, führte eine Geste aus, mit der er meine Worte einfach wegzustreichen schien. Ungläubig folgten meine Augen ihr... als würde er meine Meinung mutwillig verdrängen, als interessiere sie ihn gänzlich nicht. "Nur eines musst du wissen, Legolas." Nun wurde deutlich, dass diese Bitte vielmehr ein Befehl war, er meine Antwort nicht benötigte, nur meine Einwilligung. "Es wird sich bessern, wenn du meinen Rat befolgst." Es erschütterte mich, als er sich plötzlich umdrehte, als er gehen... und mich zurücklassen wollte! "Gandalf!" Ich trat ihm kurz nach. "Ich kann doch nicht..." "Hör auf meine Worte!" Er drehte sich ruppig um und sein zorniger Blick ließ mich innehalten, ja, beinahe stockte mir der Atem bei der unerklärlichen Wut, die er mir plötzlich ebenso entgegenbrachte, wie Aragorn es tat. Die Reizbarkeit, die gar nicht seinem Gemüt entsprach... Entsetzt starrte ich ihn an und sein Zorn schien sich nicht zu lindern, als er zwei Schritte zu mir zurückkehrte und ich nach hinten wich... überfordert mit allem, was sich mir bot. "Nimm nicht an Aragorns Sturheit teil, eine genügt schon! Und von dir, Legolas, erwarte ich besondere Einsicht in solchen Angelegenheiten!" Und somit ging er ruppig davon, zeigte sein Desinteresse, ja, beinahe schon sein Verbot, eine Antwort zu erbringen. Und ich wagte es nicht, ihm zu folgen, mein Wort erneut gegen das seine zu stellen. Der Gräuel vieler war ausreichend. Ich benötigte keinen weiteren und ebenso wenig besaß ich den Mut, mich gegen ihn behaupten zu wollen. Zu viel Respekt hegte ich für ihn und ein Grausames wäre es, auch seinen Gram auf mich zu ziehen. Ich blieb also stehen, versteinert und verkrampft sah ich ihm nach. Und er drehte sich wirklich nicht um... er ging! "Du erleichterst die Sache nicht mit deiner strengen Bitte, zögerst ihren Ausgang lediglich heraus!" Mit letzter Entschlossenheit rief ich ihm dies nach und er hielt nicht inne, bog um die Ecke. "Und so lässt du ihn umso grausamer werden!" Er verschwand... und hatte ich soeben noch darum gekämpft, standhaft zu sein, entrann mir diese Fähigkeit gänzlich und nichts hatte sich durch sein Erscheinen gebessert. Nein, viel eher hatte es mir weitere Verunsicherung gebracht. Sie war schmerzhaft und saß tief... Zaudernd und beinahe bewegungsunfähig wandte ich mich der nächtlichen Umgebung zu, starrte ungläubig und hadernd zu Boden, versuchte Gedanken zu bilden, zu ordnen, mich zu fassen, meine Kontrolle zurückzuerlangen und alles scheiterte. Bekümmerung befiel mich, Verzweiflung und die Hoffnung, all dies je zu verstehen, versiegte. Noch länger würde man mich dieser Qual aussetzen... noch länger und ich befürchtete, nein, ich war mir sicher, bald daran zu zerbrechen. Auch Gimli schien in jene ominöse Vorgänge nicht eingeweiht zu sein, doch sah man ihm nicht an, dass er auch nur ein wenig darunter litt, sich gewisse Dinge gar zu Herzen nahm. Die eigene Unwissenheit, sollte er sich ihrer bewusst sein, schien ihn nicht zu betrüben... wenn man es recht bedachte, standen wir in derselben Rolle, doch war ich es, der es bemerkte, dem es selbst widerfuhr... War es also verwunderlich, dass ich fühlte, wie ich doch eine gewisse Rolle spielte? Es spitzte sich zu und ich wusste nicht damit umzugehen. Wie ein brennender Stein saß es mir im Herzen und ich senkte den Kopf tiefer, senkte auch meinen Oberkörper und ging stockend hinab in die Knie. Zusammengesunken blieb ich kauern, legte das Kinn auf der Brust ab und schob beide Hände um meinen Nacken, umklammerte mich selbst. Hilfe von anderen schien ich nicht erwarten zu können... Mit geschlossenen Augen und schnellem Atem verweilte ich dort, blieb hocken und mit jedem Augenblick wurde mir die Einsamkeit der Nacht liebenswürdiger. Ließ sie die Bekümmerung auch umso deutlicher werden, etwas anderes konnte ich nicht tun... Störend wirkten die schweren Schritte, die bald darauf wieder ertönten und ich beachtete sie nicht, hoffte, dass sie vorbeiziehen würden, ohne mich in meinem Kummer zu stören. Doch traf das Gegenteil ein, gewiss so, als wäre sogar das Schicksal gegen mich, näherten sie sich mir und verstummten in nicht all zu weiter Entfernung. Doch wurde mir die Stille der Nacht noch länger zuteil, bevor sich eine Stimme erhob. "Was ist mit dir?" Es war der Zwerg, der mich aufgesucht hatte. Und in seiner rauen Stimme verbarg sich eine gewisse Besorgnis, die ich nicht über mich ergehen lassen wollte. Zuerst in dem Entschluss sicher, nicht auf ihn einzugehen, löste ich doch bald eine Hand von meinem Nacken, hob sie schwach und winkte ihn fort, zeigte ihm deutlich, dass mir seine Gesellschaft nicht gefiel. So wie die aller anderen... Und er schien es zu akzeptieren. Er ging nicht weiterhin darauf ein, so meinte ich. Ob Desinteresse der Grund war... ich wusste es nicht. "Nun gut." Er räusperte sich. "Kummer ist nicht gut nach einem Kampf... noch weniger nach einem Gewonnenen. Was auch immer der Grund dafür ist... werde ihn doch los, dein Anblick gefällt hier niemandem. Ein Siegesfest beginnt, unten in den großen Hallen. Sag der Einsamkeit der Nacht Lebewohl und misch dich unter die Kämpfer, die an deiner Seite standen. Sicher freuen sie sich über deine Anwesenheit und... bei den Tiefen der Erde! Erhebe dich, das erträgt man kaum!" Ich winkte erneut, diesmal noch auffälliger, annähernd ruppig. Die Sturheit der Zwerge war hier fehl am Platz. Wieder hörte ich sein Räuspern und nach einem ungewissen Murmeln, ertönten wieder seine Schritte und ein leises Brummen. "Nun gut, dann trinke und schmause ich eben allein. Es ist kein Wunder, dass du so freudlos bist, wenn du dich diesen Freuden nie hingibst...", er murmelte etwas unverständliches, "... diese Elben..." Und somit verschwand er, ließ mich zurück und tauschte seine Anwesenheit mit jemandem, den ich noch weniger ertrug. Noch weniger als Gandalfs Worte... Noch weniger als Gandalfs Zorn... Seine Schritte waren leise und unter meinem schweren Keuchen vernahm ich sie nicht sofort. Umso erschrockener blickte ich auf, ließ die Hände sinken, starrte mit geweiteten Augen in die Dunkelheit, die plötzlich erschreckend und kalt auf mich wirkte. Ebenso erschreckend wie das Wissen, wer mich gefunden hatte. Ich verblieb reglos und die Geräusche hinter mir verstummten und dennoch spürte ich seine Präsenz, als stünde er direkt vor mir. Annähernd wusste ich, wie er dreinblickte, welche Gefühle seine Miene preisgab und umso verschlossener zeigte ich mich, wollte mich erneut ducken, um ihm irgendwie zu entgehen und dennoch war es seine Stimme, die mich wachrief. "Legolas...", mit einem undefinierbaren Ausdruck nannte er meinen Namen und ich kehrte in das Leben zurück, kam geschwind, jedoch nicht übereilt auf die Beine, hielt verspannt meine Hände zu Fäusten geballt und atmete zitternd ein, bevor ich mich langsam zu ihm umdrehte. Ich zögerte, bevor ich in seine Augen blickte, starrte übertrieben lang auf den Boden und streifte seinen Blick nur flüchtig. Und beinahe in derselben Bewegung drehte ich mich auch wieder um, wandte mich ab und ging. Nur kurz hob ich die Hand, streckte sie ihm flüchtig entgegen, bat ihn, stehen zu bleiben, mir nicht zu folgen... die Sache nicht noch schlimmer zu machen, als sie ohnehin schon war... Vielleicht hatte Gandalf recht... Und ich ging. Aragorn: Ich spürte die warme Hand des Zwergen auf meiner Stirn, doch hatte ich die Augen wieder geschlossen und genug damit zu tun, nach Luft zu schnappen. Als hätte ich einen endlosen Spurt hinter mir gelassen, als hätte ich nun gewaltiges Seitenstechen von einer kraftfördernden Kampf. "Komm zu dir, Aragorn!" Weithin erklang die Stimme, aber umso intensiver spürte ich die klumpige Hand auf meiner Wange... jedes Mal, wenn er versuchte, mich so wachzubekommen. Nun, auch wenn ich diesen Schmerz nicht wahrnahm, kam ich allmählich zur Besinnung, war ich vornherein schon wach gewesen, nur noch bewegungsunfähig. Wahrlich eine Begegnung, die ich unterbindet hätte, wenn es die Umstände nicht verlangten... oder aber mein Wunsch ihn zu beschützen, nicht zu groß gewesen wär, als dass ich hätte auf Gandalfs Reaktion vertrauen können. "Lass...", murmelte ich leise und wies die Hand auf meinem Gesicht von mir und ein unverständliches Brummen kam als Erwiderung. Missmutig winkte ich ihn fort. Er sollte mich allein und zur Besinnung finden lassen. Er sollte sich um den Hobbit kümmern, dessen Befinden mir noch unerklärlich war. Träge öffnete ich die Augen und blinzelte... die Benommenheit klomm allmählich ab und ich versuchte mich endlich aufzurichten. Mein Schädel brummte... schlimmer noch, als Gimli's leise Flüche, während er aus dem Raum trat. Matt stützte ich mich mit den Armen ab und setzte mich also auf, ehe ich annähernd verschlafen den Kopf schüttelte. Ich fasste mir an die Stirn und blickte zur Seite. Pippin schien schon wesentlich schneller zur Besinnung gekommen zu sein, als ich... flüsternd unterhielt er sich mit Merry und selbst dessen besorgte Miene war verschwunden. Ich schüttelte erneut den Kopf und kam allmählich auf die Beine, eher noch wackelig und unsicher... jedoch schon wieder bei einem wachen Gedanke. Legolas war nicht hier... ich wusste es schon, als Gandalf mich am Aufsetzen gehindert hatte. Ja, und auch er war nicht da. War er ihm gefolgt? Eine Ahnung kam auf und sie war düster. Ich drehte mich zur Tür und während ich langsam aber zielsicher auf sie zuging, hörte ich schon die tapsigen Schritte der beiden Hobbits. "Gandalf sagte, du sollst dich ausruhen, Aragorn!" Ihre Stimmen waren voller Besorgnis und als ich ihnen flüchtig einen Blick zuwarf, war diese Sorge auch in ihren Gesichtern zu lesen. Nur ein schwaches Lächeln gelang mir, als ich ihre Schöpfe tätschelte und ohne Worte das Zimmer verließ. Der Zwerg kreuzte meinen Weg, sogleich, als ich die Tür hinter mir schloss und er fluchte noch mehr als zuvor und nur durch Aufmerksamkeit hörte ich den Namen des Elben darunter. Ich nahm mir keine Zeit, ihn zu befragen, erfasste mich erneut die Sorge... nein, noch intensiver, als zuvor und ich ging so rasch, wie es mir in meinem Zustand möglich war, in die Richtung, aus der Gimli gekommen war. Die Dunkelheit hatte wieder das Land eingenommen, tiefer, als ich es erwartet hatte. Unruhig taste ich mich an der Wand entlang und gelangte zu einer steinernen Ebene. Leise trat ich hinaus und sah ihn dort. Ein Schwert schien sich direkt in mein Herz zu jagen, als ich ihn erblickte. Er kauerte am Boden, zusammengesunken und dunkel... so unauffällig, wie es eine solche Lichtgestalt nur sein konnte... so unwirklich, wie eine längst vergangene Legende, in der Elben noch Trauer und Angst, Zorn und Verzweiflung zeigen konnten. "Legolas..." Solch einen Schmerz hatte ich noch nicht gespürt... es tat mir weh, ihn so zu sehen, ich fürchtete um ihn. Und dieser Anblick gab mir den Anstoß, das alles endlich zu beenden. Ja... ich musste es zuende bringen.... Schnell richtete sich Legolas auf und ich trat aus der Dunkelheit, begab mich in's karge Mondlicht und wartete ab. Ich sah, wie er zittrig einatmete. Seine Lippen bebten und kein anderer würde es mitbekommen außer mir. Er streifte meinen Blick und ich erwiderte ihn mutlos, doch war meine Entscheidung bindend. Ich musste... Legolas wandte sich um! Er drehte mir einfach den Rücken zu und ließ mich stehen! Verständnislos verzog ich die Brauen, war bereit einen Schritt zu tun und ihm zu folgen, doch streckte er mir in Voraussicht die Hand entgegen. Ich erkannte die Botschaft und erstarrte zu Stein. Regungslos sah ich zu, wie er aus meinem Blickfeld verschwand. Was... was war dies? Er floh? Er floh vor mir... ein undefinierbare Abweisung hatte er mir nun entgegengebracht und mich in all meiner Entschlossenheit gebrochen. Ich wollte es beenden. Und er ging, ohne Wort, ohne festen Blick. Er ging einfach! Gerade noch hatte ich starr dort gestanden und im nächsten Moment biss ich schon die Zähne zusammen und schlug mit aller Macht gegen die Wand hinter mir. Ein Schrei! Ein Schrei entglitt mir, voller Wut und Hoffnungslosigkeit. Ich war mir sicher, dass niemand ihm lauschen konnte, denn alle waren bei dem Fest, das angekündigt und nun in vollem Gange war. Ich stand noch einige Zeit dort, lauschte dem gedämpften Freudengebrüll der Männer in den großen Hallen und dem pfeifenden Wind, der mir durch das Haar wehte und die Hitze in meinem Gesicht kühlte. Ich musste nachdenken... nachdenken, wieso diese Ablehnung gekommen war... weshalb... Nein, mit einem Schlag war mir die Antwort klar... die Wut verflog. Zumindest jene, die ich auf mich selbst hegte und auf meine eigene Dummheit. Doch nun war mir eine Gewissheit unter die Finger gekommen... es gab nur einen, der dafür sorgen konnte, dass ein solches Geschehen einging, es gab nur einen, der über alles Bescheid wusste. Ja, es gab nur einen, der genug Vertrauen bei dem Elben sicher hatte und genügend Wissen über mein tiefstes Inneres hatte. Ich kehrte um, durchschritt den Flur und ballte die Hände zu festen Fäusten. Rasch folgte ich dem Gebrüll der Musik, dem Klirren der Krüge und alsbald erreichte ich die große Halle, in der all dies stattfand. Schwer war es, eine gute Miene zu dem allzu bösen Spiel zu machen und den Leuten ein siegesfrohes und heiteres Lächeln zu zeigen, auf dass sie noch glücklicher über ihren Sieg sein konnten. Suchend streifte mein Blick umher, war ich mir noch nicht sicher, wen ich nun genau zu finden versuchte. War es Legolas... wollte ich ihn zurückzerren und gegen seinen Willen zum Reden auffordern, auch wenn er mich bat, es nicht zu tun? Wen suchte ich? War es Gandalf, den ich für all das Zuspitzen des ganzen Übels auserkoren hatte und zur Rechenschaft ziehen wollte? Wen suchte ich...? Mit einem Mal blieb ich stehen. Viel mehr das dezente Parfüm, als die Gestalt selbst hatte mich zur Aufmerksamkeit gerufen und ich schluckte, als die Schildmaid Rohans vor mir stand. Schön war sie eingekleidet, wenig Schmuck auf ihrem goldenen Haar und an ihrem Handgelenk förderte ihre zierliche Gestalt und ich verbeugte mich leicht. Einen goldenen Kelch hielt sie in ihren Händen und ein warmes und glückerfülltes Lächeln zeigte sich auf ihren Lippen. "Westu Aragorn hál." Sie sprach elbisch und für wahr, war dies eine Überraschung, bei der sie mir selbst ein leichtes Lächeln entlocken konnte, das nicht gespielt war. Sie war ein gutherziger Mensch und ihr wollte ich nichts vorspielen... ebenso, wie ich Legolas von all den Lügen befreien wollte. Ich nickte stumm und dankbar, nahm den Kelch und berührte ihre Hände dabei. Sie zitterten... leicht und aufgeregt. Eine freudige Aufregung... Ruhig nahm ich einen Schluck und sah sie dabei aufmerksam an, ehe ich den Kelch wieder absetzte und ihn ihr zurückreichte. Oft war sie bei mir... so oft, wie es die Zeit erlaubte und stets lächelte sie... Legolas: Ich vernahm kein Geräusch, als ich mich fliehend davonstahl, mich verbarg in der Dunkelheit und meine einsame Ruhe suchte. Es erfüllte mich mit einer leichten, von Trauer erfüllten Erleichterung, dass er mir nicht folgte, dass er sich nach mir richtete, wenn es auch nur das Entsetzen war, welches ihn zurückhielt. In langsamen, nun jedoch sicheren Schritten ging ich die schmale Brüstung entlang, hielt mich nahe am steinernen Gebäude, neben mir die schwindelnde Tiefe, die erfüllt war von gespenstischer Finsternis. Nur flüchtig betrachtete ich sie mir, sah tief unten Lichter flackern. Sie erleichterten den letzten Helfern die Arbeit. Die Leichen zu bergen, die stinkenden Kadaver zu vernichten. Nach einem kurzen Weg erreichte ich so die Rückwand des großes Gebäudes, nicht weit von ihr erstreckte sich das raue Gestein bis in große Höhen und eine lange Zeit blieb ich stehen und betrachtete mir geistesabwesend die feinen Strukturen. Und leise drangen Geräusche an meine Ohren, holten mich aus der Absenz und ließen mich auflauschen. Das leise Donner von Bierkrügen, die auf die Tische niedergingen, lauter Gesang, Jubeln, Lachen... die Feier der Sieger. Und als ich all das hörte, verlangte es mir nach Ablenkung. Restlos würde der Tumult meine Sinne fordern... Restlos das Gedränge die Sicht... Würde ich unter anderen sein, so hoffte ich, würde ich keine Zeit finden, nach den Sorgen zu greifen und sie zu mir zu ziehen, um mich mit ihnen zu beschäftigen. Und sie würden mich nicht finden... denn ich wäre für sie nicht offen, würde sie ausschließen und mich voll und ganz den Einflüssen der Masse hingeben. Es graute mir davor, weitreichende Gedanken zu entwickeln, mich auf den tragischen Verlauf der Geschichte zu fixieren... es graute mir davor, meiner Trauer zu erliegen. Und das würde ich. Sogleich, wenn ich ihr nachgäbe... So stieg ich eine schmale Treppe hinab und erreichte einen Gang, in dem sich die Menschen tummelten. Weniger in Eile und Hast vertieft, gingen sie ihrer Wege, blieben stehen und unterhielten sich miteinander. Sie lachten und schlugen sich auf die Schultern, genossen die unbeschwerte Zeit. Sie würde nur von kurzer Dauer sein und so gaben sie sich der Freude beinahe übertrieben hin. Mir lagen die Feste der Menschen nicht und dennoch ging ich weiter, zielstrebig zur großen Halle, in die und aus der sie strömten. Die Feste waren mir zu rauschend, gingen zu unkontrolliert vonstatten. Es fiel schwer, die Übersicht zu bewahren und nur mit Radau vermochten sie ihre Freude zu zeigen. War ihnen der Krawall denn nicht unangenehm...? Der Lärm schallte in meinen Ohren, als ich mein Ziel erreichte und oft musste ich zur Seite weichen, um einem stolpernden Betrunkenen zu entgehen. Irritiert blickte ich einjedem von ihnen nach, sinnierte über die Gründe ihres animalischen Verhaltens, konnte mir nicht vorstellen, dass sie sich ihm freiwillig hingaben. Alles in dieser Halle irritierte mich. Großes Gedränge herrschte, Grölen zog aus jeder Ecke und es wurde getanzt. Aus weiter Entfernung vernahm ich auch die Melodie eines heiteren Trinkliedes und ich stahl mich davon, suchte einen Ort, an dem man gefahrlos treten konnte, an dem kein Geschrei den letzten Hörnerv raubte. Oft verzog ich die Miene, die Menschen schrieen mir in die Ohren. Waren sie sich der Tatsache bewusst, dass dieses Fest keine Entspannung mit sich brachte? Und war dies nicht der Zweck einer Feier? Gewiss tat es ihren Körpern nicht gut, wenn sie sich anrempelten, ihre Mägen mit schweren Speisen füllten und mit noch ganz anderen Sachen... Am darauffolgenden Tag musste es ihnen bestimmt schlecht gehen. Ich schüttelte über ihr merkwürdiges Verhalten den Kopf. "Seht da! Schaut an, wer lässt sich blicken?!" Ertönte da eine bekannte Stimme nicht weit von mir entfernt. Ich drehte mich zur Seite, erblickte den Zwerg, der an einer kleinen Tafel saß, grollend lachte und mit einem leeren Bierkrug winkte. Ich zögerte nicht, bevor ich mich zu ihm gesellte. Die Anwesenheit des Zwergen war unangenehm, wenn man seine Konzentration auf etwas Bestimmtes lenken wollte. Doch war sie brilliant und förderlich, wenn man Ablenkung suchte. Und gerne würde ich mich groben Gesprächen hingeben, um dieses Ziel zu erreichen. So trat ich neben ihn, nickte ihm zu und erblickte auch Eomer, der seine Männer zu unserer Rettung geführt hatte. Entspannt und heiter wirkte auch er. Vermutlich hatte er gerade mit dem Zwerg gesprochen und dieser wandte sich sogleich an mich. "Das ist doch eine gelungene Überraschung!" Rief er und biss in ein Stück saftigen Braten. Verlassen von jeglicher Begeisterung, verfolgte ich seine Bewegungen und er bemerkte meine Beobachtung, reichte mir die Keule und verdrehte die Augen, als ich abdankte. "Nun gut!" Er rülpste. "Wenigstens hockst du nicht mehr draußen in der Kälte! Stell dir vor ein Wind wäre aufgezogen! All deine Freuden über den gewonnenen Krieg gingen verloren, würde er dich gegen die Klippen wehen!" Er schüttelte den Kopf und Eomer lachte, lenkte meine Aufmerksamkeit kurz auf sich. Doch letztendlich antwortete ich mit einem ungewissen Kopfwackeln. Was sollte ich sagen? Gimli nahm mir die Worte gern ab. "Immer verwunderlicher werden diese Zeiten!" Rief er und wischte sich ruppig über den Bart. Er schmierte das gesamte Fett daran ab und ich schluckte. "Nun feiern Elben schon gemeinsam mit Menschen rauschende Feste!" "Zwergen sah man auch nicht oft an ihrer Seite." Sagte ich und der Zwerg begann zu husten. "Sei´s wie es sei." Eomer schlug mir auf die Schulter. "In unseren Reihen ist einjeder willkommen." "Und jeder, der gegen mich anzutreten wagt, ist noch willkommener!" Verkündete der Zwerg. "Nun, da du schon da bist! Trink mit mir! Schlechter kann die Nacht dadurch nicht werden!" "Trinken?" Ich konnte mich nur als überrascht bezeichnen, als ich seine Herausforderung hörte. Und bevor ich mich versah, zog Eomer an mir vorbei und wandte sich der Tafel zu. Laut lachte der Zwerg und viele Augen richteten sich auf das Geschehen. Alsbald drehte er sich wieder zu mir, hielt mir einen gefüllten Bierkrug hin und ich griff nach ihm. Noch immer etwas zögerlich, jedoch nicht weniger neugierig auf diese Sitte, die die Zwergen augenscheinlich mit den Menschen zu teilen schienen. "Kein Absetzen, kein Verschütten." Eomer trat zurück und während der Zwerg seinen Krug bereits zum Mund hob, runzelte ich die Stirn, versuchte auf den Inhalt dieser Herausforderung zu kommen. "Und währenddessen kein Gespeie!" Verkündete Gimli noch und nachdenklich verfolgte ich, wie rasch weitere Krüge gefüllt und bereitgestellt wurden. Und endlich kam ich auf des Rätsels Lösung. "Dann ist es also ein Trinkspiel." Schloss ich grübelnd und amüsiertes Gelächter zog durch die Reihen. Unsicher sah ich mich um. "Wer als Letzter steht, hat gewonnen!" Und somit setzte der Zwerg den Krug wirklich an den Mund und begann zu trinken, dass ihm das Bier über den Bart perlte. Ich rümpfte die Nase, hob meinen eigenen und roch. Verdorbener Weizen... ich zögerte. Was die Menschen nicht alles als Getränk ansahen...? "Trinken wir auf den Sieg!" Brüllte ein Mann, der hinter mir stand. Laut stimmten andere ein und auch Eomer hob einen Humpen. "Auf den Sieg!!" Ich räusperte mich, schöpfte tief Atem und begann zu trinken. Der Geschmack war nicht unangenehm, erlaubte jedoch ebenso wenig den Genuss. Ich verzog die Miene, als ich in gleichmäßigen Schlucken trank und erneut erhob sich das heitere Lachen der Feiernden, die um mich herum standen. Und ich selbst glaubte nicht, was ich hier tat. Wie teuer war mir mein Streben nach Ablenkung, dass ich mich dieser fremdartigen Erfahrung hingab. Neben mir ertönte lautes Glucksen und Rülpsen und während ich noch immer trank, ging ein leerer Krug auf den Tisch nieder und die plumpige Hand des Zwergen umgriff den nächsten. Ich benötigte weitaus mehr Zeit als er, bis ich den ersten Humpen geleert hatte. Ich stieß einen langen Atem aus, runzelte die Stirn und stellte ihn ab. Anspornend und lachend drückte mir Eomer den nächsten in die Hand und wieder ertönte ein lautes Rülpsen, bevor der zweite leere Krug seinen Platz auf dem Tisch fand. Begeistert von den Fähigkeiten des Zwergen, lachten die Zuschauer auch weiterhin und ich blieb der Hast doch lieber fern. Nur flüchtig blickte ich mich um, bevor ich tief einatmete und erneut zu trinken begann. Es ließ sich gut hinunterschlucken und ich griff immer wieder nach neuen Krügen, setzte sie an die Lippen und blieb ruhig stehen. Gemächlich trank ich, entspannt blickte ich mich um und der Zwerg begann zu grölen, ächzte laut und stapelte den nächsten leeren Krug auf dem Tisch. "Jawohl!" Rief er mit merkwürdig leiernder Stimme. "Es ist des Zwergen Eigenart, dass er die Frauen mag behaart!" Wieder drang ein lautes Rülpsen an meine Ohren, bevor die Krüge schepperten und er nach einem neuen griff. Ich linste zu ihm, während ich langsam schluckte, den Krug sinken ließ und die Nase rümpfte. Auch, wenn ich den Sinn dieses Trinkspieles noch nicht verstanden hatte... Er benahm sich doch immer absonderlicher. Zielsicher und sauber stellte ich den Krug ab, war verblüfft, als ich seiner acht sah. Wieviel von ihnen hatte ich nur schon geleert? Die Zeit schien schneller zu verfliegen, als sonst... Ich hob die Augenbrauen und fasste den nächsten. Weitaus schwerer fiel dies Gimli, der zweimal zugreifen musste, bevor er ihn zu fassen bekam. Und schlingernd und unsicher hob er ihn und begann glucksend und schnaufend zu trinken. Ich jedoch, hielt nach wenigen Schlucken inne, ließ den Humpen sinken und starrte nachdenklich auf den Tisch, bevor ich ihn darauf abstellte, die Brauen verzog und mich flüchtig umsah. Erwartungsvoll waren viele Blicke auf mich gerichtet und auch Eomer sah mich an, während Gimli schmatzte und rülpste. "Ich spüre etwas." Langsam hob ich meine Hand, betrachtete sie mir verwundert und drehte sie. "Ein leichtes Kribbeln in den Fingern." Ich blickte auf, sah Eomer überrascht an. "Ich glaube, es zeigt Wirkung bei mir." Er nickte anerkennend, jedoch auch mit einem Hauch von Ironie und ein belustigtes Murmeln ging durch die Reihen. "Was habe ich gesagt?" Meldete sich der Zwerg lallend zu Wort. "Der verträgt einfaaach... nichtssss..." Und er verdrehte ganz merkwürdig die Augen, kippte nach hinten und stürzte vom Stuhl. Ein lautes Brüllen erhob sich in der Menge und Eomer wendete sich lachend ab, während mir einige lobend auf die Schultern schlugen. Überrascht sah ich den Zwerg dort liegen, schnarchend und grunzend und die Masse lachte noch immer. Ich runzelte die Stirn, legte den Kopf schief und hob die Brauen, bevor ich mich wieder zu Eomer wandte. "Spiel vorbei." Er nickte, wandte sich lachend ab und ging kopfschüttelnd davon. Und auch mich hielt nichts mehr an diesem Ort. Ich drängte mich durch die heitere Menge, oft trafen anerkennende Schläge meine Schulter und nach wenigen Schritten wurde mir diese Art der Ablenkung zu einer zu großen Belastung. Unablässig dröhnte der Lärm in meinen Ohren und ich beschloss, mich kurz zurückzuziehen, neue Kraft zu tanken, um anschließend einen Ausweg zu suchen, der weniger schmerzhaft war. Es wurde immer schwerer, sich einen Weg zu bahnen. Oft wurde ich angerempelt und rettend war der schmale Durchgang, den ich an einer Seite der Halle erspähte. So drängelte ich mich weiter, erreichte ihn endlich und verließ so die Halle. Auf einen schmalen türlosen Flur folgte eine Treppe, durch die ich einen belaufenen Gang erreichte. Auch dort gingen einige Menschen ihrer Wege. Lachend und scherzend zogen sie an mir vorbei, als ich kurz stehen blieb. Manche von ihnen hatten sich auf einer kleinen Bank niedergelassen und waren in ein Gespräch vertieft. Doch war die Lautstärke hier wesentlich angenehmer und ich nahm mir vor, einen Ort zu suchen, an dem ich wieder Stille genießen konnte. So bog ich nach rechts und ging. Aragorn: Lange sah sie mich an und ich tat es ihr gleich... Diese Wärme, die sie ausstrahlte, ihr Wohlwollen mir gegenüber übertraf allmählich die Menschenfreundlichkeit ihrem Volke gegenüber. Ich glaubte, dass es nun gefährlich war, wie sie mich anlächelte, denn würde ihr Herz meinetwegen schneller schlagen, müsste ich ihr wehtun und es ihr brechen. Der Gedanke war mir zuwider. Ich verneigte mich wortlos und wandte mich ab, versuchte ihrem Blickfeld zu entkommen und schlängelte mich durch die Massen der heiteren Krieger und jener, die schon ihren Verstand durch das Bier und den Wein vernebelt hatten. Erneut lag die Aufgabe vor mir, es ihnen gleichzutun, mich mit ihnen zu freuen und ich tat mein Bestes, ihnen dieses Gefühl zu geben. Doch während sie schunkelten und sich gegenseitig fröhlich auf die Schultern klopften, spürte ich hinter ihrer Trunkenheit den Respekt, den sie mir zollten und mich unbewusst zu einem Außenseiter degradierten. Ja, wären die Umstände anders, so hätte ich sie wohl aufgefordert, ihre Heiterkeit mit mir zu teilen. Gelacht hätte ich... sicher, gelacht, wie lange nicht mehr. Doch dies waren beinahe schon Traumvorstellungen, denen ich nachgehen konnte. Es gab Sorgen, die belastender waren, als dass ich sie hätte in Weinseligkeit ertränken können. Ich ging weiter, fernab von dem großen Gedrängel und sah mich um, meine alte Suche fortsetzend. "Kein Absetzen, kein Verschütten." Laut und erklärend hörte ich die Stimme Éomers und ich blieb stehen und versuchte ihn in der Menge zu finden. Sicher wusste er, wo sich wer aufhielt, falls er sich von dem, was er tat, gerade losreißen konnte. "Und währenddessen kein Gespeie!" Erschallte die Stimme des Zwergen und spätestens in dem Augenblick war ich doch ein wenig von Neugier gepackt und folgte ihr. Es dauerte nicht lange, da sah ich Gimli auf einem Stuhl sitzen, an einem langen Tisch, umgeben von neugierigen und erwartenden Blicken der Rohirim. "Dann ist es also ein Trinkspiel." Ich blieb stehen, sobald ich dies hörte, war voller Verwunderung und suchte mir flugs einen anderen Weg. Unbemerkt wollte ich dem Geschehen folgen... Legolas hatte ich also gefunden. Gedankenlos drängte ich mich durch die Reihen und blieb an einem Pfeiler stehen, bei welchem ich einen guten Überblick auch Dank meiner eigenen Größe zu jenem Tisch hatte. Und dort sah ich ihn stehen... mit einem Bierkrug in der Hand. Nahm er etwa an diesem Trinkspiel teil? Ich konnte nicht sagen, ob ich entsetzt oder ganz einfach überrascht darüber war, doch spürte ich diese Trauer bei diesem Anblick. Annäherndes Mitleid und die alte Besorgnis. Ach, wären es andere Umstände... würde ich grinsend neben ihm stehen und ihm zuschauen. Ich würde mir eingestehen, dass ich es einem Elben niemals zugetraut hätte, dass er sich solch einem Spiel, geschweige denn, solch einem Gebräu hingab. Doch der, der da den Humpen zu den Lippen führte und begann zu trinken, war kein Elb. Wer war es, der sich diesem Gift hingab? Erst verschränkte ich die Arme vor der Brust und sah ihm zu. Als er dann aber zum zweiten Krug griff, wendete ich den Blick ab, rieb mir voller Schuldgefühle die Stirn und schloss die Augen. Trieb ich ihn dazu? War all dies meine Schuld? Wie konnte ich ihn mit etwas quälen, von dem er nicht wusste und was war geschehen, dass genau diese Ungewissheit ihn eine Sünde nach der Anderen begehen ließ? Verzweiflung, in der er seine eigene Grenzen wahrnahm, Wut, in der er seinen Säbel zog und verfluchtes Bier, dass ihm die Sinne vernebeln könnte, wie es kein anderer Elb je in Erfahrung gebracht hatte! Was war das für ein Wesen, dass sich dem Gelage nur so hingab? Ich sah wieder auf und in der Zeit, in der ich diesen grausamen Gedanken gefolgt war, hatten vier weitere, leere Krüge den Weg zum Tisch zurückgefunden und im selben Augenblick reichte Éomer Legolas den Nächsten. Er sollte aufhören... es schmerzte mich so sehr, ihm dabei zuzusehen und doch konnte ich den Blick nicht abwenden. Ich wollte schreien! Ihn aus diesem Spiel zerren, ihn bitten, alles zu vergessen und wieder der zu werden, der er zu Beginn der Reise war. Ich wollte seine Unschuld nicht töten... ich hatte nie gewollt, dass er unter mir litt... Ein lautes Gepolter holte mich zurück in die Realität, der ich erneut entflohen war und ich blickte gen Boden, wo der Zwerg lag und in einem Trunkschlaf gefallen war. Nach... ach, wie vielen Krügen auch immer. "Spiel vorbei." Meine Entschlossenheit war nun eisern. Der Mut war da. Lieber noch quälte ich mich mein Leben lang selbst durch die Gewissheit, dass er mich meiner Gefühle wegen hasste, als dass ich weiter zusah, wie er zerbrach. "Oh, ihr könnt suchen das ganze Jahr, zwei Gläser hier, drei Gläser da. Doch nirgendwo schmeckt das Bier so gut, wie's bei uns im Grünen Drachen tut!" Wildes Klopfen erschallte an den Tischen weiter hinten und die Stimmen der Hobbits erklangen in einem munteren Lied. Nicht weit entfernt fand ich sie auf einem Tisch tanzen und viele Männer bejubelten sie. Sie klatschten, während die kleinen Herren tanzten und juchzten, doch fiel mein Augenmerk auf eine einzige Person, die sich diesem Klatschen hingab. Für einen Augenblick war meine Aufmerksamkeit auf sie gelenkt... ein wichtiger Augenblick... Meine Wut brodelte tief und schwer in meinem Inneren und wüsste ich nicht, dass nicht nur er es war, der für all diese Missverständnisse und Ereignisse eine immense Schuld trug, so hätte ich wohl versucht, ihn vor einjedem Auge umzubringen! Zielsicher ging ich nun durch die Reihen, näherte mich der applaudierenden Meute und zeigte keine äußerliche Anspannung. "Doch nirgendwo schmeckt das Bier so gut, wie's bei uns im Grünen Drachen tut. Ein Korken auf dem Wein, verschließt euch nicht diesem Tropfen." Merry und Pippin johlten weiter und der Begeisterung wegen, fiel mein Erscheinen nicht sonderlich auf. Doch Gandalf bemerkte mich sofort. Wer wusste schon, ob er ahnte, weswegen ich zu ihm kam... "Noch keine Nachricht von Frodo?" Fragte ich ihn ruhig, erstaunt über mich selbst, dass ich gar freundlich wirkte mit dieser Frage. Langsam und den Blick auf die Hobbits gerichtet, schüttelte er den Kopf. "Kein Wort, gar nichts." Ich nickte langsam, sah zu Pippin, wie er in purer Heiterkeit nach dem Arm Merrys griff und den Bierkrug schunkelte. "Wir haben Zeit. Jeden Tag gelangt Frodo näher nach Mordor." Ich wusste nicht, wieso ich dies sagte und versuchte den Zauberer zu beruhigen. Vielleicht wollte ich mir sicher sein. "Ja, aber wissen wir das?" Ich nickte leicht und sah ihn nun eindringlich an. "Was sagt dein Herz dir?" Stellte ich die Gegenfrage, woraufhin er zu mir sah und ich das alte, gütige und frohe Lächeln wiedererkannte. "Dass Frodo am Leben ist. Ja ... ja er ist am Leben." Er nickte sich selbst zu und behielt das Lächeln bei. Doch meine Entspannung löste sich merklich und ich holte tief Luft. "Warum..." Leise und annähernd zischend begann ich wieder zu sprechen, doch ich merkte, wie der Gesang verebbte und ich sah auf, Pippins verdutzten Blick auf mich gerichtet. Zu meinem Glücke wohl, holte ihn Merry aus dieser Beobachtung. Ich musste die Worte aussprechen, sonst würde ich wirklich eines Tages mein Schwert sprechen lassen. "Pippin!" Der junge Hobbit sah zu dem Anderen und sie sangen weiter. "Die wahre Zier, dass sag ich hier... ist der Grünen Drachen Hopfen!" Daraufhin stießen die beiden an und die Menge tobte regelrecht, so dass ich meinen Worten freien Lauf lassen konnte. "Warum vermag dein Herz dir solche Dinge zu offenbaren, wenn du blind für alles andere bist, weißer Zauberer?" Starr waren meine Augen auf ihn gerichtet und die Erleichterung, die er zuvor erlebte, war verschwunden und ein annähernd zorniger Blick traf auf den meinen. Er wandte sich direkt an mich und öffnete den Mund, um mir zu antworten. Flüchtig schweifte mein Blick von der einen zur anderen Pupille, dann schüttelte ich widerstrebend den Kopf, hob erbitternd die Hand und gab ihm keine Gelegenheit mir eine Antwort zu liefern. "Du kannst mich nicht von ihm fernhalten. Und du wirst es nie mehr wagen!" Meine Stimme hatte sich erhoben, doch war sie sicher unter dem Gebrüll der Menschen untergegangen. Doch war ich mir gewiss, dass Gandalf sie verstanden hatte. Ich sah mich dennoch einmal kontrollierend um und ja, im selben Moment sah ich den Einen durch die Reihen drängen, sich an die Trunkenen winden. Da war eine Gelegenheit... nichts mehr würde mich hindern. "Aragorn!" Gandalf rief mich und ich wusste, dass er Legolas auch gesehen hatte. Ich ignorierte den alten, stoischen Mann und folgte dem Blonden. Meine Worte hatte ich mir lange schon bereitgelegt. Zu oft schon hatte ich erhofft, sie an ihn zu richten und nun, da es keinen Weg mehr daran vorbeigab, würde ich es wagen. Auf dass seine Qual endete... Nach einer quälenden Rangelei durch die Menge, erreichte ich den Ausgang der Halle und sah mich um. Ich folgte dem schmalen Durchgang rasch, folgte meiner Intuition und stieg die Treppe hinauf, erreichte einen Flur und ging in den linken Gang, durch welchen ich den Anderen laufen sah. "Legolas!" Ich beschleunigte meine Schritte und ich bemerkte, wie er die seinigen in einem Hadern verlangsamte. Er drehte sich nicht um... und dann setzte er erneut zum raschen Gehen an. "Legolas!" Rief ich ihn noch einmal und die Menschen, die in diesem Flure beieinander saßen, wurden auf uns aufmerksam. Endlich blieb er stehen und ich gelangte zu ihm. Nur langsam drehte er sich zu mir und während ich sofort versuchte einen Blick in sein Gesicht zu erhaschen, wich er diesem aus. "Ich muss mit dir reden..." Ich schluckte schwer, als ich dies sagte, denn damit ließ sich all das nicht mehr unterbinden. Mein Entschluss stand... und die Gewissheit war da. Einige Sekunden wartete ich, in denen er weder Antwort gab, noch Anzeichen erbrachte, mir dieses Gehör zu schenken. Dann erst hob er langsam den Kopf und schüttelte diesen. Von einer Abneigung erfasst, blickte er mir nur kurz in die Augen. "Aber ich muss es nicht." Das war alles. Mehr brachte er mir nicht entgegen und drehte sich auf dem Absatz um, um seinen Weg fortzusetzen. Ich dachte... das war es nun. Es hatte geendet, unkontrolliert und scharf, wie ich es in Träumen gesehen hatte. Gleichgültigkeit, in der ich ihn ziehen lassen sollte. Auf dass wir im Kampfe einander eine kleine Stütze sein würden, doch als Gefährten jeglichen Zusammenhalt verloren hatten. Ich hatte ihn verloren... seine Nähe rann mir wie Sand durch die Finger und ich war hilflos. Seine Gutmütigkeit war verstorben... seine Freundschaft war in den dichten Nebel getaucht, den ich stets durchschritt und doch keinen rechten Weg fand. Ein Ende, das keines sein sollte... Ich ballte die Hände zu Fäuste und sah ihm nach. Mein Körper bebte vor Anspannung, vor Angst.. doch meine Entschlossenheit blieb. Er wollte sich vor mir verschließen, wollte mich hassen?! Dann sollte er dies tun, wenn ich ausgesprochen hatte, was mir auf der Seele lastete! Schnell setzte ich mich in Bewegung, folgte ihm unnachgiebig und holte ihn ebenso rasch ein. Worte brachten nichts, so würden Taten sprechen. Ich kannte keine Rücksicht, als ich ihn gedankenlos am Oberarm griff und ihn festhielt. Doch blieb ich gewiss nicht stehen, zog ihn weiter und achtete nicht auf seine Reaktion. Sollte er wüten, sollte er toben! Ich ließ ihn nicht eher ziehen, bis es zu Ende war! Eine Tür offenbarte sich an den Mauern und ich dachte nicht nach, als ich nach der Klinge griff und sie aufstieß. Es brauchte nicht viel Kraft um ihn dahinein zu ziehen und unbarmherzig schloss ich die Tür hinter dem Elb. Keine Fluchtmöglichkeit durfte es nun geben! Weder für mich, noch für ihn! Er musste mich anhören. Doch... ich stemmte mich schwer atmend gegen das Holz hinter mir, sah ihn an und... war sprachlos. Ich sah das Unverständnis in seinen Augen und spürte die peinigende Aufregung in all meinen Gliedern. Wo war Wort und Satz, tief durchdacht und sorgsam ausgewählt? Wo waren meine Aussagen hin, die ich jahrelang mit mir trug? Nachdenklich und zögerlich wandte ich den Blick ab und schluckte einen tiefsitzenden Klos in meinem Hals hinunter. Ich fuhr mir grübelnd übers Gesicht, stemmte mich von der Tür ab und begann nach meiner Ruhe zu suchen, gleichermaßen nach den verloren gegangenen Zeugnissen, die ich zur Sprache bringen wollte. Sie kamen nicht wieder. Ich bewegte die Hände, gestikulierte gar stumm mit ihnen und strich mir zerstreut eine Strähne aus dem Blickfeld. Es musste wohl durchdacht sein... es musste... klar werden... so klar, dass die Wahrheit wie ein Spiegel der Vergangenheit die Sicht preisgab, die ihm bislang verborgen geblieben war... Legolas: "Legolas!" So laut auch das Lachen der Menschen um mich schallte, so geräuschvoll dieser Ort auch war, seine Stimme hob sich empor wie eisiges Klirren in toter Stille. Und ebenso frostig fraß sich die Empörung durch meinen Leib und mein Körper erlag angenehm meinem Empfinden. Jegliche Höflichkeit, stehen zu bleiben, warf er nach einem kurzen Hadern ab und ich ging weiter, jedoch nicht eiliger als zuvor. Wie lästig war mir seine Penetranz in diesem Augenblick... Als wie störend empfand ich sein Erscheinen. Als hätte er seinen Genuss an der Gnadenlosigkeit gefunden! Als bediene er sich ihrer gern! Deutlich hatte ich ihn von mir gewiesen, ihm nachdrücklich meine Verweigerung vor Augen geführt und nun, keine lange Zeit war vergangen, suchte er mich erneut auf! Gar aufdringlich folgte er mir und genau wusste ich, was geschehen würde, würde ich ihm mein Gehör gewähren, wenn auch nur befristet und unwillig... Unser letztes Gespräch war recht konstruktiv verlaufen. Angeschrieen hatten wir uns und ich hatte ihn mit meiner Waffe bedrohen müssen, um seiner entfliehen zu können. Ich war so aufgewühlt, ich bediente mich des Sarkamus' und als ich mir einmal mehr der eigenen Wahrheit bewusst wurde, verfinsterte sich meine Miene und Aragorn besäße nur die Fähigkeit, mich noch höher zu treiben, bis ich jeden und alles vergaß. Unerklärlich war mir das Rätsel, welches ihn trieb. Nichts konnte von so immenser Bedeutung sein, um sein Verhalten zu untermauern, gar zu entschuldigen. Er lebte mit Geheimnissen und mich benötigte er nicht, hatte er von ihnen doch so viele, dass sie eine Mauer bildeten, die niemanden zu ihm durchdringen ließ. Weshalb, also, sollte ich flehend und bettelnd darauf warten, dass er sie von innen durchbrach und endlich zugänglich war für meine Worte. Oft hatte ich es versucht... und ebenso oft endeten die Versuche im kläglichen Scheitern. Ich war es leid, mich ihm zu öffnen, wenn er dazu bereit war, meine Zustimmung jedoch nicht einmal erfragte! "Legolas!" Er rief mich erneut, energischer und lauter, so dass die Aufmerksamkeit der Anwesenden sich auf uns lenken musste. Viele Blicke spürte ich und kämpfte mit einem tiefen Atemzug gegen das kalte Beben meines Körpers an. Sein Entschluss, welcher auch immer es war, schien ihn so profund zu beherrschen, dass er sich durch Nichtbeachtung nicht erneut aufhalten, gar abweisen lassen würde. Sein Zwang war gewiss nicht der Meine... was nicht in meinem Interesse lag, würde ich nicht tun und niemals würde er sich die Macht aneignen, mir sein Wollen aufzudrängen. Eine Konfrontation mit ihm betrachtete ich mir nicht mit Furcht und so blieb ich endlich stehen, um ihm mehr als Nichtbeachtung zu bieten, um sein Verständnis auf deutlichere Art und Weise zu wecken. Konzentriert schützte ich mich davor, von der Wut übermannt zu werden, atmete stark und regelmäßig und hörte die Schritte, die sich mir eilig näherten. Ich hatte ihn nicht gerne in meinem Rücken, wollte ihn auch nicht um mich herumschleichen lassen, ihm noch weniger mit Unsicherheit begegnen. So wandte ich mich um, drehte mich zu ihm, als er mich erreichte. Und so offen ich ihm auch gegenüberstand... mutwillig verschloss ich die Augen vor ihm, ließ mich nicht betrachten, wich seinem Blick provokant aus und lenkte ihn auf eine unbedeutende Stelle. Und dennoch sah er mich an und ich senkte beiläufig das Gesicht, um ihm auch diesen Musterung zu verwehren... und ich hörte sein Keuchen, aus dem sich eine nervöse, gar unsichere Stimme erhob. "Ich muss mit dir sprechen." Sagte er mit einer unbeschreiblichen Dringlichkeit, schluckte das schnelle Atmen hinab verstummte. Den Blick noch immer zu Boden gesenkt, antwortete ich mit demselben Schweigen. Ich tat es nicht, um ihn zu quälen... seine Anspannung gar zu verschlimmern... Vielmehr Bilder waren es, die mich Teilnahmslosigkeit zum Ausdruck bringen ließen. Bekannte Situationen führten sie mir vor Augen... vergangene, die auch ewiglich vergangen bleiben sollten. Erinnerungen befielen mich... deutlich sah ich den Zorn in seinen Augen... die Wut in seinen Gesten... die unkontrollierbare Raserei in seinen Worten. Seit geraumer Zeit... brachten uns Gespräche das Gegenteil vom Ziel, mit dem wir sie begannen. Langsam schüttelte ich den Kopf. Sicher war auch mein Entschluss und ich fühlte mich nicht bereit dazu, seine Stimme länger zu hören, als wenn sie laute Befehle brüllte. Er wollte... nein, er musste mit mir sprechen? Ja, das konnte ich mir wahrlich vorstellen... Ich schüttelte den Kopf lange, untermauerte die Geste mit einem Blick, der diese Deutlichkeit nicht weniger zum Ausdruck brachte. Nur kurz sah ich in seine Augen, sah das schiere Entsetzen in ihnen und fühlte mich dadurch nicht gestört. "Aber ich muss es nicht." Mehr musste ich nicht sagen, mehr musste er nicht hören, um sich meines Standpunktes bewusst zu werden. Und ich war sicher, dass er es tun würde, wendete mich ab, um ihm die Abweisung entgegenzubringen, mit der er mir in den unsichersten Zeiten begegnet war. Allein die Gleichgültig, mit der er mich im Ungewissen ließ, wie ein einsamer Wanderer, der sich allein auf dunklem Pfad vortastete, während die große Schaar in gleißendem Licht reiste und den Weg deutlich vor sich liegen sah. Ich schätzte mich seiner sicher, nun endlich gelöst und verschont vor seinen Worten. Er sollte es nicht wagen, sich einem weiteren Versuch zu nähern. Er sollte es nicht... er würde es nicht! Seine Unverforenheit schätzte ich gering ein. Geringer... als sie in Wirklichkeit war. Ich ging nicht weit, bis mich rasche Schritte einholten, mir seine Schnelligkeit keine Zeit zur Reaktion gab und sich seine Hand schmerzhaft um meinen Oberarm klammerte. Entschlossenheit hatte ich in seinen Augen erkannt, doch nicht die Bereitschaft, sein Vorhaben auf diesem Wege umzusetzen, so weit zu gehen, um darin erfolgreich zu sein! Wie falsch war sein Verhalten... wie fremd war es mir, so unbekannt wie der Mensch, der den Namen meines treuen Freundes trug! Ich stolperte, er raubte mir das Gleichgewicht und ebenso zwang er mir seine Kraft auf, zog mich wortlos, gar ruppig zur Seite und ließ mir keine Gelegenheit, mich zu wehren, was meine Wut wahrlich zugelassen hätte. Nur kurz versuchte ich mich aus seinem Griff zu winden, da stieß er mich schon durch die offene Tür hinein in eine verlassene Kammer. Endlich spürte ich auch seine Hand nicht mehr, blieb mir selbst überlassen und fand festen Halt auf meinen Beinen. Erschrocken keuchte ich, als ich mich so zu ihm umdrehte, einen Schritt tat, diesen Raum zu verlassen, mich seiner, wenn nötig, mit Gewalt zu erwehren. Doch hielt ich inne in meinen Bewegungen, als die Tür dumpf in das Schloss zurückgestoßen wurde und er keuchend sich mit dem Rücken gegen sie lehnte, mir beinahe schon krampfhaft und übertrieben etwaige Fluchtmöglichkeit raubte. Fremd war mir sein Verhalten natürlich... doch unverständlich besonders in dieser Richtung, die so gar keinen Sinn zu ergeben schien. Es war mir unerklärlich und nichts hinderte mich daran, ihm meine Gefühle zu offenbaren. Einer von uns musste es ja tun... wieder einmal nach langer Zeit. Ich verengte die Augen, stumm flüsterten meine Lippen mir unbekannte Worte und in purem Unverständnis, welches beinahe schon an Verachtung gegenüber seines Verhaltens grenzte, schüttelte ich den Kopf. Er gab mir Rätsel auf, die mir lästig waren... an denen meine Geduld erschöpft zugrunde ging. Und er starrte mich an... mit einem Entsetzen, welches er nicht verdiente. Und war er doch soeben noch so feurig in die Durchführung seines Entschlusses vertieft gewesen, provozierte er mich nun mit seinem Schweigen, gab mir das Gefühl, dass sein Grund plötzlich an Bedeutung verloren hatte. Ein Zögern befiel ihn, welches ihn gleichermaßen fast des Atems beraubte. Als wäre er von sich selbst erschüttert... vielleicht war er es, ich fühlte dasselbe seiner Person gegenüber. Und er entfloh meinem Blick, als würde ich selbst ihn am Sprechen hindern und ein schweres Schlucken schien ihn dennoch nicht aus der verdrießlichen Lage zu retten. Nervös schweiften seine Augen umher, ebenso unkontrolliert hob er die Hand und rieb sich das Gesicht. Und in der gleichen Bewegung löste er sich von der Tür, die er soeben noch mit beinahe belustigender Verbitterung bewacht hatte. Alles schien seinen Händen zu entgleiten. Einmal mehr... es war nicht Neues. Ich trat um ihn herum, als er sich mir näherte, achtete strikt auf die Distanz, die nicht groß genug sein konnte. Fest den Blick auf ihn fixiert, schlich ich um ihn herum, trat zurück, als er kurz stehen blieb, in jeglichen Bewegungen inne hielt und die Hände zu verworrenen Gesten hob. Annähernd bot er einen kläglichen Anblick, so hilflos und unsicher, wie ich es gewesen war... unwissend in das Spiel gedrängt, um das einjeder wusste. Ich verzog die Miene, suchte nicht nach Mitleid und brachte ihm auch alles andere als das entgegen. Wieder schüttelte ich den Kopf, als er sich fahrig durch das Haar fuhr und weiter trat ich zurück, nicht darauf bedacht, mich in Sicherheit zu bringen, vielmehr darauf aus, mich von ihm zu entfernen. Ungläubig sah ich ihn auch weiterhin an, hörte nichts... Keine Entschuldigung, nicht einmal den Versuch, Gründe zu nennen, die ihm in seinem debilen Verhalten Unterstützung gaben. Ich stieß einen leisen Atemzug aus, mir war nach einem Lachen zumute, doch blieb dies aus und ich war mir für meine Fassung dankbar. Kopfschüttelnd senkte auch ich den Kopf, betrachtete mir den Boden. Und ich tat es spöttisch, um der Wut um ein Stück nachzugeben. "Wie treffend." Murmelte ich in scharfem Ton, den Blick verstohlen aus den Augenwinkeln auf ihn richtend. "Dein Schweigen ist mir eine ebenso große Hilfe, wie die Erklärungen, die du mir so wortgewandt lieferst!" Aragorn: Wie konnte das sein...? Ich hatte gewusst, was ich tat, wusste, was darauf folgen würde! Und nun war mir das Wort zur Aufklärung einfach entfallen. Annähernd zerfetzt und unleserlich lagen die Sätze in meinem Kopf und unfähig war ich nun, sie wieder zusammenzusetzen! Dies musste ein Schreckgespenst sein, dass mich meiner Sinne beraubte! Immer noch verblieb ich still und stumm, ratlos... hilflos. Es war wie einer dieser Träume, in denen ich es ihm sagte, in denen ich nahezu philosophieren konnte über meine Gefühle zu ihm. Und jedes Mal war das Bild von ihm erloschen, wie die Flamme des Dochts, der im Wachs ertrank. Nie hatte ich eine Gelegenheit gehabt, eine Reaktion von ihm zu erhaschen... nicht einmal beglückt wurde ich durch Illusionen. Selbst da wollte man mir keinen Frieden gönnen.. und in den letzten Nächten waren sie eher noch grausamer als die Realität gewesen. Nun ja... fast... "Wie treffend." Ich blieb stehen und erwachte zur alten Besinnung. Der Ton war so schneidend gewesen, dass er die Luft hätte spalten können. So schien es jedenfalls, denn ich stoppte das Atmen. Dieser Spott... ich ertrug es nicht. Nur langsam und scheu wandte ich mich zu ihm und sah ihn an, meine eigene Miene wohl von Verblüffen und Fassungslosigkeit getrübt. "Dein Schweigen ist mir eine ebenso große Hilfe, wie die Erklärungen, die du mir so wortgewandt liefertest!" Dieser Hohn... viel leidvoller trafen mich diese Worte, als es seine Klinge hätte tun können. In einer Unsicherheit, die ich nicht von mir kannte, verzog ich die Brauen und blickte auf den Boden. Ich ließ meine Hände sinken und kraftlos an den Seiten hängen. Er wusste keinen Grund... er wusste gar nichts. Wo kam die Sicherheit her, in der er mir diesen Zynismus entgegenbrachte? Er hatte keine Ahnung, welche Gier und gleichermaßen Enthaltsamkeit in mir tobte. Er verstand nichts... Es war... noch nie vorgekommen, dass man mich bis ins Tiefste verletzte. Doch heute war der Tag gekommen, an dem es jemand geschafft hatte. Jemand, der Zeitalter hinter sich ließ und etliche Dinge gesehen hatte. "Du bist...", schwer holte ich Luft und versuchte wieder Kraft in meine Stimme zu holen, als ich aufsah und meine Enttäuschung offen zeigte. Ich schüttelte den Kopf, lächelte gequält und voller Ironie, sah mich unwirsch um und blickte erneut zu ihm, "... ein oberflächliger Narr, Legolas." Ich war hier... und hatte die Entscheidung getroffen. Es war egal, wie ich sie ihm erläuterte und gleichgültig, was ich damit verursachte. Hörbar schnappte ich erneut nach Luft und ich kämpfte darum, klar zu sprechen. Klar und laut. "Welche Erklärungen sollte ich dir liefern?" Für einen Moment schloss ich die Augen, aufgebracht und verzweifelt. Als etwas anderes konnte ich mich nicht bezeichnen. "Sollte ich berichten, wie ich das Vertrauen König Théodens mit Füßen trat, indem ich nächst ein duzend seiner Männer opferte, um dein Leben zu schützen?!" Zügellos folgten meine Worte, meine Stimme hob sich und es wunderte mich, dass sie nicht brach. "Sollte ich dir erzählen, wie gleichgültig mir das Überleben der Hobbits war, als ich dich im Arm hielt?!" Zitternd stieß ich die Luft aus meinen Lungen und sog sie ebenso bebend wieder ein, nicht davor zurückschreckend, die Wahrheit ans Licht kommen zu lassen. "Verlangtest du zu wissen, dass einjedes Wort der Gefährten und Verbündete an Wichtigkeit verlor, sobald der Gedanke an dich in meinem Kopf tobte und mir nächtelang im Schlaf auflauerte?!" Ich läutete es ein, das Ende aller Dinge, aller Freundschaft, aller Bündnisse... "Strebtest du danach, zu erfahren, wie sehr ich mich in einem Netz voller Kabale verstrickte, in dem ich Gandalf Mut zusprach und ihm im nächsten Moment deinetwegen drohte?!" Ich hob fieberhaft die Hand, ließ den Kopf sinken und verdeckte meine Augen. Meine Trostlosigkeit hatte die Grenzen erreicht und ich fühlte mich seltsam leer. "Wolltest du wissen, wie sehr ich unter dir leide und wie sehr ich es dennoch will? Welche Bedeutung Mittelerde noch für mich tragen würde, wenn ich in deiner Nähe bin?" Matt ließ ich die Hand sinken und verstummte. Ich fürchtete mich davor, aufzublicken und erneut auf diesen Hohn zu treffen. Ich fürchtete mich, seiner Stimme zu erliegen, wenn sie begann mich erneut zu verletzen. "Ich..." Eines war noch zu sagen... und ich schluckte schwer und versuchte wieder ruhiger zu atmen, ruhiger zu gehen. Mit einem Male öffnete sich die Tür hinter mir und ich drehte mich gehetzt um. Ein Krieger spähte durch den Türspalt, öffnete die Tür dann weiter und verbeugte sich. "Verzeiht, Herr Aragorn." Ich seufzte schwer und nickte, wieder einmal hinter der komödiantischen Maske verkrochen und von Schmerz und Leid kein Anzeichen offenbarend. Der Mann erhob sich und blickte kurz an mir vorbei, nickte dem Elb hinter mir flüchtig zu und wandte sich wieder an mich. "Der König verlangt nach Euch, Herr." Ich nickte erneut, erst langsam dann verständlicher. War dies nun der richtige Zeitpunkt, an dem man mich aus der Armseligkeit riss oder der falsche? "Legolas...", hauchte ich leise, ging auf die Tür zu und griff nach der Klinke, ehe ich mich umwandte und den Blick erneut gen Boden hielt. "... lle naa ilya ten... gen aníron..." Ja... nun, nun war alles gesagt und mit diesem letzten Flüstern drehte ich mich, ohne noch einmal sein Gesicht zu sehen, um und schloss die Tür hinter mir, um Befehlen zu folgen. Ja. Es war alles gesagt. Kapitel 10: *~pae~* ------------------- Bemerkung der Autorin: Alloha! ^o^Y Sorry, dass es jetzt so lange gedauert hat, aber wir müssen uns auch etwas Zeit lassen, damit ihr uns nicht überholt. Ist doof, unter Druck zu arbeiten. >___> Dieses Kapitel besteht weniger aus gefahrenvollen Situationen und dramatischen Geschehnissen. Es ist vielmehr eine kleine Pause... die Ruhe vor dem Sturm. >__< Viel Spaß ^^ Mono Legolas: Zu sehr schien er in den Kampf gegen die eigene Beklemmung vernarrt zu sein, als dass er meinen Worte mit Erwartung hätte begegnen können. Innehalten tat er, als ich die Stimme erhob. Selbst durch den ersten Ton, der leise und doch beabsichtigt schneidig über meine Lippen kam, schien ich geradlinig und direkt zu ihm vorzudringen. Er richtete sich aus der zusammengesunkenen Haltung auf, in der er dort gestanden hatte und er drehte sich zu mir um, wobei seine Bewegungen nicht an Sicherheit gewonnen zu haben schienen und er sich etwas geduckt hielt, übermannt von einer Beirrung, welche nahezu an Entsetzen grenzte und für meinen Teil eine zu übertriebene Reaktion darstellte. Erschütterung zeigte sich auch in seinen Augen, die sich, das erste Mal seit langer Zeit, durchgehend und deutlich auf die meinen richteten. Doch es war nicht Abschreckung genug, ihn so zu sehen... war es doch ein Verhalten, das so verworren schien, dass es vortrefflich zu ihm passte und mich nicht irritieren musste. So fuhr ich mit selbiger Stimme fort, sagte, was ich zu sagen hatte und erwiderte seinen Blick mit einer Sicherheit, der ich mich verdient fühlte. Ich war ihr nicht grundlos habhaft geworden... vieles gab mir Anlass, mich so zu verhalten, wie ich es nun tat. Und so sehr ich mich mir selbst auch entfremdete... Die Selbstentfremdung war nötig, stellte den einzig existenten Weg dar, um meine Gefühle für ihn offen kundzutun. Meine Gefühle, so wie sie in diesen Augenblicken und versteckt seit langem in mir herrschten. Und als würden meine Worte bis in sein tiefstes Wesen eindringen, dort, wo auch er verletzlich war... zeigte er sich gepeinigt, entfloh gar meinem Blick und richtete den Eigenen mit wehleidiger Miene auf den Boden. Als wäre diese Seite, die doch ihre feste Präsenz in ihm hatte, etwas fremdartiges für ihn, als wäre er sich ihrer nie bewusst gewesen... der Fehler, des Unrechts... Ich selbst scheute mich mit allen Mitteln davor, selbst Teilnahme zu spüren, gar zu offenbaren. Teilnahme an seinem scheinbaren Unwissen... durch das meine Worte schmerzlicher sein mussten, als ich es beabsichtigt hatte. Und er stand da wie ein grauer Stein in öder Gegend, reglos verharrend und in sich gekehrt. So entließ auch ich ihn aus meiner Beobachtung, lenkte mich ab und sah keinen Sinn mehr in meinem Hiersein. Wie auch immer sein festes Vorhaben einst ausgesehen hatte... es schien verwirkt, geschwächt und nach Stärke lechzend, die es nicht erhielt. Und trotz des Versuches, trotz seiner Vernarrtheit in ein Gespräch, das nur wir führten, war es doch nur so, als hätte er mit letzter Kraft einen Stein gehoben, die Lücke der Mauer zu schließen, durch wir uns noch sehen konnten. "Du bist..." Ich versteinerte in meiner Haltung, fasste seine Worte, die so gar nicht meinem Eindruck von ihm entsprachen, mit nicht minderer Ungläubigkeit auf, als er die meinen. Nur leise ertönte seine Stimme, lebendig erhob sich auch sein Atem und als hätte das Gespräch, welches in meinen Augen gescheitert war, in seinen Augen soeben erst seinen Anfang gefunden, richtete er sich auf. Wenn auch schwach und noch immer verlassen von den Kräften, die ich ihm genommen zu haben schien... Ich wendete mich ihm zu, verbarg meine Emotionen nicht und starrte ihn an. Entspannt wirkte seine Miene und doch tragend und Enttäuschung glänzte in seinen Augen, die er bisweilen doch nur sich selbst gegenüber empfunden hatte. Doch ein trauriges Lächeln begann matt seine Lippen zu zieren... und sein Kopf schüttelte sich langsam, als wolle er das bisher Gesagte von sich abstreifen... als besäße das Geschehene nicht die geringste Bedeutung. "... ein oberflächliger Narr, Legolas." Hatte ich mich soeben noch gestärkt und begründet in meiner Rolle gefühlt, so befiel mich nun schiere Verwirrung, da seine Worte so gar keinen Sinn zu ergeben schienen. Und dennoch bediente er sich Ihrer, als stellten sie eine Erklärung für einjedes Rätsel dar. Als laste eine immense Bedeutung auf ihnen, die meinen Augen verborgen blieb. Und er atmete tief ein, gelangte zu einer Fassung zurück, die ihn in ein anderes Licht treten, die mir sein Verhalten so verständlich erscheinen ließ. Und doch... Es war und blieb verworren. Ich verzog die Miene, sinnvolle Gedanken entrannen mir und ich fand mich verloren in dem Gehedder aus Unsicherheit, Verwirrung und Fehlleitung. So blieb ich stehen, wartete auf Gestiken, auf Blicke und Worte, die mich nur noch schlimmer diesem Zustand aussetzen würden. Und seine Stimme ertönte so matt und kraftlos, so leise und brüchig. Doch sie ertönte... und eine gewisse Entschlossenheit war ihr zuteil. "Welche Erklärungen sollte ich dir liefern?" Ging er unerwartet und so direkt auf meine Frage ein, wie ich es nie für möglich gehalten hätte. Keine Ablenkung...? Nichts, das Zeit schinden sollte...? Er schloss die Augen, als scheue er sich vor der eigenen Stimme. Doch sie erhob sich energischer als zuvor, lauter, als wäre es nicht die seine. "Welche Erklärungen sollte ich dir liefern? Sollte ich berichten, wie ich das Vertrauen König Théodens mit Füßen trat, indem ich nächst ein Duzend seiner Männer opferte, um dein Leben zu schützen?! Sollte ich dir erzählen, wie gleichgültig mir das Überleben der Hobbits war, als ich dich im Arm hielt?!" Seine Deutlichkeit traf mich in einem ungeschützten Moment, zu erschreckend kam sie und ich fühlte mich ihrer nicht gewachsen, obgleich ich mich doch stets nach ihr verzehrt hatte. Das Überleben der Hobbits... das, für das ich mich eingesetzt hatte und ohne unerwartete Hilfe dennoch gescheitert wäre...? Hastig und übereilt sinnierte ich nach vergangenen Zeiten und fand die Erinnerung in seiner Stimme, die gleich eines gespenstischen Hauchens in meinen Ohren summte, mich gebrechlich und zitternd bat, nicht zu sterben. Ich wußte nicht, ob er das Keuchen ausstieß oder ob es das meine war, als ich mir der Bedeutung seiner Worte bewusst wurde. Längst schon sah ich ihn nicht mehr an und keine weitere Erklärung wäre mehr nötig, um mich in die Perplexität zu stoßen, in der ich mich bereits befand. "Verlangtest du zu wissen, dass einjedes Wort der Gefährten und Verbündeten an Wichtigkeit verlor, sobald der Gedanke an dich in meinem Kopf tobte und mir nächtelang im Schlaf auflauerte?!" Stark und nach Aufmerksamkeit keifend, drängten sich diese Worte gegen mich und so gern ich sie auch von mir stoßen wollte, sich drangen in mich ein, als hätte ich nie daran gedacht, mich gegen sie zu wehren. Ich drehte mich zu ihm, starrte ihn an, ohne dass er mir dieselbe Beachtung zeigte. Ich fand mich schutzlos ausgeliefert an Tatsachen, die mir neuartig und doch so stark und entsetzlich schienen, als dass sie mir nie hätten entgehen dürfen! So viele Auffälligkeiten... So viele Emotionen und Gedanken, die ich beileibe nie in ihm vermutet hätte... Und er sprach sie aus, gnadenlos jegliche Pausen verwehrend, jedoch nicht hastend. Und als fürchte er sich, mich anzusehen, blickte er noch immer zu Boden und ich hätte ihm nichts entgegengebracht, als unwissendes Schweigen, als Blicke, mit denen ich mir so uneins war wie mit meinen eigenen Gefühlen, die durch diese Worte restlos überfordert und erlahmt zu sein schienen. Wie... wie konnte ein Grund aussehen, der ihn dazu trieb, mehr als nur die nötigen Gedanken an mich verlieren...? Warum tat er all dies?! "Strebtest du danach, zu erfahren, wie sehr ich mich in einem Netz voller Kabale verstrickte..." Ich wünschte, er würde verstummen! "... indem ich Gandalf Mut zusprach und ihm im nächsten Moment deinetwegen drohte?!" Meinetwegen?! Längst schon, raste mein Atem unkontrollierbar über meine Lippen und meine Augen suchten blind und stetig scheiternd nach Antworten... Antworten, die nur er mir geben konnte und vor denen ich mich dennoch unbeschreiblich fürchtete. Er gab sich mit Ernsthaftigkeit und Wahrheit als ein Mensch aus, den ich noch nie zuvor erblickt hatte! Unruhig trat ich vor und trat zurück, versuchte zu realisieren, zu verstehen... ... und ich brachte mir selbst mit diesem Vorhaben nichts als Überforderung. Doch war sein Leiden nicht minder und er verbarg die Augen mit der Hand, als wolle er nicht mehr nach außen dringen lassen, als er mit Worten ausdrücken konnte. Schwer schien die eigene Wahrheit auf ihm zu lasten und er wurde kleiner, so schien es mir, senkte das Haupt... Und ich hätte mich nicht weniger gern verschlossen, trieb mich einjedes seiner Worte doch mehr und mehr in die Benommenheit, in der ich nichts mit ihnen anzufangen wusste. "Wolltest du wissen, wie sehr ich unter dir leide und wie sehr ich es dennoch will?" Auf welche Art und Weise, der ich mir selbst so unbewusst war, brachte ich ihm Leid?! Nie war etwas dergleichen meine Absicht gewesen!! Er ließ mich wahrhaftig verzweifeln... bürdete mir das peinigende Gefühl der Schuld auf und ich hauchte seinen Namen, fand mich selbst zu erschöpft und gleichermaßen doch zu aufgewühlt, um mehr Kraft in meine Stimme zu legen, die genauso zitterte, wie ich selbst... bis in mein tieftes Wesen. Die Verzweiflung, die mir jede Faser seines Körpers offenbarte, konnte nicht mein Werk sein... in keinem Moment meiner Wut hätte ich ihm dieses Befinden gewünscht! "Welche Bedeutung Mittelerde noch für mich tragen würde, wenn ich in deiner Nähe bin?" Er machte es schlimmer... immer mehr trieb er mich in einen weiteren Zustand, mit dem ich nicht umgehen konnte... die Kontrolle weit entfernt und in ungreifbarer Ferne sah! Ich fühlte mich als würde ich frieren... zu offensichtlich labte sich das Entsetzen an mir und deutlich spürte ich auch, wie jegliche Farbe mein Gesicht verließ und meine Augen vor Zweifel an mir selbst schrieen, wie sie nach so grausamen Fehlern suchten, die ich selbst begangen haben musste! Wie sehnte mich doch danach, dass er es sah! Dass er sah, wie leer und ausgelaugt ich war, getrieben an die Grenzen des Zumutbaren... Und er tat es nicht. Annähernd meinte ich, eine vergleichbare Angst würde auch ihn quälen, würde ihn mit allen Mitteln abhalten, sich meinem Sehnen zu ergeben und aufzublicken... Unsicher näherte ich mich ihm... sammelte mit Verbissenheit Kraft und gleichermaßen den Mut, den nächsten Schritt zu tun... auf dass ich endlich die lang vermisste Gewissheit erfuhr! Wie zwanghaft wollte ich sie hören... ganz gleich, wie sie war, ganz gleich, was sie beinhaltete. Ein Stück mehr Schmerz würde ich ertragen, um mich endlich von der Unwissenheit losreissen, und über greifbare Tatsachen grübeln zu können! Doch ließ mich das leise Geräusch der Tür erschrocken inne halten und ich wollte nicht wahrhaben, dass es nun eine Störung gab! Reglos blieb ich stehen, drehte mich nicht um, war gefangen in mir selbst und vernahm die Stimme eines Mannes. "Verzeiht, Herr Aragorn." Ich schenkte ihm keine Beachtung, betete, er würde verschwinden, ohne den Grund seines Erscheinens zu nennen. Einfach so verschwinden... Doch... Aragorn fügte sich mit einem leisen Seufzen und nickte auch, worauf ich wegsah, mich leicht zur Seite drehte, jegliche Hoffnung aufgebend... den Fortgang dieses Trauerspiels deutlich vor mir sehend. "Der König verlangt nach Euch, Herr." Verbissen und erschüttert durch meine Verzweiflung stand ich dort, war bereit, zurückgelassen zu werden, jedoch nicht bereit für das Gefühl des schmerzhaften Leides, welches er in mir entfacht hatte... doch vielleicht nicht ersticken würde. Und ein kaltes Stechen brachte mir einen Vorgeschmack, als ich hörte, wie er losging, wie er dem Ruf des Mannes folgte... mich verließ. "Legolas..." Der Hauch eines Flüsterns erreichte mich gemeinsam mit der Brise, als er an mir vorbeizog und ich konnte mich trotz des sehnlichen Wunsches, der nun in Erfüllung zu gehen schien, nur als erschrocken bezeichnen. Noch immer keiner Bewegung fähig, blieb ich stehen auf meinem Fleck und er erreichte die Tür, ohne dass ich seinen Blick auf mir spürte. Noch immer mied er mich und ich unterdrückte den Atem, tauchte ein in die Atmosphäre, in der er kurz inne hielt und nur Zeit für wenige Worte finden würde. Mit geweiteten Augen und rasendem Herzen starrte ich auf die kahle Gesteinswand und eine Stille brach über uns herein... "Lle naa ilya ten...", deutlich war das Flüstern in ihrer Lautlosigkeit zu vernehmen. 'Du bist alles für mich'... hauchte er... Fahrig schweiften meine Augen zur Seite... "Gen aníron..." ... 'ich... begehre dich'... Ich versuchte zu schlucken, mich des Atems zu bemächtigen, den mir einjedes Wort geraubt hatte. Laut rang ich nach ihm, als ich mich ebenso hastend umwandte und zur Tür blickte, die sich bereits schloss... mir nur einen kurzen Moment offenbarte, in dem ich seine wehleidigen Augen erblickte. Wie sie die meinen streiften... bereit, als Grund den Abschied zu sehen... Und die Tür schloss sich... Ich wusste keinen Grund für meine schnelle Reaktion, wüsste ich doch nicht, was ich hätte sagen sollen... hätte er inne gehalten und mir etwas Zeit gegeben. Keuchend und zitternd, als wäre es noch immer nicht vorbei, stand ich dort und starrte auf die Tür, die verschlossen blieb, nur leise Geräusche zu mir durchdringen ließ, die meinen Ohren bisweilen vollkommen entgangen sein mussten. Aufgenommen hatte ich seine Worte... ja, tief in mir behielt ich sie... Doch... fehlte der Mut, mich mit ihnen zu beschäftigen, ihre Bedeutung zu erkennen, die doch so deutlich vor mir lag, nur aus Angst unbeachtet blieb... Mutwillig sah ich weg, verleugnete die Wahrheit, die mir gegeben war und doch keine Beruhigung brachte. Nein, vielmehr war sie des Gegenteils mächtig. Zurückgezogen hinter der Hülle aus Entsetzen und Ungläubigkeit drehte ich mich um, kehrte der Tür den Rücken und blieb dennoch stehen. Nur gedämpft vernahm ich auch die Schritte, die eilig an der Tür vorbeizogen. Ich schloss die Augen. Kraftlos wie ich war, sank auch mein Kopf hinab und die Arme wurden mir schwer. Lärm erhob sich, der mich umgab, als stamme er aus einer anderen Welt... als hätte mich nichts an ihm zu interessieren... und dem war so. Zu verbissen und angestrengt versuchte ich meinen Atem zu beruhigen, als dass es mir hätte gelingen können. Zu unkontrollierbar war er wie auch der Rest meines Körpers und ich verlor die Fähigkeit, mich auf den Beinen zu halten... sank hinab und kauerte auf dem Gestein. Nichts und niemandem Beachtung schenkend... die Augen gedankenlos und starr auf einen nicht existenten Punkt gerichtet, blieb ich zurück in der Kammer, die ich nie hätte betreten dürfen... Aragorn: Schwer fiel die Tür ins Schloss und ich sah ihr nicht nach, sondern folgte dem Überbringer des Befehls. Hmm... ich fühlte mich schwer, doch ebenso leicht. Wie eine Feder, die gleich eines Steines in der Leere zu Boden ging. Eine wahrhaft brisante Situation, die, so sehr ich versuchte in ein jedem Gesicht der mir vorbeieilenden Menschen zu lesen, doch keine Aufmerksamkeit weckte. Rasch durchschritten wir die Gänge, ließen die Treppe hinter uns und folgten dann einem leichten Aufstieg, der zu den Bannern des Königs führte und zu seiner Halle. Der Mann öffnete die Tür, trat beiseite und ich setzte meinen Weg fort. Wie schon einst, sah der König von seiner Karte auf und aller Augen blickten mich an. Für einen kleinen Moment haderte ich, weiterzugehen, denn auch Gandalf war an des Königs Seite und auch seine Augen richteten sich auf mich. "Aragorn." König Théoden lächelte, wenn auch nur in einem flüchtigen Moment, aber ich wusste, dass es ein ehrliches Lächeln war. Die Anspannung war nicht vorhanden... zumindest jene, die stets mit mir ihren Weg ging. "Was Pippin sprach, nun...", fuhr der Zauberer fort, ruhig auf seine alte Art und Weise, wie ihn einjeder kannte. Und als ich ihn direkt anblickte, erwiderte er diesen Blick als wäre nie etwas geschehen. "Es war keine Lüge in seinen Augen. Ein Narr... aber ein ehrlicher Narr bleibt er. Er hat Sauron nichts über Frodo und den Ring verraten." Wenn ich ehrlich war, war mir erneut die Sorge um den Hobbit entgangen, da meine Konzentration einzig wieder Legolas bestimmt war... obwohl ich das schmerzverzerrte Gesicht des Hobbits gesehen hatte und selbst mit den Schmerzen in Verbindung kam. Und so war es mir auch entgangen, ihn danach zu befragen, als er seine Sorge um mich aussprach.. "Wir haben merkwürdiges Glück gehabt. Pippin konnte im Palantír einen kurzen Blick auf die Pläne unseres Feindes werfen." Erwartend hob ich die Augenbrauen, lehnte mich an die Kante einer langen Tafel und verschränkte die Arme vor dem Bauch. "Sauron plant einen Angriff auf die Stadt Minas Tirith." Sofort löste ich meine Haltung wieder. Ich hätte es wissen müssen, wenn ich es schon nicht erahnte! Die Weiße Stadt... "Seine Niederlage bei Helms Klamm hat unserem Feind eins gezeigt: Er weiß, dass Elendils Erbe hervorgetreten ist. Die Menschen sind nicht so schwach, wie er angenommen hatte." Gandalf nickte nachdenklich, während er sprach und begann ein wenig in der Halle umherzulaufen. Sinnierend und gleichsam sprechend. "Sie haben noch Mut und vielleicht noch Kraft genug, ihn herauszufordern. Sauron fürchtet das. Er wird es nicht riskieren, dass sich die Völker Mittelerdes unter einem Banner vereinen. Eher macht er Minas Tirith dem Erdboden gleich, als die Rückkehr eines Königs auf den Thron der Menschen mitanzusehen." Der Thron... welche Bürde. Eine, die ich lange Zeit vergessen hatte und ich erinnerte mich an das Versprechen, das ich Boromir gab... das ich mir selbst gab. Der Zauberer wandte sich an den König und ging schnellen Schrittes auf ihn zu. "Wenn die Leuchtfeuer Gondors entzündet sind, muss Rohans Volk kriegsbereit sein." Gerade, als er dies ausgesprochen hatte, kamen die beiden Hobbits. An ihren Seiten folgte der Herr Zwerg, der mit seiner Trunkenheit kämpfte und dennoch bemüht war, seine Nüchternheit zu beweisen. "Verssseiht...", nuschelte er verdrießlich und fand schließlich Platz auf einem Stuhl, zu dem die Hobbits ihn sicher geleiteten. Merry wirkte ernst und mied den Blick zu Gandalf, während Pippin amüsiert über Gimlis Zustand grinste und die Hände in die schlaksigen Hosentaschen steckte. Der Zauberer schüttelte den Kopf, holte tief Luft und wandte sich wieder an den König, dessen Miene versteinert auf der Karte haftete. Eine Zeit lang herrschte Stille... und ich schloss mich ihr an, sinnierte über die Weiße Stadt, blieb trotz allem aber beteiligt. Es schien mir, als hätte ich wieder ein Stück meiner alten Kontrolle gefunden... ich wusste, wo ich mich befand... "Sagt mir, warum sollten wir jenen zur Hilfe eilen, die uns ihre Hilfe versagt haben? Was schulden wir Gondor?" Gondor... Truchsessen regierten diese Stadt... sie leiteten fehl. Es war lediglich ein Mensch, der die Hilfe verweigerte... so dachte ich mir. Diesen Menschen brachte man sicher mit wenigen Worten zur Vernunft, so teilnahmslos er auch in den ganzen Kriegen war. "Ich werde gehen." Warf ich ein, denn ich wusste um meine Position, glaubte sie nun intensiver wahrzunehmen, als zu der Zeit, in der ich Bruchtal verließ. "Nein." Gandalf widersprach mir und ich löste mich von der Tafel und ging einen Schritt auf ihn zu. Ernst und verbissen wollte ich meinen alten Pflichten wieder nachkommen. Ich war es ihnen schuldig! "Sie müssen gewarnt werden!" Erwiderte ich nachdrücklicher. Ich wollte dorthin... dort, wo ich hingehörte und ich keinen Gedanken mehr an andere Dinge senden konnte. "Das werden sie." Der Weiße trat zu mir heran, sah mich eindringlich an und ich fürchtete, dass Worte folgen würden, die nicht an diesen Platz gehörten. Doch was auch immer ihn umstimmte, ihn daran denken ließ, dass meine Warnung vor wenigen Momenten verbindlich war... er tat nur seine Plicht. "Du musst auf einem anderen Weg nach Minas Tirith gelangen. Folge dem Fluss. Halte Ausschau nach den schwarzen Schiffen." Schwarze Schiffe... der Fluss... Anduin... Er wandte sich um, ehe ich eine Reaktion zeigen konnte und richtete erneut sein Wort an den König. "Eins muss Euch gewahr sein. Dinge geraten nun ins Rollen, die nicht aufzuhalten sind. Ich reite nach Minas Tirith." Nachdenklich ließ ich den Blick zur Seite schweifen, grübelnd, wie der Weg aussehen würde, den mir Gandalf benannte und wie ich es vollbringen sollte, jenen Schiffen - ja, Piraten, ein Gegner sein zu können. "Und ich werde nicht allein gehen." Ich schaute wieder auf, als der Zauberer dies sagte und folgte seinem Blick. Merry senkte den seinen und fuhr sich in einer leisen Verzweiflung durch den Schopf, während Pippin, auf dem der Blick des Zauberers ruhte, verdutzt von dem anderen Halbling zu Gandalf blickte. "Wo gehen wir hin?" Gandalf seufzte leise und schüttelte den Kopf auf diese unvortreffliche Frage des Hobbits und ging los. "Von allen naseweisen Hobbits, Peregrin Tuk, bist du der schlimmste! Hurtig, hurtig!" Er eilte an den Tischen vorbei, an den Hobbits und während Pippin weiterhin fragend umherschaute, schob ihn Merry bereits aus der Halle, missmutig und eine Trauer hinter dem Trotz verbergend, die ich dennoch sah. Ja, er wusste, was folgen würde... er wusste, was der dunkle Herrscher zu wissen glaubte. Ich sah ihnen nach, bis sie aus der Halle verschwanden und begann dann erneut, nachzudenken und für mich einen Entschluss zu fassen. Schwarze Schiffe... ich musste nachhaken, hoffen, dass es in Helms Klamm diverse Bücher gab, die mir mehr Aufklärung über jene Krieger auf dem Meer geben konnten... "Wir reiten morgen in aller Frühe nach Edoras zurück." Erneut holte man mich aus meinen Gedanken und ich nickte. Die Nacht würde mir nun nicht mehr zum Schlafe taugen. Apropos... ein lautes Schnarchen hallte in der großen Halle wider und annähernd bestürzt sahen wir zu Gimli, der in all der Zeit keinen Ton von sich gegeben hatte und nun selig schlummerte. Noch ehe ein Wort an mich gerichtet werden konnte, schüttelte ich schon den Kopf und setzte ein Grinsen auf. Nun... Trinkspiele waren nicht für Jedermann. "Ich kümmere mich um ihn." Der König nickte mir zu und verließ, dicht gefolgt von wenigen Männern, ebenso die Räumlichkeit, während ich langsam auf den Zwerg zuging und ihn musterte. "Das wird dir eine Lehre sein, mein Freund. Trinke nie gegen einen Elb." Und ich dachte mir nichts dabei, als ich dies sprach, hatte es wahrlich nur als Scherz ausgesprochen. Mit einem recht schiefen Grinsen griff ich nach dem Arm des Zwerges und hievte ihn hoch, beileibe nicht glaubend, dass er tatsächlich so schwer war, wie er sich hier gab. Doch war es auf eine Art ein amüsantes Unterfangen und ich ließ mich von dem Scherze packen, als wüsste ich, dass es alsbald nicht mehr viel zu scherzen gab. Legolas: Ein undefinierbares Gefühl der Müdigkeit beherrschte mich und meine Schultern waren schwer, als hätte mich eine unüberwindbare Last niedergdrückt, die keinen Widerstand duldete. Widerstand... mir fehlte die Kraft, ihn zu leisten und ebenso war ich mir keines Sinnierens bewußt, als ich dort saß, die Fingerkuppen auf dem Gestein des Bodens, kauernd auf den Knien und körperlich erschöpft, wie auch seelisch. Ich wollte, nein, gleichermaßen konnte ich diesen Raum nicht verlassen, war nicht bereit für das Treiben der Außenwelt, noch weniger dazu, jemandem Rede und Antwort zu stehen, Gespräche zu führen und mich zu geben, als wäre soeben nichts geschehen. Wie verräterisch wäre dies doch meinen Gefühlen gegenüber, wie selbstverlogen und feige. Stattdessen ging ich mit allen Kräften in mich, ließ meine Gedanken aufleben und setzte mich, wenn auch zögerlich, mit dem soeben Geschehenen auseinander. In den ersten Augenblicken versuchte ich Aragorn als Tölpel zu bezeichnen und in den nächsten scheiterte ich daran. Was hatte er getan...? Ich entsann mich seiner Worte, zu denen er sich gezwungen... die er ausgesprochen hatte. Was hatte er für ein Leben geführt, von dem ich nichts wusste? Wie hatte er sein Handeln gekleidet, während ich das Vorgehen als unauffällig und normal angesehen hatte? Wie weit war er doch entfernt gewesen, während er neben mir lief. Hatte er die Torheit nach sich greifen lassen...? War er ihr unterlegen oder entschuldigten aufrichtige Gründe seine Taten? Unbekannte Leben zu opfern, um ein Bekanntes zu retten? Besaßen sie dadurch einen geringeren Wert, als das meine? Anderes außer Acht zu lassen, um dies bewerkstelligen zu können...? Wie sehr war ihm doch scheinbar die Kontrolle entronnen und wie sehr sinnierte ich darüber, ob dies ein allgegenwärtiger Fehler der Menschen war. Leiteten sie sich selbst in gewissen Momenten fehl? War ihre Schwäche zu jenen Zeiten begründet auf ihr Wesen, welches so einzigartig war und diese Einzigartigkeit doch so schnell auf unmoralischen Wegen zeigte? War Bevormundung eine Sünde, die rasch vergeben wurde? Wie lange kannte ich Aragorn nun schon, wie lange hatte ich mich stark in dem Glauben gefühlt, seinen Charakter zu verstehen, sein Handeln, seine Gesten. Und nun, gar urplötzlich, fühlte ich mich fehlgeleitet in diesem Glauben und zurückgedrängt an den Anfang, an dem man alles neu aufbauen musste. All dies war geschehen und die Existenz dieser Fehler würde ich mit Akzeptanz abtun, doch war ich verstrickt in ihnen und nicht ohne Schuld. Wie sehr hatte sich Aragorn selbst gequält mit diesen Worten der Beichte und doch schienen sie geradlinig auf mich gerichtet zu sein, auf dass mich dieselbe Last befallen sollte. Verschuldete ich den Tod jener wackeren Männer des Königs? Wäre ich bei der sorgsamen Vorsicht geblieben... hätte ich vielleicht nicht eingegriffen.. Nein. Ich schloss die Augen, schüttelte den Kopf, verneinte mich selbst. Ehrenhaft war es, das Leben für das anderer zu opfern. Schuldlos und stolz hätte ich meiner Existenz entsagt. Doch Aragorn... Vielleicht... ja, vielleicht hatte er mich wahrlich vor dem Tod bewahrt. Doch... hatte er nicht das eigene Leben dafür geopfert, sondern das anderer, die jenen Angelegenheiten unbeteiligt gegenüberstanden. War dies ehrenvoll...? Hatte er meinen tiefen Dank verdient...? Er war ein Narr, dass er mir eine solche Wichtigkeit zusprach. Eine Wichtigkeit, die ich, der ich doch nur einer unter vielen war, nicht besaß. Und auch ich war ein Narr... Hatte ich in seiner übertriebenen Fürsorge doch nur die Freundschaft gesehen. Ich blickte auf, langsam und tragend, fühlte mich nicht imstande, mich schneller zu bewegen. Grau und leblos umgaben mich die Wände, einengend und meinen Gedanken ausliefernd, die so qualvoll und schwierig waren. Ich hätte nicht gewollt, dass er dies tat... Ich hätte nicht gewollt, dass er diese Fehler auf sich nahm und durch Schweigen mir gegenüber gleichsam die Schuldgefühle für sich behielt. Ich hätte nicht gewollt, dass er jenes wichtige Vertrauen brach... Nur für einen einzigen Moment des fehlgeleiteten Handelns und so schwer würde dieses Vertrauen wieder aufzubauen sein. Ich hätte nicht gewollt, dass es ihm diese fatalen Folgen wert war... Ich hätte nicht gewollt, dass er sich selbst verriet, sich seiner selbst entfremdete! Ich löste eine Hand von dem Boden und hob zu meinem Gesicht. Mein Arm war schwer und einjede Bewegung kostete mich Überwindung. Ziellos betastete ich mein Gesicht, suchte nach dem Ausdruck, dessen ich mir nicht bewusst war. Wie blickte ich drein? Zeigte ich mich offen und wehleidig? Versuchte ich gar immernoch gegen die Einsicht anzukämpfen? Einm beinahe lautloses Seufzen kam über meine Lippen und erneut sank ich in mich zusammen, während der Lärms des Treibens und Lebens weiter um mich schallte. Wie könnte ich ihn dafür verachten... wie könnte ich mir dieses Recht herausnehmen und die eigene Unwissenheit als Entschuldigung für all das nutzen? Ich war doch nicht besser, als er. Ich war nicht viel unschuldiger... Es entsetzte mich... Das Spiel, in welches ich mich zu Unrecht versetzt fühlte... Das Spiel, dessen Regeln ich nicht zu kennen glaubte... Das Spiel, in dem ich scheinbar der einzige Unwissende gewesen war... Welche Ironie... ich selbst hatte es eingeläutet. Es erschreckte mich... Wie ich in mich einem kurzen Moment danach sehnte, den zu finden, der die größte Schuld an alledem trug... Wie ich mich mit den Fehlern Aragorns auseinandersetzte... über sie sinnierte... ... und das wichtigste außer Acht ließ... Den Grund. Als würde es mir leichter fallen, oberflächlig zu sein... Aragorn hatte recht... ich war oberflächlig. Und ich war ein Narr. Lange blieb ich dort sitzen, mich beschäftigend mit nutzlosen Fetzen alter Erinnerungen, die mir keinen Fortschritt brachten und mich dennoch umfingen, als wären sie von größter Wichtigeit. Lange ließ ich mich mitreissen, lebte nur selten auf und grübelte ernst, nur um zu der Einsicht zu kommen, dass es mir nicht mehr Erfolg brachte, als das ziellose Daherdämmern. Das Wesen der Menschen wurde mehr und mehr zu einem unlösbaren Mysterium... Kurz wirkte es durchsichtig und überschaubar... im nächsten Augenblick so verworren, dass jegliche Suche nach Sinn von vornherein mit der Vorraussicht des Scheiterns aufgegeben werden konnte. Wie stolz waren sie in einem Moment und wie unvollkommen im Nächsten. Wie hoch stiegen sie hinauf und wie schnell stürzten sie wieder herab. Wie selbstsicher waren sie und wie sehr entfremdeten sie sich selbst. Wie deutlich sah ich ihn noch vor mir... hadernd mit sich selbst, unentschlossen und auf der verbitterten Suche nach Worten, die ihm in letzter Zeit kein gutes Werkzeug gewesen waren. Welch ein Leid ließen sie aufleben, welch ein Leid drang auch durch seine Mimik nach außen... als ruhe es bereits lange in ihm und wurde nur mit Verbitterung, gar Furcht unterdrückt. Zeugte es von Stärke oder von Torheit, dazu fähig zu sein? Und wie sehr ich ihn auch verstehen wollte... ich schaffte es nicht und der Wille allein brachte mir keine Kraft. Die Kluft zwischen Menschen und Elben bestand nicht grundlos... Zu unterschiedlich waren sie in ihrem Wesen, in ihrem Denken und Handeln... Wie schwer wäre es, Worte zu finden, die untermauerten und Verständnis brachten. Und als Aragorn den Raum verlassen hatte, hatte er damit nur gezeigt, wie es um uns stand. Wir entfernten uns, verließen einander, blickten uns nicht an und gingen aneinander vorbei. Wir beide hatten es heraufbeschworen und uns beiden schien die Kraft zu fehlen, eine Veränderung hervorzubringen. So dachte ich in meiner Traurigkeit und der Gedanke schien mir realistisch, wusste ich mit mir selbst doch nichts anderes anzufangen, als mich zurückzuziehen und mich versteckt zu halten. Dunkel wie die Nacht waren meine Gedanken und auch als das Licht des Tages erstrahlte, hingen sie in der gleichen Finsternis. Die ganze Nacht hatte ich ausgeharrt, den ganzen Morgen harrte ich auch weiterhin aus und so früh die Menschen auch wach waren, so fleißig sie ihren Aufgaben nachgingen und vor meiner Tür und tief unter dem Fenster riefen... ich hockte noch immer in der Kammer, die das Licht gleichermaßen wenig zu erreichen schien. Düster war sie und so bot sie mir den Schutz, auf den ich angewiesen war. Und meine Erschöpfung übermannte mich bald, machte mich gefügig und drängte mir seine letzten Worte in Erinnerung. Die Worte... die sein Handeln erklärten, jedoch nicht entschuldigten... Die Worte... Laut atmete ich ein, richtete mich aus der zusammengesunkenen Haltung auf und verzog wehleidig die Miene. Nie hätte ich geglaubt, zu hören, wie sie sich aus seinem Munde anhörten... Wie sie klangen, wenn er sie mit seiner Stimme erwähnte. Nie hätte ich erwartet, dass er sie aussprach, sich ihrer bediente... Und vor allem nicht, an wen er die Worte richten würde... Ich presste die Lippen aufeinander, begann mich zu regen und blieb dennoch kauern. Meine Hände suchten einander, fanden und falteten sich. Ich betrachtete mir ihre Bewegungen, besah sie mir und war doch ganz woanders mit meinen Gedanken. Liebe... Sie war nicht falsch, nicht unaufrichtig, nicht fehlleitend und verwirrend... Sie stellte das Gegenteil für mich dar, für mein gesamtes Volk. Ehrlichkeit, Ruhe, Sorglosigkeit... gingen die Menschen so anders mit ihr um? Was sahen sie in ihr? Etwas allmächtiges, dem sie wehrlos erlagen und sich zu Taten verführen ließen, die nicht ihrem Charakter entsprachen? Wie nur, konnte sie so gefährlich sein... so riskant, dass ihr eigentlicher Sinn verloren zu gehen schien? Aragorn: Wer hätte geglaubt, dass ein Zwerg solch eine Masse hatte? Ich war nicht mager an Kräften oder geschwächt von einem Trinkgelage, doch als es die Stufen hinauf zu den Schlafgemächern ging, fiel mein Atem schneller und mein Griff wurde schwächer. Der Herr Zwerg wachte nicht auf und ich erdachte, selbst wenn er mir aus dem Halt gerutscht und zu Boden gegangen wäre, er hätte weiterhin geschlummert. Doch letzen Endes hielt ich ihn eisern, öffnete die Tür zu dem großen Saal und legte ihn auf ein niedriges Ruhebett. Ein lautes Schnarchen ertönte.... Gimli wälzte sich schmatzend auf die Seite und nuschelte irgend etwas Unverständliches daher und ich tat es kopfschüttelnd als unbewusste Danksagung ab und verließ den Raum. Nun also... lag mir eine lange Nacht bevor. Und ich wollte sie nicht mit Sinnieren verschwenden, wollte nicht erneut dem Trübsinn erliegen. Es gab Arbeit, viel Arbeit und ich musste ihr aufmerksam entgegentreten. Ich schlug einen anderen Weg ein, folgte einer schmalen Straße hinab und sah mich prüfend um. Die Frauen und Kinder schliefen... die Männer hatten ebenso zu ihrer Ruhe gefunden, trotz ihrer anhaltenden Trunkenheit sogar in ihre Betten. Die Straßen und Treppen waren wie leergefegt und nur von wenigen Wachen besetzt. Da ich Helms Klamm nie besichtigt hatte und nur die Wege kannte, die ich stets beschritt, musste man mir erst den Weg beschreiben, auf dem ich zu einer kleinen Erfrischung fand. Ein Baderaum, nahe der Halle des Königs wurde mir genannt und ich folgte der Erklärung und erreichte alsbald den Raum. Er war nicht ausgeschmückt, hatte gerade mal das, was von Nöten war und dies wurde mir annähernd sympathisch. Es wirkte, als wäre es ein jedem gegönnt, hier etwas Wohlbefinden zurückzuerlangen, da er weder abgeschlossen noch von Wachen im Auge gehalten wurde. Ich atmete tief durch, beugte mich hinab und entledigte mich meiner Stiefel, trug sie zum Rand des kleinen Becken und sah mich um. Eine Pumpe an der Wand sorgte wohl für den Wasserhaushalt und darunter stand ein Eimer. Wer ein Bad nehmen wollte, müsste wohl Feuer unter dem Becken machen, welches auf einem Gitter gestützt stand und Scheiten darunter platziert waren. Doch mir strebte nicht der Sinn nach einem linderndem Bad... ich betätigte die Pumpe und füllte den Eimer nach wenig Mühe. Rasch entledigte ich mich der Weste, dem Hemd und meinen Waffen, ehe ich den Eimer zum Becken trug. Ich beugte mich weit über den Rand, hob den Eimer mit einer Hand und ließ das Wasser über meinen Kopf laufen. Kalt war es.. als würde ich direkt in einem See baden, der von winterlichen Temperaturen geprägt war, doch weckte es meinen müden Geist und verjagte diese Müdigkeit aus all meinen Gliedern. Ich war wach und fühlte mich gewappneter für eine Nacht, die ich zum studieren nutzen wollte. Langsam richtete ich mich auf, schüttelte den Kopf ein wenig und strich die nassen Strähnen aus meinem Blickfeld, als mir zeitgleich ein Tuch vor das Gesicht gehalten wurde und ich zur Seite blickte. Schüchtern und annähernd zurückhaltend hielt die junge Frau, die ich bereits im sicheren Schlaf geglaubt hatte, mir ein Tuch entgegen. Ich war verwundert über die Tatsache ihres Wachseins und ihrer annähernd übertriebenen Fürsorge meiner Person gegenüber. "Wieso schlaft Ihr nicht, Éowyn." Ruhig und auch besorgt fragte ich dies und drehte mich zur ihr. Sie schluckte schwer und ließ ihren Blick abschweifen. Durchaus bemerkte ich ihre kurze Musterung meiner Gestalt, doch ließ ich mir dieses Wissen nicht anmerken und schwieg. Sie schien es mir gleichtun zu wollen, neigte ihren Kopf etwas und hielt mir erneut das Tuch entgegen. Mit einem flüchtigen Nicken, jedoch noch voller Erwartung, nahm ich ihr das Tuch ab und trocknete mir das Gesicht, schritt voran und kehrte zu meinen Kleidungsstücken zurück. "Verzeiht...", ihre Stimme erklang leise und zaghaft, als würde sie befürchten, dass ich sie mit Worten strafen würde. Ich fragte mich ernsthaft, was in ihr vorging, weshalb sie mir beinahe auflauerte, ohne es boshaft zu tun. Während ich nun begann mich anzuziehen, blickte ich ab und an zu ihr und sie sah betrübt auf den Boden. "Worum sorgt Ihr Euch, Éowyn?" Die junge Frau rieb sich fröstelnd die Arme. "Ich hab geträumt, dass eine große dunkle Wolke über die grünen Länder stieg und über die Berge weiterzog." Ehrfürchtig sah sie mich an und ich nickte erneut, schnürte mir das Schwert um die Hüften und trat zur Tür. "Begleitet mich und erzählt mir, was ihr im Schlaf gesehen habt...", meinte ich ruhig und Verblüffung zeigte sich in ihrer Mimik. Nun... Sorgen erblickte ich nicht gern in ihrem Gesicht... wo ich ihr doch einjede Freude gönnte. Langsam trat ich hinaus, das Tuch währenddessen durch's Haar streifend und umherblickend, während Éowyn mir folgte. "Ich..." Unsicher begann sie mit den Händen zu gestikulieren und wir schritten Stufen hinab. "Ich stand an irgendeinem Rand und es war entsetzlich dunkel in dem Abgrund unter meinen Füßen." Jedes Wort nahm ich bedächtig auf und beobachtete sie dabei sorgfältig. Ihre Gesichtszüge, ihre Haltung, ihr Gehen... es wirkte alles so unsicher neben mir... "Hinter mir schien Licht." Wir nahmen eine Gasse und folgten dann einem Abstieg, der in die unteren Räume führte. Nur wenige Fackeln erhellten den Weg vor uns und mit einem Male blieb sie stehen und ich tat es ihr kurzerhand gleich. "Éowyn...?" Starr war ihr Blick gen Boden gerichtet und als würde immer noch Kälte und Angst um sie herum lauern, rieb sie sich die Hände. "Doch ich konnte mich nicht umdrehen. Ich..." Ich stellte mich ihr gegenüber, von Sorge übermannt. Ich kannte es nur von mir, dass mich Träume jagten und bis in die Realität hinein quälten. Aber umso besser wusste ich dadurch, wie sich ihr Leiden anfühlen musste... Matt sah sie auf und ihre Augen glänzten, wirkten beinah nass von Tränen. "Ich konnte nur dort stehen bleiben und warten..." Ihre Stimme war nun brüchig und sie verzog die Brauen leidend, so dass ich nicht anders konnte, als die Hände zu heben und nach der ihren zu greifen. Sie waren kühl.. "Die Nacht verändert viele Gedanken, Éowyn." Wie tröstete man jemanden, dessen Schmerz man am eigenen Leib gespürt und selbst nie Trost gefunden hatte? Ich sah sie ernst an, wusste ich doch um ihre Sorge, dass ich sie vielleicht nicht Ernst nehmen würde und gab ihre Hände frei. Sie blinzelte, strich sich eine Strähne beiseite und versuchte ein Lächeln aufzusetzen. Schwach war es und voller Müdigkeit. "Dieser Traum... ist eine Illusion. Viele werden kämpfen, um sie nicht in Erfüllung gehen zu lassen." Fügte ich noch hinzu und nickte. "Viele werden kämpfen... um das Land und Euch davor zu bewahren." Ihr Lächeln stärkte sich und ihre Verlegenheit kehrte zurück, in der sie flüchtig den Blick abwandte und schwieg. "Kehrt zurück zu Eurem Schlaf. Schlaft... so lange Ihr könnt." Ich erwiderte dieses Lächeln knapp und reichte ihr das Tuch, welches sie in einer Verbeugung an sich nahm und sich dann abwandte. Lange noch sah ich ihr nach. Ob ihr Vertrauen in mich nahezu größer war, als das zu dem König? Einerseits war ich froh, dass sie mir eine solche Verlässlichkeit zusprach, doch andererseits nahm meine beiläufige Spekulation zu. Weshalb ich und kein Anderer? Nur kurz gab ich mich dieser Frage hin, ehe ich meinen Weg seufzend fortführte und an die tiefergelegten Räume vorbeizog. Hier musste es sein... ich hatte den Raum gesehen, in dem Bücher lagen, viele und vielleicht all das Wissenswerte verborgen war, dass ich benötigte. Es war kein langer Irrweg gewesen, als ich den Raum endlich betrat. Die Decke war hoch und ein Fenster ließ das Licht des Mondes auf die vielen Bücher scheinen, die in großen Regalen aufgestapelt waren. Zunder und ein Feuerstein lagen auf einem Tisch, der mit vielen Kerzen gedeckt war, von denen nur eine einzelne brannte. Ich hielt mich etwas damit auf, einige mehr anzuzünden, schien es so, als dass hier selten gelesen wurde, ehe ich damit begann, die alten Bücher zu durchforschen... zu suchen nach Feinden, die geschickt wurden, um mit ihren schwarzen Flaggen den Völkern Rohans den Tod zu bringen. Jene, die Minas Tirith, die Weiße Stadt zu Fall bringen wollten. "Korsaren..." Viele Bücher hatte ich in Stunden der Nacht durchblättert.. unbeirrt und unnachgiebig gestöbert. Alte Karten hatte ich gefunden... Ich schob den Tisch beiseite, stellte die Kerzen auf den Boden und breitete sowohl die Karte, als auch jene Bücher aus, die mir, wenn auch nur wenig Auskunft geben konnten. Die Bezeichnung der Korsaren wurde hauptsächlich für Piraten und Freibeuter benutzt, die freilich im Meere operierten. Die bekanntesten waren die Bararesken, welche von der langen Küste Anfalas stammten. Verjagt wurden sie von diesem Ort, lange noch inmitten des zweiten Zeitalters Mittelerdes. Lange verkrochen sie sich in dem weißen Gebirge, doch unerklärlich starben viele und viele verschwanden spurlos. Nähere Daten waren nicht vorhanden, weshalb dies geschah und wer all dies niedergeschrieben hatte... Es war kein Lockbuch, das einst von einem dieser Schiffe stammte. In einem anderen Buch stand geschrieben, dass man zu jener Zeit Gefangennahmen durchführen konnte und diese Menschen, die jedem Bauern und Krieger die Angst in die Knochen jagten, selbst vor Furcht bebten und von Toten sprachen... Tote, die sie zu Fall brachten... Ein unglaubwürdiger Bericht, so schien mir... Hirngespinste, Wahnvorstellungen von denen, die der Blutgier unterlegen waren und Alpträume zur Realität machten. Die Nacht zog an mir vorbei, als wäre sie nur von Sekunden geprägt, die rasch zur Morgenröte riefen. Und ich las weiter... erhoffend, Schwachstellen zu entdecken oder gar einem Gedankenblitz zu erhalten. Nicht weniger bekannt waren die Korsaren, die ihrerseits gegen die Barbaresken kämpften, authorisiert von Mordor selbst. Ursprünglich hatten sie einen Antrieb zu ihrem eigenen Selbsterhalt, da Hunger und Krankheit sie befiel, aber im Laufe der Zeit war die Gier nach Beute ihre Motivation, gondoranische Schiffe zu überfallen und auszurauben. Lange Kampferfahrung hafteten in ihren Händen, die schwarzen Segel zum Siege zu führen. Oft war es ihnen gelungen... Mir entrann ein Gähnen, von Müdigkeit getrübt, die ich über die Nacht hinweg erduldet hatte und nun, nachdem ich aufgeblickt und mich gestreckt hatte, erreichte mich ein warmes Licht, dass mich in seiner Helligkeit blendete. Für wahr, der Morgen war angebrochen und außer einiger wenige Informationen, war ich meiner Suche nicht näher gekommen. Ein weiterer Tag begann und meine Einsamkeit zur Suche nach Fakten war dahin... denn nun folgten wieder die Pflichten, die ich zu befolgen hatte und denen ich mich nachgab. Die Leuchtfeuer Minas Tirith würden bald brennen und wir durften hier im Schutze nicht verharren. Nahe Edoras würde das letzte Feuer zu sehen sein... Ich rappelte mich auf, stellte rasch alles an seinen ursprünglichen Platz und verließ den Raum. Immer noch herrschte Ruhe... doch es wurde Zeit. Bald würde Gandalf die Weiße Stadt erreichen. Geschwind kehrte ich zurück zu den offenen Gängen und begann einige Wachen zusammenzurufen. Das Volk sollte geweckt werden. Sie sollten sich sputen, ihr Hab und Gut zusammenzupacken, denn das war im Sinne des Königs. Sie taten, wie ich es ihnen sagte und auch ich setzte mich erneut in Bewegung. Vielleicht war die Feier am gestrigen Tage unangebracht und verfrüht gewesen... ich konnte mir vorstellen, dass Vielen nun die Kraft fehlte, den langen Marsch nach Edoras zurückzulegen. Ich sah mich um, nahm dann den einen bestimmten Weg zu jenem Schlafgemach. Einen Zwerg im trunkenem Zustand zu wecken, stellte ich mir als rege Herausforderung vor... ich öffnete die Tür, tat einen Schritt und grölend schallte mir die Stimme des Zwerges wider. "Aufstehen, ihr Krieger!" Längst schien Gimli schon auf den Beinen zu sein und eine unglaubliche Freude schien ihn zu befallen, als er die schläfrigen Männer aus den Betten jagen durfte. "Wer trinken kann, kann arbeiten! Auf, auf!!" Ich lächelte und stemmte die Hände in die Hüften, als ich ihm dabei zusah. Und er brüllte weiter und erfreute sich an seiner Standfestigkeit nach solch einem verlorenem Spiel. Nur kurz ging ich dann zu ihm, klopfte ihm auf die Schulter und ließ ihn dann weitermachen, um meiner Tätigkeit nachzugehen. Ein wackeres Volk waren sie doch, diese Zwerge. Nicht trinkfest, aber grob genug, um der Grausamkeit des Folgetages zu entgehen. Ja, dies entlockte mir ein Lächeln und der Ansporn blieb mir den Morgen über erhalten, als ich den Frauen und Männern bei dem Aufladen ihres Gepäckes half. Ich hielt selbst die Kinder zusammen, die sich durch die Menge jagen wollten, stellte ihnen gar kleine Rätsel, um sie bei Laune zu halten... und in mir selbst weckte es eine Freude, die ich in diesen Zeiten nicht ganz verstand. "Ist das Volk bereit?" Laut erklang die Stimme des Königs, munter schritt er durch die Menge, sein Pferd an den Zügeln. Viele Männer nickten und ich erwartete Befehle. "Herr Aragorn, Ihr reitet aus der Klamm und haltet mit den Kriegern Wache. Wartet, bis das Volk sich draußen versammelt und führt es dann an. Ich werde die Schlusslinie bilden." Es war kein Stolz... und doch war es genau das, was mich weiterhin mutig sein ließ. Man hatte Vertrauen... Ich nickte schnell, verließ rasch die Menge und rannte zu den Ställen, um Brégo zu holen. Auch er wirkte munter und gar begierig darauf, seinen Lauf über die Ebenen zu erfrischen, ohne das Kampf und Gesindel ihm im Wege stehen konnte. Gern tat ich ihm diesen Gefallen, schlug leicht gegen seinen Rumpf und sattelte ihn. An den Zügeln führte ich ihn hinaus aus dem Gestüt und bahnte mir behutsam einen Weg durch die Menschen, die bereitschaftlich zur Seite wichen. Ich erreichte die Krieger, stieg auf und überblickte die Menschen. Merry saß auf einem Pony, perfekt geradezu für seine Größe und ganz erwartungsvoll auf den Beginn der nächsten Reise wartend. Gimli fand ich weit hinten, erneut auf einem Ross sitzend und erneut durch die sichere Hand Éowyns geführt. Ihre Blässe hatte nicht abgenommen... doch sie lächelte und das reichte mir als Zeichen ihres Wohlbefindens. Ich ließ den Blick weiter schweifen... ja, ich vermisste jemanden unter der Menge und es wäre mir unbehaglich, ohne ihn zu reiten. Einige Zeit verharrte ich still, auch wenn man auf mich wartete und ich machte kehrt und ritt wenige Meter zurück, bis mir der Blick auf die Ställe gewährt wurde. Es war nur ein Gefühl gewesen, doch hatte es mich nicht getrübt... ich sah Legolas gemächlich die Straße passieren. Sein Blick blieb mir verschleiert und auch seine Bewegungen gaben bis auf diese ungewöhnliche Ruhe nichts auffälliges an. Wer wusste nun, was er dachte... und was in ihm vorging? Sein Auftreten würde für mich nun immer nur ein Auftreten voller Ungewissheit sein. Ich glaubte nicht, dass ich je wieder einschätzen könnte, was er dachte. Doch dieser Tatsache durfte ich derzeit nicht nachtrauern. Er würde folgen, das genügte mir. "Wir reiten!" Deutlich gab ich den Befehl, wendete Brégo und galoppierte an den Kriegern vorbei zum Tor. Ich ließ den Pass hinter mir und stoppte eine halbe Meile vor dem Tor. Wenn wir uns sputeten... würden wir Edoras in einem Tagesmarsch erreichen... Legolas: Wir hatten die Nacht des Kampfes hinter uns gelassen, hatten in der Finsternis um unser Überleben gefochten... erschöpft und vom schüttenden Regen durchnässt... Und der helle Tag, der nun darauf folgte, sollte heller sein, als jeder andere und ein Genuss für die Augen der Menschen, die aus diesem Glanz neuen Mut schöpften. Doch war er für mich ebenso dunkel wie die Nacht, die mich gekleidet hatte in leidvolles Sinnieren. Sie schwand und ich fand keine Freude daran. Ich weiß nicht, wie lange ich dort kauerte und mir Fragen stellte, die ich mir nicht beantworten konnte, wie lange ich der Zeit die Bedeutung entzog und für niemanden mehr da war. Es wirkte wie eine Ewigkeit und doch hatte alles seine Grenzen. Und ich trauerte über meine eigene Hilflosigkeit. Dennoch nahm ich wahr, wie mehr und mehr Menschen an meiner Tür vorbeieilten. Der Tag wurde nicht alt, bevor eine gewisse Eile zu herrschen begann und ich wollte mich ihr nicht anschließen. Ihren Grund betrachtete ich mir mit Desinteresse und hier in der Kammer fühlte ich mich in diesen Momenten wohl. "Wir kehren zurück nach Edoras!" Vernahm ich die Stimme eines Mannes, der an meiner Tür vorbeilief. "Unsere Pflichten sind hier erfüllt!" "Kommt schon, hurtig!" Rief ein anderer und leise Geräusche ertönten. Langsam blickte ich auf, betrachtete mir die rauen Strukturen des Gesteins und betastete abwesend meine Weste. Was brachte mir dieses hoffnungslose Unterfangen, Dinge verstehen zu wollen, die weit über die Grenzen meines Wissens hinausreichten? Was brachte mir das Sinnieren, außer der Erschöpfung? So sehr ich auch verstehen wollte... ihn... mich... ich konnte es nicht. Ich belog mich selbst, indem ich mich dazu zwang. Alles benötigte seine Zeit und ich musste sie mir geben. Ich rieb meinen Hals, nickte mir selbst zu und begann mich zu bewegen. Nur stockend und träge kam ich auf die Beine, fand noch nicht so recht mein Gleichgewicht und blieb kurz stehen. Nach Edoras also... dem musste ich mich wohl anschließen. Ich räusperte mich leise, hob die Arme, wurde mir meiner alten Beweglichkeit bewusst und drehte mich zur Tür. Lahm fuhr ich mir auch über das Haar, tastete nach den Waffengurten und zurrte sie fester. Wenigstens äußerlich wollte ich den Anschein erwecken, für das Treiben und gleichermaßen für die Weiterreise bereit zu sein. Meine Schritte, in denen ich mich der Tür näherte, zeigten jedoch anderes als das und weniger entschlossen drückte ich auch die Klinke hinab und verließ die Kammer. Nur kurz sah ich den Menschen nach, die an mir vorbeieilten. Mit ihrem gröbsten Hab und Gut strömten sie dieselbe Richtung. Es waren nicht viele... die Reise würde bald beginnen. Und dennoch hielt ich mich länger mit dem Zögern auf, bog nach einem langen Warten zur Seite. In langsamen und zu gemächligen Schritten fand ich den Weg zurück in die Halle, in der das tobende Fest stattgefunden hatte. Sie sah verwüstet aus und ich stieg über am Boden liegende Humpen, schlängelte mich durch verschobene Tische und verließ sie alsbald. Ich trat in den Gang hinaus, verschaffte mir kurz Orientierung und ging weiter, als eine bekannte Stimme ertönte und mich inne halten ließ. Hätte ich mich in anderen Umständen befunden, hätte ich mich wohl nicht viel mehr über ihr Erscheinen gefreut. Schweigend blieb ich stehen und wartete, bis sie mich erreichte. Es war keine geringere als die blonde Maid, die um mich trat, mich mit einem Lächeln grüßte und mich einer flüchtigen und besorgten Musterung unterzog. Still wich ich ihren Blicken aus und hoffte, dass auch sie an der Eile teilnahm und nicht viel Zeit besaß, sich mit mir zu beschäftigen. "Wie geht es Eurer Verletzung, Herr?" Erkundigte sie sich sanft und studierte meine Haltung. Aus den Augenwinkeln erkannte ich dies und aus den Augenwinkeln sah ich sie auch an. "Habt Ihr die Nacht gut überstanden? Habt Ihr zu Kräften gefunden? Wir kehren nach Edoras zurück." Sie schien keinen besonderen Wert auf meine Antworten zu legen, die Eile war ihr also zuteil geworden und ich antwortete mit einem stummen Nicken, um nicht zuviel Unhöflichkeit zu zeigen. "Ihr solltet Euch beeilen, die Reise beginnt in wenigen Augenblicken." Ich nickte erneut und ihr Lächeln vertiefte sich, bevor sie das Haupt senkte und gewchwind ihrer Wege ging. Und ich tat es ihr gleich, ohne ihr nachzuschauen. Menschen... mit jedem Augenblick schienen sie mir mysteriöser zu werden, doch hielt ich mich von jenem Sinnieren fern, tat ihr Verhalten mit Nichtbeachtung ab und erreichte bald den verwüsteten Innenhof. Eng drängten sich dort die Menschen Edoras' zwischen Lastkarren und Tieren. Die Luft war erfüllt von vielen Stimmen, die mit Aufregung durcheinandersprachen. Von hie und da ertönten die Befehle der Reiter. Auch sie riefen durcheinander, versuchten die Menschen etwas zu ordnen und zur Ruhe zu bringen. Es stimmte, sie waren bereits gewappnet und bereit. Länger hätte ich nicht warten dürfen. Obgleich der Lärm unüberhörbar in meinen Ohren dröhnte, versuchte ich ihm keine Beachtung zu schenken, senkte den Blick zu Boden und stieg die wenigen Stufen hinab. Ich nahm einen weiten Umweg, scheute mich davor, mich durch die Menschen zu drängen, ging lieber außerhalb meiner Wege und sah die Ställe als Ziel. Ich behielt die Ruhe bei, hastete nicht und suchte in der Menge nicht nach bekannten Gesichtern. Sicher hätte ich sie gefunden, doch wollte ich, dass man mir mit derselben Nichtbeachtung begegnete, die ich zeigte. Nach einem kurzen Marsch erreichte ich die Ställe. In diesen Momenten waren sie bereits leer und unbegangen. Nur einen Stallburschen sah ich durch eine schmale Tür verschwinden und nur ein einziges Pferd schnaubte in der hintersten Ecke. Mit Wohlwollen erkannte ich den weißen Hengst, der die Mähne schüttelte, der Eile nicht entgehen konnte und aufgeregt auf der Stelle trat. Ich hingegen, nahm mir die Zeit, den etwas kahlen Stall zu mustern, mich umzusehen und mich ihm nur langsam zu nähern. Und während ich den Stall öffnete, ertönten die Befehle des Aufbruches. Sie ertönten mehrfach und laut und hunderte von Schritten erhoben sich und zogen an den Ställen vorbei. Ich beachtete mein Zurückhängen nicht, trat zu dem Hengst und streckte die Hand nach ihm aus, ihn vorsichtig an der Plesse zu berühren, zu streicheln und näherzutreten. "Mae." Flüsterte ich leise, als er schnaufte und zurücktrat. "Mae." Ich tastete mich an seinem Hals entlang, schob beide Hände über das weiße Fell und kraulte seine Mähne. Seine Anwesenheit war mir die liebste. Angenehm und beruhigend war sie und keines einzigen Wortes bedurfte das Verständnis, welches zwischen uns herrschte. So anders war dies doch mit anderen Begleitern... Die lauten Befehle erhoben sich weiterhin, die Menschen schnauften, rau quietschten die Räder der Karren und ich lehnte mich matt gegen den Rumpf des Hengstes, sehnte mich nach Ruhe und fand sie in wenigen Augenblick, als ich die Bewegung des Leibes unter mir spürte, den Atem vernahm, gleichsam das starke Schlagen des stolzen Herzes. Ich schloss die Augen, bettete die Wange auf dem Rücken des Pferdes und begann mit dessen Mähne zu spielen. Abwesend zupfte ich an ihr, fuhr ihre Länge nach und vergrub die Finger in ihr. Tief holte auch ich Luft, bevor ich dann aufblickte, kurz den Blick schweifen ließ und mich unter einem bedauernden Seufzen von dem Rumpf löste. Schwerfällig klopfte ich den Hals des Hengstes, griff nach dem Halfter und trat vor ihn. Besonnen streifte ich ihm das Genickstück über die Ohren, streichelte flüchtig seine Plesse. Ich rückte den Halfter zurecht und begann die Riehmen zu lockern, die wie immer zu fest saßen. Vorsichtig biss er auf die Trense, bewegte das Maul und schnaufte. Langsam hob ich die Zügel über seinen Kopf und blickte dabei kurz zur Tür. Ich sah bereits die letzten, die an ihr vorbeizogen, das Ende der Schar, der ich lieber fernbleiben wollte. "Trasta cen." Hauchte ich, als der Hengst erneut unruhig wurde. "Trasta cen... mae... lhind." Ich strich seinen Rumpf hinab, als ich zu dem Sattel ging, mich vorsichtig über ihn neigte und den Arm unter die Rückenbeuge schob. So setzte ich ihn sorgsam auf seinen Leib, gab mich noch immer der Ungestörtheit hin und begann mit aller Ruhe, zu der ich mich zwang, den Sattel zurechtzurücken. Gemächlich hob ich dann das Sattelblatt, zog die festen Gurte heraus und begann den Sattel umzuschnallen. Ich brauchte eine lange Zeit, bis auch er für den Abmarsch bereit war und vor den Ställen nahmen die Geräusche der ziehenden Schar ab. Ich rieb die Hände, schob die hölzerne Tür mit dem Rücken auf und ließ den Hengst an mir vorbeitrotten. In langsamen Schritten folgte ich ihm, holte ihn behutsam ein und öffnete etwas träge die Tür. Nur wenige waren nun noch unterwegs. Die Bewohner Edoras hatten Helms Klamm also verlassen und die wenigen waren zurückgeblieben, die diese Feste hüteten oder an andere Orte zurückkehren würden, an denen sie sich sicher fühlten. Ich blieb an der Tür lehnen, neben mir kam der Hengst zum Stehen und er stubste mich mit dem Kopf an, als wolle er mich auf die Eile aufmerksam machen, die der einzige Weg wäre, die Schar einzuholen. Kurz und nachlässig musterte ich einige der Menschen, atmete tief durch und löste mich vom stabilen Holz. "Cil enni." Bat ich ihn und er folgte mir geruhsam. Wir beiden mochten einen merkwürdigen Anblick bieten, wie wir langsam zum Tor gingen, uns gaben, als hetze uns nichts, als wäre nichts von Bedeutung, das uns in unserer Ruhe stören könnte. Ich, der sich den Boden betrachtete, beide Hände in den Waffengurt gehakt. Und er, der neben mir trottete, ohne dass ich ihn führte. So passierten wir bald das Tor und traten hinaus auf die weite Ebene, auf der uns die Schar um ein weites Stück voraus war. Eine, wenn nicht gar zwei Meilen trennten uns. Sie beeilten sich... und ich blieb stehen, bevor ich ihnen nachsah, sie beobachtete und mir meines Entschlusses sicher wurde, nicht mit ihnen reiten zu wollen. Es gab auch andere Wege nach Edoras. Ich richtete mein Augenmerk zur Seite, betrachtete mir die losen Felsen, die die Klamm zu einer Seite umgaben. Und ich blickte zur Schar, die den Weg über die flache Ebene nahm. Eine lange Zeit war ich von vielen Menschen umgeben... hatte mich gar freiwillig unter sie gemischt, hatte mit ihnen gekämpft und hatte als Verbündeter ihre Anwesenheit genossen. Zu manchen Zeiten. Nur wenig blieb da für mich, zu wenig Abgeschiedenheit, zu wenig Ruhe, in der man sich auf andere Dinge konzentrieren konnte, als auf das Treiben der Umwelt. Es verlangte mir danach, mich dieser Fremde herzugeben, mich erneut von ihnen zu trennen und wenn auch nur für kurze Zeit, den Frieden der Einsamkeit zu finden. Zu viel gab es, worüber ich sinnieren musste. Ich bestätigte meinen Entschluss mit einem leichten Nicken, wandte mich zur Seite und tastete nach dem Zaumzeug des Hengstes. Gemächlich trat ich neben ihn, stieg in den Steigbügel und schwang mich in den Sattel. Träge lenkte ich ihn herum und ließ ihn trotten. So schlug ich einen anderen Weg ein, ritt durch das Gestein und den Fels, blickte nur selten auf und konnte die anderen bald nicht mehr sehen. Wir würden uns in Edoras wiedersehen. Und wenn dies geschah, dann unter anderen Umständen... so hoffte ich. Der Pfad, der zu steinig und zu eng war, um ihn mit einer Schar zu beschreiten, war alles andere für mich. Für einen einzigen Reiter war er angenehm zu passieren und ich schwieg, ließ alsbald die Zügel los und blickte gedankenlos in die Ferne. Was, dachte ich mir, würde noch geschehen? Wie würde wir die Reise fortgesetzen, war doch jetzt schon so viel geschehen, das wir nicht eingeplant hatten. Ich verlor mich im Sinnieren, achtete nicht auf den Weg und übergab dem Hengst die Entscheidungen. Immer geradeaus, durch karges Gestein und bald hinaus auf eine weite Flur, die zerfurcht war von Tälern und Hügeln, mir den weiten Blick verwehrte, ebenso, die anderen zu erspähen, die dasselbe Gebiet durchqueren würden. Sicher waren sie mir weit vorraus, denn sie wurden stets getrieben von Anspannung und Eile, während ich mich sorglos gab im Land, in dem die schwarzen Kreaturen Mordors oft gesehen wurden. Ich, der sich nicht wehren könnte gegen eine Überzahl... ich besaß die Ruhe, die denen, die von Reitern beschützt wurden, fern war. Genügsam trottete sich der Hengst aus, blieb stehen und senkte den Kopf, um am Gras zu zupfen, welches sich unter uns erstreckte. Ich selbst genoss den Wind, der sich auf dieser Ebene unaufhaltsam erhob und mir einen kurzen Moment des Glückes nahe brachte. Ich schloss die Augen, atmete in den frischen Brisen und hob auch die Arme, während der Hengst weiterschlenderte, erneut inne hielt und fraß. All meine Sinne lenkten sich auf den Genuss dieser friedlichen Stille und ich war ihnen dankbar für diese Freiwilligkeit, war es doch so schwer, sie zu zwingen, sich von einer Tatsache fernzuhalten, sie so schwer auf mir lastete. Doch nicht jetzt... nein. Hier gab es nur den Wind und die Freiheit, die mir das Herz erleichterte, beinahe für einen Moment vergessen ließ, was sich zwischen Aragorn und mich gedrängt hatte. Die mich sein wehleidiges Gesicht vergessen ließ... Die Worte, mit denen er sich selbst quälte... Und seine selbstlosen Taten mir zuliebe. Von alldem befreite ich mich auf der schier endlosen Steppe und erst nach geraumer Zeit drängte ich den Hengst zum Gehen und gewöhnte ihn an ein schnelleres Tempo. Den ganzen Tag durchritten wir die Ebene, sahen ihr keine Unterschiede an und mussten uns so durch nichts ablenken lassen. Über uns nahm die Sonne ihren Lauf, stieg hoch am Mittag und senkte sich gen Horizont, als der Tag älter wurde. Bald durchritten wir die Abenddämmerung und nicht all zu weit entfernt, erblickte ich hohes Gestein, das sich auf der Steppe erhob und ihr deutliche Formen gab. Diese setzte ich mir zum Ziel und als der Horizont der Sonne allmählich die runde Form nahm, erreichte ich es. Wir ritten durch, bis sich die Dunkelheit über Rohan legte und im Schutze hoher Gesteinsbrocken stieg ich vom Rücken des Hengstes und nahm mir Zeit, zu neuen Kräften zu finden. Zuerst jedoch, hob ich den Sattel vom Rücken des Hengstes, löste auch das Zaumzeug von seinem Kopf und ließ ihn seiner Wege gehen, auf denen ich ihn nicht kontrollierte. Schnaufend trottete er davon, fand vereinzelte Grashalme und blieb an einer Mauer stehen, während ich auf einen der Gesteinbrocken stieg, mich umblickte und mir die weite Nacht betrachtete, die die anderen sicher ebenso zur Rast nutzen würden. Doch wollte ich auch meine Beine schonen und so setzte ich mich bald bequem auf den Fels, streckte die Beine von mir und legte mich nieder. Weit erstreckte sich der Himmel über mich und ich machte mich auf die Suche nach den Sternen, während ich in meine Ruhe hinabdriftete und neue Kräfte schöpfte. Aragorn: Ich wartete und wandte mich um, als ich meinen Standpunkt gefunden hatte und dem Volk nun die Wegleitung symbolisierte. Und viel mehr als nur symbolisch war die Verantwortung, die ich mit allerlei Dank trug. Die Krieger folgten rasch, doch kontrolliert an den Seiten des Volkes und auch diese Menschen eilten. Ja, es war nicht sicher auf der freien Ebene, doch konnte ich keinerlei Gefahr erkennen, roch sie nicht im Wind... spürte sie nicht im Boden. Sehr hilfreich wären mir hier Elbenaugen gewesen, doch konnte ich dem Einen nicht zumuten, mir eine Hilfe zu sein und gleichsam die Spitze zu verlassen, um ihn zu suchen. Ich musste mir selbst ein Ratgeber sein. Eine Rolle, die mir in den wenigsten Momenten zugeschrieben war, aber ich behielt die Welt vor mir offen und hoffte, dass dies zu guten Entscheidungen beitragen würde. Wenn der König an dem Ende dieses Marsches reiste, dann würde wohl auch mir die Entscheidung überlassen, wann eine Rast passend sein würde. Viele Augenblicke vergingen, ehe das Volk zu mir gefunden hatte und Karren und Kind sicher an den Seiten der Frauen und Männer waren. Brégo schritt den Hügel hinauf und gab mir so einen besseren Überblick. Ja, es folgte keiner mehr aus den Toren und ich konnte mir gewiss sein, niemanden zurückzulassen. König Théoden würde gewiss niemanden übersehen. Niemandem aus seinem Volke, so schien es... Ich nickte den Kriegern wortlos zu und wendete mich ab, ließ Brégo an der Spitze traben. Der Tag war noch jung und die Natur selbst war noch rege am Erwachen. Wir mussten uns sputen, doch sollten nicht hasten, so dass unsere Kräfte zu schnell versiegten. Während der gesamten Reise schwieg ich und verbarg meine leise Sorge, die mir in diesen stillen Momenten auflauerte, wie eine Schlange, die sich durch allerlei Laub zum Angriff bereit machte. Ich wusste nicht, wo er nun abgeblieben war. Er war zu den Ställen gegangen und ich war sicher gewesen, dass er sich angeschlossen hatte, dem Volke und dem König zu folgen... Aber ich hatte ihn nicht gesehen, keinen Moment lang war er mir unter die Augen gekommen... weder bei Gimli, noch bei Merry. Er war nicht unter ihnen. Ich seufzte leise und sah auf zum Himmel, der in seiner Schönheit aufheiternd und kraftspendend war, für mich allerdings mit Ironie prangte und mir das Herz schwer werden ließ. Vielleicht hätte ich mich wohler und sicherer gefühlt, wenn uns der Feind begegnet wäre. Auch dies war Ironie, schon fast zurückgedrängt durch puren Sarkasmus. Das Sinnieren sollte mir fernbleiben... ebenso die Sorge um ihn... Ja, er war stark genug, über sich selbst zu wachen... er war nicht schwach. Leise seufzend sah ich wieder umher, doch die Ruhe gab nicht nach... und nichts schien sich weitgehend zu verändern. Der Tag wurde älter und im Stillen weinte ich der Schönheit der roten Sonne nach, als sie niedersank und hinter dem Horizont zu verschwinden drohte. Rasch hatten wir die Tiefebene zwischen der Klamm und Edoras hinter uns gelassen. Den Ort, den wir auf der Hinreise als Rastlager genutzt hatten und erneut wandte ich mich um und versuchte in den Augen der Menschen zu lesen. Gut erkannte ich ihre beginnende Schwäche... doch Müdigkeit ließen sie sich nicht anmerken. Und so ließ ich sie weiterwandern, gab, als es allmählich düsterte, kein Zeichen zur Rast, sondern ließ sie noch einige Meilen hinter sich bringen. Was erwarteten sie, dass sie mir so schweigsam folgten? War das Erscheinen der Leuchtfeuer für sie ein Zeichen des kommenden Ende dieses Krieges, dessen Ausgang ungewiss war? Konnte man annehmen, dass sie nach der gewonnenen Schlacht um Helms Klamm an Zuversicht gewonnen hatten...? Ich hoffte es. Als die Dunkelheit uns völlig umgab und selbst meine Augen nur noch das nötigste erblickten, rief ich zur Rast. Die Krieger an meinen Seiten gaben diesen Ruf weiter und die Menschen kamen mit einem erleichternden Seufzen und Raunen zum Stehen. Der Mond hatte noch keine gute Höhe erreicht, erhellte den Pfad, den wir beschritten noch nicht annähernd so anschaulich, als dass man sich Gedanken darüber machen konnte, die Nacht durchzuhalten. Sie waren immer noch bei Kräften und bereit, diejenigen, denen die Kraft fehlte, zu unterstützen. Ja, ich glaubte, sie wollten zurück in ihre Häuser und zu ihrer Hornburg. Edoras lag nur noch wenige Meilen entfernt. Ich stieg ab, besah mir Brégo, der ebenso wacker durchhalten und weiterhin munter sein würde. Seine Freude am hohen Grase, welches wir betreten hatten, verbot mir, ihn langen Begutachtungen zu unterziehen und ich ließ ihn wieder gehen, seinen eigenen Zeitvertreib zu verfolgen. Wenige Felsen umgaben uns, aber ich erdachte uns hier in guter Deckung und ich setzte mich auf den Boden. Würde sich uns etwas boshaftes nähern, würde ich es spüren. "Herr Aragorn..." Ruhig und hell näherte sich mir die junge Frau, die ihre alte Sorge vergessen glaubte, doch von einer neuen befallen wurde. Ich sah zu ihr auf und winkelte die Beine an, um die Arme auf die Knie zu betten. Sie kniete sich zu mir ins Gras und ich beobachtete sie, gespannt, mit welchen Sorgen sie mir entgegentrat und insgeheim wünschend, dass mich diese von meinen eigenen, Versteckten ablenkten. "Euer Gefährte... der Elb Legolas." Sofort ließ ich den Blick abschweifen, wagte es nicht, ihr weiter ins Gesicht zu sehen und begann herumzuhantieren und nach meiner Pfeife zu suchen. Eine Sorge, die nun nicht mehr nur mich befiehl. Was für ein grandioses Netz aus unvorteilhaften Geschehnissen wurde in letzter Zeit in meiner Nähe gesponnen? Sie lehnte sich zu mir vor, als wolle sie nicht, dass Gimli es hörte, der munter durch die Reihen schritt und sich an dem festen Boden unter den Füßen erfreute. "... er ist nicht hier.", beendete sie flüsternd und sowohl Anspannung als auch Ungewissheit zeigte sich in ihrer Mimik, in der sie sich ungemein um Legolas sorgte. "Ich weiß." Erwiderte ich ruhig, verzog kurz die Augenbrauen und sah dann auf. "Kümmert Euch nicht darum. Er kann auf sich selbst aufpassen." Das musste genügen... es musste ihr reichen, um das Thema zu beenden. Doch es reichte ihr nicht. "Sorgt Ihr Euch nicht, Herr?" Ich schüttelte sofort den Kopf und das gewiss mit einer Unglaubwürdigkeit, die nur schwer zu schlagen war. "Was ist, wenn ihm etwas zugestoßen ist?" Nun... sie wusste, wie man Angst und Besorgnis weiter anschürte und ich tat Gutes daran, mich auf meine Pfeife zu konzentrieren, sie zu stopfen und zu schweigen. "Er wirkte abweisend, als ich zuletzt mit ihm sprach." Sie fuhr fort und ich nickte nur stumm und griff nach Zunder und Feuerstein. "Sehr höflich, doch sah man ihm die Last an. Was nur, wenn etwas geschehen ist?" "Éowyn." Verzweifelt versuchte ich Funken zu erhalten und mich an der höflichen Abweisung zu halten, der sich Legolas wohl auch bedient hatte und ließ letzen Endes die Pfeife sinken, um sie ernst anzublicken und ihre Sorgen endlich zu zerstreuen. "Er gehört zum Elbenvolk. Leichtsinnigkeit und Tollkühnheit schreibt man ihnen nicht zu. Er wird schon wissen, weshalb er nicht mit uns reitet." Lange noch haftete ihr Blick auf meinem Gesicht, schweigsam und beinah kontrollierend, doch schließlich nickte sie und erhob sich, um sich um die Menschen um uns herum zu sorgen. Ja, Legolas... er war nicht hier und einerseits war ich dankbar dafür, doch andererseits nicht. Die blonde Maid hatte nicht unrecht mit ihrer Sorge und mir selbst behagte diese Ungewissheit am allerwenigsten. Doch ich war nicht sein Herr. Ich gebot nicht über sein Handeln, Denken... Fühlen. Wie gern und wie oft hätte ich dies getan und wie verzweifelt war ich dadurch gewesen. Nicht über die Falschen herrschen, hm? Ohne mein Zutun zog sich einen Mundwinkel hoch und ich ließ den Kopf sinken. Wo auch immer er jetzt war und was er tat... es waren nur wenige Stunden, in denen ich keine Ahnung hatte, was bei ihm geschah und allein das reichte, um mich wieder wehmütig zu machen... Wie ging es weiter? Würden wir gemeinsam in den selben Krieg ziehen und dann gemeinsam siegen? Gemeinsam sterben? Was würde geschehen, wenn das Schicksal es so wollte und wir den Dunklen Herrscher niederrangen? Würde er verschwinden und in der Dämmernis Düsterwaldes verschwinden, in der ich ihm nicht folgen konnte, selbst, wenn ich den Mut dafür besitzen würde...? "Wir können weiter." Perplex sah ich auf und der König hielt vor mir, saß bereits wieder auf seinem Ross und schaute zum Himmel auf. "Der Mond leuchtet uns den Weg, als wäre er die Sonne in der Nacht und das Volk ist wach und entschlossen." Sein Blick richtete sich auf mich und ich kam langsam auf die Beine. "Sie wollen nach Hause." Ich nickte, kam wieder in Bewegung und schaltete die Gedankengänge ab. Alles was Legolas tat, war ihm überlassen. Ich würde es akzeptieren und hinnehmen. Hoffnung für ein neues Einverständnis...? Daran glaubte ich nicht. Ich pfiff laut und Brégo fand nach wenigen Momenten sofort zurück zu mir, wiehernd und freudig. Geschwind saß ich auf, blickte mich um und sah in ihren Augen jene Vorfreude, von der der König sprach. "Nach Edoras! Wir ziehen weiter!" Ich rief es ihnen allen zu und sah in einigen Gesichter ein Lächeln. Langsam richtete ich den Blick nach vorn und ritt weiter, schloss für einen kurzen Augenblick die Augen und öffnete sie wieder. Ich musste durchkommen. Ich musste diese Verzweiflung endlich hinter mir lassen und ebenso nach vorn blicken, wie ich es in diesen Zeiten auf die weite Flur tat. Das Durchhaltevermögen des Volkes überraschte mich sehr und ihre Freude, als sie nach etlichen Stundenmärschen ihre Hornburg erkannten, war, wie als sie die sichere Klamm gesehen hatten. Ich blieb an den Tormauern zum Stehen, während die Krieger an meinen Seiten das Tor öffneten und das Volk heimkehren ließen. Der Morgen graute... und ich ritt zuletzt mit dem König durch das Tor. "Ihr habt uns gut geführt, Herr Aragorn. Habt Dank." Der König lächelte auf diese gütige Art und ritt hinauf, nachdem ich mich verbeugt hatte und bei dem Hof geblieben war. Die Menschen würden erst einmal zur Ruhe kommen wollen. Sie hatten Kraftreserven genutzt, die sie nun in ihren weichen Laken wieder füllen konnten. Ich sah ihnen zu, wie sie in ihren Häusern verschwanden... "Lass uns auch zu Bett gehen!" Brummte Gimli, der gähnend zu mir trat und sein Pferd einem Stallburschen überlassen hatte. "Ich werde Wache halten." Erwiderte ich und sah mich um. Verdrießlich und wohl vergeblich, voller Unnutzen wollte ich Ausschau halten nach dem Einen... denn die Feuer, die wir erwarteten, würden uns sobald nicht erreichen. "Ja, es wird Zeit zu schlafen." Meldete sich auch Merry zu Wort, der mit stolz erhobenen Haupt an uns vorbeiritt und sein Pony zum Stall zu führen gedachte. "Das Nachtmahl scheint selbst hier noch keine Bedeutung zu haben." Flüsterte er uns noch heimtuerisch zu, ehe er davontrottete. Ich grinste, stieg von Brégo und führte ihn an den Zügeln. "Ich werde Wache halten. Geht schlafen." Wiederholte ich mich und machte mich auf den Weg zu dem Gestüt, doch erneut hielt mich der Zwerg davon ab. "Ja, das sagtest du oft, Aragorn. Und am nächsten Tag sah man dich wie einen ruhelosen Geist umherwandern! Neiiiin." Ruppig verschränkte er die Arme vor dem Bauch und ich sah ihn leicht irritiert an. "Man wird sich vor dir und deiner Blässe erschrecken und Angst und Bange sein! Überlass die Wache denen, die mehr Schlaf hatten, als du." Ein Widerspruch würde nichts nutzen, schätzte ich und ich gab mich nach langem Zögern geschlagen und nickte. Interessant war die Überzeugungsart des Zwergen immer wieder. Träge führte ich Brégo in den Stall und sorgte noch für seine Verpflegung, ehe selbst er mich mit seinen Kopf davonstieß und zur Nachtruhe zu schicken schien. Und ich ergab mich schließlich dieser Ruhe und brachte den Beginn des Tages in einem traumlosen Schlaf hinter mich. Als ich erwachte, wohlwollender und gestärkt, stand die Sonne bereits am hohen Himmel. Etwas verblüfft darüber, dass man mich nicht geweckt hatte, trat ich aus den Schlafgemächern, in denen ich zur Ruhe gefunden hatte und annähernd leer waren. Und draußen herrschte wieder das rege Treiben, das man kannte. Der Vormittag selbst war schon vorübergezogen... und es gab keinerlei Befehle an mich. Der König wünschte sich Ruhe, Bedenken und ich wusste welche er zu hegen hatte und zog mich zurück. Das Volk selbst war tätig und fleißig, so dass man glauben konnte, auch da wären meine Hände überflüssig. Gimli und Merry beschäftigten sich auf anderen Wegen, ich wusste nicht, wie, und verfolgte ihre Tätigkeit auch nicht... nur einmal hatte der Zwerg meinen Weg flüchtig gekreuzt und dabei stolz vor sich hingegrinst. Ob dies nun in rechtes oder ungerechtes Licht gerückt werden durfte... jedenfalls verbrachte ich in dieser Geschäftigkeit einen Tag voller Unbeweglichkeit und Gelöstheit. Ich aß, ich beschäftigte die Kinder und verbrauchte meine Kraft in Fangespielen und ähnlichem und fühlte mich selbst wie einer von ihnen... und ich vertrieb düstere Gedanken durch die Art und Weise, in der ich mit ihnen lachte... Als die Sonne ihren Lauf langsam gezogen hatte und zu ihrer alltäglichen Rötung zurückfand, hockte ich mit Pfeife auf einer Treppe eines Hauses, welches mir einen guten Blick auf das Weiße Gebirge gewährte, auf welchem jenes Licht sein sollte, das ich so sehnlichst erwartete. Legolas: Das, was die Menschen Träume nannten, nannte ich Visionen. In jener Nacht umfingen sie mich, machten das Verdrängte umso deutlicher und brachten mich zu dem Glauben, fortwährend den Gedanken an ihn zu erliegen. In bewusstem Zustand wusste ich mich selbst zu kontrollieren, doch in die Meditation vertieft, musste ich jene Kontrolle in die Hände meines Unterbewußtseins legen. Und dieses spielte mir in letzter Zeit, wie bekannt, des öfteren Streiche. Wehrlos erlag ich den Erinnerungen an ihn, sah Bilder und vernahm seine Stimme, Worte, die er nie ausgesprochen hatte und doch mit seiner Stimme genannt wurden. Seine Stimme, die so gar nicht zu ihnen passte, sich jedoch mit Sänfte an ihnen bediente. Und gleichermaßen mit einer Stärke, die man nur von ihm kannte, wenn er Befehle gab im tosenden Lärm des Krieges. Meine Irritation war mir selbst unangenehm und ich riss mich los von dem Zustand, in dem ich zu angreifbar war. Matt richtete ich mich auf und blinzelte in der tiefen Dunkelheit der Nacht, die mich allseits umgab. Bisweilen.. war ich mit mir selbst im Unklaren und betrachtete diese unbekannte Tatsache mit Unsicherheit. Wie deutlich waren seine Worte doch gewesen, wie offensichtlich hatte er mit ihnen ausgedrückt, was er fühlte. Und als gäbe es keinen Grund für mein quälendes Sinnieren, kämpfte ich gegen mich selbst und suchte mein wahres Wesen im dichten Nebel der Mysterien, mit welchem ich stetig in Berührung kam. Ich labte mich an der nächtlichen Frische, die nur meinem Leib eine Hilfe war, nicht meinem Inneren, welches wohl den größten Teil der Hilfe benötigte. Ich schluckte, tastete im ersten Moment nach den Waffen, die neben mir lagen und suchte im nächsten nach meinem Pferd, welches ich nahe der Felsen beim Grasen erspähte. Wie lange hatte ich der Realität entsagt? Wie lange war ich ihr fern geblieben? Kurz stellte ich mir diese Fragen und ebenso rasch verdrängte ich sie, wie ich es in letzter Zeit so oft und gern tat. Für mich verlor die Zeit in dieser Nacht an Bedeutung... Meine Einsamkeit sollte lang und erholsam sein, obgleich ich nicht behaupten konnte, dass mir Erholung bisher zuteil geworden war. Erinnerungen an düstre Stunden voller Ungewissheit brachten mir nichts dergleichen, doch verlangte es mir auch nicht danach, weiterhin nach ihr zu suchen. Lieber wollte ich meinen Weg fortsetzen. Zu Abgeschiedenheit käme ich noch. So griff ich nach den Waffen, schnallte sie um meinen Leib und erhob mich, um durch Bewegung Ablenkung zu finden. Langsam stieg ich von jenem Felsen, setzte den Fuß in das dunkle Gras und stieß ein beinahe lautloses Seufzen aus, als auch ich einen gemächligen Spaziergang begann. Sicher fand er Verständnis für mein jetziges Verhalten, nach meinem Sehnen nach Ruhe. Es war dem seinem recht ähnlich und hatte ich das an ihm verurteilt, fand ich mich nun in derselben Lage, sah meinen Aufenthalt in ihr jedoch als begründet an. Begründet... genau wie es seine Handlungen gewesen waren und ich hatte in meiner Unwissenheit falsch darauf reagiert. Ich wusste nicht, ob es gar Reue war, die ich spürte. Schwer war mein Herz allemal und diese feste Tatsache ließ es unnütz erscheinen, nach den näheren Gründen zu suchen. In Gedanken vertieft, tastete ich mich an dem rauen Gestein entlang und trat hinaus auf die weite Flur, auf der der Hengst genügsam seiner Wege ging. Ich blinzelte im Wind, ließ die Hand vom Gestein gleiten und schritt durch das Gras. Doch... es war Reue, die ich fühlte. Ungerecht war es, ihm die normalen Schwächen als Fehler aufzulasten. Und ich musste mich nicht verbergen, war nicht weniger in all das verwickelt, als er. Ruhigen Schrittes erreichte ich den Hengst, setzte die Hand träumerisch auf seinen Hals und durchkämmte mit der anderen seine Mähne. Weit schweifte mein Blick über seinen Schopf hinweg, driftete über die große Ebene und so lehnte ich mich gegen den Hengst, fand an seinem Leib den Halt, den ich suchte und bettete die Wange auf seinem Fell. Lange stand ich dort bei ihm, sinnierend und doch hilflos, bis ich mich von ihm löste, über seine Plesse strich und zu unserem Lager zurückkehrte. Und er folgte mir bereitwillig. Im Gegensatz zu mir, schien er zu neuen Kräften gefunden zu haben. Nun jedoch, hatten wir lange genug hier verweilt und ich glaubte, die Finsternis der Nacht bereits flüchten zu sehen, als ich den Sattel anhob und ihn auf den Rücken des Hengstes setzte. Es erfüllte mich nicht mit Unruhe, beinahe die gesamte Nacht untätig gewesen zu sein. Auch wir würden Edoras erreichen und Stunden spielten keine Rolle. In diesen Zeiten war man auf einen Einzigen nicht angewiesen, doch zur Seite stehen würde ich den Menschen sofort, bei den ersten Anzeichen eines Krieges. So dunkel und bedrohlich diese Zeiten auch waren... sich auf die eigene Individualität zu konzentrieren, war das Recht eines Jeden und ich nahm es mir heraus. Bequem zügelte ich den Hengst, entschied mich jedoch dazu, einen Teil des Weges zu Fuß zu bestreiten. So ging ich gemächlich und das Pferd fand seinen Gefallen an dieser Art der Reise. Sehr lange führten wir den Weg so fort, bevor wir die Steppe erreichten, die uns zuletzt noch von Edoras trennte. Bequem saß ich auf dem Rücken des Hengstes, als dieser stolz und erhobenen Hauptes auf einem Hügel stehen blieb und sich mit mir die Gegend betrachtete. Rasch war der Tag an uns vorbeigezogen und klammheimlich war die Sonne bereits unter den Zenit gesunken, war auch dem Horizont nicht mehr fern und es erschien mir, als bestünde dieser Tag lediglich aus wenigen Stunden. Doch ich musste mich nicht wundern... zu träge und gedankenlos war ich gewesen. Ich blickte weit über die Steppe, die meinen Augen kein Hindernis entgegenstellte und sie bereits das Ziel erspähen ließ. In weiter Entfernung erkannte ich verheißungsvolle Flecke, dunkle Punkte auf einem spitzen Hügel. Die Hornburg... Edoras. Freudig schlug der Hengst mit der Schweif, wurde unruhig auf seinen Beinen und wieherte. So wollte ich ihn nicht länger von seiner Heimat fernhalten und ließ ihn laufen. Da ich den Lauf der Sonne nun aufmerksamer verfolgte, wusste ich, dass wir einen halben Tag benötigten, um unser Ziel zu erreichen. Nur noch eine Meile lag zwischen uns, als ich wieder aus dem Sattel stieg und die letzte Strecke lieber zu Fuß bewältigen wollte. Ich hatte es nicht eilig, mich wieder unter die Menschen zu begeben und obgleich der Hengst anders fühlte, leistete er mir Gesellschaft und lief nicht davon. Gemeinsam näherte wir und so dem Berg und rasch hatten uns die Wachen auf den hölzernen Wehrgängen erspäht. Sie wandten sich zu uns, beobachteten uns und leise vernahm ich auch einen Ruf. So erreichten wir bald das Tor, es wurde uns geöffnet und wir passierten es in denselben gemächligen Schritten, liefen nebeneinander und betraten den breiten Weg, der hinaufführte zu den Häusern. Ich hielt die Arme vor der Brust verschränkt und betrachtete mir den Boden zu meinen Füßen. Ich war nicht darauf aus, Blicken zu entgehen, nein, ich labte mich am leisen Gefühl des Friedens, welches trotz all der Strapazen in mir aufzuleben schien. Eine frische Brise erfasste mich, ließ mein Haar tanzen und das Maul des Hengstes zwickte spielerisch meine Schulter, worauf ich ihn mit der Hand ertastete und flüchtig sein Kinn kraulte. Beinahe schmiegte er den Kopf gegen mich und ich blickte kurz zu ihm, meinte einen weiteren Freund gefunden zu haben, mit dem sich schwere Zeiten durchstehen ließen. Wieder fand ich die Kraft zu einem Lächeln, als ich mich nach vorn wandte. Ich schenkte meiner Umgebung keine Beachtung und doch fühlte ich seine Anwesenheit. Beinahe in einjedem Winkel schien sie mich zu umgeben und ich wurde an einem Grund reicher, auf den Boden zu schauen. Ich wollte mich nicht trüben lassen, nicht das leise Gefühl des Glückes verlieren, welches durch seine Seltenheit so einzigartig und besonders war. Ich blieb neben dem Hengst, fand durch ihn den sicheren Weg zum Stall und folgte ihm hinein. Entsattelt und entspannt hatten die Pferde ihren alten Platz gefunden und einige von ihnen begrüßten meinen Begleiter freudig, als ich ihm bis in die hinterste Ecke folgte. Dort öffnete ich ihm auch die Tür zu seinem großen Stall und als ich wieder mit ihm gehen wollte, ertönte eine Stimme. "Schlag mich tot, wer ist denn da?!" Rau und laut schallte sie durch den Stall und ich drehte mich um, erkannte den Zwergen, der, stets einen gewissen Abstand zu den Pferden haltend, auf mich zustampfte. Stolpernd und eilig folgte ihm auch Merry. "Hat der holde Herr Elb doch noch den Weg gefunden?! Hielt es wohl nicht für nötig, sich uns anzuschließen. Muss sich ja immer so mysteriös und geheimnisvoll benehmen!" Ich hob die Augenbrauen, wusste nichts zu erwidern und trat zu dem Hengst in die Kammer. Und ich ließ mich nicht stören, als ich das Zaumzeug zu lösen begann und von seinem Kopf zog. Hier wiegte ich mich in Sicherheit vor dem Zwerg. Und wirklich, er blieb zögerlich stehen, versuchte kurz den Fuß in den Stall zu setzen und fluchte über sich selbst, als er daran scheiterte und zurücktrat. "Ich habe dich nicht auf der Reise gesehen." Merry trat neben mich und unterzog mich einer tiefgründigen Musterung, die ich kurz und verwundert erwiderte. Ich sah ihn an, warf auch dem Zwerg einen flüchtigen Blick zu und ließ das Zaumzeug sinken, als ich sonst niemanden erspähte. "Wo ist Pippin?" Erkundigte ich mich dann und die Miene des Hobbits wurde von einer gewissen Beklommenheit befallen. Doch er schwieg und unbeabsichtigt war es mir mit der Frage gelungen, Gimlis Zorn zu zügeln und seine Aufmerksamkeit auf etwas anderes zu lenken. "Er ist mit Gandalf auf dem Weg nach Minas Tirith." Murrte er, als verbinde er eine unangenehme Erinnerung mit dieser Tatsache. "Man erwartet einen Angriff auf die Stadt." "Minas Tirtih?" Wiederholte ich ungläubig und hängte das Zaumzeug langsam über einen Haken. Merry nickte schweigend und ich musste mir eingestehen, recht verwundert über all diese Neuigkeiten zu sein. Wieviel war mir im kurzen Moment der Anwesenheit entgangen? Ich grübelte, wandte mich wieder dem Hengst zu und begann die starken Riemen des Sattels zu lösen. "Er ist selbst schuld." Murmelte Merry trotzig und verschränkte die Arme vor dem Bauch. "Nur verständlich, dass es zu gefährlich war, ihn bei uns zu lassen." Ich hatte ihn angesehen, verinnerlichte mir die Worte schweigend und hob den Sattel vom Rücken des Pferdes. Aragorn: Es kam mir vor, als wäre es wie vor den Zeiten des Ringkrieges. Als hätten man die dunklen Wogen, die aus dem Osten kamen, nur durch düstere Schleier der Ahnung und der Träume erblickt. Zu der Zeit, als man geglaubt hatte, dass die Dunkelheit hinter den schweren Türen verborgen bliebe. Noch nie zuvor hatte ich einen so kurzen Tag erlebt und oft, in den Momenten, in denen ich mich in Sicherheit wusste, hatte ich mir verboten, es je dazu kommen zu lassen. Wachsame Augen waren immer besser als geschlossene Lider und doch brauchte ich keine Sorge daran hegen, irgend etwas versäumt zu haben. Ich sah zu, wie die Sonne immer tiefer sank, saß seit Stunden auf diesen Stufen und rauchte meine Pfeife und lauschte der Stille, die mich trotz schwatzender Gesellen umfing. Ich schloss die Augen und legte den Kopf in den Nacken... Frieden und Einsamkeit. All das, was ich lange gespürt hatte und dies nicht mit dem Bewusstsein, das es verdiente. Ich wollte mich darauf besinnen, wie es sein könnte, wenn all dies vorüber ging... wenn Frodo diese Bürde ablegen und alle retten würde. Ob ich nun diese Begebenheit erleben durfte oder nicht... ich wollte mir vorstellen, wie sich die Simbelmynen hinter den Toren Edoras ausbreiteten und durch die Sonne an Farbe gewannen... wie die Gräser mit ihrem alten Grün die Länder erhellten und verdorrtes Geäst zur wundersamen Frische zurückfand. Ich sehnte mich nach dem hellen Schein der Weißen Stadt, wie sie zu den Zeitaltern der alten Könige auflebte und dem Land Gondor und all seinen Verbündeten, Frieden und Hoffnung spendete. Frieden... ja, Frieden war alles, was ich zu wünschen gedachte und der einzige Herzenswunsch, dem ich noch mit Hoffnung entgegentreten konnte... so klein dieser Funken Glück auch sein möge. Die Stimmen der Mauerwächter holten mich aus meinem Sinnieren und ich öffnete die Augen. Mit dem Öffnen des Tores kam ein sanfter Wind auf und ich stemmte mich von den Stufen ab und stand auf. Meine Gewissheit war schneller als mein Verstand, als ich zu ahnen glaubte, wer dort durch das Tor kam und erneut viele Augen auf sich lenkte. Der Verschollene war zurückgekehrt und ich war froh darüber und sah ihm schweigend zu, wie er Edoras betrat... zügellos an seiner Seite das weiße Pferd. Sie waren so schnell Freunde geworden und mein Herz erwärmte sich durch das Lächeln, das sich auf den schönen Lippen des Elben offenbarte. Es schien so einfach, ihn glücklich zu machen... und ich war derjenige, der die Begabung besaß, diese einfache Sache zu einen Sumpf zu führen, in dem ich stetig mehr versank... und ihn fest mit mir zog. Nicht umsonst beließ er den Blick auf den Boden... Ja, er wusste, dass ich ihn beobachtete. Endlich wusste er, dass all meine Blicke, die je in seine Richtung verliefen, nur auf ihn selbst gerichtet waren. Ruhig sah ich ihm zu, wie er seinen Weg fortsetzte, langsam hinter den Mauern der anderen Häuser verschwand und zielsicher auf die Ställe zuging. Er verschwand aus meinem Blickfeld und ich lächelte aus unerklärlichen Gründen. Und wenn es mir nur noch die Beobachtung sein konnte... in der Zeit, in der ich mich nicht auf ihn konzentrieren durfte, würde es mir genügen und ich wäre froh. Und wenn dann der Augenblick kam, an dem ich erneut nachdenken durfte... gar träumen und wären es schöne Träume, würde ich Tränen vergießen. Vor Glück und vor Trauer, dass er nicht daran zerbrechen würde, wie ich es in später Vereinsamung täte, wenn der Tod mich nicht zuvor holte. Langsam setzte ich mich wieder nieder und klemmte die Pfeife zwischen die Lippen. Die Sonne versank in ihrem wunderschönen Rot hinter die Hügel der Lande. Der Himmel hatte sich verfärbt und leuchtete in einem Spiel weinroter und ozeanblauer Farben... doch mit einem Male hielt ich inne, als ein orangeroter Punkt an den Gipfeln des Gebirges erschien und in seiner Auffälligkeit sofort meine Aufmerksamkeit lenkte. Das Feuer brannte... es brannte! Ich sprang auf, ließ die Pfeife fallen und rannte los. Über den Hof sprintete ich, so schnell mich meine Füße tragen konnten und ließ die Stufen zur großen Halle rasch hinter mir. Gehetzt legte ich die Hände an die Tore und drückte sie auf. "Die Leuchtfeuer von Minas Tirith! Die Leuchtfeuer brennen! Gondor ruft um Hilfe!" Der König blickte auf und zeigte seine Überraschung, als hätte er nicht daran geglaubt, dass es wirklich geschehen würde. Für einen kurzen Moment schwieg er und ich fürchtete schon das Schlimmste, während ich schwer atmend vor ihm stand und auf seine Antwort wartete. Sein Mund öffnete sich stimmlos... dann schloss er ihn und setzte einen Fuß zurück. Er würde nicht helfen...? Ich ließ die Schultern sinken und in diesem Augenblick setzte König Théoden seinen Fuß wieder vor - Entschlossenheit glänzte in den Augen. "Und Rohan wird antworten. Die Heerschau soll beginnen!" Éomer, der an der Seite des Königs stand, nickte stumm und schritt an mir vorbei aus der Halle, zeitgleich, als Éowyn hineinkam. Noch ehe sie eine Frage stellen konnte, ertönte der Klang einer Glocke und der König setzte sich in Bewegung und ich folgte ihm. Sehr schnell hatten sich Männer vor der Halle versammelt und standen bereit. "Versammelt das Heer im Dunharg, so viele Männer, wie sich finden lassen. Ihr habt zwei Tage. Am dritten reiten wir nach Gondor und in den Krieg." Er ließ eilig die Stufen hinter sich, sah sich um und hob die Hand. "Gamling!" Ein älterer Mann trat zu ihm und verneigte sich tief. "Mein Herr." Der König nickte kurz. Es war lange her, dass ich Könige so handeln sah, als ob man glauben wollte, sie hätten ein jedes Problem vor Stunden schon erahnt und beseitigt. "Eilt geschwind durch die Riddermark, ruft jeden tauglichen Mann nach Dunharg ein!" Die Geschäftigkeit begann von Neuem... nun würde sie beginnen... die Zeit der Schlacht... um das Schicksal der Menschen... und dann... der Kampf um ganz Mittelerde. Legolas: Obgleich meine Sehnsucht nach Abgeschiedenheit nicht an Kraft verloren hatte, hielt ich mich doch bei ihnen, ging meine Wege an ihrer Seite und lauschte ihren Worten. Wenn ich es recht bedachte, war dies die beste Ablenkung, die ich in diesen Zeiten finden konnte und erneut versuchte ich mir des Genusses bewusst zu werden, Zeit mit zwei meiner Gefährten verbringen zu können. Vor kurzem waren wir sechs gewesen und nun blieben nur noch vier zurück. Wieder spaltete sich die Gemeinschaft und in der Zwischenzeit schien niemandem mehr aufzufallen, dass auch dies nichts mehr an der Tatsache des Versagens änderte. Was blieb uns nun anderes übrig, als das zu tun, was das Beste war? Was hielt uns davon ab, unsere eigenen Wege zu gehen? Wählerischkeit konnte man sich in jenen Zeiten nicht leisten und so versuchte ich auch im Tragischen das Schöne zu finden, zog mit den Beiden durch die Gänge der Hornburg und vertraute auf Gimli, der sein festes Ziel zu haben schien. Ebenso rasch, wie der Tag vergangen war, brach nun auch die Nacht über uns herein und bald erhellten Kerzen die Gänge und Säle. Fackeln flackerten auch im rauen Wind und die Menschen schliefen. Auffällig hallte auch die Stimme des Zwergen in den Fluren und Hallen wider, als er seiner Zuneigung zu Pferden freien Lauf ließ und uns bald in einen Saal führte, in dem gegessen wurde. Hungrig saßen die Männer Theodens an einer langen Tafel, stärkten sich mit Braten und Wein, sprachen miteinander und einjeder von ihnen musste Erleichterung verspüren an diesem vertrauten Ort. Wenn er auch unsicherer war und beiweitem leichter zu stürzen, als jene Feste, die uns Schutz geboten hatte... hier war ihr Heim und keine Gefahr machte es unsympathischer. "Nun lasst uns unsere Bäuche füllen!" Rief Gimli triumphierend und ich blieb stehen, als er sich murrend und ungeduldig durch die grobschlächtigen Männer drängte, sich eine freie Stelle suchte und an der Tafel Platz nahm. Eine Ahnung hätte mir sein Vorhaben offenbaren müssen... es war zu offensichtlich, weshalb ihn hin und wieder die Muse am Schopfe packte und seine Stimmung auf dem Höchstand kam. Und ich war zu unaufmerksam gewesen und stand nun einer Sache gegenüber, die mir weniger lieb als friedliche Gespräche war. Merry schloss sich meinem Zögern nicht an, bevor er sich lachend neben Gimli setzte und sich auch einen Bissen gönnte. Sicher war die eilige Reise kraftraubend gewesen und nur wenige besaßen die Ruhe, gar die Ausgeglichenheit, in diesen Zeiten Schlaf zu finden. Dumpf ging die Hand des Zwergen auf die Bank nieder und er versuchte den Kopf zu mir zu drehen, schien jedoch nicht über den Anblick des Bratens hinwegzukommen und fuchtelte harsch nach mir. "Auch dich meine ich, Herr Elb!" Rief er schmatzend und griff nach einem Krug Wein. "Bei meinem Barthe, die Säbel führst du, als hättest du nie etwas anderes getan, doch richtiges Essen hast du nie erlernt! Wie grausam... nun komm schon!" Auch Merry rief nach mir und so ließ ich mich neben ihm nieder. Ich war ihrem ablenkenden Hunger dankbar, fand mich weniger beachtet und stützte mich langsam auf das Holz des Tisches, um mir die Speisen zu betrachten und lieber nachzudenken, als sie zu genießen. Neben mir schmatzte es und ich blickte kurz zu Merry, erfreute mich an seiner Heiterkeit und erkannte seine Stärke an, die Sorge um Pippin nicht zu zeigen. Stets waren sie zu zweit gewesen und nun, da man ihn einsam sah, schien gar mehr zu fehlen, als ein einziger Hobbit. Ich wandte mich der Tafel zu, senkte etwas den Kopf und blinzelte. Gimli, der tollkühne Zwerg und energische Zeitgenosse. Merry, der kleine Mann, der doch viel mehr war, als nur das. Und Aragorn, der zurückgezogene und stille Krieger, der nicht nur gegen Feinde einen Kampf führte, viel zu oft auch einen gegen sich selbst... Und ich. Wir vier, so hoffte ich, würden lange noch denselben Weg beschreiten, uns gegenseitige Stärke schenken, unseren Zusammenhalt festigen, war er doch zu so vielen unserer Gefährten zerbrochen. Boromir, der viel zu früh den Pfeilen erlag... in sich selbst die Schwäche fand und sich zwingen ließ, den finstren Verführungen zu erliegen. Frodo, der den sichersten Weg in der Einsamkeit und Fremde zu finden glaubte. Sam, sein einziger Begleiter auf der düstren Reise und gleichermaßen die einzige Verteidigung neben Frodos eigenem Schwert... Gandalf, der fortritt, das zu tun, was so dringlich von Nöten war. Und Pippin, der seinem Freund durch die eigene unvorsichtige Neugierde entrissen wurde. Nun waren es nur noch vier von den einstmaligen acht. Ein dünner Splitter der einst so entschlossenen und starken Gruppe. ... und ich betrachtete es mit Grauen, auch nur einen weiteren von ihnen zu verlieren. Langsam streckte ich die Hand nach einer Schale aus, zupfte eine Traube vom Stengel und bewegte sie sinnierend zwischen Daumen und Zeigefinger. Je mehr gingen, desto mehr mussten die Zurückbleibenden kämpfen... Abwesend hob ich die Traube zum Mund und neben mir hielt der Zwerg in jeglichen Bewegungen inne. "Hoarr!" Rief er und riss mich aus den Gedanken. Beirrt ließ ich die Traube sinken und der Wein rann ihm aus dem Mundwinkel hinab in den Bart. "Würde ich dich nicht kennen, würde ich denken, unter Illusionen zu leiden! Seht euch das an! Eine Traube! Eine Traube macht doch keinen Mann aus dir!" Verdutzt betrachtete ich sie mir, verzog die Miene und der Mann, der neben mir saß, schlug mir lachend gegen die Schulter, bettete die Hand grob auf ihr und zog mich etwas zu sich. Ich fühlte mich etwas überfordert... Auch Merry begann leise zu lachen und der Zwerg brüllte. "Würdest du den Schlaf kennen, so würde ich dich füttern, während du dich ihm hingäbst!" Rief er und der Mann rüttelte lachend an mir. "Was ist das für ein Krieger, für den ein kräftiger Windstoß eine größere Gefahr darstellt, als die Klinge eines Feindes?!" Er schlug sich gegen den Bauch und die Traube entglitt meine Fingern, als jener Mann erneut zuschlug und daraufhin endlich von mir abließ. Etwas zerzaust und noch immer irritiert, richtete ich mich auf, suchte kurz nach der Traube und runzelte die Stirn. "Mein blonder Elbenfreund!" Fuhr Gimli mit einem erstaunlichen Durchhaltevermögen fort. "Deine Art erfüllt mich mit Erstaunen! Ihr seid die Ältesten, doch wie hieltet ihr euch an der Existenz? Und was bist du uns für eine Hilfe, wenn du auf dem Schlachtfeld verhungerst?!" "Und was bist du für ein Zwerg, wenn du nach neun Krügen das Bewußtsein verlierst?" Antwortete ich ruhig und Gimli verschluckte sich am schmackhaften Braten. Mit erschütterten Augen starrte er mich an, spürte rasch Merrys Aufmerksamkeit und die amüsierten, teils wissenden Blicke der Männer. Ich tastete nach einer neuen Traube und nachdem ein lautes Räuspern ertönt war, grabschte der Zwerg nach seinem Braten und machte sich eilig daran, sich mit ihm zu beschäftigen. Ich vernahm sein unverständliches Brummen und das belustigte Raunen der Männer, welches durch die Reihen zog, jedoch rasch von einer lauten Stimme übertönt wurde. "Krieg!" Rief ein junger Mann, der eiligen Schrittes die Halle betrat und sofortige Aufmerksamkeit erhielt. "Ein erneuter Krieg wird kommen!" Geschwind verstummte auch das leiseste Raunen und einjedes Augenmerk richtete sich auf ihn. Auch ich drehte mich auf der Bank. "Wir ziehen nach Minas Tirith, alte Bündnisse zu festigen! Es ruft um Hilfe und es ist des Königs Befehl, diese mit allen Kräften zu leisen! Stärkt euch nur nach gröbsten Nöten! Im Dunharg sollen sich jegliche Streitkräfte sammeln, noch ehe der zweite Tag vergangen ist!" Er keuchte gepackt von Aufregung und die Männer wechselten flüchtige Blicke. Zu schnell kam dieser weitere Krieg, zu geschwind und gnadenlos, hatten sie doch soeben erst den Letzten hinter sich gelassen. "Am dritten Tag ziehen wir nach Minas Tirith!" Somit wandte er sich ab, weiterzuziehen und die Nachricht zu verkünden. Auch ich begann die Gesichter zu studieren und ohne auch nur ein Wort des Zweifels und des Leides, wandten sich die Männer mit festen Haltungen ihren Tellern zu, aßen einen weiteren Bissen und erhoben sich von den Bänken. Bereitwillig und mit Stolz zeigend, dass noch immer Kraft und Entschlossenheit in ihnen herrschte, verließen sie nacheinander die Halle, die letzten Vorkehrungen zu treffen und dem Befehl ihres Königs so rasch wie nur irgend möglich, zu folgen. Schweigend sah ich ihnen nach und der Zwerg brummte. "Dass Gandalf und Pippin uns verließen, bringt uns nun Erfolg." Flüsterte Merry mit leiser Stimme und deutlich gemischten Gefühlen. "Minas Tirith wird also die Verstärkung erhalten, auf die es angewiesen ist. Es ist also geglückt." Er nickte sich selbst zu und beugte sich über seinen Teller, um zu essen. Stumm sah ich auch ihn an und nun saßen wir alleine hier. "Welch eine tödliche Macht muss gegen sie stehen, dass die goldene Stadt dem Untergang sicher wäre, würde es an Verstärkung fehlen." Meldete sich auch der Zwerg zu Wort und starrte nachdenklich auf seinen Teller. "Und zu was wird der Feind noch imstande sein, wenn wir ihm, verlassen von jeglichen Kräften und ohne Verstärkung, gegenüberstehen?" Ich holte tief Atem und war doch nur zu Schweigen imstande. "Falls dem so sein sollte...", raunte Gimli, "... wozu wir erst die nächste Schlacht überleben müssen. Sie wird gewaltig sein und doch steht uns schlimmeres bevor, das uns die Freude, das Leben auch weiterhin genießen zu können, nehmen wird." Wir alle hatten mit uns selbst zu kämpfen, als wir uns daraufhin trennten, unsere eigenen Wege beschritten... und einer war so düster und voller Zweifel, wie der andere. Langsamen Schrittes begab ich mich hinaus in die Finsternis der Nacht, stieg hinauf die Felsen des Berges und ging sie gedankenlos ab. Ich fühlte mich nicht, als stünde mir das Ende bevor. Durch den Krieg... durch den Tod, der die Unsterblichkeit unwichtig erscheinen ließ. Sterben würden wir alle in diesem Krieg, den jeder fürchtete... und in den sich einjeder dennoch stürzen würde, die Angst hinausschreiend, stolz dem Ende entgegen. Nein... für mich war es ein weiterer Krieg, ein weiteres Erwehren der Übermacht, die uns gegenüberstand und so manchem die Hoffnung nahm. Doch empfand ich tiefes Mitgefühl und Verständnis für die, die Furcht verspürten und mit Anerkennung stand in denen gegenüber, die sie nicht zeigten. All diese Tatsachen schienen so offensichtlich zu lauern und doch kreisten meine Gedanken um andere Dinge, als ich mich im schwarzen Schatten eines Felsen niederkauerte, mich auf den rauen Boden setzte und mit schweifendem Blick auf das Meer aus weißen Simbelmynen schaute. Sie leuchteten sogar in der Nacht, fanden im Licht des Mondes genügend Kraft, um sich zu entfalten und ich vertiefte mich in diesen Anblick. Der Mond... der doch die Dunkelheit symbolisierte und dennoch Unauffälligkeiten hervorhob, deutlich machte. Wie sehr wünschte ich, mit dem letzten Bund des Widerstandes würde es genau so sein... Nicht siegend und dennoch auffallend und der Erinnerung würdig. Ich wandte den Blick ab, senkte die Lider und verharrte reglos. Es waren andere Ängste, die sich in mir regten. Andere... die dennoch fest mit dem Krieg verbunden waren. Die Furcht, die ich kannte... die ich nun aus einem anderen Blickwinkel sah und die dennoch dieselbe zu sein schien. Aus dem Leben zu scheiden und Ungereimtheiten zurückzulassen. Zu gehen, ohne zu erklären... ... ohne sich zu verbünden zum letzten Kampf... ... und einsam zu sterben. Die Distanz zu Aragorn, die ich selbst aufgebaut hatte, schmerzte... und in wenigen Augenblicken sehnte ich mich, ihn bei mir zu haben... sofort in diesem Augenblick, um ihm sagen zu können, was ich nicht wusste... ... um Gefühle auszudrücken, die ich selbst nicht kannte... ... um mit ihm sprechen zu wollen und dennoch dem Schweigen zu verfallen. Könnte man Differenzen so tilgen, ginge es mir besser und obgleich ich mir der Realität bewusst war, obgleich ich mich zurückzog, um Worte zu finden... ... jetzt nur für mich und irgendwann auch für ihn... Ich wusste, dass sich seine Sorge, dass sich meine Sorge, nicht durch Worte abschwächen würde. Und ich blieb sitzen, die ganze Nacht, mich sehnend und doch untätig. Ich betrachtete mir die Blumen, blickte auch auf und sah zum Horizont, der weit entfernt, rot glänzte, als würden Flammen ihn verschlingen. Und gab meine Gedanken preis, schenkte ihm mein Sinnieren, schenkte ihm mein Hoffen und meine Sorge... Die Nacht schien unendlich in ihrer Zeit zu sein und gereichte mir zum Vorteil, schenkte mir Gelegenheit, an Dinge zu denken, mit denen ich mich lange nicht befassen konnte. Und als die Nacht einen Teil ihrer düstren Finsternis verlor und das Kommen des Tages verriet, erhob ich mich von meinem Platz und stieg hinauf zum steinernen Gebäude. Viel musste ich tun, um diesem neuen Krieg vorbereitet zu begegnen, viel Aufmerksamkeit musste ich ihm schenken und umso weniger Zweifel. Und mit dem ersten Licht des Tages, schloss ich mit der Nacht und ihren Tücken ab, entfernte mich von ihr und wollte mich zum Aufbruch bereit machen. Zielstrebig waren meine Schritte, fest auch die Entschlossenheit, die ich mir aufzwang. Und ich war nicht der einzige, der sich zum Dunharg begeben würde. Schon vor Einbruch der Nacht waren viele losgezogen und ebenso viele sattelten nun auch ihre Pferde, rüsteten sie aus, trafen Vorkehrungen und nahmen Abschied. Ich blickte mich um, als ich den Weg betrat und nahe an der Halle des Königs vorbeizog. Ich wollte nicht länger als nötig hier verweilen und dennoch wurde ich aufgehalten. Ein Gefolge aus den stärksten und treuesten Männern hinter sich, schritt der König die Stufen hinab und hätte er mich nicht lange angesehen, wäre er nicht gar stehen geblieben, wäre ein flüchtiger Blick das einzige gewesen, mit dem ich ihm begegnet wäre. Doch blieben seine Augen auf mich gerichtet und ich hielt inne, als er es ebenso tat. Er war stattlich, von stolzer Haltung und einer Miene, die nichts anderes sein konnte, als königlich. Gutmütigkeit erkannte ich in seinen ernsten Augen, als ich seinen Blick erwiderte und Festigkeit lag in der Handgeste, mit der er seine Männer bat, vorzugehen. Er war König... jedoch nicht meiner, weshalb ich mich, ohne Reue zu verspüren, nicht der übertriebenen Höflichkeit bediente, ihm auch nicht entgegenkam, als er sich mir näherte, mich einer kurzen, jedoch genaueren Musterung unterzog und schweigend in sich hinein nickte. Unten vom Hof drangen laute Befehle an meine Ohren und ich wandte den Blick ab, sah das Getummel aus Reitern, die sich formierend drängten, die Frauen und Kinder, die am Wegesrand standen, sich bangend an den Händen hielten und zu den Kriegern aufblickten... zu ihren Vätern... ihren Söhnen... ihren Gemahlen. Ich hörte einen tiefen Atemzug. "Ihr reitet mit uns?" Abwartend sah er mich an, hielt den Blickkontakt aufrecht und es schien, als wolle er sich nicht mit meiner äußeren Hülle zufrieden geben, als wolle er tiefer gehen. Doch ich brachte mich schnell zu einem Nicken, welches ihm die Antwort gab, die er brauchte. Und er erwiderte die Geste, senkte kurz die Lider und schweifte zu der Menge ab. "Ich kann es nicht von Euch verlangen." Sagte er. "Euer Volk nahm seit jeher an diesem Krieg teil und tat es nun wieder, ohne sich vor Verlusten zu scheuen. Und diese kamen zahlreich, zerstörend und gnadenlos. In der letzten Schlacht fielen alle von denen, die uns zur Hilfe eilten, so aufrichtig und bereitwillig, obgleich sie selbst in ihrer Zahl geschwächt und mittellos sind." Wieder kreuzten sich unsere Blicke und war er doch soeben kurz in sich zusammengesunken, stand er nun wieder stolz vor mir und studierte mich ernst. "Was treibt Euch in diese Schlacht?" Ich blinzelte, versuchte in seinen Augen zu lesen, auf den Grund zu stoßen, weshalb er mir diese Frage stellte, konnte er sich doch ebenso an den Zwerg oder den Hobbit wenden, die unter den Menschen nicht weniger auffielen, als ich. Doch trotz der Suche, war ich mir der Antwort bewusst und ich gab sie ihm. "Ein Bündnis, welches ich mit niemand anderem, als mit mir selbst schloss." Einen kurzen Moment schwieg er nachdenklich, bewegte stumm die Lippen und beließ es bei einem weiteren Nicken, als er sich abwandte und seinen Weg gemächlich fortsetzte. Auch ich tat dies und ohne mich länger mit diesem Ort zu beschäftigen, schwang ich mich auf den Hengst, der mir vorgeführt wurde, gezügelt mit robusten Halfter und schwerem Sattel, den Leib vor tödlichen Klingen geschützt durch eine leichte Panzerung. Diesmal jedoch, nahm ich mir einen Augenblick, um nach meinen Gefährten zu suchen. Ich hielt den Hengst zurück, fasste die Zügel kurz und blickte um mich, während er aufgeregt zu tänzeln begann. Kurz glaubte ich, Gimli in der Menge zu sehen. Bereit zu kämpfen, jedoch beinahe daran scheiternd, auf das Pferd zu kommen. Auch Merry erspähte ich, wie er sich, gekleidet in eine leichte Rüstung, durch die Menge schlängelte. Doch hielt mich nicht lange bei ihnen auf... ... suchten meine Augen doch nach einem ganz anderen. Das Gedränge um mich herum wurde größer und ich eilig drehte ich mich um und schaute in die andere Richtung. Schnaufend galoppierte der Streithengst des Königs an der Menge vorbei, auf dem Weg zur Spitze, um das Heer anzuführen. Und schnell setzte es sich in Bewegung und ich sah mich dazu gezwungen, mich einzureihen, mich loszureissen von meinem hoffnungslosen Suchen und nach vorn zu schauen. In einem geschwinden Tempo galoppierte das letzte Aufgebot also durch das Tor, hinaus aus Edoras... hinaus auf die Steppe. Es war kein langer Weg zum Dunharg. Nur wenige Stunden würden mir benötigen, um unser Ziel zu erreichen und hoffentlich wartete dort keine Enttäuschung auf uns. Wir brauchten mehr... wir brauchten viel mehr Stärke, um überhaupt erst eine Gefahr darzustellen. Aragorn: Ich gab mein bestmöglichstes, den König bei seinen Vorbereitungen zu unterstützen, nahm Befehle zur Überbringung verschiedener Nachrichten an, ließ Männer in die Hallen und Häuser stürmen und eilte selbst umher. Gerade eben war ich noch dem arglosen Gefühl der Ruhe gefolgt, nun war Hast der einzige Gedanke, den ich zu hegen vermochte. Ich stieg zu der Waffenkammer hinab, zog mein Schwert und nutzte dort die großen, runden Schleifsteine. Handliches Werkzeug, das Zeit gewinnen ließ, die uns nun durch die Finger gleiten wollte. Nach wenigen Bewegungen besah ich mir die Klinge. Ich stellte fest, dass ihr Nutzen sehr bald schon ausgedient hatte und befürchtete, dass sie schartig werden würde. Doch ich musste mit ihr Vorlieb nehmen, hatte seit jeher mit ihr gekämpft und schätzte es selbst in geringem Glauben, dass ich sie noch lange benötigen würde. Wie viele würden kommen, selbst, wenn der König selbst nach ihnen rufen ließ? Uns würde ein Heer gegenüberstehen, das nur mit großer Anzahl und viel Stärke besiegt werden konnte. Ja, selbst mit dieser Stärke waren die Aussichten auf einen Sieg gering... Nur nicht hoffnungslos und so lang dies so sein würde, so lange würde ich nach vorn blicken. Das Schwert kehrte in die Scheide zurück, ich blickte mich um und nahm mir einen Köcher und füllte ihn mit wenigen Pfeilen. In Dunharg müsste ich mir mehr beschaffen, konnte hier nicht den Kriegern ihre Waffen nehmen. Rasch füllte sich der Raum... die Männer machten sich bereit und es wunderte mich nicht. Sie selbst mussten sich nun einer Schlacht stellen, die mit der um die Klamm nicht mehr zu vergleichen war. Es würde ein Ende kommen und sie befürchteten, es wäre das ihrige. Ich sah es in ihren Augen, obgleich ihre Mienen eisern und fest blieben. Geschwind kehrte ich wieder an die frische Luft, überquerte unbeirrt den Hof und kehrte zu den Stufen zurück, an denen ich zuvor gesessen hatte, um dort meinen Bogen zu holen, den ich ebenso achtlos, wie die Pfeife liegen gelassen hatte, als ich die Feuer erkannte. Bis zur weißen Stadt würden so einige Tagesmärsche kommen, selbst von Dunharg aus, dass dafür umso näher bei uns war. Eine leise Ahnung ließ mich kurz inne halten und ich rannte zurück zu der Halle des Königs, um ihn dort aufzusuchen. Wenn sich ein Heer nun von hier bewegte, würde es die Aufmerksamkeit auf die Späher des Dunklen Herrschers lenken und ihn schneller informieren, als uns lieb war. Zu schnell würde man erkennen, dass Edoras nun unbewacht sein würde und zu schnell würden Orks und Gesindel hierhin zurückfinden, selbst, wenn die Schlacht für den Feind ungünstig ausfiel. Ich trat erneut in die Halle und sogleich kam mir der König entgegen. "Ein Drittel meiner Männer wird in wenigen Stunden bereit sein." Wissend nickte ich und trat von einem Bein auf das Andere. Nicht der bevorstehende Krieg forderte diese Ungeduld in mir... die Angst, durch jede Sekunde, die wir hier in Reden und Klügeleien verbrachten, eine Sekunde als Hilfe zu versäumen war es, die mich dazu trieb. "Reitet voraus mit ihnen, Herr Aragorn. Gebt Anweisungen, die uns die Vorbereitung zur Schlacht erleichtern." Für einen Moment atmete ich tief ein und biss mir auf die Unterlippe, ehe ich erneut nickte. Wenn wir die Nacht durchritten, würden wir noch ehe die Sonne aufging, Dunharg erreichen und alles ins Rollen bringen. Nicht übereilt, sondern gewappnet. Ich hob den Kopf und zeigte den Stolz, den ich nun ganz offen preisgab, ernst und unverfälscht, wie ich mich vor langer Zeit fühlte, als ich ein Licht darstellte und Hoffnung brachte. "Das werde ich." Damit wandte ich mich ab und verließ die Halle ebenso dringlich, wie ich sie betreten hatte. Mein Weg führte mich weiter zu den Ställen. Ich betrat den einen und ging strikt auf die Box Brégos zu, der unruhig war. Auch er spürte, was nun vonstatten ging... und ich glaubte zu wissen, dass ihn die Furcht vor einen weiteren Krieg zu schaffen machte. Vorsichtig ging ich auf ihn zu, hob ruhig und sorgsam die Hand, den Blick auf ihn gerichtet, doch nicht starr oder abwartend. Ich wollte ihn keine Reise aufzwingen, die er nicht bestreiten wollte. "Man bedim len, Brégo?" (Welchen Weg gehen wir, Brégo?) Leise fragte ich ihn dies und er wich anfänglich vor meiner Hand zurück, doch sein Atem wurde ruhiger und gar leise, als ob er mir intensiv lauschen würde. Sanft legte ich die Hand auf seinen Nüstern und begann ihn beruhigend zu kraulen. "Nin govedich...?" (Begleitest du mich?") Ich legte die Stirn in Falten als ich ihn ansah, legte den Kopf etwas seitlich und wanderte mit der Hand zu seinem Hals hinab. Ich konnte nicht versprechen, dass ihm nichts geschah, konnte ihn nicht Glauben machen, dass alles gut werden würde. Doch lieber hatte ich ihn an meiner Seite, als einen Fremden. Ja, auch wenn ich ihn nicht so recht verstand, wie Legolas es mit seinem Ross konnte, so war Brégo mir ebenso teuer, wie ein Freund. Einige Zeit stand ich bei ihm und streichelte ihn, trat jedoch nicht in die Kammer, aus der Ahnung, ihm gar doch die Bürde des Zwanges aufzusetzen. Doch dann hörte ich die Rufe der Männer und ihre gegenseitige Kontrolle über ihre Waffen und Bereitschaft. Kurz sah ich nach draußen, beobachtete auch noch die wenigen Männer, die ihre Pferde holten und mir, ehe sie den Stall wieder verließen, einen abwartenden Blick zuwarfen. Ich drehte mich wieder zu Brégo, begutachtete ihn ein weiteres mal und ließ dann die Hand sinken. "Tollen i lû." (Es ist Zeit.) Matt tat ich einen Schritt vor den Anderen, trat um die sichere Tür herum und öffnete sie weit. In diesem Moment wich der Hengst erneut einen Schritt zurück und ich schluckte schwer, ehe ich aufblickte. "Nin govedich?" (Begleitest du mich?) Wiederholte ich die Frage noch einmal und doch zeigte er einfach keine Regung. Seine Angst war zu groß, glaubte ich und ich nickte, wandte den Blick ab und spürte sofort diese Trauer, die sich in mir breit machte. "Bedin len." (Ich gehe den Weg.) Ich lächelte kläglich und schritt voran, ließ die Tür offen, damit er seinen Weg gehen konnte, wenn es ihm danach verlangte. "I naur í- rhûn 'wanatha." (Das Feuer des Ostens wird vergehen.) Nur gehaucht konnte ich diese Worte sprechen... sollten sie mir doch wieder Mut entgegenbringen, doch fühlte ich mich wieder allein. Verlassen vielleicht, aber ich wollte dem, der rechtes daran tat, dem Krieg fernzubleiben, keinen Vorwurf aussprechen. Träge machte ich mich zum Ausgang auf und hoffte, dass man mir ein Ross anvertrauen würde... aber es würde anders sein, da ich nie zuvor ein Pferd sah, dass die Gefahr so früh erkannte... ehe man sie im Winde und auf der Erde spüren konnte. Ein Trauerspiel. Doch kam ich plötzlich bei all diesen trübsinnigen Zweifeln zum straucheln und wäre in meiner Unaufmerksamkeit beinah zu Boden gegangen, da man mich beinah schon boshaft nach vorn stieß. Verwirrt drehte ich mich um, als ich doch zur richtigen Zeit mein Gleichgewicht gefunden hatte und erblickte das Pferd mit einem Male direkt hinter mir. Als hätte er zu alten Mut, zur alten Stärke wiedergefunden, wieherte er annähernd vergnügt und ich konnte nur noch den Kopf schütteln und breit grinsen. "Ah, Brégo... Ðin nama is tanc, mellon nîn." (Dein Name ist stark, mein Freund.) Erfüllt von einer regen Dankbarkeit, kraulte ich ihn am Kinn und zog ihn dann mit mir hinaus. Ja sie warteten... auf mich und den Beginn der nächsten Reise, die Männer Rohans. Doch glaubte ich meinen Augen flüchtig nicht zu trauen, als ich ein grauweißes Pferd erblickte, vor dem die blonde Maid stand und es gerade sattelte. Ich ging zu ihr, zog Brégo mit mir und blieb neben ihr stehen, verwundert und fragend. "Reitet Ihr mit uns?" Sie erschrak und drehte sich zu mir um, erst bestürzt, aber dann lächelnd und die Hand auf die Brust legend. Schnell gewann sie ihre Fassung zurück, räusperte sich leise und nickte. "Nur bis zum Feldlager. Es ist Brauch, dass die Frauen am Hofe die Männer verabschieden." Erwiderte sie nun ruhig und ihre Miene wurde wieder etwas ernster, während sie ihrem Pferd das Geschirr anlegte. Skepsis breitete sich in meinem Gesicht aus und in dem Moment, in dem sie beschäftigt war, hob ich die Decke unter dem Sattel an und entdeckte das, was ich vermutete: Ein Schwert. Schnell bemerkte sie meinen Frevel und deckte es wieder ab, mich ernst und eindringlich anblickend. Was ging nur in einer solchen Frau vor, wenn sie sich für eine Schlacht bereitmachte, die nicht für sie bestimmt war? "Die Männer haben ihren Heerführer gefunden. Sie werden Euch in die Schlacht folgen, selbst in den Tod. Ihr schenktet uns Hoffnung." Nun... die Falsche, dachte ich mir und erwiderte ihren Blick ausdruckslos und nur mit einem Hauch von Mahnung. Ich konnte auch ihr nicht verbieten, uns zu folgen, würde sie es dennoch tun, selbst wenn ich einen Widerspruch einlegte. Ein sturer Kopf... ja, das war sie... und da war sie nicht allein. Wortlos wandte ich mich ab und führte die Männer an. Ich hob nur die Hand und sie folgten mir, leise und bedächtig, um die Menschen, die in der Zeit unserer Vorbereitung wieder zur Ruhe finden wollten, nicht daran zu hindern. All die Anderen würden am nächsten Tage weiterziehen und wir sollten ihnen diesen Schlaf gönnen und die Kinder nicht aus ihren Träumen reißen. Erst als wir das Tor erreichten, stieg ich auf und ersuchte die wachen Blicke der Krieger, die sich fest auf den meinen konzentrierten. "Wir reiten die Nacht durch. In Dunharg könnt ihr zur Ruhe finden, doch bis dahin, seid wachsam!" Ich würde Éowyn beweisen, dass ihr Wunsch zu kämpfen, vergeblich war, auch wenn ich ihr ein Geschick an Schwertlenkung und Beherrschung zusprechen konnte. Noch nie hatte sie getötet und es wäre bekümmernd, würde sie nun ihre Hände mit Blut besudeln. Ich gab Brégo die Sporen und er bewies seine Schnelligkeit in wenigen Sekunden. Angespornt durch den Enthusiasmus, den ich den Menschen aus Rohan zeigen wollte, hielten die Männer soweit es ihre Reittiere erlaubten mit und ich stellte fest, dass die Nacht so rasch an uns vorbeizog, wie ich es mir nicht vorgestellt hätte. Und nicht nur der Mond zog über die weite Steppe dem Horizont entgegen, auch die Dunkelheit verließ uns nach und nach. Ich sah mich um, als die ersten Sonnenstrahlen nach Wegstunden das Land zu erleuchten begannen und fühlte mich, als würde das Weiße Gebirge an uns vorbeiziehen, ohne dass wir in jener Schnelligkeit ritten und nur der Wind uns trieb. Ja, der frische Wind des Morgens lag uns im Rücken und ließ uns geschwind die Pforte Rohans passieren... die Sonne hatte sich nicht einmal zu ihrer halben Schönheit offenbart, da erreichten wir bereits das Ende der Gebirgskette und damit Dunharg. Kaum, dass man uns bemerkte, sah man uns schon und Éowyn, die zu meiner Verblüffung nicht zurückgefallen war, in einer Nacht, in der Schlaf nicht von Bedeutung war, ritt sie an meiner Seite. Ihr Antlitz war den Kriegern bekannt und sogleich verneigte man sich vor ihr, als wir an den Wachposten vorbei trabten. Ich bemühte mich keinen Gedanken daran zu verschwenden, weswegen sie hier sie bekannt war und wie viele Kämpfe sie möglicherweise doch bestritten hatte und stieg von Brégo ab und überließ ihn dankend einem der hurtigen Burschen. Viele Zelte waren bereits aufgeschlagen, viele an dem weiten Hügel, auf dem ich mich befand und als ich zum Tale hinabblickte, noch zahlreiche mehr. Ein älterer Mann kam zu mir, stattlich und kampferprobt sah er aus und er nannte mir seinen Namen und dass er von Gamling verständigt worden war. "Grimbolt, sagt mir, wie viele es sind. Erzählt mir alles!" Er nickte eilig und wandte sich ab, lief eilends los und ich folgte ihm. Während die Männer, die mit mir geritten waren, von ihrem Ritt zur Ruhe fanden, durchquerte ich die Lager, ließ mir berichten, welche Zeltreihe zu welchem Orte gehörten und erkundigte mich über die Lage der Weißen Stadt. Doch von ihr waren keine Boten gekommen.. vielleicht hatten sie es aber auch nicht geschafft. Der Tag erreichte schnell und hastig die späte Stunde und fand zur Nachmittagszeit, als würde die Sonne ihr Bestes geben, um hinter dem Horizont verschwinden zu dürfen, als ein Horn ertönte und man auf weitere Reiter aufmerksam gemacht wurde. Der König selbst war es und ich lief auf ihn zu, ermattet und ermüdet. Seine Miene war ernst und erschüttert, sofort nachdem er einen Blick über die Lager geworfen hatte und ich wusste warum, hatte ich mich doch selbst vergewissert, wie viele wir nun waren. "Herr Aragorn! Wie viele?" In schnellen Schritten folgte ich seinem Pferd an der Spitze, soweit es mir meine Kräfte erlaubten. "Ungefähr fünfhundert Männer aus der Westfold! Und weitere dreihundert aus der Fennmark!" Er nickte, unzufrieden aber bedächtig. "Wo sind die Reiter vom Schneeborn?" Ich holte tief Luft und schüttelte dann den Kopf. "Es sind keine eingetroffen, Herr!" Er hob die Augenbrauen und blickte sich dann kurz an, ehe er sein Pferd zum Galopp anspornte und sich aufmachte. Ich hatte es bereits geschätzt... hatte den Tag damit verbracht, nachzuprüfen, wie viele wir waren und wie viele nach Grimbolts Worten wohl noch zu uns stoßen würden. Sechstausend... Sechstausend würden nicht genug sein, um die Linien Mordors zu durchbrechen. Die Männer, die dem König folgten, ritten geschwind an mir vorbei und ich wandte mich ab und schlug einen anderen Weg ein. Mein Weg sollte in dem Zelt enden, das mir überlassen wurde. Meine Kräfte hatten mich sehr schnell verlassen, so hatte ich es im Gefühl und ich trottete an den eifrigen Männern vorbei. Direkt an dem Gebirge hatten sie sich niedergelassen... hier konnte man bedächtig zum Schlafe finden, da diese Kette uns allerlei Schutz bot... Kapitel 11: *~rhass~* --------------------- Legolas: Nicht lange ritten wir, bis wir unser Ziel erreichten. Stets hatte ich mich hinten gehalten, die Rückhand gebildet, gar noch hinter den letzten Reitern, fortwährend einen gewissen Abstand einhaltend und doch nicht zurückfallend. Mit trübem Blick sah ich, wie der Tag in seiner vollen Herrlichkeit anbrach, das Land in einen Glanz hüllte, der mich in dieser Zeit an eine gewisse Ironie denken ließ. Ja, es war unpassend... In meinen Augen vielleicht, doch in denen der anderen? Ihre Rüstungen glänzten in den gleißenden Sonnenstrahlen, ihre Haltungen waren stolz und zeigten rege Entschlossenheit, die sich immer schwerer von mir finden ließ. Rasch sah ich, wie die Gegend an mir vorbeizog, wie die Sonne höherstieg und alsbald über uns stand. Die Schar, der ich wie ein grauer Schatten folgte, behielt ein geschwindes Tempo bei, Pausen waren nicht vorgesehen und wurden nicht eingelegt. Im Dunharg würde eine lange Rast auf uns warten... jeder war sich dessen bewusst und so wurden die letzten Kräfte ausgeschöpft, um sich standhaft zu zeigen. Auf dem Weg, der nur ins Ungewisse führte. Ich selbst gab mich der Absenz hin, grübelte nicht, sinnierte nicht... Ich ritt einfach nur und schwieg. Ich wollte meinen Gedanken keinen freien Lauf lassen. Tückisch würden sie mir in den Rücken fallen und sich zu einem ganz bestimmten Punkt hingezogen fühlen. Und wäre es nicht gerade der, den ich mit aller Konzantration meiden wollte, so würde ich sie nicht daran hindern, zum Leben zu erwachen und mich zu beherrschen. Wir ritten bis in den frühen Nachmittag, bevor die Gegend Veränderungen offenbarte, die darauf hinwiesen, dass unsere Reise bald enden würde. Wir erreichten eine bewaldete, recht versteckt liegende Gegend, tief liegend in einem Tal, verborgen durch die hohen Felsen des weißen Gebirges. In meinen Augen war dies eine recht geeignete Stelle, um sich in aller Unwissenheit des Feindes zu sammeln. So erreichten wir bald auch das Feldlager, welches sich, weitreichend im Wald und in der Nähe der ersten Felsen erstreckte. Nun gönnten wir den Pferden einen ruhigeren Marsch und trabten über den schmalen Pfad, der sich durch die Zelte und Menschenmassen bahnte. Viele Krieger erblickte ich... stolze und starke Männer, die sich dem König zuwandten, ihm anerkennend zunickten, ihm nachsahen und über sein Erscheinen augenscheinlich Erleichterung empfanden. Ohne dass ich es bemerkt hatte, war ich etwas nach vorn gefallen und ritt, nicht weit von Theoden entfernt, in der Masse. Und ich sah mich um, musterte und überblickte die Lage und begann sie einzuschätzen. Es waren wenige... Die Enttäuschung ließ mich nicht im Stich. Von niemandem wäre ich lieber verraten worden, als von ihr. Ich senkte kurz den Kopf, schüttelte ihn und hielt den Hengst etwas zurück, als er sich dem Tempo der anderen etwas zu energisch anschloss. "Herr Aragorn!" Erhob sich plötzlich die Stimme an vorderster Spitze und ich konnte mich nicht hindern, das Augenmerk auf jenen Punkt zu richten. Mit bekannter Ruhelosigkeit eilte Aragorn durch die Menge und drängte sich durch die Krieger. "Wie viele?" Rief Theoden ihm kurz darauf zu und Aragorn trat ins Freie, eilte neben dem Pferd des Königs und hielt eilig Schritt. "Ungefähr fünfhundert Männer aus der Westfold! Und weitere dreihundert aus der Fennmark!" Antwortete er und mir entging, wie ich ihn auch weiterhin ansah und die altbekannte Erschöpfung in seiner blassen Miene erkannte. Als würde ich nur nach jenem müden Ausdruck suchen, um mich vor anderen Tatsachen zu schützen, die sich leicht mit ihm in Verbindung bringen ließen. "Wo sind die Reiter vom Schneeborn?" Erkundigte sich Theoden weiter und das mit einer Stimme, der die gewohnte Strenge innewohnte... die verräterisch jedoch auch seine Unzufriedenheit offenbarte und diese, nun, sie war verständlich. Ich sah wie Aragorn den Kopf schüttelte, wie er kurz und ratlos die Hände hob und die Schritte daraufhin verlangsamte. "Es sind keine eingetroffen, Herr!" Antwortete er, bevor er noch langsamer ging, kurz inne zu halten schien und sogleich einen Weg einschlug, der ihn von uns wegführte. Die Männer um mich herum, trieben die Pferde an, ritten schneller und ich ließ mich mitreissen, richtete den Blick geradeaus und folgte dem König hinauf zum kleineren Lager, welches hoch oben und verborgen in den Felsen lag. Die engsten Vertrauten, die Verwandten und Feldherren des Königs fanden dort ihre Unterkünfte und auch ich traf dort ein. Weit näherten wir uns den Felsen, bevor wir die Pferde zum Stehen brachten und abstiegen. Nur langsam tat ich dies, nachdenkliche Blicke nach allen Seiten werfend und viele bekannte Gesichter erspähte ich in der Menge. Eomer, des Königs erster Mann, der ruhelos seiner Wege ging, vertieft in Planungen und Vorbereitungen. Sogleich erspähte er den König, suchte ihn auf und begann ein kurzes Gespräch. Auch Merry sah ich kurz zwischen zwei Zelten und auffällig zu hörende Schritte verrieten auch die Anwesenheit eines anderen. "Legolas!" Ertönte die barsche Stimme und meine Augen fanden stattdessen die blonde Maid, blieben an ihr hängen... Ihr Aufenthalt in diesem Lager erfüllte mich mit Verwunderung, schien sie doch die einzige Frau hier zu sein. "Legolas!" Nur kurz schenkte sie den Neuankömmlingen ihre Aufmerksamkeit, bevor sie die zierlichen Hände in den weiten Ärmeln ihres Kleides verbarg und ging. "Holder Elbenprinz! Würdest du wohl geruhen, mir eines deiner teuren spitzen Ohren zu leihen und meinen unwürdigen Worten zu lauschen?!" Ich drehte mich zur Seite, riss mich endlich los von der Beobachtung Eowyns und erblickte den Zwerg, der mit finstrer Miene vor mir stand, sogleich jedoch auch in ein brüllendes Lachen ausbrach. "Schaut euch den an!" Grölte er. "So teuer seine Aufmerksamkeit auch ist, mit den passenden Worten erlangt man sie! Doch wäre es nicht umso besser, wenn du deine Aufmerksamkeit erst einmal selbst unter Kontrolle bringen würdest? Du bist mir etwas zu abwesend, mein Freund!" Ein lautes Wiehern drang an meine Ohren und ich blickte flüchtig zur Seite, sah, wie ein Hengst mit dem Schweif schlug und zurückwich, den Mann, der ihn an den Zügeln hielt, mit sich ziehend. "Argh, und genau das meine ich!" Ich verzog die Augenbrauen, wandte mich mich vollends von ihm ab und ging in zielstrebigen Schritten los. Ich hörte sein unzufriedenes Brummen und er folgte mir, wurde jedoch auch bald auf das aufmerksam, was für meine Ablenkung verantwortlich war. Jedenfalls verstummte sein Murren und als ich inne hielt, blieb auch er neben mir stehen. Schweigend besah ich mir einen schmalen Weg, nicht breiter als acht Fuß, der düster in das Innere des Gebirges führte. Schwerer Nebel hing zwischen den dunklen Felsen und kalte Luft zog uns entgegen. Ich blinzelte, blickte auf und suchte nach dem Ende der hohen und gefährlich steilen Felswände. Erneut murmelte der Zwerg etwas Unverständliches, doch bemerkte ich das Unwohlsein, welches bei jenem Anblick in ihm herrschen musste. In ihm vielleicht, jedoch nicht in mir. Ruhig blieb ich stehen, beobachtete und musterte, achtete nicht auf den Zwerg und wieder sah ich, wie die Pferde die Nähe zu jenem Pfad scheuten, wie sich gar die Treuesten gegen ihre Herren auflehnten und sich kaum noch führen ließen. Doch wurde ich auch rasch auf die Atmosphäre aufmerksam, die nicht nur unter den Tieren herrschte. Flüchtig drehte ich mich zu beiden Seiten. "Die Pferde sind rastlos und die Männer schweigsam." Flüsterte ich, als ich mich jenem Pfad zuwandte und in ihn vorzudringen versuchte, jedoch an Barrieren stieß, die ich nicht durchdringen konnte. So sehr ich mich auch bemühte, meine Augen waren machtlos und dunkel versperrte mir der annähernd gespenstische Nebel die Sicht. "Es ist der Schatten des Berges, der sie beunruhigt." Meldete sich eine ruhige Stimme neben uns. Eomer blieb stehen, kreuzte die Arme vor der Brust und schickte uns einen musternden Blick. Gemeinsam führten wir die Beobachtung fort und der Zwerg ließ einem leisem Knurren freien Lauf. "Dieser Weg dort", murmelte er kurz darauf und wies mit einem knappen Nicken zu jener Stelle, "wo führt der hin?" "Das ist die Straße zum Dimholt." Antwortete ich sogleich, mit den Augen den kargen Boden abtastend. "Zum Tor unter dem Berg." "Niemand, der sich dorthin begibt, kehrt jemals zurück." Fuhr Eomer leise fort, als würde er düstre Erinnerungen hegen. Seine Miene verzog sich kurz und sein Blick richtete sich intensiv auf uns, bevor er ging. "Dieser Berg ist voller Bosheit." Ich sah ihm nicht nach, als er zu seinen alten Wegen zurückkehrte. Noch immer spürte ich jene Kälte, die uns gleich eines eisigen Odems entgegenstieß und die Pferde wurden an eine andere Stelle geführt. Abwesend besah ich mir den dürren Ast, der aus einer Gesteinswand und über den Pfad ragte. Er war tot... "Legolas!" Eine Hand legte sich grob auf meinen Arm und endlich blinzelte ich, nahm den Zwerg wahr und sah seine trotzige Miene. "Suchen wir was zum essen!" So kam es, dass auch wir anderer Wege gingen, dass er mich hinter sich her zog, nicht von mir abließ und übertriebenen Gebrauch von seiner Stimme machte. Und ich hielt mich bei ihm, denn die Ablenkung beherrschte er am besten und auch wenn es recht anspruchsvoll war, seinen Worten zu lauschen und die verborgenen Nachrichten in ihnen zu finden... lieber nahm ich diese mühsame Aufgabe auf mich, als nach einem zu suchen, den ich hier oben noch nicht gesehen hatte. Unten... ja, unten bei den Zelten hatte ich ihn kurz erblickt... "Hey!" Wieder fand die ruppige Hand meinen Arm und zerrte ungeduldig an diesem. Der eilige Kampf um das Gleichgewicht forderte mich, riss mich auf meinem unbewussten Sinnieren und der Zwerg reichte mir eine Schale nach oben. Sie war gefüllt mit Suppe und ich starrte sie an. "Ich würde mir ehrliche Sorgen um dich machen, würdest du sogar diese schmackhafte Suppe verschmähen!" Brüllte er vielmehr drohend, als dass er sie mir anbieten wollte und ich erspähte Merry, der sich uns mit einer ähnlichen Schale näherte, den hölzernen Löffel tief eintauchte und zu genießen schien. "Hm! Mmm!" Der Zwerg stellte sich auf die Fußballen und kam hoch genug, um mir die Schale direkt unter die Nase zu halten. Und er bewegte sie so auffordernd, dass die Suppe über seinen Handschuh schwappte. "Vorzüglich." Merry kam neben uns zum Stehen, schloss kurz die Augen und bewegte den Löffel in der Luft. Doch... ich gestand mir noch immer keinen Hunger ein. Es entsprach nicht meiner Gewohnheit, viel zu essen und wenn ich etwas zu mir nahm, dann etwas anderes. Also trat ich einen Schritt zurück, hob abdankend die Hand und sah, wie der Zwerg sich auf die Fersen zurückfallen ließ, ruppig den Kopf schüttelte und mich mit düstrer Miene musterte. "Gut." Knurrte er und schüttelte die Suppe von seinem Handschuh. "Sorgen mache ich mir nicht, doch ebenso wenig mache ich mir Hoffnung, denn die ist verloren, wenn man dir eine richtige Ernährung nahe bringen will!" "Du magst sie nicht?" Auch die irritierten Augen Merry´s richteten sich auf mich, doch sah ich sie nur kurz, denn meine eigenen schweiften zur Seite, tasteten sich suchend durch das Lager und wurden einfach nicht fündig. "Vergiss es. Nein, vergiss ihn!" Wandte sich der Zwerg murrend an den Hobbit. "Der hat seinen eigenen Kopf! Auch wenn ich daran zweifle, dass es in dem Verstand gibt!" Ich verzog die Brauen und sah den Zwerg ebenso skeptisch an. Machte er sich auf meine Kosten einen Scherz? War ihm das Essen so wichtig, dass er gern frech wurde, wenn jemand seine Meinung nicht teilte? Er hielt den Blickkontakt herausfordernd aufrecht und nach einem kurzen Bedenken runzelte ich die Stirn und griff nach der Schale, die er mir sogleich triumphierend reichte. Gut, wenn ich mich selbst nicht zufrieden stimmen konnte... dann konnte ich es zumindest bei einem anderen erreichen. "Iss! Iss!" Gimli weitete die Augen, drückte mir stürmisch den Löffel in die Hand und auch Merry grinste zufrieden. Und sie überwachten mich aufmerksam, als ich ihn in die Suppe tauchte und kostete. Nun, sie ähnelte nichts, das meinem Geschmack entsprach und dennoch nickte ich kurz, wartete, bis sie sich beruhigt abwandten und mich mit sich winkten. "Lass uns ein Stück gehen." Rief mir Merry noch zu und ich folgte ihnen langsam, ließ ebenso gemächlich die Schale sinken und führte sie unauffällig neben mich, kippte sie etwas und ließ den größten Teil der Suppe über den Rand schwappen. Ruhig hob ich sie dann wieder, tauchte den Löffel ein und bemerkte, wie sich Gimli zu mir umdrehte, in die Schale sah und verstohlen den Kopf schieflegte. "Schau an, du lebst noch! Doch iss nicht zu hastig, meine Güte, schling nicht so! Ist das die feine Art der Elben?!" Merry gluckste und der Zwerg trat neben mich, um mit mir zu schlendern. "Sicher ist er nur damit beschäftigt, die leckersten Speisen in sich zu stopfen, wenn wir nicht hinsehen!" Raunte er und war sehr überzeugt von seinem Wissen. Untätig und miteinander beschäftigt, blieben wir auch den Rest des Tages. Wir erkundeten das Lager, sprachen und teilten die Sorgen des anderen. Des öfteren kam es auch zu Diskussionen, an denen ich jedoch weniger teilnahm. Denn während sich Merry und Gimli ganz dem Geschwätz hingaben, vertiefte ich mich in die Suche, die noch immer von keinem Erfolg gekrönt wurde. Wir waren unterwegs, bis sich die Dämmerung der Nacht über die spitzen Felsen des weißen Gebirges legte, auch uns bald umhüllte und für eine annähernde Ruhe in dem Lager sorgte. Viele gaben sich nun dem Schlaf hin, dem sie so lange entsagt hatten, nur wenige waren unterwegs und während auch Merry der Müdigkeit erlag und sich Gimli an den nächstbesten Ort legte, ging ich noch alleine meiner Wege, verließ das Lager und suchte mir einen abgeschiedenen dunklen Ort, an dem ich verweilen konnte und ungestört blieb. Ich kauerte mich auf ein winziges Felsplatou, rutschte nahe an die Kante heran und bewegte die Füße in großer Höhe in der Luft. Unter ihnen schimmerten die Nachtfackeln des anderen großen Lagers wie kleine Punkte und hin und wieder konnte ich auch Bewegungendort unten ausmachen. Die Wachen, die auf und ab schritten, ihrer Aufgabe aufrichtig nachkamen, auch andere Krieger, denen der bevorstehende Krieg die Ruhe und den Schlaf raubte. Mir war Ruhe zuteil und Schlaf hatte ich nicht nötig... Und in den ersten Stunden der finsteren Nacht erlag ich mir selbst und konzentrierte mich nur auf einen einzigen Punkt. Doch ähnelte mein Sinnieren dem vorherigen, welches mich trotz aller Entschlossenheit zu keinem Entschluss gebracht hatte. Zu leicht konnte ich mich belügen und mir einreden, mir würden sich noch genug Möglichkeiten bieten, mit ihm zu sprechen. Ja, einen ganzen Tag würden wir hier noch verweilen, bis es gen Minas Tirith ging... Einen ganzen Tag, an dem neben der Entschlossenheit auch der Entschluss nach mir greifen konnte... Ja, ich hatte noch Zeit... Aragorn: Die Müdigkeit hatte sehr stark nach mir gegriffen, stellte ich fest, als ich durch die Zelte der Krieger lief und mich bedächtig umsah. Meine Augen schmerzten und ich dachte mir, ich gäbe diesem Gefühl der Kraftlosigkeit nach und zöge mich zurück. Gestärkt und wach würde ich einen größeren Nutzen mit mir bringen und vielleicht auch jene Hoffnung in mir tragen können, die sich immer mehr aus meinem Kopf geschlichen hatte. So viele sah ich hier und so wenige waren sie doch im Gegensatz zu den Heerscharen, die Minas Tirith auflauerten und die königliche Stadt zu Fall bringen wollten. Welche Gefahren auf uns zukamen, konnte ich nicht abschätzen... das Einzige, was ich wusste, war, dass die Schiffe mit jenen schwarzen Flaggen an ihrer Fahrt gehindert werden mussten... und noch immer war mir keine Spur gekommen, die mir Klarheit über diese Vereitelung bringen konnte. Ein kalter Windzug streifte mein Gesicht und ich blickte zur Seite. Ein kahler Pfad offenbarte sich wenige Fuß von mir entfernt im Weißen Gebirge und es schien, als würde die Kälte bis in meine Knochen kriechen, wie ein Angstgefühl, dass mir unbekannt war. Tiefe Nebel lagen in dieser Straße und ein weiter Blick war einem verwehrt. Ich blieb stehen und starrte hinein, glaubte einen grünen Schein einer Silhouette wahrzunehmen und ich schüttelte den Kopf und schloss kurz die Augen. Diese Ermattung griff wahrlich an mir und ich setzte meinen Weg einfach fort, ohne weitere Gedanken an diese Erscheinung zu verschwenden. Es war kein langer Weg und ich fand mich in einem großen Zelt wieder, welches man mir zur Ruhe überlassen hatte. Man wusste, wo man mich fand, dass ich mich nicht ohne Grund zurückzog und so legte ich mich einfach nieder, das Schwert an meiner Seite und den Blick matt auf die Decke des Zeltes gerichtet. So viel Unklarheit war um mich herum und nichts vermochte es, mir dieses Gefühl des Unbehagens und der Unsicherheit zu nehmen. So vieles galt noch zu tun und so viele Gedanken waren wirr in meinem Kopf. Und nun, während ich dalag und die Augen schloss, konnte mir keine Fiktion mehr den Weg zu Erinnerung verbergen, die ich in der ganzen Zeit zu verdrängen versuchte. Legolas war da... hier und erneut bereit in einen Krieg zu ziehen, der ihn die Unsterblichkeit kosten könnte. Jeder seiner Stärken zu trotz... er könnte fallen und würde mir nie wieder mit Unverständnis... Zweifeln, mir nie wieder mit Güte und Freundlichkeit entgegentreten. Ich fürchtete die Schlacht sehr, doch viel mehr ein Schicksal ohne ihn... und ohne Reinigung der Schuld, die ich auf ihm abgeladen und der ich mich nun erleichtert fühlte. Er war da und doch so weit entfernt... Gandalf war fort. Ich wusste nicht, wie es nun um uns stand und wie er sich schlug. Mir verlangte es sogar nach der Geschichte, wie er den derzeitigen Truchsess Denethor davon überzeugen konnte, Rohan um Hilfe zu bitten und was geschehen würde, wenn er von dem Tod seines Sohnes hörte. Das Versprechen... eines der Dinge, die mich an diesen Kampf banden und mich wieder etwas sicherer werden ließen. Viele hatte ich gebrochen... doch dieses musste ich halten. Ich seufzte leise, legte den Kopf zur Seite und ließ das Sinnieren ruhen. Es dauerte nicht lange und die Geräusche und Stimmen um mich herum verstummten. Die Dunkelheit bediente sich wieder meiner Widerstandslosigkeit im Schlaf und ich glaubte zu fallen, ohne einen Windzug zu spüren. Ich fiel tief ohne einen Ton von mir zu geben und landete urplötzlich weich im herbstlichen Laub. Verblüfft hob ich den Kopf an und fand mich in Bruchtal wieder, geblendet durch vereinzelnde Sonnenstrahlen, die durch die Baumwipfel zu mir hindurchdrangen. Ich stand auf, sah mich um und tat einen Schritt. Nur diese eine Bewegung ließ mich vor eine Klippe stehen und das Tal und all seine Schönheit schien in den Abgrund zu fallen. Meine Augen weiteten sich, als ich die Finsternis unter mir sah. "Und so wähle ich ein sterbliches Leben." Ich hörte die helle Stimme Arwens hinter mir und spürte das Licht, das meinen Rücken wärmte. Vorsichtig drehte ich mich um und als wäre dies eine Erinnerung, zeigte sich leicht verschwommen in einem nun kalten, blauen Licht Arwens Körper, der gebettet auf einem weichen Laken ruhte. Sie war blass. Viel blasser, als sie es zu unserer letzten Begegnung gewesen war und ihre Augen waren nass und zeigten Leiden, die so tief in ihrer Seele verankert schienen, als würde sie diese schon Jahre mit sich tragen... "Wenn ich ihn doch noch ein einziges Mal gesehen hätte..." Brüchig kamen diese Worte über ihre Lippen und in diesem Moment erblickte ich ein gequältes Lächeln, das von einer einzelnen Träne untermauert wurde. Sie schloss die Augen und ihre Hände, die zur Seite ihres Gesichtes lag, erstarb in ihrer Bewegung. Ich rief ihren Namen, machte einen weiteren verheerenden Schritt und spürte, wie etwas meinen Hals streifte. Noch ehe ich einer Reaktion mächtig war, fiel der Abendstern Arwens hinab. Das Licht erstarb und der weiße Kristall zersplitterte in viele Teile, deren klirrender Klang mich um den Verstand zu bringen versuchte. Ich schnellte hoch, packte mein Schwert und schrie! Erst dann... erkannte ich das helle Laken des Zeltes vor mir und fand mich dort wieder, wo ich auch wirklich sein sollte. "Herr?" Von einem gehetzten Atemzug gepackt, sah ich vorsichtig zur Seite und erblickte einen Krieger, der im Eingang des Zeltes stand. Erschöpft ließ ich das Schwert sinken und holte tief Luft, ehe ich nickte. "König Théoden erwartet Euch, Herr." Damit trat er zur Seite und hob den Stoff des Zeltes. Ich sah mich noch einmal um, sichergehend, dass ich nun wirklich in der Realität war und rieb mir die Augen, bevor ich aufstand und hinaustrottete. Träume, die mich zu falschen Zeiten ereilten... was hatten sie nur zu bedeuten? Die Männer, die nun in der jungen Nacht weiterhin umhereilten, gingen mir aus dem Weg, wofür ich dankbar war, denn in meiner Trägheit hätte ich dies wohl nicht zustande gebracht. Ich war verwirrt und überfordert durch diesen Traum... Ein Kloß in meinem Hals erschwerte mir das Hinunterschlucken dieser Illusion und zugleich glaubte ich einer weiteren zu unterliegen, als ich in das Zelt des Königs kam. Er sprach mit einer Person, die völlig in einem schwarzen Umhang verborgen war und sobald ich eintrat, sprach des Königs Blick einen Widerwillen, den ich nicht zu definieren verstand. Er nickte der umhüllten Person zu und setzte sich in Bewegung. "Ich ziehe mich zurück." Geschwind zog er an mir vorbei und ich sah ihm flüchtig nach, ehe ich die Aufmerksamkeit wieder auf die Gestalt vor mir lenkte. Auf einem Stuhl hatte sie gesessen und nun erhob sie sich, wandte sich in meine Richtung und legte die Hände an die tiefe Kapuze, um diese zurückzuziehen. Überrascht hob ich die Augenbrauen, als ich erkannte, wer sich nun zu erkennen gab. Niemand anderes als Bruchtals Herr war es. "Mein Herr Elrond." Sofort verbeugte ich mich tief und richtete mich ebenso rasch wieder auf. Als wäre ich zu der Fähigkeit gekommen, vorauszusehen, was in naher Zukunft geschah, passte dieses Erscheinen unheilvoll zu meinem Traum... Die Miene des Elbenherren war starr und ernst. Sie zeugte von einer schieren Besorgnis, die, die meine bei weitem übertraf. "Ich komme im Auftrag von jener einen, die ich liebe." Ich hielt in jeglicher Bewegung inne und erwartete vieles. "Arwen liegt im Sterben. Sie überlebt nicht lange, jetzt, da sich der Schatten von Mordor ausbreitet. Das Licht des Abendsterns verblasst." Ein kalter Schauer kroch über meinen Rücken, wie eine Lawine kalten Schnees, als ich die Hand zu meiner Tasche lenkte und den Abendstern hervorzog. Das Licht schwand... Nachdenkend verzog ich die Brauen, blickte auf und biss die Zähne aufeinander... hatte ich ihr nicht nur Unheil, sondern auch noch den Tod gebracht? Viel eher noch, als es ein gebrochenes Herz anrichten konnte? "Schickt sie fort. Ich wünsche, dass sie zu den grauen Anfurten reist. In Sicherheit." Ein schwaches, unerklärliches Lächeln zerrte an den Lippen des Herren und er kam wenige Schritte auf mich zu und senkte den Kopf. "Aragorn... sie ist fort." Er schüttelte den Kopf, ehe er mich wieder anblickte und ich konnte nicht sagen, welche Mimik ich ihm preisgab. Erleichterung? Entsetzen? "In ihren Augen sah ich etwas, das ich nicht zu lesen verstand. Und meine Gabe der Vorhersicht lässt mich vieles sehen." Noch einmal bemühte ich mich den Druck in meinem Hals hinabzuwürgen und die Erleichterung Herr über die Unsicherheit werden zu lassen. Sie war fort... "Doch eure Zukunft blieb mir verschleiert. Weder Tod noch Leben sah ich und umso mehr fürchtete ich um die Entscheidung meiner geliebten Tochter. Es ändert nichts daran. Wie Saurons Macht zunimmt, so schwindet ihre Kraft. Arwens Leben ist nun an das Schicksal des Ringes gebunden. Der Schatten ist über uns, Aragorn. Das Ende ist gekommen." Warum nur war sie gegangen...? So vieles musste ich ihr sagen, so viele Tränen wären meine Schuld gewesen, der ich mir bewusst war. Doch woher nahm sie eine Entscheidung, die an sich so richtig war... und doch so rätselhaft. "Es...", begann ich leise, die Augen direkt auf ihn gerichtet und die Hände zu Fäusten geballt, "es wird nicht unser Ende, sondern seines." Eine Kehrwendung, mit der ich zu dieser Zeit nicht gerechnet hatte. Eine Erleichterung, dass der Schatten sie niemals erreichen würde. Das Entsetzen, dass ihr Wesen verloren ginge, wenn wir versagten... "Du reitest in den Krieg, nicht in den Sieg. Saurons Streitkräfte marschieren nach Minas Tirith, dies weißt du." Noch näher trat er und blieb direkt vor mir stehen. Ich spürte eine weitere Last... doch einen weiteren Drang zum Fortgang der Ereignisse und meines Schicksals. "Er hat sich noch einer anderen Kriegsmacht bedient, die vom Fluss angreifen wird. Eine Flotte Korsarenschiffe segelt aus dem Süden heran. In zwei Tagen werden sie in der Stadt sein." Ich nickte, war ich mir vornherein schon bewusst, welche Gefahr sich aus der Unauffälligkeit des Flusses näherte... "Du hast eine Übermacht gegen dich, Aragorn. Du brauchst mehr Männer!" Ich war es mir bewusst! Doch uns fehlten die Krieger, uns fehlte die Stärke! "Es gibt keine!" "Es gibt jene, die das Gebirge bewohnen." Als er dies aussprach, entsann ich mich an den Pfad, den ich erblickte... an die Kälte, die dort lauerte und diese unbekannte Gestalt... ich erinnerte mich an die Geschichten... "Mörder, Verräter! Ihr wollt die zum Kampf aufrufen? Sie glauben an nichts und folgen niemandem!" Als täte sich vor mir ein Hoffnungsschimmer auf, der das Zelt zu erhellen schien, hob er die Hände und in ihnen befand sich ein Schwert! Ich spürte den Stolz und den Glanz der alten Zeiten, glaubte ihn in den Augen Elronds wiederzuerkennen und fühlte die eigene Stärke beim Anblick der Waffe. "Anduril, die Flamme des Westens, geschmiedet aus den Bruchstücken von Narsil." Zögerlich hob ich die Hand und griff nach dem Schwert. Metall, das von Elben geschmieden, so leicht wie eine Feder war, glänzte in seiner Reinheit, als ich es aus der Scheide zog und vor mein Gesicht hielt. "Die Klinge, die zerbrochen ward, wird zurückkehren nach Minas Tirith" Dies war die eine Lösung, die ich suchte und nun fand... "Der, der ein solch mächtiges Schwert zu führen vemag, vermag es auch, eine Streitmacht aufzustellen, die tödlicher ist als jede andere! Lasse den Waldläufer hinter dir, folge nun dem Weg deiner Bestimmung!" Meine Bestimmung... "Schlage die Straße zum Dimholt ein." Mein Weg... "Ónen i-Estel Edain..." Meine Hoffnung und die Hoffnung aller Menschen. "Ú-chebin estel anim." Antwortete ich... bestimmend, wach und sicherer denn je. Ich verbeugte mich, tief und dankbar und wandte mich ab, entschlossen, alles hinter mir zu lassen, das Schwäche und Unsicherheit mit sich brachte. Ich glaubte daran, dass ich sie retten konnte. Dass ich nur alles, was mir Furcht einflößte, verdrängen brauchte und mich der Konzentration auf mein eigenes, alleiniges Ziel hingeben sollte. Narsil war bei mir... und als ich das Zelt verließ, ging ich eilend zu dem Stellplatz der Pferde. Brégo war bei mir... es konnte mir nichts geschehen. Ich hatte ihn schnell gefunden, hatte er sofort wiehernd auf sich aufmerksam gemacht, als ich durch die endlosen Reihen schritt und ich führte ihn ruhig und so unauffällig, wie es mir möglich war, an den Zelten vorüber. Eine Hürde lag noch vor mir, ehe ich den Weg bestreiten konnte... eine Aufruhr würde mir zu einem bitterbösen Verhängnis werden, denn ich wusste nicht, was dort passieren würde, wohin ich zu gelangen versuchte und der Gedanke meine teuersten Gefährten an meiner Seite zu wissen, hätte mir ein endloses Unbehagen bereitet. "Warum tut Ihr das?" Ich schreckte auf und blickte zur Seite, als ich die blonde Maid hörte und jene zu mir gelaufen kam. Sie war bestürzt und ratlos. Ich schwieg und legte die Satteldecke auf Brégos Rücken. "Im Osten wird Krieg geführt, Ihr dürft nicht am Vorabend der Schlacht fortgehen! Ihr dürft die Männer nicht im Stich lassen!" Tief holte ich Luft, beugte mich zu dem Sattel hinab und legte ihn dem Pferd an. "Eowyn." Mahnend war meine Stimme und abschätzend. Ihre Sorge hatte die Grenzen erreicht, wusste man doch, dass ein einzelner Mann nicht gegen eine Schar Feinde ankam. Ihre gesamte Hoffnung in mich zu legen, war ein schwerwiegender Fehler. Es genügte. "Wir brauchen Euch hier!" Ich zog den Gurt fest, zog die Decke zurecht und ging dann an ihr vorbei. "Warum seid Ihr gekommen?" Meine Art war nicht die Direkte, doch was ich in ihrem Blicke erahnt hatte, fasste sie nun ernst und erwartend in diese Gegenfrage. "Wisst Ihr das nicht?" Nur leise hauchte sie diese Worte und ich hätte es schon früher ahnen sollen, viel früher schon abwenden müssen. Ein schweres Seufzen kam über meine Lippen und ich dachte mir, wie ich ihr nun klare Worte geben sollte, die ihr nicht die Hoffnung nehmen durften. Wie könnte ich ihr Licht ersticken, wenn der Glaube noch alles war, was wir besaßen? Wie könnte ich ihr das Herz brechen? Ich strich mir eine Strähne aus dem Blickfeld, sah sie an und schwieg für wenige Augenblicke, ehe ich den Blick senkte. "Ich habe Euch Glück gewünscht, seit ich Euch das erste Mal sah..." Eine Fassade offenbarte ich ihr, die aus Scherben bestehen sollte, damit sie mir die Lügen aus dem Gesicht schnitten. Welcher Einfall war mir nun gekommen und wie gefühllos würde ich ihn nun umsetzen. Doch wenn die Zeit gekommen war... wenn wir überlebten und ich die Gelegenheit fand, dann würde ich vor ihnen auf die Knie sinken und um Vergebung bitten. "Und ich wünsche es Euch in naher Zukunft erneut, wenn der Kampf zu Ende ist und die dunklen Wogen verblasst sind. Lasst uns dann dieses Gespräch fortführen und verzagt nicht." Ihre ernste Miene wich der Unsicherheit und gewiss hätte sie sich eine andere Antwort gewünscht, als diese verworrene, die ich ihr hier zusprach. Doch ich musste mich beeilen und verschwinden, noch bevor der Tag anbrechen wollte. "Verzagt nicht und hofft." Ich ging auf sie zu und griff nach ihrer Hand, besah sie mir und sah die junge Frau bittend an. "Und ich bitte Euch, helft meinem Gefährten. Kümmert Euch um seine Verletzung." Sie schwieg, ihre Lippen öffneten sich, doch kein Ton drang hervor. "Ihr wisst, wie wichtig unsere Gemeinschaft ist. Und er lässt mich ziehen." Ich nickte mir selbstheuchlerisch zu und ließ ihre Hand frei. "Tut es ihm gleich und folgt Eurer Bestimmung." Ich verneigte mich leicht und wandte mich an Brégo, auf den ich aufsaß, bevor ich ein letztes Mal zu Éowyn sah. "Eure heilenden Hände werden seinen Wunden gut tun." Sie nickte, sinnierend doch augenscheinlich einsichtig und drehte sich um, sogleich, um ihren Weg zu ihm zu nehmen und mir damit einen Vorsprung zu sichern. Ich sah es schon vor mir... das erzürnte Gesicht des Elben und den vor Wut die Axt schwingenden Zwerg. Wer weiß, ob sie verstünden, weswegen ich sie nicht mitnahm... und weswegen ich die Gutgläubigkeit ihrer zu meinem Ziele nutzte. Ich hoffte, sie würden mir vergeben. Ich ritt voran, zügig, doch apart, als wären Brégo und ich nur ein Schatten, der sich durch die Bäume auftat und an den unebenen Felsen seltsame Formen annahm. Als ich der Kälte entgegenritt, spürte ich, wie wenige Männer meiner Bewegung folgten, doch verängstigt zurückblieben. Ich hörte ihr dumpfes Geflüster und ließ dennoch nicht ab von meinem Vorhaben und verschwand aus ihren Sichtweiten. In dieser Finsternis war der Nebel so dick, als verdampfe Wasser... und modriger Geruch schien mich schon nach wenigen Minuten des Rittes zu erreichen. Doch was predigte ich Minuten? Mein Zeitgefühl entglitt mir kläglich, während die Kanten des Gebirges borstiger und spitzer und die Straße zu einem Engpass wurden, der einem nach geraumer Zeit wahrlich endlos wurde. Die Geräusche verstummten, als würde sich ein jedes Getier weigern, einen Ton von sich zu geben, obgleich ein Überleben zwischen diesen Felsen annähernd unglaubwürdig erschien. Nach einer mir unendlich erscheinenden Zeit, wurde der Weg von toten Bäumen an den Seiten begleitet und ich stieg ab und führte Brégo an den Zügeln. Ja, er war langsamer geworden. War er doch zu Beginn wagemutig und aufgeregt gewesen, hatte sich nun eine unangenehme Unruhe in ihm breitgemacht, die ihn stocken und zögern ließ. Der Nebel wurde wieder dichter und ich blickte auf zu dem Tor, das ich nun erreichte. "Der Weg ist versperrt. Er wurde angelegt von jenen, die tot sind und die Toten halten ihn. Der Weg ist versperrt." Ein beunruhigendes Gefühl der Beobachtung erfasste mich und ich versuchte in die Dunkelheit vor mir zu blicken und dem Rauschen zu lauschen, das aus dieser Schwärze drang. So enorm die Spannung meiner Glieder, meiner Sinne war, so nachträglich war ich mit den Zügeln in meinen Händen und ein starker Windstoß kam aus dem Tor, so dass Brégo aufschrack und sich losriss. Überrumpelt sah ich zurück und versuchte ihn zu halten, als er schon voller Grausen davonpreschte und im dichten Nebel verschwand. Und so war ich hier... An dem Weg, den ich mir selbst erwählte und der so dunkel war, wie meine Träume in all den vergangenen Nächten. Ich konnte ihr nicht entfliehen und zurückweichen durfte ich auch nicht. Eine Aufgabe wartete auf mich und der Ausgang dieser Bestimmung würde ich entgegen gehen. "Ich fürchte den Tod nicht." Legolas: Augenscheinlich war es keine der Nächte, die durch ihre friedliche Stille auf das Gegenteil aufmerksam machten, so manchen in Beklemmung und Furcht geraten ließen. Sicher, viele waren noch auf den Beinen, doch herrschte hier oben eine Atmosphäre, die mir angenehm war. Nicht weit entfernt, saßen einige Männer vor einem der Zelte. Sie hockten gemütlich beisammen, aßen und unterhielten sich. Ihre Worte versprachen Entspannung und Mut und ich zog es nicht in Erwägung, dass sich ihre Herzen einer anderen Sprache bedienten. Es war einer der Kriege, die es in diesen Zeiten zu bestreiten galt... Weniger Unerfahrene hatten wir nun unter uns und nur wenige Zweifel mochten versteckt und flüsternd in der Dunkelheit von Mund zu Ohr wandern. Zweifel verspürte auch ich nicht... Zweifel, was den Kampf abgelangte... Andere hatte ich jedoch genug. Während ich dort saß, bald das Bein anwinkelte und den Arm darum legte, fühlte ich eine gewisse Müdigkeit in mir, ein leichtes Schwächeln, welchem ich jedoch nur mangelnde Beachtung zusprach. Rasch würde der morgige Ritt nach Minas Tirith gewiss sein, doch würde er weniger an den Kräften zehren und die Zeit, um zur Besinnung zu kommen und meinen Körper zu festigen, würde ich dadurch genug besitzen. Entschlossenheit galt es zu vertreten und ich sah keine Hürde darin, dem nachzukommen. Tief atmete ich durch, setzte das Kinn auf das Knie und blinzelte in die Finsternis hinein. Einmal mehr mussten wir einem Kampf unser Schicksal in die Hände legen... Einmal mehr stünden wir der Ungewissheit gegenüber... Einmal mehr war das Ziel dennoch zu erreichen. Ich baute auf die Stärke Gimlis... Ich baute auf dem Mut Theodens... Ich baute auf die Entschlossenheit der kampferprobten Männer... Ich baute... auf Aragorn. Nichts änderte auch nur das geringste an der Tatsache, dass man in ihm einen vertrauenswürdigen Kampfgenossen fand, der seine wachsamen Augen nicht nur auf den eigenen Feind richtete, sondern warnte, beschützte und sich für einjeden einsetzte. Das Schicksal lag dennoch in der Hand des Kampfes, nicht in der Seinen. Doch ich brauchte seinen Halt, seine Unterstützung, wenn auch nur das Wissen, dass er mit mir in die Schlacht zog. Viele Kriege hatten es mir zur Gewohnheit gemacht, ohne dabei Abhängigkeit zu schaffen. Ich hob die Schultern, ließ sie unter einem ruhigen Atemzug sinken und legte auch den anderen Arm um mein Bein. Die Nacht war nicht mehr jung... ich sollte mir ihre Finsternis zu Nutzen machen, sollte nach neuer Stärke suchen. Nicht nur auf dem Ritt... entkräftet war mein Körper durch die Strapazen, die fehlende Ruhe, dem Entsagen der Meditation. Ich brauchte... Zeit für mich. Langsam löste ich eine Hand, hob sie und wollte meine Stirn reiben. Doch hielt ich inne, als ich die Fingerkuppen auf meine Haut setzte, harrte kurz aus und drehte das Gesicht zur Seite. Nicht lange hielt die geschätzte Einsamkeit an, bis die blonde Maid zu mir trat. Bedächtig waren ihre Schritte, ebenso langsam, als laste etwas auf ihren Schultern, das sie jeglicher Entschlossenheit beraubte. Und dennoch lächelte sie, als sie mich gefunden hatte, hielt die Hände vor der Hüfte und nahm kurz an meiner Zurückgezogenheit teil. Schweigend sah ich sie an, bettete die Hand zurück auf mein Knie und folgte ihren Blicken, die ebenso gedankenverloren, wie ich es war, über die weiten Wälder schweiften, über das weite Bild, welches sich uns hier oben bot. Ich hatte nicht die Absicht, lange mit ihr Vorlieb zu nehmen, war mir die eigene Genesung doch wichtiger als ein Gespräch, welches lediglich aus übertriebener Besorgnis und verborgener Neugierde bestünde. Lange Zeit betrachtete ich mir das faszinierende Spiel der Fackeln, die unten brannten. Ich sah sie lodern, sich im gesamten zu Mustern zusammenfügend... Sie seufzte und ich schloss die Augen. "Ich habe Verständnis für Eurer Sehnen nach stiller Abgeschiedenheit." Vernahm ich ihre Stimme, die leicht bedrückt wirkte. Ich behielt die Lider gesenkt und lauschte dem Wind, der sanft in meinen Ohren pfiff. "Es ist gewiss eine harte Zeit der Entscheidungen." Ich öffnete die Augen, sah sie an und versuchte meine Verblüffung nicht zu verbergen. Entscheidungen traf ich nicht... ich hatte keine zu treffen. Sie erwiderte meinen Blick ruhig und kurz schwand ihr Lächeln, als eine kühle Böe sie erfasste. Mit nachdenklicher Miene stand sie dort, die Augen sinnierend ins Leere gerichtet und ich wandte mich wieder nach vorn, fand nicht die Muse, mich mit ihren Worten auseinanderzusetzen. "Ich würde mich gern um Eure Verletzung kümmern." Fuhr sie nach einem kurzen Augenblick des Schweigens fort und rief mich nun gänzlich aus meiner Absenz. Ihrem Gedanke, ihrer wachsamen Aufmerksamkeit, hatte ich nichts entgegenzusetzen. Vielmehr sah ich es als gute Möglichkeit an, mich für den Kampf zu sichern. Sie sprach nicht weiter, wartete stumm meine Antwort ab und ich begegnete ihr mit einem leichten Nicken, während ich mich zu regen begann, gemächlich auf die Beine kam und ihr folgte, als sie ruhig, jedoch zielstrebig davonging. Etwas verloren und ziellos schweiften meine Augen über den Boden, als ich die Hand in den Gurt meines Köchers hakte und mir meiner Müdigkeit mit beinahe jedem Schritt bewusster wurde. Wann hatte ich zuletzt geruht? In Edoras...? An weitere Erholungen konnte ich mich wirklich nicht erinnern und dabei lag meine erste Begegnung mit dem mir fremden Schlaf, bereits mehr als drei Tage hinter mir. Ich hoffte, sie würde nicht zu lange benötigen. Ohne dass ich sie drängen wollte... Nicht lange zogen wir leise durch das Lager, bevor wir ein weißes Zelt erreichten. Kurz drehte sie sich zu mir um und nur kurz erkannte ich eine undefinierbaren Mimik in ihren Augen, bevor sie sich nach vorn wandte, den weißen Stoff zur Seite strich und mich höflich an sich vorbeiziehen ließ. Entspannt betrat ich ihre Unterkunft. Nur spärlich war sie eingerichtet, beinhaltete das Nötigste und symbolisierte dennoch einen ruhigen Ort, an dem man leicht Erholung und Schlaf finden konnte. Nur flüchtig musterte ich meine Umgebung, wurde dann auf sie aufmerksam, wie sie durchaus etwas matt auf einen kleinen Schemel wies, flüchtig lächelte und davonging. Sie wirkte auf mich, als plagten sie nicht weniger Sorgen. So sanft ihr Lächeln auch schien... es war ebenso aufgesetzt wie hoffnungsspendend und ich fand keinen Vertrauenspol in ihm. Sie kniete sich vor eine hölzerne Kiste und ich hob die Hände, löste die Gurte von meinem Leib, legte meine Waffen sorgsam bei Seite und lockerte die Schnüre meiner Weste. Ich ging gemächlich vor, sah keinen besonderen Grund zur Eile und streifte mir den Stoff über den Kopf. Rasch kehrte sie zu mir zurück und ich ließ mich nieder, bettete den Stoff auf meinem Schoß und betrachtete mir schweigend das helle widerstandsfähige Tuch des Zeltes. Erneut nahm ich ein leises Seufzen hinter mir wahr und begann Befürchtungen zu hegen. Sie schien ihre Bekümmerung nicht zu versteckten, zeigte sie offen und unverwandt. Ich schloß die Augen, zog mit einer trägen Bewegung mein Haar über die Schulter und beugte mich leicht nach vorn. Und annähernd sah ich sie vor mir, wie ihre Miene von Verblüffung befallen wurde und sie inne hielt. "Eure Wunde." Hörte ich sie hauchen, als sie sich langsam hinter mich kniete. "Wie ist das möglich? Es scheint, als läge es lange Zeit zurück, dass man sie Euch zufügte. Doch erst vor kurzem geschah es und beinahe ist die Heilungs abgeschlossen?" Ich reagierte nicht, spürte ihre Fingerkuppen, wie sie vorsichtig, beinahe schon zögerlich, jene Naht betasteten und mir dennoch keinen Schmerz zufügten. "Wie gesegnet wären die Menschen doch mit dieser Fähigkeit." Sie seufzte wieder und ich vernahm Bewegungen hinter mir. "Ich hätte es nicht erhofft, doch scheint die Heilung so rasch fortgeschritten zu sein, dass ich die Fäden ziehen möchte." So erhob sie sich und ich verharrte reglos, entspannt die Finger um den Stoff gelegt, die Lider geschlossen. Deutlich hörte ich ihre Schritte, wie sie an mir vorbeizog, nicht lange fortblieb und sich erneut hinter mich kniete. Leises Plätschern von Wasser drang an meine Ohren und vorerst begann sie die Naht sorgsam und nass abzutupfen. Kühl legte sich ihr Atem auf meine Haut, als sie sich konzentriert näher zu mir beugte. "Eine Frage, die ich mir oft, jedoch erfolglos stellte", flüsterte sie alsbald und beschäftigte sich auch weiterhin mit dem Tuch, "sieht ein elbisches Auge die Freundschaft anders, als das Menschliche?" Ich blickte auf. Ihre Neugierde meinem Volk gegenüber hätte mir nur schwer entgehen können... doch versetzten mich diese Worte in leise Irritation, auf die ich nicht sogleich eingehen konnte. "Herr Aragorn und Ihr..." Ich atmete tief ein, bewegte stumm die Lippen und blinzelte zur Seite. Nein... Konnte ein Gespräch keine anderen Inhalte besitzen? "...ich betrachte mir das Vertrauen, welches zwischen euch herrscht, mit Faszination." Ich hob die Augenbrauen. Vertrauen...? Was sagte sie da? War sie sich nicht bewusst, wie sehr sie der Realität widersprach? "Ebenso empfinde ich tiefsten Respekt gegenüber dem Verständnis, welches ihr dem anderen gegenüber, zu hegen scheint." Ich verzog die Miene, doch ihre Hand legte sich vorsichtig auf meinen Rücken. "Bitte bewegt Euch nicht, ich schneide." Verständnis? Nun war es mehr als Irritation, Unglaube wohl eher. Ihren Worten gegenüber... Ihrer Einstellung... der Fähigkeit ihrer Augen? War das, was ich zu verdrängen versuchte, sang- und klanglos an ihr vorübergezogen? War ihr das, was für mich zu deutlich war, geradewegs entgangen? Ich fühlte mich, als stecke ich in der falschen Haut, als würde sie ein anderes Verhältnis lobpreisen. Eines, welches des Respekts würdig war. Das einzige, was wir an Respekt verdienten, war der Respekt für die unsere Torheit und unser endloses Umherirren in der Dunkelheit, nach dem anderen tastend und ihn doch um wenige Fuß verpassend. Ich fühlte die scharfe Klinge eines kleines Messers, spürte einen leichten Dtuck, dem ich keine Beachtung schenkte. "Und Ihr...", sagte sie, als sie die Hand von meinem Rücken löste und das Messer fortlegte, "... Ihr wirkt so weise in Euren Entschlüssen, so verständnisvoll, dass andere gar an der Innigkeit jener Freundschaft zweifeln würden. Ihr seht das Notwendige als notwendig an, so, wie es einjeder tun sollte, so schwer die Entscheidung auch fällt." Ich blinzelte etwas verworren und sie zog achtsam und mit größter Vorsicht den Faden aus meiner Haut. Einjede ihrer Berührungen war deutlich für mich, ebenso verbunden mit einem leichten Schmerz, den ich als unwichtig abtat. Perplex und sprachlos blickte ich mich um. "Doch Ihr tut Gutes daran." Flüsterte sie in die Behandlung vertieft. "So schwer eine solche Situation auf mir gelastet hätte..." Plötzlich verstummte sie und ich öffnete schweigend den Mund, wartete ab, dass sie weitersprach und mich mit einjedem ihrer Worte mehr verwirrte. Ein letzter Tropfen perlte von ihrer Hand hinab in die Wasserschale und ich drehte das Gesicht zur Seite, sah aus den Augenwinkeln jene Bekümmerung, die unerklärlich nach ihr gegriffen haben musste... sträker noch, als zuvor. Lange musterte ich sie und ebenso lange begegnete sie mir mit Stille, hielt den Blick auf den Boden gerichtet und schien besorgt zu grübeln. Mit jedem ihrer Atemzüge wurde mir die Situation unangenehmer. Ihre Worte konnten doch nicht so verworren sein, wie ich es empfand? Langsam verstärkte ich den Griff in den robusten Stoff der Weste und ihre Augen schweiften alsbald gehetzt von einer Seite zur anderen, bevor sie sich auf mich richteten, mir ein Flehen entgegenbrachten, welches ich nicht zu definieren wusste. "Sagt mir...", sie verzog die Augenbrauen und ich drehte mich langsam zu ihr, wollte sie entspannter anblicken, "... beherrscht Euch denn keine Sorge? Ihr wirkt so entspannt, so entfernt von meinen Gedanken." Nun ließ ich meine Verwirrung nach außen dringen, schüttelte verständnislos den Kopf und hob den Stoff von meinem Schoß. Und sie wirkte nicht weniger überrascht durch diese Reaktion. "Welche Sorgen?" Flüsterte ich und sie öffnete beirrt den Mund. "Wovon sprecht Ihr?" "Ihr wisst es doch...", verunsichert kam sie auf die Beine, beäugte mich mit einem zögerlichen Misstrauen, "... Ihr wisst es." "Was soll ich wissen?" Fragte ich energischer, die Lage wurde mir zu gespentisch. "Herr Aragorn sagte..." "Aragorn?" Auch ich kam auf die Beine und ihr Blick folgte mir geängstigt. "Er sagte... Ihr würdet ihn ziehen lassen." Hauchte sie mit bebender Stimme und mein Gesicht versteinerte. Keiner von uns konnte sich entsetzter nennen, unser beider Mienen verloren an Farbe und ihre Brauen verzogen sich flehend auf der letzten verzweifelten Suche nach Erklärungen. "Ihr wisst es doch... ihr wisst es, oder? Ihr wisst von seinem Vorhaben." Sie rieb die Hände aneinander, trat einen Schritt zu mir und wich dennoch ebenso rasch zurück. "Er sagte, Ihr wüsstet..." "Wovon?" Bittend lehnte ich mich zu mir, hob die Hände, sehnte mich danach, dass sie endlich das quälende Geheimnis löste... doch sie haderte. "Wovon!" Sie zuckte zusammen, rang nach Atem und auch ich kämpfte um ihn, wurde befallen von düstren Ängsten und Befürchtungen, verlor jegliche Ruhe. "Er beschritt den Pfad!" Brach es endlich aus ihr heraus. Und dies mit einer Panik, als würde sie selbst plötzlich den Glauben daran verlieren. Wie ein Schlag trafen mich ihre Worte... stießen mich in die Benommenheit, ließen mich schwerfällig blinzeln und unsicher zurücktreten. Erschüttert und ziellos starrte ich um mich und sie trat näher. Ebenso schwankend und unruhig auf ihren Beinen... ... sah sie, dass sie nicht mehr Wissen an alledem besaß, als ich. Wir beide waren einem raffinierten Plan unterlegen... "Die Straße zum Dimholt...?" Meine Stimme war nicht mehr, als ein annähernd lautloses Hauchen. "... der Pfad der Toten...?" Ich wagte es nicht, sie erneut anzuschauen, die Antwort in ihren Augen zu sehen... ... ein zu großer Schmerz wäre es, dieses Wissen plötzlich zu erlangen... Hart schloss ich die Hand um den Stoff, ballte sie zu einer Faust und mein Herz begann in einem Rhythmus zu schlagen, der durch meinen gesamten Körper zu rasen schien. Mit geweiteten Augen streifte ich ihren Blick, drehte mich in derselben Bewegung noch um und verließ in Schritten, in denen sich nichts mehr befand, was ich auch nur mit Geduld und Ruhe vergleichen ließ, das Zelt. Fahrig war meine Bewegung, mit der ich den Stoff zur Seite schlug und keuchend eilte ich hinaus, hob das Hemd und streifte es mir über den Kopf, während ich mir meinen hastigen Weg durch das Lager bahnte. "Herr Legolas!" Ertönte ihre panische Stimme hinter mir und ich ging weiter. Ungewohnt dumpf und gefühllos gingen meine Schritte auf den Boden nieder und sie eilte mir nach. "Herr... wartet, ich... verzeiht mir, ich wusste es nicht!!" Aragorn... Laut schrie ich seinen Namen bis in mein tieftes Inneres, aufbrausend jagte ein starkes Zittern durch meinen Leib und ich ging noch schneller, bog um die Kante eines Zelts und wurde wankender in meinen Schritten... als ich den Weg sah. Weit war ich noch von ihm entfernt und doch schien die Kälte bis zu mir zu reichen, in mich einzudringen, mich in eine noch größere Furcht zu stürzen, bis die Kontrolle meinen Händen entglitt und ich jedliches Zögern von mir stieß und meinen Weg fortführte. Ich wusste nicht, was ich tun wollte... ich wusste nicht, zu welcher Tat mich das Entsetzen trieb... doch ich ließ mich mitreissen. "Wartet!!" Gebrochen erhob sich Eowyns Stimme hinter mir, Eomer und seine Kumpanen verstummten und blickten auf, als ich an ihnen vorbeihastete, den Blick brennend auf den Weg gerichtet... "Bitte... so wartet doch! Ihr dürft dies nicht tun!" Aragorn... Narr, Tölpel, unwissender Tor!! "Legolas!!" Drohend stieß mir eine eisige Böe entgegen, raubte mir kurz den Atem, ließ mich blinzeln. Nur noch wenige Schritte trennten sich von meinem Ziel, schützend hob ich die Hand vor das Gesicht, hielt nicht inne in meiner Hast... und erneut rief Eyown nach mir. Aragorn... Heuchler!! Was fand er an diesen Taten?? Weshalb beging er sie?? Welcher Teufel ritt ihn?? Wie konnte er gehen?! Wie konnte er gehen... in solch einer Zeit?? "Haltet ein!" Grob legte sich ein Arm über meine Schulter, hastig packte mich auch eine Hand am Arm und aufgeregter Atem drang an meine Ohren. Eomer klammerte sich um mich, bewies mir seine Kraft zu einem gänzlich falschen Zeitpunkt. Er entriss mir das Gleichgewicht, zog mich zu sich, zog mich zurück und ich stolperte. "Es ist Wahnsinn!" Ich schnappte nach Luft, wollte seine Worte nicht hören... nicht seine Stimme...!! Ächzend wand ich mich in seinem festen Griff, stemmte mich gegen ihn, starrte auf die finstere Kluft... ich musste zu ihr gelangen! Ein anderer Mann trat eilig vor mich, tauchte auf wie ein Schreckgepenst und mein erschütterter Blick streifte ihn, bevor ich mich verbissen zur Seite lehnte, mit den Augen nach meinem Ziel suchte und sich zwei starke Hände auch auf meine Schultern legten. Ein Druck stand gegen mich, dem ich nichts entgegenzusetzen hatte, als auch ein Dritter erschien und sich Eomer gänzlich um mich klammerte, die Arme um meinen Bauch schlang. Rasend fiel mein Atem und ich wurde kurz auf Eowyn aufmerksam, die blass, und verlassen von jeglichem Glauben, in geringer Entfernung stand, die Hände presste und das Geschehen mit nicht weniger entsetzter Miene verfolgte. "Kommt zu Verstand!" Keuchte Eomer und seine Haltung verfestigte sich. "Ihr könnt dort nicht hineingehen!" Reglos stand ich dort, gehalten von drei Männern und mich wehrlos in ihren Griffen windend. Und ebenso starrte ich noch immer auf den dichten Nebel... ... hinein in den finsteren Pfad... der einjedem den Tod brachte! Jedem!! Ich biss die Zähne zusammen, versuchte mich ein letztes Mal zu befreien und scheiterte. Keuchend ließ ich den Kopf sinken, schloss erschöpft die Augen und hielt den Atem an, um ihn kurz darauf umso lauter hervorbrechen zu lassen. Wirre Haarsträhnen verdeckten mein Gesicht und ich hob die Lider, blinzelte und starrte auf den Mann, der sich mir gegenüberhielt. Noch immer lagen seine Hände auf meinen Schultern und er erwiderte meinen Blick nicht minder aufgeregt. "Gut?" Fragte er vorsichtig und ich wandte trotzig das Gesicht ab, wand mich nachlässiger und schaffte es endlich, einigen der Griffe zu entgehen. Aufmerksam und stets auf der Hut, lösten sich die Hände von meinen Schultern, blieben jedoch gehoben, dazu bereit, sofort neu zuzupacken. Verbissen befreite ich auch meinen Arm aus Eomers Griff, riss mich los und wich zurück. Unsicher waren meine ersten Schritte, mit denen ich mich von den Männern löste, fahrig und unkontrolliert auch die Bewegung, mit der ich mir das Gesicht rieb und ihnen die andere Hand abweisend entgegenstreckte. Es war entgangen... doch schienen einige aus ihrem Schlaf gerissen worden zu sein. Unentschlossen umgaben mich die Männer, leise miteinander flüsternd, mich anstarrend, abwartend und sicher bereit, einzugreifen, sich ebenfalls gegen mich zu stellen. Verzweifelt starrte ich auf die Mauer von Kriegern, starrte auch auf Eomer, der sich nicht bewegte, die Hände erhoben hielt und mich mit wachen Augen musterte. Ich presste die Lippen aufeinander, richtete mich schleppend auf, trat zwei Schritte zur Seite, zwei Schritte zurück und blieb wieder stehen. Lauernd suchte ich noch immer nach einer Möglichkeit... "Was treibt Euch dort hinein?!" Ungläubig trat Eomer auf mich zu, ich zog an ihm vorbei, den stechenden Blick auf ihn gerichtet, abwartend und nicht weniger aufmerksam, als er es war. "Ihr kennt das Gerücht! Ihr wisst, was dort lauert! Und Ihr seid Euch auch des Todes gewiss, der dort nach Euch greifen wird!" "Wo wart ihr?!" Schrie ich mit bebender Stimme zurück und trat fahrig zur Seite. Zitternd rieb ich mir den Mund, schüttelte den Kopf und blieb stehen. "Wo wart ihr denn, als ein anderer diesen Pfad beschritt?!" Eomer hielt inne, wirkte irritiert und suchte Antworten in den Gesichtern der Anwesenden. Leises Raunen zog durch die Menge. "Es ist mein Leben!" Stieß ich hervor und schluckte schwer. "Es ist mein Leben!!" "Doch dürft Ihr es nicht so verlieren!" Erhob sich die Stimme eines Mannes hinter mir, ich drehte mich um. "Was bringt Euch Entschlossenheit und Hoffnung, wenn es nur der Tod ist, der Euch gewiss sein wird?!" "Was bringt es Euch, in den Krieg zu ziehen?!" Antwortete ich und kämpfte stolpernd um das Gleichgewicht. "Die einzige Gewissheit für Euch selbst, ist ebenso der Tod!!" Ein leises und doch unverkennbares Geräusch ließ mich innehalten. Mit geweiteten Augen richtete ich mich auf, stumm suchten auch meine Lippen nach Worten und hastig fuhr ich herum, richtete mein Augenmerk entsetzt auf die Dunkelheit, aus der die Laute drangen. Irritiert schlossen sich die Anwesenden meiner Beobachtung an, vernahmen nicht das, was ich bereits hörte... und erst nach wenigen Augenblicken löste sich Eomer von der Gruppe, trat langsam an den Pfad heran, während andere furchtsam zurückwichen. Dumpfes Trommeln in der Finsternis... Ein großer Schatten zerriss den Nebel und panisch sprang Brégo ins Freie, machte einen großen Satz, schlug mit den Hinterläufen und wieherte laut. Ein erschrockenes Ächzen ging durch die Menge und während Eomer eilig zur Seite ausweichen musste, sah ich den stolzen, und nun doch so verängstigen Hengst... Aragorns Pferd! Er bäumte sich auf, drehte sich, war überfordert in dieser Masse und scheute vor jedem Mann zurück, der versuchte, nach seinen Zügeln zu greifen. Was konnte die Treue Brégos zerstört haben...? Was konnte ihn dazu zwingen, seinen Herren zu verlassen? Tumult brach aus. Laut wieherte Brégo, zeigte seine Angst, gab auch einigen Kriegern diese Furcht und ließ sie zurückweichen. Aufgeregt versuchten die andere Männer, den Hengst zu bändigen, zu beruhigen, ihn erst einmal zu fassen. Ich jedoch... sah mich bestärkt in meinem Vorhaben! Aragorn musste etwas zugestoßen sein! Etwas war passiert und es brachte mich um den Verstand, hierzustehen, untätig zu sein!! Ich musste ihm helfen! Konnte mich nicht der Sorge um ihn verwehren... musste ihm zur Seite stehen! Weshalb war er ohne uns gegangen?? Ohne uns... gerade, da ihm eine solche Gefahr drohte!! Erneut erwachte ich zum Leben, pirschte mich an einem nahestehenden Mann vorbei, schob mich auch durch die nächsten zwei und entkam ihren Händen, die sogleich nach mir greifen wollten. "Bleibt stehen!!" Ich duckte mich, rempelte einen Krieger zur Seite, sah mein Ziel näherkommen... Angespannt biss ich die Zähne zusammen, stieß mich ab, begann zu rennen... Da erfasste mich eine Wucht von der Seite und bevor ich stürzen konnte, spürte ich jene Arme, sich fest, beinahe brutal um meinen Leib legten, mich hielten und sogleich Unterstützung bekamen. Hände umklammerten meine Arme, Männer stemmten sich gegen mich, drängten mich zurück und ich riss mich los, streckte die Hand meinem Ziel entgegen, versuchte Halt auf dem Boden zu finden und rutschte dennoch zurück. "Lasst mich!!" Ich spreizte die Finger, setzte all meine Kräfte auf den letzten Widerstand und abgrundtiefe Verzweiflung griff nach mir, als man mich übermannte. Beinahe schnürte man mir die Luft ab und man stemmte sich so arg auf mich, dass meine Knie nachließen und ich zu Boden ging. Die Hände folgten mir, ließen mich nicht los und zusammengesunken blieb ich kauern, senkte den Kopf tief und schloss verkrampft die Augen. Noch immer drang das panische Wiehern Brégos an meine Ohren, die Rufe anderer Männer, die ihn endlich zu fassen bekamen und unruhig packte man mich erneut, hielt mich mit allen Mitteln von meiner Pflicht ab...!! Aragorn: Die Kälte hatte mich schon lange vorher erreicht, ehe ich den Pfad beschritten hatte, doch nun, da ich vor dem schweren Tor stand, war sie klirrend und schneidend. Brégo war verschwunden und ich glaubte nicht, dass er sich mir zuliebe erneut hierher zurückbegeben würde und mir beistand. So war es also Zeitvergeudung hier zu verharren und stattdessen meinen Worten Nachdruck zu verleihen. Ich fürchtete den Tod nicht... ja, ich tat alles, um meiner Pflicht nachzukommen. Eine harte Windböe drängte mich zurück, doch ich trat ihr entgegen und in diesem Sinne in die tiefe Dunkelheit. Die Decke spitzte sich zu und wurde schmaler, ebenso die Wände. Ich versuchte mir diese Düsternis fernzuhalten, indem ich mir vorzustellen wagte, wie schwer es Gimli hier hätte, müsste er sich mit seiner Zwergenart durch diesen endlos schmalen Gang drängen. Doch mir gelang kein Lächeln, keine Aufheiterung. Diese vage Vorstellung verschwand ebenso, wie sie gekommen war und es wunderte mich nicht. Ich sah zu Boden und konnte im Grunde nur abtreten, denn der Nebel versperrte den Blick auf ihn, so dicht und voll er war. Er zog sich ebenso durch den Gang. Ich fand es fragwürdig, weswegen er sich nur meiner Bewegungen wegen rührte, wo doch Wind und Kälte durch etliche Risse und Löcher strömten. Dieser Dunst war geisterhaft und ich wagte es nicht, mich zu ihm hinabzubeugen und nach dem Boden zu tasten. Ich glaubte, nach langem Marsch und unbekannten Geräuschen von Wassertropfen, die gegen die Wände fielen, wurde die Luft um mich herum stickiger. Es war nicht mehr der modrige Geruch... es war, als würde ich verbrannte Knochen, die zu Asche aufstiegen, einatmen. Immerzu behielt ich den Griff an dem Schwertheft, bereit, reaktionsschnell zu agieren und ungewünschten Feinde entgegenzutreten. Doch eher noch spürte ich die Angst, jene die ich suchte, nicht zu finden.. oder aber durch sie nie wieder das Licht des Tages zu erblicken. Ich irrte weiter und kam zu einer Weggabelung, in der ich einfach zu meiner Rechten weiterging... Diese Finsternis machte mich schwermütig und ungläubig. Mein Glauben an meine Kraft schwand. Was war, wenn sie ihren Schwur verweigerten, wenn sie mir selbst im Angesicht Andurils keinen Glauben schenkten? Was war, wenn sie überhaupt nicht mehr existierten und die Legenden der Verfluchung durch Isildur nur eben das war? Eine Legende... Ermattet sah ich auf, nachdem ich diesem Weg gefolgt war und hielt sofort inne. Vor mir tat sich eine Sackgasse auf. Ein Ende, zu welchem mich meine zweifelhafte Entscheidung gelenkt hatte. Es war so ruhig... so leise und einsam. Ich hätte nicht geglaubt, dass mir das wirre Gerede Gimlis und das hektische Treiben der Wesen um mich herum fehlen würde, wenn ich ihnen so mutmaßlich aus dem Wege ging. Doch... ein lautes Gepolter durchbrach binnen Sekunden die Stille dieser Isolation und ich schaute über mich und sah Gesteinsbrocken an den Wänden hinabfallen. Mir blieb keine Zeit für Gedanken und ich ließ schnell einige Fuß hinter mir, um ihnen zu entgehen. Doch streckte ich die Hand nach hinten aus, während ich rannte und rief einen Namen, der mir so althergebracht war, dass ich nicht darüber nachdachte. "Legolas! Vorsicht!" Ich blieb abrupt stehen und drehte mich um. Für einen kurzen Augenblick hatte die Erde gebebt und nun war hinter mir der Weg halb verschüttet und der Dreck aufgewirbelt. Die Stille kehrte zurück, obgleich mein Schrei leer und kalt in dem langen Gang widerhallte. Sinnlos war diese Besorgnis hervorgetreten... völlig von Unbelangen... Mein Atem fiel schwer und ich blickte lange noch zurück, ehe ich umherschaute und mich nach weiteren Gefällen erkundigte. Erst dann, als ich glaubte, wenigstens in dieser Hinsicht in Sicherheit zu sein, lehnte ich mich an die Wand. Ich ließ mich nicht davon stören, dass sich Felshänge in meinen Rücken bohrten und mir durch ihre Unebenheiten Schmerzen bereiteten. Ich musste den Pfad nun zurück schreiten und hoffen, dass auf dem anderen ein Durchgang war und vor allem das, was ich ersuchte. Träge hob ich die Hand und fuhr das kalte Gestein zu meinen Seiten nach, blickte auf und holte tief Luft, während ich die Augen schloss. Ob er es schon bemerkt hatte? Mein Verschwinden? Wie hatte er es wohl aufgefasst und was ging nun in seinem Kopf vor? Ich hatte Éowyn belogen, um ihn fernab zu wissen, damit ich verschwinden konnte. Ich hatte sie allesamt vor den Kopf gestoßen. Doch was wäre dies für eine Trennung gewesen? Oder eher noch wären sie wohl nicht von meiner Seite gewichen, egal, wie ich es ihnen zu erklären versuchte. Sie wären hier... und ich nicht so tollkühn und ratlos. Oft hatte Gimli mir mit seiner rauen Art so manchen Ansporn geleistet... und aus jeder scharfen Situation einen vielleicht auch unpassenden Scherz gelockt, der dennoch vielerlei Entspannung mit sich brachte. Und Legolas... nun war er mir nicht nur durch die Seele verloren gegangen... er war nicht mehr hier, nicht einmal mehr körperlich. Ich vermisste ihn, obwohl ich nicht abschätzen konnte, wie lange ich hier umherirrte. So vieles hatte ich zurückgelassen und wer wusste schon, ob ich all das wiedersehen könnte. Ob ich ihn wiedersehen, ihm in die Augen blicken und seine Stimme hören würde. Schwer sank mein Kopf hinab und mein Kinn auf die Brust. Mein Atem entfloh mir keuchend. Alles würde ich tun, um ihn noch einmal zu sehen... und dann viel lieber noch mit einem Lächeln auf den Lippen, da ich meine Pflicht erfüllte, wie es von mir verlangt war und mit weichen Worten, die sich lange schon aus seiner schönen Stimme geflüchtet hatten. Ich wünschte mir nichts sehnlicher, als all den Schrecken hinter mir zu lassen, um ihn für einen Moment des Friedens bei mir zu wissen. Mein Kopf hob sich wieder, meine Augen öffneten sich und mit ein wenig Schwung stützte ich mich von der Wand ab und kehrte zurück. Etwas starrte auf meinen Rücken, doch wusste ich, dass dort nichts sein könnte, außer Brocken und eine Mauer, die mir den Weitergang in diese Richtung versperrte. Etwas beobachtete mich und ich konnte nicht ausmachen woher es kam und folgte einfach meinen Weg, hoffend, dass es mich noch auf sich aufmerksam machen würde. Ich verengte die Augen und sah den Nebel immer höher steigen, als ich zu der Gabelung zurückkehrte und zu meiner Linken weiterschritt. Die Trübung zeigte mir seltsame Gebilde... Ich sah Gestalten von Männern und Pferden... bleiche Banner, die wie Wolkenfetzen und Speere aufragen, wie Winterdickichte in einer nebligen Nacht. Die Toten folgten mir und meine Schritte beschleunigten sich... Sie wurden gerufen. Kapitel 12: *~niphred~* ----------------------- Bemerkung einer der Autorinnen: Soooo~ diesmal ein etwas längeres Kappi. ^_~ Ihr holt gefährlich auf; langsam fühlen wir uns bedrängt... obwohl... nein. ^^ Wir haben noch über Einhundert Seiten zwischen uns. Viel Spaß und Danke für eure Geduld. ^^ Mono Legolas: Quälend zerfraß mich die marternde Schwäche, ließ mich in meiner Hilflosigkeit verzweifeln und drückte mich nicht weniger hinab, als die Hände, die noch länger auf meinen Schultern gebettet lagen. Mit strenger Vorsichtig hielt man mich unten, löste sich nur zögerlich von mir und trat zurück, ohne sich zu weit zu entfernen. Ohne, dass sie auch nur für den geringsten Augenblick in andere Richtungen flohen, waren die Augen der Männer auf mich gerichtet und als auch Brégo allmählich zur Ruhe kam und jene nächtliche Stille zurückkehrte, wurde die Gewissheit umso deutlicher... Ich... hatte versagt. Fehler hatte ich begangen, mich in Widersprüchen verfangen, mich selbst nicht verstanden und andere noch weniger. Wie könnte es sonst sein? Ich blinzelte benommen, meine Miene schmerzte unter den Ausdrücken, die sie doch so selten befielen. Wie könnte es unter anderen Umständen dazu kommen, dass erst Frodo und Sam in die Wildnis zogen und sich der Einsamkeit hingaben? Stockend ließ ich den Kopf sinken, matt senkten sich meine Lider, während meine Lippen stumme Verzweiflung aussprachen und sich aufeinanderpressten. Wie könnte es sonst geschehen, dass wir bald auch Merry und Pippin beinahe verloren geglaubt hätten? Zitternd strömte mein Atem hinaus in die kühle Nachtluft, mein gesamter Leib bebte und meine Hände waren nicht ruhiger, als sie sich mit schwindender Kraft in den Stoff meiner Hose klammerten. Wie könnte es dazu kommen, dass sich Gandalf und Pippin von uns trennten?! Wenn wir dem Schicksal ein solches Vertrauen schenkten... wieso lenkte es uns in jene verlorene Richtung, in der der Weg nur nach wenigen Schritten endete? Besaß diese Welt keine Gutmütigkeit mehr?? Ich sank ich mich zusammen... Welcher Sünde hatten wir uns beladen, wenn dies das Schicksal sein sollte, welches uns zustand?? Welche Frevel hatte ich begangen, um mit den Letzten der Gefährten zurückzubleiben?! An welchem Unrecht hatte ich mich bedient... dass nun auch Aragorn ging?! Er, der in sich den Anführer sah... der es war! Weshalb...? Als schotte mich eine düstre Kammer von der Realität ab, vernahm ich leises Murmeln, welches sich gespenstisch erhob. Überall um mich herum... Das leise Knacken des Gesteins unter unruhigen Füßen, das leise Kratzen der Rüstungen, als sie sich aneinander drängten. Ein Windhauch streifte mein Gesicht, doch spürte ich seine Kälte nicht... ließ ihn unbeachtet vorbeiziehen, blieb kauern. "Was geschieht denn?", vernahm ich die Stimme eines Mannes, leises Raunen folgte. "Wo ritt er hin? Heerführer Aragorn! Warum geht er am Vorabend der Schlacht?" Ja... warum ging er... Ein gepeinigtes Grinsen zuckte an meinem Mundwinkel, trieb einen Schmerz durch mich, den nur mein Herz wahrnehmen konnte. "Er geht, weil es keine Hoffnung mehr gibt", murmelte ein Krieger mit verbissener Stimme und ich hob die Lider. Nur langsam öffnete ich die Augen, starrte auf das finstre Gestein zu meinen Knien und spürte das leichte Kitzeln einiger Haarsträhnen, die der Wind in mein Gesicht streifte. "Er geht, weil er gehen muss", erhoben sich Worte in der Menge, die einen jeden zum Schweigen brachten. Nur die Laute einiger Bewegungen blieben zurück und mein zitternder Atem, als ich stockend zur Seite blickte. Nichts schien seine erhobene Haltung erschüttern zu können... ebenso wenig seine Miene, die selbst in den Zeiten, denen es marternd an Hoffnung mangelte, eine gewisse Entschlossenheit preisgab... Nur kurz sah ich ihn an, ließ meinen Blick weiterdriften, hoffte, er würde in eine Welt eintauchen, in der keine Angst Existenz verdiente. Doch sah ich nur bleiche Gesichter, unentschlossene Mimiken, glanzlose, gar trübe Augen... "Zu wenige sind gekommen." Ein Mann löste sich unentschlossen aus der Menge, hob die Hände und suchte nach Hoffnung, die hier niemand besaß. "Wir können die Streitkräfte Mordors nicht besiegen." "Nein, das können wir nicht", antwortete Theoden daraufhin und... ... ja, die Wahrheit schmerzte. "Doch nichtsdestotrotz werden wir ihnen in der Schlacht entgegentreten." ... gewiss... der Tropfen auf dem heißen Stein. Ich schüttelte langsam den Kopf, doch ging diese Gestik unter in dem Meer der Bewegungen, als sich die Männer zu regen begannen, mir den Rücken kehrten... Als einige von ihnen fortgingen und andere dennoch zurückblieben. Flüsternde Stimmen erfüllte die Luft, Raunen, Worte, die so zahlreich in die verschiedensten Richtungen drifteten... Und Schritte, die sie mir näherten. Noch immer stand Eomér vor mir, hatte der Diskussion schweigend beigewohnt und verblieb auch jetzt noch stumm. Er folgte dem Mann, dessen Weg stets der Richtige zu sein schien... Er folgte dem Mann, dem sein Vertrauen gehörte... Und ich... ich sehnte doch mich nur nach demselben... Leise traten sie zurück und ein Fuß setzte sich vor mich. Ich schaute nicht auf, wollte nicht die Miene sehen, wollte nicht die Unsicherheit erkennen, die sich vor meinen Augen nicht zu verbergen wusste. Meine eigene Unsicherheit genügte mir... unter einer noch größeren Last würde ich zerbrechen... und so nahm ich sie nicht auf mich, bannte den Blick trübe auf den Boden und vernahm alsbald seine Stimme. Sie erhob sich erst nach einem langen Zögern. Kurz hatte er sich auch zum Pfad umgedreht... ich wusste es. "Er wird seine Gründe besitzen", murmelte er, mit sich selbst im Unreinen und mir allein mit seiner Stimme das Gefühl näherbringend, vor dem ich zu flüchten versuchte. Ich schluckte. "Er ist kein Mann, der flieht, der sich vor einem Kampf scheut... sich von der Angst so immens erfassen lässt, dass er sich dazu gedrängt fühlt. Ihr kennt ihn. Ihr kennt ihn weitaus länger, als ich... beantwortet Euch diese Frage selbst." Kannte ich ihn...? Kannte ich Aragorn? Wusste ich denn, was in ihm vorging? Mit Verbissenheit unterdrückte ich jenes ironische und verleugnende Lächeln. War ich mir seiner Gefühle bewusst gewesen? Eine Hand legte sich kurz auf meine Schulter, bevor die Schritte an mir vorbeiführten, sich von mir entfernten. Nein... kraftlos richtete ich mich aus der zusammengesunkenen Haltung auf, blickte hinüber zum Ort, der uns entzwei gerissen hatte. Ich kannte ihn nicht. "Potzblitz!!" Donnernd erhob sich die mächtige Stimme in der Stille und mich durchfuhr ein erschrockenes Zucken. Meine Sinne waren erlahmt, hatten ihn nicht wahrgenommen... und schien er lange genug hier gestanden zu haben. Zögernd blickte ich auf, wandte mich jedoch nicht um... schaute nicht zurück, dorthin, wo er sich befand. Seine Wut richtete sich dieses einzige Mal auf einen anderen... Ich vermochte sie nicht abzufangen, nicht zu teilen. Eomér jedoch, ließ die Arme sinken, die er soeben noch vor dem Bauch verschränkt gehalten hatte. Schweigend sah er an mir vorbei. "Legolas, was tut der Tölpel nun schon wieder?! Hast du ihn gesehen, diesen abgestumpften Narren?! Ist er denn von all seinen königlichen Geistern verlassen oder waren sie ihm noch nie hold??" Die pure Wut schien den Zwerg zu beherrschen. Nicht so wie sonst, wenn er mit leichter Boshaftigkeit stichelte. Schwere Schritte kamen näher und ich wünschte sie hinfort. Fort, wie den Rest der Anwesenden... "Oft schon leistete er sich Fehltritte, doch wird dieser vermutlich sein Letzter sein!" Neben mir kam er zum Stehen und ich wendete das Gesicht ab, entfloh seinem Blick. "Ist es zu seinem Besten oder zu unserem! Schwere Entscheidung, schwere Entscheidung... Legolas!" Ich schloss die Augen, mein Lippen verblieben reglos und stumm. "Ich hörte andere Menschen über diesen Pfad sprechen! Hätte er die Warnungen doch auch gehört! Aber hätte ihn dies gestoppt?! Was geht in seinem Schädel vor sich?!" Er rang heftig nach Luft, wollte seinem Zorn auch weiterhin freien Lauf lassen. Doch er verfiel dem Zögern, gestikulierte lange und unentschlossen mit den Händen, schlug sie über dem Kopf zusammen und drehte sich um sich selbst. Ein leises Räuspern drang aus Eomérs Richtung. "Ihr schenktet ihm Vertrauen und dies ganz sicher nicht grundlos." Seine Worte waren es, die bedeutsam zu mir drangen, mich um ein Stück aufwachen ließen. "Vertrauen ist teuer und selten in solchen Zeiten. Hegt Erinnerungen an die Gründe." Unter einem erschöpften Atemzug ging er in die Knie, hockte sich vor mich. "Vertrauen!" Gimli stemmte die Hände in die Hüften. Ratlos stand auch er neben uns und fand nur schwerlich die Worte. "Wie teuer kann ihm unser Vertrauen sein, wenn er es zurücklässt, genau so, wie er uns verließ?" Eomér faltete die Hände zwischen den Knien. Seine Mimik verriet seine Auseinandersetzung mit den Geschehnissen und ebenso in Grübeleien vertieft, begann auch der andere Mann zu schlendern. Wenige Schritte vor, wenige zurück, immer wieder inne haltend und sinnierend. "Legolas!" Die Nerven des Zwerges waren am schwinden, als er sich ruppig zu mir wandte, die Hände hob, sie mir entgegenstreckte. "Du kauerst dort, als hättest du nichts zu sagen?! Als wärst du ein Unbeteiligter!" Ja... und ich wünschte, dem wäre so! "Drei von acht sind übrig! Drei von einst acht Gefährten?! Und du schweigst?! Nein, wirst auch du vielleicht bald gehen?! Oder Merry oder gar ich?! Wer wird zurückbleiben von der Gruppe, die das Schicksal Mittelerdes trug?!" Eomér senkte den Kopf, er biss sich auf die Unterlippe, seine Hände klammerten sich fester ineinander und der andere Mann blieb stehen. "Was soll der Hobbit dazu sagen?! Was soll Merry denken! Erst verlor er Pippin, seinen treusten Kameraden, nun verliert er Aragorn... seinen Anführer?!" Und ich... hatte ihn wohl nicht verloren?! "Die Hoffnungslosigkeit wäre mir nun das Liebste!" Vergrämt fuhr sich Gimli über den Bart und kehrte mir ruppig den Rücken zu. "Aufzugeben, wozu er uns drängt! Scheinbar gedankenlos! Wo ist sein Verständnis? Wo ist sein Einfühlungsvermögen?!" Er streckte die Arme gen Himmel, als erhoffe er sich von ihm guten Rat. Eomér sah mich an. "Meint er, sein Verschwinden würde nichts am Zusammenhalt der Gefährten ändern?! Ob nun zu viert oder zu dritt... was macht das schon?!" Er stieß einen wuterfüllten Schrei aus, schlug sich gegen den Helm und wandte sich ab. Scheinbar ziellos und nicht offen für Worte, stampfte er davon und lange hörte ich sein zorniges Fluchen, bevor die nächtliche Stille es verschluckte. Und seine Worte führte ich mir nicht zu Gemüt. Zu qualvoll entsprachen sie der Realität, drückten das aus, wozu ich nicht imstande war... zu dem ich nicht imstande sein wollte. Zurückgezogen wollte ich sein... zurückgezogen und mir selbst überlassen... so wie er es scheinbar beabsichtigt hatte. Nur das wollte ich. "Ist er Euch so wichtig?", erhob sich die ruhige Stimme Eomér´s vor mir, langsam trat der andere Mann näher. "Seid Ihr so an ihn gebunden, dass Ihr nicht einmal mehr aufstehen könnt, ohne ihn?" Zitternd atmete ich ein, senkte den Kopf so weit, bis mein Kinn die Brust berührte, die noch immer nur von dem dünnen Hemd bedeckt war. An ihn gebunden...? Gewiss war ich das... ich war einer der Gefährten. Gebunden waren wir alle aneinander. Doch... weshalb konnte ich nicht dieselbe berechtigte Wut verspüren, wie der Zwerg...? Weshalb fühlte ich mich so matt, so entkräftet? "Ich bitte Euch, findet zur Ruhe. Was auch immer Ihr am morgigen Tag zu tun gedenkt, für alles benötigt Ihr Kräfte. Und Eurem Anschein nach, zweifle ich daran, dass Ihr sie besitzt." Die Nacht wurde älter. Hatte ich in ihrer lieblichen Stille gehofft, sie würde lange andauern, sehnte ich mich nun danach, sie bereits hinter mir zu sehen, das Licht des Tages zu erblicken, auf dass meine Gedanken nicht von jeder äußeren Finsternis überkommen wurden... noch düsterer wurden, als sie ohnehin schon waren. Lange blieb Eomér bei mir. Verstrickt in knappe Blicke zum Pfad und ebenso in den Kampf, sich davor zu hüten, leistete er mir Gesellschaft und auch einer der Männer war geblieben... ebenso redegewandt, wie er und ich es waren. Ich wusste nicht, weshalb sie ausharrten. Womöglich, um mich hier zu wissen, nicht in der Dunkelheit des Gebirges, der sich Aragorn ausgeliefert hatte. Vermutlich war es ihnen ein Leichteres, mich auf diese Art und Weise zu überwachen, mich vor Dummheiten zu verschonen, derer ich mir wohl zu spät bewusst geworden wäre. Ich jedenfalls bewegte mich nicht, blieb kauern und sah lange Zeit die tiefe Nacht, wie sie sich nicht veränderte. Ich wusste nicht, was ich in jenen Augenblicken spürte... Meine Gedanken jedenfalls, waren erlahmt und fanden nicht die Kraft, erneut zum Leben zu erwachen. Aus Zögern... gar aus Furcht? Nur eines Gefühls war ich mir bewusst. Trauer... die mich zerfraß, die mich hier auf dem kalten Boden hielt, mich an jeglichen Bewegungen hinderte. Beinahe entging meinen trüben Augen der Sonnenaufgang, annähernd entging ihnen das Licht, welches er mit sich brachte. Als hätte sich nichts geändert... Ich war schweigsam, in mich gekehrt, zu sehr damit beschäftigt, der Realität zu entsagen, als dass ich mich auf mich selbst hätte konzentrieren können. Verstrickt in einen Kampf, das Grausame zu verdrängen und mir den Verstand mit gnadenlosen Selbstbelügungen zu vernebeln, drang nichts zu mir. Nur ich selbst vermochte es, mich von der betäubenden Absenz loszulösen. Und ich fühlte mich wahrlich betäubt, als ich jenes Drängen um mich sah, das Meer der Vorbereitungen, in dem ich einfach unterging. Flüchtige Blicke streiften mich, fanden jedoch keine Antwort. Und Eomér war gegangen... Trotz seiner freundlichen Bemühungen fehlte ihm die Fähigkeit, mir seine schwindende Zeit zu opfern. Mir - dem Narren, der sich selbst nicht zu helfen wusste. Ich weinte ihm nicht nach, brachten mir seine Worte doch auch keine Linderung der Ängste. Ich wusste nicht, was ich zu tun gedachte. Des Krieges war ich mir bewusst, nicht weniger seines Vorrückens. Doch... meiner Teilnahme an ihm...? Es würde kein Krieg sein, von dem ich sagen könnte, er wäre nur einer unter vielen... nein, dieser Kampf war anders. Weshalb nur war ich mir dessen so sicher? War ich, wie Eomér es angemerkt hatte, an ihn gebunden, war ich abhängig von ihm? War ich ohne ihn unfähig? Was erklärte mein Zögern? Hatte ich Aragorn nicht selbst gescholten, seine Zweifel an mir verachtet und mich als unerschütterlicher Krieger dargestellt, der auf niemanden angewiesen war? Besaß ich also das Recht, meine eigenen Worte durch meine Taten zu widerrufen? Wäre es nicht schwächlich? War ich wirklich ungebunden? Nein... Meine verworrenen Gedanken begann aufzuklaren, bis ich deutlich diese Antwort vor mir sah. Schmerzhaft war es, solche Beweise zu erbringen, doch sah ich es als meine Pflicht an. Aragorn selbst setzte sich jener Gefahr aus. Und auch wenn er sich Grübeleien hingegeben, bevor er die Entscheidung getroffen hatte, sein Leben aufs Spiel zu setzen... ich hatte es nicht minder getan. Wie gesagt. Es war mein Leben. Träge begann ich mich zu regen, erhob mich auf die Knie und fand eine große Schwierigkeit darin, auf die Beine zu kommen. Meine Glieder waren schwer und sicher keiner großen Belastung mehr auszusetzen. Ich war müde, annähernd kraftlos. Und dennoch würde ich in den Krieg ziehen... Meine Knie schmerzten, als ich endlich aufrecht stand, kurz meinen Bauch abtastete und mich langsam abwandte. Schnell würden wir aufbrechen. Mir blieb keine Zeit, mich um mich selbst zu sorgen. In unsicheren Schritten und durchaus etwas schleppend, zog ich so durch das Lager und nach einem kurzen Marsch, begegnete ich ihr. Sie, zu der ich gegangen wäre, wäre sie mir nicht entgegen gekommen. Ihre Miene war blass, ihre Augen befallen von großer Bekümmerung und sie schien ebenso von der Eile gepackt zu sein, obgleich sie nicht in den Krieg ziehen würde. So glaubte ich zumindest und mir fehlte die Muse, mich damit auseinanderzusetzen, als ich meine Weste, ebenso meine Waffen in ihren Händen erblickte und sie mir diese schweigend reichte. Ebenso still nahm ich sie an, dankte ihr mit keinem Nicken, blickte nur in ihre Augen und ein kurzes trauriges Lächeln streifte ihre Lippen, bevor sie sich umdrehte und in den raschen Schritten davonging. Ohne ihr nachzuschauen setzte auch ich meinen Weg fort. Der Tumult weckte nichts als mein Desinteresse. Ich war zu sehr in meinen eigenen Kampf verstrickt, als dass ich diesen aufgeben könnte, bevor mir ein Weiterer bevorstand. Ein Reeller. Nun auch zügig, erreichte ich die große Gruppe von Pferden, manche noch angeleint, auf ihre Reiter wartend, andere wurden bereits fortgeführt und bestiegen. Sie alle waren gepanzert, gut ausgerüstet, nicht weniger geschützt als die Krieger durch ihre Rüstungen. Auch mein Hengst wartete dort auf mich und ich blinzelte müde, suchte an seinem Leib Halt und lehnte mich mit der Schulter gegen seinen Rumpf, während ich schleppend die Weste über meinen Kopf streifte, die Riemen straffte, mich festigte und mir letztendlich auch die Waffen umlegte. Sicher zog ich die Gurte enger, spürte den Köcher auf meinem Rücken, ebenso die Scheiden der Säbel. Ich selbst fühlte mich wie eine leblose Hülle, die dennoch, durch einen Zauber getrieben, durch das Leben wandelte und keine Gedanken inne hatte. Ich wollte nicht denken, nicht zweifeln, nicht beten und nicht hoffen. Ich ritt in den Kampf und das höchste Ziel war es, diesen zu überleben. Wie hätte ich mich nur selbst mit Skepsis betrachtet, hätte ich mich nicht davor geschützt. Erschöpft und ermattet, zermartert und leidend wie ich war, stellte ich ein leichtes Ziel dar. "Löscht die Feuer!", ertönte in nicht all zu weiter Entfernung die Stimme eines Soldaten. Schwerter klirrten, Pferde schnaubten, große Bewegung herrschte und bald würde das Lager verlassen und menschenleer dort liegen. "Wir reiten mit wenig Last und schnell." Nur flüchtig vernahm ich die Stimme des Königs, der auf einem Streithengst an mir vorbeitrabte. Ich hielt den Kopf gesenkt, rieb meine Augen und zwang meinen Körper mit kontrollierten Bewegungen zu Taten. "Es ist ein weiter Weg. Mann und Tier müssen noch kämpfen können, wenn sie ihn zurückgelegt haben!" Ich holte tief Atem, versuchte meinem Körper so neue Kraft zu schenken und tastete nach dem Sattel. Schnaufend drehte der Hengst den Kopf zu mir, musterte mich aus den Augenwinkeln und schüttelte die Mähne, als ich träge den Fuß in den Steigbügel setzte, zufasste und mich mit mangelnder Leichtigkeit in den Sattel zog. Und gerade hatte ich dort festen Halt gefunden und die Zügel ergriffen, da setzten sich die sämtliche Reiter bereits in Bewegung, drängten in dieselbe Richtung. "Formiert euch, rückt aus!", erschallte eine Stimme in der Schar. "Formiert euch, rückt aus!" Rasch kamen die Krieger dem Befehl nach, rückten näher aneinander, trieben die Pferde in dieselbe Richtung und spornten sie schnell zum Galopp an. Ich ließ meinen Hengst der Schar folgten, zwinkerte trübe und passte mich geschwind der Schnelligkeit an. Das tobende Donnern von tausenden Hufen erschütterte den Boden, erfüllte mächtig die Luft und Staub verbot mir für einen kurzen Augenblick die Sicht, bevor wir aus dem Wald ritten, hinaus auf die weite Steppe, hinaus aus dem Dunharg und auf nach Gondor. Aragorn: Ich ging weiter, versuchte unerschrocken zu bleiben, doch spürte deutlich, wie sich kalte Luftzüge unter meine Rüstung schlichen und mir eine unangenehme Gänsehaut auf den Körper hetzten. Der Nebel wurde dichter und der Gang schmaler. Mein Zeitgefühl hatte gänzlich nachgelassen, konnten nur meine marternden Glieder und meine müden Augen mir Gewissheit über die Stunden geben, die ich bereits hier in der Dunkelheit verbrachte. Und wie irreleitend war das Ende wohl, wenn ich es beschritt und sich das Risiko des Versagens umso schmerzvoller in mein Bewusstsein fraß? Was würde passieren, wenn ich jene nicht fand und allein hier gefangen sein würde, wenn ich meine Orientierung verlor und weder vor noch zurück wusste? Was würde geschehen, wenn sich die Schlacht um die Weiße Stadt zum Schlechten wendete und ich nicht mit ihr untergehen würde? Was geschah, wenn sich alles zum Guten wendete? Nun... ich wollte es wissen, wollte einem jeden Ende beiwohnen, ganz gleich, ob es ein Danach geben würde. Ich wollte nicht hier sterben... Der Gang wurde breiter, je länger ich mich an der Wand entlang getastet hatte, umso weiter entschwand sie aus meinem Griff und ein mattes Leuchten zeigte sich weiter hinten, an dem die Gehfläche immens an Breite zunahm und der Nebel wieder zum Boden zurückfand. Ich schritt voran, schneller, angespannter und doch aufmerksam. Lichter brannten nicht, wenn niemand sie entzündete. Meine Füße verschwanden unter der Decke aus weißem Dunst, doch aus diesem hoben sich schmale Rauchfäden, die nach mir zu greifen bereit waren und sich gar zu gliedlosen Händen formten. Nur ihr kalter Hauch war zu spüren und ich hielt den Atem an und versuchte ihnen auszuweichen und drehte mich aus ihren Fängen. Dabei behielt ich meinen schnellen Schritt bei und erreichte endlich eine große Höhle, die sich durch einen riesigen Abgrund teilte. Ein weiterer Schritt folgte und ein hohles Knacken erklang unter meinen Schuhen. Etwas splitterte bei jedem weiteren Schritt und ich konnte der Ahnung nicht entgehen, die ich sogleich zu hegen begann, ohne auch nur hinabzublicken. Scheußlich, was sich hier angesammelt hatte... was hier verrottet war, zu recht und doch erhoffte ich mir immer noch Existenzen an diesem Ort, die mir auflauerten. Meine Angst musste weichen und ich holte tief Luft und festigte meine Haltung. Zerborstene Knochen durften mich nicht hindern... "Wer betritt mein Reich?" Dunkel und rau erschallte die Stimme und ich begann mich konzentriert umzuschauen und die Furcht aus meinem Herzen zu verbannen. Tod oder Sieg... "Einer, der Eure Lehenstreue fordert", erwiderte ich fest und auffordernd. Ein amüsiertes Lachen erklang und füllte den Raum, ebenso das Licht, welches den Weg vor mir stärker erleuchtete. "Die Toten dulden es nicht, dass die Lebenden hier gehen." Eine unheimliche Atmosphäre... mit vielen Dingen hatte ich mich schon messen müssen, viel hatte ich gesehen... doch mit Geistern und Untoten ... hatte ich mich niemals befasst. Doch anders konnte es wohl nicht sein, wenn ich Stimmen hörte, deren Körper ich nicht erblickte, so nah mir diese Laute auch waren und ich Krieger ersuchte, die zu Isildurs Zeiten die Flucht ergriffen hatten. Ein Fluch, welcher auf ihnen lastete... ebenso wie auf mir. "Doch werdet Ihr mich dulden!" In jenem Moment schien das Licht in einem Grünton zu erscheinen, das mir bekannt war und der Abgrund wurde durch dieses verdeckt und an den kargen Wänden erschien eine Stadt... und zahlreiche Gestalten, die so durchsichtig und doch so klar waren, kamen aus ihr hervor und umzingelten mich binnen weniger Momente. Ich wünschte meine Gefährten könnten dies sehen... nein, ich wünschte doch, sie könnten mich unterstützen. Mein Herz schlug schnell und warnend, doch es gab kein Zurück. "Der Weg ist versperrt. Er wurde angelegt von jenen, die tot sind und die Toten halten ihn." Ich drehte mich erneut und vor den Massen erhob sich eine Gestalt. Ein furchtsamer Anblick. Man sah die Knochen des Skeletts, verwesende Hautfetzen zogen sich wie dünne Laken unter den zerrissenen Kleidungsstücken entlang und eine Krone war gebettet auf dem kahlen Schädel. Augen aus kaltem Licht starrten mich an, keine Lider, keine Mimik... nur dieses Grinsen, das alte Zähne offenbarte und lippenlos an der Haut zerrte. "Der Weg ist versperrt. Nun müsst Ihr sterben." Geschwind griff ich hinter mich, zog in einer fließenden Bewegung den Bogen hervor und sogleich den Pfeil und schoss. Doch so präzise ich ihn wohl getroffen hätte, umso deutlich schnellte er einfach durch ihn hindurch. Unangreifbar... Langsam und verwundert ließ ich den Bogen sinken und steckte ihn zurück, ehe ich den Totenkönig vorerst wortlos anblickte und die Hand zum Schwert sinken ließ, um es ruhig aus der Scheide zu ziehen. Sie waren mächtig... sie konnten die Rettung sein. "Ich fordere euch auf, euren Eid zu erfüllen!" Ich legte das Schwert in beide Hände, festigte den Griff, sammelte meinen Mut. Und das Grinsen weilte weiter auf dem Gesicht des Toten. Dann tat er einen Schritt, zog sein Schwert und in derselben Bewegung noch, kam ich ihm entgegen. "Nur der König von Gondor vermag mir Befehle zu erteilen!" Bei diesem Satz holte er bereits aus und ich war mir sicher, dieser Hieb wäre tödlich, obgleich er selbst von normal Sterblichen nicht zu treffen wäre. Doch Anduril, Narsils Zukunft konnte es... denn ich parierte den Schlag, gekonnt, unnachgiebig und hielt stand. Das Grinsen verschwand aus dem fahlen Gesicht und ein annäherndes Entsetzen und Unsicherheit machte sich auf ihm breit. "Diese Klinge ward zerbrochen!" Ja... Ich entließ eine Hand von dem Schwert und packte den König, biss die Zähne aufeinander und versuchte meine Kräfte zu bündeln. "Nun wurde sie erneuert." Ich stieß die Gestalt zurück und ging zur Mitte der Umkreisung jener, dessen Macht ich für mich gewinnen musste. "Kämpft für mich und erlangt eure Ehre zurück. Was sagt ihr?" Sie verblieben stumm. Ich sah in die toten Gesichter, blickte zu den starken Waffen in ihren knochigen Fingern. "Was sagt ihr?", wiederholte ich laut und deutlich, abwartend und hoffend. Ich hoffte, ich verlor die Kraft des Waldläufers nicht aus meinen Gliedern, verlor meine Existenz als jener nicht, wenn ich akzeptierte... wer ich neben dem Kämpfer war. "Ich bin Isildurs Erbe. Kämpft für mich und ich werde euren Eid als erfüllt ansehen." Ich hob das Schwert als Symbol meines Wahrzeichens. Als Symbol der Gegenwart, die ich von nun an zu tragen bereit war. "Was sagt ihr?!" Keine Reaktion von der Menge, sie verblieben ebenso regungslos wie versteinert. Mein Blick schweifte zum Einen zurück und sein altes Grinsen war zurückgekehrt. Die Erde begann zu beben... erst nur schwach, dann mit einer unglaublich großen Kraft und perplex sah ich um mich. Das bekannte, belustigte Lachen kehrte zurück und eine starke Windböe erfasste mich, in der sich die Untoten zurückzogen. Ich trat einen großen Schritt vor und sie entfernten sich weiter! Was war das für eine Entscheidung, die sie da trafen?! Ich wollte nicht glauben, was ich sah, wollte nicht akzeptieren, was sie da taten! Sie zogen sich zurück?? "Ihr habt mein Wort! Kämpft und ich befreie euch aus diesem lebenden Tod!!" Sie verschwanden, einer nach dem Anderen, ohne auch nur auf eines meiner Worte zu hören!! "Was sagt ihr?!" Meine Stimme war nicht mehr so fest, doch verzweifelt stark und schallend... doch sie verschwanden mit einem Mal. Zitternd stieß ich den Atem aus, hielt mich durch das schwere Beben auf den Beinen und blickte mich dann rasch um. Der Nebel verschwand... Die Wände barsten! Mit geweiteten Augen ließ ich das Schwert in die Scheide zurückwandern und starrte auf das, was sich vor mir auftat. Gerade zu gesprengt wurden die Mauern um mich! Und Schädel rollten aus den weiten Rissen, wie eine Flutwelle auf mich hinab. Entsetzen packte mich nun und ich spürte die plötzliche Schwäche in meinen Beinen, als diese Flut nicht endete. Tod oder Sieg... Ich stieß einen schweren Schrei aus und ließ so meinen Körper wieder reagieren. Ich musste hier raus! Rasch rannte ich durch die Höhle, nicht zurück, sondern durch einen Gang, den ich weit vorn erblickte. Doch ich konnte nicht viele Schritte tun, so schnell hatten sich die Schädel vor mir aufgetan und mich übermannt! Sie drängten mich zum Abgrund und ich kämpfte mit aller Verzweiflung gegen sie an, versuchte meinen Weg zu bahnen und weiter zu gelangen. Der Ekel war verdrängt von der Gewissheit des Todes und ich beeilte mich, stemmte mich von den Schädeln ab und sah kein Ende kommen! Es kostete mich so unendlich viel Mühe, bis ich den Gang erreichte und mich von den Knochen losreißen konnte. Aber selbst da verblieb mir keine Zeit zum Aufatmen. Der Gang brach über mir zusammen und ich rannte so schnell ich konnte durch ihn hindurch, wich Gesteinsbrocken aus und erblickte das Licht des Tages am Ende des Weges. Rauch stieg auf, als ich es letzen Endes ins Freie schaffte und ich holte schnell und unregelmäßig Luft, hatte sie sich doch so kalt aus meinen Lungen gestohlen. Es war Tag und der Himmel trüb... Rauchschwaden hingen in der Luft und ich blickte zum Fluss hinunter... zum Anduin. Schwarze Segel erhoben sich aus dem dunklen Wasser... Korsarenschiffe, so viele an der Zahl. Voll besetzt von Menschen, die ich von meiner weiten Entfernung schon grölen und brüllen hörte... ein Flammenmeer hinterlassend, dass sich durch die Dörfer hinter ihnen fraß... und Leben auslöschte... Schwächelnd stieg ich den Abhang einige Fuß hinab, bis meine Knie einfach einknickten und ich niedersank. Meine Hoffnung hatte sich als Wagemut herausgestellt... ein Risiko, das ich umsonst eingegangen war. Ich hatte jene hintergangen und zurückgelassen, die ich brauchte und das Resultat sah so aus. Der Tod hatte über mich gesiegt und jeder Glaube an die alte Loyalität und an Anduril hatte mich nur tiefer ins Unglück gebracht. Ich hatte versagt. Erneut... erneut hatte ich eine Entscheidung getroffen, die soviel mehr Verzweiflung mit sich brachte. Brégo war fort und selbst wenn ich laufen würde, so wäre die große Schlacht längst geschlagen. Allein war ich nicht mächtig die Korsaren zu vernichten, ihnen Einhalt zu gebieten. Allein würde ich jene, die ich liebte nicht wiedersehen. Legolas... wie sehr hatte ich ihn betrogen und was stand ihm nun bevor, wenn meine erdachte Unterstützung fehlte? An welche Tollkühnheit hatte ich mich da nur geklammert? Meine Finger krallten sich in das Gras, das mich umgab und ich bemerkte, wie sich meine Sicht verschleierte. Von Tränen verschleiert, die meine Hoffnungslosigkeit preisgaben. Was stand nun bevor? Welchen Frevel hatte das Schicksal an mir begangen... an mir und ganz Mittelerde? Eine Böe erfasste mein Haar und ich blickte auf, blickte zurück. Ein Windhauch, der aus dem Gebirge hinter mir kam und meine Aufmerksamkeit auf sich lenkte. Matt kam ich wieder auf die Füße, schwach und ungläubig und ging zu den Felsen, die sich vor mir auftaten. Es war der selbe kalte Luftzug, der jedoch nicht aus dem Ausgang kam, den ich beschritten hatte. Der entseelte Schein erleuchte die Felsen und ich trat zurück... in jenem Moment, als sich der König vor mir zeigte... "Wir kämpfen!" Legolas: Wir hielten uns nicht an die schwächende Hast, kamen dennoch recht schnell und fortwährend voran. Das Donnern der Hufen... stets hatte es keine Belastung dargestellt. Doch tat es das jetzt und führte mir ein weiteres Mal mein Schwächeln vor Augen, welches ich von mir stoßen wollte, sobald wir uns der Rast hingeben würden. Töricht wäre es, mich in diesem Zustand dem Krieg auszuliefern, an Kämpfen teilzunehmen, die ich so nur verlieren konnte. Zu töricht... und nicht meine Art. So gezwungen und überstürzt mein Handeln auch war, einen gewissen Sinn sollte es beinhalten. Wir trieben unsere Pferde im gelassenen Galopp beinahe durch einen gesamten Tag, ritten nahe beieinander und näherten uns dem Ziel geschwind. Der Tag schien von kurzer Dauer und ich war mir undeutlich der zurückgelegten Strecke bewusst, als das Heer die Eile verlor, die Pferde schnaufend zu traben begannen und alsbald durch die Hand ihrer Reiter zum Stehen kamen. Eine Senke, die versteckt zwischen hohen Hügeln lag, diente uns, um zu Kräften zu finden, den Körper auf die Schlacht vorzubereiten, den Geist nicht minder auf den bevorstehenden Tod, vor dem uns nur ein Wunder bewahren konnte. Ich wollte keine Zeit verlieren, suchte nicht nach dem geeigneten Ort und stieg aus dem Sattel, sobald der Hengst innegehalten hatte. Der Ritt hatte mir keinerlei Kräfte zurückgebracht, noch immer spürte ich die Schwäche in meinen Knien und ich zwang sie nicht lange, mein Gewicht zu tragen und hockte mich nieder. Viele der Krieger taten es mir gleich, setzten sich in das Gras, streckten die Glieder von sich, ruhten aus und vertieften sich in gemeinsame Gespräche. Still standen auch die Pferde neben ihren Herren, gingen nur bedingt ihrer Wege und kräftigten sich am Gras. Zielstrebig bettete ich die Hände auf meinen Oberschenkeln, rückte mich in eine bequeme Haltung und saß entspannt. Nur kurz schweiften meine Augen über die weite Flur, die bedeckt war von Kriegern, von den sich tummelnden Massen. Ich musste sie mir nicht betrachten. Nur wenige Stunden würden mir bleiben und genau musste ich überdenken, wie ich sie verbrachte. So nützlich wie nur irgend möglich. Und so schloß ich die Augen, labte mich an der kühlen Luft des Landes, beruhigte meinen Leib, schottete mich ab von den Geräuschen und Einflüssen der Umgebung und ging aus besseren Gründen, als aus Trauer, in mich. Lange hatte ich mir die Kräftigung verwehrt, lange war sie mir ebenso verwehrt geblieben und überraschend schnell fand ich in die tiefe Meditation. Als hätte mein Leib nach ihr gegiert, als bestünde eine solch feste Angewiesenheit zu ihr, dass er sich ihr rasch ergab. Seit langem wurde mir ein angenehmes, gar wärmendes Gefühl zuteil, das erste mal seit langem, befreite sich auch mein Denken von den Fakten, vor denen es sich nicht immer zu schützen wusste. Und eine Stille begann um mich zu herrschen, die nicht reell war, inmitten der Krieger, die sich in solchen Zeiten nicht dem Schweigen ergeben wollten. Die leichte Feuchtigkeit des Bodens entging meinem Körper, ließ sich nicht spüren und lange verweilte ich so, sank tiefer in mein Unterbewußtsein, suchte nach Kräften, fand sie, zog sie zu mir und tat mein Bestes, um im Krieg nicht nur ein Verzweifelter, sondern auch eine Hilfe zu sein. Niemand wusste, was uns erwartete, unvorhergesehene Wendungen waren ebenso wenig vorherzusehen und vielleicht, ja, vielleicht blieb die Hoffnung nicht ungestärkt. Vielleicht fand sie Gründe für ihre Existenz und würde noch länger bestehen. Annähernd die volle Zeit der Rast nutzte ich zur Erholung, zum meditieren und erst, als sich eine Stimme erhob, näher bei mir, als es die anderen waren, beschloss ich, zur Realität zturückzukehren, die Suche nach Kräften abzuschließen. Beendet war sie beiweitem nicht, doch war selbst ihre kurze Dauer nicht ohne Folgen. Ich öffnete die Augen, erblickte im ersten Moment die tiefe Finsternis der Nacht, die mich umgab und im nächsten Eomer, der sich etwas zu mir beugte. Er hatte meinen Namen genannt, reichte mir nun eine Schüssel und ein Stück Brot und ich griff danach, dankte ihm mit einem Nicken und er ging davon, nachdem er es stumm erwidert hatte. Ja, die Nacht war bereits über uns hereingebrochen und eine lange Zeit musste vergangen sein, nachdem ich mich niedergekauert hatte. Vorerst unbeachtet blieb die Schale auf meiner Hand liegen. Ich selbst blickte mich weiterhin um, sah die Männer am Boden sitzen, erspähte auch den König in nicht allzu weiter Entfernung. In zielstrebigen Schritten zog er durch das Lager, führte sein Pferd an den Zügeln und verschwand in einer Gruppe. Hinter mir schnaubte der Hengst und als ich das Gesicht zu ihm wandte und die Kraft zu einem begrüßenden Lächeln fand, trat er näher zu mir, fand den alten Gefallen an meiner Schulter und begann sie mit dem Maul zu bearbeiten. Ich selbst blickte hinab auf die Schale und besah mir auch das Brot, sah mich dazu gezwungen, diesmal zu essen, um der Meditation eine weitere Stärkung hinzuzufügen und nicht närrisch zu sein. So ließ ich den Hengst schnuppern und stupsen, hob das Brot zum Mund und biss ab. Die Mähne des Pferdes streifte mein Gesicht und ich senkte die Lider, kaute nachdenklich und betrachtete mir das Gras, in welchem ich noch immer kauerte. Belastend stützte sich diese Frage auf mich, war von solch einer Bedeutung, dass es hoffnungslos wäre, mich vor einer Auseinandersetzung zu scheuen. Bei all dem Sinnieren, dem verzweifelten und nicht weniger hoffnungslosen Grübeln, war es doch das, was zurückgeblieben war. Nur eine einzige Frage hatte sich herauskristallisiert und in dieser ruhigen Atmosphäre gab ich mich ihr hin. Würde ich Aragorn wiedersehen? Führte ihn der Pass, welchen er beschritten hatte, wahrlich zum Ende? Wurde der Weg seinem Namen würdig? Brachte er ihm den Tod? Nun, ich war mir seiner Beweggründe annähernd bewusst. Wie könnte es anders sein. Doch überwiegte meine Sorge um die Zukunft, dass ich der Vergangenheit keine Aufmerksamkeit schenken wollte. Weshalb er gegangen war... Sich nach der nötigen Verstärkung sehnend und nur noch eine Möglichkeit zu finden, diese zu erlangen, nun, da niemand mehr eingetroffen war und sechstausend gegen eine erschütternde Übermacht stehen würden. Doch war sein Streben geprägt von Hoffnungslosigkeit und schwerer wäre es, ohne Verbündete zu bestehen, noch dazu ohne ihn. Hätten wir allein ihn bei uns, so stünde es besser. Und mich befiel die Furcht, die erstere Möglichkeit zu erfahren. Oh, ich wusste um Aragorns Stärke. Viele waren ihr unterlegen und nicht minder hatte ich sie am eigenen Leib gespürt. Und seine Entschlossenheit... Ich wusste ihm viel zuzutrauen, konnte viel erwarten und sah große Verlässlichkeit in ihm. Und dennoch war es mir annähernd ein Unmögliches, mit seinem Erfolg zu rechnen. Tat ich es ihm gleich? Zweifelte ich an ihm, wie er an mir gezweifelt hatte? Zwang mich meine übertriebene Sorge dazu? Betrachtete ich mir sein Können mit Skepsis, nur, weil die Angst um ihn oblag? Ich hielt inne in meinen Bewegungen, schluckte und zwinkerte in die nächtliche Finsternis. Nein... "Ich soll vor einem Kampf flüchten?!" Meine eigene Stimme war es, die sich wuterfüllt in meinem Kopf erhob, wiederhallte gleich eines Echos, welches nicht von mir lassen wollte. "Das... das meinst du nicht ernst... das kannst du nicht ernst meinen!!" Ich schloss die Augen, schmerzhaft überkam mich jene Einsicht und ich verharrte auch weiterhin reglos. Wie hätte er reagiert bei meinem Versuch, ihn von jenem Entschluss abzuhalten, den er als selbstverständlich ansah? Er hätte geantwortet wie ich, als er mich von jener Schlacht fernzuhalten versuchte. Aus übertriebener Fürsorge... die so rasch in anzuzweifelndes Desinteresse umschlug. "... doch selbst die schwerste Verletzung gibt dir nicht das Recht, an mir zu zweifeln, nicht an meine Stärke zu glauben und mein Können in dieser Deutlichkeit zu kritisieren!!" Wieder waren es meine Worte und sie drückten mich nieder, je deutlicher die Einsicht wurde und das Verständnis ganz unverfroren nach mir griff. Ja... er hatte das Recht nicht besessen und meinte dennoch, es zu tun. Aus übertriebener Fürsorge... die so rasch in scheinbare Zweifel umschlug. "Sei still!" Nun war es sein Schrei, der tosend in meinen Ohren dröhnte. "Ich verbiete deine Anwesenheit in dieser Schlacht!!" Aus übertriebener Fürsorge... die so rasch in unkontrollierbare Wut umschlug. Ich senkte den Kopf, fühlte mich trotz Stärkung matt und ausgelaugt. Hatte ich wirklich so lange mit den Banalitäten gekämpft, um diese Einsichten von mir fernzuhalten? Nun... nun kam es plötzlich über mich, ganz gleich der Trauer, die ich empfand, als ich auch einsah, dass ich ihm Unrecht antat. Dass nun ich es war, der falsch handelte. "Verwundet bist du auch jetzt und Kräfte vermagst du nicht mehr aufzubringen, sage ich dir!" Ich nickte stumm, ebenso schweigend bewegten sich meine Lippen, bevor ich ein mattes Lächeln auf ihnen spürte. Das hatte er gesagt. Und ich? Was hatte ich getan? Hatte ich mich seinen Worten widersetzt? Hatte ich trotzallem an jener Schlacht in der Klamm teilgenommen? Hatte ich mich gut geschlagen? Hatte ich überlebt und seine Zweifel allein mit meinen Taten nichtig gemacht? Ja... Wäre es nicht das Gerechteste, ihm denselben Segen zu schenken, an ihn zu glauben? ... darauf zu hoffen, dass er dasselbe zustande brachte? Und ich wusste es... er war stark. Ich atmete tief durch und hob das Brot zum Mund. Ich selbst meinte, mein Herz durch diese Grübeleien zu erleichtern, eine gewisse Last von ihm zu nehmen. Und ebenso von mir. Und wenn er jene Prüfung bestand... wenn er sich behauptete... so war es meine Pflicht, das gleiche in der bevorstehenden Schlacht zu zeigen. Nicht aus Gleichgültigkeit in sie zu ziehen, sondern an den Sieg zu glauben. An den Sieg und ebenso an jene Wunder... "Macht euch bereit!" Zog in diesem Moment der Ruf eines Soldaten durch das Lager und sogleich kehrte Bewegung zurück. Die Krieger erhoben sich, die Pferde wurden ungeduldig. "Bereitmachen zum Ausrücken!" Vernahm ich einen weiteren Ruf. Die Rast wurde beendet... um den letzten Weg zur Schlacht hinter sich zu bringen. Und auch ich richtete mich etwas auf, aß rasch noch einen Teil der Suppe und legte die Schale zur Seite, während ich das Brot dem Hengst hinaufreichte und es sich dieser schmecken ließ. Nun fiel es mir leichter in den Sattel zu kommen, gerade zu sitzen. Kräftiger umfassten meine Hände die Zügel und entschlossener führte ich den Hengst zur Seite, trieb ihn an und folgte dem Heer, welches sich rasch und ohne zu zögern in Bewegung setzte und dem König folgte. Eine weitere Rast würde uns nicht zustehen, die Zeit würde es nicht erlauben und wohl niemand von den Kriegern würde Ruhe finden. Nun hielt ich mich weiter vorn, ritt in der Nähe des Königs, sah seine Entschlossenheit und war nicht viel schwächer in der Eigenen. Wieso fiel es mir nur so schwer, zu Einsichten zu kommen, wenn er bei mir war? Weshalb ließen sich meine Gedanken leichter führen, wenn meine Augen nicht ständig auf sein Antlitz trafen? Hatte uns die Anspannung den Genuss am Beisammensein genommen? Konnten wir uns erst entfalten, wenn wir voneinander getrennt waren? Und wie würde es uns ergehen, sähen wir uns wieder? Ich war ihm eine Bitte um Verzeihung schuldig, eines Eingeständnisses meiner Torheit, die ihm auch ohne Worte nicht entgangen sein konnte... Unausweichlich und rasch näherten wir uns unserem Ziel. Einige wollten es nie erreichen und doch war das Schlachtfeld der Ort, an den wir zu gelangen versuchten. Ich sah diesem Krieg hoffnungsvoller entgegen, fand mich entspannt und sicher im Sattel, den Umständen entsprechend, bereit. Den gesamten Tag ritten wir ununterbrochen, gönnten den Pferden nur Erholung, indem wir sie in den Trab führten und sie so eine Weile trotten ließen. Nicht lange dauerte es, bis die Gegend auffällige Unterschiede aufwies, kahler und weniger bewachsen wirkte und es auch nicht war. Gestein begann uns zu umgeben, wir ritten über trockenen Staub und in der Ferne vermochte ich bereits den großen Berg zu erkennen, an dem Minas Tirith, die Stadt der Könige, erbaut war. Nur ein dunkler Fleck war er in meinen Augen und dennoch spürte ich bereits, was dort vor sich ging. Knisternde Anspannung lag in der Luft, bald darauf zog mir auch der Gestank der Bestien entgegen, die in erschreckenden Massen angriffen. Einem solchen Krieg hatte ich noch nie zuvor beigewohnt und ich zwang mich zum Mut, mich ihm allein zu stellen. Zielstrebig zurrte ich den Zügel um den Knauff des Sattels, tastete nach den ledernen Armschienen, schnürte sie fester und bewegte die Hände. Rasch strich ich mir auch das Haar zurück, drehte es zu einem schnellen Zopf und schob diesen unter die Kapuze. Nichts durfte meine Aufmerksamkeit schwächen. Schnaufend galoppierte der Hengst unter mir und nachdem ich ein letztes Mal nach meinen Waffen getastet hatte, ergriff ich die Zügel, hielt sie stramm und ließ ihn schneller laufen. Geschwind lenkte ich ihn durch die Menge, hielt mich neben ihr und kämpfte mich näher zur Spitze, an der der König ritt, mit nicht weniger starken Haltung als zuvor. Neben ihm hielt sich auch Eomer und die beiden schienen die letzte Worte vor dem Kampf zu wechseln. Ich selbst lehnte mich etwas aus dem Sattel, blickte hinab auf den Boden, der schnell unter mir vorbeizog, immer trockener und steiniger wurde, genau wie die Ebene, die sich zwischen Osgiliath und Minas Tirith erstreckte, die nun belagert wurde und unter tausenden von massigen Füßen erbebte. Stetig und unangenem begann der Gestank in meiner Nase zu stechen und nach einer weiteren Stunde im schnellen Ritt, drangen auch jene Geräusche an meine Ohren. Das dumpfe Donnern der Gesteinsbrocken, die sich die Heere entgegenschleuderten, die die weißen Mauern Minas Tirith' zerstörten und dumpf auf dem Boden aufschlugen. Das Rumpeln der vordrängenden Massen, das Scheppern der dunklen Rüstungen, ihr animalisches Gebrüll und die Schreie der Verteidiger. All diese Geräusche vermischten sich zu einem ohrenbetäubenden Lärm, den die Menschen erst viel später wahrnehmen konnten. Bewusst beobachtete ich sie, sah ihre Mienen, die keine Regung zeigten, sah ihre Augen, in denen die Flamme des Mutes nicht an Kraft verlor, erblickte ihre Haltungen, die es nicht minder zeigten. Wir alle waren uns bewusst, was uns erwartete... Dicker Rauch stieg über einem Hügel auf, verfinsterte den Himmel, nicht weniger als der Staub, den die Beine der Orks aufstieben ließen. Wir hielten direkt auf jenen Hügel zu, verlangsamten die Geschwindigkeit nicht und zeigten uns in der Eile, die uns getrieben hatte. Gereiht in eine weite Angriffslinie, erschienen wir auf dem Hügel, brachten die Pferde zum Stehen und blickten herab auf die weite Flur, die vor uns lag. Ich war in der zweiten Reihe geblieben, richtete mich etwas in den Steigbügeln auf und erblickte jenes schwarze Meer aus totbringenden Monstren, die sich um die Weiße Stadt geschart hatten, sie belagerten, unablässig angriffen und in ihrer Kraft nie erschöpft zu sein schienen. Dreißigtausend...? Nur flüchtig gab ich mich dieser Schätzung hin und warf auch Blicke nach beiden Seiten. Sechstausend auf diesem Hügel, zehntausend gar in der Stadt? Ich holte tief Atem, setzte mich in den Sattel zurück und blickte erneut hinab auf den Feind. Rasch hatte dieser gemerkt, wie sich der Hügel zu seiner rechten dunkel färbte, schnell hatten sie uns erspäht und die Masse, die uns zugekehrt war, schien kurz der Verwunderung zu erliegen, bevor ein dumpfes Fauchen und Grölen durch ihre Reihen zog und sie nach von drängten, um jene Seite zu festigen. Spitze Speere, Haken und Messer neigten sich uns entgegen, boten einen Wall dar, den es nur schwerlich zu durchbrechen gelingen würde. Ich legte den Kopf zur Seite, blinzelte und wurde auf den Himmel aufmerksam. Dunkel erhob er sich hinter den Geschöpfen Mordors, doch in einem friedlichen Blau lag er noch über Minas Tirith und Menschen starben unter ihm. Neben mir rasselten Kettenhemden, Rüstungen schabten aneinander, Speere knackten in den verspannten Händen der Männer und starr waren ihre Blicke nach vorn gerichtet, während der König vor dem Heer stand, den Hengst führte und ihm die Sporen gab. Donnernd gingen dessen Hufen auf den Boden nieder, als er an der Masse vorbeiritt. "Éomer, führe deine Éored zur linken Flanke!!" Befahl er lautstark, riss das Pferd herum und kehrte zurück, während Eomer zu seiner Position fand, dem Befehl zu folgen. Rasch drehte er sich um Sattel, musterte die Menge flüchtig. "Links bereit!!" Schrie er unterdessen und des Königs Stimme erhob sich erneut. "Gamling, folge des Königs Banner in der Mitte! Grimbold, führe deine Schar nach rechts, wenn ihr an der Mauer vorbei seid!" Die Männer stoben auseinander, gehorchten zuverlässig und geordnet und schnaufend trabte der Hengst des Königs an vorderste Spitze, hielt dort kurz inne, während sich Theoden unbeeindruckt umblickte. Kurz saß er reglos in seinem Sattel, unruhig klackten die Speere der Männer aneinander, das Leder der Sättel knackte, als sie sich in ihnen regten. Ein leises Zischen zog meine Aufmerksamkeit auf sich. Blank streckte sich das stolze Schwert des Königs gen Himmel, wurde gehalten von sicherer Hand und mit einer Entschlossenheit, die wohl niemand auf diese Art und Weise zu zeigen vermochte, lenkte er den Hengst zu uns. "Vorwärts! Und fürchtet keine Dunkelheit!" Fest und imposant erhob sich seine Stimme, hallte weit hinweg über die Köpfe seines Heers. Erneut hob er das Schwert. "Auf! Auf, ihr Reiter Théodens! Speer wird zerschellen, Schild zersplittern! Ein Schwert-Tag! Ein Blut-Tag! Ehe die Sonne steigt!!" Ich nickte stumm, ließ den Blick schweifen, griff nach hinten und umfasste einen der Säbel. Mit sicherer Bewegung zog ich ihn hervor, atmete tief durch und schloss die Augen. Es war eine Opferung... eine Darbringung ohne Gleichheit. Und es versetzte mich in annähernd panische Unruhe, das Wissen in Betracht zu ziehen, dass hier alles sein Ende fand. Der Kampf, die Hoffnung... das Leben. Verschiedene Anblicke, der Genuss jener Gesellschaft... Wieviel wollte ich noch tun... Ein erneutes Klappern erhob sich um mich herum und als ich die Augen öffnete, sah ich den König an mir vorbeireiten. Laut stieß sein Schwert gegen die hölzernen Lanzen und Speere. "Reitet! Reitet nun!! Reitet zur Vernichtung und zum Ende der Welt!!" Hörte ich seinen Schrei, als er sich von der Menge löste, zu vorderster Position zurückkehrte, das Schwert ein letztes Mal in die Höhe hielt. "Tod!!" "Tod!!" Gleich eines markenerschütternden Getöses, erhoben sich die Stimmen der Soldaten. So laut und gellend, um jegliche Angst zu verdrängen, sich an einem Wort bedienend, neben dem es viele Erfolge gab, außer dem Sterben. Mit allen Kräften schrieen sie und ich schwieg. "Tod!!" Die Stimme des Königs übertönte sie, so stark und laut, wie man es ihm nicht zugetraut hätte. Und ohrenbetäubend antwortete die Masse. "Tod!!!" Ein leichtes Grinsen zog an meinen Lippen und ich ließ es gewähren, so falsch es an diesem Ort, in jener Situation auch zu sein schien, eine solche Gestik zu zeigen. Mein Kopf blieb leicht gesenkt, der Hengst unter mir wurde unruhig, das aufgebrachte Wiehern der anderen Pferde mischte sich unter das Geschrei und die letzten Schwerter verließen die Scheiden. "Auf, Eorlingas!!" Somit trieb der König seinen Hengst an, ließ ihn galoppieren, den Hügel hinabsprinten und sogleich setzte sich auch das Heer in Bewegung und folgte ihm dicht. Der dumpfe Ton der Hörner erschallte, übertönte das Donnern der Hufen, als die Masse den Hügel hinabpreschte, direkt hinein in die Meute, die uns mit Speeren und tödlichen Klinge erwartete. Aragorn: Ich war bereits zum Strand hinabgegangen und stand dort, gut erkennbar, weder geschützt durch den Elbenmantel, noch geduckt hinter hohen Gräsern und dichtem Geäst, welches an diesem Ort noch blühte und wuchs. Regungslos verharrte ich dort, die Arme vor der Brust verschränkt und mit einer zurückgehaltenen Wut. Die Schiffe kamen näher... ihre schwarzen Segel symbolisierten das, was sie waren. Piraten. Aus vielen Schlachten zurückgekehrt und trotz der minderen Größe ihrer Schiffe, eine unheimliche Vielzahl an Kämpfer. Wild und grölend, so gaben sie sich und so hinterließen sie einen Pfad des Leidens, der Schmerzen - des Todes. Es mussten Tausende sein! Allein sie wären schon genügend an der Zahl gewesen, um viele tapfere Krieger niederzuringen. Nein, ihre Anwesenheit, ihre Existenz... durfte nicht weiter bestehen, sollten sie nicht aufgeben... Sie segelten an mir vorüber, ohne mich überhaupt ernsthaft zu registrieren... Nun, wer glaubte schon, dass ein Einzelner eine Flotte von Korsaren zu Fall brachte? "Ihr dürft nicht weiter!" Rief ich ihnen zu und einige reckten die Hälse in leiser Verwunderung, jedoch viel mehr noch durch verspielte Gehässigkeit. "Ihr werdet Gondor nicht betreten!" Fuhrt ich fort und anstatt zu brüllen, wurde gelacht. Ihre Schadenfreude hatte keine Grenzen und für wahr... vielleicht war es wahrhaftig amüsant... "Wer seid Ihr, dass Ihr uns den Zugang verwehren könnt?" In aller Ruhe griff ich nach meinem Bogen, zog einen Pfeil aus dem Köcher und spannte ihn. Zischend schnellte er von der Sehne und bohrte sich dicht neben dem Bootsmann in den Hauptmast. Die Verwunderung befiel ihre Gesichter... zu ihren Ungunsten blieb sie nicht lang und ihre Mundwinkel, tief verborgen unter schmutzigen Bärten zogen sich erneut zu Grinsen. In einer gleichgültigen Bewegung hob der Korsar die Hand und schlug den Pfeil mit der Faust entzwei. Von Aufgabe keine Spur. "Bereitmachen zum Entern." Ich steckte den Bogen zurück in die Halterung und trat gemächlich zur Seite. Wieder schallte hämisches Gelächter zu mir herab und doch ging ich weiter, geradewegs auf einen Aufstieg des Gebirges zu. "Ha, wir sollen geentert werden? Von wem und welcher Streitmacht?!" Laut erklang diese Frage und ich blieb stehen, legte die Hand an die Felsen, blickte in aller Ruhe dem Korsaren ins Gesicht und hob abschätzend die Brauen. "Dieser Streitmacht." Sogleich in jenem Moment, in dem ich dies aussprach, spürte ich die Kälte der Untoten um mich herum und sie erschienen aus dem Gestein mit erhobenen Waffen und verzerrten Mienen. Schreie tobten und die Piraten wichen zurück, entsetzt und geschockt. Wie eine Schar leuchtender Ameisen fielen die Toten über die wilden Menschen her und ich setzte einen Fuß nach dem Anderen an den Aufstieg, kletterte diesen flink hinauf und fand eine Ebene, die sich wenige Fuß über dem Fluss erstreckte. Noch ehe die letzten Männer über die Reling gingen, erreichte der Bug dieses Plateau und ich sprang hinab, um geradlinig auf dem Deck zu landen. Ich hielt mich nicht mit Siegesfreude auf und rannte zum Heck, beobachtete, wie auch auf den anderen Schiffe jene Streitmacht das Ruder übernahm. "Direkter Kurs nach Osgiliath!" Sie setzten sich in Bewegung und ohne dass ich auch nur weitere Befehle gab, wussten sie genauestens, was zu tun und wie es zu handeln galt. Das Ruder bewegte sich, als sei es vom Winde selbst gesteuert und eben dieser führte uns mit seiner Laune geradewegs zu der Bucht von Belfalas. Der Kurs stand fest und meine Erwartungen waren gestärkt. Schnellen Schrittes lief ich über das Deck und sah die Untoten hantieren, als wäre dies eine Geschichte voller Geister und ich mittendrin. Doch zu meinem Überfluss existierte nur noch eine Aufgabe für mich, da Untote wohl nie der Erschöpfung nachgeben müssten: Der Schlaf. Zuvor jedoch, sah ich mich um, überblickte den Mast, an dessen Rahen die Segel befestigt waren, Takelage, die in ihrer Dicke einiges an Stürmen aushielt. Es mussten erfahrene Meuterer gewesen sein und doch entdeckte ich an mir einen leisen Spott vor ihrer äußerlichen Waghalsigkeit und ihrer inneren Angst... Ich schüttelte langsam den Kopf und bückte mich hinab zu einer von Holzbalken vergitterten Luke. Ruhig öffnete ich sie und stieg hinab. Ein endloses Durcheinander herrschte in dem Unterdeck, Karten lagen zerstreut auf den Boden, Kisten, gestapelt und mit festen Tauen befestigt, lehnten an den Wänden und Flaggen mit dem Zeichen Saurons zierten die hinterste Ecke. Ich wandte mich zu den Kisten, zog den Dolch aus den Stiefel und löste ein Tau, um eine hinunterzuheben. Es kostete mich nicht viel Mühe, sie zu öffnen, das frische Obst willkommen zu heißen, war doch Nachlässigkeit wohl eines der Merkmale jener Korsaren. Ich spürte den Hunger, fühlte längst schon diese Schwäche und da keinerlei Pflichten... außer endlose Geduld für mich galten, ergab ich mich dieser Magenfüllung. Nach einer kurzen Suche entdeckte ich einen Laib Brot und kehrte damit zum Deck zurück. Der Wind behielt die Richtung bei. Wir segelten gen Südwest und würden durch den Tolfalas beidrehen und gen Norden segeln. Stunden würden noch vergehen, ehe wir das ersehnte Ziel erreichten. Gedankenverloren ließ ich mich am Hauptmast nieder, streckte die müden Beine aus und versuchte mir Ruhe durch den frischen Wind zurückzuholen. Ich sah den Laib Brot an und ehe ich ein Stück abriss, spürte ich dieses mahnende, schlechte Gewissen. Alle jene, die ich zurückgelassen hatte, kämpften wohl, während ich in völliger Untätigkeit ruhte und aß. Viele würden fallen, in jenem Moment, in dem ich den Laib zum Mund führte. Der König und sein erster Mann... Gimli und vielleicht sogar Merry... Frodo und Sam, die ihren Weg beschritten... mit all unserem Glauben, den wir noch besaßen. Legolas... Wenn ich die zukünftige Krone für sein Überleben eintauschen könnte... keine Sekunde würde ich Zögern, um diesen Pakt einzugehen. Matt strich ich eine Strähne aus meinem Gesicht und begann zu essen, würde es kein Wohlgefallen für meine Kraft und für den Körper sein, wenn ich mir die Nahrung verwehrte. Hmm... ich wollte bei dem Elben sein. Viel lieber an seiner Seite kämpfen und sterben, als das Ende dieser Schlacht zu sehen... mit der Erkenntnis, zu spät zu sein. Und was war mir schon ein Sieg wert, wenn ich ihn damit nicht retten konnte? Einerseits war ich froh gewesen, dass mir die Möglichkeit, eine Distanz zu erschaffen, gegeben war... doch andererseits drängte mich diese Abgeschiedenheit nur mehr dazu, mich nach ihm zu sehnen. Seinen Duft zu riechen, egal, wie qualvoll es sein würde... seine Haut nur flüchtig zu berühren, ganz gleich mit welchem Feuer es meinen Körper versenkte. So vieles wollte ich noch. Selbst wenn er meine Gefühle nicht verstand und sie nie verstehen würde, war mir doch seine schützende Hand, eine Vorstellung wärmender Umarmung Glück genug. Kein Unwetter konnte ein Lächeln drüben, wenn ich wüsste, dass er mir noch sein Vertrauen schenkte. Seufzend schloss ich die Augen und lauschte dem Rauschen des Wassers und dem melodischem Pfeifen des Windes. "Í-gwaew... înitha anangorn... Legolas..." Legolas: Was hatte mich an ihn gebunden? Die Gedanken, die ihre Existenz allein durch ihn fanden? Die sich um nichts anderes mehr drehten, als um diesen Punkt? ... ihn endlos umkreisend und doch nicht die Distanz verringernd? Nein... Gedanken vermochten nur schwerlich den Grund darzustellen... sie waren nichts weiter als Zwecke und irritierende Verhaltensweisen, nicht etwa der Kern. Übertrieben erschienen mir die Sorgen um ihn, nicht weniger überzogen auch meine Reaktion, als er sich davonstahl, als hätte er Rechte, in deren Besitz ich nie gelangen würde. Gerne hätte ich es mit simpler Wut abgetan, doch schien dies nicht das Ziel darzustellen. ... Das Ziel? Was war das Ziel? Ich kannte keine Antworten, keine Erklärungen, vermochte es nicht, zu untermauern, zu begründen... nur ein einziges Wissen lag in meinem Bewußtsein. Fest verankert, so stark, als besäße es die Fähigkeit, es mit dem allmächtigen Schicksal aufnehmen zu können. Nur ein Wissen... ... nur ein festes Ziel. Nicht das relevante... doch wichtig genug. Ich wollte ihn wiedersehen. Dumpf schlugen die Leiber der Pferde gegen die Mauer des Feindes. Gleich einer Pfeilspitze rammten wir uns in das Heer, ließen die Mauer zwar nicht brechen, überfluteten sie jedoch... überannten sie. Mit einem weiten Satz übersprang der Hengst die Köpfe einiger Orks, die sich sogleich zischend und fauchend zu Boden warfen. Im ersten Moment ertappt von dem Unerwarteten und der Perplexität ausgefliefert. Und im zweiten Moment...? Es gab keinen. Weit lehnte ich mich aus dem Sattel, holte aus und erschlug eine Bestie, die gellend schreiend damit beschäftigt gewesen war, die Verteidigung aufrecht zu erhalten. Schnaubend preschten die Pferde an mir vorbei und die Hufen des Hengstes rammten sich hinab auf einen Körper, setzten auf ihm auf, zertrümmerten seine Knochen und mit einem weiteren Sprung setzte er über ihn hinweg, spürte meine Fersen, die ihm, diesmal mit fehlender Sänfte, die Sporen gaben. Lautes Scheppern erhob sich um uns, als die Leiber der Orks gegen die Rümpfe der Pferde schlugen, nicht die Kraft besaßen, gegen sie anzukämpfen. Und der Reihe nach gingen sie zu Boden, wurden übertrampelt und bildeten eine deutliche Spur, die wir zurückließen. Die Gefahr war unsere Gewissheit, als wir weiterhin in das Heer hineingaloppierten, nach jedem schlugen, der nahe genug stand, die Pferde antrieben, sie blindlinks sprinten ließen, ohne ihnen einen Weg vorzuschreiben. Ruhen konnten die Kräfte auf diese Art und Weise. Etwas länger, bis uns die Macht des Angriffes einen geringen Vorteil geschafft hatte. Immer dichter drängten sich die Kreaturen um uns, liefen uns unwissend entgegen. Auf einen Zweikampf aus, war das einzige, was sie erfuhren, tödliche Schläge und die Stärke der Pferde, gegen die sie in gewissen Momenten nichts auszurichten vermochten. Ich hielt die Zügel sicher, holte aus, zerschmetterte die Brustpanzerung einer Bestie, traf den Kopf einer anderen mit dem Fuß und trieb den Hengst gnadenlos zum Spurt an, als dessen Läufe schwerfälliger wurden. Prasselnd gingen sie nieder... einer nach dem anderen und viel hatten wir bereits ausgerichtet, als wir vollständig in die Masse eintauchten, die Mitte des Schlachtfeldes erreichten und uns in gefährlicher Bedrängung wiederfanden. Von hinten und vorne rückten sie näher, schlossen sich in einem Kreis um uns und fanden dennoch niemanden vor, dessen Hoffnung versiegte. Bereit waren wir noch immer, längst nicht am Ende unserer Kräfte und stark in unserem Glauben... der in diesem Fall nur geringe Ziele besaß. Ich hörte das Horn Edoras'... nicht weit von mir erhob sich der dumpfe Ton und trotz der riskanten Lage, folgten die Reiter Rohans dem Signal, flüchteten sich weiterhin in die Mitte, zogen sich zusammen... um einen gemeinsamen Ausbruch zu wagen. Ich selbst hielt meinen Hengst davon ab, sich der allgemeinen und hastigen Bewegung anzuschließen, folgte mit Abstand, ohne der schützenden Nähe des Heeres zu entsagen. Geschwind ließ ich den Hengst galoppieren, gab ihm lediglich die Richtung vor und ebenso rasch entließen meine Hände die Zügel, auf dass sie hinabsanken und dem Pferd seine Freiheit ließen. Ich selbst wendete den Säbel in die Rückhand, hielt mich sicher im Sattel und zog den Bogen ins Freie. Ebenso eilig folgte der erste Pfeil und erneut lehnte ich mich zur Seite, hielt das Gleichgewicht, als der Hengst die Richtung änderte und drehte mich leicht zurück, bis ein weiterer Pfeil von der Sehne schnellte. Einjeder von ihnen nahm ein Leben. Und viele tötete ich, bevor meine Hand ins Leere griff und ich den Bogen zurücksteckte, die Zügel ergriff und den Hengst herumriss. Er stieß ein lautes Wiehern aus, tänzelte kurz auf den Hinterläufen, schüttelte die Mähne und sprang mit einem Satz in die andere Richtung. Näher wagte ich mich an die Reihen der Orks heran, behielt das Heer Theoden´s jedoch stets im Blick. Aufmerksam und doch nicht abgelenkt, suchten meine Augen flüchtig nach dem stolzen Banner, bevor ich den Hengst zu einem gehetzten Sprinten antrieb, an der Masse vorbeijagte, so manchen Klingen mit Schnelligkeit entging und selbst oft genug zum Streich ausholte. Als hätte man ihnen nie die Gabe der Furcht geschenkt, rannten vereinzelte Bestien auf mich zu, entgegen des Hengtes, dessen schwere Hufen donnernd auf den Boden niedergingen und er mit seinem kräftigen Leib einjeden mit sich riss. Nicht lange tummelten wir uns dort in den Reihen des Feindes, stoben aus, vergaßen die Formation für wenige Augenblicke, taten unser Bestes und kämpften, so sehr es die Umstände erlaubten, auch um das eigene Leben. Nicht lange drängten sich die Orks gegen uns, nicht lange benötigten sie, um ihre jetzige, in Nachteil gedrängte Situation, zu verstehen und es war, als würde ein Zauber sie alle zu denselben Gedanken zwingen, wechselten sie plötzlich die Richtung. Sie drehten sich auf den Ballen um, schenkten uns keine Beachtung, wandten sich ab und flohen. Sie rannten fort und während ich den aufgebrachten Hengst an kurzen Zügeln hielt, den Säbel fest umklammernd und irritiert um mich blickend, setzten viele Männer Theodens zur Verfolgung an. Mitgerissen von dem unerwarteten Triumph und der scheinbaren Flucht des Feindes, neigten sie durchraus zu Übermut. Keuchend und schnell fiel mein Atem, als ich weit blickte, einjeden Ork fliehen sah. Nun, sicher waren wir ihnen auf den Pferden überlegen, doch... Ein röhrender Hornton ließ mich erschrocken herumfahren. Laut und schallend erhob er sich über dem Schlachtfeld und ich riss den Hengst herum, drehte mich eiliger und meine Augen weiteten sich, als sich hohe finstere Schatten in den dichten Staubwolken erhoben, als der Boden unter mir erbebte und der Ton langanhaltend war. Wie Ameisen flüchteten sich die Orks zu ihnen, stahlen sich an ihnen vorbei, um hinter ihnen Schutz zu finden. Schutz hinter den Kreaturen, die diesen Krieg ungerechter machten... so manchem Herz einen schmerzhaften Stich versetzten. Auch mir versagte der Atem für kurze Zeit und ich schluckte, ballte die Hand um die Zügel zu einer Faust, presste die Lippen aufeinander und spornte den Hengst dennoch ohne zu zögern an. Unter den dumpfen Klang des Horns mischte sich nun ein düstrer Gesang, viele Stimmen erschufen ihn und die riesigen Schatten zerissen die Staubwolken. Die monströsen Köpfe schüttelnd, schallende Rufe ausstoßend und hart auf den Boden aufstampfend, zogen uns nicht weniger als zehn Olifanten entgegen. Riesenhafte Geschöpfe... eine zu gefährliche Waffe! Plattformen aus leichtem Holz waren auf ihren Rücken angebracht, Leben regte sich auf ihnen. Dunkel gekleidete Männer mit festen Bögen... die Haradrim! Geschwind ließen uns die Orks auf unserer Seite zurück, flohen vorerst, bis nichts mehr zwischen uns und den Ungetümen stand. Deutlich war das kurze Zögern zu spüren, welches über die Krieger Rohans hereinbrach. Unruhig saßen sie in ihren Sätteln, klammerten sich um ihre Speere und Schwerter, starrten mit geweiteten Augen auf die Kreaturen, gegen die kein Sieg zu existieren schien. Und doch... Des Königs Reaktion entsprach meinen Erwartungen. Laut meldete er sich zu Wort und die Krieger scharten sich um ihn. "Angriffslinie bilden!" Schrie er. "Angriffslinie bilden!!" So begab auch ich mich zu ihnen, schloss mich ihnen an und gliederte mich ein. Nahe beieinander standen wir in der Reihe, auf den nervösen Pferden und selbst nicht viel ruhiger. "Blast zum Angriff!" Erneut erhob sich die Klinge des stolzen Schwertes. Dunkles Blut benetzte sie und gleichsam hob einer der Männer ein Horn und stieß hinein. "Nehmt sie an der Spitze!!" War des Königs nächster Befehl. "Vorwärts!!" Sich gegen jedes weitere Zögern erwehrend, wurden die Pferde zur Bewegung gezwungen. Wiehernd und schnaubend stießen sie sich ab, folgten dem Streithengst des Königs, der von unerschütterlicher Hand gelenkt wurde. Auch ich galoppierte nahe der Spitze, sah, wie sich der Abstand gefährlich verringerte, wie sich die Olifanten uns näherten und mit jedem Meter schienen sie an zu Größe zu gewinnen, bäumten sich vor uns auf wie Berge und wirkten nicht viel verletzlicher. Wir mussten an den mit scharfen Stacheln besetzten Stoßzähnen vorbei, mussten zu ihren hinteren Flanken gelangen, wo sich Schwachstellen befanden, die niemand schützte. Unbesiegbar waren sie nicht. Und dann trafen wir aufeinander... Eine beiläufige Kopfbewegung genügte, damit die gespitzten Stoßzähne über das Feld hinwegwischten, Menschen und Pferde mit sich rissen, sie zu Tode schleuderten. Ein allgemeines Schreien und Knacken, Scheppern und qualvolles Wiehern lag in der Luft, als Pferde gegen Olifanten prallten, als sich Zacken in ihr Fleisch bohrten, sie hinfortschleuderten wie sie es zuvor mit den Orks getan hatten. Als wären sie Kieselsteine und von geringem Gewicht. Nur schnelle Reaktionen und gekonnte Zügelführung erlaubte es einem kläglichen Teil, sich zwischen ihnen, gar durch ihre Beine hindurchzuschlängeln, sich vorerst in Sicherheit zu bringen und den tödlichen Stacheln und Stoßzähnen zu entgehen. Pfeile prasselten gegen die Leiber der Olifanten, nur schwerlich fanden die scharfen Spitzen Halt in der dicken Haut und entlockten den Monstren lediglich ein wuterfülltes Brüllen, bevor sie weiterhasteten, durch die Schar aus Reitern, sie fortschleudernd, einfach durch sie hindurchrauschend. Und nicht weniger Pfeile gingen auf die Reiter Rohans hinab. Unermüdlich schoßen die Haradrim auf sie, brachten sie zu Fall, ließen sie stürzen und sterben. Es war ein Gemetzel... Mir selbst war es gelungen, den Hengst sicher durch eine Lücke zu treiben und ihn herumzureissen, in die andere Richtung sprinten zu lassen, bevor ich mich zu sehr der Orkschar näherte, die im Rücken der Olifanten lauerte, tückisch hinter ihnen herrückten und das Ihrige taten. Von allen Seiten pfiffen Pfeile auf die Menge herab, Pferde starben, Männer schrieen, die Olifanten brüllten und Knochen zerbarsten, als wären sie nicht mehr als dünne Äste. Wacker und verbissen tummelten sich die Reiter um die riesigen Kreaturen, schossen auf sie, warfen Lanzen nach ihren massigen Beinen, zerschnitten sie mit ihren Schwertern. Und nur wenigen gelang es, bevor sie selbst erfasst wurden. Dennoch ging bald einer von ihnen zu Boden, am hinteren Lauf zu schwer verletzte, kippte er zurück und unentwegt sahen die Krieger ein erreichbares Ziel in ihm, stürzen sich auf ihn, bis ihn auch die Stoßzähne nicht mehr retteten und er zur Seite fiel. Schnaufend hetzte mein Hengst durch das Gemenge, unerwartet tauchten die Olifanten vor, neben und hinter mir auf, ließen mich ausweichen, boten mir jedoch des öfteren die Möglichkeit, mich ihnen zu nähern. Mit aller Kraft schlug ich zu, fand schnellen Halt im Sattel, wurde sogleich auf die herbeistürmenden Orks aufmerksam und musste nun selbst vor ihnen flüchten. Der Überblick ging verloren, Feinde waren nur schwerlich zu finden und oft stellte es eine zu große Gefahr dar, sich den Olifanten aus bestimmter Richtung zu nähern. Aufmerksam wurde ich mir dieser Momente bewusst, lenkte den Hengst sicher und bemerkte dennoch rasch die drohende Gefahr, als die Orks der Mut packte und sie sich selbst an den Olifanten vorbeiwagten, sich erneut in den Kampf mischten und uns sicher zurückdrängten. Ich fasste die Zügel kürzer, mein Atem fiel rasend und schwer, als ich mir einen kurzen Augenblick nahm, um nach jenem verlorengegangenen Überblick zu suchen. Ächzend starrte ich um mich, drehte mich hastig im Sattel und der Hengst trat unruhig zurück. Von der Seite näherte sich mir eine Schar Orks. Niemand hielt sie auf, jeder war mit anderem beschäftigt und es war zu früh, aus Heldenmut zu handeln und sich mit dem ruhmreichen Tod abzufinden. So zog ich ein weiteres Mal die Flucht vor, gab dem Hengst die Sporen, nutzte einen engen Pass, der sich flüchtig in dem Gedränge bildete und suchte nach einer gewissen Rückendeckung, die mir mehr Taten erlaubte und diese ungefährlicher machte. Ich hetzte ihn durch die Masse, auf den Punkt fixiert, zu dem ich zu gelangen versuchte und meine Augen vermochten es nicht zu erfassen, so schnell wie sich eine kleine Gruppe von schwarzen Kreaturen aus der Menge löste und mein Pferd nach nur einem Satz erreichte. Urplötzlich erfolgte dieser Angriff und stark genug war er, meinen Hengst stolpern zu lassen, ihm das Gleichgewicht zu entreissen. Und noch immer perplex und für einen winzigen Augenblick nicht dazu imstande, zu handeln, konnte ich mich den unvorhergesehenen Bewegungen des Pferdes nicht anschließen. Die Zügel entglitten mir und als hätte ich nie fest im Sattel gesessen, stürzte ich nach vorn, stürzte von ihm und rutschte über seinen gesenkten Hals, bevor ich zu Boden ging, dort hart aufschlug und mich dennoch augenblicklich aufrappelte. Noch liegend, rammte ich den Säbel in die Höhe, ließ die Klinge sich tief in das Fleisch eines Angreifers bohren, der in mir einen Hilflosen sah. Er kippte nach vorn und ich schlug die Hand in seiner Schulter, zerrte ihn zur Seite, bevor er mich mit seinem Gewicht unten halten konnte. So sprang ich selbst wieder auf die Beine, stieß einen Angreifer von mir, zog auch den zweiten Säbel ins Freie und wendete ihn in die Rückhand. Und nun, da ich verschlungen wurde vom Tumult und keine Höhe erreichte, in der ich dessen Ende erblicken konnte, ging auch die letzte Orientierung verloren und ich schlug mich, kämpfte mich einfach vorwärts, streckte nieder, der mir in den Weg kam und dankte meiner Vernunft, die mich zu jener Meditation gezwungen hatte. Längst schon, wäre ich nur noch einer der Toten, die den Boden bedeckten... über die die Krieger stolperten, über die sie hinwegtraten, im Kampf um das eigene Überleben. Ich fuhr herum, zertrümmerte die Rüstung einer Kreatur, rammte die Klinge des anderen Säbels bereits in den Hals der nächsten, trat mit dem Fuß nach einer weiteren und rammte mich gegen eine Gruppe, die sich im heillosen Durcheinander gesammelt hatte. Ich parierte aus Leibeskräften, wich zurück und tauchte unter einer surrenden Klinge hinab, die eigenen in den Körper des Monstrums rammend und sogleich weiteren Angriffen entgehend. Ein leichter Schmerz durchzuckte mein Bein und dinglich lenkte ich die Aufmerksamkeit auf einen verletzen Ork, der mit seinem Säbel nach mir schlug und doch dem Meinen unterlag. Röchelnd kam nun der Atem über meine Lippen, rasend brannte er in meiner Lunge und der Gestank des Feindes stach in meiner Nase, das Dröhnen und der Krawall schallte in meinen Ohren und ich eilte weiter, auf keine Verletzungen achtend. Auch mein Gesicht hatte eine Klinge getroffen... geprägt durch einen Schnitt in meiner Wange, von der kitzelnd das Blut rann. Ich begann zu rennen, sah mehr Verbündete als Feinde um mich und suchte nach Orten, bei denen es Taten zu vollbringen galt. Doch der Boden erbebte heftiger denn je unter meinen Füßen und kreischend stoben die wenigen Orks zur Seite, verfolgt von den Kriegern Rohans, die nicht nur in der Verfolgung flohen. Gehetzt drehte ich mich um, hob das Gesicht und starrte hinauf zu dem Olifanten, der mir gefährlich nahe kam, sich mir schnell näherte und übersäht von Pfeilen, dennoch mit grausamer Stärke protzte. Ich schluckte, legte den Kopf in den Nacken und kämpfte gegen meinen fahrigen Atem, bevor ich die Säbel in den Scheiden verstaute, mich abstieß und auf ihn zu rannte. Sprintend näherte ich mich ihm, sah keinen Grund, es den Fliehenden gleichzutun und kurz stockte ich, lief langsamer, wägte ab und sah, wie der Olifant den Kopf hob, erneut nach dem Feind zu schlagen, ihn mit den Stacheln aufzuspießen. Ich duckte mich unter dem breiten Rüssel, der zuerst auf mich herabging, sprang jedoch auf und klammerte mich um den Stoßzahn, der mir in einer anderen Lage das Leben gekostet hätte. Angetrieben durch Entschlossenheit und die Wut des ungerechten Kampfes, gelang es mir, mich hinaufzuziehen, die Füße auf den Stoßzahn zu setzen, während der Olifant erneut den Kopf schwenkte, ohne mich zu beachten, auf eine Schar Krieger zustampfte. Und so gelang es mir, mich kräftig abzustoßen, zu seiner mächtigen Schulter zu springen und dort nach einem breiten Gurt zu fassen, der von der Plattform hinabhing. Fest legten sich meine Hände um das stabile Leder, geschwind erfasste mich die eigene Wucht und ich schwang am monströsen Leib des Olifanten vorbei, gelangte zu dessen Hinterlauf. Keuchend griff ich nach einem der Pfeile, die in der dicken Haut steckten. Er ließ nicht nach, gab mir Halt und kurz setzte ich die Füße auf die rauhe Oberfläche, hielt den Gurt sicher in der Hand und tastete mich höher. Ich verlor keine Zeit, handelte, ohne mir eine Pause zu gönnen, griff nach dem nächsten Pfeil, zog mich an ihm hinauf und fand auch Halt auf den Wölbungen der Muskeln, die sich ständig und heftig bewegten. Ich biss die Zähne zusammen, stieß ich ab und wandte mich allein dem Gurt zu, als ich die vorgesehene Höhe erreicht hatte. Erneut schwang ich nach vorn, wurde erfasst von Bewegung und Wind, klammerte mich jedoch an die Konzentration und streckte die Hand nach einem Riehmen aus, bevor mich der Gurt nach vorn zum Kopf des Geschöpfes trug. Mich fest an den Riehmen klammernd, verweilte ich nun an der Seite des Leibes, kämpfte kurz um Kontrolle und löste eine Hand, um meinen Säbel zu ziehen. Unsicher setzte ich Füße auf den kolossalen Rumpf, zog mich ein Stück höher und sah den breiten Gurt vor mir. Er, der die Plattform auf dem Rücken des Olifanten hielt. Und ich durchschlug ihn kraftvoll, setzte Stärke in den Hieb und bewerkstelligte es, dass sich meine Klinge leicht in den Leib des Olifanten bohrte. Doch entrann diesem nur ein dröhnender Laut und gepackt von Wut, stampfte er weiter... nun jedoch ungelenkt, denn die Plattform knackte, die Halterungen ächzten und durch die heftigen Bewegung verlor der Aufbau schnell an Halt. Ich hörte die gellenden Schreie der Haradrim, als sie samt Untergrund seitlich hinabrutschen. Ich selbst wurde auf der gegenüberliegenden Seite rasch hochgezogen, fand Halt am Rumpf des Olifanten und setzte die Füße gegen ihn. Ich wurde hinaufgezogen, stand bald aufrecht und löste die Hand vom Gurt, bevor er mich auf der anderen Seite gen Boden zerrte. Ich stolperte, fand jedoch Gleichgewicht und drehte mich zur Seite, dem letzten, der sich hatte retten können, entgegenzutreten. Sein dunkles Gewand flatterte im sandigen Wind und funkelnd waren die braunen Augen auf mich gerichtet, als er sein Schwert zog und sicher über den Rücken des Ungetüms auf mich zueilte. Meinem Atem war keine Beruhigung zugekommen. Noch immer fiel er unbeherrscht und keuchend trat ich auf ihn zu, erwartete den Angriff, wollte ihn selbst nicht beginnen und entwich der scharfen Klinge. Der Leib unter meinen Füßen schaukelte, unkontrolliert preschte der Olifant durch die Massen und ich hob einen Arm, balancierte mich aus, drehte mich um und streckte den Säbel unter einem dumpfen Ächzen von mir. Nicht lange musste ich warten, bis er sich erneut auf mich stürzte und geschwind drehte ich mich aus seinem Hieb, umklammerte seinen Arm, tauchte unter ihm hindurch und meine Klinge fraß sich tief in seinen Körper. Noch immer haltend, zog ich den Besiegten hinter mir her, zog ihn zur Seite und ließ ihn vom Leib des Olifanten, hinab auf das Schlachtfeld stürzen. Dennoch gelang es mir mit einem raschen Griff, seine Pfeile an mich zu nehmen. Geschwind zog ich sie aus dem Köcher, bevor er herabfiel und ich wandte mich um, steckte den Säbel zurück, zog den Bogen und eilte über die Wirbelsäule des Olifanten, bis hin zu seinem Nacken. Gehetzt legte ich die Pfeile auf die Sehne, spannte sie, blieb stehen und sie alle drei bohrten sich surrend in das Genick des Geschöpfes. Sogleich spürte ich, wie sich seine sonst so vorhersehbaren Bewegungen änderten, wie er strauchelte und geschwind an Schnelligkeit verlor. Und wie ihm die Eile, ging mir selbst die Balance verloren. Ich stolperte nach vorn, stolperte über seinen Schädel und spürte, wie der monströse Körper unter mir zusammenbrach. Mir vorgestreckten Kopf ging der Olifant nieder. Dumpf schlug er im Staub des Schlachtfeldes auf und mit einem weiten Sprung rettete ich mich davor, von der Wucht des Sturzes erfasst, und selbst hinabgeschleudert zu werden. Hart setzten meine Füße auf dem steinigen Boden auf und im ersten Moment verzog ich die Miene, stolperte, humpelte und drehte mich keuchend zur Seite, als sogleich eine feindliche Klinge nach mir schlug. Der Sieg über den Olifanten hatte mir viel Kraft gekostet und nun bestand größere Gefahr hier in der Masse der sich Bekriegenden. Fauchend drehte sich der Ork mit mir und fahrig tauschte ich den Bogen gegen die Säbel, konnte seinen nächsten Schlag parieren, nach unten lenken und den Leib mit einem kraftvollen Schlag vom Kopf befreien. So strauchelte ich weiter, stellte mich einjedem, rettete andere und mich selbst, biss die Zähne zusammen und klammerte mich an meine Ziele. Zeit zu schinden... nicht gewinnen. Ein Angreifer rammte sich gegen mich und rasch konnte ich ihn noch an der Schulter verletzen, bevor ich zurückwich, um Gleichgewicht kämpfte und mich nur noch vor einem weiteren Schwert retten konnte, indem ich mich zu Boden warf. Staub umwirbelte mich, als ich aufschlug, blondes Haar versperrte mir die Sicht und kurz entrann die Klinge des Säbels meiner Hand. Keuchend und ächzend schob ich mich nach vorn, griff nach ihm und rollte mich auf den Rücken, als noch ein Feind auf mich aufmerksam wurde. Mit erhobener Axt rannte er auch mich zu und ich rollte mich erneut auf die Seite, wälzte mich ihm entgegen und bevor ich durch seine Klinge sterben könnte, durchschnitt ich ihm von unten die Beine, schlug gegen sein Knie und ließ ihn fallen. Ich selbst kämpfte mich wieder nach oben und in wenigen Augenblicken, in denen mein Säbel nicht von neuem Blut getränkt wurde, erspähte ich den Zwerg, der sich nicht weit entfernt schlug. Aufmerksam musterte ich meine Umgebung, war achtsam und schaute erneut zu ihm, sah seine kraftvollen Schläge und wünschte mir in diesem Augenblick, dieselbe Stärke innezuhaben. So kämpfte ich also weiter. Quer über das Schlachtfeld, vor und zurück, nach beiden Seiten und gegen jeden Feind, der sich mir in den Weg stellte. Stunden waren es und obgleich die Zeit rasend an mir vorbeizuziehen schien, als wolle mir das Leben kein Gönner sein... die Feinde kamen von überall her. Als wären sie unzählbar, unzerstörbar, obgleich ihre Körper den Boden säumten. Man stolperte über sie, stürzte, trat über sie hinweg und auf sie. Sie alle lagen darnieder und während der Krieg herrschte und immer deutlicher sah ich die schwarzen Massen, die zu wachsen schienen, während die Krieger in glänzenden Rüstungen stets an Zahl und Stärke verloren. Schreie, surrende Klingen... Blut haftete klebend an meinen Händen, Blutspritzer auch in meinem Gesicht und Dreck von einigen Stürzen. Einjeder Atemzug brannte in meinem Hals, lebte nur mit großer Überwindung auf und war doch so rasend und schnell, als wäre mein Körper noch kraftvoll. Doch spürte ich die mangelnde Beweglichkeit meiner Gelenke, die Schwere meiner Glieder, die Anstrengungen, mit denen ich einen nach dem anderen besiegte. Lange würde dieser Kampf noch andauern und würde die Erschöpfung so gnadenlos an mir zehren, würde ich gar das Ende erleben, mich schlagen, bis man mir den Tod aufdrängte und ich ihm nicht entgehen konnte. Kapitel 13: *~lhind~* --------------------- Aragorn: Ich hatte das Gefühl, die Zeit bliebe stehen und doch bewies mir jedes Wellenschlagen, dass sie weiterlief... grausam und hetzend. Wir hatten soeben den Tolfalas hinter uns gelassen und Ethir Anduin passiert, der uns durch einen Nebenfluss in den Anduin selbst brachte. Der leichte Rumpf hatte wenig Tiefgang, so dass es kein Hindernis darstellte, jenen Zustrom zu nehmen. An den Hauptmast gelehnt, sah ich zu, wie die Wolken an uns vorüberzogen, dunkler und dichter wurden... als würde der Himmel uns warnen wollen, unseren Weg fortzusetzen... als würde uns Schreckliches erwarten. Ich seufzte schwer und sah mich um, ohne Aussicht etwas tun zu können, um die lange Zeit zu vertreiben. So war ich völlig nutzlos auf diesem Schiff und alles schien nur dahinzuschleichen. Immer und immer wieder gerieten meine Gedanken zu Legolas, der sich sicher im Krieg befand und kämpfte... der sich wacker schlug, um Minas Tirith und sein eigenes Leben kämpfte... und trotzdem auf Unterstützung hoffte. Ja, sie waren zu wenige... zu wenige, um zu siegen und lobenswürdig war dennoch ihr eiserner Entschluss, in den Kampf zu ziehen. Respekt bis ins Tiefste meines Bewusstsein für das Wissen, dabei zu sterben. Eine Hoffnung schöpfend, die sie nicht vor Augen haben konnten. Doch hier war sie und bei ihnen würde sie sehr bald sein... bald nur, wenn sie durchhielten. Unschlüssig fuhr ich mir mit der Hand durch's Haar, strich mir ein paar Strähnen aus dem Gesicht und sah über die Reling. An den Ufern zu unseren Seiten erstreckten sich noch grüne Wiesen, Wälder und Bäume, die sich im Wind wiegten und unzählige Blätter, die in ihm tanzten. Ein sinnloses Spektakel, das durch die von der Sonne durchtränkten Wolken in einen unbehaglichen Rotton getaucht wurde, das all ihre Schönheit dämpfte. Ja, und selbst wenn diese Trübsinnigkeit nicht vorhanden wäre und scheinheilig der blaue, freie Himmel alles im Glanz der Natur erstrahlen lassen würde, wüsste man doch, dass man dies ein letztes Mal nur sehen konnte. Verloren wir den Kampf... verlor Mittelerde seine Schönheit... mit allem, was in dieser Welt lebte. Stöhnend wandte ich mich ab, holte Luft und setzte mich erneut an den Mast. Müde verschränkte ich die Arme vor der Brust und schloss die Augen. Noch ein wenig Kraft schöpfen und die Zeit verfliegen lassen, wie die Zweifel, die mir den Sinn vernebelten und die Zuversicht nahmen... Ich befürchtete, dass mich der lange Lauf durch das Totenreich sehr viel Kraft gekostet hatte, denn sehr schnell kehrte ich den Geräuschen meiner Umwelt den Rücken und tauchte ein in meine alte Dunkelheit, doch jäh wurde sie durchdrängt von wirren Farben, die wie Schleier an mir vorbeitanzten, mich annähernd überrannten mit ihrer Intensität. Grelle Rottöne, wie Flammen, tiefes Grau, wie Rauch... dann sah ich Leichen... starre Gesichter, verzerrt und leer an Leben... ein Gestank von Verwesung und Tod... Mit einem Mal schrak ich auf und sprang auf die Beine, ohne zu bemerken, dass ich wieder wach war. Die Farben waren verschwunden, doch ebenso auch das blasse Licht der Sonne. Kahle Felsen zu meiner Rechten, tote Erde zu meiner Linken und wenige Meilen entfernt... Minas Morgul. Doch der Gestank blieb, beißend und warnend durchflutete er die Luft und ich trat vor zum Bug. Wir hatten unser Ziel erreicht! Ich sah die grauen Mauern Osgiliath' und den Ankerplatz. Der Totenkönig selbst erschien lautlos neben mir und ich blickte ihn an, nun wacher und reger denn je. Schreie in der Ferne erreichten mein Ohr... das Grölen der Orks und die Todesschreie der Krieger... das Dröhnen schwerer Beine erschütterte sogar das Wasser und ich glaubte meinen Sinnen nicht, als ich die Laute hörte... Olifanten... "Lasst Euch vom Feind nicht sehen, ehe ich voranschreite." Er nickte zu meinen Worten und augenblicklich verschwanden sie im Nichts. Ich selbst ging in Deckung, als es nur noch eine halbe Meile war und wartete geduldig. Es war verblüffend, wie die Schiffe von selbst steuerten... und nahe bei dem Gebrüll der Feinde selbstständig zum Halt kamen. Ich hörte die Rufe näher kommen, ehe sich eine grausige Stimme über sie erhob. "Zu spät, wie immer, das Piratenpack! Hier gibt es Messerarbeit zu erledigen! Kommt schon, ihr Seeratten! Runter von euren Schiffen!" Ihre Blicke wollte ich sehen, ihre Verunsicherung... und dann ihren Fall. Rasch legte ich die Hand auf die Reling, stand auf und schwang mich leichtfüßig über sie. Aus den abwartenden und gar erfreuten Gesichtern, trat eine Überraschung hervor, die man zu selten genießen konnte. Ich sah sie an und mit bodenloser Erschütterung erwiderten sie meinen Blick, vor und zurücktretend, ohne über den Fortgang dieses Ereignisses Bescheid zu wissen. Mit aller Ruhe, die ich noch besaß und mit neuen Kräften in meinen Gliedern, ging ich langsam auf sie zu... und sobald sie ihre Verwunderung selbst überwunden, erwiderten sie dies fauchend und zischend mit erhobenen Schwertern. Und auch ich zog das Schwert aus der Scheide und rannte. Nun würden sie für die Schuld einstehen, die es zu begleichen galt! Sogleich, als ich den Schritt beschleunigte und sie in ihrer Übermut dasselbige taten, blieben sie nur nach einem kurzen Laufschritt wie erstarrt vor Angst und Schrecken stehen. Allein war ich nicht und jene, die ich zur Unterstützung rief, folgten mir und leisteten ihren Schwur! Mit geballter Kraft hob ich das Schwert, durchschnitt den ersten Leib, der gelähmt vor Furcht bewegungsunfähig geworden war und gleichsam fielen sie alle unter den Klingen der Untoten, als wären sie vom Wind selbst zerrissen worden. Und Schutz hatte ich an allen Seiten, war mir der Weg durch die übernommene Stadt Osgiliath wie ein Spaziergang über Wiesen freigelegt und von einer unbesiegbaren Macht geführt. "Richtet Eure Schwerter zu allererst auf die Feinde in der Weißen Stadt! Schützt das Volk in ihm! Rettet Ihr diese Menschen... rettet Ihr diese Stadt, dann sehe ich Euren Eid als erfüllt an!!" Die erwiderten Rufe der Toten schien die Hölle selbst herauszuwürgen und doch überflutete mich diese mit einem Gefühl der Zuversicht und des Mutes, Leben noch zu retten und alles zum Guten zu wenden! Die Tore Osgiliath ließen wir schnell hinter uns und mit ihnen einen Berg von Leichen des Feindes. Doch vor mir, der ich unermüdlich rannte und zeitgleich einen Überblick zu erlangen versuchte, zeigte sich ein Feld von schreienden Kämpfern, von wildem Geheul... und zahlreiche leblose Körper, die sich in ihrer Zahl auf dem zertretenden Boden sammelten. Die leuchtende Meute der Untoten spaltete sich gleich eines Meeres, das auf eine Klippe traf und jeder Feind, der ihren Weg kreuzte, fiel ihren Klingen zum Opfer. Ich selbst kämpfte mich durch die Angreifer, die mich als Einzelnen sahen, hechtete mich unter einer Klinge hinweg und durchbrach die Panzerung am Rücken, ehe ich wieder aufsprang und einer anderen zur Seite auswich. Im Gegensatz zu ihnen, war ich noch voller Kraft, voller Tatendrang und in ihrer Verzweiflung vor der Überschwemmung einer neuen Macht, handelten sie unüberlegter als je zuvor. Wie durch einen gespannten Fäden durchglitt die Schärfe Anduríls den Rumpf eines Orks, zerschnitt im Schwung den Arm des Nächsten und bohrte sich gnadenlos in das stinkende Fleisch. Die Wärme des feindlichen Blutes haftete an meinen Händen und ich schlug mit der Linken zu, um es sie selbst kosten zu lassen, ehe sie ihr Leben aushauchten. Die Erde bebte und dröhnend ging ein Olifant zu Boden und verblieb regungslos. Ich rannte weiter, sobald ich mich von den ersten Angreifern lösen konnte, blickte mich gehetzt um und suchte, als ich einigen Männern in scharlachroter Kleidung und scharfen Säbeln entgegenkam. Haradrim, wilde Menschen aus Umar und dem Haradwaith. Drei an ihrer Zahl griffen mich gemeinsam an, stießen ihre Klingen nach mir, doch packte ich den einen in weiser Vorsicht am angreifenden Arm und parierte mit dessen Schwert die Klinge des Zweiten. Ein Tritt allein genügte um den Dritten von mir zu stoßen, ehe ich mein eigenes Schwert benutzte und in einer schnellen Kreisbewegung die anderen Beiden zu Fall brachte. Mein Atem fiel schneller, doch meine Glieder regten sich, als wäre sie nicht von mir selbst geleitet, als ich dem letzten die Kehle durchschnitt. Dann eilte ich weiter und sah um mich, suchte unter den Kämpfenden den einen, der meine Gedanken kontrollierte. Doch so viele waren noch in Kämpfe verstrickt, trockene Erde wurde wie Nebel aufgewühlt und nur zahllose Stimmen gaben zu erkennen, wer in der Nähe kämpfte. Tiefe Schreie, Keuchen und Klirren und ich begann schon seinen Namen zu rufen, in der Hoffnung, ihn unter den Lebenden wiederzufinden. "Legolas!!" Anstelle einer Antwort, vernahm ich nach einigen Rufen einen gellenden Schrei, hell und klar... und mir bekannt. Ich rannte dem entgegen und der Staub legte sich, während meine Augen die Körper der vielen Toten durchforsteten. Noch einmal ertönte dieser markerschütternde Schrei und ich blieb stehen. Ich wollte meinen Augen nicht trauen, als ich sah, wer dort gebeugt über den Leib eines toten Pferdes schrie und schluchzte. Aber das lange, gewellte Haar, trotz Schmutz und Blut in seinem Blond, widerlegte einen jeden Zweifel. Éowyn, die blonde Maid Edoras' hockte dort und ihre Schultern bebten unter schweren Atemstößen und Tränen. In einer schweren Rüstung gekleidet, lag in ihrer einen Hand ein blutdurchtränktes Schwert... doch in der Anderen hielt sie die Hand eines Mannes, der von der Last des Pferdes erdrückt worden war. Ich öffnete den Mund, ohne auch nur einen Ton von mir zu geben, zog zischend die Luft ein und stieß sie voller Schwermut aus. Die Hand, die von jener Frau gehalten wurde... war keine andere, als die vom König selbst. König Théoden war gefallen. Ich erkannte nach wenigen Augenblicken sein Gesicht. Starr sahen die leeren Augen in den Himmel, die Lippen leicht geöffnet, als wäre mit dem letzten Atem ein Wort gefallen... Schmutz und Blut haftete auf der Rüstung und dem Handschuh, welcher so fest von der Frau gehalten wurde. So hatte er doch... viele Kämpfe überstanden und war ein guter Herrscher gewesen, der seine Liebe zu seinem Volk und seinen Verbündeten in Gutmütigkeit zeigte und für ihren Frieden kämpfte. Er war ein Kind, als ich seinen Vater sterben sah und nun hatte er selbst den Tod gefunden... doch nicht umsonst, sondern ruhmreich... der Weg zu seinen Ahnen war ihm gewiss. Rohes Gebrüll zu meiner anderen Seite erreichte meine Sinne und ich blickte zurück zu einer Meute fliehender Orks. Ein Kämpfer kam ihnen entgegen und fiel sofort ihren Klingen zum Opfer und sie würden diesen Weg fortsetzen. Ich wandte mich ab von der blonden Maid und setzte den Kampf fort, gleichzeitig, um ihr ein Schutzwall in ihrer Trauer zu sein. Tröstende Worte konnte ich ihr erst spenden, wenn dieser Kampf endete. ... ja... und auch die Suche nach dem Elb musste ich unterbinden, musste darauf hoffen, dass er überlebte und wir uns nach der Schlacht wiedersahen. Flink tat ich im rechten Moment einen Schritt zur Seite und ein Ork verlor sogleich das Gleichgewicht und ging fauchend zu Boden. Verhasstes Knurren nahe neben mir und ich zog den Kopf zurück, ehe der Säbel mich erreichte. Rasch hob ich den Arm und schlug mit dem Ellenbogen in das Gesicht des Ungetüms und spaltete seinen Schädel in der nächsten Bewegung. Kurz sah ich auf, als ich weiter hinten einen Krieger entdeckte, der ebenso wacker, doch schon schwankend kämpfte. Den Helm schien er verloren zu haben, denn sein langes Haar wehte zerzaust im starken Wind. Ich drehte ihm flüchtig den Rücken zu, glaubte etwas Unübliches gesehen zu haben und sah bald noch einmal hin, nachdem ich dem am Boden liegenden Ork die Klinge durch den Körper gejagt hatte. Zerfetzt war die Kleidung, befleckt von dunklem Blut und Erde. Der Mann wandte das Gesicht zur Seite und ich erkannte einen tiefen Kratzer auf seiner Wange und hauchfeine rote Flüsse, die bereits getrocknet schienen... bis hin zum freien Hals verlaufend. Dieses Profil... Erneut holte mich ein Fauchen aus meiner Beobachtung und ich rollte mich zur Seite, ehe ich das Bein ausstreckte und den Feind in seiner Eifrigkeit zu Fall brachte. Rastlos hob ich den Arm und durchdrang das stinkende Fleisch mit dem Schwert. Keuchend rang ich nach Luft und kam wieder auf die Beine, doch sofort den Blick auf den einen Krieger richtend, der immer noch kämpfte. Diese Bewegungen... und in meiner Ungläubigkeit erkannte ich, dass das Haar in seiner Wanderung einen blonden Schein unter den roten Tönen warf und jede Vorstellung eines brünetten Kämpfers durch herabfallende Erde widerlegt wurde. Glaubenslos trat ich über die toten Leiber meiner Feinde hinweg und blieb doch wieder stehen, einer Reaktion unfähig. War er das...? Geschickt und seiner schwächelnden Glieder zum Trotz, entkam er einem Säbel und streckte den Feind zu Boden. Der Lärm um mich herum wurde nicht weniger und doch glaubte ich seinen Atem zu hören... sogar das blaue Funkeln seiner Augen zu erkennen. War er das wirklich...? Noch einen Schritt tat ich, nur um erneut der Bewegungsunfähigkeit zu erliegen. Ich verzog die Brauen und hörte meinen Puls in meinem Trommelfell widerhallen. Mein Herz schlug in schnellem Takt und hart gegen meine Brust... als sage es, wenn ich schon nicht meinen Augen traute... ich es doch meinem Herzen glauben konnte. Er war es... er kämpfte... und still begriff ich eine Tatsache, die mir das schwere Herz ein wenig erleichterte und den Blick klärte. Er lebte. ~*~ Legolas: Mit zusammengebissenen Zähnen und schmerzenden Gliedern, obgleich ich schweren Verwundungen bisher entgangen war, entwich ich einer von vielen tödlichen Klingen, hechtete mich an ihr vorbei, warf mich gegen den Leib des Feindes und rammte mit aller Wucht die Säbel in diesen. Nahe lehnten wir aneinander und gemeinsam stolperten wir zurück. Stinkender Atem schlug mir entgegen und ächzend zog ich die Klingen aus seinem Körper, bevor er einen letzten röchelnden Atem ausstieß und sein Blut, welches er mit sich brachte, meinen Hals säumte. Ekel griff nach mir und schnell versuchte ich ihn loszuwerden, stieß ihn von mir, strauchelte zur Seite und wischte das Blut von meiner Wange. Noch in dergleichen Bewegung verstaute ich den Säbel in der Scheide, sah für eine Hand bessere Möglichkeiten, als diese Waffe zu führen. So packte ich den Arm des folgenden Angreifenden, zog ihn mit mir und kurz glaubte ich, meine Augen würden einen grünen Schatten erspähen, der sich rasch und abnorm in weiter Entfernung bildete. Ich blinzelte, wurde kurz abgelenkt durch diesen Anblick und der Ork prallte gegen mich. Verbissen klammerte ich mich um seinen Arm, legte den eigenen keuchend um seinen Hals, zerrte ihn zu mir und strauchelte zurück. Erneut bemerkte ich dieses Gebilde... Gleich einer Flut fiel es über das Schlachtfeld herein, bäumte sich auf, brauste weiter... Eine Faust traf meinen Bauch und ich zuckte zusammen, packte den Ork fester, rang mit ihm und ging zu Boden, als wir über unsere Beine stolperten. Ich ächzte, er fauchte und ich klammerte mich an ihn, durfte seiner Klinge keine Freiheit gewähren. Weich lag ich auf den Körpern der Gefallenen, kämpfte damit, dem aufgebrachten Ork meine Kontrolle aufzuzwingen und nach einem kurzen Handgemenge ertastete ich an seiner Rüstung einen Griff. Zitternd versuchte ich ihn zu fassen, als sich seine Hand um meinen Hals legte und ich den Säbel losließ, um mich gegen sein Würgen zu wehren. Verfault roch sein Atem, benebelnd für meine Sinne, starr die hellen Augen, die hasserfüllt auf mich gerichtet waren. Ich schloss die Eigenen, fand durch einen lauten Aufschrei neue Kraft und packte den Dolch, den er selbst im Gürtel trug. Gleichsam gelang es mir, mich aufzurichten und ehe er zum Streich ausholen konnte, versenkte ich die Klinge tief in seinem Rücken und er würgte schrille Laute hervor, fiel nach hinten und zog mich mit sich, indem er seine Hand auch weiterhin verkrampft um meinen Hals klammerte. Ich hustete, als ich auf ihn fiel, zerrte seine Hand fort und wand mich, um von ihm runterzukommen. Röchelnd und ermattet kroch ich auf den Knien über die Toten. Geweitet starrten mich die leblosen Augen der Menschen an, stinkend umgaben mich die Kadaver und ich quälte mich damit, sie nicht anzusehen. Unsicher griff ich nach dem Säbel, legte die Hand auf die Rüstung eines toten Orks, stützte mich ab und stemmte mich hinauf. Als stünde ich das erste Mal auf den Beinen, als wären sie meine Last nicht gewöhnt... Ich fand mich unsicher auf ihnen, tat einen benommenen Schritt, um das Gleichgewicht zu suchen. Gerötet waren meine Augen, in ihren Fähigkeiten gehemmt, durch den Staub, der sich in eine jede Pore setzte. Und dennoch fiel es mir leicht, mein altes Ziel wiederzufinden. Kurz konnte ich mir eine Unaufmerksamkeit leisten und desorientiert blickte ich nach beiden Seiten, sah hinüber zu den grünen Wogen, die sich unauffällig in hellen Schatten wiederspiegelten und gleich einer allesverzehrenden Macht, preschten sie gegen die geschundenen Mauern Minas Tirith'. Ich wusste, wer sie waren... ja, ich wusste es. Doch stand ich diesem Wissen mit Ungläubigkeit gegenüber. Meine Augen brannten, als mich eine Brise dreckigen Staubes erfasste und ich hob schützend die Hand, erblickte kurz darauf einen Schatten, der sich mir näherte und nahm eine verräterische Bewegung wahr. Trotz der marternden Schwäche war es mir ein Leichtes, der Klinge zu entkommen. Das Haar peitschte in mein Gesicht, als ich mich eilig drehte, mich aus dem Schlag herauswand und mit einem raschen Hieb die Schwachstelle der Panzerung fand. Besiegt fiel auch dieser Ork nieder und meine Lippen öffneten sich einen Spalt weit, als die grüne Flut leuchtend und beängstigend schnell einen Weg in die Stadt fand und sich in ihr ausbreitete. Die Bewohner des Nebelgebirges... Die Toten, die dennoch im Diesseits hingen... Laut stieß ich den Atem aus, schloss den Mund, schluckte schwer und blinzelte zur Seite. Ich glaubte ihn zu spüren... seine Präsenz an diesem Ort... Und es fühlte sich an wie ein Schlag in´s Gesicht, sich dessen bewusst zu werden. Was war mit mir? Was fühlte ich nur in diesen kurzen Momenten des Innehaltens? Hatte ich ihm nicht mein Vertrauen geschenkt, den Glauben, dass er auch diese Prüfung bestehen würde? Hatte ich mich nicht auf ihn verlassen? War ich mir nicht sicher gewesen, auf seine teure Hilfe bauen zu können? Weshalb fand ich mich nun so überrascht vor, dass es beinahe schon an Entsetzen grenzte? Das Vertrauen war keine Selbstbelügung gewesen, um mir neuen Mut zu schenken. Nein, wie Selbstbelügung aussah, wusste ich sehr wohl. Verworren waren meine Gefühle, meine Gedanken nicht offen für Ordnung, zu kurz war der Augenblick, in dem ich mir Zeit für sie nahm... zu unvorhergesehen, hatte ich doch geglaubt, bald würden sie schlummern und davor verschont sein, sich mit jeglichen Sorgen und Nöten auseiandersetzen zu müssen. War ich, der in dem Tod die Gewissheit sah, nun dennoch offen und bereit für das lange Leben, welches viele Geschehnisse für mich bereit hielt...? Ein erschreckendes Geräusch drang mir entgegen und ich folgte ihm, riss meine Aufmerksamkeit von den Gedanken los und drehte mich geschwind um. Aufgebracht nach hastigen Angreifern suchend, übersah ich eine Gestalt, die reglos dortstand. Als nähme sie nicht am Kampf teil, war sie für mich nicht von Bedeutung und fahrig hielt ich nach Orks Ausschau, klammerte mich an meinen Säbel und sah die einzigen Feinde in sicherer Entfernung. Ich musste einer Täuschung unterlegen sein. Zu strapaziert waren meine Sinne, geschwächt durch die gnadenlose Beanspruchung, der auch mein Körper bald erliegen würde. Aufgebracht, beinahe schmerzhaft schlug das Herz in meiner Brust, einjedes Pulsieren schien meinen Körper in Schaudern und Zittern zu stürzen und fremder Schmerz schien von außen in mich einzudringen, ließ sich bei jeder Bewegung spüren. Grausam war dieser Krieg und dennoch sollten mir Schlimmere bevorstehen, sollte mir dieser das Leben lassen. Ich zog die Nase hoch, strauchelte hilf- und orientierungslos, starrte um mich und zu unüblich war die Ruhe, die jene Gestalt inmitten der Schlacht zu wahren schien. Durch Staub und Dreck sah ich sie erneut und lange blieb mein Blick an ihr haften. Unschlüssig und unwissend, bis mir eine scharfe Böe die genauere Sicht zurückbrachte und ich mir auf einen Schlag der bekannten Züge bewusst wurde. Stärker als jeder Schmerz, den ich bisher verspürte, stach ein erschrockenes Zucken in mir, raubte mir mit seiner Intensität die Kontrolle und ließ mich erstarren. Meine Augen weiteten sich und nur mit größter Anstrengung konnte ich meine Hand davor bewahren, den Säbel freizugeben. Dort stand er... gleich eines Traumgebildes. Und doch war er so reell, wie man es nur sein konnte. Er war erschienen... ja, er war hier. War mir der Atem doch gerade noch so rasend und unkontrolliert entwichen, schien er sich zu beruhigen, scheinbar zu verstummen. Ich nahm seine Laute nicht mehr wahr, stand dort und sah ihn an. Und er erwiderte meinen Blick, hatte mich früher erspäht und schien meine Emotionen wiederzuspiegeln, so sehr ähnelten sie sich. Verwunderung... das Entsetzen des unvorhergesehenen Aufeinandertreffens, welches wir beide wohl nicht erwartet hätten. Ganz ohne gleichen war es wohl ein Anlass zur Freude und wirklich ließ sich auch etwas spüren, das mit Erleichterung zu vergleichen war. Erst spät griff dieses Gefühl nach mir, doch vermochte es nicht nach außen zu dringen und ich zeigte mich auch weiterhin versteinert. Welch ein Erfolg... welch ein Triumph, welch ein Glück und welch Rettung sein Erscheinen nur mit sich brachte! Er hatte gesiegt und nun stand er mir gegenüber. In jener unerschütterlichen Haltung, in der Hand das stolze Schwert Narsil, welches ich mit Verwirrung erspähte und welches dennoch so manche Erklärung mit sich brachte. Er besaß es! Das Schwert der Könige...? Der Kampf schien ihn bisher mehr verschont zu haben, als mich. Gezeichnet war sein Gesicht nur mit wenigen Kratzern, Stärke schien seinem Körper noch innezuwohnen und er, als der Retter in der Not, stellte genau dies dar. Wacker und kräftig... entschlossen und... Ich blinzelte, kurz entfloh ich seinem Blick, spürte, wie sich ein Lächeln seinen Weg durch die Kraftlosigkeit bahnte, sich zögerlich entfaltete. Und ich presste die Lippen aufeinander, senkte den Kopf und sah ihn kurz darauf wieder an. Wie gut tat sein Anblick, wie beruhigend war seine Anwesenheit, wie glücklich war ich, ihn vor mir zu sehen. Lebendig, triumphal... unverletzt. Ja, in diesen Momenten war ich stolz auf ihn, scholt mich selbst meiner Zweifel und tat einen zaghaften Schritt nach vorn, mich ihm zu nähern... Und ich tat es nur langsam, hielt den Säbel gesenkt, ebenso den Kopf und die Kraft, die ich mir nicht zugemutet hatte, verriet das Lächeln, ließ es schwinden und mein Gesicht in ausdrucksloser Mimik verharren. Ich fühlte mich hin und hergerissen zwischen Freude und jenen andere Gefühlen, die ich noch nicht zu definieren wusste. Noch zaghafter wurden meine Bewegungen und kurz hielt ich inne und schloss die Augen... Nicht grundlos hatten mich Sorgen gequält... Nicht grundlos hatte ich gegen mich selbst gekämpft... Nicht grundlos hatte ich im Dreck gekauert... Mit Grauen erinnerte ich mich an die Nacht, auf die der Aufbruch folgte. Leidend und ratlos, ebenso hiflos und unentschlossen war ich gewesen... hatte mich verraten gefühlt. Und ich war seinen Intrigen erlegen. So aufrichtig diese auch waren... ich war ihnen erlegen! Meine Augenbrauen verzogen sich und langsam setzte ich mich erneut in Bewegung. Auf eine andere Art und Weise befasste ich mich nun mit jenen Geschehnissen, trat mit einem Schritt über einen Toten und führte meinen Weg fort. Wie sehr hatte ich ihn verflucht... Wie sehr hatte ich mich verdammt... Und noch immer kannte ich keinen der Gründe. Noch immer wusste ich nicht, weshalb er eine solche Kluft herbeiführte, selbst den unerschütterlichen Zwerg in Zweifel und Wut trieb. Ja, auch mein Gemüt hatte der Zorn erfasst. Nichts derartiges war es gewöhnt und es war ihm unterlegen... schien mich nun erneut zu übermannen. Erneut stieg ich über eine Leiche... keinen Schritt konnte ich auf den Boden setzen, ohne dies zu tun. Eine kalte Böe erfasste mich, kitzelnd glitt eine blonde Strähne über mein dreckiges Gesicht und meine Augen tasteten sich über den Boden. Entschlossen war ich nun in meinem Weg und rasend tobten die Gedanken in mir, die Eindrücke, Erinnerungen, die mich mit sich rissen, mich glauben ließen, in die Vergangenheit zurückversetzt zu werden, all dem näher zu sein, als ich wollte. Schwere Schritte gingen auf den Boden nieder. Rasch näherten sie sich mir, eine Rüstung schepperte eine Klinge durchschnitt die Luft... wollte sich jedoch durch mehr fressen als nur das. Noch immer hielt ich den Blick auf dem Boden, ging ruhig vorwärts und hielt inne, als ich die Kreatur aus den Augenwinkeln erspähte. Als gönne mir die Schwäche eine kurze Rast, entwich ich der Klinge, beugte mich zurück und noch während der Ork an mir vorbeistolperte, schlug ich die Hand in seinen Nacken, klammerte die Finger in sein verfaultes Fleisch und mit einem surrenden Hieb zerschmetterte ich seine Rüstung am Rücken, zertrümmerte seine Wirbelsäule, stieß ihn gar noch hinab zu meinen Füßen, als er längst dem Tode geweiht war und stieg über ihn hinweg, als wäre er nichts weiter als eine lästige Hürde, die es leicht zu überwinden galt. Gleichsam lenkte ich den Blick zurück auf Aragorn und trat näher zu ihm, auf dass ich ihn bald erreichte. Ich war nicht darauf aus, meine Emotionen zu verbergen, trug keine Schuld an meiner Ausdruckslosigkeit und beinahe erschreckte es mich, als ich ein leichtes Zucken in meinen Augenwinkeln spürte. Er war von uns gegangen! Und das in einem Egoismus, der dem Normalen nicht entsprach und dennoch nur schwerlich durch eine Entschuldigung zu bereinigen war! Als wäre er sich der Gefühle der Gefährten nicht bewusst! Der Gefährten... von denen nicht mehr zurückgeblieben war, als ein kläglicher Rest, der nur wenig bewirken konnte. Und das ohne jeglichen Ansporn... Verlassen von ihm... Niemand sah sich hier als Anführer, niemand glaubte, seine Bürden tragen zu können und so war er es doch, der von größter Wichtigkeit war! Ein Anführer, der ebensolche Pflichten trug! ... der nicht so handeln durfte! Wie hatte Gimli getobt! Wie hatte ich mich gequält! Wie hatte sich nur Merry fühlen müssen, als ihn die erschreckende Nachricht ereilte! Meine Miene begann zu schmerzen, verzog sich und ich sah ihn dort stehen, als wäre er sich keiner Schuld bewusst! Als entsprächen all seine Pläne der reinen Normalität! Als wäre nur er es gewesen, der Ängste hatten durchstehen müssen!! Nein... Ängste... Ich sah ihn vor mir, erreichte ihn. ... sie hatten nicht nur ihn zerfressen! Und ich schlug zu. Mit geballter Faust, als stelle er einen Feind dar, den es zu bezwingen galt. Mit zusammengebissenen Zähnen schlug ich ihm in das Gesicht und ich wünschte, er hatte Schmerzen dabei... ich wünschte, er spürte es deutlich und würde es noch lange spüren. So, wie ich mich gewunden hatte. Und unsere Ängste waren nur durch ihn zum Leben erwacht! Nie hatten sie an diesem Kampf gehaftet... nie an dem Tod, der in diesen Umständen einer Gewissheit glich! Ich selbst verlor das Gleichgewicht, war nahe davor, über einen Kadaver zu stolpern und mit letzter Kraft drückte ich die Knie durch, hielt mich oben. Als wäre ich aus einem Traum erwacht, in dem nichts zu mir drang... Mein Atem... laut und gehetzt rauschte er in meinen Ohren. Mein Herz... dumpf und schnell raste es in meiner Brust. Mein Körper... kraftlos kontrollierte ich ihn. Und meine Hand... die ich ermattet sinken ließ. Nicht nur er hatte gelitten... ~*~ Aragorn: Ich fühlte dieses Glück... ein endloses Gefühl von Befreiung. Er lebte... wenn auch mit letzten Kräften, doch er warf den Feind zu Boden und als ich flüchtig zu den Mauern der Stadt blickte, war diese vom Leuchten der unbesiegbaren Kämpfer erfüllt. Ja... auch wenn seine Kräfte am Ende waren... mehr benötigte er nicht mehr. Der Kampf am Pelennor war beinahe beendet und der Sieg nahe. Rasch kehrte meine Aufmerksamkeit zu Legolas zurück und kurz darauf hatte auch er mich gesichtet. Seine Verblüffung zeigte er offen und es erfreute mich innerlich so sehr, dass es sich wohl nicht mehr beschreiben ließ. Es waren nur einige Stunden gewesen... Wenige Stunden im Grunde genommen, in denen wir voneinander getrennt waren und doch war es mir eine schiere Ewigkeit gewesen, als ich ihn zuletzt gesehen hatte. So viel Angst und Sehnsucht hatte ich gespürt, in dem Glauben, ich würde ihn zuletzt in einem Totenbett sehen dürfen... nur noch seine blasse Miene. Und doch hatte mich das Fünkchen Hoffnung daran erinnert, zu wissen, dass er lebte. Mein Herz hatte es mir nur zu leise zugeflüstert... Geduldig und abwartend, dazu jedoch nur von dieser einfachen Freude, die sich hinter meiner emotionslosen Miene verbarg, stand ich dort und sah ihm zu, wie er den Kopf senkte und das Haar sich über seine Schultern legte. Seine Kleidung, sein Antlitz... alles war übersäht von Dreck und Blut und dennoch vermochte es niemand, ihm die Schönheit zu nehmen... und die Kräfte, die in seinen Augen glänzten... und all das, was ich an ihm liebte. Ich sah ein Lächeln... schwach und zerbrechlich aber es war da, wenn auch nur für wenige Augenblicke. Er tat einen Schritt... zögerlich und es irritierte mich leicht und dann verschwand das Lächeln hinter einer seltsamen Mimik. Ruhig verharrte ich an dem Punkt, wo ich stand und wartete... ich wollte mir diese Begegnung nicht nehmen lassen, zumal ich kaum Feinde in unserer Nähe erspähte. Nur der Wind hob die staubige Erde erneut und hüllte uns ein in einen nebelhaften Dunst, der bisweilen den Blick ins Ferne verbot. Mein Augenmerk jedoch, sehnte sich nicht nach der weiten Sicht, war meine Beobachtung nur auf Legolas konzentriert, der über einen Toten stieg und für einen Moment die Augen schloss. Welche Gedanken tobten in seinem Kopf... welche Erinnerungen rief er gerade hervor, so dass er in der mir bekannten Abwesenheit verschwand und dennoch seines Weges ging? Gern wäre ich ihm entgegengekommen, doch ich tat es nicht. Nichts konnte diese Lähmung beschreiben, in der ich als einzige Reaktion Anduríl zischend in die Scheide gleiten ließ und den Elb anblickte. Vielleicht erwog ich nur die Gelegenheit, ihn zu umarmen und berühren zu dürfen oder vielleicht war es eigenes Hadern, das mich zum Einhalten gebot. Nicht zuletzt nahm mir diese nun angespannte Beobachtung die Schnelligkeit, dem aus dem Nichts kommenden Ork ein Gegenspieler zu sein, zu spät hatte ich ihn bemerkt. Doch selbst wenn ich eine Regung offenbaren könnte, so war mir Legolas meilenweit voraus. Er war plötzlich ganz anders, als hätte sich jemand seines Körpers bemächtigt. Annähernd mühelos wich er der Klinge aus, packte den Feind am Nacken und zerstörte die Rüstung. In völliger Gleichgültigkeit ließ er den Ork zu Boden gehen und stieg über ihn hinweg, als ob dieser Feind schon tot war, ehe er angegriffen hatte. So müde und von allen Kräften verlassen der blonde Elb eben noch gewirkt hatte, umso fester wirkte nun seine Haltung. Ich löste mich aus meiner eigenen Beklommenheit und lockerte meine Festigkeit, abschätzend und weiter in Geduld... ich erkannte ein Zucken in der Miene des Blonden und konnte es nicht deuten. War jetzt nicht der gewünschte Zeitpunkt, an dem voller Freude die Hände aneinandergeschlagen und die Last von den Schultern genommen wurde? Unwissend verzog ich die Brauen, als er mich schon beinah erreichte und ich dennoch zu keinem Ergebnis kam. Hatte ich etwas übersehen? Seine letzten Schritte kamen schnell, doch ebenso ungestüm hob sich auch sein Arm. So rasch fand ich wahrhaftig keine Zeit zur Reaktion und eisern traf mich seine geballte Faust, wuchtig und stark, als hätte er die Kraft nur für diesen Schlag aufbewahrt. Die Heftigkeit riss mein Gesicht zur Seite, ich verlor mein Gleichgewicht und taumelte einige Schritte zurück. Fast wäre ich über einen Toten gestolpert, doch fand ich im letzten Moment noch keuchend Halt. Diese Wut... nie zuvor hatte er sie ohne Worte zum Ausdruck gebracht. Nie zuvor hatte ich sie so gespürt und meine Beine ließen etwas nach, ehe ich sie wieder strecken konnte. Ich fühlte eine seltsame Hitze auf meiner Lippe und zögerlich hob ich die Hand und fuhr sie mit den Fingerkuppen nach. Etwas Blut... ein leiser Schmerz und das Pochen in ihnen... langsam richtete ich mich auf und sah auf meine Hand, starr und nun wohl selbst etwas abwesend. Ich war ein solcher Tölpel... Meine anfängliche Verblüffung, die sich mit dem wunderlichen Schrecken vermischt hatte, zog sich zurück. Noch deutlich sah ich vor dem geistigen Auge die Ereignisse meines Verschwindens. Die Lüge und Hinterhältigkeit, die anderen, doch wohl am meisten ihm zugesetzt hatte. Es war ein verräterisches Spiel gewesen... ein Netz, in welches ich ihn boshaft hineinlaufen ließ, ohne ihm eine Gelegenheit gegeben zu haben, seine Meinung zu äußern. Meine Hand sank hinab, ebenso wie mein Blick, der wirsch den Boden abtastete, ohne etwas zu suchen. Ich spürte, wie sich meine Stirn in Falten legte und wie sich meine ganze Mimik veränderte. Ich war mir der Schuld bewusst... stärker und untrüglicher konnte dieses Bewusstsein nicht sein. Langsam und ruhig hob ich den Kopf und holte tief Luft. Ich schloss für einen Moment der Verinnerlichung die Augen und öffnete sie wieder, sie direkt auf Legolas richtend. Ich hatte ihm Leid zugefügt, durch eine Entscheidung, die ihm nichts anderes als Sorgen bereitete. Und wie ich es mir schon vor der Abreise selbst schwor... wollte ich ihm sagen, dass ich ein vollkommener Narr war... dass ich ihn untertänigst und auf Knien um Vergebung bitten wollte... Dass ich der Letzte sein wollte, der ihm wehtat. Leise seufzend wandte ich mich wieder an ihn, ließ den Schmerz, Schmerz sein. Ich verdiente ihn und weitaus mehr von seiner Wut. Er hatte alles Recht auf seiner Seite. Ich schluckte schwer, ballte kurz selbst die Hände zu Fäusten und ging dann langsam und bedächtig auf ihn zu. Es tat mir leid... so unendlich leid. "Legolas, ich..." Ein dünner Schrei unterbrach mich in meiner Ausführung und urplötzlich spürte ich eine jähe Herzbeklemmung durch diesen grausamen und bitterkalten Klang, der mich in der Bewegung erstarren ließ. Ich erblickte nur, so geschwind, wie sich ein Schatten an Hauswänden auftun konnte, wie eine riesige Gestalt aus den Lüften niederstieß und mit diesem gellenden Schrei Klauen nach mir griffen. Ein gedrungenes Ächzen drang aus meiner Kehle, als ich gepackt und mir der Boden unter den Füßen geraubt wurde. Der kalte Wind peitschte mir gegen den Körper, fest und schmerzhaft tief bohrten sich die riesigen Krallen in mein Fleisch. Die Erde unter mir wurde kleiner und wir stiegen hinauf, während mein Herz und Leib bebte und vor Schmerz und Kälte zuckte. Das eisige Fauchen klang spöttisch und wie ein Lachen voller Hochmut. Mit marternden Gliedern verdrängte ich in aller Eiligkeit die Lage, in der ich mich befand, sah nur, wie das Schlachtfeld selbst immer unkenntlicher wurde und ich darüber hinwegfegte. ... er stieg höher und doch war dies kein Anzeichen von Mordung... er trug mich davon! Beißend war der tiefe Schmerz dieser festen Krallen in meinem Körper, schwer gelang es mir, Atem zu holen und klare Gedanken zu sammeln. Ich durfte nicht fort! Nicht jetzt! Nicht so!! Mit aller Kraft versuchte ich die Klauen zu öffnen, ganz gleich, wie tief ich fallen sollte, doch so gigantisch, wie die geflügelte Schreckensgestalt war, so viel Stärke schien sie ebenso zu besitzen! Fester wurde der Griff nun, entlockte mir einen qualvollen Schrei, der die Schmerzen weiter anschürte! Gehetzt sah ich mich um, keuchend, stöhnend und der Hilflosigkeit schreckensnah!! Dennoch war ich noch nicht bei ihr, mutfassend eher noch... Ich ertastete die Scheide meines Schwertes und zog es mit letzter Kraft hinaus. Mit einem verzweifelten Schrei hob ich das Schwert und versetzte dem geflügelten Wesen einen Hieb über die Klaue. In jenem Moment krächzte das Geschöpf schmerzvoll auf, verfestigte gar seinen Griff erneut und bäumte sich fahrig auf, unkontrolliert und rasend. Es hob die Klaue weit und ich hörte das erneute schneidende Fauchen des Nazgûl. Dann, eine Bewegung! Eine schwungvolle Bewegung hinab und mit einer Schnelligkeit, der ich nicht gewachsen war... er ließ los. Mir verblieb keine Zeit, einen Ton von mir zu geben, nicht einmal Luft hatte ich holen können... doch ich spürte den Aufprall auf dem Boden in aller Deutlichkeit... ein einziges, tiefes Stechen in der Seite und ein irres Dröhnen in meinem Kopf... ein leichter Abhang, den ich völlig benommen hinabrollte... ein grausamer Druck in meinem Bauch und das Knirschen der Knochen... Ich kam zum Stillstand, bemerkte es durch die einzige Sicht, die mir gegönnt war, in der sich die Farben nicht mehr im Kreise drehten und die Welt verschwommen und schleierhaft erwachte. Ein Nachdruck bildete sich sogleich in meinem Magen und ich begann zu husten, röchelnd, ehe ich ohne jegliches Gleichgewicht den Kopf hob. Die Welt um mich herum veränderte sich und doch blieb sie gleich... das Gestein unter mir rasselte im heftigen Wind... und verfärbte sich rot. Ich hustete weiter, spuckte Blut und blickte mit schwachem Blick über die Ebene... ich erkannte nichts... Anduríl war nicht hier... Mein Kopf wurde schwerer und ich kämpfte mit aller Macht gegen die Bewusstlosigkeit an, versuchte einen Arm zu strecken, doch versagte er mir nach wenigen Bewegungen den Dienst. Alles drehte sich... und ich ließ den Kopf zur Seite fallen und wand mich quälend auf die Seite... Einzelne Strähnen legten sich auf meine Stirn, kühl und feucht... von Schweiß oder Blut getränkt. Es gelang mir nicht, die Gedanken zu sammeln, eine weitere Bewegung auszuführen... doch ich hörte diesen Schrei, diesen erbosten, unbarmherzigen Schrei! Er wurde lauter und der Wind heftiger... ich konnte ihm nicht entkommen. ~*~ Legolas: Seine Lippe bluteten... Und als wolle er sich von der Wahrheit dieses Schmerzes überzeugen, hob er stockend die Hand, um die Wunde zu fühlen, die ich ihm zugefügt hatte... Und wie sehr wünschte ich, er würde auch die spüren, die nicht weniger durch seine Hand, in mir klaffte. Ich wurde hin und hergerissen zwischen der Entschlossenheit, in der mir meine Taten nicht als Ungerechtigkeit erschienen und der verbitterten Angst, dass er mir erneut die Kontrolle raubte, was so beängstigend in seinen Fähigkeiten lag. Nicht weniger entsetzt starrte ich auf das Blut an seinen Lippen und er säumte die eigenen Fingerkuppen mit ihm, den Kopf stets gesenkt haltend... es betrachtend. Reglos stand er dort, die Hand erhoben, den Blick auf die Finger gerichtet. Und er wirkte so abwesend wie noch nie zuvor, annähernd erstarrt, als sähen seine Augen längst nicht mehr das Blut, als schweiften sie hinab in tiefere Gefilde, die mit dieser Situation durch keinerlei Zusammenhänge verbunden waren. Mir selbst gelang es nicht, mich mitreissen zu lassen, hielt mich fest, wenn auch unbeabsichtigt in der Realität und verfolgte mit rasendem Atem, wie er die Hand nach einer langen Zeit sinken ließ. Auch den Kopf, bis er das Kinn beinahe auf dem Schlüsselbein bettete und zu Boden starrte. Ich vermochte nicht zu sagen, ob mir die marternde Schwäche ein trügerisches Bild offenbarte, doch wirkte er weniger befangen, als er nun zum Leben zu erwachen schien. Seine Stirn legte sich kraus, seine Augen beschrieben peinigende Gefühle und ich wagte es nicht, mich ihm zu nähern, verharrte an meinem Platz, in der einen Hand den Säbel, die andere noch immer zur Faust geballt. Als hätte dieser Schlag ihn aus einer verborgenen Benommenheit gerissen, als fanden erst jetzt Erinnerungen zu ihrer alten Existenz zurück und von einem Augenblick zum nächsten, schien er sich in seinem Leib nicht mehr wohlzufühlen. Seine Miene zeigte offene Wehleidigkeit und dennoch verlangte es mir nicht viel ab, die entfremdende Distanz zu wahren, die wir durch das Zurückstolpern zwischen uns geschaffen hatten. Seine Schultern hoben sich unter einem tiefen Atemzug, sanken sie hinab und ebenso taten es seine Lider, als hätten sie keinerlei Kraft mehr inne. Er selbst hat sich in jenes Leid gestürzt, sagte ich mir. Ich führte einfach die Gedanken, legte keinen Wert darauf, zu sehen, ob sie sich als Selbstbelügung oder als Wahrheit entpuppten. Ich dachte es mir und es schien ohnegleichen sinnlos, denn nichts veränderte sich an dieser Lage. Ich fühlte mich schlecht, stand zitternd auf meinen Beinen und die plötzliche Begegnung schenkte mir das verwirrende Gefühl der Überforderung, mit dem ich nicht umzugehen wusste. Ich fand mich unfähig etwaiger Gedanken, unfähig auch, meinen Körper sprechen zu lassen und doch fand er die Kraft dazu. Starr und doch wankend sah ich, wie er sich aufrichtete, wie sich seine Augen öffneten und sich die blauen Augen geradlinig und zielstrebig auf mich richteten. Ohne abzuschweifen, trafen sie mich und ein Flehen loderte in ihnen, welches mir das Herz zusammenkrampfte. Was stand er nun dort und suchte nach Vergebung? Ich allein konnte sie ihm nicht geben... Seine Hände verrieten Beunruhigung, als sich sie kurz ballten, seine Augen hingegen, bedienten sich einer anderen Sprache. Und sie waren es, auf die ich meine Beachtung lenkte. Ein kaltes Beben durchzog fröstelnd meinen Leib und ich erschauderte sichtlich, klammerte mich um den Säbel, als wolle ich ihn gegen einen Feind erheben. Kurz ballte sich meine freie Hand zur Faust erschlaffte ebenso schnell und stockend wich ich zurück, als er sich mir in langsamen Schritten näherte. Die Nähe, die er suchte, kam zu rasch... ich fühlte mich ihr nicht gewachsen, fürchtete mich gar vor ihr. Unruhig und doch nicht hetzend, setzte ich den Fuß zurück, spürte einen leblosen Leib an meiner Ferse und hielt inne. "Legolas." Nur leise sprach er meinen Namen aus, sein Flüstern drang zu mir und nichts schien diesem die Intensität rauben zu können, mit dem es mich erreichte. "Ich..." Das kalte Grauen griff nach mir, als sich der Himmel über uns verdunkelte. Von einem Augenblick zum Nächsten wurde er durch einen riesigen Schatten verdunkelt und noch ehe ich aufblicken konnte, erhob sich ein grässlicher Laut, der schmerzhaft und tief in mein Innerstes drang. Ein Schrei... so grausam und tosend, so schrill und sinnesbetäubend, dass der Säbel meiner Hand entglitt und ich unter einem lauten Aufschrei beide Hände auf die Ohren presste. Ein kolossaler Schatten entfaltete sich über uns... schneidiges Frösteln durchfuhr mich... die Temperatur schien stetig zu fallen, nichts blieb von der Hitze des Körpers zurück, die durch den Krieg entfacht, fiebernd und lodernd in einjedem Kämpfer brannte. Ein plötzlicher und erschütternd heftiger Windstoß erfasste mich und ohne dass ich einen Schritt tun konnte, stützte ich zurück, stolperte über jenen Leib und ging zu Boden. Dumpf hallte der Aufschlag in meinem Kopf wider, Staub umstiebte mich, drang in meinen Hals, meine Nase, meine Augen und in den ersten Momenten restlos der Beweglichkeit beraubt und der Benommenheit übergeben, blieb ich liegen und räkelte mich, wie durch ein Gift betäubt. Ich wand mich, keuchte, ächzte abgehakt, meinte, nun auch die letzte rettende Kraft verloren zu haben und nicht dazu imstande zu sein, mich ein weiteres Mal auf die Beine zu kämpfen. Hatte soeben noch gespenstische Stille zwischen uns gelegen, umfingen mich die bekannten und gleichermaßen gefürchteten Geräusche des Krieges, der noch immer tobte, jedoch bereits sein Ende zu nehmen schien. Schreie, scheppernde Rüstungen, das Stampfen der kolossalen Füße, das Brechen des massiven Gesteins, rasselnde Ketten... Furchtsam löste ich die Hände von meinen Ohren, blinzelte und rieb die Augen, als sie vor Staub brannten. Hastiger wurden meine Bewegungen, fahrig und unkontrolliert wischte ich über mein Gesicht, zwang mich zum atmen, ebenso meinen Körper, sich aufzurichten... sich wenigstens einer geringen Bewegung hinzugeben! Matt kämpfte ich mich also in eine aufrechte Haltung, kauerte im Meer der Toten, hob mich jedoch von ihnen ab, als ich meinen Kopf hob, als ich hochschaute und meine Augen durch die schwere Wolke aus Staub und Dreck drangen. Ich war alleine hier... Alleine hockte ich auf dem Schlachtfeld... waren wir doch soeben noch zu zweit gewesen... Vorerst unklar, dann erschreckend deutlich, tat sich eine fliegende Kreatur hervor. Rauschend streckte sie die Flügel, pfeifend erhob sie sich in die Lüfte und fortwährend vernahm ich ihr Fauchen, weniger grausam als der laute Schrei und dennoch nahe an der Grenze des Unerträglichen. Panisch suchten meine Augen nach Aragorn, zitternd beugte ich mich nach vorn, stützte mich ab und kämpfte gegen den Schwindel, der mich übermannen wollte. Kurz verzog sich die Gegend in gespenstischen Bewegungen, verschmolz miteinander und ich schüttelte den Kopf, um mich von jenen Trugbildern zu befreien. Und von weit her schien ein qualvoller Schrei zu mir zu stoßen. Mein Atem stockte, schmerzhaft zurrte sich meine Lunge zusammen und ich rang nach Sauerstoff... war mir dieser Schrei doch so vertraut gewesen. Oft hatte ich ihn vernommen im tosenden Lärmen des Krieges, welches er durch seine Kraft dennoch niederrang und übertönte. Aragorn!! Ich riss die Augen auf, meine Hände stemmten sich hinab auf den Boden und strauchelnd erhob ich mich, kam auf die Beine, suchte verzweifelt nach ihm, starrte um mich, doch dröhnte das röchelnde Keuchen so stark in meinen Ohren, dass mich die Befürchtung verzehrte, jegliche Laute zu überhören! "Aragorn!!" Kraftlos schrie ich nach ihm, stolperte zur Seite, drehte mich, blickte hinauf in den Himmel. "Aragorn!!" Ein mächtiger Flügelschlag teilte die dichte Wolke des Staubes und erschreckend deutlich erkannte ich die Kreatur über mir, weit in den Höhen des Himmels. Und das Entsetzen ließ mich aufschreien, laut und fahrig nach Luft ringen. Es hielt ihn in seinen Klauen!! Nur undeutlich erspähte ich ihn in der tödlichen Lage und mit einem lauten Klirren schien jegliche Erleichterung des Wiedersehens zu zerbrechen. Es wollte ihn forttragen, wollte ihn entführen! Weshalb?! Ich vermochte es nicht, mich zu regen, hielt den Hinterkopf im Nacken und starrte auf, ohne zu einer Reaktion imstande zu sein. Die Angst lähmte meinen Körper, tobte schmerzhaft in meinem Kopf, die letzte gesunde Farbe wich aus meinem Gesicht und Wogen der Erschütterung durchfluteten mich quälend, führten mir hämisch vor Augen, wie reell dieses Geschehen war, welches doch mehr einem Alptraum glich. Unberührt lag der Säbel vor meinen Füßen, das Haar nahm mir für kurze Zeit die Sicht und ich blinzelte, als eine Strähne über meine Augen glitt. Und gleichsam nahm ich dort oben eine Bewegung wahr, undeutlich und doch vorhanden. Der Schatten löste, teilte sich... Aragorn stürzte hinab... nein, wurde vielmehr hinabgeschmettert, als wäre es der Kreatur ein Unmögliches, ihn länger zu halten. Gescheitert in ihrem Versuch, stieß sie einen dumpfen Schrei aus, die Zügel in ihrem Maul zurrten sich fest, gehalten von dem Nazgûl, der auf ihr saß. Es schien, als würde die Zeit stehenbleiben... und doch... er fiel... stürzte hinab... Ich stieß ein einen lautlosen Schrei aus, versuchte das Entsetzen aus meinem Kopf zu verbannen und dennoch blieb ich untätig... auch, als Aragorn aufschlug. Lautlos sah ich, wie er brutal zu Boden ging, Staub wirbelte um ihn auf und von der Wucht des Sturzes erfasst, überschlug er sich, glitt durch den Dreck und blieb alsbald reglos liegen. Meine Augen weiteten sich und kreischend schlug die Kreatur am Himmel mit den Flügeln. Als wäre er nur einer von vielen Toten, lag er dort... und mein Atem stockte. Erneute Kälte umfing mich, der Wunsch, dass all das der Realität widersprach. Der Wunsch, für dessen Erfüllung ich in diesen Augenblicken alles getan hätte. Der Nazgûl entwich meinem Blickfeld, schwebte verschwommen unter den Wolken und mit glasigen Augen starrte ich auf die reglos Gestalt, auf die Staub niederrieselte. Wind erfasste ihn, durchkämmte sein Haar... glitt über ihn wie er über das Meer des Todes hinwegfegte, als wolle er den zerschmetterten Leibern den Vorgeschmack ewiger Einsamkeit zusenden. Meine Augen begann zu brennen, tränten vor Staub und Kälte und ich blinzelte. Wie sehr verdammte ich mich meiner Untätigkeit, wie sehr belud ich mich mit Selbsthass, als ich ihm keine Hilfe bieten konnte... ich konnte es wirklich nicht! Wie sehr hatte er sich um mein Wohlergehen gesorgt, wie sehr hatte er sich selbst gequält, um mich vor schlimmem Wissen zu schonen. Und ich...? Meine Miene verzog sich, das schiere Entsetzen hinderte mich an etwaigen Gedanken, mit den ich mich hätte selbst zerstören können! Diese Phein... sie würde mich zerfressen, wäre ich mir ihrer deutlicher bewusst! Und er bewegte sich! Nur unauffällig waren seine Regungen... so schwächlich, dass sie unbeholfen wirkten... unkontrolliert. Und trotz ihrer Unauffälligkeit durchzog mich ein erschrockenes Zucken. Ich fuhr in die Höhe... als wäre ich seinem Tod mit Sicherheit begegnet! Als hätte ich kein Leben mehr in seinem Körper erwartet. Er wälzte sich auf die Seite... und lautlos kreiste der Nazgûl über ihm, gleich eines Raubvogels, der heimtückisch seine Beute belauerte. Und erst in diesen Momenten wurde ich mir der grausamen Gefahr bewusst, der Möglichkeit, Aragorn zu verlieren! Nur auf ihn hatte es der übermächtige Feind abgesehen und besaß er das Recht, seine Pläne erfolgreich in die Tat umzusetzen?? Durfte es ihm gelingen, mir Aragorn zu nehmen, wenn es doch jemanden gab, der nahe genug war, eine Rettung darzustellen? Zu retten... wenn er nur die Starre aus seinen Gliedern nehmen könnte!! Weniger war es die Furcht, die mich zögern ließ, als die Panik, Aragorn sterben zu sehen! Ich konnte es verhindern und arg ineinander verhakt, tobten diese beiden widersprüchlichen Wege in mir. Wie viel hatten wir gemeinsam durchgestanden... wie viel Kriege hatten wir geschlagen... wie hatten wir uns miteinander gequält... wie hatten wir gestritten... uns unterstützt... wie war die Wahrheit über uns hereingebrochen und wie grausam hatten sich unsere Wege getrennt. Wie schwer hatte das Leiden auf mir gelastet, wie stark war der Wunsch gewesen, Antworten zu geben, Antworten zu hören... aus seinem Munde. Und nun waren wir uns begegnet, als hätte das Schicksal die gütige Hand über das Schlachtfeld gelegt, uns einen Weg geebnet, der zum anderen führte... Die Flügel des Kreatur verloren an Bewegung, verblieben reglos und sie ließ sich fallen, stürzte zielgerade und gleich eines Pfeiles hinab. Und wie dankte ich meinem Körper, als er letzte ungeahnte Kräfte spüren ließ. Wie dankte ich meinen Beinen, als sie sich geschwind und leichtfüßig in Bewegung setzten. Ich stieß mich ab, bückte mich tief, griff nach dem Säbel und und rannte los... zu Aragorn. Und ich war nicht der einzige, der sich ihn zum Ziel nahm. Mit einem Satz sprang ich über leblose Leiber, begann zu sprinten, meinem Körper das Letzte abzuverlangen. Peitschend schlug mir der Wind entgegen, das poröse Gestein brach unter meinen Füßen, als sie sich flüchtig darauf absetzten, neuen Schwung holten... Noch nie zuvor war ich so gerannt. Stechend jagte der Puls in meinem Hals, schwer nur füllte sich meine Lunge mit Sauerstoff und röchelnd drang er wieder nach außen. Keinen Blick warf ich hinauf zu meinem Rivalen, einzig und allein auf Aragorn fixierte ich mich in den Augenblicken, die rasend an mir vorbeizogen und nur aus den Augenwinkeln wurde ich mir der Dringlichkeit bewusst, als sich der Schatten dort abzeichnete, das Ziel eher zu erreichen drohte, als ich. Erneut sprang ich, setzte den Fuß auf den leblosen Körper eines Kriegers, stieß mich ab und kam ihm mit einem Sprung recht nahe, peitschend dröhnten die mächtigen Flügel in meinen Ohren, deutlich schon roch ich den fauligen Gestank der Kreatur und ich holte aus und schleuderte den Säbel von mir. Knackend bohrte sich seine Klinge in die Erde, nahe bei Aragorn und ich ging in die Knie, hechtete mich zu ihm, erreichte ihn! Ächzend rammte ich beide Hände in seine Weste und packte zu, sollte ich ihm auch Schmerzen zufügen. Ich warf mich über ihn, schlug derb mit dem Rücken auf. Steine bohrten sich in mein Rippen und mit einem lauten Aufschrei suchte ich nach Kraft, ihn über mich zu zerren. Die eigene Wucht des Sprunges kam mir zu Hilfe und wirklich gelang es mir, seinen ermatteten Leib über den eigenen hinwegzuhieven, ihn zur Seite zu ziehen und knapp neben mir bohrten sich die messerscharfen Klauen der Kreatur in den trockenen Boden. Gestein prasselte mir entgegen und ich ließ mich durch ihn nicht aufhalten. Ein letztes Mal schob ich mich gegen Aragorn, drückte ihn weg, rollte ihn auf den Rücken und sah die Kreatur vor mir. Tückisch den länglichen Kopf gesenkt, die scharfen Zähne gefletscht, wurde sie von ihrem Reiter zurückgezerrt. Peitschend schlug der kantige Schwanz hinab auf den Boden, die Flügel in stetiger Bewegung, wich es geduckt zurück. Meine Augen weiteten sich, als ich mich für einen kurzen Augenblick als wehrloses Opfer widerfand. Noch zögerte die Kreatur und ich stemmte mich mit den Armen nach oben, warf mich zu meinem Säbel, umfasste ihn und riss ihn aus dem Boden. Keuchend rappelte ich mich auf, kam schwankend auf die Beine und während ich mit einem stolpernden Schritt vor Aragorn trat, verließ auch der zweite Säbel die Scheide und von Blut und Dreck besudelt, präsentierten sich die reinen Klingen dennoch blitzend und funkelnd. Das schwarze Gewand des Nazgûl' flatterte im scharfen Wind, deutlich vernahm ich seinen zischenden Atem und trotz der leeren Finsternis, die gespenstisch unter seinem Helm klaffte, spürte ich dennoch, wie er mich sah, mich musterte und ich verzog die Miene, als würde er mir eisigen Atem entgegenhauchen. Frostig legte er sich auf meine Haut und fauchend schüttelte das Monstrum, auf dem er saß, die spitze Kandarre im Maul. Ja... dieser Feind stürzte mich in Furcht. Es war nicht seine Größe, nicht der erschreckende Anblick seiner Kreatur... Alles an ihm war mir so grausam unangenehm, dass mein Atem oft stockte und ich mich mit allen Mitteln dazu zwang, stehen zu bleiben, mich ihm in den Weg zu stellen. Kurz meinte ich, Aragorns Ächzen hinter mir zu vernehmen. Vielleicht war es nur der Wind, der in meinen Ohren pfiff... und alles stellte Nebensächlichkeiten dar, denn die Konzentration musste allein auf diesem Feind liegen, der eine größere und beiweitem grausamere Gefahr darstellte, als einjeder Ork oder die mächtigeren Geschöpfe mit dem Wappen der weißen Hand. Die eisernen Klauen, die Rüstung, die seine Hände in sich verbarg, bewegte sich kratzend und schabend, als er die Zügel der Kreatur zu sich zog und diese zu weiterem Zögern zwang. Ja, nicht nur ich war es, der sich vor einem sofortigen Angriff zurückhielt... wir beide waren erfasst von starker Verunsicherung. Ich, der Elb... geboren in gleißendem Licht. Er, der oberste aller Nazgûl... den die Dunkelheit ausgespiehen hatte. Die einzige Verbindung bestand aus holistischen Gegenteilen und wir beide stießen einander ab. Quälend empfanden wir den Anblick des Anderen, er stürzte uns in Leid und Zaudern... und doch waren wir es, die sich Gegner nannten. Und wir würden uns bekämpfen. Langsam richtete er sich im Sattel auf, bohrend lastete sein stechender Blick auf mir, der die Position hielt. Wenn auch mit zusammengebissenen Zähnen und vor Krampf erstarrtem Griff um die Säbel. Frierend und mit rasendem Herzen... und dennoch, ich hielt stand. Pfeifend holte er Atem. "Komm nicht zwischen den Nazgûl und seine Beute!", stieß mir sein heißeres Flüstern entgegen und mein Körper bewegte sich von selbst. Stockend wich er um einen Schritt zurück und es verlangte mir viel ab, ihm zum Stehen zu zwingen. Was verwunderte ihn mein Handeln! Was gedachte er, würde ich durch diese Drohung tun? Mich zurückziehen?! Ihm meinen treuen Gefährten überlassen, dem ich mehr schuldete, als mein Leben?! Ich senkte den Kopf, meine Miene zuckte unter erboster Wut und ich lockerte die Finger, als ich einen Schritt nach vorn setzte, wortlos meinen Widerstand offenbarte. Wir beide würden es schwer haben, einander zu nähern... Und durch diese beiderseitigen Nachteile, waren wir uns dennoch wieder ebenbürtig. Nein... Ich schüttelte den Kopf, lodernd stieg der Zorn auch in meine Augen ich ihn ließ ihn meinen Gegner spüren, der sich schweigend in den Sattel zurücksetzte. Niemand nahm ihn mir... Ein humorloses Grinsen zog an meinen Lippen, als ich mit einem knappen Nicken nach hinten wies. "Versuch dich seiner zu bemächtigen", sagte ich herausfordernd. "Doch lass dir eines gesagt sein." Ich verengte die Augen. "Komm nicht zwischen Aragorn und mich!" Der Nazgûl spieh ein Fauchen aus, pendelnd zwischen höhnischem Gelächter und teuflischem Fauchen, begann er wild an den Zügeln der Kreatur zu zerren, sie gegen mich aufzuhetzen und weit bäumte sie sich in die Höhe, pleckte die langen Zähne und schüttelte den Kopf. Mächtig spreizte sie die Flügel nach beiden Seiten und ich ließ mich leicht in die Knie sinken, die Säbel von mir gestreckt, beugte ich mich auch nach vorn und mit knisternder Konzentration verfolgten meine Augen einjede ihrer Bewegungen. Von oben stieß sie auf mich herab, mit weit geöffnetem Maul schnappte sie nach mir und ich wirbelte zur Seite, bettete einen Säbel auf meinem Bauch, den anderen auf meinem Rücken, ging tiefer in die Knie und duckte mich tief unter dem rechten Flügel. Nicht lange durfte ich Aragorn der Schutzlosigkeit überlassen und ich rammte die Säbel nach oben, stieß sie durch die ledernen Flügel, ließ sie sich schneidig hindurchfressen und mit einer schnellen Bewegung drehte ich mich, schnitt weiter, durchtrennte einen starken Muskel und hörte gar einen Knochen brechen. Unter einem ächzenden Aufschrei holte ich aus, die Spitzen der Klingen erreichten flüchtig den ungeschützten Leib der Kreatur, hinterließen tiefe Schnitte, aus denen sofort das schwarze Blut quoll. Und noch während ich mich zurückzog und unter dem Flügel auftauchte, um mich erneut vor Aragorn zu stellen, begann die Kreatur zu schreien. Sie spieh, fauchte, ächzte und torkelnd verlor sie das Gleichgewicht, als der zerschnittene Flügel nicht mehr von Nutzen war. ~*~ Aragorn: Bitter war der Geschmack des Blutes in meinem Mund, doch vermochte er es nicht, mich wacher zu machen, in mir Bewegungen zu wecken. Mein Körper fühlte sich so taub an... als wäre er mit jenem Aufprall nicht mehr funktionstüchtig, nicht mehr fähig, meinem Willen zu folgen. Meine Sinne gaben nach... die Umgebung verschwamm vor meinen Augen und einjedem Geräusch wurde keine Aufmerksamkeit geschenkt, als wäre es nicht vorhanden... so dumpf war alles um mich herum... dumpf und schwach. Und dennoch spürte ich diesen Wind, das kalte Pfeifen einer kräftigen Böe, die vom Himmel aus, zu mir gebracht wurde... ich hörte diesen schrillen Schrei, wie er näher kam und mir einen eisigen Schauer durch die geschwächten Knochen jagte und ein Zittern in ihnen verursachte. Das... war mein Schicksal? Ihn endlich im Krieg wiederzubegegnen, mit Hoffnung im Rücken und einem winzigen Moment, in dem ich nur zwei Worte aussprechen konnte? Das gnädige Schicksal, ihn ein letztes Mal zu sehen, ehe das Unvorgesehene eintraf? Das grausame Schicksal, mir ein Licht zu spenden, welches gnadenlos erstickt wurde? Ich hatte noch so vieles zu sagen... Der Schrei ertönte erneut, schallend und stark drängte er sich an mein Trommelfell und ich schloss die Augen, um all das im Dunkeln hinter mich zu bringen, doch spürte ich schnelle Schritte durch den Boden, nahe bei mir, die mit einem Schlag wieder verschwanden und ehe mir ein Gedanke kam, spürte ich einen festen Griff an meiner Weste und einen tosenden Schmerz in der Seite, als ich urplötzlich herumgerissen wurde. Ich wollte ihn hinausschreien, doch vernahm ich meine Stimme nicht, als ich verkrampft die Augen schloss und den Mund öffnete. Ich roch diesen Duft... das Schreien... das Keuchen... er war es! Ächzend schob er mich über seinen Körper hinweg und ich keuchte schwer auf, als ich den harten Boden wieder unter meinem Rücken spürte und seine Hände sich von mir lösten. Ich konnte nicht anders, legte den Kopf zur Seite und öffnete die Augen einen Spalt weit. Die Erde erbebte, als die geflügelte Gestalt nicht weit entfernt landete. Schleier der Umnachtung mussten es sein, die mir weismachten, dass er mir das Leben rettete und beinahe der Stärke dieser Klauen erlag! Das Fauchen schien sich wie ein Echo über den Boden zu verbreiten und ich rang nach Luft, versuchte die Hände zu Fäusten zu ballen und Kräfte zu erlangen... nicht zuletzt, um die nahende Betäubung aus meinem Kopf, aus meinem Leib zu vertreiben! Ich musste aufstehen! Ich konnte doch nicht zusehen, wie er mit dem einen kämpfte, der von aller Welt gefürchtet war! Meine Hilflosigkeit durfte kein Anlass zu solch einer Begegnung sein!! Und doch weigerten sich meine Hände, sich zu bewegen, sich zu rühren, mir ein Fünkchen Kraft zu offenbaren! Stockend sog ich die Luft in meine Lungen, drehte den Kopf hoch und blinzelte. Schleier.... wie Wasser, welches Wellen schlug, gaben mir meine Augen den Himmel preis. Erneut ein kräftiger Windstoß, erneut dieses Fauchen. "Le..." Meine Stimme war nichts weiter als ein Hauchen, das vom Winde davongetragen wurde, sobald es erklang und jeder darauffolgende Atemstoß versetzte mir einen qualvollen Stich, den ich nicht zu bezwingen vollbrachte. Ich war machtlos! So schrecklich machtlos und bewegungsunfähig... der Ohnmacht so elendig nahe, dass es meinem Körper regelrecht danach verlangte, ihr nachzugeben! Eine schmerzhafte Gänsehaut legte sich auf meine Arme. Das Zischen weckte mich und ich legte erneut den Kopf zur Seite, versuchte, wenn auch nur Silhouetten wahrnehmend, einen Blick zu erhaschen. Vielleicht konnte ich ihn warnen! Vielleicht konnte ich ihn bitten, zu gehen! Ein Aufeinandertreffen von Licht und Dunkelheit, von Ewigkeit und Ewigkeit! Dieses Treffen war verheerend... nein... es brachte den Tod. Ich bewegte die Lippen. Kein Ton folgte... ich sah das blonde Haar in den strengen Luftzügen wehen und den dunklen Körper zucken... doch keine Bewegung, die einen Kampf offenbarte. Ja, als wäre die Zeit stehen geblieben... "Komm nicht zwischen den Nazgûl und seine Beute!" Ich nahm diesen Befehl wahr und schluckte schwer... es wurde dunkel und ich zwinkerte diese Dämmernis meiner Sinne davon. Ich hoffte, Legolas gab nach, hoffte, er würde sein eigenes Leben retten und sich zurückziehen! Kein Fluch würde ihn verfolgen, würde er diesem Befehl folgen, würde er mich in dieser Bestimmung zurücklassen. So dankbar war ich, dass ich ihn gesehen hatte und er wohl auf war... In keiner Sekunde meines verfluchten Daseins wollte ich, dass er sich meinetwegen in Gefahr brachte!! Er sollte fort! Fort!! Und ja, er tat einen Schritt! Zurück, ich erkannte es und begrüßte seinen Spürsinn für die endlose Gefahr, der er sich da entgegenstellte! Doch dann verblieb er erneut reglos... Ich glaubte, er musste selbst vom Wahnsinn befallen sein, als diese erneute Starrheit durch einen neuen Schritt nach vorn unterbrochen wurde! "..." Kein Ton! Kein verstockter Ton kam über meine Lippen und doch war es alles, was ich noch tun wollte! Schwerlich holte ich erneut Luft, biss die Zähne so arg aufeinander, dass sie knirschten und versuchte die Schmerzen zu unterbinden, während ich mit aller Macht versuchte, mein Bein anzuwinkeln. Befehle verweigernd! Nichts stellte sich mir so sehr in den Weg, wie mein eigener Körper, der sich nur widerspenstig und brennend regte! Was war ein Wille, der nicht einmal gegen die eigene Hülle anzukämpfen wusste?! Ich hob den Kopf und wie schwer fühlte er sich an, als ich ihn wieder sinken ließ und hinabschaute. Meine Arme regten sich... ruckweise, als wären sie von einer fremden Hand gelenkt, die nicht wusste, wie man Puppenfäden führte! Ich suchte Halt, doch schien sich der Boden unter mir ständig zu bewegen und in seiner Festigkeit nun dem Wasser selbst zu ähneln. Röchelnd stieß ich die Luft wieder aus und versuchte mich noch einmal an der Beweglichkeit meines Beines... es regte sich nichts... es verblieb leicht angewinkelt und zu keiner weiteren Reaktion fähig. "Versuch dich, seiner zu bemächtigen." Drohend nahm ich die Stimme Legolas' wahr und schaute wieder auf. Schleier tanzten vor meinen Augen und es wurden unzählig mehr, die in weiß und schwarz meine Sicht noch weiter eingrenzten. Aber sie vertrieben die Schmerzen.. die Kälte... sie ließen mich die Worte, die gesprochen wurden... wahrnehmen... "Doch lass dir eines gesagt sein." Was sagte er da? Welch törichten Dialog führte er da mit der Dunkelheit?? "Komm nicht zwischen Aragorn und mich!" Ich spürte, wie ich die Brauen verzog und sich meine Stirn in Falten legte. Was tat dieser Narr nur?! Für mich? Für den, der ihn leiden ließ, kämpfte er? Ich konnte es nicht verstehen... was fühlte er in dem Moment, in dem er alles für mein Bestehen aufs Spiel setzte? Für mich, der ich nichts als Fehler getan... nichts als Frevel an ihm begangen hatte?! Was fühlte er nur, wenn er dies auf sich nahm...? Eine Hitze übermannte meine Augen und mir wurde weiteres Lauschen verwehrt. Unwirsch blickte ich mich um und bemerkte diese marternde Schwäche meiner Lider, diese Kraftlosigkeit in meinem Leib. Weiße Flecke überdeckten den seltsam blauen Himmel, ein gepeinigtes Fauchen schallte laut über die Ebene und erstarb kurz danach, als wäre ein jeder Ton gestorben. Übelkeit griff nach mir und mit ihr ein endloses Schwindelgefühl und ein wildes Pochen in meinem Kopf. Gewandte Schritte vernahm ich am Boden, schwere darauffolgende, die unkontrolliert schienen. Etwas war geschehen... doch vor meinen Augen war alles weiß und all meine Glieder ruhig. Meine Bemühungen blieben aus, als ich die Augen erneut schloss...und sie geschlossen blieben. Ebenso, wie das Pfeifen des Windes verhallte und die Stimmen untergingen in einer schieren Tonlosigkeit... der ich nicht mehr entkam und mir jegliche Möglichkeit zu einem weiteren Blick verwehrten. Ich erlag der Einladung zur vollkommenen Finsternis... ohne Kraft, ohne Ton... ohne Gewissheit. ~*~ Legolas: Die Kreatur ging zu Boden. Den Sieg über sie hatte ich rasch errungen... doch umso grausamer war der Sieg, den ich noch erringen musste. Meine Aufmerksamkeit war getrübt, erschöpft und zermartert vor Belastung und kurz musste ich sie einzig und allein darauf richten, mich auf den Beinen zu halten. Nach etwaiger Hoffnung dürstend, fraß sich das Wissen durch mich, nicht nur für das eigene Schicksal verantwortlich zu sein. Nein, auch ein anderes lag nun in meinen Händen... Ein Schicksal, welches mir beiweitem nicht gleichgültig war. Lodernd bekriegten sich Ängste in mir, schlugen aufeinander ein, als gäbe es nichts anderes, mit dem ich mich beschäftigen müsste. Sie stürzten mich in Beirrung, Konfusität, Unentschlossenheit... und Hadern. Die Angst, mich dieser abgrundtiefen Bösartigkeit stellen zu müssen... deren Anblick allein mir schon große Qual bereitete. Durch einen einzigen Blick, so befürchtete ich, könnte ich mich besudeln, mich entehren, mich selbst verdunkeln und meiner Art widersprechen. Pein, Scham, Entfremdung... der Verrat an meinem eigenen Volk. Und die andere Angst... Nicht dazu imstande zu sein, ein Leben zu retten, welches so unaufhörlich an Wichtigkeit gewann. Ein Leben, welches ich nicht missen wollte... Wie sehr spürte ich diese Verzweiflung in mir, wie furchtbar war in diesem Moment die Einsicht, fester mit ihm verbunden zu sein, als ich zeitlang glaubte. Weshalb sonst, sollte ich diesen Wahnsinn begehen... Es entsprach nicht meiner Art. Tollkühnheit, nicht abgewogen durch Vernunft, mangelnd an Planung und reich an Überstürzung, zu der man mich wohl zwang. Eine schmerzhafte Trockenheit breitete sich in meinem Hals aus und ich versuchte mit einem Schlucken, über sie hinwegzukommen. Schwer würgte ich es hinab und die Angst glänzte in meinen Augen, als sich der Nazgûl erhob, sich in seiner erschreckenden Größe zeigte, in der er mich wohl um einen Kopf überragte. Gleich eines Gebildes, welches einem grauenhaften Alptraum entsprungen sein musste, erschien er, als sich der Glügel der verwundeten Kreatur senkte und flatternd erhob sich sein schwarzer Umhang im sandigen Wind. Er kam mir in die Augen, geweitet blieben sie dennoch und trotz des scharfen Brennens, ohne zu blinzeln, auf den Feind gerichtet. Der Feind, der mich lähmte, meinen geschundenen Leib an etwaigen Bewegungen hinderte, als hätte er mich mit einem stummen Fluch belegt, der mich mit einer höhnischen Selbstverständlichkeit dem Tode auslieferte. Ich konnte nicht gewinnen... Gleich einer offenen Wunde pulsierte dieses Wissen in mir, war nicht weniger peinigend und schmerzhaft. Meine Miene zuckte, als sich seine Klaue hob und der herabsinkende Flügel einen Morgenstern preisgab, den sie hielt. Lange Stacheln ragten vom eisernen Kettenglied ab, mit unvorstellbarem Gewicht sank er hinab zu Boden und unmöglich erschien es, dass der Nazgûl diese Waffen zu führen wusste. Und erschütternd wäre es... könnte er es doch. Was hatte ich ihm entgegenzusetzen? Wendigkeit, der es durch die zehrende Schwäche an Geschick mangelte? Meine Augen, die Absichten durchschauten... nun dennoch getrübt waren? Mein Mut...? Ich konnte nicht gewinnen... Meine Brauen verzogen sich wehleidig und furchtsam trat ich um einen Schritt zurück. Was hinderte mich nur daran, mein Leben aufzuopfern? Weshalb zögerte ich, mich auf die Gerechtigkeit zu verlassen...? Ein zitternder Atem kam über meine Lippen, ich blinzelte und meine Glieder fühlten sich schwach an, annähernd leblos und nicht dazu bereit, sich meinem letzten verzweifelten Willen zu beugen. Ich konnte nicht gewinnen... Gegen wuchtige Uruk-hai hatte ich bestanden, gegen wendige Orks, selbst einen massigen Olifanten hatte ich erlegt. So riesig, dass der Sieg gegen sie unrealistisch wirkte... Doch er... er war anders. Alles an ihm versetzte mich in Furcht. Die Gegensätze waren gravierend und wer auch immer es war... wir würden aufeinander abfärben. Dieser Kampf... "Tritt bei Seite, Elb!" Ein verhasstes Fauchen, nicht weniger düster, als meine Gedanken, riss mich von meinem Alptraum in den seinen. Fahrig suchten meine Augen nach ihm und es schmerzte mir, als sie auf ihn trafen. Meine Miene zuckte und meine Beine wünschten sich, weitere Schritte zu tun, die Distanz zu erweitern, die trotz ihrer Größe schier unerträglich war. "Dein Leben will ich nicht!" Ich presste die Lippen aufeinander, die Hände, die die Säbel hielten, zitterten. Sie bebten, genau wie mein Körper. Und bei einem raschen Schritt... ich befürchtete mein Zusammenbrechen. Mit schmerzerfüllter Miene drehte ich das Gesicht zur Seite. Und ich sah ihn dort liegen, reglos auf dem Rücken. Niedergerungen durch Verletzungen, des Bewußtseins beraubt, befanden sich seine Sinne seit langem woanders. Die Arme kraftlos von sich gestreckt, das eine Bein angewinkelt... er lag im Staub des Schlachtfeldes. Er würde den Tod nicht spüren... Meine Lider senkten sich... doch glaubte ich, eine Bewegung wahrzunehmen und panisch fuhr ich in die Höhe und starrte auf den Nazgûl. Gewiss... er hatte einen Schritt getan, doch hielt er sofort in ihm inne, sobald ich mich ihm zuwandte. Perplex versuchte ich mich in sein Verhalten zu vertiefen. "Geh!", fauchte er mit einem Zorn, der seiner Lage nicht zu entsprechen schien. Einen gebrechligen und erschöpften Gegner hatte er vor sich, einen Narren, der ihm nichts entgegenzusetzen hatte, dessen Antrieb lediglich aus Verzweiflung bestand. Und war diese noch so groß. "Klammere dich an das Leben, du wirst es ohnehin bald verlieren!" Ich senkte den Kopf, schloss den Mund und betrachtete ihn mir zögerlich. Dennoch mit leisem Misstrauen, welches keine Kraft in meinem Gesicht fand. Schweigend besah ich mir die schwarze Kutte... und den teuflischen Morgenstern. Wir beide waren so unterschiedlich, dass wir uns schon wieder ähnlich waren. Und der Vorteil, dass er sein Zögern in geheuchelte Barmherzigkeit kleiden konnte, brachte ihm keine Möglichkeiten. Ich sah seine teufliche Grimasse... und ich sah seine Angst. Stumm schüttelte ich den Kopf, erneut lugte ich zur Seite und Aragorn lag noch immer dort. Man würde ihn forttragen, ihn behandeln... oder man würde ihn liegen lassen, käme der Nazgûl an ihn heran. Niemand von uns beiden würde sterben. Und wenn wir starben, so starben wir gemeinsam... Ein bedauerndes Lächeln streifte gebrechlich meine Lippen. Wenn man es bedachte, war mein Sinnieren und Hadern sinnlos... Ja, gewiss... das Leben würde ich ohnehin bald verlieren. "So kann ich es auch hier und jetzt tun", sagte ich leise und alles andere als entschlossen. Ich war nicht bereit dafür, doch Bereitschaft zählte nicht. Es waren allein die Taten. Und sollte ich mich auch zu ihnen zwingen, sollte ich mich auch quälen und meine Grenzen kennen lernen... die Taten zählten. Der Nazgûl erbrachte nicht sofort eine Antwort. Reglos verharrte er an seinem Fleck, während sich die Kreatur zu seinen Füßen quälte. Der bohrende Blick durchdrang mich, zerfraß mich und auch ich durchschaute seine finstre Fassade, durchleuchtete ihn und verlor dennoch nicht an Angst. Oh, wir beide wussten, was in unserem Gegner vor sich ging. Wir beide wussten es. Wir beide wären gern vor diesem Kampf geflohen. Und wir beiden wurden getrieben durch Gründe, denen wir uns nicht widersetzen konnten. "Dann...", er holte röchelnd Luft, näherte sich mir um einen weiteren Schritt, "... bist du des Todes!" Ja... vielleicht. Ich biss die Zähne zusammen, meine Hände hielten die Säbel nur unsicher und schwach. Und mein Körper...? Er würde mich überraschen. Ob nun mit Bewegungslosigkeit oder der letzten Flinkheit. Ich konnte es nur auf einem Weg herausfinden. Schneller wurden seine Schritten, eiliger und dennoch blieb jenes Zögern zurück, gegen den die scheußliche Kreatur ankämpfte. Blindlinks griff sie an und der Morgenstern, der soeben noch auf dem Boden geschliffen war, wurde an der dicken Kette hochgezogen und gewann durch eine schwerfällige Bewegung an entsetzlichem Schwung. Dumpf ertönte sein Surren, als er sich in seiner Größe durch die Luft drängte, einen weiten Bogen über dem Kopf des Nazgûl beschrieb und gerade auf mich niederging. Und ich bewegte mich... Träge erschien mir die Reaktion meines schwächelnden Körpers, kaum dazu fähig, diesem Schlag zu entgehen... und doch stürzte der stachelübersähte Morgenstern vor meinem Gesicht zu Boden, als ich zur Seite sprang und meine Knie kurz nachließen. Ich sank hinab, setzte eine Hand auf den Boden, stieß mich nach vorn und richtete mich stolpernd auf. Ich trat an ihm vorbei und mit einer wirbelnden Bewegung fuhr er zu mir herum, riss den Morgenstern aus dem Boden und schmetterte ihn mir entgegen. Ächzend warf ich mich zu Boden und surrend zog er über meinen Kopf. Meine matten Finger hatten sich von einem Säbel gelöst und als ich hastig nach ihm zu tasten begann, wechselten meine Pupillen zur Seite und meine Augen weiteten sich. Ein entsetzter Schrei entrann mir, als ich mich abstieß, mich zur Seite rollte und das Vibrieren des Bodens unter mir spürte, als der Morgenstern erneut auf sie herabging. Gnadenlos folgte der Nazgûl mir, riss die Spitzen aus der Erde, begann die Kette erneut zu schwingen und ich sah mich hier unten als verloren. Im Staub des Bodens war ich nicht der Gegner, der ich sein sollte. Unter der Wucht des Morgensterns lehnte sich sogar die Kreatur zurück, um weit genug ausholen zu können. Und träge waren seine Bewegungen, wenn auch eine alles zerschmetternde Macht auf sie folgen würde... Ich nutzte einen Augenblick zu meinem Vorteil, bewegte mich in die Richtung, die er nicht erwartet haben konnte. Röchelnd und viel zu schnell atmete ich, als ich mich zu ihm warf, im Staub zu seinen Füßen liegen blieb und hektisch die Hand um den Griff meines Säbels schlug, der nahe bei ihm lag. Die Kraft der tödlichen Waffe ließ sich nicht flink genug umlenken. Dumpf ging der Morgenstern auf den vorhergesehenen Fleck nieder und zeitgleich hatte ich meine Waffe an mich gerissen. Ein starke Böe erfasste uns und flatternd schlug mir die schwarze Kutte entgegen. Sie streifte meinen Arm und entsetzt von der quälenden Nähe, riss ich mich von ihm los, stemmte mich nach oben, fand Halt auf meinen Beinen und stolperte zurück. Ich hatte ihm nichts entgegenzusetzen... Wankend blieb ich stehen, war nahe davor, zur Seite zu kippen und hielt mich mit einem strauchelnden Schritt davon ab. Mein Oberkörper neigte sich unter dem Gewicht der Schwäche, unter jedem geräuschvollen und rasselnden Atemzug erbebte ich und einjeder Kälteschauer schüttelte meinen Leib. Undeutlich hob sich der schwarze Schatten von der Umwelt ab. Für einen kurzen und doch grausamen Moment verschwamm das Bild und hektisch kämpfte ich mich in eine aufrechte Haltung, blinzelte und zwinkerte und rieb mit dem Handrücken mein Gesicht. Längst schon hätte ich mit einem weiteren Angriff gerechnet, doch erfassten meine Augen vielmehr eine andere Bewegung. Das Entsetzen griff nach mir und wie gnadenlos belegte ich mich selbst mit Flüchen, als ich mir meiner närrischen Unaufmerksamkeit bewusst wurde und den Nazgûl nun zwischen Aragorn und mir hatte. Ich hatte ihm den Weg freigegeben und dieser wurde ihm nun durch niemanden mehr versperrt. Und er drehte sich um... wandte sich zur Aragorn!! Ich rang nach Luft, hustend und röchelnd wurde ich mir der Eile bewusst, zu der ich mich zwingen musste, um den Kampf nicht schon so früh zu verlieren! Strauchelnd setzte ich mich in Bewegung, folgte ihm unsicher und stolpernd, um Sauerstoff kämpfend, den ich in der verstaubten Luft kaum fand. Das Gestein knirschte und knackte, als der Morgenstern darüber hinwegschliff und kurz darauf wurde er an der massiven Kette erneut in die Luft erhoben... um auf Aragorn niederzugehen... Und ich erreichte ihn. Aragorn würde sterben... er würde sterben... Quälend und peinigend raste der Gedanke durch meinen Kopf. Fortwährend, als wolle er sich vergewissern, dass ich mir seiner bewusst war. Doch ich war es! Ich suchte Krafr in einem lauten Aufschrei, als ich mich unter dem erhobenen Arm hinwegschob, herumwirbelte und meine Position ihm gegenüber fand, nahe bei ihm... zu nahe! Beinahe prallten wir gegeinander und mit mangelnder Kraft schnitt ich mit beiden Klingen in seinen Arm, der die todverheißende Waffe führte. Und bei der kleinsten Berührung durchfuhr ein schmerzhaftes Zucken meine Hände. Eisig und kalt schien es sich direkt durch meine Knochen zu fressen, durch jeden Muskel und es grenzte an ein Wunder, dass nur eine Hand ermattete und den Säbel freigab. Ein schneidiges Fauchen stieß mir entgegen, dröhnte in meinen Ohren und der Nazgûl stolperte zurück. Sein Arm war verletzt, doch brauchte es nicht viel, ihn mitsamt des Morgensternes hinabfallen zu lassen, auf das er seine Aufgabe dennoch erfüllte. Und die Gefahr für Aragorn war noch immer viel zu groß! Ich rammte mich mit der Schulter gegen ihn, stieß ihn weiterhin zurück, drängte ihn fort und meine Hand schlug sich um seine eisernde Klaue, als diese mit der Waffe hinunterkam. Ich packte einfach zu und es gelang mir nur, sie zur Seite zu drücken... dann löste ich meine Hand hektisch von ihr, übereilt und panisch. Unter einem schmerzvollen Ächzen zog ich sie zurück, spürte einen langanhaltenden Schmerz in ihr und verzog die Miene, während ich sie gegen meinen Leib presste und mich verkrampft nach vorn beugte. Ein dumpfer Laut ertönte, als der Morgenstern zu Boden ging und ein lautes Rasseln folgte, als die Klaue des Nazgûl' die Kette losließ. Auch er wich zurück, wirkte annähernd entsetzt und für einen kurzen Moment konfus, wie man es von einer solchen Kreatur nicht erwartet hätte. Nur kurz zwang ich mich, die Schmerzen in den Hintergrund zu drängen und mir einen Überblick zu verschaffen. Knapp sah ich auch seine Irritation und keuchend klammerte ich mich wieder um meine Hand, aus der sich der Schmerz allmählich zurückzog. Nur langsam und heimtückisch ließ er einer kalten Taubheit den Vortritt, die meine Hand annähernd nutzlos machte. Mit rasendem Atem schüttelte ich sie, versuchte die Finger zu bewegen und schaffte es nur bedingt. Doch schien sich der Nazgûl eher von diesem Schock zu erholen und ein schneidiges Zischen ließ mich aufschrecken. Er zog sein Schwert und schritt zur Seite, scheinbar nicht darauf aus, sich erneut auf Aragorn zu stürzen. Ich war sein Gegner und allmählich schien er mich wahrhaftig ernstzunehmen. Zwischen uns lag eine Distanz, die es mir erlaubte, mich eilig nach meinem Säbel zu bücken. Verkrampft und taub schlossen sich die Finger meiner rechten Hand um den Griff und ich hoffte, sie würden ihn fest genug halten. Schauer aus Schmerz und Eiseskälte durchfuhren mich abwechselnd und ich schüttelte mich flüchtig, versuchte dem Frösteln zu entkommen und näherte mich ihm in wankenden Schritten. Weshalb, glaubte er, kämpfte ich gegen die natürliche Schwäche meines Körpers?! Warum, glaubte er, rang ich mit mir selbst und zwang mich, mein Leben als unwichtig anzusehen?! Damit er sich getrost anderen zuwenden konnte, als mir?! Kreaturen wie er waren es, die unschuldige Leben forderten, mordeten, quälten, ängstigten... sie waren es, gegen die wir Krieg führten und niemand besaß das Recht und die Gefälligkeit, sich seinen Gegner aussuchen zu können! ICH war sein Gegner! Ich wollte nicht warten, bis der Schmerz vollständig aus meinem Leib gewichen war, bis allein die Schwäche mich noch behinderte und mich einjeder neuer Schmerz mit seiner vollen und grausamen Intensität heimsuchen konnte! Nun verlangte ich eine Entscheidung, keine Herauszögern, kein Hadern, kein Innehalten. Er hatte sich mir zu stellen, wie ich mich ihm stellen musste! Schnaubend holte ich Atem und trat auf ihn zu. Zuckend verbarg mein Gesicht die Schmerzen und während ich in ihm mein deutliches Ziel sah, schlich er noch zur Seite, wechselte das Schwert in die andere Hand und durchschnitt surrend die Luft. Meine Ängste waren nicht verblasst... noch immer fürchtete ich seine Nähe und doch war sie es, die ich in diesen Augenblicken suchte. Ich lief schneller, vernichtete die letzte Distanz beinahe rennend und schlug nach seinem Schwert. Konzentriert nutzte ich dazu die linke Hand, schonte die Rechte, da ich ihre Fähigkeiten in diesen Augenblicken nur schwerlich einschätzen konnte. Sie konnte mir eine Hilfe sein... jedoch ebenso gut den Tod bringen. Klirrend trafen unsere Klingen aufeinander und nicht auf ein Kräftemessen aus, drehte ich mich aus der Wucht, lenkte seinen Hieb fehl und war negativ überrascht, wie schnell sich sein Körper zu bewegen vermochte. Bevor ich mich versah, riss er das Schwert in die Höhe und nur knapp konnte ich seinen Schlag parieren, verlor durch ihn jedoch das Gleichgewicht und fand den einzigen Erfolg darin, dass er sich nun wirklich auf mich zu konzentrieren schien. Kaum hatte ich mich gerettet, schlug er erneut auf mich ein und ich schlug nach ihm. Wir beiden stolperten und hastig versuchte ich mir der Kraft meiner rechten Hand bewusst zu werden. Sie war die Geübtere von beiden... Ich duckte mich, als seine Klinge erneut nach meinem Leben trachtete, dennoch nur über meinen Kopf hinwegsurrte. Und ich sah eine schwache Stelle... sein geöffneter Leib, der für mich leicht zu erreichen war!! Doch... ich zögerte... ich näherte mich ihm nicht und er benötigte nicht lange, um sich zu festigen, mir genauere Ziele zu verwehren und erneut anzugreifen. Erneut wich ich nicht aus, blockte seinen Schlag und gab der Klinge meines Säbels Halt, indem ich sie flach gegen meinen Arm lehnte. So gebot ich ihm Einhalt, bewerkstelligte es gar, ihn zurückzudrängen und kraftvoll schlug ich nach ihm, erreichte ihn nicht und stolperte ihm nach. Ich wusste nicht, was ich hier tat... ich kämpfte, ich parierte, ich leistete Gegenangriffe... und doch war es beiweitem nicht die Art, wie ich ihn besiegen konnte. Vielmehr war es die Art, den Kampf in die Länge zu ziehen und denjenigen siegen zu lassen, dessen Kräfte überwiegten. Und ich würde es nicht sein. Kurz zögerte ich den weiteren Kampf hinaus. Wir belauerten uns, schritten im Kreis und auch er schien keine Eile zu haben, mich anzugreifen. Ich sah es bereits vor mir... wie ich durch ein einziges Parieren in die Knie sank, meiner letzten jämmerlichen Kraft beraubt wurde und er mich durch einen beiläufigen Hieb niederstreckte... wie ich im Staub des Bodens liegen würde, das Gestein mit meinem Blut säumend... Wie man mich irgendwann fortschaffte... Und seine Kräfte schienen schier unendlich, ein Geschenk aus heimtückischer Hand, der jeder erliegen sollte. Wie selbstverständlich trug er seine ungerechten Vorzüge und verspottete die Schwachen. Doch Hohn... hatte er mir bisher noch nicht entgegengebracht. Nein... und er würde ihn nie wieder jemandem entgegenbringen! Rasselnd holte ich Luft, schenkte meiner Lunge einen letzten tiefen Atem und festigte den Griff meiner linken Hand, in der Hoffnung, die Rechte würde es ihr gleichtun. Und ich beendete das Belauern, schnitt ihm seinen Weg ab und griff an. Klirrend trafen unsere Schwerter aufeinander, kratzten aneinander vorbei, Klinge schabte sich gegen Klinge und stets blieb mein rechter Arm gesenkt und tatenlos. Es erschien mir leichter, die Kraft in nur einer Hand zu bündeln und die Gezwungenheit wandelte sich zum Vorteil, den ich unter anderen Umständen nicht bemerkt hätte... Es war ein einziges Spiel aus Zögern, Angriffslust, Verunsicherung und Brutalität. Wild schlugen wir aufeinander ein, wichen aus, parierten und immer wieder stürzten wir uns aufeinander. Meine Augen fixierten das Schwert und nur die Schwäche stand meiner Vorraussicht im Wege. Erneut trafen sich unsere Klingen und ich schmetterte sie ächzend zur Seite, fuhr in die Höhe und... Flink schoss die freie Klaue des Nazgûl vor und scheppernd klammerte sie sich um meinen Hals. Es kam einer Verzweiflungstat gleich, dass er die direkte Berührung hinnahm und doch zog er weniger Leid aus ihr, als ich. Ich spürte, wie sein Arm erzitterte, doch vor meinen Augen erhoben sich tanzend schwarze Schleier und ein Schmerz tobte in meinem Kopf, der mich nahe um den Verstand brachte! Stockend und benommen ließ ich die linke Hand sinken und kraftlos gab sie den Säbel frei, während ich mich im quälenden Griff wand und zu jenen Qualen nicht einmal Luft bekam. Ich rang nach ihr, wagte es nicht einmal, mit der linken Hand seine Klaue zu umgreifen und sie drückte zu, bis sich ein marternder Druck in meinem Kopf ausbreitete und die Panik nach mir griff. Unerträglich war mir diese Lage und würgte einen gedrungenen Schrei hervor, versuchte mich sinken zu lassen und wurde dennoch oben gehalten. Zitternd verstärkte sich der Griff um meinen Hals und als ich die Lippen stumm bewegte, und als kein Hauch eines Atems mehr über sie kam, hob sich die Klinge seines Schwertes, bereit, auf mich niederzugehen und meine finsteren Befürchtungen zu Realität zu machen. Mit geweiteten Augen starrte ich auf sie und der Nazgûl ließ sich keine Zeit, die Berührung noch zu verlängern, wollte mich niederstrecken und endlich das tun, worauf er aus war... und woran ein törichter Elb ihn gehindert hatte. Knirschend verstärkte sich der Griff um die Klinge und er holte aus, um sie auf mich niedergehen zu lassen... Es war eine Bewegung aus Reflex, meine letzte Rettung... Und noch während er zum Streich ausholte, hatte ich die rechte Hand gehoben. Noch immer hielt sie den Säbel... und knackend bohrte er sich unter seinen Helm und drang in seinen Hals. Ein kräftiger Ruck erfasste auch mich, als er zusammenzuckte und sich seine Klaue übereilig von meinem Hals löste. Laut erhob sich sein qualvolles Fauchen und auch ich schrie aus Leibeskräften, als meine taube Hand noch immer jenen Griff umklammerte und sich nicht lösen ließ, so sehr ich es auch versuchte. Als würden jegliche Knochen meines Armes brechen... es knirschte und stechend kehrte die Kälte zurück, die so ungeahnte und schreckliche Ausmaße annahm. Ein Schmerz, der so grausam war, dass keine Worte ihn beschreiben konnten... er durchzuckte mich, durchfuhr meinen gesamten Leib und befiel meinen Arm. Ein unkontrollierbares Zucken ließ den Nazgûl erneut zusammenfahren und erst, als er zurückwich, wurde meiner Hand der Griff des Säbels entrissen, der in seinem Hals stecken blieb, ihn sich winden ließ und ihm furchtbare Laute entlockte. Ich selbst wankte zurück. Ziellos streiften meine Augen umher und unerklärlich schienen mich Schatten zu umhüllen, obgleich ich der Realität noch so nahe war, mich mit der Bewusstlosigkeit nicht einmal durch die Kraftlosigkeit verbunden fühlte. Sie umfing mich und nichts erinnerte an die angenehme Dunkelheit, dir mir zuteil geworden war, als ich den Schlaf erkundet hatte. Sie war gespentisch und nur undeutlich nahm ich das Dahinsiechen des Gegners wahr, sah, wie er zuckend und sich schüttelnd, auf die Knie sank, wie sich sein Helm knackend verbog und ihn in sich einzuquetschen schien. Ein fortwährendes Knacken und Fauchen dröhnte in meinen Ohren und meine Beine entwickelten ein Eigenleben, als sie mich um wenige Schritte zurückweichen ließen. Marternd pulsierte der Schmerz in dem tauben Arm, zuckend verhärtete sich die Kälte und ich entsagte dem Bewusstsein mit jedem Augenblick mehr, schwankte, strauchelte und ging hinab auf die Knie, auf denen ich benommen kauern blieb. Die Umwelt um mich herum verschwand... alles hüllte sich in die schwarzen Schleier und lautloser Atem kam über meine Lippen, als ich langsam blinzelte und den Kopf hob. Und gleichsam sank ich vornüber und fand Hald auf dem linken Ellbogen. Ich krümmte mich, zerrend verspannten sich meine Muskeln und ich kroch in mich zusammen... wollte ächzen und schreien und bekam dennoch keinen Laut hervor. Stumm bewegten sich meine Lippen, abwesend hoben sich meine Lider und nur noch in groben Umrissen sah ich das Gestein unter mir... merkwürdig verschwimmend und in ihrem Kontrast ineinander verlaufend. Keine Gedanken beherrschten mich, keine Emotionen... als hätte die klirrende Kälte nicht nur Besitz von meinem Arm ergriffen... als herrsche sie gar über mehr, als nur über meinen gesamten Leib. Als nähme sie meine Seele gefangen und lüsterte noch nach viel mehr. Ich schwankte von einer Seite zur anderen, fühlte mich, als pressten sich Windstöße gegen mich, die mir etwaiges Gleichgewicht raubten... Stockend hob ich den Kopf ein weiteres Mal, abwesend und verschleiert tasteten sich meine Augen über die graue neblige Gegend... richteten sich abwesend auf einen düstren Punkt und blieben an ihm haften. Ich sah ihn... ja... ich sah ihn und mehr nicht... Es war nur ein Gebilde. Und dennoch machte mein Körper Anstalten zu letzten Bewegungen. Unauffällig versuchte mir mein Arm eine Hilfe zu sein, mich in eine aufrechte Haltung zu bringen. Lautlos neigte ich mich nach vorn, glaubte, noch ein Stück in jene Richtung zu kriechen... doch wurde ich in eine andere gezogen und reglos kippte ich zur Seite. ~*tbc*~ Kapitel 14: *~gwaen~* --------------------- *~*~*~*~*~*~*~*~* gwaen ~ befleckt *~*~*~*~*~*~*~*~* Aragorn: Es war so seltsam... als wäre ich zurückgereist. Als wäre mir die Möglichkeit gegeben, alles, was geschah, noch einmal zu erleben. Erst diese bekannte Finsternis... sie war kalt und leer und ich spürte diese Furcht, die mich dazu veranlasste, nachzudenken. Wer rannte nicht gern davon, wenn die Gefahr zu groß war? Wer ließ sich nicht in aller Offenheit auf eine Feigheit ein, um sein eigenes Leben zu retten? Doch welches Recht besaß man, wenn es nicht das Leben war, um das man fürchtete... wenn es nur... das seelische Leid war? Das blaue Licht der jungen Nacht holte mich aus diesem seltsamen Sinnieren und ich sah auf, erkannte blühende Bäume allseits und stand auf. Der weiche Boden unter meinen Füßen gab etwas nach und ich sah hinab und erkannte das grüne Gras und mit diesem Blick auch die edlen, weißen Gemäuer. Ich war hier, in Lothlorien, hockte auf meiner weichen Liege und nicht weit entfernt ruhten all meine Gefährten. Selige Ruhe, wunderbarer Schlaf... als ob der Fall Gandalfs eine Illusion war, der wir nur kurze Zeit verfallen waren. Wie merkwürdig... ich hatte gedacht, er wäre am Leben. Etwas irritiert entfernte ich mich von den Schlafgemächern meiner Freunde und ging einen Weg, den ich eines Dejavués wegen, schon einmal gegangen sein musste... vor langer Zeit. Er führte mich durch gepflegtes Geäst, an hochgewachsenen Bäumen vorbei und zu einem leichten Abhang, den ich ohne Zögern betrat. Hatte ich es gewusst? Gespürt? Geahnt? Dort hockte er, zusammengesunken mit nacktem Oberkörper und nahe dem Steiß klaffte diese große Wunde. So tief, dass sie nicht von Ungeschicklichkeit stammen konnte, zumal ich ihm diese Unaufmerksamkeit nicht zuschrieb. Ich spürte kein Zögern, als ich hinabging, seinem wehleidigen Ächzen lauschte und in einer einfachen Handbewegung eine Schatulle aus seiner Hand nahm und dabei seine Hand streifte. "Fürchtest du, eine Last zu sein, mein Freund?" Wie von selbst sprach ich diese Worte aus, als hätte ich sie mir lange zurecht gelegt, als wäre all meine Aufregung wegen meiner eigenen Aufdringlichkeit dahin. Ich verspürte keine Angst um ihn, selbst beim Anblick dieser Wunde... selbst bei dem Schmerz in seinen Augen, die umso leuchtender durch die Lichter Loriens wirkten. Zu schön waren sie, als dass ich Angst verspüren konnte. "Die anderen müssen es nicht sehen", erwiderte er mir leise. So leise, dass ich aus dieser Stimme eine Bitte hören wollte... eine verlangende Bitte. "Ich selbst wünschte, ich könnte die Augen davor verschließen. Es hätte beileibe keinen schlechteren Zeitpunkt treffen können. Ja, ich fürchte eine Last zu sein, nein, ich bin eine." Er war der Träger all meiner sündigen Gedanken... mein Talisman, der in mir alles Schlimme weckte und doch zu verdrängen wusste... ganz ohne Wissen. "Dir und den anderen. Verzeih mir." Alsbald... saß ich hinter ihm und ich sang dieses Lied, beständig bemüht, meine Schuld nicht weiter auszubauen, mein süßes, schweres Verlangen zu unterbinden... einfach, indem ich sang, Isildurs Gesang wiedergebend. Diesen einen, welchen er bei dem ersten Schritt, den er auf Mittelerde tat, als regelrechten Schwur über seine Lippen brachte und ich ihn erklingen ließ, um mein Keuchen zu unterdrücken, während ich seine Haut nähte... Diese Haut... sie glühte in einer wunderbaren Umarmung, in der mein Herz vor Schmerz gegen meine Brust schlug und sich geschwind durch die Herrlichkeit seiner Wärme beruhigte. Er hielt mich fest... wie ein Kind, das sich an seine Eltern klammerte... aus Furcht. Doch was hatte ich schon zu befürchten? Ich erwiderte diese Innigkeit und dachte, diese Nähe mit aller Macht festhalten zu müssen. Er gehörte zu mir. Aber mir nun unbegreiflich war es doch, als ich ihn dennoch losließ und ihm dann ins Gesicht blickte... wie sah ich ihn an? Schwankende Wirklichkeit... aber ja, ich erinnerte mich... ich erinnerte mich an das Gesicht des Elben, welches von Schmutz verdreckt und von Wunden zerkratzt war, wie er da lag und nach meiner Hand griff. Er gab mir sein Vertrauen, legte es in meine begehrenden Hände und nicht einmal ich wusste, wie viel Gier ich schon zu diesem Zeitpunkt besaß, als ich ihm hoffnungsvoll das Tuch über die Nase und den Mund legte, damit er schlief. Wie neu war es für ihn und wie zermarternd für mich...? Keinen Augenblick zuvor hatte er die Augen so lang geschlossen, so lange das Bewusstsein über die Realität verloren. Kein schlimmerer Zeitpunkt hätte es für ihn sein können... kein passenderer für mich. Wie sehr ich ihn liebte. Ich befand mich in diesem Ruhesaal, in dem er lag, inmitten Edoras... in Edoras' tiefer, stiller Nacht. Meine Hände kribbelte vor Begierde und nach vielen verzweifelten Worten und heiserem Geflüster, das ich ihm nicht in wachem Zustand beichten konnte, verging ich mich an ihm. Ganz genau spürte ich noch diese unschuldigen und weichen Lippen... so schön. Ganz genau hatte ich noch das Gefühl seines unberührten Halses auf meiner Haut und den zarten Duft seines Haares in meiner Nase. Ja... wie ein Yohimbin. Schon einmal hatte ich diese Gedanken gehegt... wann nur? Es war dieses immense Verlangen, das mich den gesunden Menschenverstand ausschalten ließ und mich dazu veranlasste, mich zu ihm zu legen. Nein, annähernd auf ihn... ja, fast.. Beinahe hatte ich den Frevel begangen, seinem geschundenen Körper noch mehr Leid aufzubürden. Doch woher kam die Erkenntnis? Welches... welches Leid fürchtete ich? Nein, da war keines... ich schloss die Augen und berührte mit meinen Lippen seine Schulter, so frei und nackt war sie, dass allein sie mich schon zur Ekstase trieb und in mir Ehrfurcht weckte, würde ich mich weiter wagen. Wie sehr ich ihn begehrte... doch dann diese Schritte und ich blickte auf. Menschen scharten sich um mich und ritten mit mir. Ich sah die Erleichterung in ihren Augen und spürte sie ebenso... auf dem Weg nach Helms Klamm. In Sicherheit. Und dort vorn sah ich ihn reiten, auf seinem weißen Pferd, wach und munter... ruhig. Nicht weit entfernt sah ich die blonde Maid laufen und an den Zügeln, die sie hielt, lief ein dunkles Pferd, auf welchem Gimli saß. Kein Stocken... kein Zögern... ich sah hinab und erkannte den hellen, sauberen Säbel in meiner Hand. Er gehörte Legolas und mir fiel beileibe nicht ein, wieso ich ihn besaß. So ritt ich voran und zügelte Brégo, als ich den Elb erreichte. Gelassen drehte ich den Säbel in der Hand und hielt ihm das Heft entgegen. "Der gehört dir." Diese Überraschung in seiner Mimik gefiel mir... viel mehr als manch ernstes Gesicht. Er nickte nur und ich blieb erwartungsvoll. Seine Anwesenheit war mir so wichtig... Selbst wenn wir schwiegen, auch dann, wenn es ewige Schweigsamkeit war. Wie irritierend... auch diese Gedankengänge kamen mir so bekannt vor, als hätte ich sie schon einmal gehegt. Doch wozu? Alles, was geschah, war gut an seiner Seite. Kein Übel... keine Zweifel. "Es stimmt schon, viele Zwergenfrauen sieht man nicht. Außerdem sind sie uns in Stimme und Erscheinen so ähnlich, dass man sie oft für männliche Zwerge hält." Da war sie wieder, diese Gelegenheit, die ich zu gern ausnutzte... es war nur eine leichte Neigung zu dem Elb, mit einem Grinsen, das ich selten aufsetzte. Meine Hand bewegte sich wie von fremder Hand geführt und legten sich an mein Kinn. "Das liegt an den Bärten", flüsterte ich ihm zu und er schmunzelte. Eine seltene Geste, die ich umso lieber hervorlockte. Stets war sein Gesicht so voller Sorge und Nachdenklichkeit. Wieso, fragte ich mich... Freude, Nähe... Gesellschaft. Irrte ich mich oder teilten wir nicht immerzu diese Eigenschaften? Meine Bewegungen stoppten. Meine Irritation wandelte sich. Ich war perplex und wunderte mich über alle Maße. Wo befand ich mich? Ich blickte mich um und alles um mich zerfiel wie ein Spiegel, der in Scherben auseinanderbrach. Anstatt Pferdehufe hörte ich nun vielerlei Schritte und das Licht wurde gedämpft. Krüge stießen aneinander, jubelnde Rufe erschallten in einem riesigen Gelage und ich stand an einem Balken und sah zu einem Tisch hinüber. Fünf Krüge schon... Den Sechsten hob er geradezu an und trank munter, als wäre es Wasser, was sich dort in ihm befand. Noch nie zuvor sah man einen Elben einen Trinkwettbewerb ausfechten... noch nie zuvor und gewiss nicht gegen einen Zwerg. Ich grinste... für diesen Augenblick, in dem ich ihn beobachte und mir der Gesang der Hobbits entgegenkam. Erinnerungen... verwundert hob ich die Augenbrauen und ließ die Arme sinken. Was...? Jemand stieß mich an der Schulter an und ich blickte verblüfft zur Seite, als dieser mir einen gefüllten Krug reichte. "Denkt nicht, trinkt!" Ein angeheiterter Mann drückte mir das Bier in die Hände und sah mich erwartungsvoll an. "Trinkt und feiert mit uns!" Ein anderer gesellte sich dazu und ihre Blicke schienen mich aufheitern zu wollen. Ich sah hinab zu dem Krug, hob ihn an und roch daran. Feiern... gab es einen Grund dafür? Fassungslos ließ ich den Krug wieder sinken, verzog die Brauen und schaute erneut zu dem Tisch. Legolas grinste... er scherzte gar mit dem ersten Mann König Théodens. Mein Lächeln versagte. "Ich sage Euch, trinkt und feiert! Denkt nicht, sonst bereut Ihr es vielleicht!" Der Krieger stemmte den Ellenbogen auf meine Schulter und lachte. Krieger? Abrupt öffnete ich die Hand und scheppernd schlug der Krug auf dem Boden auf. Es wurde still... und dann... ~*~ Legolas: Lange hielt mich die süße Schwerelosigkeit der verlorenen Besinnung gefangen und obgleich ich ihre ummantelnde Hand stets als wärmend empfunden hatte, war diese Gefangenschaft weder wärmend, noch auf etwaige Art und Weise angenehm. Die Schmerzen hatten mir das Bewußtsein genommen, als sie mich aus Aragorns Armen in die ihren gerissen hatten, doch scheiterten sie daran, mich auch vor anderem zu bewahren. Reglos und matt, mit gesenkten Lidern und hinabgedriftet in eine Welt, die nur aus Lügen und Illusionen bestand, hing ich dennoch unerklärlich in der Reellen. Ja... Einjede Bewegung, die meinen Leib erfasste, machte auf sich aufmerksam und ließ sich spüren. Einjeder Windhauch, der kitzelnd über meine Haut strich, schien viel tiefer zu gehen, sie zu durchdringen, auf dass er in meinen Ohren pfiff. Der sanfte Druck einer Decke, die über mich gezogen wurde... sie schenkte mir keine Wärme. Als hätte ich lange Zeit im Eis gelegen, blieb mein Körper starr und verkrampft, als wäre die Kälte unzerstörbar und ewig. Das leichte Rucken, welches meinen Leib durchfuhr, als man mich auf eine Trage hob... das gleichmäßige Schwanken, das ihn erfasste, als man mich fort trug... die Stimmen, die sich in Massen erhoben und sich erregt und fahrig ineinander verstrickten, bis sie zu einem einzigen unverständlichen Gewirr wurden... als hätte ich nur die Augen geschlossen, tat meine Wahrnehmung ihr Bestes und es war gespenstisch, ließ mich die Kälte tief in meinem Inneren doch noch immer beben, brachte sie mir doch das Gefühl des benommenen Zustandes, in dem alles um mich herum verblasste. Gewiss... ich nahm jegliche äußeren Einflüsse wahr... doch fand dieser Fähigkeit zum Trotze keine Beweglichkeit. Lange tat ich diesen Zustand gedankenlos ab, ließ mich driften... was auch immer mein Ziel darstellte. Und düster bewegten sich jene Schatten vor meinen Augen, flüchteten nach links, nach rechts... zerissen in tausend Fetzen und nahmen nie Gestalt an. Dämmernd betrachtete ich sie mir, vermochte ihnen nicht zu folgen... erlag der Kälte und dem Befinden, welches ich nicht zu definieren wusste. Weitere Bewegungen erfassten mich, weitere Stimmen ertönten und flüchtig fühlte ich eine Berührung auf meiner Stirn, kurz darauf einen festen Untergrund, auf dem man mich ablegte. Erneut wölbten sich die Schatten, zogen umher wie Nebel und ich meinte, mein gesamter Leib würde zittern und zucken... hilflos fand ich mich, wehrlos einer Gefahr ausgeliefert, die mir so fremd war. Kraftlos... zu schwach, um die Augen zu öffnen, jedoch auch keinen Grund dazu findend. Unerklärlich war es, doch ließen die Trugbilder keine Angst in mir aufleben. "Was ist mit ihm?", drang die Stimme eines Mannes wie durch Mauern zu mir, verschleiert und undeutlich. "Wo ist er verletzt? Ich sehe kein Blut." Verletzt... War ich verletzt...? "Er muss das Bewusstsein verloren haben", erhoben sich weitere Worte, ein Luftzug erfasste mich und die Schatten wurden aufgescheucht, nahmen zuckende und unkontrollierte Bewegungen an. Als wäre ich mir ihrer lange nicht bewusst gewesen, spürte ich die Kälte deutlicher, als hätte eine gewisse Situation meinen Zustand deutlich verschlechtert. "Wir müssen ihn entkleiden." "Er ist so blass. Seht nur, er zittert." Unruhig betrachtete ich mir die gespenstischen Gebilde. Noch nie zuvor waren sie mir erschienen, suchten mich nun heim, als hätte jemand sie auf mich gehetzt. Und sie schienen sich an einem einzigen Punkt zu sammeln... die nebligen Schwaden nahmen Gestalt an und das furchtsame Gefühl des Unbehagens griff nach mir. Als würde ich die Existenz meines Körpers plötzlich in der alten Deutlichkeit fühlen, bemerkte ich, wie ich die Lippen einen Spalt weit öffneten, wie meine Lider zuckten und meine Finger nach Regung gierten. "Kommt, helft mir." Flinke Hände knüpften meine Weste auf, zogen die straffenden Bänder und streiften den Stoff von meiner Haut. Geschwind entblößten sie meinen Oberleib und nicht viel später tasteten sich kühle Fingerkuppen über diesen. Ich schloss die Augen fester, verzog kurz die Miene und versank mit einem lautlosen Seufzen in jener Absenz. Jemand wollte mich nicht loslassen, mich nicht freigeben... Ich blieb hängen und die Schatten formten sich. "Keine Verwundung, kaum eine Schramme." Die Stimme wurde erfasst von bloßer Verwunderung. "Er muss achtsam gewesen sein. Kommt, wir suchen weiter." Hände schoben sich unter meine Schultern, drehten mich leicht zur Seite und zogen den Stoff hinfort. Mein linker Arm wurde angehoben, rasch lockerte man die ledernen Armschienen. Wieder verzog sich mein Gesicht, unter einem leisen Ächzen ließ ich es zur Seite sinken und der Stoff eines weichen Lakens schmiegte sich an meine Wange. Höhnisches Gelächter... Heimtückisch erhob es sich aus dem wallenden Rauschen des Nebels, kristallisierte sich langsam und doch fortwährend heraus und übertönte die Stimmen meiner Umwelt mit ihrer Grausamkeit. Vorsichtig hielt man meinen Arm, als man die Schiene über die Hand zog und sogleich den Stoff des Ärmels darauf folgen ließ. Sorgsam befreiten sie meinen Arm und flüchtig wurde auch dieser abgetastet. Wer fand in mir den Grund zum Hohn? Wer versuchte mich zu quälen? Ich wollte die Zähne zusammenbeissen, bewerkstelligte es kaum... Bei jedem Luftholen schien festes Eis in meinem Leib zu knirschen und zu knacken, ließ meinen Atem gefrieren und ich war hin und hergerissen zwischen den beiden Welten, von denen eine so furchtbar zu schein schien, wie die andere und nichts ließ bestimmen, welche Grausamkeit die Reelle war. Ich spürte Berührungen an meiner rechten Hand... einen fürsorglichen und doch bestimmten Griff, der sie anhob und wieder die Finger, die die Armschiene lockerten. Murmelnd drangen die Stimmen zu mir... hatten ich sie soeben doch noch klar und deutlich vernommen. Sie klangen dumpf, erhoben sich in gewissen Augenblicken gar zu einem düstren Grollen und ein gespenstisches Flüstern schien sich um mich herum zu erheben. Mit einem Ruck glitt auch diese Schiene über meine Hand und rasch wurde der Ärmel ebenfalls über sie gezogen. Entsetzt starrte ich auf das Gebilde, auf die Gestalt... die sich in schwarzer Kutte und verzerrter totenfahler Miene vor mir offenbarte. Laut flatterte der Stoff um ihren zermürbten Leib, donnernd nahm ich es wahr und leere Augenhöhlen richteten sich bohrend auf mich, wie es Augen nie hätten tun können. ... und mein Atem stockte. "Was ist das?" Nur schwerlich hörte ich die Frage durch das fortwährende Murmeln hindurch und wagte es nicht, mich zu bewegen. "So etwas sah ich noch nie. Kannst du es dir erklären?" Sie näherte sich mir... die Gestalt trat näher und unter ihrem schwarzen Umhang hob sich eine verkrüppelte Klaue empor, die sich mir entgegenstreckte! "Mmm." Ein tiefer Atemzug und Fingerkuppen... die sich auf meinen rechten Arm setzten. Nur flüchtig und mit Sänfte und doch war diese Berührung gleich einer brennenden Klinge, die sich versengend in mein Fleisch rammte! Meine Augen rissen sich auf, mein Mund öffnete sich weit und unter einem lauten Schrei fuhr ich in die Höhe, im ersten Moment wirsch nach der grauenhaften Gestalt schlagend, im nächsten schon gefangen genommen von alter marternder Schwäche. Keuchend gestikulierte ich mit der Hand, versuchte den Nebel zu zerreissen... noch immer sah ich ihn und zu jener Gestalt hatten sich weitere hinzugesellt. Sie wichen zurück, bevor ich die Hand sinken ließ, stumm nach Atem rang und zu schwanken begann. Ich meinte, noch immer in jener Welt zu hängen, in der falschen Realität, in der die Bestie ihre Klauen nach mir ausstreckte und erschrockenes Ächzen mischte sich unter das Dröhnen in meinen Ohren und das donnernde Flattern der schweren Kutte, welches noch immer beängstigend auf mir lastete. Ziellos und blind schweiften meine Augen durch den dichten Nebel, ein letztes Mal hob ich kraftlos die linke Hand und wischte nach ihm, spürte jedoch keinen Widerstand in der Luft und als mein Arm hinabsank, kippte auch ich zur Seite. "Haltet ihn! Ihr müsst ihn..." Dumpf prallte rauhes Gestein gegen meine Schulter und meinem Hals entrann ein Keuchen, welches lebendiger klang, als ich mich fühlte. Taub waren meine Glieder, als ich mich zu räkeln begann, gelähmt vor Kälte und kurz erbebte mein Unterkiefer durch ein scharfes Frösteln. Ich blinzelte, fühlte rauen Boden, leichte Kerben und streckte den Arm von mir. "... Kö... Ihr mi... hör... ?!" Das gespenstische Flüstern... das hasserfüllte Fauchen... es lastete auf mir gleich eines Fluches! Ich biss die Zähne zusammen und eine unüberlegte Bewegung erlaubte es mir, auf den Bauch hinabszusinken. Schwer lastete mein Leib auf dem rechten Arm, den ich zwischen mir und dem Boden eingeklemmt hatte... dumpf pulsierte etwas in ihm und dennoch ließ sich der Schmerz noch immer nicht definieren. Heiße und frostige Schauer verbanden sich wie noch nie zuvor, suchten mich abwechselnd heim, ließen mich zittern und ächzen. "Was ist mit Euch?!" Ein Brennen... die Hitze schien Überhand zu nehmen... Ein Brennen legte sich lodernd auf meinen Arm und als würde es die Haut versengen, drang es unter sie, fraß sich durch mein Fleisch und deutlich riss mich dieser Schmerz zu sich, klammerte sich an meine Aufmerksamkeit... er überwiegte und das quälende Frösteln wurde nicht viel mehr, als zu einem bitteren Nebengeschmack, den man dennoch nicht gänzlich unbeachtet lassen konnte. Ich blieb versunken auf dem Boden kauern, kroch in mich zusammen und schaffte es irgendwie, mich auf die Knie zu winden, während ich unter den Geräuschen laut ächzte und stöhnte und meine linke Hand immer wieder und unablässig nach dem dichten Nebel tastete, annähernd nach ihm schlug und ihn doch nicht zu zerreissen vermochte. Pausenlos drangen die grollenden Stimmen an meine Ohren und fahrig riss ich das Gesicht zur Seite, als ich den Druck einer Berührung auf meinem Rücken spürte. Sie umgaben mich allseits... Ich würgte ein schweres Schlucken hinab, mein Atem raste schmerzhaft und stockend zog ich den rechten Arm auf meinen Schoß, presste ihn gegen meinen Leib und umschlang ihn mit dem anderen. Die Schatten waren hier!! Sie besaßen die Macht, zwischen beiden Welten zu pendeln!! ... nie würden sie von mir ablassen!! Penetrant näherten sie sich mir, wichen zurück, traten wieder heran und Totenfinger streckten sich nach mir aus. Beinahe hörte ich ihre morschen Knochen knirschen und ich beugte mich weit nach vorn, belastete den rechten Arm mit dem Gewicht meines Leibes und betete, so würden andere Schmerzen entstehen... doch brannte meine Haut und mein Fleisch feurig, als besäßen sie alle Freiheiten, die ich ihnen verzweifelt entzog. Die Kälte des Gesteins, auf dem ich die Stirn bettete, wirkte glühend heiß, nahezu jämmerlich zu jener Kälte, die mich folterte. Matt klammerte sich meine linke Hand in den Boden. Verkrampft schabten meine Fingerkuppen über die Kerben und ich streckte sie weiter, schob sie von mir und klammerte mich in eine tiefere Fuge. Ein qualvoller Schrei entrann mir. Ich wusste mich nicht zu wehren... die Schatten waren zu mächtig... machten mich allein mit dem Anblick ihren Gräueltaten gefügig. Der Anblick, bei dem ich vor Angst erstarrte und... "Hinaus!", erhob sich eine herrische Stimme und mein rasselnder Atem wurde durch ein verwirrtes Schlucken unterbrochen, bevor er wieder hervorbrach, lauter denn je. "Geht! Hinaus sagte ich!!" Annähernd spürte ich, wie sie sich von mir entfernten... wie sie flohen... und als ich röchelnd den Kopf drehte und die Lider hob, sah ich den Grund vor mir. Ein gleißendes Licht, welches sonst so angenehm gewesen wäre... es blendete meine Augen, rief Schmerzen in ihnen hervor, als vertrügen sie es nicht. Ich zwinkerte und kraftlos sank meine Stirn auf den Boden zurück. Eine Aura, die mir nur unauffällig bekannt vorkam... Eine Stimme, die ich schon oft vernommen hatte... Donnernd schloss sich eine Tür. Eilige Schritte näherten sich meinem bebenden Körper und er erzitterte unter der Wärme des Lichtes, als wäre sie bittre Kälte. Ein leises Murmeln drang an meine Ohren und ich hätte mich vor ihm zurückgeschoben, hätte ich es gekonnt. Zittrig biss ich die Zähne aufeinander, presste die Augen zu und krallte mich in meinen Arm... Er brannte, als stünde er in Flammen! "Legolas..." Der energische Ausdruck seiner Stimme kam nicht der annähernden Lautlosigkeit gleich, in der sie sich erhob. Ich vernahm sie kaum und nur schwerlich, denn noch immer beanspruchte das laute Rauschen meine Ohren für sich allein. Ein unruhiges Raunen folgte daraufhin und eine Hand streifte meine Wange, ließ mich zusammenfahren und legte sich unter mein Kinn, bevor ich an Widerstand denken konnte. Mein gesamter Leib war in sich verzerrt und doch gelang es ihm mit nur einem milden Druck, mein Gesicht anzuheben. Mein Rücken schmerzte, als seine Hand mein Kinn stützte und meine Lider hoben sich zögerlich. Ich bewegte mich nicht, ließ mich formen und über mich herrschen, war beugsam und hilflos. Kraftlos lag mein Gesicht auf seiner Hand und weitaus blendender stach die Helligkeit in meinen Augen, in denen ich dennoch die weichen Züge einer bekannten Mimik ausmachen konnte. Merkwürdig war es... wie schwarze Schleier gegen das Licht kämpften... Nebel versperrte mir noch immer den deutlichen Blick und dennoch gab es diesen vollständigen Gegenpol. Gandalf... Zitternd und geräuschvoll strich der Atem über meine rauen Lippen, unruhig schweiften meine Augen umher, suchten nach einem festen Ziel und wurden nicht fündig. Längst schon benetzte das eigene Blut meine Fingern, gnadenlos verletzte ich mich selbst und fand dennoch keine Hilfe darin. In einer Weise ungerecht und gnadenlos, ließ mich der Schmerz, nach dem ich mich sehnte, schmählich im Stich. Erneut stieß er ein beunruhigtes Raunen aus, drehte mein Gesicht zur Seite und hielt es kurz still erhoben, als sich sein Blick senkte und auf den Arm richtete, für den eine deutliche Gefahr bestünde, läge ein Schwert meiner Hand griffbereit. Gelähmt verharrte ich auch in dieser Haltung und obgleich ich vor nicht langer Zeit geglaubt hatte, den Verstand zu verlieren, war es nun die Qual, die allein mein Innerstes beherrschte, langsam und doch gemächlich alles abschnürend, was nach außen dringen wollte. Das Zittern meines Leibes ließ nach, mein Atem fiel ebenso schnell, doch weniger röchelnd... und obgleich ich beben und schreien wollte... ich war in mir selbst gefangen und dennoch keiner Pein entlastet. "Legolas...", ich senkte die Lider, "... ich kann den Kampf nicht entscheiden, den du auszufechten hast. Ich täte es, läge es in meiner Macht, doch..." Ja, seine Stimme klang nervös... nicht so, wie man es von Gandalf dem Weißen gewohnt war. Kaum drangen seine Worte in mein Innerstes, nur oberflächlig hörte ich sie und spürte währenddessen, wie ich in einem warmen und rauchigem Morast versank. Fingerkuppen setzten sich auf meine Lippen, drängten sich in meinen trockenen Mund und ich spürte, wie sie etwas auf meiner Zunge hinterließen. Es schmeckte... süßlich und doch bitter. Taub bewegte ich den Mund und die Hand an meinem Kinn schloss ihn. "Nimm die Kraft an, die ich dir gebe, um für den Kampf gewappnet zu sein. Verleibe sie dir ein, stärke dich." Eine warme große Hand bettete sich auf meiner Stirn und ein erneutes Zucken durchfuhr meinen Körper, als sich die vertraute Stimme in ein Gebet vertiefte und sich magischer Worte bediente, die ich noch nie zuvor vernommen hatte. Ich verzog die Brauen, stockend bewegten sich meine Finger in der warmen Flüssigkeit, die über meinen Arm perlte. "Falle in tiefen Schlaf, Legolas... und fürchte dich nicht. Lass dich fallen." Kurz löste sich die warme Haut von meiner Stirn, bevor sie sich erneut auf mein Gesicht sinken ließ, sich über meine Augen legte und sie verdeckte. Und wieder vernahm ich sein betendes Flüstern und die äußere Benommenheit schien stetig an Kraft zu gewinnen. Ich hielt die Lider geschlossen, zitterte unter der Wärme, die meinem Gesicht entgegenströmte und die Schatten wurden finsterer, umgaben mich wie eine zweite Hülle. Ein leises Keuchen entrann mir, ein Furchtsames. Geängstigt durch die Ungewissheit und die Fremde, in der ich einen unbekannten Kampf auszutragen hatte. Die Hand, die sich um meinen rechten Unterarm klammerte, lockerte sich, die Fingernägel lösten sich aus der blutigen Haut und kraftlos sank sie auf den Boden hinab. "Schlaf...", drangen verständliche Worte zu mir, "... schlaf und fürchte dich nicht. Aus einem Kampf bist du als Sieger getreten, auch diesen wirst du bestehen." Die Hand übte mehr Druck auf mein Gesicht aus und ich spürte, wie mein Körper an Halt verlor, wie er zur Seite kippte und sich die Hand von mir nahm. Stützend legte sie sich unter meine Schulter, als ich zu Boden sank, während sich die andere in mein Haar schob, meinen Kopf vor dem dumpfen Aufschlag bewahrte. Sorgsam legte er mich nieder und gleich eines Toten blieb ich liegen. Mein rasselnder Atem verebbte in meinen Ohren, die Umwelt entrann mir völlig und nur mein inneres Leiden hielt an. Und dann gab es nichts mehr... ~*~ Aragorn: ... Schreie. Wie ein Echo wurden sie durch die Gänge in diesem prallgefüllten Saal gebracht und augenblicklich bewegten sich die Menschen um mich herum nicht mehr und ihre Freude verschwand binnen weniger Augenblicke. Als würde man aus allmächtigen Kräften die Zeit verlangsamen, ließen sie ihre Krüge sinken, ehe sie alle... ihre Blicke auf mich richteten. "Wollt Ihr das wirklich...?" Der eine, vor kurzem noch anfechtend, dass ich trank und juchzte, offenbarte mir eine so todernste Mimik, dass mir ein Schauer über den Rücken jagte. Ich zögerte und sah mich um. Legolas war nicht mehr unter ihnen und ebenso lag Gimli nicht mehr schnarchend am Boden. Mein Glück... meine Freude... war dies ein... "Sprecht Ihr aus, was Ihr denkt... werdet Ihr nicht mehr zurückkehren können." Es fiel wie ein Kartenhaus zusammen? Was spielte mir mein Verstand für einen Streich? Was tat ich? Ich blickte mich um und doch wandelten sich die Mienen der Anwesenden nicht... es war gespenstig. "Ein Wort...", sprach der Mann neben mir und hob die Brauen, ich jedoch wurde immer ernster und verbissener. Wieso hatte Legolas diese Wunde errungen... weshalb umarmte er mich? Weshalb hatte ihn einen für ihn gewöhnlich unnötigen Schlaf ereilt? Wieso hatte ich diese Gelegenheit ausgenutzt, in der er schlief? Wieso ritten wir gemeinsam...? Zusammenhänge wurden auseinandergerissen, als gäbe es keine Zeit dazwischen. Ich wollte es wissen, wollte sehen, weshalb ich hier war... Ja... ich sah auf und nickte. Die grausame Realität war mir das Wichtigste... ein jeder Schrecken war dort... doch auch er und die Wahrheit über uns. "Da war kein Frieden", flüsterte ich leise und drehte mich um - bloße Finsternis. Erst kehrte die Stille wieder ein, der ich nun oft, sehr oft gelauscht hatte. Doch dann erklang der Schrei erneut und die helle Stimme gab sich mir zu erkennen. Aber in diesem Laut erklang kein Schmerz... harte Worte kamen mir ins Gedächtnis zurück... "Aragorn..." Ich erinnerte mich an den Blick... wie ich zu ihm aufschaute und dies voller Entsetzen und Irritation. "... ein König bist du für wahr! Doch versuche nicht, über die Falschen zu herrschen!" Noch immer glaubte ich die Klinge am Hals zu spüren und genau diese Stelle fuhr ich mit der Hand nach. Was für eine Illusion... Gandalf war gefallen - ja... doch auch wieder zurückgekehrt. Mit ihm noch mehr Zwist. "Ae ú-vathach naeg, ingach, hain ú-'erich. Dan ú-belich matho naeg aen?!" Meine eigene Stimme, die sich verzweifelt laut an den Zauberer wandte und der es doch nicht verstand... meine eigene Irreleitung, die mich dazu zwang, mit einem jeden uneins zu sein. Vor allem mit mir selbst. "Wie treffend." Ich nickte und ließ den Kopf sinken. "Dein Schweigen ist mir eine ebenso große Hilfe, wie die Erklärungen, die du mir so wortgewandt liefertest!" Welche Ironie, dass ich alles getan hatte und doch nichts. Zweifel... so viele Zweifel, so viel Leid. All das war vor mir und doch floh die Erinnerung an die jüngsten Ereignisse. Wo waren sie und weshalb nur dieser Irrweg? "Komm nicht zwischen den Nazgûl und seine Beute!" Sofort hielt ich inne und schmerzlich erhob sich die raue, kalte Stimme... die Angst kroch an meinen Gliedern empor und ließ mich nahezu versteinern... "Versuch dich, seiner zu bemächtigen. Doch lass dir eines gesagt sein." Nein... dies musste ein Schock sein, ein Alptraum ohnegleichen! Nein, nicht die Wahrheit. "Komm nicht zwischen Aragorn und mich!" Ich weitete die Augen und sog deutlich die Luft ein, als hätte ich sie lange nicht mehr geatmet. Oftmaliges Zwinkern ließ mich erahnen, dass ich... nicht mehr träumte... und dennoch nicht mehr auf dem Schlachtfeld lag. Sofort spürte ich die weiche Matratze unter mir und eine wärmende Decke über meinem Körper. Völlig irritiert wollte ich die Hand zu meiner Stirn heben, doch augenblicklich durchzuckte mich Schmerz, der diese Bewegung unterband. "Wo...?" Leise versuchte ich zu sprechen, schluckte schwer und legte den Kopf zur Seite. Sofort drehten sich die Menschen, die sich eben noch unterhalten hatten, zu mir und ihre Mienen zeigten Verwunderung. Diese Verwirrung ließ nicht ab. "Welche Freude!" Mit einem erleichterten Lächeln kam eine junge Frau zu mir und nicht zuletzt durch ihre Stimme erkannte ich wer sie war. Éowyn hockte sich vor mein Bett und legte die Hände vor die Lippen. "Ich hatte solche Angst um Euch... eine Nacht und noch den darauffolgenden Tag wart Ihr bewusstlos." Sie stieß einen leisen Seufzer aus und ließ die Hände sinken. "Wir befürchteten schon das Schlimmste." Das Schlimmste...? Stumm hob ich die linke Hand zu meinem Kopf und ertastete einen Verband. Ebenso einer lag um meinen Bauch. Ja... ich war gefallen. Und dann... "Wo ist Legolas?!" Erschüttert rief ich diese Frage aus und wollte mich aufsetzen, doch zitterte mein Körper unter einem lauten Widerspruch und kraftlos sank ich zurück. Éowyn stand rasch auf und ihre Brauen verzogen sich bestürzt. Sie ließ ihren Blick umherschweifen, als fehle ihr die Antwort. Sie schwieg und legte die Hände ineinander. "Wo ist er?!" Erneut schrie ich diese Frage und sie zuckte gar zusammen, räusperte sich leise. "Ihr müsst ruhen, Herr Aragorn." Eine einfache Erwiderung, die zu entspannt war, als dass sie sich meiner Frage wegen taub gestellt haben konnte! Sie drehte mir den Rücken zu und ging einige Schritte zurück, während ich noch auf eine Antwort wartete. Und vergeblich, wie mir schien. "Merry ruht im Zimmer nahe der alten Bibliothek." Beinahe sorglos berichtete sie mir dies, bevor sie sich wieder direkt an mich wandte und ein Lächeln aufsetzte, das sofort zu durchschauen war. Sie wollte mir nicht antworten! "Der andere Hobbit ist auch bei ihm, sowie Herr Gimli und der Weiße Zauberer. Ihr solltet sie bald..." Fahrig unterbrach ich sie. "Sagt mir, wo er ist!" Natürlich war da dieses Interesse, was all die Gefährten anging, aber was tat dies in diesem angespannten Moment zur Sache?! Was verheimlichte sie mir? Ihr Lächeln verschwand und ihre Augen suchten sich ein Ziel auf dem Boden. "Was ist mit ihm??" Zögernd rieb sie die Hände aneinander, ehe sie eine hob und sich eine Strähne aus dem Gesicht strich, während ihr Blick zu der Tür driftete, welche sich soeben öffnete und ein junger Mann hineintrat. "Er...", begann sie leise und ich bemerkte, wie ihre Stimme vor Unsicherheit bebte, "nun... er befindet sich in einer Kammer fernab von Eurer." Was? Wieso nur, fragte ich mich. Was war geschehen? Erschöpft sah sie mich wieder an und ihre Mimik wurde gar wehleidig und bekümmert. "Seine Schreie hallten in den Gängen wider." Ich erstarrte wahrlich und meine Augen weiteten sich geschockt. "Es war uns unmöglich, ihm zu helfen!" Unruhig wandte sie sich ab und schüttelte den Kopf. "Als ob ihm schreckliche Schmerzen widerfuhren..." Erneut erklang die mutige und drohende Stimme des Elben in meinem Kopf... 'Komm nicht zwischen Aragorn und mich!' Die Gewissheit, was geschehen war... Es galt keine Zeit zu verlieren und unnötigen Worten zu lauschen! Sofort schlug ich die Decke zur Seite und versuchte noch einmal, mich mit zusammengebissenen Zähnen aufzusetzen. So sehr mein Körper klagte und sich weigerte, umso verbissener musste ich ihn zwingen! "Wartet!" Fast gleichsam kam Éowyn zurück zu meinem Bett und drückte mich bestimmend hinab. "Ihr dürft nicht aufstehen!" So sehr ich auch Gegenwehr und Energie aufbringen wollte, reichte allein ihre Kraft, um mich zurückzudrängen. Ich verfluchte mich und meine schwache Hülle! "Dann müsst Ihr ihn zu mir bringen!" Vielleicht war meine eigene Stimme schon am Schwanken, vielleicht klammerte sie sich nur noch krampfhaft an die Festigkeit, die ich zeigen wollte, um gehen zu können. Dennoch gab ich nach und lehnte mich zurück, doch zugleich haftete mein Blick auf dem ihren. Weiterhin dieses Zögern. "Der Zauberer wies alle hinaus, so wurde es mir berichtet und kurz darauf wurde es ruhig. Ich weiß nicht, ob er bei Bewusstsein ist." War es jene Gefahr, die von dem Nazgûl ausging? Wenn nicht niedergestreckt durch das mutige Schwert, dann durch die Morgulklinge ihrer?! Meine Sorge übermannte mich rasch und ließ mich nur noch hadernde Gedanken hegen. Was nur, wenn er der Klinge zum Opfer gefallen war und nun die Wunde trug, die einst Frodo am eigenen Leibe erfahren hatte? Aber welche Überlebenschance wäre diese Begebenheit gewesen? Und der Sieg...? Verdammt! Welcher Sieg?! "Verzeiht." Zaudernd erhob sich die Stimme des Burschen, der vor einigen Augenblicken in dieses Zimmer gekommen war und nun zu Éowyn trat. "Ich betrat seine Kammer vor wenigen Momenten." Ich sah zu ihm auf und wartete gespannt. "Er ist wach, mein Herr, doch winkte er mich wortlos davon und dies war die einzige Regung, die er vollbrachte." Ich legte die Stirn in Falten und spürte, wie sich mein Atem beschleunigte. Mein Herz raste. Es wurde still im Raum. Ich fürchtete mich und zeitgleich wollte ich ihn unbedingt sehen. Mich vergewissern... ihm danken. Ich wollte sichergehen, dass er wohlauf war, mehr als durch eine Beschreibung eines Außenstehenden. Doch zu ihm zu gehen wurde mir untersagt und wer wusste, wie weit ich kommen würde mit dieser marternden Schwäche. "Geht bitte noch einmal zu ihm zurück." Éowyn war die Erste, die wieder zu ihrer Stimme zurückgefunden hatte. Der junge Bursche nickte leicht und schien dennoch zu zögern. "Sagt ihm, wenn es ihm möglich wäre, würde der Herr Aragorn ihn gerne sehen." Sofort wandte er sich ab und verließ eilend den Raum. Lange noch sah ich ihm nach, ehe ich aufgezehrt seufzte und mich vorsichtig aufsetzte. Nur durch meine Unaufmerksamkeit war all dies geschehen und ich spürte die Angst für wahr. Welche Schuld trug ich nun, schwerer als je zuvor auf meinen Schultern? Seine Schreie hallten durch die Gänge... und ich erinnerte mich nur an verschwommene Bilder und graue Gestalten... eine solche Schuld konnte ich nicht gut machen. "Er wird sich sputen", sprach Éowyn und versuchte mir ein aufmunterndes Lächeln zu schenken. Ich konnte nichts dergleichen erwidern und starrte abwesend auf die Tür. Was hatte ich ihm nur angetan... ~*~ Legolas: Ich schlug die Augen auf. Eine ruhige, nur von wenigen Geräuschen durchdrungene Atmosphäre umgab mich. Annähernd lag ich in friedlicher Stille, in völliger Lautlosigkeit. Und doch spürte ich in den ersten Augenblicken meines langsam zurückehrenden Bewusstseins ein leichtes Stechen in meinem Kopf. Als hätte ich nach einem langen Kampf das erste Mal und nur für kurze Zeit Ruhe gefunden. Reglos starrte ich nach oben und lange benötigten meine Augen, um durch das Nebelgeschwader zu dringen, das mich glauben ließ, noch immer in einem Traum festzuhängen. Doch kistallisierten sich allgemach die Strukturen von Gestein heraus und ich wurde mir darüber bewusst, dass ich mich in der Realität befinden musste. Ich erblickte eine steinerne Zimmerdecke über mir. Doch sie war ebenmäßiger geschliffen, mit größerer Sorgfalt behandelt, als die Wände und die hochliegenden Decken in den Hallen Edoras'. Ohne zu blinzeln blieben meine Augen auf jenes Gestein gerichtet und ich dachte an nichts, während ich meine Aufmerksamkeit dem unbedeutsamen Pol widmete. Mein Blickfeld war verschwommen, als würde Feuchtigkeit in meinen Augen glänzen und doch waren sie trocken und begannen nach einer kurzen Weile zu brennen. So ließ ich die Lider sinken und ich spürte mein Gesicht, welches entspannt in ausdrucksloser Mimik verharrte. Langsam begann ich die Lippen aufeinander zu bewegen. Nur kurz und doch fühlte ich deren Trockenheit. Sie waren spröde, als hätte sie seit langem keine Feuchtigkeit mehr benetzt. Erneut blinzelte ich, blickte auf zur Decke und sah noch immer graue Schleier, die vor ihr tanzten. War ich wirklich wach...? Nein, dies konnte nicht sein. Meinem Körper wohnte eine Festigkeit inne, die ich nach solch einem Kampf nicht mehr besitzen dürfte. Nach einem Kampf... ich ließ das Gesicht zur Seite sinken, erspähte ebenso verschleiert und dahindämmernd, eine Tür... welcher der Kämpfe? Träge versuchte ich die linke Hand zu bewegen. Sie war auf der Decke gebettet, die mich wärmte. Und sie bewegte sich, als wäre sie mir hörig, als würde sie nichts daran hindern, meinem Befehl zu gehorchen. Weder Schwäche, noch die eigene Unkontrollierbarkeit. Beinahe ohne Kraftaufwand streckte ich die Finger, ertastete unter ihnen dicken Stoff und es gelang mir sogar, kurz an ihm zu zupfen, bevor ich die Hand flach ablegte und unter einem beinahe lautlosen Murmeln die Augen schloss. Nein, ich war nicht wach... Ich war an irgendeinem Ort... ich kannte ihn nicht... aber ich war nicht wach. Auch, als ich die Augen lange Zeit geschlossen hielt, verschwanden die gräulichen Schleier nicht. In endlosen und sich stets wiederholenden Bewegungen zogen sie von einer Seite zur anderen, stoben auseinander oder verdichteten sich gar, bis ich außer ihnen nichts mehr wahrnahm. Meine Brust hob sich unter einem tiefen Atemzug und ich hörte Schritte. Sie waren mir recht nahe, flohen jedoch an mir vorbei und verstummten alsbald. Ohne Anstrengung öffnete ich die Augen und blickte zur Tür. Wer eilte durch meine Träume...? "Wo sind die Verbände?", erhob sich eine aufgeregte Stimme. "Wir brauchen Verbände, wir brauchen Wasser. Eilt rasch, es gibt noch viel zu tun!" Ich presste die Lippen aufeinander, versuchte den Nebel hinfortzublinzeln und doch war er stetig bei mir. Es versetzte mich nicht in Verwunderung, als mir mein linker Arm sogleich gehorchte und sich hob. Er war ruhig, von keinem Zittern geplagt, als ich ihn von mir und zur Tür streckte. Langsam bewegte ich die Hand in der Luft, tastete nach den Schleiern, wischte sie träge hinfort und wurde mir ihres reellen Darseins bewusst. Sehr reell für einen Traum... zu reell. Kurz hielt ich den Arm noch erhoben, fühlte eine unbekannte Stärke in ihm und konnte mir deren Existenz nicht erklären. Wo könnte ich mich auch anders befinden, als in einem Traum...? Langsam schüttelte ich den Kopf, drehte das Gesicht nach oben und bettete den Arm entspannt auf dem weichen Laken. Und mit einer durchgängigen und ruhigen Bewegung richtete ich mich auf und saß im Bett. Keine Verblüffung befiel mich, kein Zögern oder Grübeln. Weshalb auch sinnieren... dies war ein Traum, in dem es keine Realitäten gab. Entspannt blickte ich herab und betrachtete mir das reinlich weiße und kunstvoll bestickte Hemd, welches ich trug, hob die linke Hand auch zu meinem Haar und ertastete sanfte Strähnen. Es war gereinigt worden. Selbst meine Haut... kein Dreck haftete mehr an ihr, kein fremdes Blut... sie war glatt und sauber. Erneut holte ich tief Atem, legte die Hand auf meinem Schoß ab und blickte mich um, während mein rechter Arm sich unter dem wärmenden Laken verborgen hielt. Unbeteiligt und ruhig musterte ich das Zimmer, in dem ich mich befand. Es war geräumig und sauber, beinhaltete noch andere Betten, die nicht belegt waren. An einer der Wände reihten sich kunstvolle helle Schränke entlang, das Fenster wurde durch einen weißen Vorhang verdeckt. Nur wenige Laute drangen zu mir und stiegen auf aus großer Tiefe. Flüchtig besah ich mir erneut die Decke, die fürsorglich über mich gezogen war, erblickte auf einem kleinen Schemel neben dem Bett auch einige Behältnisse. Eine Schale mit klarem Wasser, über dessen Rand ein Tuch lag, zwei Töpfchen mit Salbe... Dieser Traum erschien mir bedeutungslos. Entspannt tastete ich nach der Decke, zog sie von mir und schob beide Beine zur Bettkante. Sie waren gekleidet in eine angenehme und wärmende weißen Hose, gehorchten mir, wie zuvor meine Arme auch und diese Beugsamkeit war so reich an versteckter Heimtücke, dass sie mich mit Entsetzen erfüllt hätte... wären sie real. Nun tat ich die Stärke meines Körpers unbeachtet ab, setzte die Füße auf den Boden und machte Anstalten, mich zu erheben, doch fiel mein Blick auf die rechte Hand, die sich stützend auf die Bettkante legte. Ein langer Ärmel verbarg sie zur Hälfte vor meinen Augen und dennoch konnte ich einen Verband erspähen, der straff und doch nicht unangenehm um sie gehüllt war. Meine Brauen verzogen sich und ich ließ mich auf das Laken zurücksinken, setzte mich nieder und hob die Hand, mit der anderen sogleich den Ärmel höherstreifend. Und je mehr der weiße Stoff von meinem Arm freigab, desto deutlicher legte sich Verblüffung auf meine Miene. War ich verletzt...? Ich drehte die Hand, betrachtete mir den sauberen Verband, der bis zu meinem Ellbogen reichte und blickte sinnierend auf. Diese scheinbare Verletzung... Sie widersprach dem ruhigen und zufriedenstellenden Traum. Der Stärke, die meinem Körper innewohnte... Sie widersprach allem. Verworren schüttelte ich den Kopf und ließ ihn sinken, um mich auf den Arm zu fixieren, den ich gemächlich zu entblößen begann. Entspannt löste ich das Ende des Verbandes von meiner Hand, wickelte den dicken Stoff langsam auf, legte meine Hand frei. Sie war nicht verletzt und auch sonst spürte ich keine Schmerzen, die auf eine Wunde hinwiesen. Was spielte man hier nur für ein Spiel mit mir? Ich war nicht ver... Meine Bewegungen erlahmten, reglos hielt meine linke Hand den Stoff und meine Augen blieben starr auf einen Punkt gerichtet. Und sie weiteten sich erschüttert, als der Anblick tiefer in mich drang, sich meine Aufmerksamkeit erkämpfte und ebenso den Eindruck, mehr als nur real zu sein. Förmlich stach er mir entgegen und trotz meiner verschwommenen Sicht, sah ich ihn in einer Deutlichkeit, die ich mir nicht gewünscht hätte, wäre ich mir eher darüber bewusst gewesen, was... Stumm bewegten sich meine Lippen und keine Ruhe war mir mehr anzusehen, als ich mich erneut zu bewegen begann, den Stoff eilig, annähernd hastend von meinem Arm löste und ihn alsbald ganz in der linken Hand hielt. Dunkle Narben stachen in ihrer düstren Art erschreckend neben der hellen Haut hervor. Sie zogen sich von einer Seite zur anderen, glichen annähernd Kratzspuren und waren dennoch ebenmäßig... Ich wagte es nicht zu atmen. Die Fähigkeit entsagte mir und bewegungslos blieb ich sitzen, starrte auf meinen Arm und meine Hand gab den Verband frei, ließ ihn hinabfallen und blieb reglos erhoben. Sie zogen sich wie Schatten über meinen gesamten Unterarm, waren dunkel, an manchen Stellen annähernd schwarz und an anderen wieder blasser. Und zwischen ihnen erblickten meine entsetzten Augen blutige Striehmen. Wie von Fingern, die sich in die Haut gebohrt hatten. Ein erschreckendes Bild bot sich mir... ein Anblick, bei dem ich mich nach unrealistischen Träumen sehnte. Meine Miene verzog sich ungläubig und erneut begannen meine Augen zu brennen. Es schmerzte... Der Anblick schmerzte! Ein lauter Atem brach aus mir heraus und fahrig wandte ich den Blick ab, ließ ihn hastig und hilfesuchend durch das Zimmer schweifen. Nichts war von jener Ruhe zurückgeblieben, die Entspannung war mit einem Schlag von mir gewichen und keuchend saß ich nun dort, presste kurz die Lippen aufeinander und betete um Erlösung. Falls es ein Traum war... so war er zu grausam, er sollte enden! Ich schloss die Augen, biss die Zähne zusammen und presste das Kinn auf meine Brust hinab. Ein Zittern durchfuhr mich und rasch ballte ich die linke Hand zur Faust, während ich mich fürchtete, die Rechte zu bewegen. Ein ungewisses Murmeln kam über meine Lippen und unter einem bebenden Atemzug richtete ich mich wieder auf, blinzelte in den Raum und sah noch immer jene Schatten, die mir jenen festen Glauben an einen Traum geschenkt hatten. Und sie ließen nicht von mir ab, waren so ewig, wie sie es in einem Traum nicht sein konnten... Eine ängstliche Beunruhigung griff nach mir und es verlangte mir viel ab, den Blick wieder auf jenen Punkt zu richten. Doch ich tat es und verfluchte mich dafür. Als wäre es nicht mein Körper... als wäre dies nicht mein Arm... als sähe ich mit geschlossenen Augen ein Trugbild vor mir... Ich konnte es nicht akzeptieren und obgleich ich allmählich verstand, dass auch die Realität grausam zu sein vermochte... der Anblick stieß mich ab, ich ertrug ihn nur mit größtem Widerwillen. Er war widerlich! Verzweifelt sank ich in mir zusammen, schloss die Augen, schloss den Mund, ließ den Atem stocken und zerrte die Decke zu mir. Hastig zog ich sie über den Arm und verhinderte dabei jegliche Berührungen. Es war nicht mein Arm... Es war nicht mein Körper... Es war nicht meine Schande. Nicht ich war befleckt, nicht ich war entehrt und mit einer verfluchten Last belegt! Ich war es ebenso wenig, wie all das hier der Realität entsprach! Ein leises Geräusch ließ mich in die Höhe fahren und erschrocken presste ich die Decke auf meinen Arm, als sich die Tür leise öffnete und sich ein junger Mann in den Raum lehnte. Als würde ihn mein Zustand verblüffen, hob er die Augenbrauen und tat, als wäre all dies von Bedeutung. Doch es war nur ein Traum und er war nicht reell!! Nur flüchtig blickte ich zu ihm auf und als ich nichts weiter als ein Trugbild in ihm sah, ließ ich den Kopf sinken und klammerte mich um den Arm. Ich meinte, er wäre gekommen, um mir etwas zu sagen, um Worte loszuwerden... doch herrschte in den ersten Augenblicken nur erschüttertes Schweigen, als hätte es ihm die Sprache verschlagen. Ich ertrug diese Stille nur schwerlich und dennoch konnte ich mich nicht glücklich nennen, als er die Stimme erhob. "Ihr seid bei Bewußtsein", hauchte er ungläubig und trat in den Raum. "Wie fühlt Ihr Euch? Habt Ihr Schmerzen?" Ich antwortete nicht. "Eine Nacht und den folgenden Tag lagt Ihr hier. Sehr lange habt Ihr geschlafen." Und ich würde es auch noch sehr lange tun. "Verlangt es Euch nach irgendetwa..." Der Mann verstummte, als ich die Hand hob und ihm mit einer flüchtigen Geste meinen Wunsch nach Einsamkeit nahebrachte. Beinahe spürte ich seinen überraschten Blick auf mir. "Wollt Ihr nichts zu Euch nehmen?" Er trat näher und ich starrte verbittert auf den Boden. Er war nicht real... er war nicht real... all das passierte nicht wirklich! "Ihr müsst doch..." Ruppig und unsaft gestikulierte ich erneut mit der Hand, verlangte, dass er augenblicklich ging! Auch er war doch nur ein Teil des peinigenden Spiels! Er verfing sich kurz in Zögern, murmelte dann etwas Leises und drehte sich um. Ebenso leise, wie sie sich geöffnet hatte, schloß sich die Tür wieder und meine linke Hand blieb erhoben, tastete zum erneuten und verzweifelten Male nach den neblichen Schatten, die sich meines Blickes bemächtigen, als lüstere es ihnen danach, mir meinen Verstand zu rauben! Und endlich war ich wieder allein und Erinnerungen begannen mich zu befallen, als wäre ich ihrer Führung gerade erst mächtig geworden. Als würde ich mich ihnen erst jetzt öffnen und dieser Bereitwilligkeit war ich mir nicht bewusst. Ich versuchte mich gar gegen jene Bilder zu wehren, die sich mir offenbarten, als passierten sie erst in diesem Moment. Ich rang mit mir, wandte das Gesicht von einer Seite zur anderen, doch mehr, als die Augen zu schließen, konnte ich nicht. Penetrant und heimtückisch gaben die ewigen Nebel ihren Anblick frei, ließen Umrisse deutlicher erkennen, als gäben sie ihre freundliche Zustimmung, mich zu quälen! Ich wusste, welches Zeichen meinen Arm entstellte... ja, natürlich wusste ich es. Die Furcht vor dem Bösen konnte zu Interesse führen und machte die Ohren offener gegenüber Erzählungen. Viel hatte ich gehört... viel hatte ich erfahren und nun erfuhr ich es am eigenen Leib. Zuviel Dunkelheit, zu viel Bösartigkeit, als dass mein Körper unbeschadet hätte bleiben können. So weiß, dass einjede Berührung Spuren hinterließ... So hell, dass Dunkelheit das Licht rasch trüben konnte... Zu erschreckende Unterschiede... ein Abfärben hatte ich erwartet, ohne einen von uns als sicheres Opfer anzusehen. Und nun war ich es. Ich war das Opfer... und mein Feind war gefallen. Er war gefallen und doch siegreich aus dem Kampf gegangen. Seine Existenz endete, meine Existenz hielt an und nun war sie verflucht. Grausam war die Realität schon lange gewesen... All die Sorgen, all die Qualen, all das unwissende Sinnieren, all das Verfehlen und Sorgen... und dennoch war es geschehen und auch dies geschah. Ich wollte mir dies nicht eingestehen, doch drängte sich mir diese Einsicht förmlich auf und ich vermochte mich nicht gegen sie zu wehren. Es war zu deutlich, zu sicher, zu offensichtlich... ich konnte es nicht. Sogar eine Selbstbelügung wollte mir nicht gelingen durch das Wissen, was sich unter jener Decke verbarg, was ich zu verbergen versuchte und was doch mein ewiger Begleiter sein würde. Was war mir mit geschehen?! Konnte ich mich noch rein und unberührt nennen?! Konnte ich mich noch als der ausgeben, der ich war? Konnte ich stolz auf das sein, als was ich geboren wurde?! Ich schämte mich meiner selbst! Und ich sank tiefer hinab, bis ich die Brust auf den Knien bettete und das Gesicht verbittert gesenkt hielt. Befleckt und verdorben durch eine einzige Berührung, durch einen Kampf, den ich nicht hätte führen dürfen... durch Fehler, die sich häuften und durch Eigenschaften, die mir selbst unbekannt und die doch mein Antrieb waren. Ich war falsch... Ich widersprach dem Wesen meines Volkes... Ich war verkommen und ich quälte mich. Und beinahe entging mir das erneute Klacken der Tür, beinahe entging es mir, wie man mich erneut aufsuchte und meinen verzweifelten Wunsch missachtete. Erst, als ich zögerliche Schritte vernahm, hob ich den Kopf. Trübe und abwesend blickte ich auf und erkannte durch jene Schleier den Mann, den ich vor kurzem schon einmal sah. Seine Miene bat still um Vergebung und seine Hände lagen nervös aufeinander, als er vor der Tür stehenblieb und sich nach vorn beugte. "Verzeiht", erhob er unentschlossen die Stimme und ich wollte mich regen, wollte ihn erneut verscheuchen und mich verkriechen. "Ich weiß, dass Ihr es wünscht, ungestört zu sein, doch soll ich Euch eine Nachricht überbringen." Und ich wollte sie nicht hören. Angespannt und unruhig bereitete ich mich darauf vor, sie nicht zu mir dringen zu lassen, sie nicht zu beachten und ihn erneut fortzuschicken. "Herr Aragorn wünscht Euch zu sehen." Ich hielt in meinen Bewegungen inne. Hatte ich soeben noch den Kopf sinken gelassen, um mich seiner Anwesenheit zu entziehen, hob ich ihn erneut und starrte ihn an. Händerringend und zögerlich trat er näher und auf seinen schmalen Lippen entfaltete sich ein Lächeln, welches kurz und erschrocken zitterte, als ich ihm erneut in die Augen blickte. "Er wäre selbst zu Euch gekommen, doch verboten ihm die Verletzungen, aufzustehen. Ich soll Euch fragen, ob Ihr vielleicht..." Seine Stimme verstummte in meinem Kopf und ungläubig wandte ich den Blick ab. Aragorn... Aragorn...? Ich verzog sinnierend die Miene und kurz darauf entspannte sie sich. Ja... er war es gewesen, der reglos hinter mir gelegen und mit tiefer Bewußtlosigkeit gekämpft hatte. Er war es gewesen... durch den ich mich diesem Kampf gestellt hatte. Er war der Grund. Und es ging ihm gut...? Er war wach? Erneut sah ich zu dem Mann und noch immer bewegten sich dessen Lippen. Unerklärlich stockten sie jedoch in ihren Regungen und viel Überwindung schien es ihm zu kosten, weiterzusprechen. Aragorn war erwacht... Ich wusste nicht, ob diese Nachricht Freude in mir weckte, ich wusste mein Gefühlsleben nicht zu deuten, doch deuten konnte ich die Reaktion meines Körpers. Ich erhob mich, kam auf die Beine und der Mann verstummte. Seine letzten Sätze waren unwichtig und mit einem knappen Nicken schien er zufrieden, gar erleichtert zu sein. Nur zögerlich hatte ich den Arm unter der Decke hervorgezogen und übertrieben hastig hatte ich ihn mit dem Ärmel verdeckt. Aufmerksam und konzentriert hielt ich den Stoff gar zwischen den Fingern, um sein Verrutschen unter allen Umständen zu vermeiden. "Sollte Euch kalt sein", fuhr der Mann fort und wies auf einen Schemel, der am Fußende des Bettes stand, "dort liegt ein wärmender Umhang für Euch." Noch bevor er ausgesprochen hatte, bewegte ich mich auf diesen zu. Sicher hielten meine Knie das Gewicht, gekräftigt waren meine Beine und mein Körper war so reich an Stärke, dass ich aufrecht und mit Haltung gehen konnte. Mir ging es so gut... es war erschreckend und der Kontrast zu meinem Arm umso kälter. Ich zog mir den dunkelblauen Umhang über, sah die weiten Ärmel und verbarg die Arme in ihnen. Selbst ihre Länge gereichte mir zum Vorteil und wieder hakten sich meine Finger in den Stoff und hielten ihn unauffällig. Der Umhang war lang und wahrlich wärmend und beinahe übertrieben mochte es erscheinen, dass ich ihn auch vor meinem Leib zuzog und die Arme vor diesem verschränkte. Ich fror nicht und selbst in diesem Raum war es nicht kühl. So folgte ich dem Mann in langsamen Schritten und bald löste ich die Arme voneinander... die Nähe zu jenen Narben war mir unangenehm und so beließ ich es dabei, sie zu verdecken. Die Gänge und Hallen in Minas Tirith waren beiweitem breiter und ansehnlicher, waren verziert mit königlichen Wappen und Bannern und in hellen Farben gehalten. Wir durchquerten zwei Flure und kein einziges Mal betrachtete ich mir die Umgebung, erfuhr das, was ich behaupten konnte, nur aus den Augenwinkeln. Ich beschäftigte mich lieber damit, den Blick auf dem Boden zu halten. Hin und wieder beobachtete ich auch die Füße des Mannes, die sich unablässig bewegten. Menschen zogen an mir vorüber, Stimmen und Geräusche ertönten und keine von ihnen würdigte ich mich Beachtung. Mir war unwohl dabei, mich zu zeigen, die belebte Feste zu durchqueren und meinen Wegen zu folgen und meine Gedanken waren längst schon von diesem Ort geflüchtet und ruhten auf einem anderen. Sie ruhten einzig und allein auf Aragorn. Noch nie zuvor hatte ich ihn so gesehen... So verwundet, so wehr- und hilflos... einer jeden Gefahr ausgesetzt, die nach ihm greifen wollte... Und noch nie zuvor... hatte ich so etwas getan. Noch nie zuvor hatte ich mich so für einen Gefährten eingesetzt... noch nie zuvor war mir das Überleben eines anderen so wichtig gewesen. Die Verfolgung der Uruk-hai, der Entführer der Hobbits... Schuldgefühle, das Sehnen nach Gerechtigkeit und der Wunsch, sie noch einmal lachen zu hören. Vieles hatte mich angetrieben und doch stieg das Gefühl in mir auf, in jenem Fall weitere Gründe besessen zu haben. Nicht viel hätte mich dazu gebracht, mich dem tödlichsten aller Feinde zu stellen. Zu lange gezögert hätte ich bei den Hobbits... dem Zwergen eine eigene Stärke zugemutet und auf Gandalf hätte ich mich blind verlassen. Ich... "Hier ist es, Herr." Annähernd erschrak ich, als sich die Stimme in meine Gedanken drängte und diese flüchtend auseinanderstoben, als hätten sie etwas zu verbergen. Kurz fand ich mich irritiert und blickte um mich, bevor ich auf die offene Tür aufmerksam wurde, die sich nicht weit neben mir befand. Unentschlossen überprüfte ich die Aussage des Mannes, schaute zu ihm. Und er nickte. Instinktiv klammerte ich mich fester in den Stoff des Ärmels. Undenkbar wäre es, würde Aragorn es sehen... Nein... er würde es nicht sehen wollen... Ich wusste es, denn mir ging es nicht anders. Mit einer leisen Angst trat ich in das Zimmer und jegliche Bewegungen, die darin herrschten, zogen unbemerkt an mir vorbei. Durchaus sorgte ich auch dafür, denn es gab nur einen, zu dem ich wollte. Zielgerade hob ich den Blick und sah ihn dort aufrecht im Bett sitzen. In langsamen Schritten näherte ich mich ihm, nur zögerlich und doch fortwährend. Auch er wandte sich mir zu und doch betrachtete ich mir nicht lange seine Augen, musterte seinen Leib, studierte seine Haltung... Sein Gesicht war bleicher denn je, doch nicht verlassen von jeglicher Farbe und trotz der Verletzung wirkte es entspannt und gefestigt. Nicht lange hielt ich mich damit auf und erspähte eine feste Bandage, die um seinen gesamten Oberleib gebunden zu sein schien. Ich sah sie durch das halbgeöffnete Hemd, welches er trug und es tat mir weh, ihn so zu sehen. Ich wusste nicht, ob mein Gesicht jenes Mitgefühl offenbarte, ob meine Miene verriet, was ich fühlte. Beinahe übertrieben lange hielt ich mich mit der Musterung auf, betrachtete ihn mir, besah mir auch den Verband um seinen Kopf, sein Haar, welches noch immer strähnig einen Teil seiner Stirn unter sich verbarg. Ich neigte mich leicht zur Seite, drehte den Kopf und mit versteckter Absicht ließ ich jenen Arm zu meinem Rücken wandern. Nur langsam zog ich ihn zurück, hakte mich mit den Fingern in den Stoff und hielt ihn vor seinen Blicken verborgen. Und erst, als ich mir seiner kurzen Unaufmerksamkeit bewusst wurde und mich sicher in dem Glauben schätzte, dass er nichts bemerkt hatte und auch nichts bemerken würde, wandte ich mich direkt an ihn, richtete mich auf und sah ihn an. ~*~ Aragorn: Ziellos haftete mein Blick auf meiner Decke, die wärmend auf meiner Hüfte ruhte. Ich glaubte, unendlich lange Zeit ruhelos zu verharren, so ungewiss, so schrecklich war das Warten. Diese Angst... ich konnte sie nicht verbergen. Und von dieser Furcht übermannt, winkelte ich die Arme auf den Oberschenkeln an und stützte die Stirn auf die zusammengefalteten Hände. Welch eine Schmach, untätig sein zu müssen, welche eine Forderung stellte ich an Legolas, dass er nach dieser Pein, die ich nicht nachvollziehen konnte, zu mir treten musste. Nur, weil ich selbst so versagt hatte und eine jede Bewegung mir versagt wurde. Ja, diese Sorge um mein Wohlergehen hielt mich an diesem Platz. Als ob ich mehr Fürsorge benötigte als er, dessen Qualen gewiss nicht mit den meinen zu vergleichen waren. Die Menschen um mich herum unterhielten sich und ich wusste beileibe nicht, weshalb sie sich hier aufhielten. Fragend sah ich zu der blonden Maid auf, welche stetig zu mir blickte und mir ein ruhevolles Lächeln entgegenbrachte. Sicher wollte sie mir diese Ruhe vermitteln... doch wusste ich nicht, was zu tun war, wenn er zu mir kam. Falls er... Leise öffnete sich die Tür und ich ließ die Arme sinken und blickte zu ihr. Die Gespräche verstummten und man richtete die Aufmerksamkeit auf den Gast, der wahrlich eintreten würde. Ja, ich wusste, dass er es war, denn der Bote hätte kein weiteres Zögern gezeigt, hatte er doch erkannt, wie eilig ich es mit dem Wiedersehen hatte. Ich schluckte einen in meinem Hals aufkeimenden Druck hinunter und behielt den Blick auf die Tür gerichtet. Und er trat ein. Und sowie er es tat, richteten sich auch seine Augen auf mich. Für einen Moment schien mein Herz auszusetzen, obgleich ich es nicht zeigte. Für diesen Moment glaubte ich, einen Blinden zu sehen... so weiß... so starr. Und ich sprach nicht von dieser hellen Haut, der Schönheit des Elben. Es war einschneidende Blässe, die aus der Helligkeit, aus dem Leuchten dieser Schönheit, die eines Toten machte. Und diese Augen... als ob das Strahlen der dämmernden Sonne in ihnen leuchte, nein, sie gar durchstach. Ausdruckslosigkeit, als ob er auf einen Gegenstand blickte... nicht auf mich. Noch nie zuvor sah ich so kalte, leere Augen, die mir das Herz zusammenzogen und doch durch eine seltsame Müdigkeit an Leben gewannen. Sie waren blutunterlaufen und ich konnte es nicht anders verstehen, als wäre diese Gestalt nur ein Abglanz seines Volkes. Aber dieses Bewusstsein durfte mich nicht beherrschen und ich ließ nicht zu, dass ich ihm Angst durch eine ungewollte Scheu machte. Ich wollte ihn bei mir, ganz gleich, wie er aussah. So erwiderte ich seinen Blick ganz bewusst und offen. Ich lächelte ein sanftes Lächeln, denn die Freude war die gleiche. Er war hier und ich konnte mich nicht glücklicher schätzen, als ihn endlich wiederzusehen. Ohne Gefahr... ohne Gedanken. Doch ich gab gern zu, dass sein starrer Blick anfänglich irritierend war. Dennoch wurde mir viel Zeit zur völligen Besinnung gegeben, in der Legolas mich musterte und sich etwas zur Seite neigte. Ich selbst besah ihn mir noch gründlicher, sein säuberliches und gepflegtes Aussehen. Doch ebenso unschwer war zu erkennen, was er da mit seinem rechten Arm tat. Geruhsam ließ ich ab von der Beobachtung dieser Bewegung und sah wieder auf, zeitgleich, wie er mir wieder ins Gesicht sah. Kurze Zeit verharrten wir wohl in einem Schweigen, umgeben von vielen Augen, die uns Beide nun musterten. Was ging in den Köpfen der Anwesenden vor, als sie gesehen hatten, was ich nun erblickte? Angst? Waren sie schockiert und fürchteten sich? Ich gab mir keine Mühe, es herauszufinden. "Ich bin froh, dich wiederzusehen." Und völlig erleichtert und froh klang meine Stimme und verwunderte Blicke streiften mich. Ich nickte ihm leicht zu und blickte dann zu Éowyn, die bleich zu Legolas sah und doch mit aller Macht versuchte, diese Verunsicherung zu verbergen. "Lasst Ihr uns allein?" Sie kehrte zu ihrer Fassung zurück und nickte nach kurzem Zögern. Auch sie lächelte ich abwartend an und ich fühlte mich sicher in dieser Mimik. Meinte ich doch nach langer Zeit eine solche Geste wirklich ehrlich und ohne Widerspruch. Danach blickte ich auf und sah den Elb wortlos an. Wie er sich wohl fühlte? Man erkannte nichts in dieser Unzulänglichkeit und doch glaubte ich dennoch etwas zu sehen. Er schloss sich diesem Blickkontakt nicht an und wandte den Kopf zur Tür, durch die sie alle, einer nach dem Anderen, traten und mir selbst noch stumm zunickten. Auch die Maid tat dies und schloss zügig die Tür. Fühlte er sich nun sicher? Ich beugte mich vor, ignorierte die Schmerzen an der Seite und hob die Hand, um nach seiner Rechten zu greifen. Sogleich bemerkte ich die Überraschung des Anderen, als ich sein Handgelenk berührte und sanft zu mir zog. Ich spürte den sofortigen Gegendruck, als wolle er seinen Arm zurückziehen, aber ich konnte und wollte es nicht zulassen. Ich wollte sehen... was er dort verbarg, was so schrecklich war und hielt den Griff bestimmend bei, jedoch nicht fester. Noch mehr Leid wollte ich ihm nicht zumuten. So behielt ich die Augen auf seinen Arm gerichtet, sah die Faust, die er ballte und die sich alsbald lockerte. Vorsichtig hob ich die Hand und legte sie an den langen Ärmel. Mein Lächeln war bereits verschwunden und hielt sich hinter einem ernsten Ausdruck verborgen. Vieles hatte ich schon gesehen und dennoch fürchtete ich, diesem Anblick noch nie begegnet zu sein. Und dann hob ich den Stoff sachte an, zog ihn sorgsam und bedächtig zurück und öffnete die Lippen leicht, um mir selbst das Atmen zu erleichtern. Was ich sah... erschütterte mich und ich runzelte die Stirn, bevor ich für einen flüchtigen Moment die Augen schloss. Was hatte er da getan? Gleichmäßige und dessen ungeachtet graue bis schwarze Gebilde zeichneten sich über seine Haut und tauchten sie in eine lichtlose Gestalt. Ein aussichtsloser Kampf, nicht wahr...? Ich führte die Bewegung fort und mit Schaudern besah ich mir die Ausbreitung auf seinem Arm. Doch wenn dies nur alles gewesen wäre. Hatte er sich selbst verletzt? Ich konnte nichts anderes vermuten und presste die Lippen aufeinander, als ich dunkelrote Striemen über den schwarzen Schatten erkannte. So viel Leid... so viel Schmerz hatte er ertragen? Durch einen Sieg, der keiner war? Begutachtend legte ich den Kopf etwas zur Seite und drehte den Arm ein wenig. Ohne ihm wehzutun. Ohne einen Druck auf ihn auszuüben. So vieles hatte er erduldet und nun hatte er das Wahrzeichen seines Kampfes und dessen Ausgang... So viel Schlechtes. Grausamkeiten durch und durch und trotzdem konnte ich mich in einen Hoffnungsfunken verstrickt sehen. Dies waren Narben eines Kampfes. Und Narben eines anderen Sieges. Ich wusste es... denn diese Krankheit war ebenso besiegt und verjagt... Narben, die vergingen. Gemächlich ließ ich locker und gab seinen Arm wieder frei, ohne ihn ein weiteres Mal zu berühren. Dann sah ich auf und in einer kurzen Nachdenklichkeit verzogen sich meine Mundwinkel zu einem undeutlichen Lächeln. "Lass uns ein wenig laufen." Erneut schlug ich die Decke beiseite und drehte mich zur Bettkante. Es würde ihm gut tun und es war Zeit, um zu reden. Überlegt setzte ich ein Bein auf den Boden und testete es flüchtig auf seine Standfähigkeit, ehe ich das andere nachsetzte. Ich spürte ein angespanntes Ziehen an der rechten Seite, stand aber dennoch auf und streckte mich. Zu keiner Beirrung war ich noch fähig. Ich wusste, was ich tun wollte und ihm zurückbringen konnte: Ein wenig Frieden, nach der harten Zeit. Gemächlich ging ich an ihm vorbei, etwas wackelig auf den Beinen und griff nach meinem Mantel, der über der Lehne eines Schemels lag und weitesgehend gesäubert worden war. Alle Zeit der Welt nahm ich mir, um ihn mir umzulegen und ich war die Ruhe selbst. Diese eine Begebenheit war da, dieses Wissen, dass ich mir selbst einverleibte und was mir wahre Erleichterung wiedergab. Mein Lächeln verstärkte sich, als ich zu der Tür ging. Zu keiner Regung hatte Legolas stattdessen während meines Handelns gefunden und ich wollte ihm Ansporn geben, nicht zu verzagen. Es war falsch, sich zu flüchten. Das wusste ich besser als er... viel zu oft hatte ich diesen Fehler begangen und er hatte keinen Grund zu hegen, denselben zu begehen. Einen Schritt hatte er getan, indem er zu mir kam und ich würde alles daran setzen, damit er nicht erneut stehen blieb. Ich tat einen Schritt zur Seite, öffnete die Tür weit und sah ihn frohgemut an. "Komm", forderte ich ihn auf und lächelte entgegenkommend. Kein Zurücktreten, keine Furcht... kein Grund, die Einsamkeit kennen zu lernen, denn die Zeit würde kommen. Und Dank seiner Herkunft würde sie nicht lange auf sich warten lassen und die leeren, kalten Augen würden zu ihrem kühnen Blau zurückfinden. Keine Schatten würde sich noch lange an seiner Haut laben und einzig und allein... "Ich möchte dir etwas zeigen." ... seine Reinheit und Schönheit würden ihren rechten Platz an dem anmutigen Wesen wiederfinden. Er brauchte nur etwas Kraft und Unterstützung... und beides gab ich ihm gern. ~*~ Legolas: Gerne und aus größtem freien Willen war ich nun zu ihm getreten, war der Aufforderung nachgekommen, ohne mich in Widersprüchen oder gar Zweifeln zu verfangen... Und nun kam kein Wort über meine Lippen. Nicht einmal der Gedanke daran durchstreifte meinen Kopf und ich blieb stumm, während ich ihn ansah. Ich wußte nicht, was mir die Fähigkeiten zu Sprechen genommen hatte... Augenblicklich wurde ich mir meines verräterischen Verhaltens bewusst und obgleich keines meiner Vorhaben ein Gespräch enthielt, fehlte es doch und ich verkroch mich innerlich, während meine Körperhaltung einen Stolz offenbarte, den ich nicht besaß und mein Gesicht unbewegt blieb. Ich stand hier und war mit mir selbst im Unreinen, war von mir selbst enttäuscht und gleichermaßen entsetzt. Hatte sich mein Sehnen auch allein auf ihn gerichtet... Keine Emotionen hatten sich erhoben, um sich gleichsam in diese Richtung zu bewegen... Ich fühlte keine Freude... keine Erleichterung... ich fühlte nichts. Ich sah ihn vor mir, wie er verletzt dort saß und dennoch... sein Stolz schien unzerstörbar. Er war aufrichtig und vollkommen... der meine aufgesetzt und der Verbitterung entsprungen. Es war merkwürdig... Er blickte zu mir auf und dennoch fühlte ich mich neben ihm kleiner, als denn je. Ich wollte lächeln, wollte offenbaren, dass nicht nur er Freude empfand. Auch ich tat es. Sicher... ganz bestimmt tat ich es... ich spürte es nur nicht... Starr richteten sich meine Augen auf seine Lippen und annähernd ungläubig sah ich, wie sich ein Lächeln auf ihnen entfaltete... so ehrlich und geruhsam, so offen und aufrichtig, dass es für uns beide gereicht hätte. "Ich bin froh, dich wiederzusehen", sagte er und ich blickte stockend auf, hätte gern blankes Misstrauen gegen meine Ohren gerichtet, doch bedienten sich seine Augen derselben Sprache. Ich brachte keine Antwort zustande und verfluchte mich selbst meiner Unfähigkeit wegen, die ich nicht durch Begründungen zu untermauern wusste. Und dabei wirkte er selbst so sicher und unbekümmert, als hätten uns nur wenige und unbedeutsame Augenblicke voneinander getrennt. Ich verzog keine Miene... selbst, als mich das Nicken erschütterte, welches so verständnisvoll und entspannt folgte... als hätte er eine stumme Frage in meinen Augen gelesen und sogleich die Antwort erbracht. Hegte er Verständnis gegenüber eines Wesen, welches sich selbst als fremd ansah? Ich vermochte meine Gefühle nicht zu zeigen, nicht mit ihnen umzugehen oder gar in Worte zu fassen... und er schenkte meiner Stimme, die sich nie erhoben hatte, eine offensichtliche Reaktion. Er irritierte mich und gleichsam wandte er den Blick ab, als wohne seinem Verhalten keinerlei Besonderheit inne, als sei es etwas alltägliches, dem man keine Beachtung zu schenken brauchte. "Lasst Ihr uns allein?" Ich blinzelte, folgte seinen Blicken und drehte das Gesicht nach einem unerklärlichen Zögern zur Seite. Es beirrte mich, gar plötzlich noch andere in diesem Raum zu entdecken, die sich schon lange in ihm aufzuhalten schienen. Kurz war ich mir ihrer bewusst gewesen und binnen kurzer Zeit waren sie abgedriftet, als atmeten sie die Luft einer anderen Welt, von der wir getrennt waren. Gemächlich und doch noch immer mit mangelnder Ruhe blickte ich von Gesicht zu Gesicht. Viele Augen streiften mich, bevor leise Schritte ertönten und die Menschen zur Tür gingen, Aragorns Bitte zu befolgen und uns eine seltene Ruhe zu schenken. Undefinierbare Mimiken erblickte ich auf den fremden Gesichtern, Ausdrücke, die ich nicht mit mir zu verbinden wusste und erneut blinzelte ich unter einem leichten Brennen, welches sich auf meine Augen legte, als zöge diesen trockener Wind entgegen. Knappe Beobachtungen spürte ich, als sie den Raum verließen und restlos auf dieses Mysterium konzentriert, drehte ich mich ihnen nach, sah sie verschwinden und tat ihr Verhalten dennoch ohne jegliche Gedanken ab. Die Tür schloss sich und ich senkte die Lider, nach einer besseren Atmosphäre suchend. Möglicherweise war sie durch die Anwesenheit der Anderen verfälscht worden? Vielleicht könnte ich doch... Eine sanfte Berührung und dennoch fuhr ich zusammen. Ein qualvolles Stechen in meiner Brust drängte mir Leid auf und ein geängstigtes Keuchen drang über meine Lippen, als ich mich heftig zu ihm umdrehte. Das Herz raste in meiner Brust und mein Atem ließ sich nur schwerlich zügeln... Und seine Aufmerksamkeit ruhte allein auf meinem Arm, den ich vor ihm zu verbergen versucht hatte! Mit sanftem und doch ausdrucksstarkem Griff hielt er mein Handgelenk und fahrig wechselten meine Augen von seinem Antlitz zu jener Stelle meines Körpers, die ich mit Selbstverleumdung abzutöten versuchte. Zögerlich erschwerte ich es ihm, meinen Arm vorsichtig zu sich zu ziehen. Ich hielt dagegen, nur kurz und schwächlich und ein kalter Schauer jagte den anderen. Sein Lächeln war verblasst... Ich presste die Lippen aufeinander, schmerzvoll zuckte meine Miene und verzweifelt suchte ich nach Worten, ihn von dem abzuhalten, was er zu tun gedachte. Er wollte es nicht sehen... nein, das wollte er sicher nicht und ich fürchtete mich vor der Pein, dass andere Augen dieselbe Verachtung ausdrücken würden, wie die meinen... ich wollte nicht, dass er gering über mich dachte, ich wollte nicht, dass er es sah! Mein Arm verspannte sich, fahrig ballte ich die Hand zur Faust, doch fühlte ich, wie die Stärke rasch aus ihr wich und meinen Arm ruhiger wirken ließ, als er war. Ich blinzelte, bevor ich ihn eindringlich ansah, als ich seine Augen musterte, die in ernsthaftem Ausdruck auf meinem Arm verweilten, die Strähnen, die seine ebenmäßige Stirn streiften, als er das Gesicht noch tiefer senkte und gleichsam die Hand hob. Was nannte ich mich nur für einen Narr! Genügte Selbstverachtung nicht? Musste es auch Selbstbelügung sein... die gar scheiterte, ohne dass sie den Erfolg je vor sich gesehen hatte?! Als ginge er einer wichtigen Beschäftigung nach, griff er nach dem Ärmel, hielt mein Handgelenk in sanftem Griff... und er schätzte mich mit keinem Blick, obgleich ich darum betete, es mir sehnlichst erhoffte! Zu Worten war ich nicht imstande... so musste er aus meinen Augen lesen, was ich in dieser Situation spürte... was ich von dieser Lage hielt, in der ich mich befand. Er beherrschte es doch, dies zu tun. Weshalb nur, gereichte ihm diese merkwürdige Fähigkeit stets zum Vorteil und mir zum entgegengesetzten?! Vorsichtig wurde der Ärmel hinaufgezogen und sobald ich das erste Kitzeln des weichen Stoffes auf der Haut spürte, wandte ich fluchtartig den Blick ab. Weder ihn, noch meinen Arm wagte ich anzuschauen. Und obgleich ich seine Miene nicht sah, mich mit allen Mitteln davor scheute und die Augen fest schloss, drang doch die rasch entstehende Atmosphäre so geschwind und ungehindert bis in mein Innerstes, als hätte ich sie mit offenen Armen empfangen und mich nie dem Versuch hingegeben, mich vor ihr zu verschließen. Ich stieß einen bebenden Atem aus, achtete strikt darauf, die Lider gesenkt zu halten und presste die Lippen aufeinander. Beschämt hatte ich mich abgewendet und es graute mir davor, das erschrockene Zucken seiner Hand zu spüren, sein entsetztes Keuchen zu hören... Doch nichts entsprach meinen geängstigten Erwartungen. Nur Stille... Und ich wagte es nicht, sie zu ergründen, verharrte reglos und gab ihm unwillig die Zeit, sich das entwürdigende Mal zu betrachten. Er hatte es gewollt... Er wollte sehen, wieviel sein Leben mir wert war... er wollte es... und er besaß das Recht dazu, auch wenn es schmerzhaft war, sein Augenmerk auf dem Punkt zu wissen, der mich in Schamgefühl drängte. Es tat mir weh, doch offenbarte mir die Stille nicht weniger Schmerz und lange verweilten seine Finger reglos an meinem Handgelenk, während er den Stoff des Ärmels hielt. Bald drehte er sie gar, als verlange es ihm nach weiteren Beobachtungen und zögernd öffnete ich die Augen einen Spalt weit und richtete sie dennoch nur auf die ebene Wand, die mir als Zuflucht diente. Woanders fand ich sie nicht und ich schuldete ihm Ehrlichkeit, die mir so schwer fiel, wie noch nie zuvor. Ich glaubte, das erste Mal seit langem, verspürte ich eine gewisse Erleichterung, als seine Hand den Stoff freigab und dieser hinabglitt, um die Narben erneut zu verdecken. Sogleich zog ich den Arm zurück, geschwind hakten sich meine Finger in den Ärmel und mir fehlte jeglicher Mut, die Antwort in seinen Augen zu suchen. Die Antwort auf die Frage, die ich zu feige war, zu stellen. "Lass uns ein wenig laufen", vernahm ich seine Stimme und unauffällig drifteten meine Pupillen zu ihm. Aus den Augenwinkeln sah ich ihn an und verfolgte reglos, wie er die Decke von sich zog und sich aus dem Bett schob. Ruhig hatte er zu mir gesprochen und mit einer Sänfte, die nicht heuchlerisch wirkte. Kein Verstellen, kein Zurückweichen... Und doch ergriff mich ein leises Misstrauen, als ich ihn an mir vorbeiziehen sah. Langsam drehte ich ihm den Kopf nach, sah, wie er verspannt die Arme von sich streckte und mit leicht hinkendem Gang einen Schemel erreichte. Ich fühlte mich sicher in dem Glauben, seine Absichten zu kennen... sie entsprachen seinem Wesen, welches stets Aufklärung verlangte und ich wollte mich dem in diesem Augenblick nicht beugen. Ich wollte nicht über das sprechen, worunter selbst meine Gedanken zu sehr litten, als dass ich sie führen wollte. Ich wollte nicht das in Worte fassen, was ich zu verdrängen versuchte... Und würde er nicht auf meine weitere Anwesenheit bestehen, so war es mir danach, jenes Zimmer aufzusuchen und einen weiteren Kampf zu führen, den ich nur verlieren konnte. Bald schon würde ich mich mir selbst unterwerfen und in gewissem Sinne würde dies keine mindere Qual darstellen, als das Gespräch, welches er mit mir zu führen gedachte. Ich wollte es nicht... ich wollte es wirklich nicht und meine Lippen lösten sich voneinander, formten sich zu stummen Worten und blieben ebenso lautlos. Wie sehr geriet ich mir außer Kontrolle, dass ich nicht einmal mehr gegen das widersprechen konnte, was mir missfiel? Verbittert senkte ich den Kopf und Aragorn streifte sich seinen Mantel über. Stets bewegte er sich langsam und bedacht, scheute sich vor raschen Bewegungen und gönnte seinem Körper eine Ruhe, die noch stärker gewesen wäre, würde ich ihn nicht zu Maßnahmen zwingen. Stärker klammerten sich meine Finger in den Ärmel. Als wollten sie weitere Berührungen verhindern, als wollten sie meinen Arm schützen und ich holte tief Luft, vernahm in diesem Moment schon das leise Knarren der Tür und blickte zur Seite. Er war zu ruhig... Der Anblick, zu dem er sich selbst gezwungen hatte, musste Spuren hinterlassen. In seinen Augen, seiner Mimik, seiner gesamten Haltung... doch fand ich sie nicht, als ich ihn flüchtig und zögernd musterte und noch immer auf meinem Fleck verharrte. Und entgegen seiner Besonnenheit stiegen die Zweifel in mir auf, wuchsen gnadenlos zu Verwirrung heran und ich versuchte all das fortzublinzeln. Aragorn... er... er versuchte doch nicht wieder ein Spiel mit mir zu treiben...? Ich war dem nicht gewachsen... ich vermochte es nicht, ihn zu durchschauen... mein Blick war trübe und kraftlos, hinderte mich nahezu daran, ihn einzuschätzen... Doch das, was von Beginn an zwischen uns gestanden hatte, sollte mir eine Hilfe sein. Ich musste mich dessen nur entsinnen und den Mut dazu finden... "Komm." Wieder schaute ich zu ihm, sah ihn dort an der Tür stehen und umging seine Augen weitestgehend. Mir war nicht wohl bei dem Gedanken, erneut hinauszutreten, mich unter die tüchtigen Menschen zu mischen, spazieren zu gehen, als besäße ich die Ruhe dazu oder wäre gar darauf aus. Hier in diesem Zimmer... fühlte ich mich doch recht wohl... Ich schluckte schwer, hob die Hand und rieb meine brennenden Augen. Und er blieb stehen, wartete und zeigte eine Geduld, die so merkwürdig in diesen Augenblicken war. "Ich möchte dir etwas zeigen." Ich hauchte einen tiefen Atem aus, unentschlossen begannen meine Zähne die Unterlippe zu bearbeiten und endlich, nach diesen weiteren Worten, fand mein Körper seine alte Beweglichkeit und wenn auch langsam, ich ging zu ihm. Ich würde hinausgehen, spazieren und mir etwas anschauen... Ich würde Begegnungen auf mich nehmen... Ich würde der düstren Einsamkeit meiner Kammer entsagen... Jedoch nur... wenn er an meiner Seite blieb. Wenn man es recht bedachte, war meine Hilfe greifbar... ich wusste mich ihr zu entsinnen und nur ein Wort hatte das beschrieben, was uns zusammengehalten hatte. All die Jahre... Ja... ich war mir dessen bewusst. Vertrauen. Ich zog an ihm vorbei, trat hinauf auf den Flur und hielt mich nahe bei ihm, nicht darauf aus, zu weit zu gehen. Nahe und doch auf eine geringe Distanz, die mir sicher erschien. Unentschlossen betrachtete ich mir die Banner, die kunstvollen Verzierungen der Wände und während er die Tür schloss, rieb ich meine Augen erneut, blinzelte und fand zu dem alten Kampf zurück. Doch die Schleier trübten die Umwelt, gehässig und erbittert verwehrten sie mir den deutlichen Blick auf die Dinge, die ich sehen wollte. Ich nahm seine Bewegung aus den Augenwinkeln wahr, seine Schritte, die sich mir gemach näherten, die Ruhe, mit der er auf mich wartete und die Sorgfalt, in der er sich meinem Tempo anschloss. Ziellos ging ich los, bedacht und mit der Aufmerksamkeit, zu der ich imstande war. Es war nicht viel und lange Zeit war der einzige Punkt, der mein Interesse an sich band, der Boden, der undeutlich und trist unter mir vorbeizog. Ich wusste nicht, was er zu tun gedachte... was er fühlte und welche Ansichten er nun vertrat. Und sein Schweigen bildete die völlige Blockade, die ich nicht durchdringen konnte. ~*~ ~*tbc*~ Kapitel 15: *~estel~* --------------------- *~~*~~*~~*~~*~~*~~*~~*~~* ~*estel*~ - Hoffnung *~~*~~*~~*~~*~~*~~*~~*~~* Zu diesem Kapitel gibt's wieder ein Bild in der Chara-Beschreibung. ^_~ Aragorn: Ich glaube, ich wüsste nicht, was ich getan hätte, wäre er meiner Bitte nicht gefolgt, obgleich es ihm unter keinen Umständen zu verübeln war, wenn er die Einsamkeit entgegen meiner Anwesenheit vorzog. Er war im Recht, egal was er tat. Allein seine Wünsche hatten Vorrang, denn nichts anderes wollte ich bezwecken, als dass er sich erholte... doch viel lieber noch, dass er Ablenkung und vielleicht etwas Besonnenheit durch Zweisamkeit wiedererlangte. Ich tat es nicht aus Dankbarkeit. All dies schuldete ich ihm aber dennoch war dies nicht der Grund, weshalb ich ihn in aller Höflichkeit und Offenheit bat, bei mir zu verweilen. Alles was ich begehrte, war eine Regung und eine Rückkehr zu seinem alten Ich, das verborgen hinter grauen Schleiern und kalter Grausamkeit lag. Alles was ich begehrte, war eine Reaktion... und vielleicht, nach ein wenig Kraftschöpfung und Entspannung, ein warmes Leuchten in seinen starren Augen. Unabhängig davon wie schwach es sein würde. Ja.... damit das Leben in ihn zurückkehrte... Ruhig sah ich zu, wie er sich emotionslos zu mir wandte und an mir vorbeizog, das Zimmer verließ. Vielleicht war es ihm unangenehm, wenn wir an den vielen geschäftigen Menschen vorübergingen und sie ihn mit verwunderten und gar furchtsamen Blicken straften... auch ich hatte dies getan und ich hoffte inständig, dass er mir dies verzieh. Keine Strafe wollte ich ihm damit auferlegen... er war noch immer dergleiche... noch immer ein helles Wesen, das unnahbar war und trotz alledem vertraut. Genau diese Züge mochte ich so innig, schmerzten sie mir doch gleichermaßen und ließen mich erschaudern vor Glück und Leid. Leise schloss ich die Tür und blickte zu dem Elben, sah, wie er sich die Augen rieb und legte den Kopf leicht zur Seite. Gemächlich trat ich dann auf ihn zu und wartete, ehe er sich selbst in Bewegung setzte und mir nur langsam folgte. Ich passte mich seinen Schritten an, gab es weder Grund, noch Gebot zu eilen und sich den Geschäften der Anderen anzuschließen. Wir hatten Zeit... und ich würde sie nutzen. Ich bemühte mich, einen schlendernden Eindruck zu machen, nicht zu viel meiner eigenen Schwäche preiszugeben, trotz der Schmerzen und dem Stechen in der Seite. Lächelnd durchschritt ich mit Legolas nahe an der Seite den langen Gang und blickte mich um. Banner, die den weißen Baum zeigten... einen Baum, der von Blüten übersäht, in voller Pracht seines weißen Lichtes stand und Hoffnung weckte. Doch der Kampf hatte sie in Mitleidenschaft gezogen... an vielen Stellen, an denen wir stumm vorbeizogen waren keine mehr vorhanden und andere so schnellst wie möglich erneuert worden. "Weißt du...", ich begann entspannt das Wort zu fassen, die Stille zwischen uns zu vernichten, um meinen Wünschen nachzugehen. Eine Regung... egal, welche, "... im zweiten Zeitalter war Minas Tirith unter dem Namen 'Minas Anor' die Hauptstadt des zweiten Sohnes des Hochkönigs Elendil. Sein Name war Anárion, der das nach ihm benannte Anórien regierte, den Westen Gondors." Erklärend hob ich gar den Zeigefinger und spürte eine leise Melancholie in meinem Herzen aufkeimen. Doch ich erstickte sie in diesem Keim, wusste ich doch, weshalb ich diese Geschichte zu erzählen begann. "Seine Bedeutung während des Zweiten Zeitalters wurde nicht wirklich klar widergegeben. Jedoch spielte es eine recht geringe Rolle in der Politik Gondors, da Anárion und sein älterer Bruder Isildur von Osgiliath aus, zusammen das Südreich regierten, welches bis zur Verwüstung Osgiliaths durch den Sippenstreit Tradition im Dritten Zeitalter blieb." Legende und Historie... Dinge, mit denen ich mich lange Zeit keinen Moment lang und doch in jedem Augenblick beschäftigt hatte. Ich wusste, was ich war, wer meine Vorväter waren und woher ich kam... und doch sprach ich munter weiter, nickte mir selbst zu und warf flüchtig einen Blick zu Legolas. Seine Regung blieb unverändert und viel lieber beschäftigte er sich mit dem Boden, als mit den Gemäuern um ihn herum. Bisweilen verstummte ich, doch ich setzte sogleich nach, als ich mir meiner kurzen Schweigsamkeit bewusst wurde. Ich gab nicht auf. "Nach dem Fall Minas Ithil's an Saurons Streitkräfte, floh Isildur zunächst nach Minas Anor. Von dort aus koordinierte Anárion die Verteidigung des westlichen Anduinufers und Osgiliaths. Anárion musste zwei Jahre ausharren, bis Verstärkung in Form des letzten Bündnisses eintraf, das sich zunächst am Amon Sûl gesammelt und dann den Weg über den Pass des Caradhras genommen hatte." Ich blickte erneut zu ihm, nickte nach rechts und führte den Elb eine breite Treppe hinauf, die zu dem zweiten Ring führte. Er tat einen Schritt nach dem Anderen... doch täte er dies nicht, hätte man ihn mit einer Statue verwechselt, voller Hingabe und Zuneigung gemeißelt und doch unbeachtet... und ich... ja, ich sprach weiter. "Dieser Weg war nötig, um bei Lórien mit den Armeen Thranduils und Galadriels zusammenzutreffen und dann am Ostufer entlang, nach Ithilien zu marschieren, dort, wo die Armee Saurons Truppen in den Rücken fiel." Nachdenklich sah ich dann auf und blickte über die Mauern zum Horizont. Zu den Sternen, welche sich nach dieser qualvollen Schlacht umso prunkvoller zeigten und die Stadt an ihre alte Schönheit erinnerte. Ich blieb stehen und seufzte leise. "So viel Geschichte und doch ist uns das Ende bekannt. Isildur schnitt dem Dunklen Herrscher den Ring vom Finger, die Dunkelheit verschwand." Wenn auch nicht für immer... jener Fluch... Ich formte die Lippen zu einem entspannten Lächeln, lachte leise und wandte den Blick von den Sternen ab, um meinen Weg fortzusetzen. "Im zweiten Jahr des dritten Zeitalters pflanzte Isildur einen Setzling des Nimloth, als Andenken an Anárion, der im Jahre Dreitausenddreihundertvierzig im zweiten Zeitalter bei der Belagerung Bara-dûrs fiel. Ein Hoffnungsträger, doch so vieles geschah noch. Aufstände, Krankheiten..." Nein, es genügte... mehr konnte ich nicht berichten, mehr wollte ich wohl auch nicht. Die Zeiten wurden in diesem Zeitalter nicht heller und ich bezweckte nicht, eine düstere Geschichte in sein Gedächtnis zu brennen. Der folgende Durchgang wurde schmaler und ich wurde langsamer, ließ Legolas vor mir herlaufen, um nicht den Menschen, die uns entgegenkamen, den Weg zu versperren. Ich beobachte die Gangart des Elben, schleppend und träge tat er einen Schritt nach dem Anderen und ich legte die Hand auf den Bauch, verstummte und holte tief Luft. Die Schmerzen wurden nicht geringer... Sobald wir den Gang passiert hatten, hob ich die Hand zu einer Seitenstraße und lächelte. "Vor langer Zeit waren diese Straßen überfüllt mit lachenden Kindern. Obwohl aus Minas Arnor Minas Tirith wurde, nachdem Minas Ithil übernommen und Orks die Länder Gondors unsicher machten, lebten noch so viele Menschen hier." Nun entwich mir ein leises Lachen... unpassend vielleicht, doch heiter. "Zu den Zeiten meiner Kindheit hauste dort ein Bauer und lagerte seine Bestände in diesem Haus." Ich wies auf ein leeres und von der Zeit gezeichnetes Gebäude. Bröckelnde Wände und heftige Risse machten es zu einem Gemäuer, das nie mehr bewohnbar sein würde. Ungeachtet blieb, ob es Legolas überhaupt kümmerte, wo ich hinzeigte, was ich berichtete. Ich sah ihn nicht an und hielt das Lächeln aufrecht. Trödelnd trat ich zu ihm vor, beugte mich zu seinem Ohr und flüsterte. Keinem Menschen hätte wohl gefallen, was ich nun grinsend von mir gab. "Eines Nachts schlich ich mich hinein und der Herr fluchte und wütete am darauffolgenden Morgen, wer nur seine Obsbestände verringert und sein Mehl gestohlen hatte." Eine heitere Erinnerung bahnte sich da ihren Weg in mein Gedächtnis und ich beschleunigte meinen Schritt und lief mit den Armen hinter dem Rücken an Legolas vorbei, wippte ein wenig auf den Ballen und hob das Gesicht. "Es war ein vorzügliches Frühstück." Mein Lachen wurde freier und ich drehte mich schwungvoller zu dem Elben zurück... und er verblieb still. Als wäre seine Seele woanders und hatte zu einem ironischem Trost seine leere Hülle bei mir gelassen. Ich fragte mich, was ihn wohl noch zur Reaktion antreiben könnte, wenn nicht Dinge, die in wenigen, glücklichen Zeiten Freude offenbarten...? Erreichte ihn denn gar nichts...? Eine stille Enttäuschung machte sich in mir breit und ich räusperte mich und sah mich noch einmal um. Die alte Bibliothek lenkte mein Augenmerk auf sich und der Rückstoß, den ich soeben erlitten hatte, verschwand hinter der neuen, alten Zuversicht. "Komm!" Abschätzend ging ich ein wenig vor, suchend und heiter, winkte Legolas zu mir und blieb schließlich vor einer Tür stehen. Das musste sie sein. Geduldig wartete ich, bis Legolas diese erreichte. Noch einmal hob ich den Zeigefinger und richtete ihn auf das Gebäude gegenüber der Tür. "Alte Bibliothek. Lektüre, Berichte, meist gefüllt von lernenden Burschen, bestrebten Weisen... und auch rauchenden Zauberern." Im Gegensatz zu meiner letzten Erzählung war dies eine oberfläche Erklärung zu einem wichtigen Gebäude in dieser Stadt. Denn, wenn ich den einen nicht durch wissenswerte Dinge wecken konnte, mussten es andere sein, die ihn aufmerksam werden ließen. Seien sie noch so nebensächlich. "Und hier...", ich legte die Hand an den Knauf und schob die Tür bedächtig auf, "... einer der Gründe, weswegen du hier bist." ~*~ Legolas: Zugegeben, all das waren keine Annehmlichkeiten für mich, sondern vielmehr etwas, zu dem ich mich zwang. Niemandes Schuld lastete auf mir, nichts drängte mich zu diesem Schritt und die Suche nach Gründen offenbarte mir von vornherein eine solche Hoffnungslosigkeit, dass ich mich erst gar nicht mit ihr befasste. In meinem Kopf pochte ein Gewirr aus undefinierbaren Arbeiten und ich stellte mich taub, um all dem zu entgehen. Nicht weniger wollte ich meine Augen davor schützen, weitere Bilder in sich aufzunehmen, umherbzublicken und sich an Eindrücken zu bereichern, die nur eine noch größere Belastung dargestellt hätten. So hielt ich den Kopf gesenkt, die Augen niedergeschlagen und ich zeigte mich verschlossen und abwesend, was ich wohl auch war. Aragorns Schweigen hingegen, fasste ich mit leisem Wohlwollen auf. Die Worte, die ausblieben, verhinderten, dass ich mich mit Zuständen befasste und mich aus meiner Verschlossenheit herausbewegte, um die Welt deutlich wahrzunehmen. Ich war nicht bereit dazu und noch weniger schien es in meinen jetzigen Fähigkeiten zu liegen, dies zu tun. Ich selbst konnte ihm jetzt mit demselben Schweigen begegnen und es fiel nicht auf. "Weißt du..." Aragorns Stimme, so leise und entspannt sie auch zu mir drang, ließ die Befürchtung in mir aufleben, dazu gedrängt zu werden, aufzugeben, was mir in diesen Augenblicken so wichtig war und was ich mit so viel Anstrengung auf den Beinen hielt. Ehrlich, es verlangte mir nicht danach, Worte zu wechseln... weder mit ihm, noch mit anderen. Und erneut wurde ich mir des Fehlers bewusst, ihm gefolgt zu sein. Sicher würde seine Sorge ihn dazu drängen, mich um Offenbarung meiner Gefühle zu bitten. Beharrlich würde er darauf bestehen, dass ich von dem Vergangenen berichtete, das so grausam gewesen war... ... welch eine Ironie, dass sein Streben sich auf das richtete, was ich unsicher und hadernd umging. Ich schluckte und versuchte Kraft für die nötige Gegenwehr zu sammeln. Es irritierte mich. Stets hatte er durch meine äußere Hülle auf das geblickt, was sich hinter ihr abspielte und nahezu absurd war der Gedanke, dass er meinen Eindrücken nun widersprach und übersah, was mir angenehm wäre. "... im Zweiten Zeitalter war Minas Tirith unter dem Namen Minas Anor die Hauptstadt des zweiten Sohns des Hochkönigs Elendil." Beinahe ließ sich mein Körper dazu verleiten stehenzubleiben. Nieder und kraftlos wirkte meine vorherige Irritation gegenüber dieser, die erschreckend über mich kam und mich in meinem Inneren zerwühlte. Keinerlei Zusammenhänge fanden Existenz in seinen Worten. Als wären wir aus einer völlig anderen Lage in diese getreten, als würde er durch diese Erklärung Fragen beantworten. Doch Fragen waren nie gestellt worden...? Ich öffnete leicht den Mund, konzentrierte mich jedoch eher darauf, dem Ärmel Halt zu geben, indem ich mich noch immer in ihn klammerte. Er war von solch einer Wichtigkeit, dass alles andere zu einer Belanglosigkeit wurde. So lenkte ich meine doch eher geringe Aufmerksamkeit auf das Verbergen meiner Schande und nur undeutlich erreichten mich seine nächsten Worte, während meine Augen noch immer den Boden abtasten, sich nicht weniger vor der Realität flüchteten, wie ich es gern täte. "Sein Name war Anárion, der das nach ihm benannte Anórien regierte, den Westen Gondors." Ich weiß nicht, ob mich irgendeine Begebenheit wacher werden ließ, doch erhob sich in meinem Arm ein langanhaltender brennender Schmerz, der spürbar auf meiner Haut lastete und mich meiner letzten Sinne beraubte. Ich verfolgte das kurze Aufbäumen des Schmerzes und die darauffolgende Linderung, die mir ebenso wenig Befriedigung verschaffte, wie die jetzige Situation. Erneut verfing ich mich in einem stummen, unauffälligen Kampf und dass mein Blick stur und unbeugsam auf dem Boden haftete, verblasste zu einer Nebensächligkeit. "Seine Bedeutung während des Zweiten Zeitalters wurde nicht wirklich klar widergegeben. Jedoch spielte es eine recht geringe Rolle in der Politik Gondors, da Anárion und sein älterer..." Sprach er noch immer? Nur flüchtige und unverständliche Wortfetzen drangen zu mir und kurz bewerkstelligte ich es, mich mit seinem Verhalten zu beschäftigen und die Schmerzen meines Armes, die nur einen geringen Teil des Kampfes darstellten, zu minderen Eindrücken zu degradieren. Gerne entließ ich die Sorge, bezugnehmenden Fragen widerstehen zu müssen, aus meiner Obhut. Doch war diese Erleichterung von geringerer Wichtigkeit, denn zurück blieb eine nicht mindere Herausforderung, die mich ganz in ihren mächtigen Bann zog, ohne dass ich mich zu wehren versuchte. Ich musste ihm nicht zuhören... belanglose Dinge waren es, von denen er sprach und beiweitem keine Neuigkeiten. Viel hatte ich erlebt, was ihm nur durch Erzählungen nahe gekommen war. Und er musste es wissen. Er musste es wissen, so wie er um die Ewigkeit wusste, deren wir Elben Zeugen wurden. Die hinter und gleichermaßen vor uns lag und uns mit Erfahrungen bereicherte, denen die Menschen nimmer habhaft werden konnten. Die lange Reihe seiner Vorväter hatte ich überlebt, viele Vorfahren und Nachkommen seines königlichen Blutes und doch war er es, der mir von allen am nähesten stand. "Nach dem Fall Minas Ithils an Saurons Streitkräfte, floh Isildur zunächst..." Wie sehr widersprach er doch seinem Wissen mit seinen Worten, die er entspannt und aus einer Selbstverständlichkeit heraus, an mich richtete, als würde er mich lehren, was die Vergangenheit beinhaltete. Wie sehr musste er sich dieser Sinnlosigkeit bewusst sein und wie sehr musste ihm dagegen entgehen, wie sinnlos diese Momente an uns vorbeistrichen... Er war doch stets der Aufmerksame, der Durchschauende, der Wissende... und nun zweifelte ich an seiner Wahrnehmung. Er versuchte nichts damit zu bezwecken, er tat es einfach und ich es desinteressiert ab. Mechanisch und versunken in jener alten Absenz folgte ich ihm und schritt eine Treppe hinauf, nicht darauf aus, unser Ziel zu erfahren oder gar einen Blick darauf zu werfen. Dennoch war ich mir meines baldigen Standpunktes bewusst und über unseren Köpfen neigte sich schwer die düstre Nacht, die dieselbe Dunkelheit offenbarte, wie die Träume, mit denen wir lange gefochten hatten. Kein Licht... keine Veränderung. Finster war es und finster würde es noch lange bleiben... "Dieser Weg war nötig, um bei Lórien mit den Armeen Thranduils und Galadriels zusammenzutreffen und dann... " Ich erwischte meine Augen bei einer kurzen Regung. Doch fehlte es auch dieser an Interesse und trübe blickte ich zu der steinernen Mauer, die sich neben mir erhob und sich nicht viel deutlicher präsentierte, als alles andere. Noch weitere Worte kamen über Aragorns Lippen und vorsichtig löste ich den klammernden Griff um meinen Ärmel, um mich kurz darauf dazu gezwungen zu sehen, ihn wieder aufzunehmen. So brach eine kurze Stille über uns herein und ein leises Seufzen ließ sie feinfühlig enden. "So viel Geschichte und doch ist uns das Ende bekannt", fuhr er leise fort, als schwelge er selbst in Erinnerungen und Eindrücken, als sei er selbst so in seine Erzählung vertieft, die doch so sinnlos in jeder Einzelheit war. Ich starrte auf das Gestein, vertiefte mich in die dunklen Strukturen. "Isildur schnitt dem Dunklen Herrscher den Ring vom Finger, die Dunkelheit verschwand." Wahrlich... so war es gewesen und jeder wusste es. Trotz seiner Worte, die auf jene grausame Zeit hinwiesen, vernahm ich ein leises Lachen. Sein Lachen, ganz ohne Zweifel... und nur flüchtig nahm ich es wahr, als ich die Sterne in ihrer Seltenheit mit Nichtbeachtung strafte, die Stille der Nacht überhörte und meine Aufmerksamkeit an keinem einzigen Geräusch verschwendete. Ergeben setzte sich mein Körper in Bewegung, als er erneut zu schlendern begann und seinen Spaziergang fortführte. Ich schritt in übertriebener Distanz zu ihm und nichts von alledem wollte mich berühren. "Im Zweiten Jahr des Dritten Zeitalters pflanzte Isildur einen Setzling des Nimloth als Andenken an an Anárion, der im Jahre..." Zugegeben, seine Erzählungen waren belastend. Noch belastender wären sie gewesen, würden sie sich um andere Dinge drehen und mich zum Zuhören zwingen, gar dazu, selbst zu sprechen. All das war mir dennoch zu viel und ich verfluchte meinen Mund, dass er sich nicht öffnete, um es enden zu lassen. Ich verfluchte meinen Körper, dass er nicht einmal mit Regungslosigkeit einen Widerstand offenbarte und ich verfluchte auch meine Beine, dass sie ihm auf Schritt und Tritt folgten und mich boshaft dem aussetzten, was mir missfiel. Ich war ein Gefangener in einer Hülle, die durch Leid und Angst erstarrt zu schein schien und sich mit Verbitterung allem erwehrte, das durch sie nach außen dringen wollte. Und wenn es auch nur ein Widerspruch war... "... doch so vieles geschah noch. Aufstände, Krankheiten..." Und daraufhin verstummte er. Zurück blieben unsere stillen Schritte und die Dunkelheit der Nacht. Ich weiß nicht, ob mir dies angenehmer war, doch stellte sich diese Frage nicht einmal... ihre Antwort entlockte mir keine Neugierde und ich nahm es, wie es kam, ging meinen bisherigen Tätigkeiten nach und tat also nichts. Den Blick noch immer auf den Boden gerichtet, schritt ich weiter, spürte zu allem Überfluss nun auch noch die zunehmende Trägheit meiner Glieder und die Lustlosigkeit der Beine, mit der sie sich in Bewegung hielten. Er fiel um ein Stück zurück, ging hinter mir und deutlich vernahm ich seine Schritten, als wir scheinbar einen Durchgang passierten. Menschen kamen uns entgegen. Nicht viele waren es und doch ging ich einjedem widerwillig aus dem Weg, sah mich dazu gezwungen, meine Konzentration auf sie zu richten und mich somit nur noch weiter zu entkräften. Alsbald traten wir auf eine Straße hinaus und Aragorn schlenderte wieder neben mir. Seine kurze Schweigsamkeit war mir durchaus aufgefallen. Undeutlich und in einem unwichtigen Licht erstrahlend, doch hatte sie kurz eingesetzt und noch immer hielt ich mich von der Suche nach seinen ehrlichen Beweggründen fern. Dieser Spaziergang allein, verlangte mir schon genug ab. Ich nahm eine flüchtige Bewegung neben mir war und studierte die Anordnung der geschliffenen Steine zu meinen Füßen. "Vor langer Zeit waren diese Straßen überfüllt mir lachenden Kindern. Obwohl aus Minas Arnor, Minas Tirith wurde, nachdem Minas Ithil übernommen und Orks die Länder Gondors unsicher machten, lebten noch so viele Menschen hier." Wie schön, dass er in herrlichen Erinnerungen schwelgte... Tief zog ich die kühle Luft in meine Lunge, meine Schultern hoben und senkten sich, als ich sie lautlos in die Freiheit entließ und kein Interesse brachte mich dazu, hellhörig zu werden, als er erneut die Hand zu heben schien und auf etwas wies. Mein Blick folgte ihr nicht. "Zu den Zeiten meiner Kindheit hauste dort ein Bauer und lagerte seine Bestände in diesem Haus." Ich schluckte und meine Lippen fühlten sich trocken an. Es verlangte mir danach, die Geborgenheit zu ersuchen, fern zu bleiben von all dieser Öffentlichkeit und von Spaziergängen, derer einziger Zweck darin lag, mir die Kraft zu rauben. Stetig umspielten uns die sanften Züge der Luft. Sie brachten keine sonderliche Kälte mit sich und dennoch herrschte stetiges Frösteln in meinem Leib. Ich zupfte an dem Ärmel und ein Hauch anderer Natur erfasste mich. Er war warm und drang zielstrebig an mein Ohr. "Eines Nachts schlich ich mich hinein und der Herr fluchte und wütete am darauffolgenden Morgen, wer nur seine Obstbestände verringert und sein Mehl gestohlen hatte." Ich blinzelte in der nächtlichen Frische, bearbeitete den Ärmel abwesend mit den Fingernägeln und wurde auf die Kontraste des Gestein aufmerksam. Sie nahmen unauffällige Veränderungen an. Und Aragorn war noch immer an meiner Seite. Was hatte er gesagt? Eine Bewegung zog an mir vorbei, er schritt schneller und mein Blick blieb an einem Stein haften, der sich auf der ebenmäßigen Straße auffällig hervorhob. "Es war ein vorzügliches Frühstück." Mm... ja... der Stein war wahrlich fehl am Platz und ich akzeptierte seine Anwesenheit dennoch und konzentrierte mich auf den nun wieder ebenen Weg. Erneutes Schweigen brach über ihn herein und kurz meinte ich, sein Blick würde mich treffen. Doch war ich mir dessen nicht sicher und wenn man es recht bedachte, war auch diese scheinbare Tatsache nur ein Teil der umfassenden Belanglosigkeiten. "Komm!" Eine merkwürdige Entschlossenheit offenbarte sich in seiner Stimme, doch war sie nur eine unter vielen und ebenso versprach sie nicht viel mehr. Ich war nicht offen für eine Veränderung meines Zustandes, alles in mir blieb unbeugsam und hart und widersprach meinen eigenen Bedürfnissen. Er ging voran und wie ein untertäniger Diener folgte ich ihm. Nicht weniger lustlos und interessiert, als jemand, der fest in Diensten stand, die ihm missfielen. Ich ließ mir Zeit, ging träge und schleppend und befasste mich noch immer mit dem Boden. Seine Betrachtung brachte mir nichts und dennoch hielt mich sein Anblick im Bann. Ich erreichte ihn. "Alte Bibliothek. Lektüre, Berichte, meist gefüllt von lernenden Burschen, bestrebten Weisen... und auch rauchenden Zauberern." Nun machten seine eiligen Worte auf eine gewisse Hast aufmerksam und beinahe gleichsam öffnete sich die Tür, zu der wir gelangt waren. "Und hier", sagte er, "einer der Gründe, weswegen du hier bist." Ich bewegte die Lippen aufeinander, zog an ihm vorbei und durchschritt den Türrahmen, wie er es wohl von mir erwartete. Von da an spürte ich eine gewisse Wärme, die in dem Raum zu herrschen schien. Nur undeutlich legte sie sich auf mich und es fehlte ihr an jeglicher Kraft, das Frösteln aus meinem Leib zu verbannen. Ein leises Geräusch ertönte, als sich die Tür hinter mir schloss ich fand einen angenehmen Unterschied zur Gestaltung des anderen Bodens. Dieser war glatt und hell, gar an manchen Stellen verziert und sicher bot mir seine Betrachtung eine gewisse Abwechslung, bei dem, was mir Aragorn zeigen, geschweigedenn, sagen wollte. "Aragorn, Legolas!" Unerwartet erhob sich eine Stimme, die mir bekannt vorkam und mechanisch blickte ich auf, als ich meinen Namen hörte. Das erste mal seit langem löste ich den Blick vom Boden und zuerst noch recht unbeteiligt und abgegrenzt erblickte ich Gestalten im gräulichen Nebel. Vier waren es an der Zahl und alle verharrten reglos, als ich sie mir abwesend betrachtete. Beim besten Willen fiel mir nicht ein, wer mich gerufen haben könnte und rasch näherte sich mir eine der Gestalten, bis ich die Strukturen wahrnehmen und sie erkennen konnte. Pippin war es, der vor mir stand und ich starrte ihn an, als müsse ich nach Erinnerungen suchen, die ihn mit mir verbanden, die mir unsere Bekanntschaft bewiesen, derer ich mir annähernd sicher war. Zu sehr befasste ich mich mit jener Suche und sein Zögern entging mir vollkommen. Als läge dazwischen keine Pause, fuhr er fort. "Was für eine Freude, euch wiederzusehen! Die Grausamkeit des Krieges zerstörte jegliche Hoffnung und doch finden wir wieder zueinander." Ein Lachen folgte. So unpassend und verwirrend war es in meinen Augen und ich wusste nichts dergleichen zu erwidern. Schweigend wandte ich den Blick ab, sah hinüber zu den anderen und regte mich nicht, obgleich mir geringere Nähe eine bessere Sicht gewährt hätte. Ich blinzelte, hob träge die Hand und rieb meine Augen, worauf der Nebel kurz an Dichte zu verlieren schien und ich erspähte auch Gandalf, der entspannt auf einem Schemel Platz genommen hatte, zurückgelehnt auf ihm saß und ruhig an seiner Pfeife zog. Unsere Blicke trafen sich und gleichsam war er es, mit dem ich offene Erinnerungen verband. Seine Stimme, die ich erst vor kurzem wahrgenommen hatte, inmitten des grausamen Kampfes, der kein Ende nehmen wollte. Ich hatte seine Anwesenheit gespürt und dennoch entsann ich mich nur verblasst und verworren an den Moment, in dem all dies geschehen sein musste. Er schien mich zu studieren und neben mir ertönten wieder die heiteren und schnellen Worte des Hobbits, die mir restlos entgingen und nur leise zu mir drangen, als würde sich seine Stimme nur flüsternd erheben und sich mit dem Rauschen eines aufgewühlten Gewässers vermischen. Lange hielt ich mich bei Gandalf auf, wurde dann auf den Hobbit aufmerksam, der aufrecht in einem Bett saß und einen Becher in den Händen hielt. Pippin schwatzte noch immer, schien sich noch immer an mich zu wenden und ein Lächeln verlieh Merrys Lippen Ausdruck, nachdem sie sich lautlos und zaudernd geöffnet hatten. "Sie sich das einer an!" Beinahe ließ mich das annähernde Brüllen zusammenzucken und mit einem Schlag drang die rauhe Stimme bis tief in mein Inneres. Ich schnappte nach Luft, blinzelte irritiert und meine Augen schweiften zur Seite. Schneller und zielstrebiger als zuvor. In dumpfen Schritten näherte sich mir ein weiterer der Gefährten und beinahe entsetzte mich, dass ich sofort und genau wusste, wer es war. Meine Lippen bewegten sich stumm und unentschlossen und er erreichte mich. Ohne jegliche Zurückhaltung berührte eine Hand plumb meinen linken Arm und ein schallendes Lachen ertönte. "Was sind wir nur für eine Gruppe! Widerstehen allem, überleben einen jeden Krieg! Wir sind wahre Kämpfer, mein Freund! Harrharr!" Ich befeuchtete meine Lippen kurz mit der Zunge, löste den Blick von ihm und ließ ihn suchend umherschweifen. Und endlich schien Pippin verstummt zu sein. "Legolas, Aragorn!", fuhr der Zwerg feierlich fort und streckte die kurzen Arme von sich. "Ich befürchte beinahe, wir werden noch viel überleben und dem Feind die größte Plage sein! Gut so!" Ich nahm ein leichtes Kitzeln wahr und ohne zu zögern hob ich die Hand, tastete nach oben und fühlte eine Strähne, die provokant meine Wange neckte, als wolle sie mich wachrütteln. Beiläufig strich ich sie hinter das Ohr und unerklärlich war mir das Ziel, das meine Augen zu suchen schienen. Als wäre ein Teil der Reglosigkeit von ihnen gefallen, blickten sie um sich und kurz verstummte der Zwerg in seiner wohl verfrühten Siegesrede. "Uns alle hat es scheinbar getroffen", murmelte er und ich wurde mir der erneuten Musterung bewusst, der man mich unterzog. "Der Halbling schlug sich wacker und liegt nun darnieder, was man von unserem Herrn Aragorn allerdings nicht behaupten kann. Nun, er besitzt wohl die Größe, sich der Menschen zu erwehren und entgegen ihrer Befehle zu handeln." Ich vernahm ein leises Glucksen aus der Richtung des Bettes und der Zwerg räusperte sich leise. "Und du stehst recht sicher auf den Beinen, doch sieht man auch dir Strapazen an. Unbekannte Strapazen... was ist mit deinen Augen passiert?" Meine Augen...? Ein unsicheres Schweigen brach aus und nun schien es intensiver auf mich einzuwirken, als die Stille, die auf Aragorn und mir gelastet hatte. Ich fühlte die Beklemmung und wahrlich fand ich mich auch dadurch irritiert. Es war mit durchaus bewusst, dass mit meinen Augen etwas nicht stimmte, doch... Ich wandte mich um, wollte mich zu Aragorn drehen und hielt in meinem Vorhaben inne, als sich Gandalfs Stimme erhob. "So trübe die Wiedersehensfreude doch nicht gleich mit belastenden Fragen", meinte er mit seiner ruhigen und entspannten Art und klemmte sich die Pfeife zwischen die Lippen. "Wir alle benötigen Ruhe." Er nickte in die Runde und seine Worte schienen einen unbekannten und gar versteckten Hintergrund zu enthalten. So kehrte ich Aragorn wieder den Rücken und ertappte die Hand dabei, wie sie erneut meine Augen rieb. ~*~ Aragorn: Immer mehr wurde ich bestärkt in der Annahme, dass ich zu leichtfertig war. Ich fragte mich, ob es Sinn machte, den Elb durch Minas Tirith zu führen, obgleich er nur auf den Boden starrte und so weit weg mit den Sinnen war, dass ich gar schweigen könnte, ohne dass er dieses Schweigen bemerkte. Doch ich wehrte mich dagegen, dies zu glauben und jene Sache zu unterbrechen. Und wenn er missfallende Worte an mich richtete, selbst wenn ich seinen Zorn auf mich lenkte, wusste ich doch, dass er wieder zu mir zurückkehrte. Ganz gleich wie und mit welchen Gestiken und Mimiken. All seinen Hass würde ich auf mich nehmen, wenn er nur wieder bei mir wäre. Stumm trat ich hinter ihm in den Raum und lächelte fortan all die Gefährten an, die ich in genau diesem Raum erwartet hatte. Gandalf, Merry, Pippin und auch Gimli... versammelt und beisammen und ich wünschte mir, dass Legolas diese Nähe erkannte und der Wärme folgte. "Aragorn, Legolas!" Pippin trat eilig auf uns zu und ich nickte grüßend. Mir selbst war es eine unbeschreibliche Freude, sie wiederzusehen. Merry, der im Bett saß, Gimli strotzend vor Energie, so wie man ihn kannte und Gandalf. Ich sah ihn lange an und er erwiderte meinen Blick mit einem geruhsamen Lächeln. Ohne Umschweife erwiderte ich es und neigte leicht das Haupt. Éowyn berichtete es und obwohl meine Aufmerksamkeit zu dieser Zeit sofort auf Legolas gerichtet war, hatte ich die Worte deutlich vernommen. Gandalf war bei ihm gewesen und ich war mir sicher, dass er es war, der diesem Wesen wieder Kraft gegeben hatte. Hier war er nun, wenn auch nur sein Leib. Nachdem ich allen zugenickt hatte, verstärkte sich mein Augenmerk erneut auf Legolas, der vor mir stand und seine Gefährten scheinbar regungslos ansah. Fühlte er denn gar nichts? Ich sog die Luft tief in die Lunge und stieß sie in einem lautlosen Seufzen wieder aus. Ganz gleich, welches Lachen nun den Raum erfüllte, durch Freude und Herzlichkeit, so benötigte ich wahrhaftig nur einen Blick auf den Elben zu werfen, um zur Ernüchterung zurückzufinden. War dies alles, was ich vollbringen konnte? "Sie sich das einer an!" Schwer und bebend durchdrang die Stimme des Zwergen meine Grübelei und ich blickte auf, hob die Brauen und fand zu meinem Grinsen zurück. Doch zugleich, wie ich diese Bewegung tat, bemerkte ich auch die Regung in Legolas' Körper. Ich spürte regelrecht, wie er zu Gimli blickte, reaktionsfähig und aufmerksam. Meine Hände ballten sich bestärkt in meinem Vorhaben zu lockeren Fäusten und ich behielt meine Beobachtung bei. Gimli ging auf Legolas zu und ich verblieb abwartend. "Was sind wir nur für eine Gruppe! Widerstehen allem, überleben einen jeden Krieg! Wir sind wahre Kämpfer, mein Freund! Harrharr!" Der Zwerg schlug ohne Zurückhaltung gegen den linken Arm des Blonden und ich schnalzte leise mit der Zunge und verschränkte die Arme vor dem Bauch. Da sah man die Kraft der Zwerge! Sie würden Tote wecken können, wenn sie es nur versuchten! "Legolas, Aragorn! Ich befürchte beinahe, wir werden noch viel überleben und dem Feind die größte Plage sein! Gut so!" Mein Grinsen wurde breiter und ich hob die Hand zum Kinn, konnte es nicht einmal unterbinden, leise zu lachen. Was für eine unverhoffte Hilfe war mir dieser Zwerg und welchen Dank schuldete ich ihm nur für seine unverfälschte Art! Ich fühlte es nahezu, wie das Blut des Elben zu seiner bekannten Wärme zurückkehrte, wie es dessen Glieder zu Bewegungen antrieb. Eine unbedeutende Bewegung, in der er sich eine Strähne aus dem Blickfeld strich und wie sein Blick umherwanderte. Mein Vorhaben war nicht vergebens, gleichgültig, wer Legolas wachrüttelte. Wichtig war nur, dass es einer vollbrachte. "Uns alle hat es scheinbar getroffen. Der Halbling schlug sich wacker und liegt nun darnieder..." Ich richtete meine Augen auf Merry, der noch immer dasaß und ich sah dieses muntere Lächeln auf seinen Lippen. Wie es mein Herz erleichterte. Gimli sprach Rechtes. "... was man von unserem Herrn Aragorn allerdings nicht behaupten kann." Zumeist nur, stellte ich fest. Etwas irritiert sah ich den Zwergenherr an und das kecke Grinsen in seinem Gesicht sprach Bände. "Nun, er besitzt wohl die Größe, sich der Menschen zu erwehren und entgegen ihrer Befehle zu handeln." Meine Brauen hoben sich abschätzend und dennoch verblieb ich still. Was sollte ich dazu sagen? Eine Rechtfertigung war nicht nötig und einzig und allein ein spielerisch mahnender Blick sollte Gimli Strafe genug sein. Doch dann ertönte diese Glucksen, das mir die Haltung nahm und überrumpelt stellte ich fest, dass Merry an dieser Äußerung Schadenfreude empfand. Ich schüttelt den Kopf und war nah davor, zu dem Hobbit zu gehen und ihm dreist und voller Freude durch den Schopf zu fahren, auf dass er wegen seiner zerstruppelten Haare klagte. Einen Schritt tat ich bereits, doch dann hielt ich erschrocken inne, als der Zwerg erneut das Wort erhob. "Und du stehst recht sicher auf den Beinen, doch sieht man auch dir Strapazen an. Unbekannte Strapazen... was ist mit deinen Augen passiert?" Sogleich spürte man das Aufsteigen einer beklemmenden Atmosphäre, die alle in ihre Schweigsamkeit zurückdrängte. Der Neugierde der Zwerge sollte man Einhalt gebieten, weitaus eher, als er zu Wort kommen konnte. Hatte seine lockernde Weise die Absenz des Elben einen kleinen Schritt zurückgedrängt, war die Perplexität hervorgetreten und machte sich bereit. Und mir wuchs die Nervosität. Nicht zuletzt, weil mir die Worte fehlten und zu Beginn, als ich die erneute Bewegung bei Legolas erkannte. War er im Begriff, sich an mich zu wenden, mir einen fragenden Blick aufzulasten, zu dem ich noch keine Antwort wusste? Ich schluckte schwer und wartete. Aber ich stellte erneut fest, dass es zu keiner heiklen Situation kommen konnte, wenn der weiße Zauberer im selben Zimmer war. "So trübe die Wiedersehensfreude doch nicht gleich mit belastenden Fragen. Wir alle benötigen Ruhe." Erleichtert darüber, dass Legolas sein Vorhaben nicht fortführte, schluckte ich schwer und räusperte mich schließlich leise. "Wohl wahr", erwiderte ich nach kurzer Stille, lächelte wieder und ging an Legolas vorbei, direkt zu Merry. Ihn selbst begutachtete ich noch einmal intensiv, sah zu, wie er Pippin zulächelte und ganz ohne Worte diese Schadenfreude vermittelte. Ich verzog den Mund, nahm dem Hobbit dann den Becher aus der Hand. "Also schlaf noch ein wenig, Merry." Er sah dem Becher beinahe empört nach und ich erwiderte dies mit einem schadenfreudigen Lächeln. "Dies spricht der rechte Mann!" Gimli stemmte trotzig die Hände in die Hüften und sah mich abmessend an. Unüberhörbar war diese Ironie, die er in seine Worte legte und doch läuteten sie wieder eine angenehmere und amüsantere Situation ein, der ich entspannt engegensah. Ich nickte und kehrte zur Tür zurück, nachdem ich Gimli in aller Stärke auf den Rücken klopfte. "Auch ich werde dies tun, Herr Zwerg." Eine Braue hielt ich erhoben, abschätzend erwiderte ich den Blick Gimlis und öffnete die Tür, ehe ich einen Schritt zur Seite tat. "Begleite mich noch ein Stück, Legolas." Bevor man mich zurück zur Ruhe drängte und Legolas gar mit wirren Fragen den Kopf vernebelte, zog ich es vor, die Gefährten bisweilen wieder zu verlassen und ich bemerkte ein wissendes Lächeln auf Gandalfs Gesicht. Still und doch ohne Zögern wandte sich Legolas zu mir, trat langsam zur Tür und verließ das Zimmer, ohne sich noch einmal umzudrehen. Ich sah ihm nur stumm nach, ehe ich den Blick erneut auf die Gefährten lenkte. "Meinst du, du findest dein Zimmer und in diesem auch zu deinem Bett, Aragorn?!" Gimli verschränkte die Arme vor der Brust und tippte ungläubig mit dem Fuß auf den Boden. Mein Lächeln wurde intensiver und ich nickte erneut. "Natürlich." Seine Haltung gewann an Entspannung und er erwiderte das Nicken gewissenhaft und gläubig. Und ich trat ebenfalls aus dem Zimmer und zog die Tür mit mir. "Später", führte ich meine Antwort zuende und ehe ich die Tür schloss, ertönte ein mürrisches Knurren und mein Name in fahrigem Erzürnen. Belächelnd schüttelte ich den Kopf und wandte mich wieder an Legolas, den ich mit einem weiteren Nicken bat, mir zu folgen. So ging es also weiter und durch diese kurze Begegnung mit den Gefährten und treuen Seelen, fühlte ich mich tatenkräftiger, meiner Aufgabe weiter nachzugehen. "So." Ich verschaffte mir einen Überblick und erspähte einige Fuß entfernt, den nächsten Aufgang zum dritten Ring. Ich tat einen Schritt, doch verebbten einen Augenblick die Bewegung, die ich jedoch sofort fortführte. Ich lief etwas vor Legolas, so dass es wohl nicht auffiel, wenn ich kurzweilen ein Auge zusammenkniff und die Luft anhielt, um das aufkommende Stechen in der Seite zu unterbinden. Wie unpassend das alles doch war! Flüchtig rieb ich mir die Seite, ehe ich meine Bewegungen verlangsamte, um meinen Körper nicht zu überfordern. Vieles wollte ich dem Elben noch zeigen und eine besondere Sache umso mehr. Doch bis dahin würden noch ein paar Stunden vergehen und diese Zeit musste mein Leib noch ausharren. Nach kurzer Zeit schon, fand mein Körper zur gewohnten Haltung zurück und ich konzentrierte mich wieder auf meinen Monolog. "Wenn wir diese Seitenstraße passieren, dann erreichen wir den dritten Ring." Grübelnd runzelte ich die Stirn und bog in die Straße ein, die hinaufführte. "Wie du weißt, liegt das große Stadttor genau unterhalb des Felskeils im ersten Mauerring. Die weiteren Stadttore befinden sich abwechselnd rechts und links des Felskeils, was zur Folge hat, dass man den Berg im zickzack erklimmt." Die Bewegung führte ich mit den Fingern nach und streckte danach den Arm, ehe ich seufzte. "Das heißt, der Bergsattel steigt nur bis zum fünften Ring hinauf und beherbergt dort die Grüfte. Auf der sechsten Ebene liegt Fen Hollen, der verschlossene Eingang zu den Grüften und den Häusern der Heilung." Eine ältere Frau kam uns entgegen und sie schaute auf, als sie meine Stimme hörte. Mich allerdings, nahm sie nicht so sehr wahr, wie den Elben, dessen Augen sie wohl Dank ihres kleinen Wuchses gut sah. Ihre Mimik zeigte Verblüffung, durchtränkt mit Furcht. "Guten Abend." Ich hob die Hand und lächelte schwach, damit sie schleunigst ihren Blick von ihm abließ. Sie sah mich an und zeigte offenes Misstrauen, erwiderte es aber dennoch murrend und verschwand rasch in ihrem Haus. Dann schwieg ich eine Weile, versuchte wieder zu meinem bewährten Text zurückzufinden, hielt dann aber abrupt inne. So in Gedanken versunken, war mir heimtückisch eine Säule in der Dunkelheit erschienen, die mich fast selbst zum Anhalten gezwungen hatte. "Dies..." Voller Verwunderung, jedoch in leise Skepsis verwickelt, trat ich um die Säule herum und blieb Kinn reibend neben ihr stehen. "Ja, dies weckt Erinnerungen." Murmelte ich leise und sah Legolas direkt an. "Oft bin ich diese Straße hinaufgerannt, meist vor jenem Bauer davon und jedes Mal...", ich biss mir auf die Unterlippe und lugte abwägend zur Säule, "... machte meine Stirn mit ihr Bekanntschaft." Skeptisch verharrte mein Blick auf ihr und auch wenn diese Erinnerung nicht von Herrlichkeit geprägt war, huschte das Lächeln erneut über meine Lippen, ehe ich mich abwandte. "Weiter." So schritt ich die Straße entlang, bedacht, dass Legolas mir folgen konnte. Mir war unklar, ob er dieses Mal meinen Worten lauschte, doch ich besann mich darauf, diesen Monolog fortzuführen, bis er einmal das Wort ergiffen hatte. Erklärend gab ich zu wenigen Mauern noch wenige Worte, passierte dann einen weiteren Durchgang und bestieg eine weitere Treppe zum nächsten Ring. "Die siebente Ebene erreicht man schließlich über einen beleuchteten Gang." Der einzige, der vollbeleuchtet und von Wachposten gehalten wurde. Erschöpft sahen sie aus, doch standhaft. Und ohne ein Wort an uns zu richten, ließen sie uns weiterziehen und der letzten Ebene entgegengehen. "Ein weiterer Aspekt, mein Freund...", hauchte ich leise und ich spürte die eigene Ehrfurcht, die mich packte, als wir das Ende des Ganges erreichten und die letzte Treppe zum höchsten Rang emporstiegen, "... weshalb ich dich durch Minas Tirith, die Stadt der Könige, führe." Ungewollt wurden meine Schritte langsamer, doch ich stieg hinauf und der kühle Wind verwehte mein Haar, auf dass ich es schnell aus meinem Blickfeld strich. "Auf dieser letzten Ebene stehen der Weiße Baum und der Weiße Turm, der den Thronsaal beherbergt." Eine weite Fläche offenbarte sich vor uns und ich öffnete den Mund ein weiteres Mal, jedoch ohne einen Ton von mir zu geben. Leer und doch anmutig füllten weiße Marmorplatten den Boden und ich überquerte sie gespannt und mit wild schlagendem Herzen. Trotz der Finsternis leuchtete der grüne Rasen durch die Fackeln der umstehenden Wachen und in der Mitte befand sich jener Baum, der eine Geschichte zur wahren Vergangenheit machte. "Der Weiße Baum Minas Tirith'." Erfürchtig hauchte ich diese Worte, trat über die Platten bis vor den Rasen und sah mit aller Hingabe zu dem Baum, der von Fremden wohl als tot bezeichnet wurde. Ich spannte meine Haltung, sog die Luft ein und schloss verinnerlichend für diesen Moment die Augen, ehe ich aufblickte. "Durch das Gedenken, das Isildur seinen Bruder widmete, wurde dies der einzige, weiße Baum östlich des großen Meeres." Ich trat um ihn herum, wollte ihn von allen Seiten anschauen, obgleich meine Sicht eingeschränkt durch diese Dunkelheit war. Am Tage würde ich es nicht wagen, hinaufzukommen, um ihn zu sehen. "Es heißt, dass sein Samen noch von Telperion, dem silbernen Baum aus ältester Zeit, stamme. Solange es Könige in Minas Tirith gab, gedieh auch der Weiße Baum... Könige vor langer Zeit und vergangenem Frieden." Erst hob ich die Hände, zaghaft um der Wagemütigkeit nachzugeben und ein einziges Mal einen Ast zu berühren... doch ich ließ sie wieder sinken, ehe mein Gemüt der Ehrfurcht entsagte und zur Ernsthaftigkeit zurückkehrte. "Doch die Könige starben aus und der Baum verdorrte." ~*~ Legolas: Kein Schatten legte sich über jenes freudige Wiedersehen und doch hangen all meine Fragen noch lange an ihrer Existenz und wurden mächtiger durch ihr Unwissen. Die Stimmen rissen mich aus einem Gedanken in den nächsten und schnell wurde die Aufmerksamkeit auf andere gelenkt. Gespräche erhoben sich und ich wohnte all dem weiterhin schweigend bei. Nur undeutlich lebte die Verwunderung in mir auf, nicht viel stärker war auch die Begierde, zu wissen, was Gimli so auffälliges an mir erblickt hatte. Es fiel mir schwer, zu geordnetem Sinnieren zu finden und so gab ich meine Konzentration her und richtete sie auf das Hier und Jetzt. Die Vergangenheit lag hinter uns, die Zukunft würde noch kommen und nun stand ich hier. Lange hatte ich den Blick auf Gandalf ruhen gelassen. Ohne mir dessen bewusst zu sein und als nun Aragorns Stimme ertönte, folgte ich ihrem Klang und erspähte ihn bei Merry. Wie er dorthin gelangt war, musste mir entgangen sein. "Also schlaf noch ein wenig, Merry." Er stellte den Becher auf ein kleines Tischchen und kurz verfolgte ich die unentschlossenen Handbewegungen des Hobbits, die auf die leicht spöttische Stimme folgten. Mir selbst schenkte man weniger Aufmerksamkeit und es kam mir gelegen. Herausforderungen wurden von mir genommen und Fragen abgewendet, auf die auch ich keine Antwort kannte. Ich fand mich etwas außerhalb und konnte aus der Ferne betrachten, ohne mit eingezogen zu werden. ... so war es mir recht angenehm. "Dies spricht der rechte Mann!", meldete sich der Zwerg zu Wort und ich lugte zu ihm. Diese Stimme... so kraftvoll und robust... sie riss meine Beachtung mit einer Stärke zu sich, gegen die ich mich nicht wehren konnte. Ich fixierte mich weniger auf den Inhalt seiner Worte... vertiefte mich vielmehr in deren Ausdruck, der weite Einschätzungen erlaubte und wie bekanntlich, der Wahrheit wohlgesonnener war, als der Sinn, der nach Belieben gewählt werden konnte. Ich glaubte, ein leises Lachen zu vernehmen und während meine Hand stockend nach dem rechten Arm tastete, versuchte ich den Freudigen ausfindig zu machen. Doch ihrer schien es viele zu geben und Aragorn begann den Rückweg zur Tür, von der ich mich noch immer nicht viel weiter entfernt hatte. "Auch ich werde dies tun, Herr Zwerg." Er erreichte sein Ziel und sogleich drang das leise Kratzen des Türknaufs an meine Ohren. Er öffnete die niedrigen Pforten und noch immer hang mein Bewusstsein an der Einschätzung aller, die mich merklich überforderte. Langsam und durchaus zögerlich tastete ich nach dem Ärmel, zog ihn langsam tiefer und bekam ihn mit den Fingern zu fassen. "Begleite mich noch ein Stück, Legolas." Wenige Augenblicke verharrte ich noch reglos, bis ich mich entsann, meinen Namen gehört zu haben. So musste die Bitte an mich gerichtet sein und ich drehte mich um. Ich konnte es nicht beschreiben, doch es war ein wohliges Gefühl, zu ihm hinauszutreten, den Spaziergang fortzusetzen. Geprägt von keinerlei Ängsten... einfach nur Laufen und seine Stimme vernehmen. "Meinst du, du findest dein Zimmer und in diesem auch zu deinem Bett, Aragorn??", meldete sich wieder Gimli zu Wort, als ich bereits im steinernden Flur stand, die Handgelenke auf dem Rücken umfasste und auf die Feinarbeit aufmerksam wurde, mit der die Wände des Ganges geschaffen waren. Ich drehte mich auf den Ballen, erblickte auch Kerzen, die in einer Nische verborgen waren und der Gegend dennoch ihren geruhsamen Schein liehen. Sie flackerten, als sich ein leiser Windzug seinen Weg durch die Gänge bahnte. "Natürlich." Noch immer betrachtete ich mir die Kerzen, ließ den Blick sinken und besah mir auch das Wachs, das, wie Eiszapfen, von dem kunstvollen Kerzenständer hing. "Später." Somit schloss sich die Tür und ich riss mich los von meiner Beobachtung, erspähte noch flüchtig ein Grinsen auf Aragorns Lippen und dann ein Nicken, mit dem er mich auf die Richtung aufmerksam machte. Neugierig drehte ich das Gesicht ein letztes Mal zu den Kerzen, bevor ich ihm folgte. Beinahe entspannt lagen meine Hände vor meinem Steiß. Sie regten sich nur selten, wenn ich etwas außergewöhnliches erblickte. Viel schien es davon zu geben, allseits umgaben mich Bauten und Kunstwerke, Regale, Säulen, Türen, die aus beschnitztem Holz bestanden. Hie und da bedeckten Teppiche den Boden und durch ein großes Fenster erblickte ich erneut die Finsternis der Nacht. Viele Wege gingen meine Augen, sie suchten, musterten und betrachteten, öfter als ich dachte, ertappte ich mich gar dabei, wie ich die Schritte verlangsamte, um mich länger mit einem Gemälde oder anderem aufhalten zu können. Alsbald stiegen wir höher und ein schmaler Gang wirkte weniger interessant. So richtete ich den Blick nach vorn, ließ ihn flüchtig über die glatten Wände streifen und nahm eine ungewohnte Bewegung aus den Augenwinkeln wahr. Nur kurz konnte ich mich meiner Annahme vergewissern und ehe ich es mir verinnerlicht hatte, nahm Aragorns Körper jene Haltung an und seine Schritte wirkten mit der alten Sicherheit. Ich hätte meinen können, er hätte kurz inne gehalten... Und seine Hand ließ sich dabei erwischen, wie sie sich flüchtig auf die Rippen legte. Ich wandte den Blick ab. Auch er war verletzt... natürlich war er es. Ich war dabei gewesen, als man ihm jene Wunden zufügte. Und ich wusste nicht um deren Ausmaß, verließ mich zögernd auf den Eindruck meiner Augen und diese waren verschleiert... Meine Lippen bewegten sich stumm. Ich wollte nichts sagen und tat es auch nicht, ließ mich kurz dazu verleiten, mich auf das altbewährte Ziel zu konzentrieren und das Gesicht gesenkt zu halten. Doch vernahm ich seine Stimme kurz darauf erneut neben mir... wie sie sich erhob, als würde er abwesend mit sich selbst sprechen, als würden sich seine Worte nur dem Wind anvertrauen... "... dann erreichen wir den dritten Ring." Murmelte er leise, verschaffte sich raschen Überblick und betrat eine Straße. "Wie du weißt, liegt das große Stadttor genau unterhalb des Felskeils im Ersten Mauerring." Er hob den Arm und meine Augen erfassten die Bewegung, folgten ihr, wenn auch nicht aufmerksam und als er die Schritte erneut verlangsamte, hielt auch ich inne. Ein leises Seufzen drang an meine Ohren. "Das heißt, der Bergsattel steigt nur bis zum fünften Ring hinauf und beherbergt dort die Grüfte. Auf der sechsten Ebene liegen Fen Hollen, der verschlossene Eingang zu den Grüften, und die Häuser der Heilung." Ein leises Schlurfen erreichte uns und ein altes Weib kämpfte sich gebückt durch mein Blickfeld, blieb stehen und stützte sich auf ihren Stock, während sie zu mir aufblickte, mich mit annäherndem Entsetzen musterte. Und ich starrte auf eine Warze, die... doch, sie war recht groß... auf ihrer Nase saß. Ich war mir dieser Unhöflichkeit bewusst, doch begegnete mir solch ein Gebilde zum ersten Mal in meinem Leben. Kurz standen wir voreinander und starrten gemeinsam. "Guten Abend." Meldete sich da Aragorn höflich zur Wort und gleichsam wandten wir uns voneinander ab. Ich, der zur Seite blickte und sie, die kurz einer anderen Beobachtung nachging, den Gruß dann leise erwiderte und ihren Weg fortführte. Ich wollte es ihr gleichtun, begann abwesend eine Mauer aus geschliffenem Stein zu studieren und vernahm neben mir nichts als Schweigen. Aragorn blieb stehen und ich vertiefte mich in mein Vorhaben, bis er sich dennoch in Bewegung setzte, langsam schlendernd zur Seite trottete. Ich drehte mich ihm nach und wurde auf eine Säule aufmerksam, um die er gemächlich herumging, sie von allen Seiten beschaute. Kurz darauf erhob sich auch die Hand zu seinem Kinn und bearbeitete es sinnierend. "Dies...", murmelte er erneut und blieb stehen. Ernsthaftigkeit spiegelte sich in seinen feinen Zügen wieder und ich näherte mich um einen kleinen Schritt. "Ja, dies weckt Erinnerungen." Unerwartet blickte er auf und unsere Augen trafen einander. Ich schluckte, wartete dennoch geduldig und... "Oft bin ich diese Straße hinaufgerannt, meist vor jenem Bauer davon und jedes Mal...", seine Pupillen richteten sich versteckt zurück auf die Säule, "... machte meine Stirn mit ihr Bekanntschaft." Meine Lippen öffneten sich ein Spalt weit, verblüfft streckte ich den Kopf zurück und meinte sogar, eine Regung meines Gesichtes zu spüren. Gänzlich sprachlos stand ich seinen Worten gegenüber und gleichsam befiel mich ein unauffälliges Gefühl der Ungläubigkeit. Als wären seine vorherigen Worte nur Erinnerungen, die mir nun ins Gedächtnis kamen... Ein Obstdieb königlichen Blutes, dachte ich mir, als ich Aragorn auch weiterhin folgte und die Gedankengänge ließen sich kontrollierter führen, annähernd erwachten sie ohne fremdes Zutun zum Leben und es bereitete mir Behagen, mich mich ihnen zu befassen. "Die siebente Ebene erreicht man schließlich über einen beleuchteten Gang." Und sogleich sah ich ihn auch vor mir. Ich blickte auf, betrachtete mir die Fackeln, die diesem Ort Leben schenkten, und die Männer in stolzer Rüstung, unter der sich Schwäche verbarg, die es dennoch unauffällig tat, durch die aufrichtigen Mienen überboten, zu einer Banalität herabdanken. Und als wir den Gang betraten, war es, als käme ich der Realität mit einjedem meiner Schritte näher. Es war, als verließe mich der Traum, in dem ich zu befinden glaubte und der der Wahrheit doch so ebenbürtig und gleich war. Nur der Schmerz meines Armes und die Kälte meines Körpers mahnten mich, jene Gefühle nicht zu übereilig in die Vergessenheit zu drängen. Meine Augen fingen Bilder auf, deutlich spürte ich den Zugwind, der in dem Gang herrschte und aufrichtige Geräusche der Nacht umfingen mich. Als öffne sich in mir eine Tür, die kein Passieren, kein Betreten oder Verlassen geduldet hatte... Ich drehte das Gesicht zur Seite, erneut eine Strähne zurückstreifend und gleichsam näher zu ihm tretend. "Ein weiterer Aspekt... mein Freund...", erhob sich im selben Moment sein Flüstern und es war behutsam und leise, brachte zum Ausdruck, was mir fremd an ihm war. Seine Lippen erhaschten einen flüchtigen Blick, der nach Gewissheit suchte. Gewissheit, dass sie solch ehrfürchtige und ehrerbietende Worte über sich brachten. Gedankenlos waren seine Augen stattdessen nach vorn gerichtet und ich schloss mich seinen Beobachtungen an, stieg neben ihm eine kurze Treppe empor, "... weshalb ich dich durch Minas Tirith, die Stadt der Könige führe. Auf dieser letzten Ebene stehen der Weiße Baum und der Weiße Turm, der den Thronsaal beherbergt." Eine frische Brise stieß uns entgegen, als wir wohl das höchste Plateau erreichten und das anfängliche Hadern teilten. Ich kannte die Gründe seines kurzen Schweigens nichts, doch spürte ich Beklemmung in mir, als ich auf weiter Ebene etwas erblickte, das mich mehr an einen meiner Albträume erinnerte, als an ein stolzes Wahrzeichen einer königlichen Stadt. Der Baum... Nur undeutlich erblickte ich ihn in trostloser Dunkelheit, die ihm nichts nahm, was er sonst besaß. Düster ragte er in der Mitte des Plateaus auf, schien gespenstig mit den Schleiern zu harmonieren, die vor meinen Augen tanzten. Erneut verriet mir meine Miene eine gewisse Regung und fest fixierte ich mich auf jenes Bild, als ich Aragorn folgte und dennoch weniger hastig als er, darauf zu ging. Ungläubig tasteten meine Augen die kargen Äste ab, folgten dem Lauf der verdorrten Zweige, die sich wie Totenfinger krümmten und nur beiläufig vernahm ich Aragorns Worte, als dieser zur Sprache zurückfand. Jedoch weniger zur Ruhe, denn er ging um den Baum herum, musterte ihn aus allen Richtungen, spendete eine Ehrerbietung, die in fremden Augen als sinnlos verlacht worden wäre. Einem toten Geschöpft gegenüber... Wahrlich, noch nie zuvor erblickte ich solch ein wundervolles Wesen in solch verkommener Gestalt. So bedeutsam... Ich harrte aus auf meinem Fleck, legte den Kopf schief, blickte auf bis zu seinen höchsten Kronen und öffnete stumm den Mund. "Es heißt, dass sein Samen noch von Telperion, dem silbernen Baum aus ältester Zeit, stamme." Aragorn stand auf der anderen Seite, das Geäst anstarrend und mit den Sinnen doch woanders. Ruhig sprach er und ich sah ihn an. "Solange es Könige in Minas Tirith gab, gedieh auch der Weiße Baum... Könige vor langer Zeit und vergangenem Frieden." Seine Bewegungen verrieten Trauer, als er vor einer Berührung zurückschreckte, die Hand sinken ließ und mit ihr den Blick. Auch ich wandte mich ab, senkte von leichter Bekümmerung befallen, die Lider und dennoch fand ich bald zurück zu jenen Ästen. "Doch die Könige starben aus und der Baum verdorrte." Ich blinzelte, suchte Zusammenhänge zwischen den verworrenen Zweigen. Nachdenklich verzogen sich meine Brauen und während Aragorn Stille wahrte, neigte ich mich etwas vor, meine Hände lösten sich voneinander und es erschien mir so wichtig, deutlichere Sicht zu genießen, dass ich die Augen verengte und mich erneut in den schwierigen Kampf der verdorrten Äste verstrickte. Heimtückisch waren sie... stahlen mit Eifersucht einer weißen Blüte die Schönheit... So zierlich, glänzend in ihrer Einzigartigkeit... verborgen und verdeckt und doch so wunderschön. Mein Gesicht entspannte sich, als mir dieser Anblick zuteil wurde. Schweigend wurde ich mir seiner Realität bewusst und labte mich an ihm. Nichts dergleichen gebar der Tod, so etwas zu schaffen, war ihm ein Unmögliches. Und hilflos war er gegenüber der Lebendigkeit, welche solche Wunder zu vollbringen imstande war. Der Weiße Baum... gräulich und starr... doch nicht verloren. Gelobt mit unauffälliger Schönheit, die nur ein aufmerksames Auge zu finden vermochte. Schön und einzigartig, bedeutsam und doch so verwundbar... In schlimmer Zeit erdrückt von Schwäche und doch mit der Bestimmung, Stärke zu zeigen... So unauffällig und schlicht und doch dazu auserkoren, sich über alles zu erheben... ... wie so manch anderer... "Wo es Tod gibt, gibt es auch Leben", hauchte ich beinahe lautlos, tat einen leisen Schritt und hob die Hand. Ungläubigkeit spiegelte sich in meinen Augen, doch verlangte es der Hand nach tieferem Wissen und sie streckte sich empor, bis die zerbrechlichen Blütenblätter ihre Haut streiften, sie so sanft berührten und doch mit Duft und Zärtlichkeit ihre Lebendigkeit offenbarten. "Aragorn...", ich blinzelte und stockend entzog ich meine Hand der einzigartigen Sänfte, "... sieh nur." ~*~ Aragorn: Die Ehrfurcht griff nach mir, wie selten bei einem Feind, dem ich gegenüberstehen musste. Und doch war es eine andere Art von Ergebenheit, eine andere Weise von Demut. Über dreitausend Jahre verharrte er hier, obgleich einzig und allein vom Wind gestreichelt und von gleichgültigen Blicken betrachtet. Was für eine Schönheit trugen einst die dünnen Äste... helle Blüten, die die weiße Rinde zum Strahlen bringend und selbst in tiefster Finsternis noch leuchteten. Was für ein atemberaubender Anblick musste dies sein und welche Hoffnung hatte er wohl mit sich gebracht? Trauer und Glück... ich fürchtete, nie wieder würde er diese gepriesenen Erwartung erfüllen können und dennoch war es mir ein Segen, ihn anblicken und bewundern zu dürfen. "Wo Tod gibt, gibt es Leben." Meine Miene erstarrte. Meine Augen richteten sich nicht mehr auf den Weißen Baum. Ich öffnete den Mund, zwinkerte überrascht und blickte fortan zu Legolas. Hatte er gesprochen? Er tat einen Schritt und ich beobachtete ihn sprachlos, verwundert, wahrhaft perplex. Da war nicht nur eine Regung... ein Leuchten in seinen Augen, so leer und starr sie bisher wirkten, erkannte ich das Leben, das in ihnen verborgen war. Er hatte gesprochen... Wie ein Windhauch, der über die Stadt davongetragen werden konnte... wie eine Feder. Zu mir war es gedrungen, als hätte er es laut ausgesprochen. Langsam hob er die Hand und ich verzog die Brauen, sog die klare Luft ein und folgte seinen schlanken Fingern, bis sie inmitten der Zweige inne hielten. Ich erkannte in dieser Dunkelheit nichts und musste mich zu Beginn selbst zwingen, die Beine zu rühren... zu ihm zu gehen. "Aragorn..." Mein Name aus seinem Munde, begleitet durch ein Blinzeln... jede neue Gefühlsregung... in seiner Stimme, in seiner Bewegung... ließ mein Herz schneller schlagen und ich kam schließlich zu ihm... beinahe, als wäre ich gerannt, ohne es zu bemerken. "... sieh nur." Ich sah... doch nicht zu dem Baum der alten Zeit... sondern zu seinem Begleiter, der annähernd die selbige Zeit auf Mittelerde verbrachte. Ganz nahe war ich ihm wieder... und ich glaubte ihn wieder bei mir zu wissen... Ein sanftes Lächeln umspielte meine Lippen, ich fühlte es und sah schließlich auf, um zu erblicken, was ihn zum Sprechen brachte. Irrte ich mich...? Ich weitete die Augen und meine Verblüffung wurde größer... so groß und angenehm, dass ich es in diesen Zeiten nicht glauben konnte. Irrte ich...? Nein... als wäre nicht nur das Leuchten des hellen Wesen neben mir zurückgekehrt... als wäre das Erscheinen dieser Gestalt dafür verantwortlich, denn niemals sonst hätte ich diesen Anblick genießen dürfen. Abwesend hob ich die rechte Hand, fühlte keinen Schmerz und legte sie behutsam auf der Schulter des Elben ab. "Nimloth." Ungläubig wisperte ich den Namen. Eine weiße Blüte... so unscheinbar, als wäre sie eine Illusion. Doch Zweifel konnten mich von dieser Wahrheit nicht abbringen. Legolas hatte sie mit seinem elbischen Blick erhascht und so konnte es nicht meine Wunschvorstellung sein. Und ich wandte den Blick wieder ab, sah zu dem Elben und mein Lächeln wurde stärker. Es war Glück... ich war glücklich und ich konnte nicht sagen, wem ich dieses Glück zu verdanken hatte. Legolas, der mir einen Trugschluss widerlegte und mir ein wunderbares, neues Licht nach dieser Düsternis schenkte... oder dem weißen Baum, der mir ein wundervolles, altbekanntes Licht zurückgab? Altbekannt und doch so viel mehr wert, als alle Wunder dieser Welt. Ich schwieg und sah ihn an, musterte ihn, ohne ihn zu kontrollieren. Wir hatten einen großen Schritt getan, gemeinsam und das durch wenige zweifelhafte Stunden. Ich war dankbar. "Lass uns zurückgehen." Ich nickte ihm zu und mein Lächeln verblieb, selbst als ich mich abwandte und die Hand von seiner Schulter gleiten ließ. Ein Fortschritt, der größer nicht hätte sein können. Noch einmal sah ich zu dem Weißen Baum auf. Erhaben und mit jeglicher Freude würde er die Herzen der Menschen erfüllen... so lang er blühte und die schwarzen Wogen aus dem Osten nicht übergriffen. Auch von ihm wandte ich mich ab und lief geruhsam über den weißen Weg zurück. Welche Zuversicht spendete er mir und welche Kostbarkeit hatte er mir bereits entgolten? Nahezu schlendernd ging ich die wenigen Stufen hinab, wartete dort auf den Elben und betrat in argloser Gelassenheit den hellen Gang. Ich schwieg immerwährend, blickte ab und an zu Legolas und verblieb dennoch still... Keine unnützen Worte würde ich ihm nun noch aufbürden wollen und ich selbst ließ meine Gedanken wandern und umherziehen. Was hatte ich für eine bodenlose Furcht gespürt, als ich glaubte, der helle Stern an meiner Seite, wäre zu einem Geist geworden, der ziellos umherging und kalt in Mittelerde weilte? Doch nun würde es besser werden... Stumm gingen wir an den Wachen vorbei und ich sah mich um, folgte dem Weg. Dem Elb musste noch etwas Zeit gegeben werden, um seine volle Kraft zurückzuerlangen und flüchtig ertappte ich mich dabei, wie aus dem entspanntem Lächeln ein Grinsen wurde. Seine alte Stärke, seine Anmut und sein Würde wären wieder da und mein Herz würde tanzen bei jeder Begegnung, bei jedem Beisammensein... bei jedem flüchtigen Blick, den ich ihm offenherzig zusenden konnte. Ich schätzte ihn nicht als Mitkämpfer... und nicht als gewünschten Geliebten. Er war mir ein teurer Freund und Gefährte, mein Licht in den dunklen Tagen und mein Mut in der Verzweiflung. Ein ungeschliffener Diamant... Ich ließ die Gedanken ruhen und fand mich in der nächtlichen Wirklichkeit wieder, in der wir in gemeinsamer Stille bereits die Stufen des vierten Ringes hinabstiegen. Getrost nahm ich die letzten beiden Stufen mit einmal und kam mit dem Fuß auf dem Boden auf. Ein gnadenloses Stechen breitete sich in jenem Moment von meinem rechten Bein hinauf zu meinem Arm aus und ich verlagerte das Gewicht prompt auf dem anderen Fuß. Mein Atem stockte für einen Augenblick, doch ich überspielte es gekonnt mit einem Räuspern und ging einfach weiter. Da war er wieder, der bekannte Schmerz durch bekannte Leichtsinnigkeit. Alsbald baute sich mein geschwächtes Lächeln wieder auf, stärkte sich, als wir eine Halle betraten, die sich über viele Fuß entlangzog. Als wäre dies ein überdachter Durchgang, breit und hoch gebaut. Ich sah mich um und schluckte den sich aufbäumenden Schmerz hinunter. Viele Säulen hielten das seltsame Gebäude, Banner hangen an ihren Seiten und einige Nischen lagen im Schutze vor Unaufmerksamen an den spärlich beleuchteten Wänden. Hinterhälte wären gut geplant an diesem... Mein trockener Hals forderte mich zum Husten heraus und ich tat es so leise wie möglich, obgleich es wohl dennoch hörbar in der leeren Halle war. Dumpf war der Druck, der sich in meiner Seite aufbaute. Dumpf und bitter. Ich benötigte wohl alles an meiner Selbstbeherrschung, um dieses Leid zu verbergen und meine Haltung zu bewahren. Ich hoffte, der Schlaf würde Heilung bringen oder diese Verletzungen würden mir Aufschub gewähren, bis ich in meine Kammer zurückgefunden hatte. So lange musste ich an meine Beständigkeit glauben ... und an mein Geschick, meinen Schmerz zu verbergen und eine vollkommene Maske aufzusetzen. ~*~ Legolas: War es doch nichts, was mich sonst mit diesem Ort verband... War Minas Tirith meiner Heimat doch so fern... Und doch hielt mich mehr als Interesse hier und groß war meine Faszination, als ich die Augen einfach nicht von jener Rarität trennen konnte und ihren erfolgreichen Kampf mit ehrerbietigem Blick pries. So sanft und fragil, dass sie gar an einem zärtlichen Odem zerbrechen könnte... Und doch so robust in ihrer seltenen Art. Als wäre sie die Hoffnung selbst, durchdrang sie die Nebel, die nach mir gierten, mich tückisch umspielten und nun vor jener zierlichen Macht flohen. Nur kurz hielt ich meine Hand gesenkt, doch sehnte sie sich alsbald nach jener Zärtlichkeit und erneut berührte ich sie zaghaft und mit Bedacht. Lange hatte Aragorn auf sich warten lassen und nun stand er neben mir, als ich dem leichten Kitzeln der weißen Blütenblätter mit Genuss begegnete. Ich vernahm seinen schnellen Atem neben mir, spürte noch mit jeder Faser meines Leibes, dass er mir nahe war. Und er schwieg, geblendet durch jene Schönheit und durch den Unglauben selbst, ihr zu begegnen. In solchen Zeiten, in denen alles Schöne etwas unerwartetes war... Ein warmer Druck legte sich auf meine Schulter, doch schrak ich unter der Berührung meines Gefährten nicht zusammen. Zu behutsam und bedacht hatte er seine Hand auf dem Stoff meines Gewandes gebettet und gleichsam spürte ich die Wärme seines Körpers, wie sie sich sanft auf die Kälte meiner Glieder legte und diesen durch eine einzige Geste etwas mehr Behaglichkeit verschaffte. Es war eine angenehme Empfindung und gern wollte ich ihr ein Stück Ewigkeit schenken und hier ausharren. "Nimloth", hauchte er und war dabei so überwältigt und in seiner ganzen unbeirrbaren Art so fassungslos, dass ich seine liebenswürdige Reaktion belächeln wollte. Doch hielt ich inne in meinem Vorhaben, berührte ein letztes Mal den zierlichen Zweig und ließ die Hand unter einem stillen Seufzen hinabsinken, um die Gebrechlichkeit jener Blüte nicht auf einem anderen Weg zu erfahren, ihr gar den wichtigsten Teil ihrer Reinheit zu nehmen, den ihr heller Schein symbolisierte. "Lass uns zurückgehen", sagte er. Und er tat es zu frühzeitig und gleichsam verließ seine Hand meine Schulter und die Stelle, die seine Wärme labend in sich aufgenommen hatte, musste diese nun hilflos entlassen. Der behaglichen Stimmung entrissen, blickte ich zu ihm und wahrhaftig gelang es mir, das Lächeln zu erhaschen, welches sein Angesicht selbst in dieser dunklen Nacht zu erhellen schien. Dunkel war sie wirklich, doch nicht trostlos... Zu viele schöne Anblicke hatten die Kraft gefunden, zu mir zu dringen. Ein letztes Mal spähte ich zurück zu einem von ihnen, kehrte dem weißen Baum dann den Rücken und folgte Aragorn geruhsam. Als wäre mein Leib nur eine Hülle, die nichts an Unbedeutsamkeit übertraf. Als entspräche sie mit keiner Faser meinem inneren Empfinden. So kalt und blass sie auch war... ich war es nicht. Ich fühlte mich gut und der Einsamkeit, nach der ich mich verzehrt hatte, so fern, wie noch nie zuvor. Die plagende Kälte verblich in dem Genuss des Beisammenseins, dessen Wohlgefallen annähernd nur eine düstre Erinnerung zurückgelassen hätte, an die ich nur mit Schmerz und Klage hätte denken können. Doch war ich auch gefallen, tief, weiter hinab, bis es kein Ende mehr zu geben schien... Nun fühlte ich mich gehalten, gar gestützt. Und das durch einen Menschen, der dies nicht weniger benötigte. Schweigend führten wir unseren ziellosen Weg fort, schritten behäbig nebeneinander und als hätten sich etwaige Schranken aufgelöst, als wären Mauern gebrochen und versperrende Türen zerborsten, durchstoben mich Gedanken, Erinnerungen, Empfindungen und gleichsam Emotionen. Doch... Hier brauchte ich nicht um Stille zu bitten, nicht nach einem Moment zu verlangen, den ich nutzen könnte, in mich zu gehen. Ich musste nicht darum anhalten, denn alles, was ich brauchte, gab man mir, als hätte ich mein Begehren mit Worten ausgedrückt. Das Handgelenk erneut vor dem Steiß umfasst, den Blick nach vorn gerichtet und ziellos umherschweifend, ging ich neben ihm meines Weges und eine eher noch zurückhaltende Freude erfasste mein Gemüt, als mir tiefes Sinnieren gelang und ich nur selten abdriftete in kurze Augenblicke der Absenz. Und zwanglos, gar neugierig, gab ich mich jener Frage hin... Oft schon, hatte sie über mich geherrscht und stetig war sie verflogen, ohne den Hauch einer Lösung. Beharrlich sah ich ihn aus den Augenwinkeln an, atmete ruhig und gleichmäßig und überließ meinen Beinen die Arbeit, die nebensächlich, gar unwichtig erschien. Woher nur, nahm er dergleichen Fähigkeiten? War sein engster Kumpan doch die Einsamkeit, mit der er viele Jahre seines Lebens geteilt hatte. Woher nur, nahm er jenes Wissen über Mitmenschen? Woher das Gespür, ihre Empfindungen zu erahnen und woher die Kentniss von den erforderlichen Reaktionen? Zu langwierig war die Abkapselung von der Öffentlichkeit gewesen, als dass sich diese Ahnungen von selbst verstehen könnten. Als hätte er die Eigenarten eines jeden studiert, sie verinnerlicht und stets ergänzt. Doch entsprach all dies nicht seinem Leben... seinem Leben, welches erfüllt war von Alleinsein, weniger von Freude und Triumph. Er irritierte mich erneut, doch merklich auf andere Art und Weise, als die, die Furcht und Hader, ja, gar Befangenheit mit sich brachte. Es war Verblüffung und Erstaunen, mit dem ich ihn mir betrachtete und mich alsbald dem Boden zuwandte, um noch tiefer zu gehen. Und wie bereitwillig ließ er seinem Wissen Taten folgen, welch eine Resolution legte er an den Tag, um dem nachzukommen, wozu er imstande war? So lange kämpfte ich schon an seiner Seite, so lange beschritten wir schon gemeinsame Wege, teilten dasselbe Leid der Kriegszeiten und kosteten von Momenten, die die letzten hätten sein können... die Einsichten entsetzten mich und konzentriert ging ich weiter, um nicht inne zu halten. Als wären seine Besonderheiten pure Sünden, vor denen man mich schonen wollte... Wie dezent sich die Anspannung eingeschlichen hatte, als er mich in Lothlorien aufspürte und sich meiner annahm. Wie heimtückisch und besitzergreifend sie meine Konzentration von seiner einfühlsamen Behandlung ferngehalten hatte. Furcht hatte sie mir gegeben, Furcht vor dem fremden Leid, neben dem ich jegliche Berührungen und sein aufwendiges Bestreben, all die Pein zu lindern, gänzlich versäumt hatte. Wie unscheinbar hatte sich auch der Schmerz zwischen uns gedrängt und meine Wahrnehmung betäubt, als ich darniederlag, kämpfend mit Fieber und Schmerz. Wie sehr hatte mich die Qual nur vor ihm verschlossen, dass ich seinem Beistand, seinem stärkenden Rückhalt mit zu geringer Würdigung begegnet war. Viel zu viel hatte er geopfert... und viel zu wenig Dank dafür erfahren. Und dennoch war er der gelieben, der er war. Nicht weniger hilfsbereit, nicht weniger freundlich, den Blick bestrebt und zielbewusst nach vorn gerichtet und stets mit einem Erscheinen, welches nur körperliche Schwächen und Leiden offenbarte und andere hingegen gänzlich verleugnete... als wären sie nicht von Belang. Und immerfort gab er anderen das, was er nicht hatte. Und was er nicht hatte, verlangte er von niemandem. Erneut drängte sich Torheit gegen liebenswürdige Selbstlosigkeit, doch erschien selbst die Torheit nun in einem wohlwollenden Licht und ich hielt mich wachsam fern von Vorwürfen, die ich nicht würdig war, an ihn zu richten. Vielmehr sollte ich mich grämen und mit Scham beladen, dass ihm nicht das gab, was er verdiente, dass ich ihn nicht das spüren ließ, was er mir schenkte. Was hatte ich ihm denn beschert? Auf seine Fürsorge folgte meine Wut, auf seine Distanz folgten Unverständnis, gar taktloses Misstrauen. Und doch war er es, der sie sich verdient gemacht hatte, der auf sie angewiesen war. Er hatte sich mit der Distanz zufrieden gebeben, wäre ich ihm doch dieselbe Aufmerksamkeit schuldig gewesen. Und ich hatte seine Entschlossenheit angezweifelt, seine Aufrichtigkeit, gar seinen Entschluss. Auf seine Bescheidenheit folgte also Argwohn... Wie spät kam nur dieses Schuldbewusstsein, wie spät kam diese Reue. Ich hatte mich begründet gefühlt, bestätigt in meinen Annahmen und ich hatte über ihn geurteilt und das Resultat stets als berechtigt und wahr angesehen. Wie sehr hatte ich mich nur verirrt zwischen Blindheit und Unwissen. Wie sehr hatte ich mich nur mitreissen lassen von ersten Eindrücken und der Anspannung, in der sie in einem falschen Licht erschienen. Ich hatte ihm Unrecht getan und mein Herz wurde mir schwer, als ich nun neben ihm schritt, als würden wir uns nichts schulden, gerade so, als würden wir uns ergänzen und dem anderen nur zum Vorteil gereichen. Doch entsprach nur einer von uns diesen Gegebenheiten... und ich war es nicht. Tief atmete ich ein, wollte gegen die schmerzhafte Last ankämpfen und mich auf der anderen Seite nur weiterhin mit ihr belasten, bis die Qual allein Sühne genug war. Wie fehlgeleitet war mein Glaube gewesen, der Unschuldige zu sein. Jemand, der unbeteiligt in ein Spiel gedrängt wurde. Aber ich war es nicht. Ich war nicht unbeteiligt... untätig wohl eher. Gleichgültig hatte ich seine Liebe abgetan und mich viel lieber seinen Fehlern gewidmet, zu denen ihn seine Empfindungen getrieben hatten. Und selbst sie hatte ich nicht ergründet, mich nicht einmal annähernd mit der Art beschäftigt, wie die Menschen liebten. Wie närrisch war es nur, etwas Unbekanntes mit einem Bekannten zu vergleichen, welches dem Fall nicht entsprach? Unsere Liebe verleitete uns nicht zu Fehlern, schürfte auch nicht an unserer Wahrnehmung und veränderte nicht unser Handeln. Die peinvollen Erkentnisse ließen mich innerlich hadern und es schmerzte wirklich, als auch weitere Erinnerungen nach mir griffen. Wenn die Liebe der Menschen so kompliziert und riskant war, so musste ihr auch Stärke innewohnen und den Verstand des Leidenden vernebeln. So viel hatte er getan... und war dabei doch so gefasst und zurückhaltend geblieben. All die langen Monate, in denen uns nicht viel voneinander getrennt hatte. So unscheinbar und diskret, dass man nur noch mehr Träume dafür opfern, und stattdessen Entschlossenheit erbringen musste... So schwer... Und erst jetzt wurde ich mir dessen bewusst. Jetzt, da er sich meiner erneut annahm, sich selbstlos mit mir beschäftigte, mich umherführte, mir berichtete und die letzten Kräfte für diese Tortur opferte, unter der sein geschundener Leib wahrlich zittern musste. Und ich hatte ihm nichts gegeben als Schweigen und Desinteresse. Wenn auch ungewollt, hatte ich ihn erneut von jener Abweisung kosten gelassen und dennoch... Erneut driftete mein Blick zu ihm. Aufmerksamer als je zuvor betrachtete ich ihn mir, sah seinen Kampf, der mir das Herz noch schwerer machte, der doch so unnötig war und ihn nicht weniger quälte, als mich. Sein Hinken, seine Mimik, die verbissen nach Gelassenheit suchte und sie stets nur um haaresbreite verfehlte. Die Hand, die sich stützend auf die Seite legte. ... und dennoch war er bei mir, hielt dem stand, was ihn an seinem Vorhaben hindern wollte. Er war bei mir, doch ich wollte nicht, dass er diesen Preis für seine Fürsorge zahlte, war sie doch etwas so Edles, dass keine Strafe verdient hatte. Ich fühlte, wie sich meine Miene verzog, wie sich meine Schritte verlangsamten und ich alsbald stehen blieb. Bewusst und entschieden verharrte ich auf meinem Fleck, sah auch ihn bald innehalten und atmete tief und geräuschvoll durch. "Aragorn...", geduldig näherte ich mich ihm, schüttelte dezent den Kopf und senkte die Lider, als ich ihn erreichte. Nur kurz blickte ich auf und sah ihn an, belächelte seine Strapazen schuldbewusst und matt. Er schenkte mir eine Genesung, zu der keine Heilerhände imstande wären... gab mir so viel anderes, was mir niemand sonst geben könnte. Und ich fühlte mich besser, allein niedergedrückt durch die Fehler, die nicht die seinen, oder die meinen waren... und das seit langer Zeit. Kurz verlangte es mir danach, nach Worten zu suchen... ihm zu sagen, dass er nichts dergleichen für mich tun musste, doch blieben meine Lippen stumm, als ich die Hand hob, sie behutsam an seinen Arm legte und diesen hinabstrich, bis er abließ von der verkrampften Haltung und hinuntersank. Ebenso wortlos bettete ich die Hand dann auf seiner Schulter, fühlte den rauhen, gar zerschlissenen Stoff unter meinen Fingern und gab ihm den Weg zu einer bequemen Sitzbank frei, die dort im Schatten einer verborgenen Nische an der Wand stand, erhellt einzig und allein durch die Flammen der Kerzen, die sich zahlreich auf einem steinernen Podest reihten. Bestimmt tat Ruhe seinem Körper die angemessenen Dienste. Zu viel dachte er nach, viel zu viel... nur nicht über sich selbst. Und wenn es ihm schwer fiel... so würde ich dies übernehmen. Er folgte meiner stummen Bitte, trat, wenn auch mit Zögern, an mir vorbei und ließ sich nieder auf das weiche Polster. Deutlich erhellte die Erleichterung seine Miene und weniger Kampf war nötig, um die Schmerzen aus ihr zu verbannen. Ich sah es genau... denn ich musterte ihn aufmerksam, als er sich setzte. Mich selbst erfasste leichte Unentschlossenheit, als ich vor ihm stehen blieb, mich sachte zur Seite lehnte und mir seinen Leib betrachtete. War es die Natürlichkeit der Schmerzen, die sich so immens zeigte? Oder stimmte gar etwas nicht mit den Verbänden? Nein... sein Körper schien sich wohlwollend der Entspannung zu ergeben und viel ruhiger wirkte er, als er so vor mir saß. Dennoch nahm ich es gern auf mich, mich selbst und sicher davon zu überzeugen, bevor ich kurz abschweifte, mir die stille Halle besah und meine Augen rieb. Ungewöhnlich ruhig war es um uns herum, nahezu gespenstig wirkte die Geräuschlosigkeit, in der sich nicht einmal das leise Pfeifen des Windes verriet, der doch so unablässig seinen Pfad durch die unzähligen Flure und Hallen nahm. Hin und hergerissen zwischen Faszination und der alten Wehmut, ließ ich dann den Kopf sinken, blinzelte mehrmals und nahm vorsichtig neben ihm Platz. Auch mein Körper sehnte sich in diesen Augenblicken nach Ruhe und lange Zeit saßen wir schweigsam nebeneinander und ich streckte die Beine etwas von mir, faltete die Hände auf meinem Bauch und hielt die Lider kurz gesenkt. Meine Augen sahen nicht das, was sie sehen wollten... Ich öffnete sie, blickte gedankenverloren und still hinüber zu einem kleinen hölzernen Tisch, den ich durch die Lücke zweier Säulen ungehindert betrachten konnte. Nun saßen wir hier und der friedliebenden Nacht zum Trotze, spürte ich noch immer jene Unruhe in mir. Ein leises Gefühl des Unbehagens, welches unauffällig an mir zupfte, sich penetrant in mein Gedächtnis kämpfte und dort alsbald seinen festen Platz fand. Ich schluckte, als ich mich dem aussichtslosen Unterfangen hingab, mich von jenem Brennen zu befreien, welches mir beharrlich auf der Zunge lag, mich drängte, es in Worte zu fassen und in seiner ganzen Art nicht verstand, wie schwer mir dies fiel. Keine Zusammenhänge bestanden zu den Grübeleien, die mich die Welt aus einer anderen Sicht sehen ließen, nichts verband dieses Begehren mit meinem Nachsinnen und dennoch war es von jener Wichtigkeit. Ich presste die Lippen aufeinander, meine Finger wurden unruhig und mit einem tiefen beherrschenden Atemzug zwang ich sie zur Ruhe, saß still und richtete mich dennoch sogleich auf. Ein unschlüssiges Räuspern entrann mir, meine Hände lösten sich voneinander und hadernd drehte ich mich zur Seite... richtete mich an ihn. Was dem Zwerg in seiner direkten Art so unüberlegt entsprungen war, erhoffte ich mir durch Aragorn vollständig zu erfahren. Wenn er auch dasselbe bekunden wurde, so würde er es überlegt tun. Überlegt, nicht aufgrund der Suche nach tröstenden Ausflüchten, nein, überlegt auf eine andere Weise, die ich hoch an ihm schätzte. So wollte ich die Frage nun aussprechen... und ich würde sie an ihn richten... und überhaupt, nur einmal. Doch lange blieben mir die gewünschten Worte fern und entgegen meiner vorherigen Entschlossenheit, hielt ich die Lider noch gesenkt, saß ihm schweigend zugewandt und erneut holte ich tief Luft... wenn auch nur zur Überbrückung meines Zögerns. Mit unangenehmer Anspannung betrachtete ich mir meine Finger, wie sie mir selbst widersprachen, sich gegensätzlich entspannt und ruhig auf dem bequemen Polster bewegten und... "Die Sicht...", hob ich flüsternd an, den Blick entschieden auf jene Hand gerichtet, "... bleibt mir versperrt. Finsternis umgibt mich... sie wird ihre Existenz gar am hellichten Tag finden." Erneut vertiefte ich mich in Schweigen und lauschte in die Stille, die Aragorn nicht brach. "Aragorn." Ich schluckte, blickte auf und suchte seine Augen, auf die ich mich gezwungen fixierte. "Ich selbst vermag es nicht wahrzunehmen... doch du tust es." Und ich suchte schon jetzt nach der Antwort, gab mich erneut aussichtslosen Vorhaben hin und fand dennoch keinen Gräuel gegen die letzte Möglichkeit, die mir blieb. Wenn man es recht bedachte... es machte wahrhaftig keinen Unterschied, ob ich die Lösung des Rätsels selbst fand oder ob er sie mir offenbarte. Wenn es mir auch leise Furcht bereitete, an seine Aufrichtigkeit zu appellieren... "Was siehst du?" ~*~ Aragorn: Zeitweise hatte ich mir erhofft, die Schmerzen würden verschwinden, würde ich nicht an sie denken, würde ich ihnen keine Beachtung zuschreiben und das tun, wonach mir der Sinn stand. Seit meinem Erwachen wollte ich nichts anderes, als mich um den Elb sorgen, der eine Last auf der Seele trug und gezeichnet war durch seinen Leib. Ich wollte, dass er mehr Regung zeigte und wieder zu sich zurückfand... er tat es, nach bedeutsamen und wundersameren Anblicken und Begegnungen und dies mit der alten Besonderheit, die ich gern verdrängt hätte. Die Sorge um mich... Ich hielt inne, als ich bemerkte, wie Legolas stehen blieb. Hatte er es bemerkt? Wortlos drehte ich mich um und sah ihn an. Ebenso erwiderte er meinen Blick, mein Mustern. Lautlos erschien die Halle um uns in ihrer Leere, nur hauchdünne Winde durchstreiften die weiten Wände und schlängelten sich um die Säulen. Wir waren allein. Zweisamkeit auf eine andere Weise als zuvor und er begann diese Stille zu durchbrechen, tief und hörbar durchzuatmen... als versuche er sich zu festigen. "Aragorn." So leise, wie er zu mir sprach, so hätte auch der Wind zu mir sprechen können. Ich verblieb reglos und wartete. Er kam auf mich zu, langsam und geruhsam... Mein Herzschlag beschleunigte sich und ich konnte nicht abschätzen, weshalb. Meiner Aufmerksamkeit muss es entgangen sein, denn es hatte sich etwas verändert... Ja, er schien ein anderer zu sein und doch blieb er gleich. Ein anderer Ausdruck durch seine Haltung... Mimik... ich wusste es beileibe nicht und verblieb schweigsam, als ich zusah, wie er sachte den Kopf schüttelte, vor mir zum Stehen kam und den Blick abwendete. War es schon allein diese Nähe, die mich in leise Verzückung brachte...? Seine Sorgsamkeit, die ich fühlte, obgleich er sie in seine elbische Bescheidenheit tauchte, hinterließ ein seltsames Gefühl... als ob er seit Jahren keine so flüssige Reaktion tat. Meine Irritation wich und ich legte den Kopf etwas zur Seite und sah ihn an. Ich spürte, wie sich meine Mundwinkel etwas anhoben, tiefe Freude empfindend, einen warmen Hauch von seiner Haut erhaschen zu dürfen. Das bekannte Leuchten wollte wieder auferstehen. Doch rasch schwand diese Freude wieder und meine Miene verzog sich, erbost und gepeinigt unter dem Stechen an meiner Seite, das an Intensität zunahm und mich veranlasste, die Hand gegen die Rippen zu drücken. Doch wie sehr ich mein Können daran setzte, meine Maske aufzubehalten, die weder Sorge noch Schmerz kannte, umso achtsamer und gleichsam rätselhafter wurde das Lächeln auf Legolas' Lippen. Schwach und kraftlos. Was war dies für ein Lächeln? Ein wissendes vielleicht... er wusste doch um meine Art, meinen Sorgen Ausdruck zu verleihen. Eine Art, in der ich sie gänzlich für fremde Augen verschwinden lassen konnte. Doch vor ihm und seinen Augen war diese Fähigkeit nutzlos. Sowahr sie durch mich hindurchleuchteten, so leichter mochte er meine Absichten erkennen. Und ich war gebannt von diesem Blick, erhoffte mir, das Leben in den Augen zu erkennen und bemerkte erst durch eine sanfte Berührung auf meinen Oberarm, dass er sich regte. Ich ließ ab von seinem Gesicht und folgte seinem Arm, sorgsam und vorsichtig die Berührung seiner Hand auf dem Stoff meiner Kleidung. Wie ein Streicheln, das ich mir wünschte und voller Ehrfurcht wieder davonjagte. Er war mir so nah und ich hätte gern so vieles getan... doch blieb ich nahezu versteinert und abwartend. Seine Hand hielt inne und zwang die meine, sich aus der Haltung zu lösen, die Seite preiszugeben. Keiner Verlockung seines Handelns konnte ich widerstehen und so gab ich den Schutz auf und ließ den Arm locker sinken. In dem Moment, in dem ich ruhig stand, legten sich die Schmerzen, als wären sie nicht vorhanden. Das Ziehen in meinem rechten Bein vergaß ich annähernd... bisweilen würde es wohl die Routine bringen, in der ich mit diesem Fuß nicht zu fest auftrat. Legolas' Hand ließ ab von meinem Arm und legte sich stattdessen auf meine Schulter, während er einen Schritt zur Seite tat. Ich sah die Nische und die Bank darin, verborgen und dunkel, wie ich sie schon erst einmal begutachtet hatte... es entlockte mir ein schwaches Lächeln, als ich mich schließlich überwand, seiner stummen Bitte zu folgen. Nun, eine Zuwiderhandlung hätte der Elb nicht geduldet, dafür war er in seinem Handeln zu gründlich... und zumeist wusste er eher als ich, was wohl gut für mich war. Nun, mein Lächeln wurde flüchtig breiter; die erholsamste Medizin für meine Seele, für meinen Leib... war seine Anwesenheit. Doch schnell verebbte das Lächeln, denn die Schmerzen kehrten zurück, erhoben sich durch die zögernden Schritte und ließen meinen Atem durch jenes qualvolle Zerren schneller fallen. Umso dankbarer war ich dann, als ich mich setzen konnte. Ein gedrungenes Keuchen entrann mir und ich schloss fest die Augen, während ich den Kopf in den Nacken legte und mich zurücklehnte. Das Sitzen sorgte schleppend für Schonung. Ich legte den Arm erneut um den Bauch und versuchte den Schmerz zu verarbeiten, um Legolas zu zeigen, dass es besser wurde. Doch... was nur, sorgte ich mich um meine Maskerade, wenn der, der nicht erblicken durfte, wodurch ich litt, doch durch alles sehen konnte und durch seine Feinfühligkeit wusste, wie er darauf zu reagieren hatte? Es nötigte mich in Wahrheit niemand, den Unverwundbaren zu spielen. Vor allem nicht er, der mich schon so oft schwach und von jeglichen Kräfte verlassen, vorgefunden hatte. Ja, vor allem nicht er, der mir näher und wichtiger war, als alle anderen. Mein Körper entspannte sich allmählich, zeigte endlich Wohlgefallen an dem bequemen Sitzen ohne Regung und ich öffnete die Augen wieder. Legolas stand noch immer vor mir, sah sich um und ich wartete wortlos darauf, dass er sich ebenfalls setzte. Nach einigen Augenblicken ließ er von seiner Beobachtung ab und senkte den Blick. Er zwinkerte mehrmals, gar, als ob er etwas aus seinen Augen vertreiben wollte. Und ich sah es gut, wusste darum, denn ich erblickte es jedes Mal, wenn ich ihm ins Gesicht sah. Schließlich setzte er sich zu mir, lehnte sich ebenso zurück und blickte gerade aus. Er wirkte, als brenne ihm ein Gedanke auf der Zunge, den er aussprechen wollte und doch haderte. Und ich folgte seinem Blick, sah einen Tisch, der trostlos und verlassen dort stand. Ich glaubte... Legolas musste sich ebenso gefühlt haben. Verlassen und trostlos, und eben diese Gefühlsregung, die seine Unaufmerksamkeit, sein Desinteresse an allem zum Vorschein brachte, hatte mich das Fürchten gelehrt. Wäre Gimli nicht gewesen, so hätte ich sehr viel länger um sein Augenmerk kämpfen müssen. Sobald das Stechen in meinen Gliedern vollends nachgab, setzte ich mich wieder gerade hin, seufzte leise und teilte die Beobachtung an dem einen Gegenstand gedankenlos. Doch war ich mir gewiss, dass etwas folgen würde. Ein belangloses Gespräch vielleicht, damit wir nicht weiter dieser Schweigsamkeit erlagen, obgleich sie weder drückend noch belastend auf mich wirkte. Es war mir eine schiere Freude, neben ihm zu sitzen und ihn in aller Heimlichkeit zu begutachten... er war unruhig... stumme Bewegungen seiner Lippen, die davon ausgehen ließen, dass er mir etwas zu berichten hatte. Vielleicht jedoch, wollte er auch seine Sinne auf sich selbst konzentrieren und je nachdem... ich wartete voller Geduld und Zuversicht. Minuten vergingen im Nichtstun und mein Körper dankte mir durch das letzte unangenehme Ziehen, das zu ignorieren ein leichtes war. Meine Füße erspürten Bewegungen, fernab, am Ende dieser Halle, hektische und beschäftigte Beine mehrerer Menschen waren es und ich verlor das Interesse an ihnen. Im Gegensatz dazu, drehte sich Legolas aus seiner Sitzhaltung und wandte sich an mich. Flüchtig streiften seine Augen die meinen, doch wandte er ebenso den Blick wieder ab und schwieg. Achtsam beließ ich mein Augenmerk auf ihm und wartete. Ich würde ihn nicht drängen, mit mir zu reden. Diese innere Unruhe, die ich erkannte, zeigte sich nun äußerlich, während sich sein Ausdruck veränderte und mit ihm seine Körperhaltung. Seine Hände waren zu seinen Seiten auf den Polstern gebettet und verharrten ruhelos. "Die Sicht...", leise flüsternd begann er und ich lauschte seiner Stimme, so leise und zögerlich sie hervortrat. Ich erblickte das Zaudern in seiner Mimik, obwohl er den Blick auf seinen Hände beließ. Als fürchtete er etwas, wenn er mich anblickte, "... bleibt mir versperrt. Finsternis umgibt mich... Sie wird ihre Existenz gar am helllichten Tag finden." Ah, da war die Erkenntnis, das Wissen, weshalb er zögerte und unsicher war. Für einen Moment hob ich die Brauen und nickte leicht, wartete jedoch, ehe ich gedachte, das Wort zu ergreifen. Legolas ließ die Stille zurückkehren und ich seufzte lautlos. Gimli war ein kleiner Tor, wenn es um Diskretion und Schonung ging, doch es war nun einmal seine Art und ihm nicht zu verübeln. Doch was würde nun folgen, was erwartete Legolas nun, dass er mir dies berichtete? "Aragorn." Ach, wären dies andere Umstände, so würde mein Körper erschaudern, jedes Mal, wenn er meinen Namen mit solchem Gefühl aussprach. Dennoch oblag meine Umsicht allein seinem Belangen... ein weinerliches Unterfangen wäre dies, würde ich den Träumen nachgeben und närrische Gedanken hegen. Er schluckte schwer, erlag erneut dem Unbehagen fortzufahren, doch dann hob er wider Erwartens den Kopf und sah mir direkt und ohne Umschweife in die Augen. "Ich selbst vermag es nicht wahrzunehmen... doch du tust es." Wie wahr, wie wahr. Ich tat es und was ich sah, würde ihm schmerzen, wenn er es selbst erblicken könnte. Eisern und doch nicht starr behielt ich den Blickkontakt aufrecht. Es hatte sich wirklich etwas verändert. Wirkten die Augen zwar immer noch, wie zu Beginn, für Fremde tot... offenbarten sie mir schon einen Hauch dieser Ewigkeit, die ich in dem tiefen Blau des Meeres gesehen hatte. Doch kein Trost war dies... nur ein Schleier meiner Hoffnung. "Was siehst du?" Beinahe tonlos hatte er mir dies zugeflüstert und ich brach den Blickkontakt ab. Was wunderte mich diese Frage? Ich blickte kurz danach wieder auf und sah mir diese Augen an... und schwieg. Eine verschönerte Erzählung seines Zustandes würde ihm nicht gerecht sein und das Gewissen würde an mir nagen, wie es die Schmerzen selbst nicht konnten. "Ich..." Wispernd erhob ich die Stimme, ernst und musternd war meine Miene. Ganz offen durfte ich ihn nun mustern... sein Gesicht, die schmalen Lippen... und seine Augen. Zaghaft schüttelte ich den Kopf, hob die Schultern unter einem schweren Seufzen, ehe ich die Hand hob, um sie flüchtig an seinen Augen vorbeischweifen zu lassen. "Ich sehe nichts." Ich verengte die Augen und lehnte mich etwas vor. Er suchte bei mir eine Antwort, die schmerzhaft war. Warum nur bei mir? War ich denn der Richtige für grausame Worte? Erneut schüttelte ich leicht den Kopf, zog die Luft ein und legte den Kopf schief. "Ich kann mich nicht in ihnen spiegeln. Alles was ich sehe... sind graue Schatten, die vor blinden Augen tanzen." Es tat mir selbst weh, ihm dies zu sagen und ich zwang mich nur diese Worte an ihn zu richten und hätte es wohl nie getan, hätte er mich nicht darum gebeten. "So kalt und starr." Langsam ließ ich den Kopf sinken und gleichsam den Blick. Ich sah auf seine Hand, die Finger, die sich in die Polster drängten. Es tat mir leid... und zu gern hätte ich nach dieser Hand gegriffen und sie gehalten. Doch ich sah nur wieder auf und begegnete erneut dieser Kälte. War es mir zuvor beinahe gelungen, diese Nebenwirkungen zu ignorieren, schienen sie mich nun umso mehr zu durchbohren. Es graute mir davor, wie es seine Augen vermochten, durch mich hindurchzublicken, obwohl er doch genau mich ansah. Mich mit Misstrauen und Unwissen zu ertränken, obgleich ich wusste, dass er mir vertraute. "Ich fürchte mich vor ihnen." ~*tbc*~ Kapitel 16: *~dambeth~* ----------------------- ~~*~~*~~*~~*~~*~~*~~*~~* *~dambeth~* - Antwort ~~*~~*~~*~~*~~*~~*~~*~~* Legolas: Ich selbst hatte den Fuß zum ersten Schritt erhoben und wie sehr nur befiel mich die nackte Furcht, als er meinem Blick entfloh. Ich kämpfte mit der Reue, jene Frage an ihn gestellt zu haben, denn... ich fügte ihm in einer Offensichtlichkeit Schmerzen zu und gleichsam spürte auch ich sie. Nervosität ergriff von mir Besitz, jagte meinen Wagemut hinfort und verfluchte die falsche Entschlossenheit, mit der ich uns nur Leid brachte. Und wieder tat ich ihm Schlechtes, indem ich Nutzen aus seiner Ehrlichkeit zog und ihn zu Worten nötigte, die er nur schwerlich über die Lippen bringen würde. Mit Skrupel betrachtete ich ihn mir, seine blasse Miene, die, von Wehleidigkeit erfasst, so sehr seinem Gemüt entsprach, dass ich mich einmal mehr danach sehnte, die Wahrheit zu verleugnen. Doch blieb ich egoistisch in diesen Augenblicken. Nur darauf aus, zu einer anderen Wahrheit zu finden, die dasselbe Verlangen in mir auslösen würde. Ich verzehrte mich nach einer Antwort, die mir nur Strafe bringen und mich mit Schamgefühl ahnden würde. Wie grausam war nur die Wahrheit... wie sehr war ich mir dessen bewusst. Eine Regung löste mich aus der bedrückenden Absenz und ich erblickte ihn vor mir, hatte ich meine Augen doch nie von ihm abgewendet. Er sah mich unmittelbar war und sein langes Schweigen entsprach nur meinen feigen Begehren. "Ich...", flüsternd suchte er nach dem Anfang, doch war dieses Wort das einzige, das ich vernahm, bevor er mich mit ernsthafter Mimik zu mustern begann. So intensiv und ausführlich, dass ich mich dieser Betrachtung nur schweren Herzens ergab. Wie emsig befasste ich mich mit finsteren Vorahnungen und wie bereitwillig ließ ich mich von einjeder beherrschen, während seine Augen mein Gesicht abtasteten. Studierend, musternd... gar nach einer Antwort suchend, zu der er bislang nicht gefunden hatte. Seufzend und kopfschüttelnd vertiefte er sich in seine Absicht, schien zu sinnieren, zu grübeln... und nur flüchtig, durchaus irritiert, folgten meine Augen seiner Hand, die sich knapp und flüchtig vor mein Gesicht hob. "Ich sehe nichts." Wie bedeutungslos mochten diese Worte an fremde Ohren dringen... doch wie einschüchternd drangen sie an die meinen. Welch einen Schlag versetzten sie mir und wie verschlugen sie mir die Stimme, als gründliche Konzentration Aragorns Antlitz Ausdruck verlieh und er sich etwas zu mir lehnte. Er kam mir so nah, dass ich mich fürchtete, die kurze Distanz könnte ihm genaueres offenbaren... und doch wich ich nicht zurück. Deutlich sah ich ihn vor mir, konnte in diesem geringen Abstand jede Feinheit seines Gesichtes erkennen und ungeachtet der Entspannung, dennoch die schwache Bekümmerung, die seinen edlen Zügen ein Stück ihrer Anmut stahlen. "Ich kann mich nicht in ihnen spiegeln. Alles was ich sehe... sind graue Schatten, die vor blinden Augen tanzen. So kalt und starr." Graue Schatten... tanzende Gebilde, die vielmehr einem Alptraum als der Realität zu entsprechen schienen. Ja... er sah sie also. Und neben ihnen sah er nichts. Als hätten sie sich etwaiges Leben einverleibt und meinen Augen den Ausdruck, gar ihre sonderliche Fähigkeit gestohlen. Dunkel und trist umgab mich alles und nicht anders saß ich nun vor ihm und er wandte sich ab. Reglos blickte ich ihn an, sah seine Befangenheit, gar seine Hemmung, meinen Augen weitere Worte zu widmen. Worte, die nicht erforderlich waren. Wie töricht waren nur meine achtsamen Bemühungen, wenn sich das, was ich zu verbergen versuchte, so frei und eklatant einjedem Auge offenbarte. Wie einfältig war ich nur gewesen, mich dem Glauben hinzugeben, unauffällig zu sein. Sicher hatte ich mich in ihm gefühlt... ahnungslos hatte ich meine Schande offenkundig darniedergelegt und verwundert war ich jenen Blicken begegnet, die mehr Wissen besaßen, als ich. Doch Aragorn... Tonlos bewegte ich die Lippen und keine Worte waren dafür bereit, ausgesprochen zu werden. Nicht selten hatte seine Verhaltensweise dies zur Folge. Für wahr, er machte mich sprachlos. Bedachte ich nur seine Offenheit, die Selbstverständlichkeit, in der ich ihn nicht anders antraf, als sonst. Die Unauffälligkeit, mit der er mir begegnete, die Bereitwilligkeit, mit der er meinen blamablen Makel abtat... Und ich war es nun, der ihn dazu nötigte, diese entgegenkommende Eigenschaft abzulegen und sich intensiv damit zu beschäftigen, was für ihn von minderer Wichtigkeit zu sein schien. Es verlangte mir viel ab, die Furcht, die in seinen Gestiken lag, in Verständnis zu kleiden und Nachsicht zu zeigen. Wie hätte ich mich selbst gescholten, hätte ich seine Reaktion verurteilt und ein Gefühl der Kränkung verspürt. Er war es doch, der sich zu Duldsamkeit zwang, um dies nicht in mir wachzurufen... Er war es auch, der dies ablegte, um mir mit Ehrlichkeit zu begegnen... Er war es, dem ein solch faszinierendes und liebevolles Wesen innewohnte, dass ich mich selbst schuldig fühlte und gleichsam unbeschreiblich dankbar war, in den Genuss seiner Anwesenheit zu kommen. Immer und immer wieder seine rücksichtsvolle Hilfe zu erfahren... und... solch eine wesentliche Rolle in seinem Leben zu spielen. Wie hatte ich es mir nur verdient gemacht... was hatte ich geleistet, dass er in mir mehr sah, als ich in mir selbst... Beinahe erschreckend kam seine Regung, als er sich gar plötzlich an mich wandte, erneut den Blickkontakt suchte. Ich schätzte mich selbst zu unbeholfen ein, zu verstrickt in die eigenen Ängste und so hielt ich auch diesem stand und blickte in seine Augen, die sich so anderen Ausdrücken bedienten... Wehleidigkeit war es, unter der sich seine schmalen Brauen verzogen und Worte lagen ihm auf der Zunge, die ein vergängliches Zögern zurückhielt. Ein schweres Schlucken würgte ich hinab, suchte nach Antworten und fürchtete mich gleichermaßen vor ihnen. Doch fanden sie ihre Existenz und seine Schultern hoben sich unter einem lautlosen, gar matten Seufzen. "Ich fürchte mich vor ihnen", hauchte er schwach und dennoch ließ er nicht ab von meinen Augen, betrachtete sie sich, schien alldem zu trotzen... und ich war es, der floh. Bekümmert presste ich die Lippen aufeinander, senkte die Lider und starrte zu Boden. Ich versuchte mich selbst durch einen tiefen Atemzug zu erleichtern. Doch die Last auf meinem Herzen verging nicht und nicht weniger schmerzvoll, wie es die Flammen selbst waren, brannte die Gewissheit in mir... befleckt und erloschen... zurückgeblieben war so wenig und ohne ihn besäße ich nun nichts. Und ich wollte so viel mehr für ihn sein. Nichts, was ihn mit Angst erfüllte, nichts, was Furcht in ihm wachrief. Nichts, wogegen er ankämpfen musste... mit seiner Kraft, die durch Strapazen und Leid doch so geschwächt war. Keine Herausforderung wollte ich ihm sein, vielmehr Entspannung und ein Pol der Ruhe, so wie er für mich. Doch selbst, wenn meinem Körper in diesen Augenblicken mehr Stärke innewohnte, als dem seinen. Selbst, wenn ich sicherer auf den Beinen stand und mich lediglich anderweitige Schmerzen quälten. Selbst, wenn meine Verfassung die bessere war... ich fand mich unfähig, hin und hergerissen zwischen der eigenen Scham und seinen Anstrengungen... ich war der Schwächere von uns und wie sehr sehnte ich mich nur danach, ihm weniger eine Last zu sein, als ein Freund. Wie sehr verzehrte ich mich nur danach, ihm auf eine Art und Weise ebenbürtig zu sein, die nur ehrenvoll war. Doch blieb es mir verwehrt... Und ich schämte mich meiner selbst. ~*~ Aragorn: So wenige Worte richtete ich an ihn und doch hatten sie eine immense Wirkung, auf dass sich mir das Herz zusammenzog. Wie schwer diese Bürde für ihn war, konnte ich nur erschließen... das Einzige, weswegen ich mir sicher sein konnte, war... dass kein Elb mit so einer Last zurecht käme. Dunkelheit auf heller, unbefleckter Haut. Dunkelheit auf Licht. Dies hatte er auf sich genommen und ich war schuld. Wegen einer vorfreudigen Unachtsamkeit. Töricht... und vielleicht auch Verblüffung wegen dieser impulsiven Reaktion, als wir uns auf dem Schlachtfeld wiedersahen. Doch war nicht er es, der daran einen Fehler getan hatte. Nur ich war es. Ganz genau hatte ich Legolas beobachtet. Sein Blick war immerwährend auf mich gerichtet, bei jedem Wort jedoch wurde der Ausdruck geprägter von Schmerz. Eine endlose Qual, dass er anderen weißmachen wollte, es wäre alles in Ordnung. Eine endlose Qual in der neuen Erkenntnis, dass all seinen Bemühungen zum Trotz, sein wahres Leiden für jeden deutlich war. Schwermut in seinen Augen, die so ausdruckslos waren und von nun an einzig Verzweiflung wiedergaben... und dann wich er meinem Blick aus. Nichts anderes hatte ich befürchtet, nichts anderes geahnt. Dabei war doch alles, was ich wollte, dass er mich ansah und unbeschwert war. Doch wie nur, soll man nach solchen Begebenheiten wieder Mut und Zuversicht fassen? Er presste die Lippen aufeinander und nicht zu übersehen war die beschämende Selbstverachtung. Was konnte ich jetzt noch tun, wo er sich nun fortan wieder verstecken würde? Denn das würde passieren. Er würde sich seinen Weg in meine Einsamkeit bahnen und dort bleiben... seine Stille suchen und sich in dieser unauffällig ein Netz spannen, aus dem es kein Zurück gab. Doch alles, was ich begehrte, war sein Blick auf meinem Gesicht. Auch leere Augen ertrug ich mit aller Zuneigung, selbst, wenn sie nicht wieder zu ihrem mutigen Blau zurückfinden sollten. Eine Zeit lang sah ich ihn nur an und erhoffte mir, er würde von selbst aufblicken... mein Lächeln sehen, das bittend und sanft sein würde. Ich konnte ihm zeigen, dass alles gut war, egal wie es momentan um uns... um ihn stand. Ich konnte ihm zeigen, dass sich nichts verändert hatte und er noch immer derselbe war. Selbstverachtung, Selbsthass... zu gern wollte ich hinausschreien, dass ich in ihm noch immer den sah, den ich verehrte. Aber viel mehr wohl, wäre dies eine weitere Last für ihn. Meine Hingebung spielte keine Rolle... ja, er war mein treuer Freund und Gefährte. Nur nicht weniger. Niemals. Nun war ich es also, der Mut fasste, als Legolas weiterhin zu keiner Bewegung imstande war. Sein Blick verharrte auf dem Boden und so hob ich langsam die Hand. Mein Herz machte mich bei jeder weiteren Bewegung darauf aufmerksam, dass ich mir soeben Schmerzen zufügte. Schmerzen, bei denen ich in der alten Ehrfurcht sein Kinn berührte. Ich tat es schon einmal... Die Haut, die nichts an ihrer Wärme und Weichheit verloren hatte. Flüchtig streifte mein Daumen an seinem Mundwinkel entlang, während der Zeigefinger den Griff achtsam festigte und sein Gesicht zu mir drehte. Ich spürte keine Sträubung in Legolas' Bewegung, doch erfasste mich die Beklemmung, mit diesem Handeln etwas Falsches zu tun. Wollte er vielleicht lieber alleine sein? Wollte er mich wegen meiner harten Worte vielleicht nicht wieder ansehen? Tat ich ihm weh? Und dennoch, trotz dieser wachsenden Angst, trotz der erneuten Begegnung, dieser Leere in seinen Augen, die sich voller Verwunderung auf die meinen richteten, fiel mir mein Lächeln leicht. Ich wusste, dass ich aufrichtig war und dass ich das, was ich ihm mit diesem Lächeln zeigen wollte, ehrlich und ernst meinte. Doch ebenso wusste ich, dass ich ihm erneut so wunderbar nahe war, dass mein Herz revoltierte und rebellieren wollte. Wieso tust du dir das an, fragte es mich. Wieso bringst du dir so viel Leid für diesen Elben?! Und mein Lächeln wurde gewissen- und wohl umso glaubhafter. Einfach nur, weil ich ihn liebte. "Hab keine Angst", hauchte ich leise, flüsternd... bittend. Und ich schüttelte sachte den Kopf, ehe ich ihn umso intensiver anblickte, bedacht seine Augen durchforstete und ihn beobachtete. "Wende den Blick nicht ab." Doch dann verließ mich für einen Augenblick die Selbstkontrolle und ich entließ Legolas aus meinem Griff und strich ihm verliebt über die Wange. "Es gibt keinen Grund dazu." Und dann wurde ich mir meines Frevels bewusst, ließ die Hand sinken und lehnte mich mit einem Anflug von Verlegenheit zurück. Ein Streicheln über seine Haut... ich hatte es schon einmal getan und meine Finger kribbelten, als erinnerten sie sich an ähnliche Begebenheiten. Ich schwieg für den Augenblick meiner eigenen Verblüffung, versuchte sie jedoch alsbald wieder zu untergraben und erneut das Wort zu erfassen. "Als ich den Pfad der Toten beschritt, spürte ich die Einsicht das Richtige zu tun. Narsil und Brégo an meiner Seite... ich dachte sie würden mir genügen, um mutig und bestärkt zu sein." Ich seufzte leise und blies mir überfordert eine Strähne aus dem Blickfeld. Die Erinnerung war nicht angenehm, mir jedoch lieber als Stille. "Doch als mir Brégo entlief und mir Finsternis in endlos kargen Gängen widerfuhr, zitterte ich am ganzen Leib." Ich lachte leise und lehnte mich nach vorn, behutsam zwar, aber stützte die Ellenbogen gelassen auf die Knie und blickte zu Legolas. "Nebel zu meinen Füßen und einstürzende Decken über meinem Kopf." Ich schüttelte den Kopf und ließ ihn dann aus der Erinnerung heraus erschöpft sinken. "Mit tausenden Feinden hätte ich lieber die Klinge gekreuzt, als auch nur den Toten in ihrem Reich zu begegnen! Das wilde Fauchen der Orks ertrage ich eher, als das Gelächter gesichtsloser Gestalten." Meine Stirn legte sich abschätzend in Falten und ich sah auf. "Furcht, mein Freund...", ich holte tief Luft und stieß sie sogleich mit erhobenen Brauen zu einem Seufzen aus, "... packt dich, wenn du glaubst, es ist ausweglos." ~*~ Legolas: Mir war unwohl in meiner Haut und schämen tat ich mich, dass ich Aragorn mit demselben Unbehagen belastete, obgleich es nur das meine sein sollte. Mit wehmütiger Miene blickte ich hinab und ein weiteres Mal zeigte ich mich so undankbar. Meine Absicht, ihm etwas Gutes zu sein, zwang mich erneut zum scheitern und wie gerne hätte ich ihm ein Lächeln offenbart. Doch es fehlte an allem... Ich setzte an, um mich erneut einem lautlosen Seufzen hinzugeben. Nur ein tiefer Atemzug, mit dem ich meine Unschlüssigkeit nur ein weiteres Mal unterstrich. Doch erfasste ich eine Regung neben mir und wusste nichts besseres zu tun, als stillzusitzen und zu hoffen, dass sie verstrich. So unentschieden, so willenlos und träge... Ich benötige Zeit, dachte ich mir, ich benötige Zeit. Allerdings fand mein Sinnieren ein rasches Ende und ich erstarrte unter dem sanften Kitzeln, welches mein Gesicht zu erwärmen schien, war es doch nur eine Stelle, der eine Berührung zuteil wurde. Vergänglich strich er über meinen Mund und keine Regung wollte mir gelingen, als ich die Wärme seiner Hand an meinem Kinn spürte, seine Finger, wie sie es sanft stützten. Beinahe abwegig erschien mir mein starrer Leib unter den sensiblen Berührungen, die von so ganz anderer Natur zu sein schienen. Ich war gänzlich zerstreut, bewegte mich taumelnd zwischen Verblüffung und Erstaunen und nur stockend begann ich mich zu regen, als er mich mit einem behutsamen Druck dazu zwang, meine einstige Haltung einzunehmen. Konfus suchte ich seine Augen und geweitet mochten die meinen sein, als sie fündig wurden. Ungläubig erblickten sie jene Beherrschung, die mir entronnen war, die Offenheit, die sich zu leiser Furcht bekannte und dabei dennoch Kühnheit zum Vorschein brachte. Hilflos starrte ich ihn an, keines Wortes fähig und mit einer Miene, welche von blanker Skepsis beherrscht wurde... welche den dunklen Kontrast zu dem Lächeln erbrachte, welches sich aufrichtig auf seinen Lippen entfaltete. Ruhelos erforschte ich seine Augen, blickte von einem zum anderen und das Atmen geriet in für unbedeutende Momente in Vergessenheit. "Hab keine Angst..." Nahezu erschreckend war diese Harmonie seiner Stimme gegenüber seines Antlitzes. Geruhsam und leise flüsterte er mir diese Worte zu, mit einer Behutsamkeit, als wohne ihm keine Nervosität inne, als beherrsche ihn keine Anspannung... als wäre alles gut. Ich schluckte trocken und deutlich fühlte ich noch immer jene Hand unter meinem Kinn. Wie sie mir Wärme spendete und sich kurz bewegte, als Aragorn gleichsam den Kopf schüttelte. Nur langsam und doch entging mir keine seiner Gestiken, so belanglos sie auch waren. "Wende den Blick nicht ab." Wieder jenes Flüstern... welches seiner resoluten Stimme so gar nicht zu entsprechen schien, mich in den Glauben versetzte, einen anderen vor mir zu haben. Noch nie hatte ich sie auf diese Art und Weise vernommen... Sein Blick appellierte an meine eigene Stärke und brachte mir gleichwohl einen sanften Trost. Daraufhin löste sich jener Druck von meinem Kinn und fühlbar suchte sich die Wärme seiner Hand den Weg über meine Wange, die seine Finger zärtlich und kurz streiften. "Es gibt keinen Grund dazu." Und er wandte sich ab, mit einer seltsamen und beinahe übertriebenen Entschlossenheit, die ich nicht zu deuten wusste. Stockend folgten meine Augen ihm und nur undeutlich hatte ich die letzten Worte vernommen, da meine Achtsamkeit schon lange auf anderen Begebenheiten ruhte. Ein mir unbekanntes Kribbeln ließ jene Berührung auf meiner Haut zurück und noch immer spürte ich sie in einer merkwürdigen Deutlichkeit. Tief verstrickt in den Kampf, jegliche Gedanken zu ordnen und zu Erklärungen dieser Empfindung zu finden, verblieb ich regungslos und er lehnte sich zurück, bis er bequem saß und sich entspanntem Schweigen hingab. Irritiert und ziellos durchforsteten meine Augen die Umwelt, ohne ihr Aufmerksamkeit zu schenken. "Als ich den Pfad der Toten beschritt, spürte ich die Einsicht, das Richtige zu tun", erhob sich seine ruhige Stimme neben mir und nur knapp streiften meine Augen sein unbesorgtes Antlitz. "Anduril und Brego an meiner Seite... ich dachte, sie würden mir genügen, um mutig und bestärkt zu sein." Er seufzte gedankenversunken und gleichsam blies er sich mit humoristischer Besonnenheit eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Aufmerksam lauschte ich seinen Worten und doch durchstoben meine Gedanken noch immer andere Gefilde und vielmehr gab ich mich der Beobachtung seines Gesichtes hin. Wohlig schien noch immer jene Wärme auf mir zu lasten und ich benötigte viel an Überwindung, um nicht selbst die Hand zu erheben und jene Stelle zu betasten. Noch nie zuvor... hatte man mich auf die Art und Weise berührt, wie er es tat. Es war so anders, als ein kameradschaftliches Klopfen auf die Schulter, etwas Fremdes und mir Unbekanntes, was mich durch und durch beschäftigte... "Doch als mir Brégo entlief...", fuhr er fort, "... und mir Finsternis in endlosen kargen Gängen wiederfuhr, zitterte ich am ganzen Leib." Wir schmerzhaft mochten jene Erinnerungen sein und dessen zum Trotz gab er sich einem amüsierten Lachen hin, als wären dies nicht mehr als Fetzen der Vergangenheit, die ihn nicht mehr zu kümmern hatten. Ich verzog die Miene, ließ die eigenen Sorgen unbedacht und wandte mich ein wenig ab und fand die letzte Beruhigung in einem tiefen Atemzug. Und er löste sich von der Wand, neigte sich locker nach vorn und stützte die Ellbogen auf die Knie. Etwaige Schmerzen schienen an Kraft verloren zu haben und er zeigte sich unbesorgt, als er das Gesicht zur mir drehte und mich mit einem Anflug von Überforderung anblickte. Nichtsdestotrotz lag noch immer ein sanfter Hauch eines Lächelns auf seinen Lippen lag und ich sah ihn an, erwartungsvoll und noch immer sinnierend. "Nebel zu meinen Füßen und einstürzende Decken über meinem Kopf." Unter einem matten Seufzen schüttelte er den Kopf und ließ ihn sinken. "Mit tausenden Feinden hätte ich lieber gerungen, als auch nur den Toten in ihrem Reiche zu begegnen! Das wilde Fauchen der Orks ertrage ich eher, als das Gelächter gesichtsloser Gestalten." Leicht hob er das Gesicht wieder an, die Strähnen seines langen Haars gaben seine Miene frei und offenbarte eine in Falten gelegte Stirn. "Furcht, mein Freund...", flüsterte er und atmete tief ein, bevor er mich erneut anblickte. Und dies mit einer gewissen Ernsthaftigkeit, unter der sich seine Brauen hoben, "... packt dich, wenn du glaubst, es ist ausweglos." Leise sprach er dies aus und schien sogleich den eigenen Grübeleien zu verfallen. Erinnerungen und Gedanken, die sich nur schwerlich aussprechen ließen und die nur er erkannte. Ausdruckslosigkeit befiel seine soeben noch so lebendige Miene und er setzte sich auf, um erneuten Halt an der Wand zu suchen. Behäbig lehnte er sich gegen sie, bettete die Hände auf dem Schoß und ließ den Blick weiter schweifen, als er es in dieser Halle konnte. Kurzweilig hatte ich seine Bewegungen verfolgt, doch tat ich es ihm nun gleich und Stille umgab uns wohlig, als auch ich mich zurücksetzte. Behäbig setzte ich mich mit seinen Worten auseinander, und für wahr, ich fand ihre Bedeutung. Und obgleich ich mich tiefgründig damit befasste, ertappte ich meine Hand dabei, wie sie das erstickte Bedüfrnis nachholte und annähernd beiläufig die Wange streifte. Doch war diese Berührung eine andere und die spürbare Erinnung begann zu verblassen. Ich seufzte gedämpft, bewegte still die Lippen aufeinander und streckte die Beine von mir, auf dass ich gemütlich saß und mich Aragorns Sinnieren anschloss. Es bedeutete mir viel, dass er die eigenen Gefühle nicht für sich selbst beanspruchte. Zu oft hatte er dies getan und zu sehr hatte diese Tatsache Unzufriedenheit in mir erweckt. Nun jedoch... fühlte ich mich gut und behaglich, schätzte seine Anwesenheit hoch und gleichsam erfüllte sie mich mit Vergnügen. Und ich wollte es ihm gleichtun, wollte ihm nicht weniger preisgeben, als er mir. Anfänglich zögerte ich jedoch in meinem Vorhaben, hielt das Schweigen aufrecht und ergab mich der Erinnerung an jene schwere Stunden, in denen sein Schicksal ein Ungewisses war und ich seine Rückkehr für unmöglich hielt. "Furcht...", sagte ich leise und faltete die Hände auf dem Schoß, "... kennt so viele Wege der Offenbarung. So verworren und schleierhaft...", ich verzog nachdenklich die Miene, atmete geräuschvoll aus und senkte die Lider, "... obgleich sie uns seit langer Zeit ein Vertrauter ist. Weniger ist es der verlorene Kampf, sich ihrer zu erwehren, als ihre erschütternde Stärke, mit der sie von einjeder Seele Besitz ergreift. Ja...", ich bewegte die Finger, blinzelte und nickte stumm in mich hinein, "... auch ich zitterte, als ich mich zurückgelassen fand und nicht nur die Furcht konnte meiner widerstandslos habhaft werden. Es war Wut, die mich überkam... und als wie töricht sehe ich mein Handeln nun an." Es schmerzte mir nicht, mich selbst zu verurteilen und mir mehr Schuld zu geben, als die, die ich stets glaubte, ohnehin zu besitzen. Langsam richtete ich mich auf, hob auch das Gesicht und suchte seine Augen, die ich intensiv fixierte und kurze Zeit auch nicht mehr tat, als das. Wie mächtig war nur das Verlangen in mir, meine Gefühle in Worte zu fassen, mir aufrichtig die begangenen Fehler einzugestehen und sie mit seiner Vergebung zu tilgen. "Nie hast du uns fehlgeleitet", sagte ich leise und hielt seinem Blick stand. "Stets brachten uns deine Entscheidungen Erfolg und Zuversicht. Es war nicht mein Recht, dies anzuzweifeln und dein Handeln zu missbilligen, denn du besitzt Beweggründe und die Tatsache, dass ich sie mir verborgen blieben, nimmt ihnen nichts von ihrer Rechtmäßigkeit. Ich übertrieb gänzlich mit meinen Reaktionen und belud dich mit Bürden und Verwünschungen, die nur ich in meiner Torheit verdient hätte. Doch...", ich entfloh seinen Augen, blickte zur Seite und betrachtete mir zögernd eine der stützenden Säulen, die uns vor eiligen Augen verborgen hielten. Wie sollte ich meine Gefühle nur aussrechen...? Ich biss mir sinnierend auf die Unterlippe, ließ die Augen weiterschweifen und faltete die Hände fester ineinander. "... doch fand ich mich selbst so hilflos, wie ich nie dachte, es sein zu können. Ich... finde keine Erklärung dafür. Die Furcht war auch in mir sehr stark, doch..." Ich verstummte, als ich ein leises Geräusch vernahm. Eine Tür wurde eilends geöffnet und rasche Schritte durchschnitten daraufhin die Stille, die ich zurückkehren ließ. Schweigend blickte ich zu den Säulen, bahnte mir einen Weg hindurch und erblickte... "Herr Aragorn?" Fleißig blickte sich die Maid Eowyn um, suchte nach ihm und trat in die Halle. Und wir verblieben reglos, nicht darauf bedacht, uns zu verraten und in diesem Vorhaben einig. Während ihre Schritte laut in dem Saal erschallten, senkte ich die Lider, nahm die kühle Nachtluft in mich auf und hielt die Augen kurz geschlossen. Wieder nannte sie jenen Namen, zog rasch an uns vorbei und hielt kurz inne. Gleichsam schon, hob ich den Kopf und gewiss waren wir weit genug von ihr entfernt, um in unserem Gespräch nicht gänzlich inne halten zu müssen. Prüfend erspähte ich sie, wie sie sich einer weiteren Tür näherte und verstrickt in die heimliche Beobachtung blickte Aragorn ihr nach, drehte das Gesicht zur Seite und wandte sich somit etwas ab. Mir war nicht danach, mich von ihr stören zu lassen, hatte ich doch nun einen Zeitpunkt gefunden, in dem ich mit mir selbst ehrlich, und es ihm gegenüber gleichermaßen sein konnte. Behäbig neigte ich mich zu ihm, langsam und recht besonnen strebte ich danach, meine Empfindungen offen darniederzulegen und so war ein Flüstern nicht weniger wirksam als die erhobene Stimme. Ich lehnte mich zu seinem Ohr, bis sein Haar kitzelnd mein Gesicht streifte und er bewegte sich nicht, da die Maid gerade erst die Tür öffnete, um die Suche an anderen, weitaus erfolgversprechenderen Orten fortzusetzen. Ich blinzelte, drehte das Gesicht gen Wand und saß nun nahe bei ihm. So nahe, dass jene Wärme seines Leibes spürbar zu altem Leben erwachte und mir ein wohliges Gefühl vermittelte, in dem ich mich in gleichem Sinne auf irritierende Art und Weise recht geborgen fühlte. Ich befeuchtete die Lippen flüchtig mit der Zunge, presste sie aufeinander und begann gedankenverloren den Stoff seines Umhangs zu studieren. "Doch war es weniger die Furcht vor etwas Greifbarem, die mich dazu trieb", flüsterte ich gleichsam nahe an seinem Ohr. "Es war die Furcht vor Verlusten... die ich nicht ertragen hätte." ~*~ Aragorn: Ich wusste nicht, ob ich ihm die richtige Nachricht mit meiner kurzen Geschichte übermitteln konnte. Die Gewissheit das Ende vor sich zu haben, wäre der wahre Sinn der Furcht. Nichts anderes wollte ich ihm sagen und ihn damit ein wenig aufmuntern. Fatal wäre es gewesen, wäre ich im Totenreich zurückgewichen und Brégo gefolgt. Von der Angst gescheucht... und fatal wäre es, würde er sich aufgeben, ehe der Ausgang seiner Opferung zu sehen war. So verfing ich mich im Sinnieren und grübeln. Welche Erfolge würden ihn erleichtern, wenn er erst wieder von der Rückkehr seiner schönen, blauen Augen hörte, die so markant für sein adliges Volk waren. Und wenn die Narben verblassten und nichts weiter als Erinnerungen an sie gedenken ließen... so würden dies Erinnerungen voller Stolz sein und in meinem Bewusstsein ein Nachsinnen seines Heldentums und eine Dankbarkeit, der ich nicht mehr hinzuzufügen hätte. Ruhig setzte ich mich wieder auf, lehnte mich erneut an und legte die Hände auf den Bauch. Nun fühlte ich mich wahrhaft wohler und konnte getrost neben ihm verweilen. Bis hin zur Morgendämmerung, um vielleicht einmal in unserem Leben einen Sonnenaufgang zu erleben, der nicht mit Pein und Schmerz gefüllt endet, sondern Seite an Seite ein Ding zur neuen Tatenkraft war. Dies waren mir alle Schmerzen wert... Ruhe... und Frieden, sollte beides auch nur die Zeit überdauern, in der wir reglos und verletzt waren. "Furcht..." Ruhig fasste der Elb das Wort und ich blick kurz zu ihm herüber, abwartend und doch ohne Anspannung. "... kennt so viele Wege der Offenbarung. So verworren und schleierhaft..." Und wahres sprach er da und gut kannte ich die Wege, in der mir die Furcht oft genug begegnet war. Im Schlaf, in der Realität... in dem nahen Tod... Erneut sah ich zu ihm und richtete mich etwas auf, während er nachdenklich dreinblickte, ich seinem Atem lauschen konnte und er daraufhin die Lider sinken ließ. Ach, wie erfreute ich mich nur an diesen Gestiken, diesen normalen Mimiken, immer wieder und obwohl er weiterhin diese ernste Thematik besprach, fiel es mir schwer das ernste Gesicht beizubehalten. Zwar war ich durchaus aufmerksam... aber mein Glück ließ sich nicht trüben... nicht einmal durch solch ein Gespräch. "... obgleich sie uns seit langer Zeit ein Vertrauter ist. Weniger ist es der verlorene Kampf, sich ihrer zu erwehren, als ihre erschütternde Stärke, mit der sie von ein jeder Seele Besitz ergreift. Ja..." Jenes dachte ich mir auch. Gedankengänge, die ich soeben führte. Ein Urinstinkt, der uns trotz allem zur falschen Zeit auch falsch handeln ließ. Doch wem war es zu verübeln, seiner Angst freien Lauf zu lassen? Beichtete er mir? Als wäre dies eine Tatsache, die zu unglaubwürdig wäre, als dass sie der Wahrheit entspräche, wurde ich gar hellhöriger und abwartender. Ich ließ den Blick sinken und sah zu Legolas' Händen, die sich rührten und regten. "... auch ich zitterte, als ich mich zurückgelassen fand und nicht nur die Furcht konnte meiner widerstandslos habhaft werden. Es wat Wut die mich überkam..." Ein Wortspiel, welches ich nicht begriff. Wahrhaftig eine Beichte und wie seltsam fühlte es sich an, wenn er mir von jenem Moment berichtete, in dem ich ihn verließ. Ich sah ihn an und zeigte offen meine Überraschung. "... und als wie töricht sehe ich mein Handeln nun an." Und auch er erhob das Gesicht, festigte die gesamte Haltung und erschloss den Blickkontakt. "Nie hast du uns fehlgeleitet." Leise sprach er dies aus und ich öffnete den Mund, um einen Widerspruch einzulegen... doch schloss ich ihn in meinem Hadern. Hatte ich nicht so oft Fehler begangen, dass es für dieses Leben reichte? "Stets brachten uns deine Entscheidungen Erfolg und Zuversicht. Es war nicht mein Recht, dies anzuzweifeln und dein Handeln zu missbilligen, denn du besitzt Beweggründe und die Tatsache, dass sie mir verborgen blieben, nimmt ihnen nichts an ihrer Rechtsmäßigkeit." Und doch dachte ich mir bei jedem Wort, das er in seiner Beichte aussprach, dass er jedes Recht besessen hatte und noch heute besaß, meine Wege anzuzweifeln. Ich hatte es begriffen, dachte mir, dass ich Fehler begangen hatte und mir jede Kritik recht und wichtig war. Es gab keinen Grund, weswegen er Vergebung ersuchen musste. "Ich übertrieb gänzlich mit meinen Reaktionen und belud dich mit Bürden und Verwünschungen, die nur ich in meiner Torheit verdient hätte. Doch..." Ich hörte ihm zu und doch wieder nicht. Wenn er aus seiner Haut geriet, wenn er aus seinem ruhigem Gemüt einen Ausbruch herausforderte, so hatte dies doch alles Recht, das er nur erhalten könnte! Wie sehr hatte ich ihn in Rage gebracht, wie ungerecht war ich ihm gegenüber gewesen. Und es war noch an mir, um Vergebung zu bitten. Bei ihm, bei der jungen Maid, deren Liebe ich ausnutzte... bei Gimli und Merry. Selbst bei Gandalf und Frodo und Sam. Sie alle hatte ich bei meinem Unterfangen vergessen und erhoffend gebetet, das Richtige zu tun. Ich stellte mir stumm die Frage, weshalb ich den Elben fortfahren ließ, wo seine Annahme, mir eine Bitte um Vergebung schuldig zu sein, nicht richtig war. Doch ich schwieg, schwieg und lauschte. Ich betrachtete sein Gesicht, wie er es abwandte und ziellos umherblickte. Seine Lippen, die er mit den Zähnen bearbeitete und augenscheinlich nach Worten suchte, die nicht nötig waren. Mein Herz rumorte und ich legte den Kopf mit einem lautlosen Seufzen schief. Ich konnte es wahrlich nicht glauben, dass er sich nach seinem selbstlosen Handeln bei mir entschuldigte und doch konnte ich noch weniger fassen, dass ihn dieses Sinnieren nur noch schöner machte... welcher Makel konnte solch eine Schönheit schon entstellen? "... doch fand ich mich selbst so hilflos, wie ich nie dachte, es sein zu können. Ich... finde keine Erklärung dafür." Und auch mir blieb sie gänzlich fern. Durfte ich dem Glauben erliegen, dass ich ihm zu dieser Zeit fehlte? Dass er so fest an meine Anwesenheit appellierte, dass mein Fernbleiben so schmerzhaft für ihn war? Und war es dann noch rechtens, dass ich mich über diese Begebenheit glücklich schätzen konnte, selbst wenn er dies mit Leid erkaufte? Auch für mich war es ein immenser Schritt gewesen, mich von ihm zu lösen... wie der Gang über eine marode Brücke, die bei jedem weiteren Schritt einstürzen konnte. "Die Furcht war auch in mir sehr stark, doch..." Er hielt inne in seiner Erzählung und ich sah kurz danach auf, als ich das Schließen einer Tür vernahm. Schritte hallten in der Halle wider und ich blickte mich um. Tief war die Dunkelheit, die den weiten Weg vor uns offenbarte, nur wenige Kerzen gaben die Sicht auf die Silhouette des Menschen, der den Weg beschritt. "Herr Aragorn?" Sofort erkannte ich die Stimme der blonden Maid und ich lehnte mich reflexartig zurück. Unbewusst, doch nicht einmal sie durfte diese Zweisamkeit unterbrechen. Nicht jetzt... nur nicht jetzt. Dennoch folgten meine Augen ihr aufmerksam. An ihrem Gesicht würde ich erkennen, wie wichtig ihre Suche nach mir war. Erwartete sie, dass ich mich in so später Stunde um die Geschäfte sorgte? Sollte ich zum Truchsess oder verlangte Gandalf nach mir? Nein, wohl nicht... gewiss war es ihre Sorge. Die Sorge um mein Wohlergehen und voreiliges Verschwinden. Eine Sorge, die sie immer meinetwegen trug. Lange noch folgte ich ihren eiligen Schritten, bis sie vor einer Tür stehen blieb und diese eilends öffnete. Wie stark konnten ihre Gefühle mir gegenüber nur sein, wenn der Verrat... "Doch war es weniger die Furcht..." Ich erstarrte abrupt in meinen Gedanken, spürte das verräterische Erschaudern meines Körpers bei dem warmen Hauch des Elben, welcher mir so nahe war, dass es mir den Atem nahm. "... vor etwas Greifbaren, die mich dazu trieb." Wirr und orientierungslos blickte ich umher, sah noch die junge Frau hinter der Tür verschwinden und schloss selbst für einen Moment die Augen. So nah... ich spürte seinen Atem, wie er mein Haar durchstreifte. "Es war die Furcht vor Verlusten... die ich nicht ertragen hätte." In dem Augenblick, in dem er den Satz beendete, holte ich Luft und drehte das Gesicht geschwind zur Seite. Doch wie schnell entglitt mir die Herrschaft über meinen eigenen Körper, als er mit einem Schlag inne hielt. Mir zog der wunderbare Duft des blonden Haares entgegen und zitternd stieß ich den Atem aus, als ich seinem Gesicht so verflucht nahe war, dass ich mich schelten wollte. Nur eine winzige Bewegung, dachte ich mir... eine unbedeutsame Bewegung zur Seite und ich könnte mich an dieses Gesicht schmiegen, seine Wange küssen und weiterwandern, in einem verführerischen Spiel zu ganz anderen Dingen fähig, die von sündigen Gedanken geprägt waren. Würde ich mich nur ein kleines Stück zu ihm vorbeugen, könnte ich das sinnliche Ohr in aller Zuneigung mit den Lippen berühren, es liebkosen und ihm all meine Liebe huldigen. Doch ich zitterte genauso wie mein Atem bebte und meine Hände unter Ungläubigkeit dieser wachen Nähe zuckten, ohne Wissen, woran ich mich halten und womit ich mich an die Wirklichkeit binden sollte. Von einer Sekunde auf die andere war ich sprachlos und grenzenlos verwirrt und nichts anderes blieb mir übrig, als das weiche Haar zu betrachten, das ich nicht berühren durfte... das Ohr anzublicken, das ich nicht küssen durfte... und vielleicht nicht einmal das Recht dazu besaß. Weshalb nur ließ er mich so nahe kommen, wenn er doch um meine Gefühle wusste? Meine geliebte Qual, in der ich seinem Atem lauschte und das sanfte Kitzeln seines warmen Hauches spürte. Forderte er meine Selbstbeherrschung heraus? "Vergib mir", flüsterte ich heiser, annähernd stimmlos und ergeben. Meine Sünden... Meine Wünsche... Mein Handeln. ~*~ Legolas: Nahezu hatten sich meine letzte Worte in Stille verborgen und ebenso wollte ich ihnen nur Stille folgen lassen. Reglos war mein Leib, in weiter Ferne meine Augen und kurz war der Moment, den ich verstreichen ließ, als wäre er eine Ewigkeit... ... bis Aragorn fühlbar einem Zittern erlag und er, als hätte ich ihm wahrlich einen Schrecken eingejagt, zur alten Bewegung zurückfand. Nur die Strähne, die rasch über meine Wange glitt, offenbarte seine plötzliche Unruhe und unbemerkt wäre sie geblieben, hätte sie nicht Verrat begangen und sich meine Aufmerksamkeit erkämpft. Doch ließ ich nichts meiner Wachsamkeit nach außen dringen, verharrte auch still, als ich die Nähe spürte, die er unvermittelt schuf. Es drang nicht in meine Wahrnehmung, dass sein Gesicht nur kurz vor einer weiteren Berührung mit dem meinen stand, als es inne hielt. Ein warmer Hauch erfasste mein Ohr, durchdrang mein Haar... und ich spürte all das mit einer Intensität, die mir unweigerlich das unruhige Zittern seines Atems offenbarte... ich glaubte gar die Laute zu vernehmen, mit denen er über seine Lippen drang und für einen vergänglichen Augenblick verfiel ich der mentalen Absenz. Mein eigenes Betragen hatte zu dieser Beschaffenheit geführt. Zwanglos und ruhig hatte ich mich ihr ausgeliefert und nun hielt mich gänzliche Starre gefangen, die nur meine äußerliche Hülle zurückgelassen, diese jedoch mit ungewöhnlicher Empfindsamkeit beschenkt zu haben schien. Weshalb sonst, gab es in diesen Momenten nur Aragorns nervösen Atem, der immer wieder und stoßweise meine Haut streifte und diese mit wohliger Wärme erfüllte. Und weshalb sonst, nahm ich das sanfte Kitzeln seiner Haare in einer erschreckenden Deutlichkeit wahr. Trist und unbedeutsam erhob sich vor meinen Augen die dunkle Wand, doch waren es nur meine Ohren, die mit Achtsamkeit den unbekannten Geräuschen lauschten. Eine leichte Regung durchfuhr meine Hände, verborgen vor nachlässigen Augen und umso bedeutsamer für mich selbst. Rauh ertastete ich unter meinen Fingern das Polster der Bank und als wäre meine Absenz so tief und unergründlich gewesen, brachte mich ein Blinzeln zurück in die Realität, in der sich mir das eintönige Gestein offenbarte, welches ich durchaus irritiert anstarrte. Ich fühlte mich, als schwebe ich zwischen Träumen, die so wahr und doch gleichsam trügerisch waren, mir Gefühle und Emotionen nahebrachten, mit denen ich nicht umzugehen wusste. Und als hätte ich ihn nie vernommen... streichelte ein bebender Atem meine Wange. Und noch immer saß ich regungslos hier. Konfus verzog ich die Miene und suchte in den zweifelhaften Gegebenheiten nach Wahrheit. Doch war es nur milde Wärme, die sich mit einer ungeahnten Prägnanz in meine mühsamen Überlegungen drängte und diese gänzlich überwandt. Meinen gesamten Leib schien sie zu durchfluten und ein weiteres Mal fand ich mich außerstande, etwaige Erklärungen zu finden. Unruhig wechselten meine Pupillen von einer Seite zur anderen und ein trockenes Schlucken drang an meine Ohren, welches aus meinem Hals, ebenso gut jedoch aus dem seinen stammen konnte. "Vergib mir." Nur ein mattes Hauchen... als wäre ihm jegliche Stärke wie Sand durch die Finger geronnen. So gebrochen und leise... das Zittern aufweisend, welches seiner Stimme ebenso innewohnte wie seinem Körper. Und doch so einschneidend, dass ich endlich zur Regung zurückfand. Nicht viel gefestigter mochten meine Bewegungen wirken, als ich eine größere Distanz zwischen uns schuf. Und wenn auch nur stockend und schleppend... ich setzte mich zurück und das Atmen entfiel mir gänzlich, als ich das Gesicht langsam zu ihm wandte und nur knapp einer weiteren Berührung entging. Nur haarscharf... und jene Behaglichkeit, die mich soeben noch erstarren ließ, ging verloren durch den neuen Abstand. Annähernd ungeduldig erschienen mir meine Augen, als sie nach seinem Gesicht suchten und es nahe vor sich erblickten... und nahe blieb es mir auch, denn nach weiterer Distanz verlangte es mir nicht. Abermals verharrte ich still, doch war diese Reglosigkeit weniger von Anspannung und Unsicherheit geprägt. Gemütlich war die Haltung und die Aufmerksamkeit weniger dazu bereit, sich darauf zu richten. Wieder erreichte mich sein Atem und mit weiterer Zerstreutheit betrachtete ich mir sein Antlitz... nicht minder die Mimik, die es belastete. Wehleidigkeit spiegelte sich klar in seinen Augen, Leid und Qual... neben denen er dennoch zu einer Entschuldigung fand...? Sein Gesicht entblößte regen Schmerz, offenbarte ihn mir, als hätte er sich nie unter Masken versteckt gehalten, in einer Deutlichkeit, die mir einen kühlen Schauer über den Rücken jagte und mich einem unruhigen Zittern unterliegen ließ. Und erneut erhob sich gehetzter Atem, doch war es der meine und zögerlich blickte ich auf, bis ich zu seinen Augen fand, in die ich mich forschend vertiefte. Wie sehr verlangte es mir danach, seine Gedanken zu erkennen... im Ausgleich zu den eigenen, die ich nicht zu ergründen wusste. Und wie irreführend war die Einsicht, dass mir seine Gedanken längst nicht mehr verborgen waren... Und dennoch... trotz dieses Wissens war seine Verhaltensweise etwas, das mich so verstörte, wie ich es mir nie hätte träumen lassen. Der Tag mit ihm war ein schöner gewesen... nein, er war es noch immer und ungläubig stand ich der Tatsache gegenüber, dass allein ich es war, der ihn heute so erlebte. Als würden meine Augen auf einem unbedeutsamen Gegenstand ruhen, hielt ich den Blickkontakt aufrecht, ohne mich zu flüchten. So intensiv und ausdrucksstark und doch so langwierig... Vertieft betrachtete ich mir die feinen Strukturen, die das Blau seiner Augen zu einem faszinierenden Gefilde machten... doch suchte ich gleichermaßen nach dem, was dahinter lag. Und er saß vor mir, als würde ihn das blanke Entsetzen lähmen... und ich... ich wusste um die Ursache... ja, ich wusste es genau. Ich war mir bewusst, wer ihn mit Schmerz und Qual belud... Ich war mir bewusst, wer ihn vor ungerechte Prüfungen stellte... Und ich wusste, wer all das durch Unwissen unerträglich für ihn machte. Ich öffnete die Lippen einen Spalt weit, nicht darauf aus, zu sprechen... wohl eher nach Sauerstoff gierend und geräuschvoll nach ihm schnappend. Ein Blinzeln durchbrach jene Atmosphäre nicht, doch ließ sich seine Miene von einem Augenblick zum anderen mehr und mehr von Leid prägen und Wehklagen drang stumm und lautlos an meine Ohren. Ich verzog die Brauen. Unwillkürlich blickte ich mitfühlend drein und fühlte mich selbst so unaufrichtig dabei. Es war nicht mein Recht, das Leid mit ihm zu teilen, denn seine einzige Qual... war ich. Kurz senkte ich die Lider, nur flüchtig streifte mein Blick seine Hand... blieb jedoch an ihr hängen und ich sah sie zitternd, unruhig auf dem Polster gebettet. Ich sah ihren Kampf gegen die eigene Begierde... und als würde mich sein annäherndes Keuchen locken, verkürzte ich die Distanz, die störend und in viel zu großem Ausmaß zwischen uns lag. Mir selbst gegenüber hegte ich kein Verständnis, als ich aufsah und jenen Blickkontakt von neuem aufbaute, nicht weniger intensiv und doch mit größerer Unsicherheit, denn ich erahnte mein Vorhaben... doch hatte ich mich nicht selbst dazu entschieden. Gehetzt blickte ich von seinem rechten Auge zum linken und verengte die eigenen in hoffnungsloser Suche nach dem Sinn. Ja... wo war er nur? Welche Begründung gab es für das annähernd eigenmächtige Handeln meines Körpers? Waren meine Gedanken und mein Sinnieren doch längst erlegen...? Und erneut ertappte ich mich dabei, inne gehalten zu haben... nicht weit von ihm, eher schon in beängstigender Nähe. Und deutlicher denn je legte sich sein sanfter Hauch auf mein Gesicht und ich spürte ein trockenes Schlucken in meinem Hals, fühlte meine Zunge, wie sie kurz und durchaus gehetzt meine Lippen befeuchtete. Und jene Wärme... Sie, die ich für kurze Zeit genossen hatte... Sie, die ich nun erneut begehrte. Beinahe war sie in ihrer Art so zärtlich und liebevoll, wie seine Hand, wenn sie... meine Wange... streifte. Und weiterhin näherte ich mich ihm. Nur langsam und doch durchgehend, bis sich sein Atem zu einem perplexen Keuchen erhob und ich bedächtig die Lider senkte, um den verräterischen Lauten zaghaft zu folgen. Eine einzige Berührung war es... so vergänglich und diskret, dass nur das sanfte Kitzeln verriet, dass sich unsere Nasenspitzen streiften. So unscheinbar und doch zog sie ein Schaudern nach sich, welches all meine Glieder durchlief und ein flüchtiges Zittern heraufbeschwor. Doch war dies nur ein kurzer Kontakt auf dem Weg zu meinem wahren Ziel. Trocken und schnell benetzte sein fahriger Atem meine Lippen und wieder öffnete ich diese... mein gesamter Körper strebte ihm entgegen und behutsam traf meine Schulter auf die seine, an der ich Halt suchte und fand. Begierig auf diese Behaglichkeit lehnte ich mich förmlich gegen ihn und welche Genugtuun empfand ich nur in diesem Augenblick, in dem uns die Stille ein Wohltäter war und etwaige Störungen unterblieben. Und weiter drang ich vor, erforschte fremdes Territorium und war verblüfft über die Sanftheit, die seine Haut enthüllte. Deutlich fühlte ich sie unter meinen Lippen, als diese flüchtig seine Wange streiften und sich durchaus ungern von ihr lösten, um weiterhin zu erforschen und sich an der Wärme zu ergötzen, die mir jeglichen Verstand zu rauben schien und mich fremdartigen Begierden unterliegen ließ. Mein Herzschlag fiel aus dem monotonen Rhythmus. Längst schon schlug er in einem Takt, der mir nicht vertraut war und ich blies zitternden Atem über seine Haut, bevor ich den Kopf zur Seite neigte, ein schweres Schlucken im Keim erstickte und mich behäbig gegen ihn schob. Sanft war der behutsame Kuss, den ich bedächtig auf seinem Mund platzierte. Kitzelnd berührten sich unsere Lippen, nur kurzweilig spürte ich es... die Weichheit... das Gefühl, von dem ich glaubte, nie erfasst zu werden. Und er keuchte unter meinen Lippen, während die seinen der Starre gleichkamen, die ihn beherrschte. Nur unwillig löste ich mich so von ihm... doch sollte dieser Moment ein außergewöhnlicher bleiben und durch die Kürze umso süßer sein. Entspannt blieben meine Lider gesenkt und mir war nicht danach, sie zu heben. Ein unscheinbares Kribbeln durchzog meine Lippen und zaghaft presste ich sie aufeinander, als ich den Kopf sinken ließ, noch immer gefangen in einer Faszination, die ich nicht zu beschreiben wusste. Langsam zog ich mich zurück und unsere Schultern lösten sich voneinander, als ich mich etwas aufrichtete, jedoch unwillig, mich gänzlich von ihm zu trennen, denn einmal von dieser Nähe gekostet, wollte ich sie nicht missen... ~*~ Aragorn: Ich konnte es nicht glauben. Gleichermaßen verfiel ich der Ansicht, dass ich dies auch nicht wollte. Strafte er mich...? Diese Ungewohnheit, welche mein Herz so erschwerte, dass es Blei inne haben müsste. Liebe... stellte sie mich je derart auf die Probe? Nein, für wahr, erschien es mir eher wie eine Prüfung, die ich nicht überwinden wollte. Ein Versagen wäre mein Untergang. Ein Versagen würde mir die Seele nehmen. Es war mir unmöglich, mich zu regen. Atemstöße, die so unregelmäßig und bebend über meine Lippen traten, als hätte ich Meilen um Meilen hinter mir gelassen, zeugten wohl einzig davon, dass ich noch am Leben war. Doch was dachte sich Legolas nur, mir diese Schuldigkeit aufzulasten? Wusste er denn nicht, was er damit anrichtete? Und als ob er meine Gedanken laß, so lehnte er sich zurück. In aller Beharrlichkeit und doch stockender Ruhe sah ich ihn zurückweichen. Sein Atem streifte nur flüchtig mein Gesicht und dennoch beließ ich den Blick geradewegs auf ihn gerichtet. Vielleicht war mir nur der Moment der Wirklichkeit entgangen und all das geschah nicht. Ein Traum, der mir schon so oft in den Nächten grausame Streiche spielte, auf dass ich in mich zusammensank. Der Hauch eines kalten Windzuges sollte mich wecken. Kein umspielendes Lüftchen, in dem ich dem Wahn verfiel und mir einbildete, dass mein Begehr durch eine beinahige Berührung in Erfüllung ging. Begierden... sein Atem auf meiner Haut, wie er mein Gesicht kühlte und verlockte. Nur eine Illusion, aus der ich nicht erwachte... und doch wurde sie mir fremd, als ich den Schmerz dieser Gewissheit umso deutlicher spürte. Mein Herz raste, offen angreifbar und unmissverständlich: Ich kann nicht mehr... Ich will nicht mehr. Meine Augen strebten nicht danach, sich zu bewegen, nicht einmal, um innere Wachsamkeit zu erwecken. Meine Lippen blieben nahezu versteinert, obgleich mein rasches Ringen nach Luft nicht ausblieb. Ich fühlte mich gelähmt, außer Kontrolle und nicht bei Sinnen. Fremde Illusion... umso deutlicher erkannte ich nun die leeren Augen, die mich vor keiner langen Zeit in die Furcht trieben. So kalt und starr und nun von dieser Kälte verlassen. Gefühl... sie brachten mir Emotionen entgegen, die ich nicht erblicken, dennoch umso deutlicher wahrnehmen konnte. Unerklärbar und mein Verstand versagte. Ich konnte es nicht verstehen. Wacker und gleichermaßen abwesend erwiderte ich den Blick des Elben und beobachtete als naher Unbeteiligter, wie er meine Züge musterte und versuchte, in meinen Augen zu lesen. Welche Maske wäre so vollkommen, dass ich all meine Wehmut hinter ihr verbergen konnte? Solch eine Macht gab es nicht und gewiss zeigte ich all meinen Schmerz offen und unterlegen. Erneut fühlte ich die warme Brise seines gehetzten Atems und berührt zog sich eine erschaudernde Gänsehaut über meinen Rücken, durchforstete meinen Körper und ließ ihn unwillkürlich zusammenzucken. Er verzog die Brauen und ich fühlte mich immer mehr wie ein Außenstehender, der seine Gier nicht anders zu stillen wusste, als dass er sich diesen Moment so sehnlichst herbeiwünschte, dass es zwischen Wachsein und Schlaf keinen Unterschied mehr gab. Wie leid ich mir doch selbst tat. Wie sehr ich mich schon selbst bemitleidete. Wie sehr ich meinem Entsetzen nachgab. Wie närrisch ich doch war. Meine tölpelhafte, dummohrige Verliebtheit, die mich in den Wahnsinn trieb! Mein Betrug an meine Äußerlichkeit, die nicht dem Inneren glich! War ich wirklich aufrichtig...? Er blinzelte... nach all der bewegungslosen Musterung wurde meine Aufmerksamkeit geweckt und ich stellte mich der Fortführung dieser süßen Bosheit. Ja, was liebte ich doch diese verführerische Qual... voller Ironie und Verachtung... Hingabe und Wolllust. Seine Lider sanken hinab. Worauf sie blickten, vermochte ich nicht zu sagen und viel zu feige war ich, die Lippen zu Worten zu bewegen. Viel zu fern war die Fähigkeit dazu und zu jeder anderen, in der ich nicht einmal wagte, die Hände aus ihrer Starre zu befreien und das ewige Zittern aus meinen Gliedern zu verbannen. War ich wirklich mutig...? Mein eigenes Keuchen durchdrang die Taubheit, die ich mir selbst auferlegte, unüberlegt und gar erschrocken stellte mein Körper eigene Regeln fest, ohne dass der Verstand mit ihm mithalten konnte. Er kam mir näher. Was war das für eine Distanz gewesen, die ich eben noch fürchtete? Im Gegensatz zu dem, was folgte? Er kam mir näher und nie zuvor wollte ich meine Unsicherheit so bestürzt zeigen, wie in diesem Moment. Seine Augen suchten erneut nach den meinen und zeigten diesen Unglauben. Unglauben, den ich jedoch rechter besaß, als er. Mein Atem raste... mein Herz... es schlug so hart und schnell gegen meine Brust, dass ich befürchtete, wach zu sein! Wach...? Und er hielt inne. Wer nur, fragte ich mich... wer nur, hatte die Fäden in den Händen und ließ mich zu einer Puppe ohne Sinn und Verstand werden? Sein Atem legte sich auf mein Gesicht; erneut und doch intensiver. So warm... Gedrungen bahnte sich ein Keuchen den Weg über meine Lippen, als ich das sanfte Kitzeln einer Berührung verspürte. Das sanfte Prickeln durch eine unscheinbare Berührung seiner Nasenspitze. Meine Augen weiteten sich... die Wärme seines Atems, die Hitze seiner Haut... Träumte ich wirklich...? Als löse sich mein Bewusstsein von seiner Hülle, folgte ich gedankenlos einer jeden Bewegung des Elben. Deutlich fühlte ich seine Schulter an der meinen... wie sich sein Körper gegen meinen lehnte. Diese bekannte reine Art des Elben, wie seine Lippen meine Wange entlangfuhren und zum Trotz ihrer Unschuld ein heißes Verlangen weckten... die Lippen... die sich wie ein Tuch aus Seide auf die meinen legten und ihnen einen schwachen Druck auferlegten, dem sie nicht gewachsen waren. Ein Moment, der in seiner Kürze unendlich wurde und die Ungläubigkeit durch Wissen verbannte. Keine Illusion... kein Trugbild war so betörend, dass es meine Leidenschaft weckte und mir ein entrücktes Keuchen abverlangte. Doch so ewig die Unendlichkeit schien, so schnell kehrte sie mir den Rücken zu. Sanfte Gabe des Einen, im atemlosen Augenblick einen Schlussstrich zu ziehen und sich von mir zu lösen. Sein Körper lehnte sich zurück und ich spürte die erregende Last seines Leibes nicht mehr an dem Eigenen. Ehe ich es begriff... war es vorbei? Ich versuchte die Trockenheit in meinem Hals mit einem Schlucken zu bekämpfen und vernahm gleichermaßen die Regung meiner Augen, die unsicher über Legolas' Gesicht wanderten. Seine Lider, zufrieden und erleichtert gesenkt und ich sog bebend die Luft in die Lunge. Seine Lippen, leicht geöffnet. So weich... Ich wusste es und doch... akzeptierte ich es nicht. Ich sah ihn an und zog die Brauen zusammen, verstört und doch im reinen mit Gefühl und Verstand, als sei dies so lang nicht mehr der Fall gewesen. Ein Kitzeln blieb und dies sollte nun meine Genugtuung sein? Eine Erinnerung, die verblasste, sobald ich dem Schlaf verfiel? Eine Gewissheit, die so ungewiss war! Erneut sah ich seine entspannte Haltung, zitternd und unbewusst fuhr meine Hand den Stoff der Polster nach. Meine höchsten Vorstellungen wurden übertroffen und ich selbst würde alsbald dem Glauben verfallen, dass dies nur ein Vorbote meines Wahnsinns war. Doch... War das alles? War ich wirklich selbstlos...? Ich verspürte kein Zaudern in meinen Gliedern und lehnte mich vor, rückte ungestüm nach und verbannte all das, was sich zu Vernunft und Angst zusammengebraut hatte! Entbrannt löste sich das verlangende Keuchen von meinen Lippen, bevor ich sie dem Elben wieder auferlegte. So hitzig, dass ich fürchtete, ihm wehzutun... So löste ich die Lippen annähernd im selbigen Moment wieder von den seinen, doch keine Sekunde konnte ich ihm gönnen, um Gedanken zu sammeln. Wie wusste er doch um meine Schuld! Und so forderte er sie heraus! Ich neigte den Kopf etwas zur Seite und schloss die Augen. Ob Wahrheit oder nicht... es spielte keine Rolle... nicht hier. Und so öffnete ich den Mund und verlangte erneut nach diesen Lippen. Mit aller Rücksicht, die ich noch aufzubringen vermochte, nahm ich die Oberlippe gefangen, glitt rau mit den Zähnen über ihre weiche Fläche, um sie im nächsten Moment voller Hingabe mit den eigenen Lippen zu liebkosen, um Vergebung zu bitten und zu küssen. Meine Beichte... ohne Worte, ohne Verständnis. Bebend in einer Ekstase, die mein Handeln bestimmte, hob ich die Hand. Ich fürchtete um Legolas' Verachtung, doch viel mehr um meine wankende Selbstkontrolle. Fieberhaft ließ ich die Fingerkuppen über seine Wange streicheln, machtlos diesem Gelüst ausgeliefert, in dem ich unbeirrt die Finger zu seinem Ohr wandern ließ. Zärtlich umspielten sie das empfindliche Ohrläppchen und glitten mit leichtem Nachdruck zu seinem Nacken hinab. Weich umgarnten mich die langen Strähnen, als ich begann, verlangend die Haut zu massieren und mich etwas aufsetzte, während ich in einem flüchtigen Augenblick des Luftholens meine Lippen von den seinen löste. Und ich gab ihm die Zeit, mich von sich zu stoßen und mir all seine Verachtung entgegenzubringen. Doch er folgte der stummen Bitte, dies nicht zu beenden, das Spiel fortzusetzen und reckte sich mir entgegen. Es entlockte mir ein schwaches Grinsen, trunken und entzückt von der Lieblichkeit des Anderen... und erneut versiegelte ich unsere Lippen zu einem Kuss ohnegleichen, vernarrt in die leisen, unentdeckten Laute des Elben, in dem es mir gleich war, weshalb mir diese Gelegenheit gegeben war... ~*~ Legolas: Gerade noch hatte einjeder meiner Atemzüge allein ihm gehört und als besäße mein Leib ein Wissen, welchem ich noch fern war, hatte er sich ihm entgegengeneigt und ich war der Unterlegene gewesen. Nun jedoch, verharrte ich still, tief in mich gekehrt und fern jeglicher Realität... Aragorns Anwesenheit war nicht mehr als eine süße Erinnerung, der das behagliche Erschaudern meines Körpers Wahrheit schenkte. Die unbekannten Empfindungen, die dennoch von erschreckender Kraft waren, hielten mich gänzlich gefangen und ich ergab mich ihnen widerstandslos, kostete den fremden Geschmack, der meine Lippen benetzte und erlag dem sanften Zittern... als würde es mir frösteln, doch war es angenehmer, gar wohliger als einjedes Frieren. Innig labte sich meine Lunge an einem geräuschvollen Atemzug und meine Schultern sanken in Entspannung nieder. Keine Reue ergriff mich in diesen Augenblicken... kein Gefühl, einen Fehler begangen zu haben... nur einen weiteren von vielen. Nichts strafte mich einer Schuld, nichts mahnte mich der Untugend... Absent hielt ich die Lider gesenkt, nur langsam regten sich meine Lippen, noch immer ungläubig und sich doch danach sehnend, dieses Empfinden nicht so schnell missen zu müssen. Ein brennender Atem erhitzte mein Gesicht und meine Lider hoben sich nur um ein Stück, bevor ich jene begehrte Wärme verspürte... näher denn je und ich verharrte gänzlich reglos. Still verfolgten meine Augen seine Bewegungen, erblickten die Distanz, die beinahe keine mehr war... Weich trafen seine Lippen auf die meinen... hauchten einen Kuss auf sie und streiften sie flüchtig... so kurz und weniger intensiv und doch lebte das Schaudern in meinem heuchlerisch reglosen Körper auf, wanderte kribbelnd meinen Rücken hinauf und zog eine kühle Gänsehaut nach sich, unter der ich unbeabsichtigt blinzelte. Ich war es nun, der sich nicht zu regen vermochte. Versteinert und doch nichts verspürend, was dieser Äußerlichkeit gleichkam. Ich keuchte an seinem Mund, rang nach Atem und fühlte die Strähnen seines Haares, wie sie neckend meine Wange kitzelten. Unruhig kämpfte ich gegen unbekannte Gefühle, die mich an unbekannte Grenzen treiben wollten und wahrlich darüber hinaus. Nur stockend formte ich die Lippen, doch blieb ihnen jene Berührung verwehrt und ein prickelnder Hauch lockte meine Aufmerksamkeit, umgarnte mich anhand eines trügerischen Spiels, das so anmutig und gleichsam verwirrend war. Bebend drehte ich das Gesicht zur Seite, suchte nach dem seinen und doch waren es seine Lippen, die zuerst fündig wurden und nach mir schnappten. Deutlicher denn je war diese Begegnung, erfüllt mit einer Ungeduld, die mich gänzlich überwältigte... mich erneut der alten Starre unterliegen ließ, der ich entfliehen wollte. Fühlbar beteiligten sich seine Zähne, bissen nach meinen Lippen und bearbeiteten diese mit einer Glut, die ungeahnte Leidenschaften offenbarte, beinahe Schmerz in mir aufleben ließ. Doch erbebte mein Unterkiefer unter den Liebkosungen und entgegen meiner Unruhe, sanken meine Lider hinab, als wären sie durch Müdigkeit so schwer, dass sie sich hämisch meiner Kontrolle entzogen. Doch nicht nur sie fanden Gefallen am Verrat... nein, alles in mir schien sich mir zu widersetzen. ... er machte mich so wehrlos, wie ein Feind es nie hätte tun können. Als würden mich seine Arme fest umschlungen halten, mich mutmaßlich an etwaiger Flucht hindern... doch waren es nur unsere Schultern, die eine erneute Begegnung erlebten und sein Leib, der dem meinem so nahe war, wie noch nie zuvor. Annähernd unnatürlich schien mir die Hitze, die zu mir drang und sein Atem bebte und erhob sich laut, als hätte sein Körper große Belastung auf sich nehmen müssen. Wie verwirrend war all das nur... und wie mächtig gleichsam der Bann, an dem ich hing, als hätte er mich mit Ketten an sich gebunden. Laute drangen aus meinem Hals, die ich noch nie zuvor vernommen, gar bezweifelt hatte, dass ich zu ihnen imstande war. Zitternd ergab ich mich seinen Lippen, die sich so innig an mir labten, als wären sie die eines Wanderers, der durstig ein Ödland durchquerte und nach Wasser gierte. Ruhelos schmiegte er sich an mich, verwöhnte meinen Mund mit sorgfältigen Liebkosungen und beinahe empfand ich meine völlige Unfähigkeit als kläglich gegenüber seiner fordernden Art. Doch... ... ein Kuss war so anders, wenn er ihn schenkte Ein unwillkürliches Zucken durchfuhr mich, als ich fühlte, wie sich seine Fingerkuppen auf meine Wange setzten. So sanft und zärtlich, so erhitzt und benetzt von leichter Feuchtigkeit... Irritiert versuchten meine Augen, diese Bewegung zu erhaschen, doch schlossen sie sich verräterisch, als ein Kuss sich auf meinen Mundwinkel bettete und die Lippen so lange in dieser Berührung verharrten, dass ich hin- und her gerissen war zwischen seinen Handlungen, denen ich allen Aufmerksamkeit schenken wollte. Keine Verlockung stand der anderen in etwas nach und doch war es das Kitzeln, als seine Finger über meine Wange strichen, welches meine Sinne auf sich zog. Zielstrebig nahmen sie ihren Weg, betasteten meine Haut, streichelten sie und gelangten alsbald zu meinem Ohr, an das sie sich gar zögernd legten... und zitternd, wie ich nach der ersten Berührung schon spürte. Weshalb bebte auch er? ... wirkte sein Handeln doch so geradlinig und entschlossen? Nur schwächlich erwachte dieses Sinnieren zum Leben und ebenso schnell zeigte es sich vergänglich und erlag dem Kampf gegen das Unbekannte, welches mich zu einem schweren Schlucken zwang. Noch immer regungslos verharrte ich dort, doch war mein Inneres nicht weniger von Ruhelosigkeit befallen, als das seine. Ich sehnte mich nach etwas, das etwaiger Voraussicht trotzte, sich undeutlich, gar restlos verhüllt näherte... Ein Beben folgte dem anderen, in quälerisch kurzen Abständen durchzog es all meine Glieder, zeigte sich kalt wie Eis, brennend vor Hitze... und eine leise Angst befiel mich, als ich mir meine entglittenen Kontrolle eingestand und den ebenso hoffnungslosen Kampf, sie mir in diesen Augenblicken wieder anzueignen. Meine Zähne zitterten aufeinander, als seine Fingerkuppen dem spitzen Verlauf meines Ohres folgten. Eilig zwang ich mich dazu, den Mund zu schließen und dennoch ließ er einem behaglichen Seufzen freien Lauf, als sich seine Finger behutsam um mein Ohr legten, sich fortan durch mein Haar schoben und ihren Standort in jedem Moment verrieten. Inniglich tasteten sich seine Lippen indessen über mein Kinn, zogen einen schmalen Pfad aus Küssen und brennend weinte meine Haut einjeder Berührung nach. Längst schon weilte die Gänsehaut dauerhaft auf ihr und dennoch vermochte es die sanfte Wärme, eine jede Pore zu durchdringen und sich bis tief in mein Inneres zu drängen, bis die Kälte nur eine Oberflächlichkeit blieb und mein Körper von gegensätzlicher Hitze erfüllt wurde. Begierig schabten seine Zähne weiter hinab, glitten tiefer zu meinem Hals und schnappten erpicht nach mir, während die Hand zu meinem Nacken gelangte. Verborgen unter meinem Haar begann sie sich zu regen, bettete sich fordernd auf ihm und kurz verspürte ich einen leichten Druck, den sie ausübte. Nicht darauf bedacht, mich dem zu widersetzen, kämpfte ich um Entspannung und doch trachteten meine Zähne verkrampft nach Halt und zittrig umschlossen die meine Unterlippe. Um die letzte Beherrschung ringend, die mir geblieben war, vergruben sich auch meine Finger in dem weichen Polster der Bank und hielten es starr umklammert. Als wäre der Druck seiner Hand nur ein Trugbild meiner Wahrnehmung gewesen, begannen seine Finger meinen Nacken mit sanftem Kraulen zu verwöhnen, unter dem er wahrhaftig frohlockte. Wehleidig verzog ich die Miene, als ich den Kopf hob, mich an jene Hand zu schmiegen und meinen Hals gleichsam freizugeben. Doch wartete ich vergeblich auf den weiteren Genuss, denn das erste Mal seit langem lösten sich seine Lippen von mir. Sie ließen ab und ebenso hielt die Hand in meinem Nacken in etwaigen Bewegungen inne, bis sie ruhig auf ihm lag und durch keine Rührung mehr auf sich aufmerksam machte. Bitter und unbehaglich fühlte sich mein Leib an... so verlassen von jeglicher Zärtlichkeit, dem Frösteln hilflos ausgeliefert... sich nach ihr sehnend. Ein zitternder Atem stieß über meine Lippen, bevor ich sie fahrig mit der Zunge befeuchtete... mich gleich eines hungrigen Tieres locken ließ. Ich hegte keinen Gräuel mehr gegen meine Augen, die geschlossen blieben, schenkte meinen Händen, die sich noch immer in das Polster klammerten, keine Beachtung und fixierte meine aufgewühlten Sinne einzig und allein auf das schnelle Keuchen, welches die Sache recht einfach gestaltete. Ich erkannte meine Bewegungen nicht wieder. Zu flüssig waren sie, zu zielstrebig und entschlossen hingegen des Zögerns und der Starre, die in meinem Glauben einer Ewigkeit entsprochen hatten. Und nun fiel all dies von mir ab...? Durch eine Begierde, die ich selbst nicht zu definieren wusste...? Fordernd wurde ich nach vorn gezogen; die Hand auf meinem Nacken erwachte zu altem Leben und wie dankte ich ihr dafür. Ein heftiger Atem entrann mir, als ich seine Lippen erneut auf den meinen spürte... erneut diese Leidenschaft, erneut diese Ungeduld, die offenbar an weiteren Barrieren verloren zu haben schien, sich in einer Intensität nach mir verzehrte, dass mein Herz annähernd schmerzhaft in meiner Brust raste und ich glaubte, die kräftigen Schläge würden gar in meinen Ohren widerhallen. Als hätte mich nie Starrheit zurückgehalten, schmiegte ich mich an ihm, fühlte mich geborgen unter seinem Griff in meinem Nacken, der mich nahezu energisch fixierte und mir zum erneuten Male etwaige Fluchtmöglichkeiten nahm... Unbeholfen versuchte ich auf den zärtlichen Kuss einzugehen, fühlte mich jedoch so matt in seiner Nähe. Ergeben lehnte ich mich an ihn, erwiderte die hitzigen Liebkosungen zurückhaltend und löste nur mit großer Überwindung die Hand aus dem Polster, ungeschickt nach seinem Arm tastend. Zittrig fühlte ich den rauhen Stoff unter meinen Fingern, versuchte mich in ihn zu haken, Halt zu finden... rutschte jedoch ab und wurde von seiner heißblütigen Art zu küssen, zurückgedrängt. Bestimmt nahmen seine Zähne meine Unterlippe gefangen, bearbeiteten sie jedoch umso liebevoller. Mein Atem raste nicht langsamer als das Herz in meiner Brust, beinahe zu übermannen schienen mich auch die kalten Schauer, die zu eisigen wurden und die Warmen, die an Hitze zunahmen, bis ich glaubte, in Flammen zu stehen... Ich wand mich, schnappte gehetzt nach Luft und sogleich wurde mein Mund wieder durch sehnsüchtige Lippen versiegelt und geküsst. Verwöhnend streichelte seine Hand noch immer jene Stelle, zeigte sich kontrolliert und zielbewusst, während die meine auch bei einem weiteren Versuch von seinem Ärmel glitt und sich rasch mit dem alten Polster zufrieden gab. Hingebungsvoll schmiegte er sich an mich, ließ kein weiteres Mal ab von meinem Mund und wieder kostete ich ihn, schmeckte und ergab mich seiner Kontrolle. Nur zögerlich schloss ich mich seinen Bewegungen an, drängte mich nur behutsam vor und überließ ihm die Oberhand. Der schnelle Atem, der uns beiden entkam, vermischte sich zu einem einzigen Geräusch aus Keuchen, welches in meinen Ohren hallte und mir die Verwirrung ein weiteres mal, wenn auch schwach und unauffällig, vor Augen führte. Wie unerfahren war ich nur in dem, was ich hier tat. Und wie stark war dennoch mein Verlangen nach dem Fremden, das ich allmählich zu erkunden begann... Seine Finger strichen über die Gänsehaut, bekamen eine Strähne zu fassen und spielerisch begann er sich mit ihr zu beschäftigen, während er meine Lippen wieder und wieder versiegelte, sich nur kurz verließ, küsste und liebkoste... bis ein Geräusch sich unter den gewohnten hervortat und ich aufschreckte, als fühle ich mich ertappt bei einem schweren Vergehen. ... welches doch so süß war, dass ich etwaige Schande auf mich laden würden, um mich dem erneut hinzugeben. Rasch war ich seinem behutsamen Griff entkommen, war seinen Lippen entflohen und saß dennoch so nahe bei ihm, dass die umhüllende Wärme an keiner Kraft verlor, als ich mich mit wachen Augen umblickte, dem Laut zu folgen und letztendlich nur zu erkennen, dass es noch immer die Suchende war, die noch nicht fündig geworden zu sein schien. Abwesend begann meine Hand zu tasten, gar ein Eigenleben zu entwickeln und absent folgten meine Augen der blonden Maid, während sie nun endlich Halt erlangte und sich versteckt in Aragorns Umhang vergrub. Laut hallten die Schritte der jungen Maid in der Halle wider, als sie diese durchquerte, sich mit scheinbarer Aufregung umblickte und sich diesmal intensiver in die Suche zu vertiefen schien. "Herr Aragorn?!" Erhob sich erneut ihre Stimme und niemand hätte sie überhören können, nein, beileibe nicht. Ich rang nach Luft und beruhigte meinen Atem soweit es mir möglich war. Es war wahrlich ein Schweres, ihn zurückzuhalten, ihn zu lindern und gleichsam die Fassung zu bewahren. Still betrachtete ich mir, wie sie stehen blieb, anscheinend gern dazu bereit, mehr Zeit mit der Suche verbringen und dafür auf einen Erfolg zu hoffen. Verloren und vertieft in diese Beobachtung, befeuchtete ich die Lippen mit der Zunge, presste sie aufeinander und spürte noch immer jenes Kribbeln in ihnen. Die Hitze auf meinem Nacken... die jedoch ebenso verflog, als Aragorns Hand von ihm glitt. Ich fühlte mich in diesen ersten Augenblicken überfordert mit der Realität, überwältigt von der Wahrheit und der Existenz anderer Dinge, die ich in jenen Momenten hatte in Vergessenheit geraten lassen. Ich blinzelte, wandte endlich den Blick von der Maid ab und senkte ihn hinab zu Boden, nicht mehr gegen die Schauer, das Kribbeln und das Zittern ankämpfend... das Beben meines Atems ignorierend und erst einmal mit der eigenen Wahrnehmung ringend. ~*~ Aragorn: Noch nie zuvor war mir die Selbstbeherrschung so entronnen, wie bei der Wärme seiner Haut, die ich unter meinen Lippen spürte... wie sehr verzehrte ich mich nach diesem Körper, nach den lauten Atemstößen, umhüllt von seiner süßen Verzweiflung, die er in seiner Unkontrolle zu unterdrücken versuchte. Und wie dankbar war ich, dass er scheiterte und ich meine Genugtuung in seiner zitternden Stimme und seinem bebenden Körper fand. Berückend verlockte mich sein Hals zu weiterer Aufmerksamkeit, heiß hauchte ich meinen Atem auf seine Haut, um ihn geradewegs wieder zu küssen und ein Andenken aus kleinen Bissen und Neckereien zu hinterlassen. Im Einklang mit meinem eigenen Puls, den ich in jeder Fingerkuppe zu spüren glaubte, schlug sein eigener und brachte mein Blut in Wallung. Dennoch schien es eher noch mein Herz zum Stillstand zu bewegen, als er mir folgte, nachdem ich ihm die Gelegenheit zur Flucht gegeben hatte. Und wie gleichgültig waren mir seine Beweggründe und umso fester war mein Griff in seinem Nacken, an dem ich ihn zu mir zog und seine Lippen erneut mit den meinen vereinte. Obgleich die Befürchtung vorhanden war, sich über eine unsichtbare Grenze zu wagen, kostete ich seine Unterlippe dennoch zum erneuten Mal und sog seinen gehetzten Atem in mich auf, als sei er purer Sauerstoff und alles, was ich zum leben benötigte. Sein Körper glühte... seine Haut war heiß wie Feuer und verlockte mich trotz alledem nur dazu, begieriger seinen Nacken zu kraulen, fester zuzubeißen, um folgend wieder an Zärtlichkeit zu gewinnen. Zu gern verbrannte ich meine Finger an ihm, meine Seele gab ich her, für diesen Augenblick, in dem ich ihm mein Verlangen aufzwingen konnte, ohne Sorgen zu empfinden. So, wie er sich zu mir lehnte, so kam ich ihm entgegen, spürte seine Brust an der meinen, seine Schulter, wie sie sich regte und doch meiner Entschlossenheit nichts entgegenzubringen wusste. Er schmeckte so verführerisch, dass ich glaubte, ich wäre trunken von einem unbezahlbaren Wein und eine jede seiner Erwiderungen nahm ich auf und beantwortete sie sogleich mit einem ergebenem Keuchen und energischen Liebkosung seiner Lippen. In meinem seltsamen Unglauben gefangen, lernte ich nun die Realität kennen, konnte nicht mehr daran zweifeln, mich in ihr zu befinden und begann meinen eigenen Bewegungen bewusster zu folgen, kontrollierter und fester zu handeln. Ich nahm die feine Gänsehaut wahr, Nackenhärchen, die sich regten. Umso ungeduldiger massierte ich sie, fuhr sie nach und voller eigensüchtiger Verspieltheit tastete ich nach einer Strähne und wickelte sie um den Finger. Verstärkend übte ich Druck auf seinen Mund aus, ließ ihn nicht zu sehr eigenmächtig eingreifen, zu sehr genoss ich diese Macht über seine Lippen. So lehnte ich mich weiter vor, war annähernd dazu fähig, ihm seine letzte Kontrolle zu nehmen und ihn gefügig zu machen, doch dann riss seine Aufmerksamkeit ab und er drehte das Gesicht zur Seite. Erst beirrt und aus meiner Habgier gelockt, öffnete ich die Augen und sah ihn an, wusste nicht, weshalb er abgelenkt wurde. Doch ebenso wenig galt dies meinem Interesse, war es mir doch einerlei, was um uns geschah. Rasch fiel mein Atem und ich neigte den Kopf zur Seite, um mich erneut seinem Hals zu widmen, hörte dann aber selbst ein Geräusch, das mich inne halten ließ. Eine geschwinde Bewegung, die sich in der Halle durch eilige Schritte bemerkbar machte. War sie es noch immer? War die Zeit nicht schon zu weit fortgeschritten, als dass sich ihre Gedanken noch um mich zu drehen gedachten? Warum schlief sie nicht in der Vollblüte einer Nacht, die schöne Träume hervorlockte? Wachend nahm ich die Hand von dem Nacken des Elben und legte sie auf meinem Schoß ab. Jedoch durch eine andere Regung abgelenkt, ließ ich flüchtig von der Beobachtung der blonden Maid ab, als sie sich suchend umwandte. Legolas' Hand hatte sich in meinem Umhang vergraben und ich erwachte nun völlig aus meiner unbeherrschten Lage. Wie weit wäre ich gegangen...? Was wäre noch alles geschehen, wenn sie nicht... "Herr Aragorn?!" Laut hallte die Stimme Éowyns in der Halle wider und ich holte tief Luft, um meinen Atem zu beruhigen. Ein Kuss... so innig und dagegen noch so schwach für alles, was noch hätte kommen können. Aber übertraf dies nicht all meinen Sehnsüchte? Hatte ich nicht genug von ihm gekostet, ohne einen Grund dafür zu kennen? Unbewusst breitete sich ein Lächeln auf meinen Lippen aus und ich begutachtete den Elben, wie er den Kopf sinken ließ und nach Atem rang. Ich hatte ihm genug zugemutet und konnte mich trotz dieser Unterbrechung wohl nicht weniger glücklich und erfüllt schätzen. Langsam schloss ich die Augen, fuhr mit der Zunge über meine Lippen und glaubte noch immer die Hitze seines Mundes auf ihnen zu spüren... so weich und glühend. So schön und rein, trotz des Verlustes ihrer Unschuld. Ein weiteres Mal und es rief mir eine verboten angenehme Gänsehaut auf meinen Körper. Noch einmal sah ich zu Éowyn, erkannte, dass sie immer noch auf der Stelle trat und abwartend umherschaute. Dann senkte ich den Kopf zu Legolas, beugte mich zu ihm und legte die Hand unter sein Kinn, um ihn einen weiteren Moment zum Aufblicken zu bewegen. Dabei lehnte ich mich weiter vor, streifte in einer kaum bemerkbaren Berührung seine Wange mit der Nasenspitze und ließ es mir nicht nehmen, anspielend seine Lippen mit den meinen zu streicheln. Diese Innigkeit gab ich nun auf, doch nicht eher, als meine Lippen noch einmal über seine Haut wanderten und einen zärtlichen Kuss auf seine Wange hauchten. Langsam sah ich auf und erhaschte seinen Blick, erwiderte ihn selbst mit meinem Lächeln, ohne zu wissen, was sich dort in seinen Augen widerspiegelte, bevor ich schließlich aufstand. Mein Rücken machte sich sofort bemerkbar und trotzdem ließ ich es mir nicht anmerken, als ich meine Schritte tat und aus dem sicheren Versteck hervortrat. Kurz bearbeitete ich meine Unterlippe mit den Zähnen, rief das Prickeln in ihr wach und lächelte dadurch umso mehr, als ich auf Éowyns besorgte Miene traf. "Wo wart Ihr?" Ihr Stimme bebte und nur schwerlich schaffte sie es, in ihren Worten einen Vorwurf zu unterdrücken. Beruhigend hob ich die linke Hand und senkte leicht den Kopf. "Verzeiht, ich war in ein Gespräch vertieft." Schelten sollte ich mich wegen dieser Lüge, und dennoch vertiefte sich mein Lächeln nur. "Weshalb sucht Ihr mich, Éowyn?" Ungläubig sah sie mich an und trat dann eilends zu mir und legte die Hände an meine rechte Schulter. Ein leises Zischen durch altbekannte Schmerzen ließ sich nicht unterdrücken und sobald ich sie erneut anschaute, schüttelte sie mahnend den Kopf. "Euer Arm sollte gestützt und Ihr im Bett sein! Ihr könnt doch Euer Leiden nicht so vernachlässigen!" Es glich einer Predigt, die ich nie von ihr erwartete, doch ich verübelte es ihr nicht und ließ mich bereitschaftlich zum Gehen bewegen. Und sie sprach und redete, während ich mich flüchtig umwandte und noch einmal einen Blick auf den Elben werfen wollte. Doch wie es sein sollte, versperrte mir eine Säule die Sicht und so wandte ich mich schließlich ab und ließ mich aus der Halle führen. Nur allmählich erreichte mich die kühle Luft, die in der tiefen Nacht herrschte, aber das Gefühl dieser Hitze ließ nicht nach. Die Maid sprach auf mich ein und mich erreichten lediglich Wortfetzen, die ich sogleich verwarf. Diese Intensität und das Beben meines Körpers hielt mir zu offensichtlich vor Augen, dass ich etwas getan hatte... das ich nicht bereute. Dass ich ihn im wachen Zustand berühren und küssen durfte... dass all das kein Traum sein konnte, ganz gleich welche Narrheit mich ergriff. Der leichte Druck der Hand, die mich stützte, verschwand, als sich knarrend eine Tür öffnete und ich in mein eigenes Zimmer zurückkehrte, dessen Hinweg ich nicht einmal bemerkt hatte. Der Schmerz in meinem rechten Bein zog sich hin und ließ mich wieder vager auftreten und doch war ich mir dem einfach nicht bewusst. "Hört Ihr mir zu?" Voller Besorgnis erklang die Stimme der jungen Frau erneut und ich blinzelte, sah sie an und wandte dann den Blick wieder ab. Ich war gefangen in einer traumhaften Erinnerung. "Verzeiht." Sagte ich nur leise und setzte mich, die Zähne zusammenbeißend, auf das Bett. Ihr entrann ein schweres Seufzen, als sie sich einen Schemel nahm und sich vor mich setzte. Sie schüttelte den Kopf, während sie den Arm ausstreckte und nach einer Schüssel griff. "Stetig neigt Ihr dazu, Euch selbst zu vernachlässigen, dabei seid Ihr schwer verwundet." Ich brachte ein entschuldigendes Lächeln zustande und zog das Hemd aus. "Verzeiht." Sagte ich noch einmal und begann zu grinsen. Behäbig streckte ich den rechten Arm aus, stockte durch ein unangenehmes Ziehen in der Bewegung und rieb die Finger aneinander. Meine Mimik änderte sich nicht, obgleich ich den alten Schmerz wieder deutlich wahrnahm. Und erneut erhob sich die Stimme der Maid, begann zu berichten und zu erzählen, zu mahnen und ihre Sorgen auszusprechen, trotz meines Gesichtsausdrucks, der kein Leid offenbarte. Mir ging es gut und ich konnte nicht klagen... keinen Augenblick lang. *~*~*~*~*~* ........ ....... einmal tief durchatmen... und weiter geht's. ^_~ ... .. . Hallo allerseits! ^_~ Ich dachte, ich nehme mir mal zwischendurch Zeit, euch zu antworten. Immerhin gebt ihr euch so viel Mühe und schreibt so herrliche Kommentare. Da ist es doch nur angemessen, dass ich darauf eingehen. Sope, und das mach ich jetzt. ^^ Leider fehlt mir gerade die Zeit, auf alle eure Kommentare einzugehen, also beschäftige ich mich nur mit den letzten. Ó.ò Nehmt es mir nicht übel, ich werde so etwas vielleicht öfter machen, aber gerade wäre ich restlos überfordert, wenn ich alle Fragen beantworten, und auf alle Eindrücke eingehen würde. *seufz* *euch allen Blümchen und Lollis geb* ^_________^ **~~**~~**~~**~~**~~**~~**~~**~~**~~**~~**~~**~~**~~**~~**~~** @ Hamster-Viech: Ja mai, einen zuckrigen Namen hast du dir da ausgesucht. >____< Wir wollten das Kapitel eigentlich nicht so erschreckend gestalten. Es sollte lediglich eine kleine Erholungsphase sein, bevor es zwischen den Beiden ernst wirst. Gut, es ist scheinbar nach hinten losgegangen... -___- Was soll's, bleiben wir mal optimistisch. Im diesem Kapitel haben wir die Beziehung der beiden ja auch etwas verdeutlicht... oh ja... U///Û Es sollte aber auch eine Art Wiederholung werden, immerhin ist es wichtig, dass man sich an die wichtigsten Vorkommnisse der Story erinnert, die Anlässe, die wichtigen Dinge, die zwischen den Beiden passiert sind. Natürlich ist es zuerst ungewohnt, Legolas so zu erleben, aber gerade dieses Ungewöhnliche ist doch das Faszinierende, oder? Einfach mal etwas wagen, das tun, was einem gefällt. Riskante Situationen schaffen und, wie man weiß, neige ich dazu, meine Charaktere leiden zu lassen. Ne, also sooowas~ >____> <____< Ließ sich nicht vermeiden, das ist angeboren; gib meinen Eltern die Schuld. Die haben den Mist (mich) verzapft. *drop* Aber wie du siehst, biegt Aragorn die Sache wieder gerade. Er kümmert sich und es wäre doch merkwürdig, wenn sich Legolas' Zustand dadurch nicht wenigstens etwas bessern würde, oder? Mir jedenfalls, würde es sofort wieder gut gehen. *________* Und wir sind und bleiben fleißig. Gut... in den letzten Tagen haben wir die Geschichte etwas schleifen gelassen, aber wir haben uns so wundervolle Dinge vorgenommen... dass wir aus diesem klitzekleinen Tief ganz fix wieder rauskommen. Ohh... * Hände reib* Danke für das Lob. >____< Ich fessle gern und meine Leser besonders. *knuddl* Lüb dir auch. XD~ *~~~~~~~~~~*~~~~~~~~~*~~~~~~~~*~~~~~~~*~~~~~~*~~~~~*~~~~*~~~*~~*~* @ kawaii_kamy Dankeschön. ^_~ Was das Bild angeht, da musst du dich größtenteils bei Jay bedanken. Immerhin hat sie es zurechtgebastelt und ich hab sie nur durch's Telefon angefeuert. U__U Zuerst hatten wir die Augen richtig blutunterlaufen, aber das sah dann doch zu zombiehaft aus und so sehr wollten wir ihn nun auch wieder nicht verhunzen. Ó_ò Ich finde diese Augen auch herrlich... aber, wie schon gesagt, kein Dauerzustand. Natürlich wird das milde Blau zurückkehren. Was wäre ein Elb ohne sanfte Augen? *seufz* Der innere Kampf, den Legolas zu führen hatte... ich glaube, ich bin nicht darauf eingegangen, weil es zu tief gegangen und zu kompliziert geworden wäre. Und das größtenteils für mich. Also ich gebe offen zu, ich wäre damit etwas überfordert gewesen und so tief kann ich mich dann doch nicht in ihn vertiefen. Das ist eine Sache, die man nur schwerlich nachvollziehen kann, also macht man es sich leicht und überlässt es der Fantasie des Lesers. Gomen... ;__; Aber manchmal bin ich auch überfordert. Ein Teil seines Leidens habe ich ja beschrieben und danach fragte ich mich: Was kann es denn Schlimmeres geben? Ist da eine Steigerung möglich? Wie zur Hölle soll ich das beschreiben?! Y°o°Y ... und dann entschied ich mich für das, was du gelesen hast. Nimm mir das bitte nicht übel, ja? Du konntest nicht nachvollziehen, weshalb Legolas so schweigsam ist? Weil er in sich selbst gefangen und bis in's Tiefste verunsichert war, sich unwohl fühlte, sich selbst nicht unter Kontrolle hatte. Nachdem man so eine Hürde überwunden hat und anschließend dennoch unter den Folgen leidet, ist es doch verständlich, dass er nicht sofort wieder der Alte ist. Erst muss er sich selbst wieder zu fassen bekommen, sich Stärke aneignen, sich erholen. Er ist einfach überfordert und seinem eigenen Leib gegenüber fremd. Er verachtet ihn zu diesem Zeitpunkt, verbirgt die Male vor anderen. Für ihn ist es vielleicht eine schwere Zeit, doch eine weitere Chance für Aragorn, seine Selbstlosigkeit zu beweisen. =___='' Da hast du völlig recht. Die Verantwortung für andere übernimmt er jederzeit, aber die Eigenverantwortung die rutscht mal ganz schnell in die hinterste Ecke des Köpfchens. So ist er nun einmal... und genau das liebe ich am meisten an ihm. *__* Aber, keine Panik, für diese ganzen Umstände und Strapazen wird sich Legolas noch öfter revanchieren. >__<''' .... Schuhe...? Schuhe. -__- Oi oi oi... es ist falsch, so tiefgründig zu werden, nicht wahr? Wenn man sich immer so gründlich mit den kleinsten Sachen beschäftigt, vergisst man glatt das Gröbste. Maah... du hast mich erwischt... mein Fehler. Q____Q Danke nochmal für die lieben Kommentare! ^__^ Ich freue mich über jeden einzelnen und über solche direkten ganz besonders. *grins* Ich werde mir bald nochmal Zeit für so ein Plapperstündchen nehmen und eurem tollen feedback auch ein feedback geben. ^_~ *~~~~~~~~~~*~~~~~~~~~*~~~~~~~~*~~~~~~~*~~~~~~*~~~~~*~~~~*~~~*~~*~* @ abranka Aufwühlend? Ein besseres Lob kann man bei einer Kampfszene nicht bekommen. ^///^ Danke. *smile* Ich liebe es, so etwas zu beschreiben. Da wird man selbst ganz hibbelig und wenn es den anderen dann auch noch gefällt... was will man mehr? ôo Wir wollten den Kampf zwischen Legolas und dem Morgulfürst etwas hervorheben, wollte auf jeden Fall verhindern, dass er nur einer unter vielen wird. Dafür war er aber wohl auch zu lang und zu intensiv. Dass der Elb nicht unverletzt aus diesem Kampf hervorgeht, lag nicht nur daran, dass dieser etwas Besonderes werden sollte. Wie du sagtest, es ist nur logisch. Die beiden waren der perfekte Gegensatz zum anderen, da gab es keine Verbindungen, nur Unterschiede, wie sie krasser nicht sein können. Es ist doch nachvollziehbar, dass es Folgen haben muss, wenn zwei solche Wesen aufeinandertreffen. Es ist dasselbe Prinzip wie mit den Augen des Elben, die glasig und leblos wirken, nachdem er das Schlimmste überstanden hat. Kurz sah man die Narben auf Eowyn's Arm und da es ein Mal ist, das Legolas selbst nicht übersehen kann, haben wir uns prompt auch dafür entschieden. Es passt wie die Faust auf's Brot und die Wurst auf's Auge, wie Jay und ich immer zu sagen pflegen. XD~ Ich finde es wirklich spannend, das Wesen des reinen Geschöpfes einmal so zu verändern, aber es wäre strapazierend und zermürbend, wenn es so bleiben würde, also wird all das vergehen und Legolas wird wieder zu sich finden. Und natürlich... Aragorn, dein Job. *Aragorn vorschubs* ^^ Ja, das Vertrauen. Beide sehen es vermutlich als Selbstverständlichkeit an und bisher hat scheinbar nur Aragorn bemerkt, wie wichtig und intensiv es ist. Und zwischen ihnen wird es mehr als nur Vertrauen geben. Eine wundervolle Sache. *schmacht* Danke für deine Aufmerksamkeit. Versteht sich von selbst, dass ich euch bescheid gebe, wenn die neuen Kapitel zu früh oder zu spät kommen. Werde ich auch weiterhin versuchen. Wir sehen uns im nächsten Kappi. >< *~~~~~~~~~~*~~~~~~~~~*~~~~~~~~*~~~~~~~*~~~~~~*~~~~~*~~~~*~~~*~~*~* @ Jet-chan Japp, armer Legolas. Ó.Ò Aber auch wenn er viel durchmachen muss, alles geht einmal vorbei und selbstverständlich werden auch die Narben verblassen, wenn er sich selbst stärkt und festigt und auch noch durch fremde Hand Kraft findet. ^^ Aber ich verrate dir mal, dass sich die Geschichte von diesem Zeitpunkt an entspannt. Auf die beiden kommen schöne Zeiten zu, an denen bestimmt nicht nur wir Freude finden werden. Oh, wir haben so einiges geplant. *,,* Also nicht verzagen. *auch mit fähnchen schwenk* Deine treue Schreiberin. ^^ *zurückschleim* *~~~~~~~~~~*~~~~~~~~~*~~~~~~~~*~~~~~~~*~~~~~~*~~~~~*~~~~*~~~*~~*~* @ Kazorika Du machst unkontrolliert Heiratsanträge? Eh? <____< >____> @___@ Wie kommt das denn? Es freut mich ja unglaublich, dass wir dir den Tag versüßen, aber mit dem Heiraten solltest du vorsichtig sein. Die Ehe wird schneller langweilig, als man denkt. Und wenn du dann noch ein paar davon hast...? Gleichzeitig...? Hätte ich gewusst, dass diese Story die Leser so verulkt... eijeijei... >__< Ich fasse es einfach mal als Lob auf um bedanke mich auch ganz herzlich für die Zeit, die du für diese Geschichte opferst. Ich weiß es zu schätzen, dass sie anderen so gefällt. Eine rieeesige Freude. XDD *zappel* *hampel* Uff... +__+ *auch verbeug* *umfall* *~~~~~~~~~~*~~~~~~~~~*~~~~~~~~*~~~~~~~*~~~~~~*~~~~~*~~~~*~~~*~~*~* @ Silverslayer Jaaa... ein durchdrehender Legolas. Ich liebe es, solche eindeutigen Charaktere zu verändern und wenn sie ausrasten... das sind einfach herrliche Emotionen, die man nur zu gern wachruft. Herrliche Emotionen... jedoch auch etwas verräterisch, nicht wahr? Er rastet aus und versteht es selbst nicht... seine Naivität ist göttlich. *__* Du warst von Aragorn enttäuscht? Ó_ò Dabei haben wir doch versucht, es nachvollziehbar zu gestalten. Er will niemanden in Gefahr bringen und besaß auch andere Gründe, um den Weg alleine zu gehen. Vielleicht weißt du selbst, wie hart Liebe sein kann. Es ist nur menschlich, dass Aragorn vielleicht doch Fehler macht, vorschnell handelt und falsche Entscheidungen trifft. Das ist ein so verworrenes Knäuel... und wenn man die Liebe erklären und begründen könnte, würde sie doch gleich weniger interessant und spannend sein, oder? ^___^ Tu dir keinen Zwang an... deine Meinung interessiert mich genauso, wie die der anderen. *smile* Bloß nicht so bescheiden! *knuddl* *~~~~~~~~~~*~~~~~~~~~*~~~~~~~~*~~~~~~~*~~~~~~*~~~~~*~~~~*~~~*~~*~* @ LizzyCurse Geniales RPG? Njam... wir sehen das eigentlich gar nicht mehr als RPG. So hat es nur angefangen und nun ist es doch irgendwie wie eine richtige Geschichte, oder? Ich freue mich, dass man es genießen kann... so ist es gedacht und es ist wirklich schön, so positives feedback zu bekommen. Geschichten in RPG-Stil schrecken die meisten ab... mich zumindest. *drop* Aber es gibt auch gute RPG's, also immer vorsichtig mit den Vorurteilen. Ich jedenfalls, habe schon öfter welche gefunden, die das bewiesen haben. Natürlich hoffst du richtig. Das war erst der Anfang, bisher vielleicht erst die Hälfte der Geschichte und es wird noch so viel passieren... dO__Ob *großer HDR-Fan ist* ^______^ *~~~~~~~~~~*~~~~~~~~~*~~~~~~~~*~~~~~~~*~~~~~~*~~~~~*~~~~*~~~*~~*~* So, das war's erst einmal von mir. Sollte ich jemanden vergessen haben... *verbeug* Das war keine Absicht. Fall es wirklich so sein sollte, werde ich alles mit dem nächsten Plauderstündchen wieder gut machen. Aber um eine Frage, die oft gestellt wurde, noch zu beantworten: Die ersten zwölf Kapitel heißen lediglich "eins, zwei, drei, vier, fünf..." auf elbisch. Aber es sieht besser aus, nicht? >__< Ab 12 sind die elbischen Zahlen leider unbekannt, also stehen von da an einzelne Worte für die Kapitel, die ich zu Beginn des Kapitels auch gleich erkläre. Sollten noch andere Fragen auftauchen oder wenn ihr auch über etwas anderes tratschen wollt... nur sagen. ^_~ Ich freu mich, dass ihr die Geschichte so aufmerksam begleitet, verfolgt und uns immer wieder Ansporn gebt. Liebe Grüße Mono Kapitel 17: *~milui~* --------------------- ~~*~~*~~*~~*~~*~~*~~*~~*~~*~~* milui - liebenswert ~~*~~*~~*~~*~~*~~*~~*~~*~~*~~* Legolas: Es war, als hätte das Erscheinen der Maid das Ende eines Traumes bedeutet und die Amosphäre wirkte so anders auf mich, als wir nebeneinander saßen, schweigsam und annähernd reglos... wie zu Beginn auch. Zugegeben, tief in meinem Inneren veriet sich ein Gefühl der Erleichterung, eine Einsicht ohnegleichen, die für die Ablenkung und die Rückkehr in die Realität dankbar war. Doch nicht weniger labte ich mich am zurückbleibenden süßen Kribbeln, welches die Innigkeit, die unvermittelt aus unserer Freundschaft aufgestiegen war, zu einer Ewigkeit werden ließ und mich glauben machte, noch immer seinen Lippen zu erliegen und mich ihnen entgegenzustrecken. Doch tat ich dies nur mental und er saß still neben mir. Aus weiter Entfernung schienen die Schritte Eowyn's zu mir zu dringen und ebenso unwichtig schienen sie, keiner Beachtug wert, zu der ich in diesen Augenblicken wohl nicht imstande war. Doch waren für sie scheinbar für ihn von Wichtigkeit und der Grund, weshalb er mich verließ. Seine Regung, seine erste Bewegung, mit der er sich mir näherte, ließ mich wissen, dass dies der Abschied war und ich wusste nicht, mit welchen Gefühlen ich dem gegenüberstand. Doch rasch öffnete ich die Augen, als ich seine Hand an meinem Kinn spürte, seine Finger und denselben Druck, dem ich mich gern fügte. Ergeben hob ich den Kopf, blickte ihn an und bevor meine Augen ihn erfassen konnten, erreichte er mich. Mit derselben Intensität, mit demselben Erschaudern spürte ich, wie seine Nasenspitze meine Wange strich. Nur kitzelnd und dezent und doch so voller Auswirkung, dass ich mich zum erneuten Mal kaum bewegen konnte und den Kuss, den er auf meine Lippen hauchte, nur stockend und zu spät erwiderte. Annähernd entging mir dadurch die weitere Begegnung seiner Lippen mit meiner Haut, die sanft liebkost wurde... und dann entzog er sich mir. Es blieb mir ein kurzer Augenblick gewährt, in dem ich Zeit fand, sein Gesicht zu erblicken, seine Augen... die nicht weniger lächelten, als die Lippen. Beirrt und uneins mit mir selbst, brachte ich keine Erwiderung zustande, ließ ihn reglos und untätig ziehen und nur mein Blick verriet die Lebendigkeit meines Leibes, als er ihm aufmerksam folgte. Als ich ihn beobachtete, wie er auf die Beine kam. Keine Schwäche schien mehr auf ihm lasten, kein Schmerz, keine Verletzungen, die all dies hervorriefen. Sicher schien er auf den Beinen zu sein und ruhigen Schrittes ging er davon, zwischen den Säulen hindurch, um sich zu zeigen und dem Schicksal zu ergeben. Doch verlor ich keinen Gedanken an seine Tapferkeit, derer Last er sich mir gegenüber entledigte. Ich tat sein aufrichtiges Verhehlen unaufmerksam ab und sobald die Säulen ihm meines Blickes entzogen, wandte ich diesen ab. "Wo wart Ihr?" Vernahm ich sogleich die Stimme der besorgten jungen Frau und dies war gleichermaßen das Letzte, was zu mir drang. Deutlicher denn je, wurde ich mir meiner verkrampften Haltung bewusst und ließ die Schultern sinken, in denen sich die Muskeln verspannt hatten und nun erschlafften. Durch einen tiefen Atemzug unterstrich ich meine Ruhe, lehnte mich zurück und spürte jene Wand in meinem Rücken. Als würde ihnen mein Wille nichts bedeuten, senkten sich meine Lider und während sich Schritte erhoben und allmählich von mir entfernten, streckte ich auch die Beine von mir und faltete die Hände auf dem Bauch. Und lange Zeit konzentrierten sich meine Empfindungen und Gedanken nur auf den eigenen Leib, ohne sich dem Sinnieren hinzugeben, welches ich in diesen Momenten nicht benötigte... nicht vermisste. Längst schon, schien sich mein Körper beruhigt zu haben, doch war der äußere Anschein trügerisch und in meinen Venen pulsierte das Blut ebenso mächtig, wie meine Hände zitterten und so stark wie das Verlangen, dem ich mich immer und immer wieder ergab... die Lippen aufeinanderpresste, schmeckte, sie stumm bewegte. Eine jede Berührung seiner Hände, seines Mundes, seiner Zähne, seiner Haut... schien auf der meinen brennende Spuren zu hinterlassen, die jedoch alles andere als qualvoll waren, kitzelnd und prickelnd auf sich hinwiesen und ebenso rasch an Kraft verloren, wie sie an ihr gewannen. Längst schon, hatten sich die Liebkosungen meiner Haut entzogen und dennoch war diese noch immer geprägt von kalten Schauern, unter denen sich die Härchen aufrichteten, als gönnten sie mir solch eine ausgeprägte Erinnerung, die selbst die Vergangenheit zur Gegenwart machte. Noch immer schien mir der gesunde Verstand und die Kontrolle fern zu bleiben, doch sehnte ich mich auch nicht danach, versuchte ihre Rückkehr gar schneller herbeizuführen. Denn... ich fühlte mich... gut. Zwar auf eine undefinierbare, annähernd lähmende Art, doch auf ebenso wohlgefällige und beglückende Weise, die ich in ihrer Einzigartigkeit nicht zerstören wollte. Was sollte ich mich mit Erklärungen beschäftigen? Mit Ursachen? Was sollte ich meine Einstellung ergründen? Mein Denken und Handeln? Weshalb sollte ich die süße Erinnerung jener Geschehnisse mit unangebrachten Zweifeln trüben? Zweifel an unserem Tun und Lassen? An ihm? An mir? Ich fühlte mich gut... Und als wäre die vergangene Nacht, die mich Furcht und Verzweiflung gelehrt hatte, nicht viel mehr als ein bedeutungsloser Alptraum, schienen meine Erinnerungen an sie für kurze Zeit zu verblassen... Als wäre all dies nicht reell... Als wären in den letzten Tagen andere Dinge geschehen... Doch brachten mich diese vorfreudigen Eindrücke schneller in die alte Beklommenheit zurück, als es mir lieb war und ein Traum schien sich dem anderen zu ergeben. Als ich die Augen öffnete, sah ich weniger die Halle, in der Aragorn soeben noch neben mir gesessen hatte, als die, die sich dunkel, einsam und abgeschieden um mich auftat. Ich blickte um mich, reglos und doch aufmerksam, betrachtete mir die hohen Säulen, ihre Strukturen und die kunstvollen Sockel, den marmornen Boden und die Kerzen, die noch immer flackerten. Meine Augen schweiften zur Seite, kurz blinzelte ich und es erfüllte mich mit Furcht, dass mich der Alptraum erneut zu umfangen schien und damit drohte, sich als Realität zu enthüllen. Verwirrend schien ich von einem Gedanken in in den nächsten gerissen zu werden und wieder schloss ich die Augen, um dem zu widerstehen, bestenfalls dagegen anzukämpfen und mir selbst ein Schutz zu sein. Tief atmete ich ein, kurz regten sich meine Hände, bevor sie sich voneinander entfernten, zu den Seiten meiner Hüften auf das Polster hinabsanken und dort reglos verharrten. Durch Desinteresse schien auch jene süße Wirkung zu verebben, bis kein Kribbeln mehr auf sich aufmerksam machte, mich kein Zittern mehr befiel und ich still sitzen blieb. Doch nicht lange, denn bald hob ich den rechten Arm, zog den Ärmel hinauf und entblößte ihn. Ich wusste nicht, weshalb ich mir jenen schmerzvollen Anblick erneut aufzwang. Ich wusste nicht, weshalb es mir so danach verlangte, es erneut zu erblicken und ich starrte auf das verfluchte Siegel... das grauenvolle Gedenken an jene Kreatur, welches ich trug. Ein Bild bot sich mir... nicht entsetzlicher als zuvor... ebensowenig milder. Es war einfach da, doch während ich es mir betrachtete und den dunklen Furchen mit den Augen folgte, gab es neben alledem noch etwas anderes... Ich bettete den Arm auf meinem Schoß, lehnte den Hinterkopf gegen das Gestein und verengte grüblerisch die Augen. Ja... da gab es noch etwas... Ich glaubte, den Hauch eines Lächelns auf meiner Miene zu spüren. Ein Lächeln, welches mir nicht weniger Wärme schenkte, als ein anderer. Ich zwinkerte, wurde mir der unverhofften Gestik bewusst und senkte die Lider. Nähme ich lieber einen Fluch auf mich, als Aragorns Tod? Kämpfte ich lieber mit einem Schandfleck, als den Rest des immerwährenden Lebens mit der Sehnsucht? Die Ewigkeit, erfüllt mit belastender Verwünschung... Die Ewigkeit, ohne den liebsten Gefährten... Seine Anwesenheit, hier... nein überall... sie war es, die selbst die Pein des Schattens linderte und aus einer Wahl, bei der man nur verlieren konnte, einen Erfolg und einen Sieg von unermesslichem Wert machte. Wie könnte ich nur über jene Narben klagen, wenn er gleichsam bei mir war und die Realität wie Träume erschienen ließ, die in ihrer Friedlichkeit und zugleich seiner wunderbaren Nähe unmöglich der Wahrheit entsprechen konnten? Wie tief sollte ich mich noch fallen lassen? Und ich wusste die Antwort. Weshalb fallen, wenn der Sinn des Sturzes ausblieb? Seine Hand erreichte mich... ganz gleich, wie tief ich sank. Bald erhob ich mich, den Weg zu meiner Kammer zu finden und dort zur Ruhe. Nur nachlässig streifte ich den Ärmel hinab, als auch ich zwischen den Säulen hervortrat, hinaus in die Halle, in der ich nun alleine war. Mit ruhigen Händen streifte ich den Umhang zurück, zog den Kragen näher zum Hals und schloss den wärmenden Stoff um meinen Körper. Und ich begann zu spazieren, entspannt meinen Weg suchend und mir zum ersten Mal der Schönheit der Nacht bewusst werdend. Viele Durchgänge verlockten durch frische Brisen dazu, hinauszutreten und von hohen Plateaus die Gegend zu überlicken. Oft tat ich dies und verharrte lange an besonderen Stellen, während mein Mantel im Wind tanzte und ich in seinen trockenen Böen blinzelte. Weit blickte ich gen Horizont, doch drangen meine Augen nicht weit genug und für kurze Zeit fühlte ich mich verunsichert, gar angespannt und ich hoffte, dass mir die alten und wichtigen Fähigkeiten alsbald wieder anvertraut wurden. Doch war es in dieser Nacht wohl auch die Schwäche, die meine Sicht hemmte und meine Gedanken rasch dazu bewegte, in pessimistische und erdrückende Richtungen zu driften. So entsagte ich bald den Ausblicken und der erfrischenden Nacht, kehrte zurück in die könglichen Säle und Gänge und ich benötigte keine lange Zeit, um den vertrauten Flur wiederzuerkennen, durch den mich Aragorn geführt hatte. Ja, die stolzen Banner erweckten Erinnungen... ich hatte ihnen keine Beachtung geschenkt und doch erkannte ich sie wieder und sendete ihnen nachdenkliche Blicke, als ich an ihnen vorüberzog. Was nur, fragte ich mich, musste Aragorn fühlen, wenn er sie erblickte? Die Wahrzeichen seiner Bestimmung, der er den Rücken gekehrt hatte und die nun doch wieder nach ihm griff? Ich holte tief Luft und beinahe verschluckte ich mich vor Schreck an ihr, als eine Tür aufsprang, nicht weit von mir entfernt. Laute Schritte drangen an meine Ohren, übertönt von einer energischen rauen Stimme. "Soll das heißen, niemand trägt Verantwortung für diese Stadt?!", grollte sie und ich hielt inne, blieb stehen und erkannte den Zwerg, der in den Gang hinaustrat, wild mit den Händen gestikulierend und scheinbar tief in ein Gespräch vertieft. "Wenn der Truchsess wirklich den Tod fand, dann... ah!" Auch ich wurde erspäht und während Gimli stehen blieb, erschien Gandalf bei uns, mit dem er diskutiert haben musste. Ausdrucksstark waren ihre Augen, als sie sich auf mich richteten, erfüllt von Fragen und anderweitig... von merkwürdiger Gewissheit. Entspannt hielt seine Hand den weißen Stab und er stützte ihn neben sich, als er dort stand und mir ein Lächeln schenkte, als wäre dies unsere erste Begegnung nach einer langen Zeit der Trennung. Murmelnd und raunend trat Gimli auf mich zu und ich selbst suchte in Gandalfs Gesicht die Antwort... das Wissen, welches er besaß und die Gedanken, die er nun hegen musste. Nicht alle Erinnerungen waren verblasst. Auch ihm schuldete ich meinen Dank, vielleicht sogar mein Leben... Tiefgründig und und scheinbar mit nicht weniger Gedanken kämpfend, erwiderte er meinen Blick und Gimli erreichte mich. "Was ist?!" Er trat so nahe an mich heran, dass er seinen Kopf in den Nacken legen musste, um zu mir aufzublicken. Mit verschränkten Armen baute er sich vor mir auf. "Bist du so blind, wie du aussiehst?! Ich stehe vor dir, erst das zweite Mal seit drei Tagen und dennoch könntest du dich, wenn auch nur kurz, mit der Realität beschäftigen und mir Beachtung schenken!" Ein unauffälliges Zucken durchfuhr Gandalfs Miene und seine Auge waren es, die sich zuerst und durchaus mahnend auf den Zwergen richteten. Auch seine Lippen wollten das Wort sogleich erheben. "Was stellst du dergleichen Fragen?", erwiderte ich und kam ihm somit zuvor. "Für wahr, es wäre schwer, dich zu übersehen, mehr noch, dich zu überhören. Du stampfst und schreist, dass es nahe des Unmöglichen liegt." "Oahr." Verblüffung spiegelte sich in den Augen des Zwergen wider und stockend ließ er die Arme sinken, bevor er sich zu Gandalf umdrehte. "Hast du das gehört?! Der Elb treibt einen schlechten Scherz mit mir!" "Einen schlechten Scherz?" Die Stimme, die sich erhob, widersprach der Anspannung, die soeben noch in seiner Miene aufgeblitzt war. Annähernd wirkte er zufrieden und erleichtert, als sich das alte Lächeln auf seinen Lippen entfaltete und er in ruhigen Schritten zu uns trat. "Oder spricht er nur die Wahrheit?" "Die Wahrheit?!", stieß Gimli erschüttert aus und wandte sich von einem zum anderen, als fühle er sich bedrängt und von beiden Seiten angegriffen. "Trage ich etwa die Schuld an seiner unscheinbaren Gestalt und seiner leisen Stimme?!" Und er schlug mir gegen den Arm, allein zur Untermauerung seiner Worte, denn beinahe brachte mich er mich aus dem Gleichgewicht und Gandalf legte die Hand auf seiner Schulter ab, ihn zurückzuhalten in seiner direkten Art, in der er gern gewisse Dinge übersah. "Der morgige Tag wird euch noch genug Möglichkeiten bieten, über all das zu debattieren", meinte er beschwichtigend und der Zwerg brummte. "Soeben waren wir auf dem Weg zu unseren Unterkünften und es ist an der Zeit, ihn nun fortzusetzen." "Nun gut." Mürrisch schabte Gimli mit dem Fuß über den Boden und schickte mir einen strengen Blick, bevor er an mir vorbeistampfte. "Wie haben morgen ein bedeutsames Gespräch zu führen!", erinnerte er mich und ich sah ihm nach, bis auch Gandalf an mir vorbeiging. Langsamer als der Zwerg, ruhiger und beiweitem aufmerksamer. "Versuch Ruhe zu finden." Sachte legte sich seine Hand auf meine Schulter und knapp begegneten sich unsere Augen. "Der morgige Tag wird lang und schwer... so wie alle, die folgen werden." Ein vergängliches, undefinierbares Lächeln, dann ging er fort und ich drehte mich ihm nach. Jedoch nicht lange, bis sie ruhigen Schrittes und das alte Gespräch aufnehmend, in einen Quergang einbogen und somit verschwanden. Und auch ich setzte meinen Weg fort, nun vielmehr über andere Dinge sinnierend, die mir der Zwerg unwillkürlich in das Gedächtnis gerufen hatten. Trotz all diese Momente, die in ihrer Art so niederdrückend und quälend waren... Trotz der Augenblicke, in denen allein die Angst herrschte... Noch weiteres stand uns bevor und auch Gandalf hatte dies gesagt. Viel, viel mehr noch, als das Erlebte, gar grausamer und tückischer, als das, was die Vergangenheit beinhaltete. In Gedanken versunken, öffnete ich hölzerne Tür und trat in meine Kammer. Annähernd entgingen mir die eigenen Bewegungen und meine Aufmerksamkeit lenkte sich erst wieder auf das Hier und Jetzt, als ich in dem Raum stand und die Tür hinter mir geschlossen war. Schweigsam besah ich mir das Bett, auf dem sich die Laken überlappten und unordentlich waren... die steinernen Wände, der kalte Boden und das Fenster, auf das sich ein imenser Teil meiner Beachtung legte. Einst hatte hellichter Tag dahinter gelegen, die Strahlen der Sonne, die meine Dunkelheit nicht zu durchdringen vermochten... und nun war es dieselbe Finsternis, in die ich hinausblicken konnte. Sterne leuchteten am annähernd schwarzen Nachthimmel und intensiv war der Schein des Mondes, gar so gleißend, dass diese Nacht heller wirkte, als der Tag, auf den sie folgte. In meinen Augen schien dies so und es erfüllte mich beinahe mit Verwirrung, als ich mich drehte, mir die Wände zum erneuten Mal betrachtete. Sie, die mich gespenstisch umgeben hatten. Der Boden, auf dem ich kauerte... Ich erkannte all das in den unauffälligen Eigenschaften wieder und dennoch meinte ich, mich in einem anderen Raum zu befinden. Nicht in dem Zimmer, in dem ich der Verkümmerung gefährlich nahe gekommen war. Vielmehr war es nun der Ort des Friedens, an dem ich Ruhe und Erholung finden konnte, in dem ungestört blieb. Diese plötzliche Wahrnehmung, die sich von der alten so unterschied, bereitete mir irritierte Grübelei, als ich langsamen Schrittes zu jenem Bett ging, mich drehte und behutsam auf der Kante niederließ. Was nur, rief all dies in mir hervor? Die Aufopferung eines mir teuren Menschens? Seine Bemühungen, die anfänglich so hoffnungslos schienen und dennoch ungeahnte Auswirkung hatten... Ich spürte, wie sich meine Miene zaghaft verzog und ertappte ein Lächeln, welches sich sanft auf meine Lippen geschlichen hatte. Lange dachte ich an den einen... lange grübelte ich über ihn und gleichsam über das, was zwischen uns geschehen war. Unter einem tiefen Atemzug legte ich mich nieder, bettete den Kopf weich auf den Kissen und faltete die Hände auf der Brust, um mir entspannt die Strukturen der steinernen Decke zu betrachten. Viel hatte sich in der heutigen Nacht zugetragen. So viel... Fremdes, Unbekanntes... Verwirrendes, das mich jedoch nicht mit Furcht oder Unsicherheit belud. Vielmehr nahmen diese Dinge die Plätze der Tatsachen ein, die bereits hinter mir... hinter uns lagen und an deren Anlässe man nicht zweifeln musste. Nun... ich fand mich überfordert in diesem Gewirr aus Berührungen, Gefühlen, Emotionen und Empfindungen. Eine jede Begebenheit ludt dazu ein, ergründet zu werden und annähernd sträubten sich meine Gedanken dagegen, sich nun damit auseinanderzusetzen. Sie sehnten sich nach Erholung und das nicht weniger als ich selbst. Längst schon, schienen sie erlahmt zu sein, um die geruhsame Meditation zu empfangen. Sie waren mir nicht mehr von Diensten und ich wollte sie nicht dazu zwingen, es zu sein. So ergab ich mich bald meiner selbst und schloss die Augen, um ihn mich zu gehen und der Realität zu entsagen. Weitere Tage würden kommen, weitere Momente, in denen mein Geist klarer war und sich Gedanken leichter führen ließen. Augenblicke, in denen ich mich der Herausforderung gewachsen sah... Und ich konnte beruhigt sein, denn nichts in mir verriet Beklommenheit, nichts wies auf Anspannung hin und während ich hinabdriftete, war mein Herz befreit von etwaiger Last und ich zufrieden. ~*~ Aragorn: Ich wollte noch immer versteckt in dieser Nische hocken, meinen Schmerzen entsagen und in vollendeter Trance die Lippen des Einen küssen, der sich mir entgegenneigte... Mein Arm offenbarte mir stärker die Schmerzen des Aufpralls. Ebenso die Seite, die mit einer dunkelroten Abschürfung und vielerlei blauen Flecken an den harten Fall erinnerte und mich in die Realität zurückholen wollte, während ich mich nach dem heißen Atem des Elben sehnte. Das Geschehnis verbarg sich jedoch allmählich hinter nebligen Erinnerungen und ich wollte sie wachrütteln, um mich an die Wärme und Hingabe zu klammern. An die zarte Haut und die weichen Lippen... an den berückende Hals, der zu meiner absoluten Zuneigung einlud. Vorsichtig tasteten sich die Finger der blonden Maid über die Wunden, testeten wie weit sich der Schmerz ausbreitete und reinigte sie dann. Und sie sprach noch immer. Leise und geruhsam, gleichsam warf sie mir Blicke zu und ich war erleichtert, als ich ihr schließlich mit dem Rücken zugewandt saß und sie nicht bemerken konnte, wie sehr ich mich abschottete und träumte. So lange war es her, dass ich mich mit meinem ganzen freien Willen an vergangene Ereignisse erinnerte. Wie weit wären wir wohl gegangen...? Ich war mir sicher, dass ich mir selbst keinen Einhalt geboten hätte. Weshalb sich Legolas mir so derart näherte... weshalb er all dies zuließ. Dies waren Fragen, denen ich mich in aller Ehrlichkeit nicht stellen wollte. Er hatte es getan und ich hatte es genutzt. Langsam schloss ich die Augen, legte den Kopf in den Nacken und rief mir seine schöne Stimme durch all sein Keuchen in mein Gedächtnis zurück. Ich atmete tief ein und bemerkte, wie meine Lippen bebten, als mir seine zitternde Stimme in den Ohren widerklang. Mein Körper erschauderte unwillkürlich und ich öffnete die Augen, um mich den reellen Schmerzen zu ergeben und für meine Reaktion ein leises "Verzeiht" zu erhalten. Welchen Frevel tat ich eigentlich an ihr? Das Schamgefühl holte mich geschwind ein und ich ließ den Kopf wieder sinken und neigte ihn zur Seite, als Éowyn meine Schulter begutachtete. Sie wirkte konzentriert, doch ich war mir bewusst, dass sie meinen Blick spürte. Und sie schwieg. Sie schwieg fortan und tastete die Haut mit dem feuchten Tuch ab. Es war eine angenehme Behandlung und ich spürte ihre Zärtlichkeit in diesen Bewegungen. Eine Zärtlichkeit, der ich nichts zu erwidern hatte. "Éowyn." Zurückhaltend war bereits der Ton in meiner Stimme und vielleicht schon schuldbewusst. Sie hielt abrupt inne und schaute auf. Ihre Miene zeigte Wehmut und Sorge. Ja, und erst jetzt wurde ich mir ihrer Blässe bewusst. Sorgte sie sich wirklich so sehr um mich? Einige Zeit verstrich, ohne dass ich die Stille brach, ehe mich direkt zu ihr wandte. Stockend hob ich die rechte Hand zu meiner Brust und verneigte mich in aller Mühe und mit jedem Schmerz, der daraufhin aufkam. Ich wusste, dass ich es ihr schuldig war und mich mein Gewissen zu lange davor bewahrt hatte. "Verzeiht mir, dass ich Euch so viel Kummer und Sorge bereite. Verzeiht, dass ich Euch anlog, um mir einen Vorteil zu erhoffen." Sie blieb völlig regungslos und ich richtete mich wieder auf, um ihr in die Augen sehen zu können. "Ich bitte Euch, einem Tölpel seiner Halsstarrigkeit wegen zu vergeben, der Euch eigentlich zu großem Dank verpflichtet ist." Völlige Verwunderung traf auf meine Bitte und sie öffnete den Mund, ohne auch nur einen Ton von sich zu geben. Als hätte sie vergessen, was ich ihr angetan hatte. Und dann trat ein Lächeln auf ihre Lippen. Froh und erleichtert wirkte sie nun und sie senkte den Blick, ehe sie erneut aufsah. Vorsichtig legte sie das Tuch wieder auf meine Schulter und führte ihre Arbeit fort, während ich sie weiter beobachtete. "Ihr braucht Euch nicht zu entschuldigen." Nun war ich der Verwunderte und runzelte die Stirn. "Ich bin mir sicher, Euer Vorhaben war von Wichtigkeit." Sie nickte zaghaft und ihr Lächeln verblieb. "Ja, denn Ihr brachtet uns damit den Sieg." Ruhig ließ sie das Tuch zurück in die Schale wandern und ging zu einem Stuhl, auf dem weitere lagen. Ich verstand nicht, weshalb sie mir so leichtfertig vergab und konnte es auch nicht in ihrer Handlung begreifen. "Eure Blässe...", begann ich zögerlich und sie kehrte wieder zurück und faltete die langen, weißen Tücher auseinander. Bereitwillig hob ich die Arme und sie begann sie stützend um meinen Bauch zu legen. "Es gab so vieles zu tun. So viele Verletzte und ich selbst gehörte anfangs zu ihnen. Sorgt Euch nicht, wegen solcher Dinge." Behäbig beugte sie sich zu mir und festigte den Verband, ehe sie ihn schloss. Danach griff sie achtsam nach meinem rechten Arm und winkelte ihn an. "Das Volk der Weißen Stadt verlor seinen Truchsess und bangte um ihren Heerführer. Es war verletzt und ich konnte ihm eine Unterstützung sein." Ihr Lächeln vertiefte sich und ich spürte eine gewisse Wärme in diesem Lächeln, das sie einst mir schenkte und nun in Gedanken vertieft, erschuf. "Ich habe mir diese Blässe für ihren Dank gern erkauft." Ich nickte leicht und versuchte mir dabei ihre Worte bewusst zu machen. Der Truchsess war gefallen... dies war eine Tatsache, der ich keiner Beachtung geschenkt hatte. Er war Boromir's Vater und mir war es nicht möglich gewesen, ihm von dem Fall seines Sohnes zu berichten... "Der Heerführer Gondors ist ein gutherziger Mann." Sie führte ihre Erzählung fort und ich sah zu ihr auf, musterte sie und erkannte mehr und mehr dieses Glücksgefühl, das sie verspürte. "Sogleich, als er wieder festen Fuß fassen konnte, half er all jenen, denen es schlecht ging, ohne auf sich selbst Rücksicht zu nehmen." Ihre Mimik änderte sich stetig und immer mehr schien sie in ihre Erinnerungen vertieft, bis ihr Lächeln an Ausdruckslosigkeit verebbte. "Obwohl er den Vater verlor..." Leise fügte sie dies noch hinzu und beendete zeitgleich ihre Arbeit. Fest und sicher lag mein Arm nun in der Schlinge und sie richtete sich wieder auf, räusperte sich und atmete tief durch. "Es erfreut mich, dass er nicht der Einzige ist, der sich schnell erholt." Sie lächelte mich aufmunternd an und erst dann bemerkte ich, dass meine eigene Miene emotionslos geworden war und erwiderte das Lächeln schwach und nickte erneut. "Nun geht schlafen, Herr Aragorn. Ihr seht müde aus und solltet die letzten Stunden der Nacht in der Erholsamkeit verbringen." Ich fühlte mich seltsam und wusste nicht warum. In mir baute sich ein rätselhaftes Gefühl auf, dass ich nicht zu beschreiben wusste und so konnte ich wieder nichts anderes tun, als zu nicken und lediglich ein leises "Danke" zu hauchen. Sie verneigte sich leicht und ging zur Tür. Als wäre sie ein anderer Mensch, öffnete sie die Tür, wünschte mir eine geruhsame Nacht und verschwand. Ich blickte tatenlos und ohne jeglichen Gedanken zu der geschlossenen Tür und fühlte mich mit einem Schlag in eine Trostlosigkeit versetzt, die mir völlig unbekannt war. Dieses Lächeln galt nicht mir. Und ich sollte mich glücklich schätzen und auch ihr das neues Glück gönnen. Ja, geradezu Freude sollte ich empfinden und hoffen, dass ihre Zuneigung erwidert werden würde. Doch... es war die reinste Melancholie, die mich erfasste und mir Gedanken offenbarte, die ich in meiner Euphorie gänzlich übersehen hatte. Vergänglichkeit... wie beklemmend hatte ich das Gefühl empfunden, als ich um Éowyn's Sorge und Herzlichkeit für mich wusste. Ich hegte die rege Furcht, ihr Schmerz zuzufügen, würde ich ihr meine Ansicht mitteilen und nun war all dies entschwunden, als hätte es nie existiert. Ihre Blässe, die nicht meinetwegen auf ihrem Gesicht lag. Wie sehr war ich der Auffassung gewesen, es wären ihre endlosen Sorgen um mich gewesen, die dies herbeiführten. Vergänglichkeit... Ich seufzte schwer auf, ließ den Kopf tief sinken und rieb mir das Gesicht. Die Zweisamkeit, die ich vor Augenblicken noch so intensiv genossen und nach der ich mich ewiglich verzehrt hatte, verbarg sich hinter zweifelhaften Schleiern. War es nur Neugier gewesen? Waren dies die Gründe, die Legolas dazu verleiteten, mir das zu geben, was ich begehrte? In der Voraussicht, dass er mich damit beschenken könnte, ohne dass ich dieses Geschenk jemals ablehnen würde? Düster erstreckte sich der Boden zu meinen Füßen, graue Wände zeigten mir erneut, wie es in meinem Inneren aussah. Ich glaubte mich fast schon in Gewissheit, dass ich das Glück zu früh ergriff und es mir durch die Finger rann, ehe es überhaupt fest in meinen Armen lag. Ich war so viel närrischer, als ich es mir selbst zugetraut hatte. Das Kribbeln war entwichen, als wäre dies nur einer meiner wilden Träume gewesen. Fantastereien, die sich mein Verstand ausdachte, um mich nicht endlos wahnsinnig werden zu lassen. Welchen Grund besäße mein wichtigster Gefährte, deshalb eine Freundschaft auf's Spiel zu setzen? Es war Neugier und ich entdeckte darin meinen eigenen Egoismus, aus dem ich meine Hoffnung zog... Irritierende Führung, die mich in Versuchung geraten ließ. Der ich nicht widerstand, obwohl es aufrichtiger gewesen wäre, hätte ich es geschafft. Ungläubig schüttelte ich den Kopf, setzte mich wieder auf und machte mich daran, in meinem Bett zu einem Schlaf zu finden, der mich in die Schwerelosigkeit verbannte und sobald nicht losließ. Alsbald lag ich auf dem Rücken, starrte die Decke an und hatte dennoch das Gefühl, als würde ich mich im Kreis drehen. Ein Schwindelgefühl, das mich regelrecht zwang, die Augen zu schließen und mir der Dunkelheit bewusst zu werden. Der Schwärze meines Herzens, in der ich mir einbildete, einen Wunschtraum in Erfüllung gehen zu sehen... Am nächsten Morgen erwachte ich in aller Frühe, als ob die Sonne erst vor wenigen Stunden ihren Weg zur Erweckung begonnen hatte. Eine seltene Müdigkeit veranlasste mich beinahe dazu, ihr den Rücken zuzukehren und weiter zu schlummern, auf dass ich diesen Tag verschlief und für mich sein konnte. Doch ebenso selten wie merkwürdig fand ich nicht zu meiner Ruhe zurück und setzte mich schließlich seufzend auf. Ich hatte schlecht geschlafen, fühlte mich ermattet und schwach, stand aber trotz alledem auf und streckte mich. Keinen Moment lang musste ich mich im Schlafe bewegt haben, denn mein Arm lag immer noch in der Schlinge und auch keiner der Verbände war verrutscht. Leise knirschten die Knochen bei der Streckung, doch der Schmerz verschonte mich weitestgehend. So zog ich mich an und verließ matt den Raum. Ich wusste nicht, was ich in meiner Kammer tun sollte, außer zu sinnieren und über die Fragen der letzten Nacht zu grübeln. Schon beständig genug blieb der Eindruck meiner Stumpfsinnigkeit und umso bemerkenswerter das Lächeln auf meinen Lippen, wenn Jemand meinen Weg kreuzte. Leise entrann mir ein Seufzen, als ich Blicke durch die Gassen und Durchgänge der Stadt warf und sie in Gleichgültigkeit musterte. Ich betrat den zweiten Ring, sah mich weiter um und blieb dann nach einer unerklärlichen Aufmerksamkeit stehen. Zwar war es noch früher Tag aber dennoch war Minas Tirith eine Stadt der Beschäftigten. Tatkräftige Menschen verblieben in diesen Gemäuern... und wider dieses Leitspruches herrschte annähernde Stille. Zu wenige waren unterwegs, zu wenige kreuzten mein Umherschweifen. Ich beschleunigte meine Schritte, tat den Schmerz im rechten Bein ab und lauschte. Rasch verließ ich die Straße, durchschritt einen Durchgang und fand mich an einer offenen Ebene ein. Frei war die Aussicht über das Land, das sich vor der Weißen Stadt auftat und ebenso Osgiliath, der zerstörte Hauptsitz Gondors. Dunkel lag der Schatten Minas Morguls über ihm, doch nicht weniger düster waren die Gesichter der Menschen, die ich in der Tatkräftigkeit vermisst hatte. Raunend saßen sie alle hier; Verwundete in ihren Verbänden, jung wie alt und alle offenbarten mir ohne Rücksicht ihr Wehklagen durch ihre Gebärden. Zusammengesunken kauerten sie da, gesenkte Schultern, verzogene Gesichter, die Pein und Angst zugleich bekannt gaben. Sogleich strafften sich meine Schultern und mein Gang war bekräftigt und ohne Schwäche, als ich aus dem Schatten zu ihnen hinaustrat. Einige Köpfe hoben sich, skeptische Blicke richteten sich auf mich und auch hilfesuchende. Ich sah sie mir an und wusste sofort, was sie dachten. Ihre Kräfte hatten nachgelassen und waren der Hoffnungslosigkeit gewichen. In ihrer Mitte blieb ich stehen und drehte mich, um einen nach dem anderen einen Blick zuwerfen zu können. Es war meine Eigenschaft geworden und gleichsam eine Stärke, auf die ich nicht stolz war, in der ich durchdringend und fragend dreinblickte, gleichsam mitleidig und verständnisvoll. Es war meine Fassade, die mir mein Name einbrachte. "Habt ihr Schmerzen?" Ruhig stellte ich diese Frage an die Menge und während einige unbeholfen nickten, wurde die Skepsis der anderen größer und das Flüstern und Raunen bestärkt. Ich holte tief Luft und ging einige Schritte, gab meinem Bein etwas Nachsicht und hielt dann wieder inne. "Fürchtet ihr euch?" Die Reaktion blieb diegleiche und ich nickte. "Ich auch." Offen tat ich dies kund und alles andere wäre eine Lüge gewesen. Ich sah zu den Hängen Mordors und dem roten Schleier, der den Tod prophezeite. Kurz schwieg ich noch und ergab mich den lauteren Worten der Menschen. "Was sollen wir schon tun können?" Abwartend biss ich mir auf die Unterlippe und schlenderte weiter. Ihre Blicke folgten mir, als erwarteten sie eine Antwort. "Was dachte sich dieser Mithrandir in seiner Tollkühnheit?!", rief ein Anderer und ich blieb stehen. "Sollen wir, die wir Söhne und Väter verloren haben, etwa noch unser eigenes Leben wegwerfen?!" "Also gebt ihr lieber auf und fügt euch?", warf ich zugleich ein, schneidend und mit einem Schlag knisterte die Luft um mich herum vor Anspannung. Die Mienen der einen trübten sich, andere dagegen zeigten sich erbost. "Wir sind am Ende! Was sollen wir uns noch kümmern, wenn der Tod vor unseren Türen steht?!" Abwartend sah ich sie an und ihre Blicke wurden finsterer. Aus dem ehrfürchtigen Geflüster entstanden von einem zum nächsten Moment hörbare Meinungen, erboste Zurufe und ich ergab mich diesen Worten, gab kein Zeichen eines Ärgernisses von mir und doch war mir der Sinn danach. "So ist es also euer Wunsch, den Tod eurer Liebsten ungesühnt zu lassen?" Noch einmal durchschnitt ich ihre Zweifel mit meinen Worten und es wurde still. "Habt ihr dafür gekämpft? Habt ihr dafür überlebt?" Ich legte die Hand an die Seite und blieb dennoch eisern. "Ich kenne eure Angst, Zweifel... ich kenne diese Hilflosigkeit." Noch einmal nickte ich mir selbst zu, schloss dabei die Augen und versuchte mir den Mut einzuverleiben, den ich ihnen schenken wollte. "Doch ich gebe nicht auf." Verwunderung zeigte sich in den jungen Gesichtern und die Älteren wandten ihren Blick ab. "Wir sind sterblich...", fuhr ich fort und begann wieder zu laufen, trat jedoch nicht zu sehr auf dem rechten Bein auf. "... kein Panzer kann uns vor geschickten Treffern schützen, keine Medizin kann unsere seelischen Leiden, unsere Zweifel lindern. Doch wofür kämpfen wir? Wofür habt ihr gekämpft und euch gegen eine Macht bewährt, die eurer oblag?" Es folgte keine Antwort und so gab ich sie ihnen. "Für euren Glauben. Für euer Land und eure Zukunft. Für die Zukunft eurer Kinder. Ihr habt gekämpft... um zu existieren." Einjeder wagte es nun, sich wieder an mich zu wenden. Ich spürte ihre Blicke auf meinen Rücken... und mein Blick wurde weicher, denn mit aller Macht wollte ich ihre Hoffnung sein. "Unser Volk ist stark. Unser Volk ist vollkommen in seiner Beständigkeit. Wir machen Fehler und lernen aus ihnen. Wir sind Menschen, die aus ihren Schwächen Stärken erschaffen." Schließlich wandte ich mich erneut um und trat zu einem hockenden Burschen, dessen Arm fest bandagiert und augenscheinlich gebrochen war. Vorsichtig hockte ich mich zu ihm und besah ihn mir genau. Er erwiderte dieses Mustern gezeichnet von Trauer und Zweifel. Und ich lächelte. "Wir sind zäh und widerstandsfähig." Seine Augen richteten sich auf die meinen, ehe ich aufstand und meine Worte wieder an die Masse richtete. "Die dunkle Macht hat uns unterschätzt, denn wir haben überlebt! Und ich sage, wir werden ihr widerstehen und sie besiegen!" Noch einmal festigte ich meine Schultern. Ich bewies, woran ich glaubte... ich bewies meinen letzten Halt und es wirkte. "Das Volk der Menschen wird bestehen bleiben. Und wir werden Mittelerde retten und mit ihr alle Völker." Ich spürte, wie ihre Dämmernis wich, wie sie nickten, während sich meine Schritte beschleunigten, als ich auf einen älteren Mann zuging, der ebenso am Boden hockte und dessen Blick mir weiterhin kein Vertrauen schenken wollte. "Man wird sich an euch erinnern, wenn ihr eure Hoffnung nicht aufgebt und niemals vergesst, weswegen wir kämpfen und immer wieder aufstehen." Zustimmende Rufe ertönten und wenn es noch wenige waren, fühlte ich mich bestärkt in meinem Handeln. Unbedacht auf meine eigenen Leiden zog ich meinen Arm aus der sicheren Schlinge und streckte ihn dem Mann entgegen. "Merkt euch meine Worte!" Der Mann zögerte, sah zu meiner Hand, die in Verbänden lag und geschwächt sein musste und ich nickte ihm zu, damit er nach ihr griff. "Unser Volk wird in die Geschichte eingehen, als die...", zaudernd griff er meine Hand und ich schluckte das quälende Zerren in den Muskeln gekonnt hinunter, als ich ihn mit einem Ruck auf die Beine zog und einen festen Händedruck vermittelte, "... glorreichen Vertreter aller freien Völker!" Sie nickten! Sie lächelten und regten sich. Bestärkt durch wenige Worte standen sie auf, halfen geschwind denen, die verletzt waren und selbst in deren Augen erkannte ich das angefochtene Feuer neuer Tatenkraft. Ich sah mich um und lächelte. Mein Vorhaben nahm einen Weg ein, den ich beabsichtigte und ich hob die Hände und stützte sie anerkennend in die Seiten. "Und ihr werdet diese Geschichte erzählen." Mit diesen Worten erwachten ihre Geister und sie jubelten, sprachen sich gegenseitig zu und klopften sich auf die Schultern. Ich sah den Glauben an meine Worte in ihre Gesichter geschrieben und sie waren gestärkt in ihrer Zuversicht. Und dann... zerstreute sich die Masse. Sie wussten, was sie zu tun hatten und gingen ihrer Wege, als wäre Hoffnungslosigkeit ein Wort, das sie nicht gekannt und niemals verspürt hatten. Ich sah ihnen nach, lächelte und wartete, bis ihr Augenmerk sich einzig und allein auf ihre Aufgaben konzentrierte. Dann schwand dieses Lächeln... Ja, ich war mir bewusst, was ich ihnen sagte und teilte in jeglicher Hinsicht die Einsichten meiner Worte. Aber ich stellte mir die Frage, was mir blieb, wenn der Kampf begann und ich mir selbst Hoffnung zusprechen musste. War das alles...? Meine eigene Zuversicht, in der ich mir selbst Mut machen musste? War das wirklich alles... was ich war? ~*~ Legolas: Faszinierend... Wie die Strahlen der Sonne bis in jeden Winkel drangen und zum Trotze der Finsternis, die sich schwer und erdrückend über Mittelerde senkte, eine solche Helligkeit mit sich brachten... Wie die feinen Staubpartikel im Licht tanzten, sich kreisend umspielten und sich von einjedem Lufthauch mittragen ließen... Wie reglos und doch lebendig die Wärme des Tages durch das Fenster strömte, sich auf meine Brust legte und selbst diese mit munterem Leben zu durchströmen schien. Der Atem, der lautlos und behäbig über meine Lippen kam, verblasste zu einem unbedeutenden Symbol dieses Daseins, nicht minder die Laute, die von Arbeiten und Gesprächen zeugten, verloren an Intensität... hatten in diesen Augenblicken gar noch nie viel von ihr besessen. Stimmen, Schritte, Rufe, Geräusche... und doch existierten sie nur in der Welt, in der mein Leib ruhte. Keine Verbindungen zu meinen Sinnen, die weit schweiften, abwesend und doch aufmerksam waren. Ich wusste nicht, wann ich die Augen aufgeschlagen und mich von der Meditation gelöst hatte... seit wann ich den Anschein erweckte, munter zu sein und es doch nicht war. Regungslos blickten meine Augen in das feine Gewirr des feingliedrigen Staubes, der den Strahlen Gestalt verlieh und mich lockte, ihrem Spiel zu folgen. Allein zu diesem Punkt fühlte sich meine Konzentration hingezogen und mein Körper schwelgte in solch einer Ruhe, dass es die Starrheit eines Toten hätte sein können. Meine Lider blinzelten nicht, meine Lippen sprache keine Worte, wären sie auch nur stumm. Ebenso meine Augen wandelten sich in Schweigen und reglos labten sich meine gefalteten Hände an der Helligkeit, die doch so viel mehr war, als nur das. Wie lange hatte ich der Dunkelheit Achtung geschenkt, ohne das Licht zu berücksichtigen? Wie oft nur, hatte ich mich in unergründlicher Finsternis wiedergefunden, war es doch Tag, der schon längst angebrochen war. Wie sehr war es mir verwehrt geblieben, die Nichtigkeiten zu schätzen, hinter deren Fassade sich doch viel mehr verbarg, als bloße Lappalien? Und wie sehr nur... erfüllte es mich mit süßem Genuss, darniederzuliegen und die Absenz sanft ausklingen zu lassen... mit Bildern vor Augen, die diese Augenblicke zu einem unvergleichlichen Erlebnis machten. Nachhaltig sehnten sich meine Lungen nach der reinen Luft, meine Brust hob sich unter einem tiefen Atemzug und ein Blinzeln nahm dem Traum einen Teil seiner Realität und zog mich hinein in eine andere, in der das Stampfen von Schritten und die Laute aus einjeder Richtung an meine Ohren drangen, die Ruhe vertrieben und mir die Wirklichkeit vor Augen führten. Die Wirklichkeit, in der ich lebte. Behäbig wandte ich den Blick von jenem gleißenden Licht ab und ließ ihn schweifen. Meine Finger spreizten sich, fanden zur Beweglichkeit und lösten sich alsbald voneinander, um auf das Laken hinabzusinken und darüber hinwegzutasten. Meine Pupillen hielten inne, blieben auf die steinerne Wand gerichtet und doch war es etwas anderes, was sie sich betrachten. Oh, wie sehr sehnte ich mich nach den unwirklichen Träumen. Allein mir gehörten sie und kein grauer Nebel vermochte in sie einzudringen. Anders als hier in der Realität, in der sie mir nun wieder erschienen und sich in Form von gespenstischen Fetzen vor meinem Blick wölbten. Ich schluckte und wehmütig wurde ich mir der Flüche bewusst, die so niederträchtig in ihrer Stärke und schonungslos in ihrer Grausamkeit waren. Langsam setzte ich mich auf, tastete mich über die Kante des Bettes und zog die Beine über sie. Ziellos suchten meine Augen und bald schloss ich sie, um sie mit den Fingerkuppen zu betasten, sie vorsichtig zu reiben und das unangenehme Gefühl zu vertreiben, welches auf ihn lastete. Doch hielt ich auch inne in diesen Bewegungen, als ich den erhobenen Arm vor mir erblickte, den hinabgerutschten Ärmel und... Ich erhob mich, fühlte mich dabei sicher und kraftvoll, senkte den Arm und schritt zur Tür. Die Einsamkeit, die ich gestern noch als liebsten Freund gewählt hätte, wurde durch Erinnerungen zu meinem Feind und ich entfloh ihm, bevor er sich mir krauchend näherte und meine Gedanken zu anderen machte. Vielleicht... verlangte es mir einiges ab, so zu handeln, doch klammerte ich mich an den teuren Rat eines Freundes, der mich stumm und unausgesprochen erreicht, und sich tief in mein Inneres geprägt hatte. Entschlossen und doch nicht zielgerichtet trat ich hinaus in den Gang, schloss die Türe hinter mir und fühlte mich annähernd verwundert, als ich den verlassenen Flur erblickte, den kaum jemand durchschritt. Nur ein Mann in schwarzer Robe verschwand am hintersten Ende, in der Ferne klackte eine Tür und all die Laute stammten von anderen Orten. Ich drehte mich zur Seite, verzog die Brauen und streifte den Umhang höher. War es eine Sinnestäuschung, der ich unterlag? Deutlich hatten sich Laute erhoben, intensiv waren sie in meine Wahrnehmung gedrungen und... Ich stockte. Die Hand, die soeben noch nach dem Saum des Gewandes getastet hatte, ließ ab von ihrem Vorhaben und sank hinunter. Oder waren es Fähigkeiten, die frühzeitiger zu mir zu mir zurückfanden, als es meinen Erwartungen entsprach... Abermals drehte ich mich, diesmal durchaus langsamer und zögernd. Wieder hörte ich, wie sich eine Tür schloss. Und Schritte... die so laut erschallten, als zöge der Verursacher geradewegs an mir vorbei. Doch stand ich alleine hier und ließ ein Lächeln gewähren, nach dem mir tatsächlich war. Flüchtig setzten sich meine Fingerkuppen auf meine Wange, strichen zurück und versanken in dem Haar, welches ich hinter das Ohr streifte und gleichsam meiner Wege zu gehen begann. Musternd und studierend besah ich mir die Ornamente, die selbst den Boden zu einer Augenweide machten. So simpel und dezent und doch mit Freuden zu begutachten. Den Kopf gesenkt und in stille Beobachtungen vertieft, ließ ich eine Frau an mir vorbeieilen, ohne sie mit Aufmerksamkeit zu würdigen. Leise raschelte ihr langes Kleid, als sie ging und schwelgend hob ich den Arm, streckte ihn zur Seite und ertastete die Wand, an der ich mit den Fingerkuppen entlangglitt, einjede Unebenheit wahrnehmend und ihrer nicht viele. Meine Lider sanken hinab, vertieft in diese Empfindungen tat ich die nächsten Schritte mit geschlossenen Augen, atmete tief und genießerisch und fand großen Gefallen an diesem bedächtigen Spaziergang. Ein Luftzug durchstreifte den Flur, erfasste mich und offenbarte den Geruch von Speise und Trank, der auf so manchen äußerst verlockend wirken musste. Ich jedoch, tat ihn als weitere Empfindung ab und meine Finger lösten sich von jener Fläche, als ich schlendernden Ganges einen Flur betrat, der mich näher zu den Innenhöfen führen würde. Geräuschvoll entließ ich den Atem, hob den Kopf, blickte empor zur Decke und nahm mir einen Augenblick, mir jenes Banner zu betrachten, welches mir so oft erschienen war... in Bildern, wie auch in der Realität, die es darstellen und auf ewig erhalten sollte. Der weiße Baum... Studierend verengte ich die Augen, als ich stehen blieb und kurz darauf mit schiefgelegtem Kopf nähertrat. Wahrlich... königlich. Doch verziert von weißen Blüten, die in ihrer Vielzahl eine Macht darstellten, die gegenwärtig nicht existierte. Ich blinzelte, senkte nachdenklich den Kopf und umfasste das Handgelenk auf dem Steiß. Durchaus ein verlockender Anblick, der Zuversicht brachte und Wirklichkeitssinn nahm. Ich lächelte matt, spreizte die Finger und wurde hellhörig. Undefinierbare Klänge waren es, die mich erreichten und lange Zeit blickte ich in die Richtung, aus der sie zu mir drangen, bevor ich ihnen folgte. Durchaus neugierig und doch gemächlich schritt ich den Gang hinab, hielt die Hände noch immer entspannt auf dem Rücken und blinzelte genießerisch unter den Sonnenstrahlen, die durch ein Fenster fielen und spielerisch mein Gesicht streiften. Nicht weit führte mich der Weg, bis sich der Flur zu einer Seite öffnete und durch kunstvolle Arkaden den Blick in einen Hof gewährte. Frische Brisen des Windes fanden in diesem Bogengang den Einlass, auf dass sie die Korridore und Säle durchstreiften und die königliche Feste zum Leben erweckten. Friedlich warf die Sonne dort Muster auf den ebenen Boden und unterwarf sich dabei der kunstvollen Bauweise, durch die sie annähernd unnatürliche Formen bildete und meine Aufmerksamkeit langanhaltend auf sich zog. Gebannt trat ich über die Muster hinweg, während sich neben mir der freie Himmel offenbarte und gegenüber die Mauern, die den Innenhof umschlossen. Erneut ertastete meine Hand eine der Säulen und behäbig folgte ich ihr, bis ich sie erreichte. Das leise Säuseln einer bekannten Stimme drang an meine Ohren und mehr noch ließ ich mich von ihr locken und trat herum, mich stets auf dem rauen Gestein entlangtastend, bis meine Hände reglos verblieben und auf der glatten Oberfläche verharrten. Still blickte ich hinunter in den Hof... und dort stand er. Aufrecht und erhoben in einer Menge, die sich dort versammelt haben musste. Menschen kauerten auf dem Boden, auf den Stufen der Treppen und in Nischen. Ihr Kleidung wirkte abgenutzt, in den Händen hielten manche von ihnen ihre letzten Habseligkeiten und stumm schrie die Verzweiflung in ihren Augen, während Angst und Sorge über ihre Lippen kam. Ein wirsches Geraune erhob sich, unauffällige, doch vielsagende Blicke wurde gewechselt und soeben noch ein Unbeteiligter, konnte ich gleichwohl in ihren Mimiken lesen, die unterschiedlicher nicht sein konnten. Begutachtend besah ich mir ihre Reihen, hinterfragte Gestiken und setzte mich mit dem Schmerz auseinander, den diese Menschen wahrlich spüren mussten. Und mehr noch in ihren Herzen als ihren Körpern, die von Wunden geplagt wurden. Diese Menschen... sie zeigten wohl das, was wir alle fühlten. Wie das Ende eines jeden Krieges, der mit dieser Schlacht dennoch nicht versiegte. Weitere würden folgen... so viele, wie das Schicksal uns zumutete, sofern es ihm wirklich von Belang war, uns ein Gönner zu sein. In stummer Anteilnahme schloss ich für einen Augenblick die Augen, stützte die Schulter gegen die Säule und neigte auch den Kopf, bis ich ihn seitwärts an dem Gestein bettete und eine entspannte Haltung fand, in der ich der Gegebenheit entspannt beiwohnen konnte. Dies lag wahrlich in meinem Interesse und nur mein Mitgefühl mit all denen, die wohl Opfer des Krieges waren, mahnte mich, das Lächeln, welches in mir aufkeimen wollte, in genau diesem Keim zu ersticken. Es erfüllte mich mit Wohlgefallen, Aragorn bereits in dieser frühen Stunde zu begegnen und verborgen unter den Neigungen der Arkaden, folgten meine Augen ihm wachsam. "Habt ihr Schmerzen?" In ziellosen Schritten zog er durch die Schar, blickte umher, schien ebenso in den Mimiken zu lesen, wie ich. Seine Stimme erhob sich gedämpft und warmherzig, als er eine Anteilnahme und ein Interesse zeigte, zu dem ihn niemand zwang. Entspannt verschränkte ich die Arme vor der Brust, tief atmete ich durch und blinzelte im Sonnenlicht, welchem das Elend gänzlich zu entgehen schien. Gleich eines unbarmherzigen Kontrastes drang es nur an die höchsten Mauern und überließ den Innenhof der schattigen Düsternis, als wolle es seine Existenz verleugnen. Schmerzen... Hatte ER Schmerzen? Schweigend bewegte ich die Lippen, studierte ihn mit verengten Augen und sah ihn innehalten. Längst schon, hatte sich das undefinierbare Murmeln erhoben und er drehte sich, wandte sich in die andere Richtung, stand in einem Meer aus Kummer und wirkte dabei so unfassbar robust und stark. Und doch... "Fürchtet ihr euch?" ... er hatte Schmerzen. Sein Leib schien einem Teil seiner Freiheit beraubt, die für einen Kämpfer wie ihn eine lebensnotwendige Grundlage darstellte. Ich verzog die Brauen, vertiefte mich so ausgeprägt in sein Aussehen, dass mir etwaige Einflüsse der Umwelt gänzlich entronnen wären. "Ich auch." Langsam löste ich den Kopf von der Säule und trat zögernd zur steinernen Brüstung, als würde es mir einen großen Gewinn bringen, die Distanz um solch ein geringes Stück zu verringern. Als hätte eine mildtätige Macht die Kontrolle meiner Hände übernommen, sanken diese hinab auf die Balustrade, in der ich eine weitere Stütze fand. Ich benötigte sie nicht und dennoch war ich zu ihr getreten. Es war mir ein schweres, es selbst zu begreifen... Gedanken zu finden, die mir meine Gefühle offen mitteilten. Unverkennbar spielte sich all das vor meinen Augen ab und mein Körper harrte reglos aus. Welch eine Stärke... die Schwäche so unverhüllt zu offenbaren... Welch ein Trost... die Wahrheit zu erkennen, sei die noch so schmerzlich in ihrer Wirklichkeit. "Was sollen wir schon tun können?", erhoben sich klagende Rufe und erneut begann er seinen Spaziergang... durch die Reihen und selbst sinnierend. "Was dachte sich dieser Mithrandir in seiner Tollkühnheit?!" Der fühlbare Protest verlor für mich an Realität, denn bloße Irritierung herrschte über mich... über meinen Leib, bis hin in mein tiefstes Ich. Keine Ausdrücke schenkten meiner Miene Regung, wenngleich mich Gedanken und Eindrücke beherrschten, die so verschiedener Art waren. Es... es verblüffte mich... Er... verblüffte mich. Hatte ich ein bedeutungsloses Ereignis erwartet, traf nun etwas vollkommen anderes ein. "Sollen wir, die wir Söhne und Väter verloren haben, etwa noch unser eigenes Leben wegwerfen?!" Nur gedämpft, annähernd lautlos, vernahm ich den zornigen Ruf eines alten Mannes und war vielmehr damit beschäftigt, meinen Beobachtungen zu folgen. Er humpelte noch immer... setzte sein Bein keiner großen Belastung aus... Seine Hände versuchten ruhig zu bleiben... hoben sich jedoch ziellos und unentschlossen und offenbarten den Kampf, der in seinem Inneren toben musste... Ja, seine Gestiken verrieten ihn und dennoch nicht vor jedem Auge. Wie stellte er sich auf einmal dar? Stets hatte er Stärke gezeigt und Bedenken gespürt... alles hatte er daran gesetzt, den Anschein zu bieten, nach dem er sich sehnte... und das vielmehr im Interesse der anderen, nicht für sich... Wie bemerkenswert war sein Wissen, dass Menschen nicht immer einem vollkommenen Beispiel folgen wollten... in gewissen Momenten vielmehr in einem Mitfühlenden einen Trost sahen... Wie eindrucksvoll gab er die schützende Hülle auf und wagte sich heraus, um den Verzweifelten das zu geben, was sie benötigten... Wie schmerzhaft musste es für ihn sein... und er tat es für die anderen. "Also gebt ihr lieber auf und fügt euch?" Laut rief er dies, energisch und mit einer Entschiedenheit, die meiner Wahrnehmung eine schwache Wut preigab. ... auf wen oder was sie sich lenkte, vermochte ich nicht zu sagen. Und verbittert erhielt er Antwort. "Wir sind am Ende! Was sollen wir uns noch kümmern, wenn der Tod vor unseren Türen steht?!" Weitere Zurufe folgten, verworren erhoben sich die Stimmen und es verband sich zu einem einzigen Geschrei, welches Aragorn schweigend und reglos über sich ergehen ließ. Still stand er in ihrer Mitte und ich schöpfte Atem, den ich wahrlich brauchte. "So ist es also euer Wunsch, den Tod eurer Liebsten ungesühnt zu lassen?!" Seine Starrheit hatte es selbst meinem Auge verwehrt, seine Empfindungen zu erspüren. Nun jedoch, zeigte er sie für jeden sichtbar und dies mit Nachtdruck. In seiner Erregung ging er weiter und unerklärlich war mir sein Können, zu beschwörenden und zugleich einfühlsamen Worten zurückzufinden. "Habt ihr dafür gekämpft? Habt ihr dafür überlebt? Ich kenne eure Angst, Zweifel... ich kenne diese Hilflosigkeit." Eine beiläufige Handbewegung erinnerte an jenen inneren Kampf, doch fühlte ich mich, als hielte mich ein Bann gefangen. Hilflosigkeit... dachte ich mir und schwer wurde mir das Herz, als ich den Kopf in einem stummen Atem sinken ließ und andächtig die Augen schloss. Ich kannte die seine... Er kannte die meine. "Doch ich gebe nicht auf." Ich öffnete die Augen und beiweitem war ich nicht der einzige, der frappiert war über das, was er sprach... nun, es war die Wahrheit, doch hätte ich nimmer erwartet, es mir gar erhofft oder von ihm verlangt, all das auf diesem Weg an das Licht des Tages, und gleichsam an das der Realität zu bringen. Meine Fingerkuppen schabten über das Gestein und ich schluckte, als ich mich aufrichtete und den alten Halt an der Säule fand, gegen die ich mich nun durchaus etwas matt lehnte. "Wir sind sterblich... kein Panzer kann uns vor geschickten Treffern schützen, keine Medizin kann unsere seelischen Leiden, unsere Zweifel lindern." Und ich hörte ihm zu, als wären seine Worte allein an mich gerichtet, als würde man nur mir Aufmerksamkeit abverlangen... als müsse diese dadurch umso größer sein. "Doch wofür kämpfen wir? Wofür habt ihr gekämpft und euch gegen eine Macht bewährt, die eurer oblag?" Stille folgte und auch ich schwieg. Starr kauerten die Menschen bei ihm, reglos hockten sie dort und einjeder Kopf war zu ihm erhoben, als er in die Menge sah... ihre Gedanken gewähren ließ und dennoch keine Antwort zu erwarten schien. Ich sah ihn an. "Für euren Glauben. Für euer Land und eure Zukunft. Für die Zukunft eurer Kinder." Er hob die Hände, wandte sich an einjeden von ihnen, schwörte auf das, was er fühlte und zeigte trotz seiner Wunden eine Festigkeit, der ich mit großer Anerkennung begegnete. "Ihr habt gekämpft... um zu existieren." Mit einem stummen Nicken gab ich meine Zustimmung, nickte weiter und bald nur für mich. Lautlosigkeit begann zu herrschen... keine zornigen Rufe, keine Widersprüche. Ich befeuchtete meine Lippen mit der Zunge, presste sie aufeinander und fühlte mich merkwürdig wehmütig. "Unser Volk ist stark. Unser Volk ist vollkommen in seiner Beständigkeit. Wir machen Fehler und lernen aus ihnen. Wir sind Menschen, die aus ihren Schwächen Stärken erschaffen." Erneute Ruhe. "Wir sind zäh und widerstandsfähig. Die dunkle Macht hat uns unterschätzt, denn wir haben überlebt! Und ich sage, wir werden ihr widerstehen und sie besiegen!" Ich löste meine Augen von dem Gestein der Brüstung und als hätte sich seine heroische Stimme zu einem Schlachtruf erhoben, durchfuhr mich ein Schauer prickelnder Verzückung. Was besaß er nur für eine Kraft? Selbst in Momenten, in denen sie sich nicht offen zeigte? Was besaß er nur für eine Fähigkeit, Gehöre zu gewinnen, Augen auf sich zu ziehen... Aus einer Situation, die so angespannt und unsicher gewesen war... "Das Volk der Menschen wird bestehen bleiben. Und wir werden Mittelerde retten und mit ihr, alle Völker." ... schaffte er mit grandioser Entschlossenheit eine Atmosphäre, in der Zuversicht existierte und alte Kräfte zu neuem Leben fanden. Reglos blieb ich lehnen, umso unruhiger bearbeiteten meine Finger den Saum des Umhangs und ich vergaß mein Atmen, als er nach zielstrebigen Schritten vor einem Greis stehenblieb. Um ihn herum wurde die Menge von Bewegung erfasst und als wären es nicht mehr die Menschen, die der Verzweilfung vor kurzem noch so nahe waren, strotzten ihre Augen vor Tatendrang und anstatt der Widersprüche erhoben sich Zustimmungen. "Man wird sich an euch erinnern, wenn ihr eure Hoffnung nicht aufgebt und niemals vergesst, weswegen wir kämpfen und immer wieder aufstehen..." Ich spürte eine unbestimmte Regung in meiner Miene und nur kurz holte ich Atem, als sein Ausbleiben meine Aufmerksamkeit errang. Doch ließ ich ihn gleichwohl wieder stocken, als Aragorn dem Greis die Hand reichte. Die Verletzte... die ihm so viele Qualen bereitete... "Merkt euch meine Worte!" Und er spreizte dem Alten die Finger entgegen, worauf dieser nur zögernd zugriff und ich bemerkte kaum, wie ich mich erneut von meiner Stütze entfernte und an die Balustrade herantrat. "Unser Volk wird in die Geschichte eingehen, als die...", eine rasche und kraftvolle Bewegung und ein stich in meiner Herzgegend, als er den Menschen auf die Beine zog, "... glorreichen Vertreter aller freien Völker!" Ich war fassungslos... fassungslos... und anders konnte man es nicht nennen. Die rege Menge entging meiner Aufmerksamkeit gänzlich, die Entschlossenheit, ihre Bereitschaft zu neuen Taten, ihre Bewegungen, in denen sie sich erhoben... die mutigen Blicke, mit denen sie einander unterstützten. Und Aragorn stemmte die Hände in die Hüften... die Menschen erhoben sich, Köpfe neigten hinauf bis in seine Höhe und doch blieb er der unzerstörbare Mittelpunkt... etwas Außergewöhnliches. "Und ihr werdet diese Geschichte erzählen." Jubeln, Rufe, Klatschen... und ich wandte den Blick ab, weit fort, bis er zu einem der Banner fand. Ich achtete nicht mehr auf das Treiben im Hof, sah den dunklen Stoff, die Riemen, die den Banner hielten. Schritte ertönten... viele waren es an der Zahl. Die Menschen verließen den Hof und stockend hob ich die Hand, mir dem Mund zu reiben und meine trockenen Lippen unter den Fingerkuppen zu spüren. Wenn man es recht bedachte... Aragorn opferte sich... er opferte sich immer und für jeden... er half, tröstete, nahm Anteil und sorgte sich. Wie einzigartig diese Eigenschaften in solchen Zeiten waren... wie wenig sie besaßen und wie viele an ihnen zugrunde gingen. Die Menschen waren verängstigt und ihre Angewiesenheit auf Führer so groß wie noch nie zuvor. Ihr sehnen nach einem Herrscher, der sie stützte, wo sie es selbst nicht konnten... der ihnen Mut zusprach, den sie selbst nicht besaßen. Ich atmete geräuschvoll aus, ziellos schweiften meine Augen umher und letztendlich blieben sie dennoch nur am Boden hängen. Menschen... So bestrebt darauf, Hilfe zu empfangen. Und so nahmen sie sie und vergaßen, wer sie ihnen gegeben hatte... So hilfebedürfte und in ihrer Art doch so egoistisch... nie würde ich sie begreifen. Immer wieder meinte ich, dem näherzukommen, doch zerstörten Handlungen diesen Glauben und das viel zu oft. Nur einer war anders... Behäbig wandte ich mich um; meine Schulter streifte jene Säule und ich sah ihn dort unten stehen. Soeben noch, als ein Mittelpunkt, der Kraft und Überwindung von ihm forderte... soeben noch der, auf den einjeder Angewiesenheit. ... und nun war er der Einsame, zu dem er sich so lange Zeit gemacht hatte. Er stand dort, weder kräftig noch entschlossen... vielmehr verloren und nichts hatte das Lächeln auf seinem Gesicht hinterlassen, als es verblasst war. Kein Hauch der Zufriedenheit... nichts. Die Menschen waren fort... und er würde sich für sie freuen, sich daran beglücken, dass sie jene Entschlossenheit zurückerlangt hatten und sich nun besser fühlten. Es schien ihm zu reichen. Er würde ihr Glück teilen... doch war es das Falsche. Es gab nicht viel Glück auf dieser Welt und doch hatte einjeder das Recht, ein eigenes zu besitzen, ein persönliches, welches man nur schwerlich mit anderen zu teilen vermochte. Die Bewegungen meines Körpers waren mir entgangen. Annähernd irritiert war ich über die Schritte, die ich tat. Ich näherte mich einer geschwungenen Treppe, die in jenen Hof hinabführte... doch gab ich meinem Körper Recht und pflichtete ihm bei. Glück konnte man teilen, wenn man jenes freudige Gefühl selbst kannte... ... wenn man genug davon besaß, um großzügig etwas davon abzugeben, weiterzugeben... Doch wer nie in diesen Genuss gekommen war... Wer es sich auch sonst so verdient gemacht hatte... ... und dem es dennoch nicht zuteil wurde. Der hatte ebenso wenig das Recht, es sich zu verdienen! Ich trat die Treppe hinab, erreichte den düstren Innenhof und meine Augen richteten sich auf die einsame Gestalt, sobald ich den Fuß auf den hellen Kies setzte. Schweigend kam ich ihm entgegen, besah ihn mir ausdruckslos und hielt vor ihm inne. Das einzige Recht war... es geschenkt zu bekommen. ~*~ ~*tbc*~~ Kapitel 18: *~nestad~* ---------------------- ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* nestad - Heilung ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* Aragorn: Da stand ich nun und dachte mir, wie dumm ich mich wieder selbst darstellte. Die Freude war groß und ich genoss es, anderen eine Hilfe zu sein, doch so sehr ich mich danach in meiner eigenen Einsamkeit wiederfand, so wäre es mir doch auch ein Leichtes gewesen, dieser Isolation zu entgehen. Nur ein weiterer Schritt zu diesen Menschen hätte mir gefehlt, damit man mir seine Dankbarkeit aussprach. Aber diesem Egoismus wollte ich entgegentreten und sah ihnen nach, ehe ich anschließend hinausblickte. Die ferne Weite und alles, was sich hinter der Dunkelheit befand. Ein wahres Trauerspiel... Plötzlich hörte ich leichtfüßige Schritte auf dem Kies und ich wandte mich erneut um. Es war Legolas, der in dieser frühen Stunde zu mir trat und mein Gesicht erhellte sich. Seine Blässe hatte abgenommen und für wahr sah er erholter aus, als am gestrigen Tag. "Guten Morgen, mein Freund." Lächelnd kam ich ihm entgegen und als ich mich ihm näherte, glaubte ich daran, dass mir jemand ein Gönner war, ihn mir zu Anbeginn meines unwirschen Unglücks zu schicken. Viel heller konnte der Tag nicht beginnen. "Gut siehst du aus." Ich musterte ihn ausgiebig, erkannte an seiner Haltung und seiner Haut die Nachwirkung einer friedlichen Nacht. Und dann sah ich ihm ins Gesicht, begutachtete es ganz offen und mein Lächeln vertiefte sich. "Ebenso haben sich deine Augen verbessert." Ich nickte zufrieden und zutiefst erfreut über diese Entwicklung. "Ich bin sehr froh, dich so zu sehen." ~*~ Legolas: Nie hätte ich geglaubt, solch geringe Freude zu verspüren, wenn ich ihm begegnete. Wenn ich ihn traf und er dergleichen zu mir sagte. Ein weiterer Ausdruck seiner Gutmütigkeit und es war meine Befürchtung, dass er nie begreifen würde, wie sehr und hoch ich diese schätzte. Wie sehr ich seine Mittel heiligte und wie unzufrieden sie mich dennoch stimmten. Und wie beträchtlich entging mir mein Schweigen und die unbewegte Miene, die in diesem Augenblick falsch zu sein schien und doch nur meine Empfindungen widerspiegelte. Seine Worte fanden nur bedingt mein Gehör, ich verstand und vernahm sie durchaus, doch entsprachen sie meinen Vermutungen, die ich nicht gern bestätigt sah. Er grüßte mich heiter, trat mir gar entgegen und kurz darauf standen wir voreinander und ich betrachtete mir seine Mimik forschend und sehr wohl nachdenklich. Auf meinem Steiß fanden meine Hände wieder zueinander und ich stand bequem, während er einen Menschen mimte, der er nicht war. "Ebenso haben sich deine Augen verbessert." Dieses Nicken... es war mehr als bloße Zufriedenheit... annähernd Freude, als wären es nicht meine Augen, sondern die seinen. Wieder war mir seine Wahrheit wichtig und beinahe erreichte mich auch diese angenehme Mitteilung, doch driftete der Inhalt seiner Worte an mir vorüber, bevor ich nach ihm greifen konnte oder es gar beabsichtigte. Ich selbst sah mich nicht als der, an den sie gerichtet waren und abwesend trieb mein Blick ab, schweifte zur Seite und suchte planlos das unbekannte Ziel. Es erfüllte mich mit Unverständnis meiner eigenen Person gegenüber, dass ich geduldet hatte, was er tat, dass ich tolerierte, was er unterließ. Als hätten meine Augen stets nie mehr gesehen, als den Anführer, einen Gefährten, mit dem man kämpfte. Und nun spürte ich stilles Unbehagen, während er den Fluch über sich ergehen ließ, der neben all den guten Gaben und den ehrenwerten Eigenschaften seinen Pfad durch das Leben bildete. "Ich bin sehr froh, dich so zu sehen." Ich blinzelte, erwachte und fand zu ihm zurück. Verblüfft sah ich ihn an, mehr noch ungläubig und ich scheute mich nicht, diese Empfindungen nach außen dringen zu lassen. Zweifel und Skepsis waren es, die meinem Gesicht Ausdruck verliehen und das Lächeln tat es bei dem seinen. Es blieb aufrecht und ehrlich... auf solch irritierende Weise, dass man beruhigt sein und in dieser Erleichterung geschwind die kränkliche Blässe und die Haltung ignorieren wollte. Seine Positur, die in ihrer scheinbaren Stärke die Blässe seines Gesichts verleugnete und bestimmt vor vielen Augen triumphierte. Kurz war das ungewöhnliche Schweigen meiner Wahrnehmung entwichen und als ich erneut blinzelte, standen wir noch immer dort. Überstürzt und gedankenlos versuchte ich dieser Atmosphäre Einhalt zu gebieten und suchte nach Worten, deren Ausbleiben ich mir erst bewusst wurde, als sich meine Lippen bereits stumm bewegten. Und ich selbst sah in mir den Tölpel, der sich von etwas in die Irre leiten ließ, was doch nicht weniger unüblich war, als die Sonne, die tagein tagaus ihren Lauf nahm. Ja... gewiss, er war schon immer so gewesen, doch sah man das Gebaren anders, wenn man es wahrhaftig sah und nicht nur glaubte, es zu tun. Ich wurde gepackt von einer Absicht, die so sehnsuchtsvoll in mir rumorte, dass ich ihr nicht Einhalt gebieten könnte... hätte ich es gewollt. Ich suchte nach Festigkeit, schüttelte verwerfend den Kopf und musste wahrlich einen abstrusen Anblick bieten, als ich auch flüchtig die Hand hob, die Lider senkte und tief Luft holte. Doch fand ich selbst in dieser verworrenen Geste meinen Halt. Es verlangte mir danach, etwas zu schützen, worauf ich angewiesen war... Etwas, das zu anziehend war, als dass ich es außer Betracht lassen könnte... Man könnte gar sagen, seine Uneigennützigkeit versetzte mich in Unzufriedenheit. Ich fühlte mich seiner Sorge nicht wert, wenn ich ihm nicht das gab, was er mir schenkte. Ja... er war ein bedeutsamer Teil meines Lebens, ohne den es unvollkommen war und immer sein würde. Und er gewann an Wichtigkeit, je öfter ich ihn sah. Ihn und sein makelloses Wesen... Ihn, der die Kraft besaß, mich zu formen... mich zu prägen, ohne dass dies Reue nach sich zog. Ihn, der mich zu jemandem werden ließ, der mir unbekannt war und gelockt wurde von Fährten, die mir nur seine Nähe offenbarten. Ich fühlte mich zurückversetzt in jenen Moment der vergangenen Nacht, erinnert an die Empfindungen, die meinen Körper das erste Mal durchströmt und mir etwaige Kontrolle geraubt hatten. Ich entsann mich gern und eine inzwischen vertraute Kälte flüchtete sich über meinen Nacken, als meine Augen seine Lippen streiften und ich die eigenen vor einem Lächeln hüten musste. Die Art der Menschen, Zuneigung zu zeigen... Es... war faszinierend... und... Ich ertappte die unpassenden Gedanken dabei, wie sie tüchtig meinen Kopf beherrschten und sogleich verdrängte ich sie, waren sie doch der Oberflächlichkeit so ähnlich und nicht viel mehr, als die Ignoranz, unter der Aragorn zu sehr litt. Nur eine weitere Art, seinen wahren Zustand unberücksichtigt zu lassen... Ich richtete mich auf, doch drängte sich das Wiedererleben der vergangenen Augenblicke mit einer unvermittelten Stärke in meinem Inneren und rasch verbarg ich mein Denken hinter den Worten, die so eilig gesprochen wurden, dass sie nur aus meiner wahren Mentalität auferstehen konnten. "Nun", sagte ich leise, gar noch etwas unentschlossen und erwiderte seinen Blick dennoch entschieden. "Ich sähe dich viel lieber anders." Ich verzog die Brauen und spähte zu seinem Arm. Ich wusste, was sich unter dem robusten Stoff verbarg... selbst dessen, was seinem Leib innewohnte, war ich mir bewusst und ich runzelte die Stirn, als ich wieder zu seinen Augen fand, sie skeptisch, gar herausfordernd erforschte. "Ich sähe dich gern ruhend und Kräfte schöpfend, doch muss ich erleben, wie du dich auf den Beinen hältst, unruhig umherstreifst, als würde dir kein weiches Lager das bieten, was du benötigst. Ist es Rastlosigkeit, die deinem Leib neue Kräfte verleiht? Ist es das Verschmähen von Mahlzeiten?" Ich lehnte mich nach vorn, verengte sinnierend die Augen und schüttelte nach kurzem Schweigen ratlos den Kopf. "Du kannst nichts geben, ohne zu nehmen", flüsterte ich, als ich mich aufrichtete und noch immer den Kopf bewegte. "Von welchem Belang sind meine Augen, die mich in meinem Handeln nicht einschränken? Wie stehen sie deinem Körper gegenüber, der vom Krieg geschunden ist und der dennoch keine Stärkung erhält? Aragorn." Ich senkte den Kopf, blickte ihn mit leichtem Trotz an und presste die Lippen aufeinander, bevor ich fortfuhr. "Wie kann es sein, dass bei all der Aufmerksamkeit und Rücksicht, die du ausstrahlst... dass nichts auf dich zurückscheint? Sieh doch nicht nur all das Leid, welches dich umgibt... sieh auch die Masse, auf die dieses zurückfällt. Gemeinsam vermag man es zu tragen. Ein einziger jedoch hebt diese Last nicht von den schweren Herzen. Es ist vielmehr zermürbend als hoffnungsvoll und immer wird es Menschen geben, die den Anschein erwecken, deine Taten wären nicht von Belang. Kämpfe nicht für einzelne, Aragorn... kämpfe doch für alle und tue dies auf einem anderen Weg." Viel wollte ich ihm noch sagen, viel gab es, das ausgesprochen werden musste, doch war es nicht viel mehr als Zeit schinden und der gänzlich falsche Augenblick für ein weitreichendes Gespräch. So verstummte ich, senkte die Lider in Unschlüssigkeit und wandte mich nach kurzem Zaudern ab. Ich kehrte ihm den Rücken, löste die Hände voneinander und kehrte zu jener Treppe zurück. Nur wenige Schritte tat ich, bis ich auf die Stille aufmerksam wurde. Sie umgab mich leblos und offenbarte nicht das, was ich hören wollte. Verwundert drehte ich mich um, sah ihn noch immer dort stehen und hob die Hand. "Komm", sagte ich, als wäre es eine Selbstverständlichkeit, dass er mir folgte. "Spürst du nicht die Kälte in diesem Hof? Wir sollten gehen und uns an einem Ort niederlassen, der mehr Annehmlichkeiten für uns bereithält." Ich lächelte und als er sich in Bewegung setzte, ließ ich die Hand sinken und wartete geduldig. "Die Sonne ist bei weitem mehr Heiler, als du denkst", erklärte ich, als ich neben ihm den Hof verließ und in jenen Gang zurückkehrte. Ich sprach leise und bedächtig, umfasste das Handgelenk zum erneuten Mal auf dem Rücken und blinzelte zu ihm. "Doch ist anderes von größerer Wichtigkeit. Wir werden schon an deiner Genesung arbeiten." Somit wandte ich mich nach vorn, schloss kurz die Augen und hob den Kopf, um den sanften Wind zu genießen und vielmehr noch das Beisammensein, welches mich mit neuer Freude erfüllte. Leise ertönten seine Schritte neben mir... noch schleppend und durchaus etwas kraftlos, doch hing ich an meinem Versprechen und bald würden sie wieder jene Entschlossenheit zeigen. Eine milde Brise streifte mein Gesicht, doch ich hielt inne, als ich einen leisen Ruf vernahm, der zu uns drang. Ich blieb stehen, senkte den Kopf und erblickte einen Mann, der sich uns näherte. ~*~ Aragorn: Es war seltsam... eine fast schon komische Atmosphäre, doch keineswegs in amüsanter Hinsicht. Er stand mir gegenüber und sagte nichts, geschweige denn, dass er mein Lächeln erwiderte. Nein, nicht einmal die Frage beantwortete er mir und ich konnte ihn in dem Moment nicht anders bezeichnen, als absent. Die Verwunderung in seinen Augen und seiner gesamten Mimik war für mich eine Reaktion, die ich nicht erwartet hatte. Nicht, weil es diese wundervolle naive, gar unschuldige Art der Verblüffung war. Sie zeigte Unglauben und Misstrauen. Doch ich sagte nichts und wartete. Und wie lang ich dies tat, ohne dass er ein Wort ergriff, ohne dass er eine deutliche Regung zeigte. Eine merkwürdige Stille um uns, die ich einfach nicht begriff. Dann regten sich seine Lippen und erneut kam kein Ton über sie. Worüber dachte er jetzt nur nach? Diese Frage wurde mir fortan nicht beantwortet. Schweigend standen wir uns gegenüber und ich verzog die Brauen, als er plötzlich den Kopf schüttelte, als hätte er etwas zu verneinen. Eine Handbewegung, als gäbe er mir ein Zeichen, dass ich still sein sollte und doch war ich es schon seit einigen Momenten. Kurios... wahrhaftig und so wartete ich geduldig, sah, wie er die Augen schloss und augenscheinlich nach Festigung suchte. Und in mir kam eine leichte Unsicherheit auf. Hatte ich etwa den Anschein geweckt, als wären meine Worte unehrlich? Obwohl ich sie aus der Wahrheit heraus aussprach? "Nun...", begann er leise und ich wunderte mich über dieses Zögern in seiner Stimme. Meine Mimik jedoch blieb dieselbe und so verfing ich mich in einer unauffälligen Forschung seiner Augen und dem festen Hauch seltsamer Entschlossenheit. “Ich sähe dich viel lieber anders.” Mit diesem einen Satz war meine eigene Ernsthaftigkeit verschwunden und ich zeigte meine Verwirrung offen. Unwirsch wanderten meine Augen in die eine und dann in die andere Richtung, sinnierend, was sein Verhalten bedeutete. Wie lächerlich es doch war, dass mich allein diese Worte so überraschend getroffen hatten, dass ich nichts zu erwidern hatte und nur beobachtete und lauschte. "Ich sähe dich gern ruhend und Kräfte schöpfend, doch muss ich erleben, wie du dich auf den Beinen hältst, unruhig umherstreifst, als würde dir kein weiches Lager das bieten, was du benötigst." Himmel! Als wäre dies eine Predigt, die schon ewiglich auf mich wartete, ließ Legolas seinen Worten freien Lauf und mir blieb nichts anderes übrig, als oftmals den Mund zu öffnen, einen Widerspruch einzulegen... "Ist es Rastlosigkeit, die deinem Leib neue Kräfte verleiht?" Unschlüssig hob ich den Zeigefinger. "Ist es das Verschmähen von Mahlzeiten?" ... und doch schloss sich letzen Endes meinen Mund und ebenso sank meine Hand hinab. Was war nur in ihn gefahren? Hatte ich in einem zweifelhaften Moment eine Laune preisgegeben, die mich verraten hatte? Ein rätselhaftes Geschick, in dem Legolas sich zu mir beugte und versuchte, in mir zu lesen. Ich war wahrhaftig völlig neben mir und wusste nicht, es einfach zu verbergen, so, wie ich es immer tat. Dann schüttelte er den Kopf. "Du kannst nichts geben, ohne zu nehmen." Und er flüsterte dies, während ich ratlos die Augenbrauen hob und noch immer schweigsam blieb. So schweigsam, da mir sämtliche Worte fehlten. "Von welchem Belang sind meine Augen, die mich in meinem Handeln nicht einschränken? Wie stehen sie deinem Körper gegenüber, der vom Krieg geschunden ist und der dennoch keine Stärkung erhält." Und sofort dachte ich, dass es an mir war, ihm zu sagen, dass es mir gut ging. Keine Bemühungen sollten mich treffen, denn mir ging es gut. Schmerzen waren doch Dinge, die ich kannte und Dinge, die von selbst vergingen. Dennoch blieben mir die Worte im Halse stecken. "Aragorn. Wie kann es sein, dass bei all der Aufmerksamkeit und Rücksicht, die du ausstrahlst... dass nichts auf dich zurückscheint?" Weckte ich tatsächlich den Anschein, mich vor Schwäche kaum auf den Beinen halten zu können? Woher nahm er diese Worte, während ich doch keine Erwartungen hegte, dass man mir Sorge zusprach? Ich war ein Licht... keine Fackel, die nach langem Brennen erlosch. "Sieh doch nicht nur all das Leid, welches dich umgibt... sieh auch die Masse, auf die es zurückfällt. Gemeinsam vermag man es zu tragen, ein einziger jedoch hebt diese Last nicht von den schweren Herzen." Aber ich hatte es doch geschafft, war es nicht so? Die Masse hatte sich den Halt gesucht, den ich ihnen gab und alles wurde besser. Ich war stolz auf mich und trotz alledem hegte ich nun den Glauben, dass... es ein schwacher Trost war. Wie konnte das sein? Ich lebte immer mit dieser Begebenheit. “Es ist vielmehr zermürbend als hoffnungsvoll und immer wird es Menschen geben, die den Anschein erwecken, deine Taten wären nicht von Belang.” Sie waren es nicht... sie waren es gewiss nicht. “Kämpfe nicht für einzelne, Aragorn. Kämpfe doch für alle und tue dies auf einem anderen Weg.” Es fiel mir schwer, über diese Worte zu sinnieren. Sicher trugen sie Wahrheit in sich, aber mein Verständnis dafür blieb aus, gleichsam mein Verstand, dem es zu heikel war, Einsicht zu bekennen. Ich holte tief Luft und stieß sie annähernd erschöpft aus. Aus heiterem Himmel entstand ein bangendes Gefühl der Durchsichtigkeit. War es so einfach, in mir zu lesen oder lag es an ihm, da mich seine Aufmerksamkeit so überwältigte? Er schloss die Augen und ich war zeitweise dankbar, dass seine gar trotzige Miene verschwand. Doch dann wandte er sich um und ging. Ich sah ihm nach, ehe ich den Blick wandern ließ und noch einmal hinaus in die Ferne spähte. Erneut bekam ich das Gefühl eines verlassenen Tieres und allmählich verachtete ich diese Empfindung. Ich musste allein darüber grübeln und meine Schlüsse daraus ziehen. Ich musste nachdenken, was ich falsch machte, mochte es so vieles sein... ich stand ja allein hier. “Komm.” Ich hörte seine Stimme und sah abrupt zu ihm. Er hob die Hand und sprach weiter, aber auch von dieser Fortsetzung seiner anfänglichen Predigt war ich so verwundert, dass ich ihn erst einige Zeit lang anschauen musste, ehe ich es bewerkstelligte, dass sich meine Beine regten. Er lächelte und ließ die Hand sinken. Ich sah zu, wie er die Lippen bewegte und mich auch Fetzen seiner Worte erreichten, aber ich sah ihn nur an und blieb meiner eisernen Kontrolle fern. Wir durchschritten den Gang und ich folgte ihm, als kenne nur er sich in dieser Stadt aus. Seine Gedankengänge waren mir ein kleines Mysterium. Und als er meinen Blick erhaschte, sah ich dieses bekannte Funkeln in seinen Augen, das ich zeitweise nicht mehr gesehen hatte. Eine andere Art von Entschlossenheit. Eine interessante und zeitgleich furchtsame Mischung, der ich mich wohl fügen musste. Und vielleicht... “Wir werden schon an deiner Genesung arbeiten.” Vielleicht sollte ich erstmals abwarten und weiterhin beobachten. Ich würde ihm gewiss keinen Anlass geben, dass er sich zu sehr um mich sorgte, dass er seine Zeit für mich aufopferte. Seine eigene Schonung war das Einzige, was ich mir wünschte. Nur, wie erklärte ich mir selbst die angenehme Wärme in meiner Brust, bei jedem sorgsamen Wort, das er an mich richtete? Bei jedem Schritt, den er so sicher tat, folgten meine noch schwach und jede Bewegung meiner Knochen zeugte von Schwerfälligkeit und Last, während er leichtfüßig und nahezu in aller Freiheit schlenderte und den Kopf anhob, um dem seichten Wind eine Begegnung zu sein. Abwesend vernahm ich den Ruf meines Namens und obwohl ich stehen blieb und auf den Rufenden wartete, sah ich Legolas öffentlich voller Zuneigung an. Ich wollte ihm wieder ebenbürtig sein... “Die Frauen sprachen es in den Häusern der Heilung und es muss die Wahrheit sein, da ich Eure Taten sah!” Lächelnd trat ein junger Mann zu mir und für einen Moment erschrak ich, als ich ihn ansah. Zwar war sein Haar länger und sein Gesicht jünger, doch war die Ähnlichkeit zu Boromir so verblüffend, dass ich meine Wortlosigkeit erst einmal hinunterschlucken musste. Zu dem Glück meiner Fassungslosigkeit, wandte er sich zuerst in aller Höflichkeit an Legolas, nickte ihm zu und richtete dann sein Augenmerk auf mich. Tief verbeugte er sich vor mir und ich trat irritiert einen Schritt zurück und sah ihn fragend an. Sogleich erhob er sich wieder und lächelte auf eine gutmütige Art und Weise, die an ihrer Intensität beträchtlicher war, als bei Boromir. “Die Hände des Königs sind Hände eines Heilers.” Ich blinzelte, erwachte bei diesem Satz aus meiner Starre und verbeugte mich dann selbst und tief, soweit es mir erlaubt war. “Ihr seid nicht derjenige, der sich verbeugen muss, Herr”, meinte er und ich sah auf, verzog die Brauen und richtete mich wieder auf. “Ihr habt es bewerkstelligt, eine Masse von ihrer Verzweiflung und Angst zu befreien.” Er ließ den Blick sinken, fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und sah dann auf, ehe er nickte. “Zu keinem Besseren passt dieser Leitsatz als zu Euch. Habt Dank.” Wäre ich nicht erneut so fassungslos von so viel Interesse an meiner Person, so hätte ich längst gesprochen... “Mit einem geschwächten Arm einen Mann zum Aufstehen zu bewegen und gegen Widersprüche anzukämpfen, ohne einen Moment Ungeduld...” Endlich schaffte ich es, die Hand zu heben, brachte ein leichtes Lächeln zustande und schüttelte den Kopf. Zaghaft aber bestimmend. “Ich tat nur das, was auch Ihr getan und gewiss erfolgreich bewältigt hättet. Ihr schuldet mir weder Dank noch mehr Respekt, als ich eigentlich Euch schuldig bin.” Er hob die Brauen, erwiderte meinen ruhigen Blick, welcher nun wieder gefasst durch die Maske der makellosen Gestalt entstand. Eine Gestalt, die ich darstellen wollte und niemals war. “Aber Ihr habt die Menschen an ihre Stärken erinnert”, fuhr er zögerlich fort. “Und Ihr wart es, der diese Stärke zum Leben erweckte”, erwiderte ich und ließ die Hand sinken. “Aber deswegen seid Ihr doch nicht zu mir gekommen.” Sein Lächeln wurde für einen Augenblick stärker und ich erkannte dieses gewisse Leuchten in seinen Augen. “Ihr habt Recht.” Seine Miene wurde ernst und er nickte zu dem Aufstieg zum nächsten Ring. “Viele sind nun tatenkräftig und viele wollen es sein, doch uns fehlen die Männer zur Einweisung.” Er seufzte leise und ich hoffte, dass er seine Worte auf den Punkt brachte, fühlte mich jedoch zeitgleich bestätigt. “Doch mehr Befürchtungen hege ich bei den Menschen an dem großen Plateau der Nordseite. Sie sind erzürnt und fordern Erklärungen für die Zukunft.” Erneut wandelte sich seine Mimik und mir wurde klar, was sein Belangen war. “Ihr wisst, wie man diesen Menschen Mut zuspricht, wie man sie besänftigt und ihnen Erklärungen geben kann, mit denen sie zufrieden sind. Ich kann es nicht.” Ich erkannte die Bitte in seinen Augen und sie war immens. Eine wichtige Aufgabe, die zu erledigen war. Und obwohl ich annahm, dass Faramir, der Heerführer Gondors, selbst die Stärke zu der Lösung besäße, würde ich dies für ihn tun, wenn er mir dieses Vertrauen schenkte. Grübelnd wandte ich den Blick ab und ließ ihn flüchtig zu Legolas schweifen. Seine Mimik verriet mir eine ganz andere Wendung. Trotz und Widerwillen. Ich wusste weshalb und würde wohl seinen Zorn auf mich ziehen... aber ich konnte mich dieser Pflicht nicht entziehen... ich durfte es nicht. ~*~ Legolas: Ich erblickte dieselbe Tracht, die meine Gedanken zu Erinnerungen werden und zu jenem Mann zurückschweifen ließ, der auf ebenso schmerzvolle Weise von uns gegangen war, wie Frodo und Sam es getan hatten. Ich hielt das Handgelenk auf dem Steiß, spreizte die Finger und erlas dieselbe Art der Lippenbewegung. Ausdrucksvoll und vergleichbar mit der Boromirs, doch Gesichtszüge, die in ihrem Wesen so unähnlich waren und den Vergleich nur auf vordergründiger Ebene zuließen. Still sah ich ihn nähertreten, sah ihn sprechen und vernahm seine Worte dennoch nicht. Nur jünger... sinnierte ich und erwiderte eine flüchtige Geste ehrenvoller Begrüßung. Noch nie war er uns begegnet und doch war er mir kein Fremder, sondern vertraut in einer Richtung, die nur seine Ausstrahlung preisgab. Ich blieb stehen und scheute die Mühe, meine aufmerksame Beobachtung in Unauffälligkeit zu kleiden. Doch er... er wirkte so euphorisch, zu fixiert auf den, der neben mir stand. Und ein tiefes Lächeln schenkte seinen Lippen Ausdruck... seinen Lippen, doch nicht etwa seinem Gesicht, welches sich der Trauer verschrieben zu haben schien. Oft und seit langem... “Ihr seid nicht derjenige, der sich verbeugen muss, Herr.” Ich senkte die Lider, faltete die Hände ineinander und blickte hinab zum Boden. Jedoch nur kurz, denn sogleich fiel meine Aufmerksamkeit auf die Bewegungen Aragorns, als sich dieser aus der Verbeugung aufrichtete. Ich betrachtete ihn mir aus den Augenwinkeln. “Ihr habt es bewerkstelligt, eine Masse von ihrer Verzweiflung und Angst zu befreien. Zu keinem Besseren passt dieser Leitsatz, als zu Euch. Habt Dank.” Er sprach rasch, annähernd aufgeregt und Aragorn teilte meine Schweigsamkeit, als besäße er meine Rolle des stillen Anwesenden, der begutachtete und sinnierte... obendrein nur einen Widerspruch erwartete und einen weiteren Kampf gegen Anerkennung. “Mit einem geschwächten Arm einen Mann zum Aufstehen zu bewegen", fuhr der junge Mann fort und mir war nach einem diskreten Lächeln, "und gegen Widersprüche anzukämpfen, ohne einen Moment Ungeduld...” “Ich tat nur das, was auch Ihr getan und gewiss erfolgreich bewältigt hättet." Nun, jetzt endlich war es an seiner Zeit und ich fühlte mich nur bestätigt in meiner Annahme. "Ihr schuldet mir weder Dank, noch mehr Respekt, als ich eigentlich Euch schuldig bin.” “Aber Ihr habt den Menschen an ihre Stärken erinnert.” Ich wandte mich zur Seite, hob den Kopf und betrachtete mir den Banner, der die Wand zierte. Beide, nicht darauf aus, einen aufrichtigen Dank anzunehmen, ließen ihn von einer Seite zur anderen pendeln und gaben sich nicht geschlagen. War dies edel oder töricht? “Aber deswegen seid Ihr doch nicht zu mir gekommen.” Kein Resignieren... nur ein weiteres Mal das gekonnte Abschweifen. Mein Stirn legte sich flüchtig in Falten, bevor ich abließ von meinen Beobachtungen und Aragorns Neugierde auf das wahre Anliegen teilte. Erwartend verfolgte ich, wie das Lächeln rasch an Kraft verlor und mit einer knappen Geste wies er zur Seite und die Dankesfloskeln zerstoben. "Ihr habt Recht", meinte er mit leichtem Wehmut und während Aragorn Interesse zeigte, sah ich allein die Gefahr in seiner Miene, die auffällig eine Bitte vorausschickte. Und bestimmt war jemand anwesend, der einjeder folgte. "Viele sind nun tatenkräftig und viele wollen es sein, doch uns fehlen die Männer zur Einweisung. Doch mehr Befürchtungen hege ich bei den Menschen an dem großen Plateau der Nordseite. Sie sind erzürnt und fordern Erklärungen für die Zukunft." Ich schöpfte tiefen Atem und nun mit ersuchender Intensität, blickte man Aragorn an. "Ihr wisst, wie man diesen Menschen Mut zuspricht, wie man sie besänftigt und ihnen Erklärungen geben kann, mit denen sie zufrieden sind. Ich kann es nicht." Nur aus den Augenwinkeln sah ich, wie sich Aragorns Haltung festigte, wie er sich für die Aufgabe rüstete, bevor er seine Einwilligung gab... und wie er flüchtig zu mir spähte. Nur kurz, als läge die Entscheidung nicht allein in seinen Händen... und er war im Recht. In seinen Händen lag gar nichts und ich würde keine Entscheidung in sie legen. Noch ehe er sich abgewandt und seinen Entschluss kund getan hatte, hob ich den Kopf, ließ ihn mit einem einfachen Schritt hinter mir stehen und wandte mich an jenen Mann. "Herr", raunte ich gedämpft und musterte ihn mit unscheinbarer Entschiedenheit. "Eure Behauptung, für die Hilflosen selbst keine Hilfe darstellen zu können... verzeiht...", ich zwang mich zu einem kurzen Zögern, obgleich mein Ziel deutlich vor mir lag, es mir jedoch ebenso ein Wichtiges war, seine völlige Aufmerksamkeit zu erlangen. Und er sah mich an, annähernd erstaunt, da ich das Wort ergriff und in dieser Meinung Aragorns Widerspruch nicht einmal annähernd Platz gefunden hätte. "Gondor blieb stark in der unerbittlichen Zeit des Krieges, es blieb bestehen und nur großartige Fähigkeiten, gar hohes Können, können die Erklärung liefern. Die Verteidigung hielt stand, das Volk blieb geschützt und gestärkt." Ich beugte mich dezent nach vorn. "Auch ohne Arathorns Sohn, so wie es scheint, doch nicht ohne Euch. Gewiss seid ihr den Menschen ein Näherer, als es Aragorn zu diesem Zeitpunkt sein könnte. Und Vertrautheit ist bei weitem mächtiger als der entschlossene Zuspruch. Ermutigende Worte aus dem Munde eines namhaften Mannes... neben den Worten eines Fremden, der es versteht, Ansprachen zu halten?" Unter einem diskreten Lächeln schüttelte ich den Kopf, nahm ihm die Möglichkeit, selbst die Antwort zu erbringen. "Ihr, der Sohn eines Truchsess, der über das Volk herrscht und dennoch unter ihm weilt. Ihr müsst stolz sein, es bis zu diesem Zeitpunkt sicher geleitet zu haben und Ihr müsst den Glauben in Euch selbst besitzen, ein erneutes Mal zu ihm zu treten, um Euch abermals als Vertrauter zu zeigen." Kurz verstummte ich und nicht überraschend war die Stille, die hinter mir herrschte. Noch offenbarte sich die Zustimmung nur bescheiden in den Augen des jungen Mannes, doch legte er keinen Widerspruch ein und ich trat zurück, bis ich meinen alten Standpunkt neben Aragorn fand. "Aragorn ist...", ich sah diesen aus den Augenwinkeln an, offen und bestimmend, während ich mit sanfter Stimme sprach, "... überaus froh, solch ein Vertrauen zugesprochen zu bekommen." Schmunzelnd wandte ich mich so an jenen Mann zurück und zaghaft war dessen Lächeln zurückgekehrt. "Ihr habt Recht", meinte er verdrossen und wieder bearbeitete er die Unterlippe mit den Zähnen, als wäre das Lob, welches ich einem Unbekannten aussprach, eines unter wenigen. Auch ich hielt mein Lächeln aufrecht und allein um sicherzugehen, hakten sich zwei meiner Finger versteckt in Aragorns Ärmel. Es war ihm durchaus zuzutrauen, erneut die Stimme zu erheben und diesmal gegen mich, doch verblieb er in Schweigen und der junge Mann nickte in sich hinein. "Ja", sagte er dann und sein Gesicht wurde überflutet von Entschlossenheit. "So liegt es wohl ebenso in meiner Pflicht, der ich gern nachkomme." Mit einer sanften Kopfbewegung zollte ich diesem Willen Achtung und er richtete sich aus seiner leicht geduckten Haltung auf. "Mein Vater, Denethor... er fand den Tod." Seine Stimme nahm eine schmerzvolle Festigkeit an und ich senkte in zuvorkommender Anteilnahme die Lider. Hörbar atmete er aus und eher beiläufig wirkte dagegen die Geste, mit der er seinen Umhang richtete. "Und meine Bestimmung ist es, sein Amt fortzuführen", sein Blick driftete zur Seite, "bis die Zeit der Truchsessen endet und die Verbindlichkeit von den Schultern meiner Familie genommen wird. Einen ungekrönten König darf ich nicht bitten, sich um Angelegenheiten zu sorgen, die erst die Angelegenheiten des gekrönten Königs sind. Verzeiht." Er verbeugte sich knapp und unter einem leisen Räuspern nahm er die alte Haltung an. Erneutes Schweigen brach über uns herein und stumm sahen wir uns an, bevor er erneut die Stimme erhob. "Und doch...", meinte er gedämpfter als zuvor, "... läge es sehr in meinem Interesse... die Gefährten meines Bruders...", flüchtig entfloh er unseren Blicken, "... im Rat zu sehen. Bald schon wird er abgehalten und viel gibt es zu berichten und zu bereden. Wissen und Erfahrung benötigen wir in dieser Zeit mehr als alles andere und viele werden kommen, um Pläne zu schmieden. Es läge mir viel daran, wenn Ihr diesem Rat beiwohnen würdet." Und er fuhr fort, bevor uns Zeit zur Antwort blieb. "Zur Mitte des Tages im Thronsaal." "Wir werden anwesend sein", versprach ich und tat es für uns beide, denn auch ich würde Aragorn nicht davon abhalten können, dem Rat beizuwohnen, zumal er von großer Wichtigkeit war und ich es so nicht einmal beabsichtigt hätte, ihn zu hindern. Eine letzte Verbeugung, dann wandte sich der Sohn des Truchsess ab und nur ein leichtes Hinken seines Ganges zeugte davon, dass auch er nicht unverletzt aus dem Krieg gegangen war. Ich blickte ihm nach, schloss jedoch ab mit dem Gespräch und fixierte mich zurück auf mein Vorhaben, zu dem mir nun weitaus weniger Zeit blieb. Ich löste die Finger aus Aragorns Ärmel, hob die Hand gleichsam zu seiner Schulter und drehte ihn behutsam mit mir, auf dass wir unseren Weg fortsetzen konnten. So gingen wir bald wieder nebeneinander und obgleich mir die Gänge und Wegzweigungen dieser Festung unvertraut waren, folgte ich bewusst meinem Weg, dessen Ziel sich leicht verriet. Schon eher hatte ich die Düfte wahrgenommen und ihre Intensität war es, der ich folgte. So entschied ich mich für Richtungen, stieg eine schmale Treppe hinauf und erreichte einen Flur, der eine offene Türwölbung aufwies. Geräusche zogen uns entgegen und kurz lugte ich zu Aragorn, bevor ich neben ihm einen großen Speiseraum betrat. Weit erstreckten sich die Bänke vor den Tafeln, die gefüllt waren mit den unterschiedlichsten Speisen und doch nicht reicher, als die Teller des Volkes. Soldaten nahmen die ersten Mahlzeiten seit langem zu sich und allesamt wirkten sie müde und kraftlos. Nur nuschelnd erhoben sich ihre Stimmen zu leisen Gesprächen und träge waren die Bewegungen, in denen sie nach den Speisen griffen. Nur kurz blickte ich um mich, besah mir die königliche Ausstattung der Halle und wandte mich dann mit größerer Aufmerksamkeit dem Essen zu. Ich vertraute darauf, dass Aragorn den Grund unseres Hierseins verstand und beschäftigte mich so mehr mit mir selbst, als mit ihm. Zielstrebig griff ich nach einem Teller und ging die Tafel entlang, wobei er sich geschwind füllte. Akribisch besah ich mir den Braten, bevor ich ihn auf dem Teller ablegte, griff dann auch nach Weintrauben, Brot und Gemüse. Eifrig bediente ich mich, löste auch frische Kräuter von ihren Stängeln und balancierte den Teller sorgfältig aus, als ich mich zwischen zwei Männern hindurch schob. Ein weiterer Braten kam so geschwind hinzu und penibel besah ich mir die zusammengesuchten Speisen, bevor ich mich von der Tafel löste und nach Aragorn Ausschau hielt. ~*~ Aragorn: In vielerlei Hinsicht kam ich mir meiner Eigenständigkeit entzogen vor. Wenn man glaubte, in mir läge die Verantwortung eines jeden Wesens, welches sich mir anvertraute, so war es Legolas, der dies mit seinem neu erweckten Enthusiasmus wett machte. Ich hatte seine Entschlossenheit zwar erahnt, doch schon eher daran geglaubt, dass er um meine Tatkraft wusste... und ebenso um mein eigenes Ego, das verlangte, in Anspruch genommen zu werden. Ungern schmückte ich mich mit dem verdrängten Egoismus... und dennoch hätte ich anders handeln können, als in den Augenblicken, in denen der Elb das Wort für mich ergriff. Wagemutig stellte er sich vor mich. “Herr. Eure Behauptung, für die Hilflosen selbst keine Hilfe darstellen zu können... verzeiht...”, in raffinierter Diskretion schlug er eine unscheinbare Unverschämtheit an, die wohl niemandem auffallen würde... außer mir, “Gondor blieb stark in der Zeit des unerbittlichen Krieges, es blieb bestehen und nur großartige Fähigkeiten, gar hohes Können, können die Erklärung liefern. Die Verteidigung hielt stand, das Volk blieb geschützt und gestärkt.” Es kam einer lächerlichen Tragödie gleich. Wieso nur, vermochte er auszusprechen, was ich mir dachte? Vielleicht, weil ich dies für mich als Engherzigkeit bezeichnen würde? Natürlich. In anderen Worten wäre es aus meinem Mund nicht anders gewesen, als wenn ich mich einer Pflicht entziehen wollte. Der junge Mann war verletzt, hatte den Bruder verloren und auch den Vater... sein Aufgabenbereich hatte sich so immens erweitert, dass es selbstverständlich war, wenn er einige Schuldigkeiten anderen übertrug. Hätte ich nicht widersprechen müssen? Gerade in dem Moment, in welchem sich Legolas einer gespielten Zögerung ergab? “Auch ohne Arathorns Sohn, so wie es scheint, doch nicht ohne Euch. Gewiss seid Ihr den Menschen ein Näherer, als es Aragorn zu diesem Zeitpunkt sein könnte. Und Vertrautheit ist bei weitem mächtiger als der entschlossene Zuspruch. Ermutigende Worte aus dem Munde eines namhaften Mannes... neben den Worten eines Fremden, der es versteht, Ansprachen zu halten?” Verdutzt blinzelte ich vor mich hin, runzelte die Stirn. Über den Mund war er mir gefahren und mir wollte kein Gegenwort entweichen, kein Widerspruch. Und so seufzte ich leise, blickte mich ratlos um und erhoffte, dass man mir wieder das Wort übergab. Doch Legolas sprach und sprach, während ich mich umsah und nichts dabei dachte. Dies war eine Situation, die einfach nicht in mein althergebrachtes Schema passte. Etwas, mit dem ich nicht umgehen konnte, selbst wenn mein liebster Gefährte meine Fähigkeiten untergrub... aber so konnte es auch sein, dass... Legolas tat seinen Schritt zurück an meine Seite und ich blickte rasch zu dem Heerführer, versuchte völlig neutral zu wirken und bemühte mich um ein motivierendes Lächeln. Und ich sah mir diesen Mann ein weiteres Mal genauer an, nahm diese angenehme Bescheidenheit und Großherzigkeit allein in seinen Augen, in seiner Gestik wahr. Hmm... so konnte es wahrlich sein, dass Legolas diesen Dialog nicht einzig dafür tat, dass man mir keine Aufgaben zuteilte, sondern vielleicht auch für diesen Menschen, der an seine eigene Kraft glauben sollte. “Aragorn ist...”, flüchtig ließ ich den Blick zu dem Elben schweifen und schnalzte mit der Zunge, zwang mich regelrecht dazu, schweigsam zu bleiben und blickte wieder zurück, “... überaus froh, solch ein Vertrauen zugesprochen zu bekommen.” Annähernd der dumpfsinnigen Nervosität verfallen, lenkte ich mein Augenmerk auf den Boden und verlagerte teilnahmslos mein Gewicht auf den linken Fuß. Es benötigte keine weitere Beobachtung, um zu erkennen, dass sich Legolas an meinem Zustand erfreute und dennoch hatte er gleichsam die Fähigkeit, damit nicht auf Ärgernis zu stoßen. “Ihr habt Recht.” Welch Erfolg, welch Erfolg. Es machte wirklich den Anschein, als wäre meine Fertigkeit der Motivation nicht von Seltenheit. Und dennoch war es doch wenigstens meine Aufgabe, ihm mitzuteilen, dass ich dem Heerführer Faramir jederzeit zur Verfügung stünde, dass er auf meine Hilfe bauen könnte, sobald ihm der Sinn nach einem Rat oder Tat stand. Aber Vorhersicht lag wohl auch in der Befähigung des Elben. Ich spürte, wie er die Finger in meinen Ärmel hakte und blieb erneut... still. “Ja, so liegt es wohl ebenso in meiner Pflicht, der ich gern nachkomme.” Und ich sah wieder auf und teilte reflexartig das respektvolle Nicken Legolas’ und mein Lächeln gewann an Ehrlichkeit. Soviel Ehrgeiz... vom Heerführer und auch von Legolas. So stellte ich mich nicht dazwischen und ließ beide gewähren, auf dass es so gelang, wie beabsichtigt. “Mein Vater, Denethor... er fand den Tod.” Ich senkte das Haupt und fühlte erneut den Schmerz, der für den jungen Mann unabdingbar war. Vater und Bruder. “Und meine Bestimmung ist es, sein Amt fortzuführen.” Ausdruckslos war meine Miene, als ich den Blick des Anderen empfing, während er seinen Satz beendete. “Bis die Zeit der Truchsessen endet und die Verbindlichkeit von den Schultern meiner Familie genommen wird. Einen ungekrönten König darf ich nicht bitten, sich um Angelegenheiten zu sorgen, die die Angelegenheiten des gekrönten Königs sind. Verzeiht.” Ich schüttelte den Kopf sachte und kam mir dabei sehr oberflächlich vor. Weder ungekrönt, noch König war ich. Eine Macht, bei der ich mir noch zu unsicher war, als dass ich mich als Herrscher fühlen könnte, geschweige denn der Gewaltigkeit Gondors gewachsen wäre. Und trotz alledem würde ich sehen, was das Schicksal mir bescherte. Noch einmal richtete ich meine Aufmerksamkeit flüchtig und unauffällig auf Legolas, als dessen Konzentration auf Faramir lag. Ich würde sehen, was für Verluste mich noch einholen würden, welche Sorgen mir zuteil werden und welches Risiko eingegangen werden musste... “Wir werden anwesend sein.” ... um Mittelerde zu retten und Dinge zum Guten zu wenden. Zu sehr in Gedanken, lauschte ich den wichtigen Worten kaum und sah dem letzten lebendigen Truchsess nach, als er sich umwandte. Mit Trauer und Missgunst sah ich den Ereignissen entgegen. Doch bevor ich mich dieser aufkommenden Melancholie ernsthaft hingeben konnte, spürte ich die Hand auf meiner Schulter und ließ mich widerstandslos umdrehen. Ich sah Legolas an und flugs stellten sich meine Gedanken um, ohne dass ich sie ernsthaft kontrollieren konnte. Ja, er war sehr nahe daran, mein wichtigster Lichtpunkt zu werden, so wie ich es für andere sein wollte und ich lächelte. Schweigsam wie bisher, setzte ich meine Beine in Bewegung und folgte Legolas. Wohin er mich führte, wusste ich nicht, aber ich bemühte mich, dem Pessimismus zu entsagen und mich weiterhin auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren. Ich war nicht allein. Nach einigen Schritten trat mir ein Geruch in die Nase, der mich aufblicken ließ. Wir stiegen eine Treppe hinauf, durchliefen einen Flur und erreichten allgemach einen Saal. Der Duft guter Speisen füllte ihn und ich trat hinein und sah mich um. Speisen... alles andere als Hunger verspürte ich in diesen Augenblicken, kam jedoch nicht in die Lage einer derartigen Äußerung. Legolas machte sich bereits daran, einen Teller zu ergreifen und so ging ich ihm langsam nach und besah mir die ausschweifende Tafel an diversen Lebensmitteln. Früchte, Braten... Wasser... Wein.. Und das einzige, wozu ich mich durchringen konnte, war eine schmale Scheibe Brot, die zuletzt in einem fast leeren Korb lag. Ich glaubte, dass selbst sie mir zuviel werden würde, stöhnte überfordert und sah mich dann nach Legolas um. Es war nicht schwer, den schlanken Elben zwischen den Menschen zu finden und er trat zu mir, ehe ich mich zu ihm durchringen musste. Das interessante an dieser Situation war jedoch nicht der Gedanke daran, den Elben wieder beim Essen sehen zu können, sondern der prall gefüllte Teller, den er in seiner Hand hielt. Verblüffung zeigte ich ganz offen und dazu noch ein ungläubiges Grinsen. Wer hatte erwartet, dass Elben so viel vertragen konnten? Gleichzeitig war es aber vielleicht kein Wunder, da er in letzter Zeit gar nichts zu sich genommen hatte. Er teilte meine Ungläubigkeit auf eine andere Art und Weise. Er sah das kümmerliche Brot in meiner Hand, schüttelte den Kopf und drückte mir dann in völliger Unerwartung den Teller in die Hand und nahm sich stattdessen mein Brot. Ich schaute auf diese Anhäufung der unterschiedlichsten Speisen und war nun selbst derjenige, der den Kopf schüttelte. Zu viel Talent auf einmal, dachte ich mir, als ich mir bewusst wurde, dass dieser Teller von vornherein für mich bestimmt war und ließ mich ohne Widerstand zu den Tischen führen. Nun saß ich da, er neben mir und gewiss kontrollierend, dass ich den Teller leerte. Mir fehlte wahrhaft der Impuls, mich Legolas zu widersetzen und musste zusehen, wie er sich mit der Scheibe Brot zufrieden gab, während ich noch in den Speisen stocherte. Ich war es nicht gewohnt und konnte es einfach nicht sein, dass man sich so um mich bemühte. Doch nach und nach griff ich nach den Weintrauben, aß ruhig und hatte allmählich ein Grinsen auf den Lippen. Berechnend war er und entzückend zugleich. So liebenswürdig und gut zu mir, dass ich ihn zu gern in aller Öffentlichkeit küssen wollte. Ein Kuss... Ich griff nach dem Besteck und begann mich um den Braten zu kümmern, während ich erneut in Gedanken umherblickte. Diese Nähe, diese Wärme... ich spürte sie nun in einer anderen Art und sie kam den Gefühlen der letzten Nacht sehr nah. Aus welchem Grund? Welche Intensität kam dieser Zärtlichkeit nahe, ohne dass wir uns berührten. Ohne Verlangen und Wolllust, ohne Begierde... nur ein kleiner Funke Zufriedenheit und Glück. Was war rechtens, was ich fühlen durfte? Welche Gedanken durfte ich ihm gegenüber hegen? Viel wichtiger allerdings, war die Frage, was ich über ihn denken konnte. Mein Teller war leer, als ich erneut auf diesen blickte und es verwunderte mich zutiefst, wie groß der wahre Hunger war und welchen Wohlgefallen mir der Mittagstisch brachte. Allein durch Legolas’ Anwesenheit und seine Fürsorge spürte ich besseres Wohlergehen und letzen Endes verblieb mein Gedankengang wie bisher. Er war da und bei mir. Das war alles und dafür war ich dankbar. ~*~ Legolas: Es war kein Vorwurf gegen ihn zu sprechen. Ich hatte dieses Handeln durchaus erwartet und mein eigenes Gespür sollte mich nicht überraschen. So trat ich ruhigen Schrittes zu ihm, nahm das Brot aus seiner Hand und belud sie mit dem Teller, dessen Last bei weitem mehr Kräfte mit sich brächte, als diese karge Mahlzeit, die mir jedoch vollkommen genügte. Seine Verblüffung war ihm anzusehen, nur schwerlich wäre sie mir entfallen, doch lenkte ich ihn erneut herum, bevor er auch nur ein einziges Wort der Aufmüpfigkeit über die Lippen bringen konnte. Oh, es lag ihm, sich zur Wehr zu setzen. Gegen einjeden und alles. Unbeeindruckt durchschweifte mein Blick die Halle, während ich ihn beiläufig auf eine Bank hinabdrängte. Achtsam und zurückhaltend hielt ich die Hand auf seiner Schulter und nur mit Bedacht drückte ich ihn hinunter und er leistete keinen Widerstand, verharrte ein wenig unschlüssig und zeigte erst Regung, als ich mich bequem neben ihn setzte und wir so unseren Platz an der Tafel fanden. Und er begann zu essen. Mehr als nur ein spärliches Brot und ich selbst wendete dieses in der Hand, als ich aufrecht sitzen blieb, mich bald jedoch nach vorn lehnte und mit dem Arm auf der Tischkante abstützte. Die Atmosphäre war angenehm, die Männer etwas schweigsam und ich dennoch frohgemut. Sinnierend fiel mein Blick durch ein schmales Fenster und blinzelnd betrachtete ich mir den Himmel, der in einer solchen Helligkeit strahlte, als laure nichts Bösartiges mehr unter ihm. Gemächlich begann ich nebenbei zu essen und nicht lange verfiel ich meinen Phantastereien, bis ich einen Blick zur Seite riskierte und meinen Triumph vor Augen sah. Der erste Schritt war getan und weitere würden folgen. Mit gesundem Hunger verzehrte er die Speisen und ein fortwährendes Lächeln schien auf seinen Lippen zu ruhen. Ein größeres Gelingen, als es meinen Erwartungen entsprach und ich hob die Hand, bettete die Wange an ihr und besah mir eine kunstvolle Schale. Viel lieber als den verwegenen Streiter, sah ich ihn. Momente, die von so kurzer Dauer und gleichwohl von solch immenser Bedeutung waren. Wie entzückend seine seltene Zerstreut doch war... Und umso lieber lockte ich sie hervor. Auch, wenn man es mir wahrlich nicht ansehen mochte, ich kostete die Augenblicke aus, in denen er unschlüsslig nach einer Traube tastete, dann doch von ihr abließ und das Besteck nahm. Wie er sich räusperte, die Stirn in Falten legte und seine Augen flüchtig Überforderung preisgaben, bevor er sich wieder mit dem Teller beschäftigte und diesen dennoch zu leeren schien. Ich gestand, dass mein Blick noch länger auf ihm ruhte und ich erst in die Realität zurückfand, als sich mein Nebenmann ungestüm zu bewegen begann und seine Schulter die meine traf. So blinzelte ich und wandte das Gesicht nach vorn. Ich ertappte mich in seiner Gegenwart bei eigenartigem Verhalten und begann erneut zu essen. Ein unerklärliches Interesse daran, ihm Verantwortungen zu entziehen, die zu belastend waren... Ein unergründliches Engagement auch dabei, ein Auge auf ihn zu haben und eine mir fremde Hingabe bei dem Verwirklichen meiner Pläne... Doch fühlte ich mich wohl in diesem Tun und Lassen. Es war kein Fehler in meinen Augen und in keiner Weise beunruhigend. So ersparte ich mir forciertes Sinnieren, biss ab und senkte die Lider, während ich gemächlich kaute. Noch nie zuvor... kam es mir in den Sinn... war ich jemandem so nahe gekommen, wie ihm in der Finsternis der vergangenen Nacht. Nie hatten solch innige Verbindungen existiert. Nicht in meinem Leben und nur schwach in meiner Umwelt. Auch wenn ich verbarg, was ich dachte... es war für mich von Bedeutung. Einjeder Moment der vergangen war, als wäre er unendlich in seiner Zeit. Ein fremdes Wagnis war ich eingegangen und konnte nun nicht zwischen Sieg und Niederlage unterscheiden. Zu unbekannt waren mir all diese Begebenheiten, doch fanden sie zwischen uns nicht Erwähnung und ich fühlte eine Unsicherheit, mich einer Verleugnung anzuschließen, von der ich nicht wusste, ob sie eine war. Ein leises Schaben ließ mich aufblicken und mit ruhigen Händen legte Aragorn die Gabel nieder. Ich erblickte den geleerten Teller, starrte ihn nachdenklich an und ertappte mich dabei, nicht das Vorbild darzustellen, welches ich sein wollte. Noch immer hielt ich das Brot in der Hand und flüchtig trafen sich unsere Blicke, bevor ich es mit geheuchelter Gleichgültigkeit ablegte und schweigend nickte. Welch ein unpassender Zeitpunkt, erneut jenem Zwiespalt zu verfallen und ihn mir deutlich ansehen zu lassen. Es war ein ewiger Kreislauf der abwechselnden Befangenheit, in der der eine den anderen erwischte und kurz kämpfte ich wirklich um klares Denken, verzog sinnierend die Braunen und sah Aragorn dann unverholen an. "Wir sollten uns auf den Weg machen", raunte ich nachdenklich und ungewollt so betont, dass dieser Satz wichtiger erschien, als er war. Überfordert mir mir selbst schöpfte ich dann tiefen Atem, entzog mich seinen Blicken und wandte mich ab, um aufzustehen. Er zwang mich zu einem Verhalten, welches nicht das meine zu sein schien und dem ich mich dennoch immer und immer wieder auslieferte. Als bestünde seine Anwesenheit einzig und allein aus Fallen, die sich allerdings als so verlockend erwiesen, dass ich immerzu in sie tappte. So erhob ich mich und intuitiv bekamen meine Finger den Ärmel zu fassen und sicherten dessen Halt. Auch Aragorn kam auf die Beine und nur kurz unterzog ich ihn einer Musterung, bevor ich mich umdrehte und langsamen Schrittes die Halle verließ. Er folgte mir schweigend, doch war nicht allein das der Grund, der mich zum Innehalten zwang, sobald wir den Flur erreichten. Zögernd blieb ich stehen, blickte nach beiden Seiten und wendete mich zu ihm um. Es war mir kein Schweres, in seinem Gesicht zu lesen und leisen Argwohn musste das meine preisgeben, als ich die Brauen hob und das Gewand wärmend um meinen Körper zog. "Die Beratung, zu der man uns bat", erläuterte ich, hatte ich es doch im Gefühl, dass er mir nachlief, ohne ein gewisses Ziel vor Augen zu haben. Und wirklich... Erstaunen verlieh seiner Miene Ausdruck und ich schüttelte stumm den Kopf, bevor ich meinen Weg fortführte. Sein Schweigen versetzte mich nicht in Verwunderung, viel mehr beschäftigte ich mich damit, Orientierung zu erlangen und dann, als ich ihr habhaft wurde, sie zu bewahren. Ungenau war der Weg, den Aragorn mit mir gegangen war, in mein betäubtes Bewusstsein gedrungen und nur ungern gab es jene Erinnerungen preis. Doch ich fand mich zurecht, ging lange an Aragorns Seite durch Gänge und an Mauern entlang, durch Arkaden und die prachtvollen Bauwerke, die die Macht des Feindes nicht erreicht hatte. Aufmerksam blickte ich umher, erkannte so einiges wieder und nicht lange benötigten wir, bis wir den letzten Durchgang passierten und das höchste aller Plateaus erreichten. Ungehindert fielen die Sonnenstrahlen hinab auf die weite Ebene, ließen den hellen Kies erstrahlen und verliehen dem weißen Baum mehr Leben, als er dem Anblick nach, innezuhaben schien. Lange sah ich zu ihm hinüber, ging weiter und entsann mich an jene Blüte... so karg in ihrem Anschein... und doch war sie Ungläubigkeit und Staunen wert. Nicht lange noch... würde sie in Einsamkeit erblühen. Die massive Tür, die den Thronsaal hinter sich verbarg, wurde langsam und schwer geöffnet. Man ließ uns ein und ich erblickte die Halle der Könige, die mich in Bewunderung versetzte. So blieb ich stehen, während die Tür hinter uns geschlossen wurde und betrachtete mir die hohe Decke, die kunstvollen Wände, die Statuen der ehemaligen Herrscher... Und den Thron selbst, der sich über vielen Stufen erhob und doch seit langem verlassen war. Leer und machtlos, gleich des kunstvollen Stuhles, der zu den Füßen der Treppe stand. Der Platz des Truchsess und nun doch nicht mehr, als das Symbol einer vergangenen Macht. Ich blickte zu Aragorn, fand nicht weniger Interesse an seiner Mimik, als an der ruhmreichen Halle, doch erhob sich eine bekannte Stimme, die mich ablenkte. Auf Bänken und Stühlen, Pritschen und Hockern hatten sich die treuesten Krieger und Gefolgsleute Gondors niedergelassen. Allesamt gekleidet in schlichter Tracht, bildeten sie einen Halbkreis um eine freie Stelle, an der sich der Sohn des Truchsess erhoben hatte. Vielerlei Karten hingen von hölzernen Haltegriffen, Rollen aus Pergament auch auf dem Tisch, an den sich der Mann nun lehnte und nach der knappen Begrüßung einen einschätzenden Blick in die Runde warf. Gemächlich gesellte auch ich mich zu ihnen und nur schwer konnte mir Gandalf entgehen, der auf einem Schemel saß, den Stab neben sich abgestellt hatte und kurz zu uns aufblickte, als wir leise durch die Reihen traten. Auch Gimli war anwesend und seine versteinerte Miene offenbarte ernsthafte Konzentration, als er uns flüchtig zunickte und die Wangen aufblähte. Ebenso schien Merry aus der ärztlichen Fürsorge entlassen worden zu sein. Er saß neben Pippin auf einem Fell am Boden, stützte sich bequem ab und verfolgte einjede Bewegung des Mannes. Sie schenkten uns ein kurzes Lächeln, bevor sie sich wieder der Beobachtung zu wandten und still ließ ich mich auf einer Bank nieder. "Habt Dank, so zahlreich erschienen zu sein", erhob Faramir so die Stimme und unauffällige Bewegungen erfassten die Menge. Gesichter wandten einander zu, Augen musterten und Lippen bewegten sich stumm. Ich spürte eine aufkeimende Anspannung, blieb dessen ungeachtet jedoch ruhig und lugte nur flüchtig zur Seite. "Wir alle waren auf Genesung angewiesen, nach jener Schlacht, die unser aller Ende hätte sein können." Er sprach ruhig und blieb gefasst, war es doch unglaubwürdig, dass ihm jene Atmosphäre entging. "Unser Ende", raunte mein Nebenmann beinahe lautlos und sarkastisch und bestimmt waren meine Ohren die einzigen, die sein Flüstern vernahmen. "Die Gefahr hätte eine kleinere sein können..." Ich senkte die Lider, beugte mich nach vorn und begutachtete die Karte. "Nun jedoch", fuhr Faramir gleichmütig fort, wandte sich zur Seite und löste sich so von der Kante des Tisches, "... nun jedoch dürfen wir nicht länger untätig verharren, die Erleichterung über den errungenen Sieg muss verblassen. Tapfer habt ihr gekämpft und Stolz muss euch erfüllen, doch ist diese Schlacht nicht die Letzte. Lange hielten wir stand, lange bäumten wir uns gegen den Feind auf", er schloss kurz die Augen, rieb sich das Kinn und schien zu grübeln, "... nicht viele Kämpfer verbleiben uns, doch..." "Mehr Kämpfer wären es jedoch, hätten wir einen wahren Anführer besessen." Meldete sich der Mann neben mir erneut zu Wort, diesmal so laut, dass Faramir verstummte und seine Stimme einjedes Ohr erreichte. Leises Gemurmel kroch durch die Reihen der Zuhörer und gefestigt in seinem Glauben, durchaus auch erzürnt, richtete sich der Krieger auf. "Mut gab uns niemand, das einzige was wir erhielten, war der Befehl, zu fliehen!" "Lange erhielten wir die falschen Worte und nicht immer wird es ein Wunder sein, welches uns den Sieg beschert." Erhob sich auch die Stimme eines anderen und ich schöpfte tiefen Atem, bevor auch ich mich aufrichtete und um mich blickte. "Ebenso hätte es der Tod sein können..." "Doch er war es nicht." Nun war es Faramir, der ihn unterbrach. Seine Miene gab eine leichten Schmerz preis, als er sich auf den Tisch stützte und eine Hand in beschwörenden Gestiken erhoben hielt. "Wenig bringt es uns, meinem Vater... einem Gefallenen, die Fehler aufzubürden, die er mögerlicherweise beging, doch..." "Möglicherweise?" Ertönte es scharf aus der hintersten Ecke und Faramir blickte auf. "Faramir, Ihr selbst folgtet den Anweisungen des Truchsess, obgleich Ihr wusstet, dass Wahnsinn sie aus seinem Mund presste! Ihr selbst fandet durch die womöglichen Fehler beinahe den Tod, so stellt seine Fehlentscheidungen nicht infrage!" "Was tatet ihr denn?" Erwiderte Faramir standhaft. "Eure Krieger strebten selbst die Flucht an, als man ihnen die Erlaubnis dafür gab! Ist es ein Unterschied, dass ich mich ebenso dazu entschied, seinen Befehlen Folge zu leisten?" "Ich respektiere Euch als meinen Hauptmann, Faramir." Eine hünenhafter Kämpfer erhob sich von seinem Hocker und schürzte die Lippen. "Doch war Euch des Truchsess' Wort nicht immer Befehl." Schwermut, Hoffnungslosigkeit... die Emotionen verstand ich wahrhaftig, doch diese Worte ließen mich aufblicken, nicht weniger fragend, als es viele andere taten. Und Faramir senkte den Kopf, als handle es sich um eine Wahrheit, die er nicht verdrängen konnte. "Auch Eure Handlungen entsprachen nicht immer den Anweisungen und schwerwiegend war jene Entscheidung, die Ihr in Osgiliath traft." Schweigend schüttelte Faramir den Kopf und erneut ertönte unglücksverheißendes Geraune. "Kein Wunder hätten wir benötigt, um jene Schlacht zu gewinnen, keine Angst hätte uns gelähmt und weniger unserer wackeren Soldaten wären gefallen, hättet Ihr Euch die eine Macht, die zum Greifen nahe war, nicht entrinnen lassen!" Ich öffnete den Mund, blieb jedoch stumm und es war wahrlich Irritation, mit der ich mich zur Seite wandte und Gandalf erblickte. Ihn und seine verschlossene Miene, seine sinnierenden und scharfen Augen, die dennoch keinen Gedanken erraten ließen. "Hättet Ihr die Halblinge nicht ziehen lassen, so..." "So wäre Unglück über uns gekommen!" Unverzagt ergriff Faramir das Wort. "Eine Lösung, gewiss, doch eine, die eine Gefahr birgt, der wir uns nicht stellen konnten! Ein zu großes Wagnis, das an sich zu nehmen, was der Feind als einziges begehrt! Der Befehl meines Vaters war es durchaus, doch seid Ihr es nicht selbst, die ihn für wahnsinnig und sein Denken für vernebelt hielten?!" Ich verstand... Nickend senkte ich die Kopf und nun war es auch Schweigen, das die Halle beherrschte Es war Erleichterung, die ich in mir spürte. Noch schwächelnd und einjeden Rückhaltes veraubt, doch allein das Wissen, dass Frodo und Sam noch immer ihrem Weg folgten und ihre so schwere Pflicht taten, beruhigte mich. Wir kämpften nicht für eine verlorene Sache, wir waren noch im Spiel und ob wir es gewannen, lag nicht an Frodo und Sam allein. Eine zu große Bürde, die sie in ihrer gefährlichen Lage nicht benötigten. Auch wir mussten handeln, doch... "Die Schlacht ohne Hoffnung oder das Wagnis, welches alles entschieden hätte?" Vernahm ich ein mürrisches Brummen hinter mir. "Eine rasche Entscheidung oder das ewige Warten und Bangen?! Was fiele euch leichter, Faramir? Längst schon, hätten wir jene Macht an uns reissen müssen! Hätten wir auch alles auf's Spiel gesetzt... es wäre geschafft oder vorbei. Und nun stehen wir hier... mit nichts als einer kargen Streitmacht und ohne etwaige Hoffnung." "Hoffnung..." Ich lauschte auf und einjeder verstummte, als sich der Zauberer erhob. Entspannt wirkte er, als er auf die Beine kam, den Stab neben sich hielt und schweigend in die Runde blickte. "Hoffnung gibt es, doch wisst ihr sie nur nicht zu schätzen." In langsamen Schritten zog er so durch die Reihen und trat neben Faramir, der seine Worte wohl verstand und seine alte Haltung am Tisch wiederfand. Gefasst wandte sich der Zauberer zu jener Menge und ein flüchtiges Lächeln streifte meine Lippen. Gewiss, in dieser Halle gab es nur wenige, die sie zu schätzen wussten. "Während ihr Kriege geschlagen und gefochten habt, geriet etwas anderes in's Rollen, das schon lange die Hoffnung Mittelerdes trägt und doch so unauffällig ist, dass nicht jeder davon erfuhr. Und das ist gut so." Er nickte in sich hinein und die Männer schwiegen still. Die Ruhe seiner Worte war annähernd Beschwichtigung genug, doch war es ebenso das Interesse, welches sie lauschen ließ. Gandalf hob die Hand. "Ein neues Bündnis." "Von welchem Bündnis sprecht Ihr?" Raunte einer der Mann weniger fasziniert und Gandalfs Augen blitzten auf. "Lange Zeit blieb der eine Ring der Macht verborgen und ungefunden, doch sobald ihn eine lebendige Hand berührte, fand er zu jener Stärke zurück und von da an verließ uns der Frieden und bleibt bis heute zerstört." Er fuhr den Bart mit der Hand nach und begann zu spazieren. "In unbekannten Regionen Mittelerdes gewann er so an alter Macht, doch wurde er weitergetragen, von Unwissenden, gar Verrätern und Schurken, doch...", Gandalf hielt inne, "... ebenso von Mutigen und Wackeren, die unermessliche Bürden auf sich nahmen und während wir um einen Sieg unter vielen kämpfen, nähern sie sich unausweichlich dem wahren Sieg, mit dem alles endet." Irritiert wirkte die Menge, als sie sich auf ihren Stühlen und Bänken regte, leise miteinander flüsterte. Mich selbst umwoben Erinnerungen und absent starrte ich zu Boden, während ich mich jene Wackeren entsann, die es schwerer haben mussten, als wir. "Die Größe der Hobbits", fuhr Gandalf mit seinem einzigartigen Lächeln fort, "wird ihren Taten beiweitem nicht gerecht." Ich blickte zur Seite und nicht nur meine Augen waren es, die sich auf Pippin und Merry richteten. Unruhig saßen diese auf den Fellen, lächelten unbeholfen und räusperten sich. "Merriadoc und Brandybock," Gandalf hob die Hand und wies auf sie, "waren an jener Reise noch eher beteiligt, als ich es war und großen Mut bewiesen sie, als sie zwei gewisse Hobbits auf ihrem Weg unterstützten. Samweis und Frodo, in derer Hände unser aller Schicksal liegt, ohne dass sich einjeder dessen bewusst ist." Gandalf blickte studierend in die Menge und noch immer hielt jenes Schweigen an. "Ein langer und beschwerlicher Weg war es, doch gelangte der Ring der Macht dennoch nach Bruchtal, in dem das neue Bündnis seinen Anfang fand. Ein Bündnis aus Menschen und Elben, Zwergen und Auenländer... eine noch nie dagewesene Gesellschaft trat dort hervor. Und beinahe vollzählig befindet sie sich unter uns." Ich stützte die Ellbogen auf die Knie, faltete die Hände ineinander und bettete das Kinn auf ihnen. Spürbar waren die Blicke, die mich trafen, doch befanden sich meine Gedanken woanders und ich schenkte den Beobachtungen keine Reaktion. Nur das stolze Brummen, mit dem Gimli auf sich aufmerksam machte, drang an meine Ohren. "Ja, auch ich gehörte jener Gesellschaft an." Führte Gandalf seine Erzählung fort. "Und auch Boromir, der zweite Sohn des Truchsess war unter uns." Und sein Schicksal kannte einjeder... Erneut begannen sich die Zuhörer auszutauschen und es erfüllte mich nicht mit Verwunderung, dass sie spätestens jetzt Interesse an der Erzählung zeigten. Und eine Erzählung war es auch für sie... nur die Geschichte einer wahren Begebenheit, doch für sechs von uns war es erlebte Realität und eine tragische Erinnerung. "Doch wie, Mithandir, gelang es jener Gemeinschaft, einen klammheimlichen Weg zu finden?" Erkundigte sich ein junger Krieger irritiert. "Orks durchstreifen die Landen, niemand ist sicher und doch hat jenes Bündnis noch immer Bestand?" "Klammheimlich?" Meldete sich da der Zwerg zu Wort und ein leises Scharren der Hocker und Stühle ertönte, als sich einjeder zu diesem wandte. Mit vor Stolz geschwellter Brust streckte sich Gimli auf dem Stuhl. "Es war Mut und Tapferkeit, durch die wir gefährliche, gar tückische Wege bestritten!" Ein beeindrucktes Raunen folgte daraufhin und der Zwerg grunzte triumphal. "Selbst die Mienen Morias scheuten wir nicht auf unserer Reise! Den Chaladras wollten wir besteigen, doch hinderte uns der verruchte Zauber des Hexers an jenem Entschluss und einstimmig nahmen wir es so mit der weiten Dunkelheit des Untergrundes auf!" Unglaublich schnell erklärte der Zwerg unseren Weg und allgemeines Raunen und Murmeln begleitete seine raue Stimme. "... und bald schon...", das Grölen sank zu einem ehrfürchtigen Flüstern hinab, "... bot uns Lothlorien und dessen Herrin... Schutz." "Lorien?" Fragte einer der Männer ungläubig, doch verwehrte Gandalf es den Männern, sich weiter damit auseinanderzusetzen. Ruhig begann er wieder zu sprechen und die Reaktionen ebbten ab. "Der erste Schicksalschlag traf uns dort... in den Mienen. Ich selbst geriet auf Abwege und lange führte die Gemeinschaft ihren Weg ohne mich fort. Erst in Rohan trafen wir uns wieder, nach dem Tode Boromirs und der weiteren Trennung Frodos und Samweis' von der Gruppe. Viel Böses stellte sich der Gemeinschaft in den Weg, doch vermag ich nicht davon zu berichten." Ich hatte das Kinn erneut auf die gefalteten Hände gestützt und wieder hafteten meine Augen an der Karte. ~*~ ~*tbc*~ Kapitel 19: *~tulu~* -------------------- *~*~*~*~*~*~*~*~*~* tulu - Unterstützung *~*~*~*~*~*~*~*~*~* Zu diesem Kapitel findet ihr wieder ein Bild. ^_~ Aragorn: Ich hatte ihn ertappt. An einem Punkt, an dem er erneut seinen Gedanken verfallen war und neben mir einem Hungerhaken glich, da er noch immer an seinem Brot arbeitete. Während also mein Teller geleert und mein Magen ohne Sorge war, hatte er wohl vergessen, wo er war und was er neben mir tat. Doch mir fehlte auch der Ansporn, ihn darauf hinzuweisen und durch selbstverspielten Tadel sein Durcheinander zu bändigen. Seine unsicheren Bewegungen waren mir Freude genug. Er wollte nun fortschreiten, sprach diese Erklärung betont aus und wandte sich dann schließlich ab, um aufzustehen. Stumm folgte ich ihm, sah dem kümmerlichen Brot nach und verzog eine Braue. Wo führte er mich nun hin? Seinen knappen Blick noch emotionslos erwidernd, tat ich einen Schritt nach dem Anderen und pendelte leicht mit dem Kopf. Was hatte er mit mir vor? Und zu meiner stummen Frage folgte eine selten herrliche Antwort, als er innehielt und sich mit skeptischer Miene an mich wandte. "Die Beratung, zu der man uns bat." Nachdenklich runzelte ich die Stirn und versuchte mich an diese Bitte zu erinnern. Eine Beratung? Äußerst überrascht verzog ich die Miene, blinzelte fragend und erntete ein Kopfschütteln von dem Elben, ehe er weiterging. Mir lockte diese Reaktion beinahe ein Lachen hervor. Als ob er etwas ausgesprochen hatte, was er lieber für sich behielt. Aber meine Beherrschung war fest und so verblieb ich einfach nur weiterhin ruhig und beständig an Legolas’ Seite. Laufend und mich nochmals und immer wieder umzuschauend. Alsbald, ich erinnerte mich nicht, wie lange wir umherliefen, erreichten wir den letzten Ring, betraten die schmalen Stufen und fanden uns erneut auf dem Plateau wieder... welches ich fürchtete, es bei Tag zu betreten. Nun tat ich dies... mein Blick jedoch, blieb auf dem feinen Rasen haften. Ich sah nicht auf. Eine Blüte hatte ich zwar entdeckt, gleichsam konnte sie nun fort sein. Diese Sorgen erschwerten mir die Bewegungen und so tat ich sie ab, schenkte dem mächtigen und schönsten Baum keine Aufmerksamkeit und bestieg die Stufen zum Thronsaal. Lieber zögerte ich, als man uns die schweren Türen öffnete und trotz alledem sah ich auf. Ich fürchtete mich vor den wundervollen Wänden, vor den Statuen mächtiger Herrscher. Die anmutigen Säulen... all das Prachtvolle ließ mich erschaudern und ich hoffte, man sah mir diese Begebenheit nicht an. Stattdessen schluckte ich schwer, atmete noch einmal tief ein und zwang meine Beine zur Bewegung, an den Menschen vorüber, ohne auch nur einen Hauch Ehrfurcht zu offenbaren. Umso erleichterter fühlte ich mich dann, als ich Gandalf erblickte. Ihn, Gimli und auch die beiden Hobbits, die auf Fellen saßen und dem einen Mann lauschten. Flüchtig erwiderte ich das grüßende Nicken meiner Gefährten und blieb schließlich an einer Säule stehen. Mir beliebte es nicht, mich zu setzen, wollte einerseits größtmöglichen Schmerzen aus dem Wege gehen... andererseits auch alles in meinem Blickfeld haben, zumal mir einjede Konzentration abhanden gekommen wäre, hätte ich mich zu Legolas auf der Bank niedergelassen. Wie könnte es auch anders sein... So beachtete ich ihn also nicht und sah abwartend zu dem, der uns zu dieser Beratung gerufen haben musste. Abwartend folgte ich seinen Bewegungen und versuchte mein Augenmerk auf seine Worte zu lenken. Sobald er sich bewegte, spürte ich die Regungen unter den Abwartenden... wie erpicht sie auf das Folgende waren... mit welcher Missgunst oder Wohlwollen. So begann der junge Faramir und kaum, dass er das Wort ergriff, lauschte ich dem annähernd lautlosen Raunen der Menschen und dem unruhigen Scharren ihrer Füße auf dem Gestein. Missgunst wohl, während ich den Worten des Heerführers lauschte und sich die Stimmen nach und nach erhoben, bis hin zu den eindeutigen Widersprüchen. Der Tod war es, der uns prophezeit wurde... den Sieg, den wir errungen, wie es Faramir pries. Befehle, die in Angst und Verzweiflung gesprochen und doch zu guter letzt verworfen wurden. Ich spürte die knisternde Anspannung, die Verachtung und so vieles lag mir daran, Widerspruch einzulegen. Und ich sah zu Legolas, der sich ebenso regte, der den Mund öffnete und dennoch schwieg. Ich warf einen Blick auf die Hobbits, die sich, angesprochen durch ahnungslose Gestalten, Worte anhören mussten, die ihnen das Herz schwer machten. Aber ich schwieg ebenso, wie sie, denn, obgleich ich den Mann, der sich alledem stellen musste, nicht kannte, war ich mir zuletzt durch Legolas bewusst, dass er stark genug war, sich durchzusetzen. Er benötigte meine Hilfe nicht... "Eine rasche Entscheidung oder das ewige Warten und Bangen?! Was fiele Euch leichter, Faramir? Längst schon hätten wir jene Macht an uns reißen müssen! Hätten wir auch alles aufs Spiel gesetzt... es wäre geschafft oder vorbei. Und nun stehen wir hier. Mit nichts als einer kargen Streitmacht und ohne etwaige Hoffnung." Und nur derjenige verspürte Verzweiflung, der nicht um sein Glück wusste... "Hoffnung..." Ruhig sah ich zur Seite und konnte mich nicht verwundert nennen. Dies waren die Situationen, in der es nach Jemandem rief, den einjeder kannte... Gandalf schritt zu Faramir und die Ruhe war zurückgekehrt. "Hoffnung gibt es, doch wisst ihr sie nur nicht zu schätzen." So begann er jegliches Augenmerk auf sich zu richten, zu beschwichtigen und zu erzählen. Dinge, welche die Gefährten am eigenen Leib gespürt und von Anbeginn dieser Schlacht durchlitten hatten. Die Last Frodo’s... Isildurs Fluch und die Erinnerung an den Schmerz, den er fühlte... viel stärker musste er sein, als der unsere. Ich ließ den Blick sinken, schloss für einen Moment die Augen und führte meine Gedankengänge fort von dem, was um mich herum geschah. Die einzige Stütze war das Bewusstsein, dass Samweis bei ihm war. Er war nicht allein und gewiss bei Kräften. Doch qualvoll war das Andenken unserer Trennung. Sein angstvoller Blick, als ich ihn an mein Versprechen erinnerte, welches ohne Hintergrund war. Ich hatte geschworen, ihn zu beschützen und ich wusste nicht, ob ich dem gerecht geworden war. Konnte so ein unscheinbares Wesen... eine solche Aufgabe tragen? War meine Entscheidung die Richtige gewesen? "Der erste Schicksalsschlag traf uns dort... in den Mienen." Abwesend blinzelte ich, sah auf und versuchte mich in das derzeitige Geschehen zu versetzen. "Ich selbst geriet auf Abwege und lange führte die Gemeinschaft ihren Weg ohne mich fort. Erst in Rohan trafen wir uns wieder, nach dem Tode Boromirs und der weiteren Trennung Frodos und Samweis' von der Gruppe." Schnell fand ich den Anschluss und hatte ebenso das Gefühl, dass sich die folgenden Worte als Aufforderung erwiesen. "Viel Böses stellte sich der Gemeinschaft in den Weg, doch vermag ich nicht davon zu berichten." Ich sah auf und zeitgleich richtete sich Gandalfs Blick auf mich. Da ich einer Verzögerung nicht den Vorrang lassen durfte, stützte ich mich locker von der Säule ab und bemühte mich, mit gestärkter Haltung vorzutreten. Also führte ich die Worte Gandalfs fort, ohne mich jedoch vorzustellen. "Uns verblieb keine Zeit der vermeintlichen Trauer nachzugeben, denn Orks verfolgten uns rasch... und dies bei Tageslicht." Noch ehe ich richtig beginnen konnte, konnte man dem zischenden Einatmen der Gefolgsleute lauschen und in ihren geweiteten Augen lesen. "Hilfe und Rettung erhielten wir in Lothlorien, in welchem wir Schutz ersuchten." Nie hat man wohl Gutes aus Lorien gehört... weil es niemanden gab, der bei unerlaubtem Eintritt je wieder hinauskam. Doch in meinen Augen war dies ein wundervoller Ort. Ich versank für einen Augenblick in Erinnerungen... Erinnerungen an die Zweisamkeit durch Legolas’ Wunde, dessen Nähe ich unscheinbar genießen durfte. Mithilfe einer Massage... und einer wärmenden Umarmung. Ich schüttelte leicht den Kopf, als sich Gimli bereits rühren wollte und führte meine Worte rasch und leichthin fort. "Mit Booten führten wir unseren Weg über den Anduin fort, bis wenige Meilen nach der Argonath, ehe wir rasteten." Und dann folgte alles Schlag auf Schlag und ich sah in die aufmerksamen Mienen der Zuhörer und entschied mich dafür, die Erzählung oberflächlich zu belassen. Denn niemandem läge viel an der Wahrheit um Boromirs Verrat. Ich nickte mir selbst zu, trat einen Schritt zur Seite und begutachtete flüchtig die Karte, ehe ich fortfuhr. "Geplant war der Weg über die Emyn Muil, gefolgt von den Totensümpfen, so dass wir das schwarze Tor ohne großartige Begegnung mit dem Feind erreichen konnten.” Ich schwieg einen Augenblick, ließ den Kopf sinken und überlegte mir meine Worte gut. "Doch es kam anders. Frodo entschied sich, diesen Weg allein zu bestreiten und entkam somit einem Angriff der Heerschaaren Sarumans. Anders, als unsere beiden anderen Hobbits, Meriadoc Brandybock und Peregrin Tuk. Obgleich Boromir unter Einsatz seines Lebens bemüht war, sie zu schützen, unterlag er den Massen und starb. So gerieten die Halblinge in die Fänge der Uruk-Hai. Gimli, Legolas und ich entschieden, Frodo seinen Weg gehen zu lassen und folgten den Spuren der Uruk-Hai." Blicke wurden ausgetauscht, rasch und fragend... viele versuchten Merry und Pippin zu erhaschen, ebenso fielen Blicke auf Legolas und Gimli. Ich ließ einige Sekunden in Schweigsamkeit hinter mir, besah mir die Karte und nutzte den Moment des allgemeinen Flüsterns, um mich an ihr zu orientieren. Welchen Weg beschritten wir, als wir Amon Hen hinter uns ließen? Ich dachte an die Zeit zurück... in der ich in völliger Zerstreutheit grübelte. Es war zu den Zeiten, in denen ich mir den Schlaf versagte und zu guter Letzt durch Legolas zu ihm fand. In diesem Moment sah ich zu dem Elben und erkannte ein weiches Lächeln auf seinen Lippen, gefolgt von einem Schmunzeln. Ah, er wusste genau, weshalb ich nun meine Worte nicht fortführte. Er wusste, dass ich den Faden verloren hatte. Das Murmeln setzte wieder aus und es wurde still. So still, dass ich in meiner Redegewandtheit fortfahren könnte... nur wie? "Ihr seid selbst auf diese Wesen gestoßen, die in Größe und Masse durchaus einen Menschen erreichen können.” So versuchte ich Anhaltspunkte zu erhaschen, während ich gedankenverloren sprach. “Kreuzungen aus Orks und Bilvis-Menschen...” Ich blickte auf die Karte auf dem Tisch, lief um ihn herum und räusperte mich unauffällig. Und dann sah ich zielstrebig eine zarte, schöne Hand auf ihr wandern. Und ich sah in das Gesicht des Elben, der wohl mit aller Müh’ ein Grinsen unterdrückte. Geruhsam tasteten sich zwei schlanke Finger den Anduin hinab und machten kehrt an dem Westufer zum Amon Hen. Das Sarn Gebirge folgte... Ost Emnet... West Emnet und dort verharrten die Finger still, ehe sich Legolas zurücklehnte und wacker lächelte. “Wir folgten also dem Verlauf des Sarn Gebirges und erreichten nach einigen Stunden die Ost Emnet. Wir rasteten... hier.” Ich legte den Zeigefinger auf die Karte, beugte mich vor und sah den Menschen ernst in die Augen. “Wir ließen die schützende Nische zur Rast hinter uns und erreichten einen Abhang in Richtung des West Emnets. Und dort lauerte man uns auf. Infolge des Überraschungsangriffes von Wargsreitern Sarumans, wurden wir getrennt.” Dieses Geschehen hatte sich sehr tief in mein Gedächtnis gebrannt. Als ob ich mir den beinahigen Verlust noch einmal bewusst machen musste. “Doch trotz Trennung und Zweifel...”, ehe ich meinen Vortrag beenden konnte, ergriff Gandalf wieder das Wort und trat zu mir. Er hob die Augenbrauen und lächelte gutmütig. Dennoch lag es etwas in seinem Blick, dass mich zum Stillschweigen veranlassen sollte. “... fanden wir erneut zueinander. Mithilfe der Treue der Gefährten wurde Edoras von dem Zauber Sarumans befreit und durch einzigartigen Mut wurden die Hobbits gerettet.” Ich nickte Gandalf zu, unschlüssig, aber emsig diese Unsicherheit zu verbergen, ehe ich mich ruhigen Schrittes abwandte und zu der Säule zurückkehrte. Dies war kein Tag mehr, an dem ich fähig war, tiefsinnige Gespräche zu führen und Ereignisse zu erklären, zu denen ich nicht unter meiner eigenen Kontrolle stand. Ein Glück war es also für mich, dass Legolas erneut durch meine Fassade blicken konnte und auch Gandalf bemerkte, wie es um mich stand. Und ein einziger Blick durch die Mengen offenbarte mir, dass diese Beiden wohl die Einzigen waren, die mich besser kannten. “Die Menschen Rohans suchten Zuflucht in Helms Klamm.” Gandalf erläuterte die Forsetzung des Weges und ich beobachtete die Mienen der Gefolgsleute bei der Erläuterung des Krieges um der Klamm. Ich lehnte mich wieder an die Säule, doch nur flüchtig, da meine Schulter schmerzte. So stand ich lange Zeit nur neben ihr, sah mich um und vertrieb mir die Zeit mit der Betrachtung Gimlis, wie er eifrig nickte und mit seiner rauen Stimme auf sich aufmerksam machte, ehe Gandalf ihn zurechtstutzte. So erzählte Gandalf das, was einige von uns längst wussten, bis auf... “Frodo und Sam müssten sich nun um Minas Morgul befinden. Ist es so, Faramir?” Der junge Mann trat nun vor und seine Mimik war verbissen und ernst. “Ja... es heißt, es gäbe einen Pfad oberhalb zu Minas Morgul... eine unscheinbare Kreatur führt sie, Mithrandir.” Gandalf verharrte still und ich dachte mir meinen Teil dazu. Es war bekannt, dass die Pfade Minas Morgul's nach Cirith Ungol führten. Dies war jedoch tollkühn... und zugleich keine Angelegenheiten für Ohren, die zu abwegig von der Ringgemeinschaft waren. Das wussten Gandalf und Faramir ebenso. “Nun, sie werden noch etwas Zeit brauchen. Es liegt nun an uns, diese Zeit zu nutzen und ihnen eine Unterstützung zu sein.” Sprach Gandalf und trat nun zurück, um Faramir wieder die Mitte zu gewähren. “Mithrandir hat recht.” Der Heerführer lenkte den Blick überraschenderweise auf mich. “So möchte ich Euch ab dem morgigen Tage bitten, die verbleibenden Krieger zu unterrichten, auf dass ihr Geschick ihnen im kommenden Krieg eine Hilfe ist.” Ohne Umschweife nickte ich und er verbeugte sich leicht, ehe er sich umwandte und einen Schritt zurücktrat, um Legolas direkt ins Auge fassen zu können, ohne den Anschein auf ein Herabblicken zu wecken. “Ich bitte Euch, ihnen Fertigkeiten und Wissen zu lehren, das uns in diesem Kampf nützen wird.” Es brauchte keinen Augenblick des Sinnierens, denn auch Legolas nickte ohne Widerspruch. Zuletzt wanderte Faramir’s Blick zu Gimli. “Ich bitte Euch, Eure Stärke und Kraft auf sie übergehen zu lassen.” Und der Zwerg hob die Faust und lachte zustimmend. Faramir lächelte. “So danke ich euch.” I ch senkte das Haupt und ebenso tat es Legolas. Und noch einmal erwiderte Faramir diese Geste, ehe er einige Schritte tat und aus dem Fenster blickte. “Es wird Zeit.” Ruhig drehte er sich zu uns und den Männern. “Heute gedenken wir allen, die gefallen sind und welche uns mit ihrem Leben das Eigene retteten. Es ist Zeit, die zeremonielle Robe anzulegen. So habt Dank, dass ihr dem Rat beigewohnt habt.” Mit diesen Worten erst, begannen sich die Menschen wieder zu regen und sich von ihren Plätzen zu erheben. Eine Trauerfeier sollte nun folgen...? Eine Nacht, in der das Schweigen alles war, was aus Minas Tirith kommen sollte. Legolas: Es war arglistig, doch musste ich mir selbst eingestehen, dass mich Aragorns Zerfahrenheit unterhielt. Ich kam nicht um ein Lächeln, als sich der wackere Streiter der Verbissenheit entlud und Blößen offenbarte. Wenn er auch unwillig in die Mitte des Kreises getreten war... er versuchte durchaus, das Beste daraus zu machen. Schweigsam verfolgte ich seine Rede, gab mit stummem Nicken meine Zustimmung und forschte in den allgemeinen Reaktionen nach festen Ansichten. Doch waren sich die Männer uneins und ihre Antworten unterschiedlicher Art. "Hilfe und Rettung erhielten wir in Lothlorien, in welchem wir Schutz ersuchten." Murmelte er mit seiner klaren Stimme und ich senke das Gesicht, erneut in ein Nicken vertieft, bald jedoch reglos und nachdenklich. Gewiss... entsann ich mich... Schutz hatte Lothlorien uns gegeben, doch umso mehr Unklarheiten mit auf den weiteren Weg. Zwist, Zwiespalt, Misstrauen... und bald den ersten schweren Verlust. Ich blinzelte, senkte den Blick zu Boden und vernahm nur das leise Raunen. Nicht etwa Aragorns Stimme... sie war verstummt. Unauffällig regte ich die rechte Schulter, presste die Lippen aufeinander und sah auf. Aragorns scheinbare Abwesenheit war weder von Dauer, noch wurde sie entdeckt. Nur der Zwerg drohte das Wort zu erheben und ich war Aragorn wohl dankbar, dass er ihm zuvorkam. Er befreite sich gar hastig von den Grübeleien und ich betrachtete ihn mit studierend. Welche Erinnerungen an jenen Ort, hatten seine Aufmerksamkeit gelockt? "Mit Booten führten wir unseren Weg über den Anduin fort, bis wenige Meilen nach der Argonath, ehe wir rasteten.” Es war uninteressant und ein Vortrag mit Unwillen, den er so knapp hielt, dass allein das gröbste Wissen weitergegeben, und vieles zurückbehalten wurde. Ich saß bequem, während mein Blick auf der Karte ruhte. Nicht weit von mir entfernt, war sie auf einem Tisch ausgebreitet worden und ich studierte sie. Fortwährend hallten Aragorns Worte beinahe klanglos in meinen Ohren und er sprach viel, rief die unterschiedlichsten Reaktionen hervor und sprach ebenso von Boromirs Tod, auf den er sich jedoch durch rasche Worte nicht weiterhin einließ. Nun, er wusste durchaus, wie er Aufmerksamkeit auf sich lenken konnte. Doch nicht minder war sein Können, wenn es darum ging, sie in Grenzen und kurz zu halten. Es schien ihm nicht nach einer imposanten Rede zu sein. So wenig, dass er diverse Geschehnisse leichthin übersprang und alsbald runzelte ich über die verworrene Erzählung die Stirn. "So gerieten die Halblinge in die Fänge der Uruk-Hai. Gimli, Legolas und ich entschieden, Frodo seinen Weg gehen zu lassen und folgten den Spuren der Uruk-Hai...“ Ich hob die Brauen, ließ den Blick jedoch rasch abschweifen und bewegte stumm die Lippen. Weshalb nur, verhielt er sich so? Augenscheinlich mangelte es ihm an Konzentration... Dergleichen stellte man nicht oft bei ihm fest. Und ich... Langsam richtete ich mich ab, faltete die Hände unter dem Kinn und sah ihn an. ... ich hatte noch viel zu tun. Wieder verstummte er und in Schritten, die so langsam waren, als würde er zögern, trat er zu jener ausgebreiteten Karte und starrte sie an. Ziellos schweiften seine Augen über Markierungen. Kurz sah ich, wie er die Stirn runzelte und als hätte ich die letzten Tage einzig und allein damit verbracht, seine Eigenarten zu studieren, wäre ich dazu imstande gewesen, seine Gedanken in klare Worte zu fassen. Wahrlich, mein eigenes Wissen überraschte mich, doch war es mir nicht unangenehm und seine Stutzigkeit zwang mich zu einem erneuten Schmunzeln, welches er gar zufällig mit einem Blick erhaschte. Lange sah er mich an, schweigsam und emotionslos und auch ich durchforstete seine Augen, bis er wieder das Wort ergriff. "Ihr seid selbst auf diese Wesen gestoßen, die in Größe und Masse durchaus einen Menschen erreichen können." Meinte er und scholt die Karte mit Desinteresse, hatte er sich ihr doch zugewandt. "Kreuzungen aus Orks und Bilvis-Menschen..." Abermals sah er zur Karte, dazu bereit, es widerholt zu wagen und ich setzte ihn nicht gern dieser Unsicherheit aus, zumal ich von ihr wusste und sie doch nicht von Nöten war. So richtete ich mich auf, lehnte mich fast beiläufig nach vorn und setzte die Hand auf die Karte, die ich mit Leichtigkeit erreichte. Nur flüchtig musterte ich sie, bevor sich meine Finger einen festen Ausgangspunkt suchten und sich zielstrebig über das raue Papier tasteten. Ich spürte, wie Aragorn einjede Bewegung verfolgte, verfolgte selbst jedoch nur meine Hand, vollzog mit ihr den zurückgelegten Weg und kehrte zurück in meine bequeme Haltung, wobei ich Aragorn ein behagliches Lächeln schenkte. Und er nahm sich meiner Hilfe an. Er verfing sich weniger in Zögern, als er meine Gesten in Worte kleidete, entschlossen sprach und somit seine letzte auferlegte Pflicht erfüllte. Bis... Er haderte. An einer Stelle der Erinnerungen, die für mich belanglos und ihn für ihn scheinbar umso bedeutungsvoller waren. Die Trennung und die Wege, die ich allein beschritt... Es versetzte mich wohl in Verwunderung, dass er jene Momente so stark im Gedächtnis trug, dass sie ihn zu diesem Zeitpunkt unwillkürlich zu übermannen schienen. Doch erneut war es Gandalf, der jene Atmosphäre enden ließ, hervortrat und Aragorns Auftritt beendete. Ich runzelte die Stirn, verzog auch die Brauen und verfolgte annähernd irritiert, wie Aragorn jenen Platz verließ. Freiwllig und doch so verjagt. Ich drehte mich ihm nach, als er ging und Gandalf zu den Männern sprach. Dennoch nur flüchtig sah ich, wie er seine alte Haltung an jener Säule widerfand und und sich nur noch unwohler zu fühlen schien, als bisher. Zu gegebener Zeit glaubte ich, davon ausgehen zu dürfen, dass etwaige Sorgen um ihn begründet waren... So begann ich zu sinnieren und wandte mich ab. Viel hatte ich getan und versucht und doch so wenig dabei erreicht... Ich konnte mich dem nicht entwinden... die Tatsachen betrübten mich. "Frodo und Sam müssten sich nun um Minas Morgul befinden. Ist es so, Faramir?" Diese Frage war es, die mich aufblicken ließ. Denn gewiss war sie eine Neuigkeit, die uns alle anging und mehr noch, die uns interessierte. Wissbegierig blickte ich zu dem Angesprochenen und dieser nickte. Nun... es war erfreulich... zu hören, dass sie bereits so weit... kamen... "Ja... es heißt, es gäbe einen Pfad oberhalb zu Minas Morgul...", stockend richtete ich mich auf, starrte den jungen Mann nunmehr ungläubig an, "... eine unscheinbare Kreatur führt sie, Mithrandir." Meine Freude schwand. Wahrlich, von einem Moment zum anderen verblasste sie und ich verzog befürchtend die Miene. Es waren gute wie schlechte Nachrichten... Der Pfad... der verborgene Weg... nun, ich wusste um ihn. Viele taten es. Er nannte sich Cirith Ungol und nichts Gutes lauerte in ihm. Weshalb nur... fragte ich mich angespannt und hadernd... weshalb nur, gab es keinen sicheren Weg für die, die unsere Hoffnung trugen und uns lieb waren? Ich presste die Lippen aufeinander, meine Finger vergruben sich im Stoff meines Umhangs und als wolle ich mich von meinem gruseligen Hirngespinst befreien, schloss ich die Augen. Es beunruhigte mich zutiefst. Und nicht nur der Pfad war es, denn so unscheinbar jene Kreatur auch sein mochte... sie war gefährlich, gar tückisch und in dem ausgemergelten Leib lauerte keine mindere Bösartigkeit. Gollum... ich erinnerte mich an ihn, denn viel an ihm hatte mich beschäftigt. Er, der gar der Gefangenschaft in den Verließen Düsterwaldes entflohen war, aus eigener Tücke und grausamer Hilfe anderer. Mein Volk, welches ihn nicht zu hindern gewusst hatte... gefährlich war die Freiheit, die sich das verkommene Wesen zurückgeholt hatte, umso gefährlich für die, die ihm die Führung überließen! Ich begann mich auf der Bank zu regen "Nun, sie werden noch etwas Zeit brauchen." Oh ja, das würden sie... "Es liegt nun an uns, diese Zeit zu nutzen und ihnen eine Unterstützung zu sein." Soweit wir es konnten... Doch wie sehr litt die Hoffnung unter den Tatsachen, von denen ich nun erfuhr. "Mithrandir hat recht." Faramir fuhr fort. "So möchte ich Euch ab dem morgigen Tage bitten, die verbleibenden Krieger zu unterrichten, auf dass ihr Geschick ihnen im kommenden Krieg eine Hilfe ist." Es war ungewiss, an wen er diese Bitte stellte und so riss ich mich los von meinen Ängsten, folgte Faramirs Blick und erspähte Aragorn, der sich mit einem Nicken gern dazu bereit erklärte. Und noch während ich seine Geste verfolgte, erhob sich die Stimme des jungen Mannes erneut. "Ich bitte Euch...", er sah zu mir, "... ihnen Fertigkeiten und Wissen zu lehren, das uns in diesem Kampf nützen wird." Und ich würde es gern tun. So tat ich es Aragorn gleich und auch Gimli traf ein ähnliches Ersuchen. "Ich bitte Euch, Eure Stärke und Kraft auf sie übergehen zu lassen." Die Antwort des Zwergen war unüberhörbar und noch während sich Gimli in dieser scheinbaren Ehre frohlockte, driftete ich erneut ab und verlor mich in Gedanken. "Es wird Zeit." Nur undeutlich vernahm ich die ruhigen Worte. "Heute gedenken wir allen, die gefallen sind und welche uns mit ihrem Leben das Eigene retteten. Es ist Zeit, die zeremonielle Robe anzulegen." Ich blickte abermals auf. "So habt Dank, dass ihr dem Rat beigewohnt habt.” Somit erfasste Bewegung die Menge und ich schaute um mich, sah die Bereitschaft der Männer und ihr Schweigen. Eine zeremonielle Andacht? Ich war unentschlossen, gar leicht verblüfft über diese ungeahnte Ankündigung. Ungeachtet dessen erhob ich mich und dies vielmehr, um Aragorn erfassen zu können. Ich drehte mich, sah, wie er sich geruhsam abwandte und dem Strom der Anwesenden dennoch nicht sogleich folgte. Auch er schien zu zögern und meine Augen suchten nach Gandalf, der sich an den jungen Mann wandte und leise mit diesem sprach. Die anderen Männer verließen den Saal bereits durch eine schmucklose Tür, die sich hinter den kunstvollen Arkaden verbarg. Ich war mir meiner nicht sicher, wollte den Toten gedenken und Erinnerungen betrauern, doch... wollte ich dies vielmehr auf anderem Wege tun. Alleine, nicht in einer Gesellschaft, die so gar nicht meinem Volk entsprach und noch weniger dessen Gebräuchen folgte. Die einzige Trauer, die mir vertraut war... war die Einsame, nicht die Gemeinsame. Schwere Schritte zogen an mir vorbei und sprachlos sah ich dem Zwergen nach, wie er der Gruppe folgte, als wäre dies eine Selbstverständlichkeit. Und vor ihm, meine Verblüffung wuchs, huschten gerade noch die beiden Halblinge durch die Tür. Verspürten sie denn gar keinen Skrupel, die eigenen Sitten für ein Beisammensein mit einem anderen Volk aufzugeben? Ich stand noch immer dort, tat nun jedoch selbst zwei Schritte auf jene Tür zu und hielt rasch wieder inne. Dieser Krieg, so dachte ich mir nun, dieser Krieg erlaubte nicht den Aufwand, so wählerisch zu sein. In dieser Schlacht waren wir alle dieselben nicht besser oder schlechter, als der andere. Trauer blieb Trauer und doch würde es mir überlassen sein, wie ich mit ihr umging. So nickte ich in mich hinein, schöpfte tiefen Atem und ging. Das Rascheln prachtvoller Stoffe drang an meine Ohren, als ich einen imposanten Raum betrat. Er bestand aus weißem Gestein, welches blank geschliffen, von so einigen Ornamenten verziert wurde. Ich blickte zur hohen Decke auf, trat gemächlich an den Männern vorbei und erspähte einen breiten Gang, der von jenem Zimmer fortführte. Neben mir stülpte sich ein älterer Herr die schwarze Robe über sein langes Untergewand. Abermals musterte ich jene Tracht und blieb stehen. Sie alle legten sie an... sie alle kleideten sich traditionell. Doch besaß ich eine andere... Unentschlossen stand ich nun dort, und wie uneins war ich nur mit mir, als ich eine Reihe von jenen Roben erblickte, die säuberlich auf einer Bahre gebettet lagen. Eine ruhige Hand griff nach einer von ihr und dennoch blieben viele liegen. Ich wusste nicht, was mich daran hinderte, die Menge um eine weitere Tracht zu verringern, doch hob ich nicht die Hand und bewegte mich auch nicht. Vielleicht hielt ich die Kleidung für oberflächlig... Trauer entstand im Herzen und kein Stoff konnte ihr Ausdruck verleihen. Ich drehte den Kopf und erblickte nunmehr den Stolz in den Gesichtern der Männer, die sich einkleideten. Edel und prachtvoll waren die Kleidungen wahrlich, doch... Ich flüsterte stumme Worte, streifte eine verirrte Haarsträhne zurück und schüttelte den Kopf, meinen falschen Skrupel selbst zu verneinen und kein Narr zu sein. So nahm auch ich mir eine Robe, legte sie sorgsam übe meinen Arm und wurde erneut auf jenen Gang aufmerksam, in dem sich nun Leben regte. Ein alter Mann ging dort seines Weges, gekleidet in ein braunes Gewand, welches ich schon einmal gesehen hatte. Kurz blickte ich nach beiden Seiten, hielt den Stoff der Tracht nahe an meinem Leib und folgte ihm. Ruhigen Schrittes verließ ich so den Raum, trat in den Gang und sah ihn in geheimen Geschäften innehalten. Es schien, als blättere er in einem Buch und ich erreichte ihn rasch. Verwubdert wirkte er, als er zu mir aufblickte und gleichsam senkte ich ihn ehrerbietigen Geste den Kopf und er tat es mir gleich. "Verzeiht." Sprach ich ihn behäbig an. "Seit Ihr ein Heiler in diesem Reich?" "Gewiss, Herr." Antwortete er mir sogleich und in mir erblühte der Keim einer leisen Freude. "Wie kann ich Euch zu Diensten sein?" Ich lächelte flüchtig, betastete den Stoff, den ich hielt und blickte zurück zu jenem Raum. "Allein durch eine geringe Hilfe." Sagte ich dann entspannt. "Ich benötige etwas von Euch." Bald schon, kehrte ich zurück und statt der Bewegung, die vor kurzem noch geherrscht hatte, waren nun nicht mehr als die alltäglichen Gewänder zurückgeblieben und der letzte der Männer ging in säuberlicher Tracht hinaus. So wollte auch ich mir nicht viel mehr Zeit nehmen. Langsam streifte ich das lange Übergewand ab, legte es nieder und tastete flüchtig nach dem Saum des dünnen Hemdes, welches ich darunter trug. Ich rückte den Stoff zurecht, strich das Haar zurück und begann die schwarze Tracht zu entfalten, um sie mir ein weiteres Mal zu betrachten und sie mir kurz darauf überzuziehen. Es war ein langwieriges Unterfangen und mit größter Sorgfalt kleidete ich mich ein, nahm mir auch die dazugehörigen Kleidungsstücke und konnte bald meinen, dass ich nun fertig war. Zuletzt noch, steckte ich jene Brosche an den Kragen... die Brosche, ein Geschenk der Herrin Galadriel, auf dass die Gemeinschaft eine weitere Verbundenheit empfand. Und ich schätzte diesen Augenblick als passend, das Stück wieder zu tragen. Ein letztes Mal streifte ich das Haar zurück, spreizte die Finger in den schwarzen Handschuhen, vertrat mir die Füße in den Stiefeln und tat es so den anderen gleich. Zugegeben, es war ein eigenartiges Gefühl, als ich die Tür als Letzter passierte, die leise hinter mir schloss und in die königliche Halle hinaustrat. Aragorn: Der Tag neigte sich zum Abend und viel zu schnell, erkannte ich, endete er. Eine leise Melancholie erfasste mich, als ich den Menschen bei ihrer Eiligkeit zusah, während ich mich der Bewegungslosigkeit hingab. Ich wusste mir keinen Rat, wusste nicht, weshalb ich zögerte und infolge einer einfachen Besprechung so durcheinander kommen konnte. Da waren lediglich Erinnerungen... Ich schüttelte den Kopf und wandte mich schließlich ab, um den Männern zu folgen. Geruhsam ließ ich sie voranschreiten, ehe ich ohne Hast die Tür durchschritt, die zu jenem Raum Einlass gewährte. Gar schlendernd ging ich an der Bahre vorüber, besah mir die edle Roben und blieb inmitten des Raumes stehen. Ich scheute mich etwas davor, mich der Tradition anzuschließen, obgleich es etwas war, wonach ich mich in meinem Inneren verzehrte. Eine gewisse Zugehörigkeit. Ich ging auf die Bahre zu, hob die Hand und fuhr mit den Fingerkuppen über den feinen Stoff. Gondoraner ohne Unterschied... Grummelnd und erbost hob sich die tiefe Stimme des Zwerges über die Massen und ich blickte auf. Es bildete sich gar eine Lücke zwischen den geschäftigen Männern, in der ich nur die Arme des Zwerges in die Luft ragen sah. Langsam schüttelte ich den Kopf, nahm mir die Robe und suchte mir einen Weg zu dem Zwerg. Er wand und räkelte sich unter sprunghaften Flüchen, doch das betonte Hemd wollte ihm nicht über die Brust rutschen. Ich unterdrückte mir meine Schadenfreude, die wohl in dieser Situation unpassend war und blieb mit überlegter Ernsthaftigkeit vor Gimli stehen. “Aragorn, was sind das nur für Gewänder?! Wie soll da ein Zwerg von meiner stattlichen Gestalt hineinpassen??” Ich ging auf die Knie, legte mir meine Gewänder über die Schulter und kontrollierte die Größe der Robe... nun... in diesem Moment erlosch meine Selbstbeherrschung ein kleinwenig und ein Grinsen huschte über meine Lippen. “Mein guter Herr Zwerg. Dies ist eine Größe, in die würde der Elb in aller Leichtigkeit schlüpfen können, nicht aber du.” Ich stand auf und befreite ihn mit allerlei Bedacht aus der Robe, ehe ich sie säuberlich zurück auf die Bahre legte und Gimli skeptisch anblickte, während er sich den Bart kämmte und durch die Reihen schritt. Ruhig folgte ich ihm und schützte mich selbst davor, die Kleidung anzulegen, vor welcher ich soviel Ehrfurcht hatte und keine Gründe besaß, weshalb dies so war. Es war vielleicht eine stille Angst, mich als jemanden zu kleiden, der ich nicht war... der ich nicht berecht war, zu sein. Gimli wandte sich zu mir, hielt ein neues Gewand hoch und es brauchte keine weitere Beobachtung, um seine Auswahl mit einem Abwinken zu verneinen. “Deine Suche wäre eher von Erfolg geprägt, würdest du nicht versuchen, Legolas auch noch im Maße ebenbürtig zu sein.” Ich drehte mich um, stellte mich etwas auf die Zehenspitzen und suchte nach den Hobbits. “Diesem Elbenprinzlein würde jedes Gewand bei weitem zu groß sein! Ja... ich sehe ihn schon bei den nächsten Böen davonschweben!” Mit aller Mühe versuchte ich, Gimli zu ignorieren und hielt die Augen offen. Nun, auch um Merry und Pippin offenbarte sich eine Lücke, so dass sie nicht schwer auffindbar waren und ich nickte in die Richtung, in welcher sie sich befanden. “Lass dir von den Hobbits helfen, sie scheinen die richtigen Größen gefunden zu haben.” Ich klopfte Gimli kameradschaftlich auf die Schulter, ehe er Flüche raunend, an mir vorbeiging. “Ein Zwerg, der aussehen will, wie ein schmales Elbenprinzlein... lächerlich.” Und er grummelte weiter, obgleich die Männer ihn dabei beobachteten und ich dazu lediglich den Kopf schüttelte. Ich wagte es nicht, mir dieses eine... wundervolle Wesen in diesen Gewändern vorzustellen. Sachte griff ich nach den dünnen Handschuhen und begutachtete sie. So viel entzückender sähen seine schlanken Finger darin aus, eingehüllt in schwarzem Satin... und gedankenverloren wandte ich mich ab und suchte mir eine ruhige Ecke, in der ich mich nur um mich selbst sorgen musste. Vorsichtig legte ich die Sachen nieder und brauchte allerlei Geduld und Feinfühligkeit, um mich aus meinem eigenen Hemd zu befreien. Die Muskeln machten auf sich aufmerksam, zischend gab ich das unangenehme Zerren der Wunden preis und schwerfällig ließ ich die Arme sinken, während ich das Hemd beiseite legte. Ich atmete tief ein und versuchte den linken Arm in kreisenden Bewegungen wachzurütteln, denn obwohl er von dem harten Sturz weitestgehend verschont geblieben war, schmerzten bloße Verspannungen ungemein und jede Distorsion offenbarte sich in seinem Schmerz. Keuchend lehnte ich mich vor und winkelte den rechten Arm an, als ich das lange Hemd anzog. Meine Leiden fielen unter den vielen Menschen nicht auf und so konnte ich mich dem Schmerz hingeben, während ich den Stehkragen richtete und das Hemd zurechtrückte, so dass es bis zu den Oberschenkeln reichte und in seiner Richtigkeit saß. Ein merkwürdiges Geschick, in der man so viel Zeit nutzte, um so etwas schönes für einen unglücklichen Anlass herzustellen. Und dies für Massen, die sich versammelten, um ihre Trauer miteinander zu teilen, obgleich sich die eine wie die andere ähnelten... Bedächtig entledigte ich mich meiner Stiefel und der Hose und wechselte sie durch die seidenartige Kleidung, in der die edlen schwarzen Stiefel über den lockeren Stoff der ebenso schwarzen Hose gezogen wurden und sie bis zu den Knien überdeckten. Langsam griff ich nach dem Gürtel und während ich das silberne Kettchen hinter die Schnalle band, bemerkte ich erst die runengleichen Zeichen auf dem schwarzen Leder des Gürtels. Helle Stickereien, die der elbischen Schrift so ähnelten und doch nur bedeutungslose Verzierungen waren. Und ich fragte mich, was Legolas in dem Augenblick dachte, in dem er diese Kleidung sah. Während ich mir das lange Übergewand betrachtete und die Abbildung des Weißen Baumes auf dem Rücken mit den Fingern nachfuhr, stellte ich mir die Frage, ob sich Legolas überhaupt überwinden konnte, sich dieser Tradition anzuschließen. Die Elben trauerten anders. Eine Trauer, die ich nicht verstand, in welcher sie keine Träne vergossen... und sich allein mit diesem Schmerz auseinandersetzten. Eine Trauer, in der ich die Gefühle nicht erkannte. Nun... ich gehörte diesem Geschlecht nicht an und konnte nicht wiedergeben, was in den Herzen der Elben vor sich ging. Ich wusste nur, dass ihr Leiden so viel tiefer saß, als in den Herzen der Menschen. Sie waren so viel sinnlicher und begehrenswerter... Ich stieß einen leisen Seufzer aus und zog auch dieses Gewand über, beließ es offen und richtete es aus, auf dass es knapp über dem Boden endete. Sorgsam begutachtete ich die Runen auf den Ärmeln, gleichsam als ich die schwarzen Handschuhe anzog und kontrollierte die Feinheiten des gezwirbelten Kettchen um den Gürtel erneut. Und dann... als ich glaubte, die Robe vollendet am Körper zu tragen, blitzte etwas unter meinem Elbenmantel hervor. Die Brosche Loriens... Das Geschenk der Herrin und das Zeichen für unsere Gemeinschaft als Gefährten. Ich zögerte keine Sekunde, als ich sie von dem Elbenmantel entfernte und sie an das Übergewand heftete... als Wahrzeichen für unseren Schwur und mit dem Gedanken an Frodo und Sam, verließ ich in entspannten Schritten den Raum und fand mich wieder im Thronsaal ein. Inmitten des Saales zupfte Gimli an dem langen Übergewand, richtete den Gürtel und verwünschte und verurteilte all dies für seinen betonten Schnitt. Die Hobbits hatten sich zu ihm gesellt und begutachtete ihn von beiden Seiten, legten die Hände an's Kinn und warfen sich gegenseitig vielsagende Blicke zu. “Ich würde meinen, der Gürtel sähe hübscher aus, trügest du ihn an der Hüfte, Gimli.” Sprach Pippin und nickte sich zu, als er um den Zwerg umherspazierte und sich dann an Merrys Schulter lehnte. Auch Merry nickte. “Vielleicht ist es gar möglich, den Saum zusammenzurollen und etwas festzunähen, damit er nicht am Boden schleift.” Fügte er noch hinzu und sie grinsten sich an, ehe sie mich bemerkten. “Nun, meine Freunde...”, ich ging auf sie zu, hockte mich vor Gimli, richtete den Gürtel für ihn, welcher annähernd überfordert der Sache gegenüberstand und wahrscheinlich gerade aus dieser Tatsache schweigsam blieb, ehe ich auch das Übergewand etwas einkrempelte und zurechtrückte. Es saß nicht geläufig, aber ansehnlich und so richtete ich mich wieder auf, “... ich denke, es ist gleichgültig, wie wir aussehen. Wichtig ist die Trauer, die wir gemeinsam fühlen.” Abschätzend hob ich dazu die Augenbrauen und den Hobbits schien der Sinn dieser Worte bekannt zu werden. Sie sahen sich an, bevor sich aus ihrem Scham heraus der Kummer offenbarte. Als wäre es ihnen entgangen, doch vielleicht hatten sie es ebenso verdrängt, wie ich es getan hatte. “Gehen wir.” Brummte Gimli, ehe er voranschritt und die Halblinge ihm schweigsam und mit gesenkten Häuptern folgten. Ich tat es ihnen gleich, tat einen Schritt nach dem anderen, blieb dann aber ruckartig stehen. Ein leises Klirren und wie aus dem Reflex fing ich die Brosche im Fall auf, ehe sie zu Boden ging. Anscheinend hatte ich sie nicht sicher genug befestigt und so hakte ich sie in den Kragen ein und rückte sie etwas perplex zurecht. Geradewegs, als ich meinen Weg nun fortsetzen wollte, regte sich hinter mir die Tür und ich drehte mich um, fragend, wer nun noch aus dem Raum der Roben hinaustreten mochte. ... eine beispiellose Befangenheit zeigten meine Glieder, als sie voller Erstaunen die Regung vergaßen und ich reichlich fassungslos zu dem Elben schaute, der als letztes hinaustrat. Mein Mund öffnete sich und ich zog die Luft ein, ohne ihr wieder Ausgang zu gewähren. Stumm bewegten sich meine Lippen und ich blinzelte ungläubig, bevor ich glauben konnte, dass er es tatsächlich war. Wie war dies zu beschreiben? Sein knabenhafter Leib war ummantelt von diesem seidigen Stoff und doch glaubte man, so viele Einzelheiten seines Körpers neu zu entdecken. Lange, schlanke Beine in den hohen Stiefeln, jedoch kräftige Oberschenkel, die keineswegs Schwäche preisgaben. Ich glaubte einen Stein hinabzuwürgen, als ich es wagte, auf ihn zuzugehen und ihn, gleichgültig seiner Miene wegen, von allen Seiten zu begutachten. Der Gürtel betonte die schmale Taille, doch gleichsam verführte er den dünnen Stoff des Hemdes dazu, eng an seiner Haut zu liegen und den leicht muskulösen Bau seines Körpers zu untermauern. Ich spürte, wie es mir für einen Moment den Mundwinkel nach oben zog, während ich endlich wieder ausatmete und sprachlos den Kopf schüttelte. Es war verlockend, wenn man bedachte, dass das Übergewand so viel verstecken konnte, allein durch seine Bewegung und dem sachten Gang und es nur eine weitere Bewegung brauchte, um sich mehr Einblick zu beschaffen. Er war so schön... Flüchtig presste ich die Lippen aufeinander, rieb mir das Kinn und sah wieder auf. Ich blickte in sein Gesicht und überging diese verwunderte Mimik einfach, indem ich dem wunderbaren Kontrast seiner Augen zu dem Gewand beobachtete und dem Spiel seines Haares folgte, das sich so hell abtat. Er war wie eine vollkommene Gestalt, die mir das Herz durch seinen einzigartigen Anblick aufgehen ließ... Legolas: Wie ich geglaubt hatte, wären alle hinausgetreten, doch war einer zurückgeblieben und in den ersten Augenblicken, in denen ich ihn sah, wurde ich mir nur schwerlich darüber bewusst, dass es Aragorn war. Eine vergängliche Verblüffung befiel mich, als ich die Hand von der Klinke löste und mich ihm um wenige Schritte näherte. Es war eigenartig, doch schien diese Robe, wenn sie seinen Leib kleidete, eine weitaus größere Bedeutung zu besitzen, als die Trauer, die sie zum Ausdruck bringen sollte. Ich betrachtete ihn mir, war dabei etwas irritiert und blieb alsbald stehen. Doch auch er sah mich an und schien dies noch viel intensiver zu tun, als würde mein Anblick ihn nicht weniger in Erstaunen versetzen. Es musste wohl ein seltsames Bild ergeben, wie uns beiden die Worte fehlten und unsere Blicke am anderen hafteten, als täten sie es zum ersten Mal. Als gäbe es soviel zu erforschen und zu studieren... so viel, das es nachzuholen galt. Unsicher wirkten seine Schritte, als er nähertrat und ich besah mir die Tracht, die auch mich kleidete. Es war schwerlich zu erfassen, doch führte mir die Tradition, die auch die seine war, vor Augen, wer tatsächlich vor mir stand. Diese Kleidung war so prägnant in ihrer Aussage, dass ich ihn für den gekrönten König gehalten hätte, wüsste ich es nicht besser. Er trat um mich herum und ich befasste mich mit meinen Gedanken, die drohten, mir das Herz schwerzumachen. Natürlich... als wäre diese Tracht zu seinen Maßstäben gefertigt worden... als wäre sie allein dazu bestimmt, dass er sie trug. Und er wirkte... so anders, wenn er es tat. Es war wohl töricht, so zu empfinden, doch war es nicht der Gefährte, der mich begutachtete... es war der König, auch wenn er diese Wirkung gewiss nicht beabsichtigte. Ein Gedanke, so fremdartig... und doch war er die einzige Wahrheit, nach der sich in diesen Momenten greifen ließ. Ich verzog die Brauen und senkte den Kopf, ließ mich jedoch durch seine Reaktion ablenken. Reglos stand er vor mir und ich blickte auf, sah, wie er sich das Kinn rieb, schweigend den Kopf schüttelte und bis in's tiefste Ungläubigkeit offenbarte. Und dies war gewiss eine Reaktion, die ich nicht nachvollziehen konnte. Auch ich war nicht viel gesprächiger, als ich seine zerstreuten Blicke skeptisch erwiderte. Konnte es ein solches Entsetzen hervorrufen, dass ich mich für einen Abend einer fremden Tradition hingab? War seine Reaktion nicht ein wenig überhöht? Sein Gebaren erschien mir nahehzu unwirklich und als ich mir nicht zu helfen wusste, wandte ich mich ruhig von ihm ab, begegnete seinen Augen flüchtig und wies mit einem Nicken zur kunstvollen Tür, die die anderen durchschritten hatten. "Wir sollten gehen." Sagte ich leise, bevor ich mich umdrehte und es tat. Gar schweigend folgte er mir und das leise Gespür, welches mir noch immer deutliche Blicke preisgab, zwang mein Sinnieren geradewegs dazu, sich in andere Richtungen zu lenken. Nicht oft sah man Aragorn so schweigsam... Nicht oft verschlug es ihm die Sprache... Die Tür wurde geöffnet und wir traten hinaus auf den weiten Platz, auf dem einst der königliche Baum erblühte. Lange mussten wir uns mit dem Rat aufgehalten haben... annähernd wollte ich meinen Augen misstrauen, als sie mir die fortgeschritte Dämmerung zur Nacht offenbarten. Längst schon, war die Sonne hinter den nördlichen Horizont gesunken und der Mond stieg bereits auf, präsentierte sich in einer Stärke, die nicht viele besaßen. Hell war sein Schein... und still war um uns herum. Langsam blickte ich um mich. Keine Stimmen hallten an meine Ohren, kein Läuten, keine Geräusche... als wäre Minas Tirith in dieser Nacht selbst eine Stadt der Toten, um diesen zu gedenken. Der helle Schein der Fackeln, die die Wachen still vor sich hielten, kennzeichneten den Verlauf der imposanten Plattform und deren Abgrenzungsmauern, vor denen sich Soldaten in Reihe aufgestellt hatten. Durch den Aufgang, der zu jenem Plateau führte, vermochte ich gar weitere Fackeln zu erspähen. Kerzen und Lichter... und viele an der Zahl. Sie mussten in der gesamten Stadt leuchten... und das Knacken des trockenen Holzes wäre für diese Nacht das einzig Wahrnehmbare. Ich blinzelte, als ich zum Himmel aufsah, dem Verlauf der Sterne folgte und mich nur als beeindruckt bezeichnen konnte. Ein außergewöhnliches Bild hatte man sich geschaffen... doch in meinen Augen... Unentschlossen spähte ich zu Aragorn, der neben mir stand, nahm mir keine Zeit, seine Mimik zu studieren und erblickte die anderen, die nahe beieinander auf dem hellen Kies standen. Einige von ihnen hielten Kerzen und zwei waren der Gruppe hinzugekommen. Auffällig hob sich das blonde Haar der jungen Maid ab. Auch sie hielt eine Kerze, verharrte reglos auf ihrem Fleck und sah hinaus in die weite Ferne. Neben ihr, der erste Mann Theodens, gekleidet in eine dunkle Robe, die sich doch von der unsrigen unterschied. Mir erschien jene Atmosphäre zu bedrückend... zu belastend. Nahezu zwang sie zur Melancholie und veränderte das Denken der Menschen. So finster... so still... Mir fehlte die Helligkeit meines Volkes... Die Glöckchen, die bei einjeder Brise des Windes ihre milden Töne von sich gaben... Die farbenfrohen Bänder, die in den Böen raschelten... Die Gesänge... die weißen Gewänder... Eine Stimmung, so klar und ungezwungen... Dies hier... war ernüchternd und so anders als die Trauerfeiern meines Volkes. Toten mit Schmerz zu gedenken, war falsch... und nicht nur durch Tränen und Kummer vermochte man seine Anteilnahme zu zeigen. Ich spürte den bittersüßen Hauch der Reue, die mich befiel. Wie lange kannte ich die Menschen nur schon und wie oft nur, gestand ich mir ein, sie nicht zu kennen. Sie waren so anders... in vielen Dingen, die sie taten oder unterließen. Ihre Art des Feierns... Ihre Art des Trauerns... Abstrus. Dennoch setzte ich mich in Bewegung, stieg die wenigen Stufen hinab und stand mit Aragorn bald bei den anderen. Flüchtig trafen die Augen Eowyns auf mich, schweiften jedoch rasch weiter. Der erste Mann Theodens senkte den Kopf und nur leise vernahm ich das Gebet, welches er flüsterte. Ich blickte um mich... Versteinerte Gesichter... Verzerrte Mienen... Trauer und Schmerz allseits. Ich schluckte schwer, als ich auch auf die Hobbits aufmerksam wurde. Sie standen eng beieinander, Pippins Finger hatten sich in Merrys Ärmel vergraben und auch sie waren jenem Schwermut verfallen, den ich in solchen Anlässen für unangebracht hielt. Gimli murrte und brummte, umfasste das Handgelenk vor dem Bauch und starrte zu Boden. Und Gandalf, der in seinem weißen Gewand etwas abseits stand und dessen Miene die Dunkelheit vor mir verbarg. Ich verzog die Miene... sah Tränen, die in den klaren Augen der Maid glänzten... und nun war es wohl an mir, sprachlos zu sein. Unschlüssig stand ich in jener Gruppe und etwaiger Trübsinn blieb meiner Miene fern. Wie konnten Gefallene unbeschwert gehen, wenn sie Kummer und Tränen zurückließen? Wie konnten sie sich ungezwungen von jener Welt lösen, wenn die Menschen sie nicht freigaben? Wie unruhig musste man selbst im Tode sein, wenn die Angehörigen an dem Verlust zerbrachen? Das Verständnis... gegenüber des Scheidens... gegenüber der ewigen Trennung... Was war es? Taten sich die Menschen zu schwer damit oder mein Volk zu leicht? Ich räusperte mich leise, setzte viel daran, mir meinen Unwillen nicht anmerken zu lassen und umfasste das Handgelenk vor der Hüfte. Auch den Kopf senkte ich, anschließend jedoch mehr zur Seite linsend, als mir den Grund meines Hierseins zu verinnerlichen. Fürsorglich legte der erste Mann des gefallenen Königs den Arm um die blonde Maid, gedankenlos starrte Faramir auf die lodernde Flamme der Kerze, die er bei sich hielt. "Wir haben uns hier versammelt...", erhob er leise die Stimme und viele blickten schweigend zu ihm, "... und diese Nacht geben wir her, um derer zu gedenken, die auf der Suche nach dem Frieden diese Welt verließen... die Gefallenen. Noch nie zuvor waren es so viele..." Kaum drangen seine letzten Worte an meine Ohren. Zu leise waren sie, zu entkräftet und während ein langsames Nicken der anderen folgte, presste ich die Lippen aufeinander und betrachtete mir den weißen Baum. "Wir werden sie ehren, sollten die Zeiten des Friedens eines Tages zu uns zurückkehren. Und wir werden all jene wiedersehen, sollten wir selbst den Klingen des Feindes zum Opfer fallen." Murmelte ein Mann, der hinter mir stand und es fiel mir schwer, mich nicht umzudrehen und ihn anzustarren. "Mein Vater...", fuhr Faramir leise fort, "... Denethor, Truchsess von Gondor." Und einige verneigten sich tief, während die Kerzen im milden Wind flackerten. "Und Boromir... mein Bruder." Langsam hob ich die rechte Hand, bettete sie flach auf meiner Brust und schloss erneut die Augen. Weiteres Murmeln drang an meine Ohren, während ich selbst ein Gebet flüsterte und jenem tapferen Krieger auf meine Weise gedachte. Lange sprachen die Anwesenden über derer beider Tod und leise waren ihre Stimmen allesamt. Still lauschte ich ihren Worten und oft blickte ich hinüber zur wohl kummervollsten Miene, die ich je gesehen hatte. Eowyn war es, der heiße Tränen über das bleiche Gesicht rannen und nur schwer konnte sie mit dem Fall ihres Onkels umgehen. Bekümmert war auch das Gesicht ihres Bruders, der noch immer den Arm um sie hielt und nicht weniger absent zu sein schien. Ja, auch Theoden wurde gedacht und die Stimme der jungen Frau zitterte tränenerstickt, als sie von ihm berichtete, seine Güte anpries und seinen Tod betrauerte. Und ich konnte nur dortstehen und dem Leid beiwohnen, ohne dass es mich betrübte. Es behagte mir nicht, von so manchem vielleicht als empfindungslos gesehen zu werden... doch appellierte ich an ihr Wissen, was die Unterschiede zwischen jenen Völkern anbelangte. Viele Namen wurden genannt... von vielen Eigenschaften berichtet... von vielen Heldentaten erzählt und meine Gedanken richteten sich auf so ganz andere, die nicht minder den Tod gefunden hatten und hier dennoch keine Erwähnung finden würden... Kapitel 20: *~baur~* -------------------- ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* baur - Bedürfnis ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* Aragorn: Ich wusste nicht, ob ich im nachhinein darüber lachen... oder doch lieber weinen sollte, als ich bemerkte, dass Legolas nicht den leisesten Hauch einer Ahnung davon hatte, was ich in ihm sah. Eine Schönheit... eine faszinierende Gestalt... die doch nichts von ihrer Wirkung wusste. Er wandte sich einfach ab, ruhig und nickte schließlich zur Tür. "Wir sollten gehen." Und ich sah ihm nach. Vorerst noch immer am selben Platz verharrend, betrachtete ich mir seinen Rücken. Wie sehr wünschte ich mir nun die Freiheit, ihn zu umarmen. Diese Kleidung... deren Zweck ein anderer war, schürte meine Begierde. Und gerade deshalb jagte ich erneut meine Selbstbeherrschung an ihre Grenzen und ging ihm langsam und schweigend nach. Stetig verblieb mein Blick auf seinem Körper und folgte seinen Bewegungen. Wieso sah er nichts? Er musste doch geringstenfalls erahnen können, weshalb mein Augenmerk so intensiv an ihm haftete. Diese bloße Anmut... er musste doch wissen, dass es nicht einmal eine Frau gab... die ihm ebenbürtig war. Lautlos seufzend trat ich auf die freie Fläche hinaus und atmete die neugeborene Abendluft ein. Es war ruhig. Die Stille herrschte nun über diese Stadt und es war eine fremdartige Ruhe. Nicht friedlich... nein, verlassen wirkte sie, doch flackernde Feuer offenbarten, dass so viele noch in ihr lebten, noch so viele... die ihre Trauer zeigen konnten. Und ich sah zu Legolas, der sich umsah... nur an seiner Miene war nichts zu erkennen. Verstand er unsere Art der Verabschiedung von den Toten? Nun... was dachte ich da? Es war nicht 'unsere', nicht meine Tradition. Es war gondorianische... und unter Umständen auch rohanische. Und ich... ich wusste nicht, ob ich Zugehörigkeit verdiente. So ging ich voran, gleichsam schritt auch Legolas neben mir und wir passierten die Stufen, um uns zu den Anderen zu gesellen. Nicht fernab erkannte ich Éowyn. Sie schien ebenso auf Legolas und mich aufmerksam geworden zu sein, denn flüchtig trafen sich unsere Blicke und mir wurde schwer ums Herz. Lange Zeit... hatte sie die Eigenschaft zu lächeln. Selbst wenn es leidmütig war, versuchte sie es immerzu auf ihren Lippen zu belassen. Und nun war Theoden, der Mensch, der mir die schmerzvolle Geschichte der jungen Maid erzählte, tot. Ich ließ den Kopf sinken. Stolz war er im Leben... stolz im Tod. Aber dies war kein Trost... so viel Trauer... in dieser Atmosphäre wurde sie mir bewusst. Viel bedrückender, als wenn ich sie, die durch diesen Krieg zu Opfern wurden, in aller Einsamkeit in mein Herz geschlossen und verabschiedet hätte... Flüsternd erhob sich eine Stimme, deren Worte ich zwar nicht verstand, mich jedoch wieder zum Aufblicken veranlasste. Leise Gebete aus dem Munde Éomers.. Ich spürte die Bewegung neben mir und beobachtete Legolas bei seiner eigenen Musterung, folgte seinen Ausgangspunkten und entdeckte unter ihnen die Hobbits... Ich glaubte, ich hatte die Halblinge zu Unrecht gescholten, ihrer Wehmut freien Lauf zu lassen, denn nun taten sie es und mir gefiel dieser Anblick nicht, so rücksichtslos es klingen mochte. All jene, die sich hier versammelten... sah ich lieber lächelnd. Leise schnappte ich nach Luft und mein Augenmerk richtete sich auf Gimli. Eine seltene Verschwiegenheit... eine, auf die ich mit allem Wohlwollen verzichten wollte. Gandalf, so auffällig in seiner markanten Kleidung, glich trotz allem nur einer hellen Statue... Zu Beginn noch hatte ich an die Schönheit der Stadt denken müssen, wenn sie im Licht der Fackeln und Kerzen eine Ausstrahlung besäße, welche den Menschen Trost brachte. Nun fühlte ich mich belehrt. Dies würde keinen Trost spenden und ich ließ den Kopf abermals sinken. Ein leises Räuspern drang an mein Ohr und erneut regte sich Legolas. Unauffällige Gebären fanden bei mir ihre Aufmerksamkeit und mir kam der Gedanke eines gewissen Unmutes, der gebändigt wurde. Doch noch ehe ich mir Sicherheit verschaffen konnte, ertönte die Stimme Faramirs. Ekdemisch fixierte er die Kerze in seiner Hand, während er zurückhaltend zu Worten fand. "Wir haben uns hier versammelt... und diese Nacht geben wir her, um derer zu gedenken, die auf der Suche nach dem Frieden diese Welt verließen... die Gefallenen. Noch nie zuvor waren es so viele..." Ich musterte den jungen Mann, faltete die Hände vor dem Bauch und nickte in mich hinein. Es waren viele. Viele, die nicht hätten sterben müssen. Unzählige, die ich nicht kannte... "Wir werden sie ehren, sollten die Zeiten des Friedens eines Tages zu uns zurückkehren. Und wir werden all jene wiedersehen, sollten wir selbst den Klingen des Feindes zum Opfer fallen." Fuhr ein anderer Mann fort und ich sah zum Himmel auf. Es war beileibe kein Trost. Jeder Ehrung zum Trotz... wenn das Herz es nicht akzeptierte, würde es keinen Trost geben. Und ich konnte der Tatsache eines sinnlosen Todes nicht aufrecht gegenüberstehen. So vieles hätte früher geschehen sollen... so viele Dinge zum rechten Zeitpunkt. "Mein Vater... Denethor, Truchsess von Gondor. Und Boromir... mein Bruder." Um der Ehrlichkeit wegen... wäre ich im Nachhinein der Andacht nicht nachgekommen. Die Erinnerung an den Tod Boromirs hatte ich verdrängt und nun lebte sie wieder auf. Tief zog ich die Luft in die Lunge und beließ den Blick in der Ferne. Er war nicht nur einer unter vielen... er war ein Gefährte und Freund gewesen. Ein Mensch, den ich als stolz und mutig kannte und der ebenso starb. Der Verlust eines Nahestehenden saß soviel tiefer, als alles andere. Nachdenklich lauschte ich dem unterdrückten Schluchzen der blonden Maid. Es gab keinen Balsam für diesen Schmerz... "Heute Nacht...", ich dachte nicht nach, als ich selbst zur Sprache zurückfand. Keine Linderung waren diese Reden und dennoch ließ ich ab von der Beobachtung der Sterne und sah flüchtig zu Legolas, da ich diese Worte vielmehr an ihn richtete, als an die Menschen um uns herum. Und dem Wind, der mein Flüstern davontrug, "... und in jedem vorstellbaren Augenblick gedenken wir derer, die sich für uns aufopferten, obgleich es nicht ihre Pflicht war." Ich straffte die Schultern und seufzte leise. "Heute Nacht ehren wir das Volk der Elben, welches sich Rohan zur Seite stellte und ehrenvoll kämpfte." Ich achtete nicht auf die Blicke der Menschen, die nicht verstanden, wem ich gedachte. Es war kein Trost, aber eine Erinnerung, auf dass sie nicht in Vergessenheit gerieten. "Auf dass sie ihre Ewigkeit im Jenseits finden, obgleich wir sie im Herzen bewahren und nicht loslassen werden. In würdevollem Gedenken an Haldir ó Lorien und dem Volke Bruchtals sowie Lothloriens. In stolzem Gedenken an Balin von Moria und dem Zwergenvolk." Ich dämpfte die Stimme, bis nur noch ein Hauch eines Tones über meine Lippen trat. "Heute Nacht gedenken wir allen freien Völkern Mittelerdes, die für ihre Hoffnung kämpften und starben. Mögen sie in Frieden ruhen." Und ich hob den Kopf und schloss die Augen, atmete tief ein und spürte, wie sich mein Herz erleichterte. Niemals würde ich jene vergessen, die uns diesen Weg darlegten. Und meine Hoffnung stärkte sich, da ich mein Vertrauen auf zwei beharrliche Hobbits setzte. Doch vermutete ich, als ich meinen Blick geruhsam auf die Menschen richtete, dass ich der einzige war, der diese Erleichterung verspürte. Es zeigte sich keine Veränderung in den Mienen und es verführte mich geradezu, dieser Wirkung erneut zu unterliegen. Es schien nur einen neben mir zu geben, der sich nunmehr dieser Stimmung entzog. Zwar gewiss nicht unter denselben Eindrücken, doch mit derselben Absicht. Ich erahnte es schon bei der ersten verräterischen Bewegung. So wandte ich mich direkt an Legolas, besah ihn mir noch einmal ausdrücklich, ehe ich ein leichtes Lächeln offenbarte. "Ich werde mich nun zurückziehen." Sehr gern ließ ich mir Zeit, meine Worte auszusprechen... es brachte mir einige Momente mehr, in denen ich sein Gesicht mustern konnte, zumal er eventuell auf die folgenden Worte hoffte. "Möchtest du mich begleiten?" Er ließ nicht lange auf eine Antwort warten und nickte. Mein Lächeln verstärkte sich für einen Augenblick, ehe ich mich abwandte und bedächtig zur Treppe zurückging. Flüchtig warf ich einen Blick zu Gandalf, als hätte ich bemerkt, wie er uns nachsah und nickte ihm verabschiedend zu, ehe ich die Stufen hinauf in den Thronsaal bestieg. Kaum, dass wir den Saal betraten, beschleunigte ich meine Schritte ein wenig, um zu dem Nebenraum zu gelangen. Ich trauerte mit den Menschen Gondors... und Rohans. Doch ich verlor die Zuversicht, würde ich die Nacht neben ihnen verweilen. Ruhig griff ich nach meinen Kleidern, packte die Stiefel und wartete auf Legolas. Und während ich ausharrte, bemerkte ich die aufkeimende Müdigkeit, die sich in meinen Gliedern bemerkbar machte. Dieser Tag hatte nicht an meinen Kräften gezehrt und doch fühlte ich mich matt. Sobald Legolas wieder zu mir trat, durchschritten wir die Kammer zu einer weiteren Tür. Es folgte ein langer Gang, der uns über eine Treppe zu dem nächsten Ring führte. Behaglich schritten wir hinab und fanden uns alsbald auf offener Straße wieder. Ich verblieb schweigsam... und Legolas ebenso. Doch es war keine quälende Stille zwischen uns, wie die, die zwischen den Trauernden herrschte. Die Kerzen an den Straßenrändern erhellten uns den Weg und behände führte er uns an den Menschen vorbei, die sich zur Andacht auf den Straßen versammelten. Klagende Töne waren unsere Begleiter und lediglich unsere Schritte waren es, die in ihren Geräuschen unbeteiligt wirkten. Umso beruhigender war der Abstieg zum gewünschten Ring, in welchem unsere Schlafgemächer lagen. Ich ging nun wieder langsamer, genoss die Stille der getrosten Zweisamkeit und kam schließlich zum Stehen, als wir die Kammern erreichten. Erneut wandte ich mich an Legolas. "Unsere Pflicht beginnt in früher Stunde." Ich ließ den Blick sinken und kam nicht umher, ihn nochmals von den Füßen an vollends zu begutachten... dieser Anblick würde sich kein weiteres Mal ergeben. "Deshalb erhol dich gut." Ich lächelte, drehte mich um und legte die Hand auf die Klinke. Noch ehe ich sie hinabdrückte, sah ich nochmals zurück und lächelte... es war ein verlegendes Lächeln, so dachte ich mir. "Und hab Dank für deine Bemühungen." Legolas: Ich wusste nicht, wieviel Zeit bereits an mir vorübergegangen war. Die Nacht konnte finsterer nicht sein und die allseits herrschende Stimmung ließ einjeden Moment zu einer Ewigkeit werden, die mir etwaige Beurteilung untersagte. Viele Stimmen erhoben sich, viele Worte wurden in Andacht gesprochen und lange Zeit sah ich allein zum düstren Himmel auf und gedachte anderer, deren Eingreifen in diesen Krieg weitestgehend unbekannt und doch von solch großer Bedeutung gewesen war. Derer, denen der Tod die Ewigkeit nahm... Ich wollte nicht behaupten, dass mir mein Aufenthalt in diesem Kreis überaus schwerfiel. Nein, er brachte mir Unanehmlichkeiten, neben denen dennoch eine Hemmung existierte, die mich am Gehen hinderte. Jene Verhaltensweisen waren so irritierend, sie zu ergründen verlangte ein zu hohes Maß an Anstrengung und ich hielt mich von jeglichen Versuchen fern. Mochte ich es auch ergründen... verstehen würde ich es niemals und jene Sitten würden fortgesetzt werden. "Heute Nacht...", erhob sich eine nur zu bekannte Stimme und ich erwachte aus meiner Absenz. Viel Gemurmel war zu mir gedrungen und doch waren es diese zwei Worte, die mich wach riefen. Geruhsam wandte ich mich zur Seite und erblickte Aragorn, der, scheinbar tief in sich gekehrt, dort stand, "... und in jedem vorstellbaren Augenblick gedenken wir derer, die sich für uns aufopferten, obgleich es nicht ihre Pflicht war." Beinahe war ich nahe davor gewesen, ihm wieder den Rücken zu kehren, doch blieben meine Augen länger an ihm haften. Selbst, als er diesen Blickkontakt seltsam zielstrebig erwiderte, entfloh ich ihm nicht und wandte mich erst nach einem vergänglichen Zögern nach vorn. Wie rechtens er doch sprach... Viele gab es, die Väter, Söhne, Brüder, Freunde und Verbündete verloren hatten... und viele Namen waren bislang gefallen, ohne dass ich einen der Bestimmten unter ihnen wahrgenommen hatte. Es war eigenartig... In Anbetracht seines Wesens sollte es mich nicht verwundern, dass er die Worte aussprach, die ich für mich behielt. Zu offen schien mein Denken zu sein und dennoch kam einjedes Flüstern seiner Stimme aus tiefstem und reinstem Herzen. Es... tat gut... dies zu hören und ich senkte die Lider, um mir einjedes Wort zu verinnerlichen. "Heute Nacht ehren wir das Volk der Elben, welches sich Rohan zur Seite stellte und ehrenvoll kämpfte. Auf dass sie ihre Ewigkeit im Jenseits finden, obgleich wir sie im Herzen bewahren und nicht loslassen werden. In würdevollem Gedenken an Haldir ó Lorien und dem Volke Bruchtals, sowie Lothloriens." Ich nickte tief und lange, schöpfte Atem und stieß ihn mit einem Hauch der Erleichterung aus. Vieles war gesagt und vieles blieb dennoch offen... "In stolzem Gedenken an Balin von Moria und dem Zwergenvolk." Seine Stimme sank zu einem schwachen Flüstern und doch vernahm ich sie deutlich. "Heute Nacht gedenken wir allen freien Völker Mittelerdes, die für ihre Hoffnung kämpften und starben. Mögen sie in Frieden ruhen." Ich blinzelte zur Seite, konnte der Verlockung des weißen Baumes nicht widerstehen und verlor erneut die Konzentration auf die Andacht. All diese Wirkungen und Anlässe drangen nicht tief. Oberflächlich waren sie und von kurzer Dauer. Während die Stille um mich herum nur noch bedrückender wurde, spreizte ich flüchtig die Finger und blickte um mich. Wie lange gedachten sie noch hier auszuharren? Zwei Stunden mochten es schon sein und ich, der die Art der menschlichen Trauer nicht zu fühlen vermochte, sah meinen Aufenthalt hier stetig als gezwungener an. Ich presste die Lippen aufeinander und vielmehr verlangte es mir danach, etwas anderweitiges zu tun. Etwas, das doch von viel größerer Wichtigkeit war... Aus den Augenwinkeln erfasste ich eine Bewegung und als ich ihr folgte, trat Aragorn zu mir. Still musterte er mich... auf eine Art, die ich nicht einzuschätzen wusste. So erwiderte ich seinen Blick erwartungsvoll und sah bald ein sanftes Lächeln, welches seine Lippen formte. "Ich werde mich nun zurückziehen." Meinte er leise und rücksichtsvoll der stillen Trauer gegenüber und ich lugte flüchtig zu Seite, fühlte mich umso bestärkter in meinem Willen, diesen Ort ebenso zu verlassen. Ich spähte zu Faramir, der scheinbar noch lange Zeit verharren wollte, sah auch zu Eowyn, die noch immer in Gedanken versunken war. Und die anderen... die noch Zeit benötigten. "Möchtest du mich begleiten?" Überraschend kam diese Frage durchaus, doch wäre sie ersichtlich gewesen, hätte ich mich auf Aragorn fixiert. Er wusste zu gut um mein Empfinden, als dass er mich hier zurückließ und mir den Anstoß verwehrte, den ich zu jener Entscheidung benötigte. Kaum sprach er aus, da nickte ich auch schon und als wäre einjeder Moment des Wartens von Bedeutung, verlangte es mir einiges ab, ruhigen Schrittes zu gehen, Faramir zuzunicken und an Aragorns Seite zu jener Treppe zurückzukehren. Erleichterung... nun war sie es wahrlich. Der Abstand, den einjeder Schritt schuf, die Abgrenzung, zu der in gewissen Momenten eine immense Angewiesenheit bestand. Es verlangte mir nicht nach restlosem Abschotten. Es verlangte mir nicht nach Einsamkeit... einzig und allein nach Bewahrung meiner Eigenarten. Neben Aragorn trat ich in jenen Thronsaal zurück und schweigend folgte ich ihm zu dem Raum, in dem wir jene Trachten angelegt hatten. Sein Anblick vertrieb jedwede Grübelei und ein längst abgesehenes Vorhaben drängte sich in den Vordergrund meiner Aufmerksamkeit. Ich betrachtete ihn mir genau, als er kurz vor mir ging, als er dann stehenblieb und seine Kleidung an sich nahm. Flüchtig streifte ihn auch mein Blick, als ich an ihm vorüberzog und zu meinem eigenen Platz fand. Suchend besah ich mir die Bank und mit Wohlwollen erspähte ich ein Bündel. Ein dunkles Tuch verbarg einen geheimnisvollen Inhalt in sich... der Heiler hatte sein Wort gehalten und in mir sträubte sich nichts gegen mein Ziel, welches ich in dieser Nacht erreichen wollte. Mehr noch strebte ich dem mit Entschlossenheit entgegen und obgleich es sich um Aragorn handelte, würde ich keine Antwort von ihm benötigen. Gemächlich nahm ich das Bündel an mich, hob auch meine Kleidung über den Arm und folgte Aragorn, der einen anderen Rückweg zu nutzen schien, mich mit einer knappen Kopfbewegung auf den Gang aufmerksam machte und diesen betrat. Still gingen wir so unseres Weges, schritten nebeneinander und zogen vorbei an vielen Kerzen, an vielen Fackeln und an Menschen, die sich versammelt hatten, gemeinsam zu trauern und der Tradition zu folgen, der ich mit so wenig Verständnis begegnete. Ich blickte ihnen nach, nahm mir Zeit für Beobachtungen und bald darauf erreichten wir jene Flure, in denen sich unsere Unterkünfte befanden. Ich war ruhig, fand Entspannung in einjeder Bewegung und annähernd war ich das Gegenteil meines Weggefährten. Ich registrierte seine offensichtliche Müdigkeit, die doch so gar nicht nachvollziehbar war. Ich selbst hatte mich um seine Schonung an diesem Tag gekümmert, hatte ihn keinen Pflichten ausgeliefert und sah nun dennoch seine besorgende Schwäche. Doch schenkte ich ihr keine deutliche Aufmerksamkeit und blieb stehen, als auch er innehielt. Ich betrachtete mir jene Tür, die Banner und so mussten wir an seinem Zimmer angelangt sein. Ich drehte mich auf den Ballen, blickte zurück und raffte meine Kleidung höher. "Unsere Pflicht beginnt in früher Stunde." Erhob sich seine Stimme und auch sie ließ ich unbeachtet an mir vorbeischweifen, selbst noch in die Musterung der Gegend vertieft und mehr als unaufmerksam. "Deshalb erhol dich gut." Somit wandte er sich ab und erst jetzt drehte ich mich wieder zu ihm, ertappte seine Hand dabei, wie sie bereits die Tür öffnete und ein seltsames Lächeln, welches seinem Gesicht Ausdruck verlieh. "Und hab Dank für deine Bemühungen." "Es gibt nichts, für das du mir Dank entgegenbringen müsstest." Erwiderte ich selbst schmunzelnd und er hielt kurzweilig inne in seinem raschen Vorhaben. Seine Hand verharrte auf der Klinke, doch versuchte er mir mit einem täuschend einsichtigen Nicken zu entgehen und erneut brachte ich ihn davon ab. "Doch bitte ich dich, bislang auf den Schlaf zu verzichten." Erneut sah er zu mir und blanke Irritation stellte seine Mimik dar. Nichts anderes hatte ich mir vorgestellt, nichts anderes erwartet. "Besser wirst du zur Ruhe finden, wenn deine Verletzungen ein weiteres Mal und auf andere Art behandelt werden." Ich kostete den Moment aus, in dem sich sein Mund öffnete und er dennoch keinen Ton hervorbrachte. In dem sich seine Augen fassungslos weiteten und sich die Hand von der Klinke löste. Er starrte mich an, als stünde ein wahrhaftiges Schreckgespenst vor ihm und mein Lächeln vertiefte sich deutlich. "Ich möchte es gern übernehmen." Und nun war der Zeitpunkt gekommen, an dem ich nicht auf seine Antwort wartete. Mehr als nur bekannt war es mir... das Können, mit dem er diversen Dingen entging und die Bescheidenheit, in der er jedwede Aufmerksamkeit von sich wies. Reglos hafteten seine Augen an mir, schnell unterbrach ihn ein rasches Blinzeln und als das erste Murmeln eines Widerspruches über seine unentschlossenen Lippen kam, näherte ich mich ihm bereits um einen Schritt. "Ich werde deine Zeit nicht lange in Anspruch nehmen." Verschaffte ich ihm eine erste Besänftigung und gleichsam tastete ich selbst nach der Klinke, neigte mich an ihm vorbei und öffnete die Tür. "Äh..." "Du selbst sprachst von den Herausforderungen der nächsten Tage." Unterbrach ich ihn besonnen und er trat zögerlich zurück, hinein in sein Zimmer. "Wir alle benötigen Kräfte, um diese zu überstehen und du stellst wahrlich keinen Unterschied zu anderen dar." Zum erneuten Male trat ich in sein Zimmer, doch führte mich diesmal eine andere Absicht hierher und die Angst war nicht mein Begleiter. Mit ruhiger Hand schloss ich die Tür hinter uns und sah Aragorn unschlüssig innehalten, als ich mich zu ihm wandte. Er wirkte so ratlos, obgleich er in diesen Momenten zu nichts verpflichtet war. Keine Herausforderung seinerseits, keine Mühen, keine Anstrengungen... Dies war das Letzte, was ich beabsichtigte und so bat ich ihn mit einer geduldigen Handgeste, sich auf dem Bett niederzulassen. Ich glaubte auch, eine stockende Reaktion wahrzunehmen, wandte mich jedoch ab und legte das Bündel behutsam auf einen Schemel, bevor ich selbst das lange Übergewand von meinen Schultern streifte und dieses nur beiläufig über die Lehne eines Stuhles hing. Ein kurzer Blick zur Seite brachte mir die Gewissheit, dass Aragorn die Fähigkeit zur Bewegung zurückerlangt zu haben schien. Unschlüssig saß er dort auf dem Laken und unsere Augen begegneten sich, sobald ich zu ihm schaute. Indessen griff ich nach den schwarzen Handschuhen, zupfte kurz an den einzelnen Fingern und zog sie sodann von meinen Händen, auf dass diese mir zu größerer Geschicklichkeit gereichen würden. Schweigend sahen wir uns an, untätig wartete er dort und ich blinzelte erwartungsvoll, legte den Kopf schief und tastete währenddessen nach den Ärmeln des Hemdes. Geruhsam streifte ich sie höher und entblößte meine Arme bis zu den Ellbogen. "Bitte." Ich hob flüchtig die Hand. "Entkleide dich." Somit wandte ich mich auch schon dem Schemel zu, kniete mich vor ihm nieder und löste sorgsam den dunklen Stoff, das freizulegen, was er in sich verbarg. Eine steinerne Schale war es unter anderem. Zwei gläserne Fläschchen und ein Beutel aus Stoff, zu dem ich meine Hand zuerst führte. Ich hob ihn zu meinem Gesicht, schloss die Augen und nahm einen vertrauten Geruch in mir auf. Ein vergängliches Lächeln streifte meine Lippen, als ich wieder blinzelte und leicht nickte. Ja, dies war es, worum ich gebeten hatte... Ich legte den Beutel zurück, griff nach einem der beiden Fläschchen und zog den kleinen Holzstift aus dem schmalen Hals. Sogleich strömte mir ein weiterer Duft entgegen. Dies war ein Öl... gewonnen aus einer Pflanze, die seltener nicht sein konnte. Welch ein Glück, dass die weisen Heiler auch derer habhaft geworden waren. Ein leises Ächzen ließ mich in meinen Bewegungen innehalten und aufblicken. Eine Qual schien es für Aragorn zu sein, sich der Robe zu entledigen und nur kurz betrachtete ich mir seine angespannte Miene, bevor ich das Fläschchen zurückstellte und mich erhob. Wieder dieser Unglaube in seinen Augen, als ich zu ihm trat. Wieder diese Verwunderung in seiner Mimik. Mit einem Lächeln versuchte ich seine Befangenheit zu besänftigen, nur langsam und bedächtig bewegte ich mich, wollte nicht der Hast verfallen und ihm stattdessen etwaige Ruhe gönnen. Soviel, wie ich auszustrahlen vermochte. Ich kauerte mich neben ihm zu Boden, erhob mich auf die Knie und flüchtig streifte mein Blick seinen Hals, bevor ich den Kopf senkte und gleichsam die Finger in dem Saum des Hemdes vergrub. "Sachte." Murmelte ich leise, als ich den Stoff höherzog, mit den Fingerknöcheln stetig seine Haut streifend und mir dessen überaus bewusst. Dennoch verharrte ich entspannt, als ich mich höher reckte und das Hemd behutsam über seine Schultern zog. Verbände umschlangen beinahe seinen gesamten Leib, Umschläge und Binden. Soviele an der Zahl, dass es den Anschein erweckte, als wären die Wunden von so akutem Ausmaß, dass es ihm ein Unmögliches sein musste, sich auf den Beinen zu halten. Ich betrachtete mir all dies genau, nachdem ich die Hände aus dem Hemd gelöst und Aragorn den Rest überlassen hatte. Und während er sich noch wand und den Stoff dann bei Seite legte, streiften meine Finger den rauen Stoff der Verbände. Es gab wahrhaft viel zu tun. Ohne ein weiteres Mal zu seinem Gesicht aufzublicken, blieb ich neben ihm kauern, betastete die Umschläge und fand rasch deren Ende. Besonnen begann ich so die Verbände zu lösen, neigte mich näher zu ihm, tastete über seinen Rücken und brachte dabei soviel Vorsicht auf, wie mir möglich war. Sachte und flüchtig waren meine Berührungen, aufmerksam und geschult verfolgten meine Augen die Arbeit meiner Hände und viel offenbarten sie mir. Prellungen, Blessuren, Schrammen... sie zogen sich auffallend über seinen gesamten Leib und stockend verlangsamten sich auch meine Bewegungen, als ich die Verbände sinken ließ und auf dem Boden ablegte. Keinen meiner Blicke verbarg ich hinter täuschenden Absichten, offen und deutlich tat ich meine Untersuchung kund und mehr war es in jenen Momenten auch nicht. Ein Beistand... Eine Hilfe, die ich einem wichtigen Menschen sein wollte, so wie er mir sie oft gewesen war. Ich verzog die Brauen, als ich die Fingerkuppen auf seinen flachen Bauch setzte. Behutsam übte ich Druck auf die Haut aus, fühlte und betastete. Sein Leib war schlank und gezeichnet von vielen Narben, die nie vergingen, die von Kämpfen berichteten, von Wunden und doch ebenso von Siegen. Deutlich hoben sich Muskeln an seinen Schultern hervor, auch kräftige Oberarme ließen sich betrachten. Ein wohlgeformtes Schlüsselbein, umspielt von den wirren Strähnen des dunklen Haares. Und überall erblickte ich bläuliche, gar dunkelrote Verfärbungen, deren Pein ich gern lindern wollte. Nach wenigen weiteren begutachtenden Blicken erhob ich mich und kurz noch legte sich meine Hand auf seine Schulter und ich fühlte die Festigkeit der Verspannung, die Muskeln, deren Beanspruchung gegenwärtig doch so unnötig war. So kam ich auf die Beine und kehrte zu jenem Schemel zurück, vor den ich mich erneut kniete, die letzten Vorkehrungen zu treffen. Der Anblick, der sich mir geboten hatte, ließ mich weniger Zeit damit zubringen, den kleinen Beutel zu öffnen und das feine Pulver der zerstößelten Kräuter in die Schale zu geben. Zügig träufelte ich auch das Öl beider Fläschchen hinein und vermengte die Tinktur mit einem kleinen Stäbchen. So kehrte ich alsbald zu ihm zurück, ließ mich diesmal ihm gegenüber auf dem Bett nieder und stellte die Schale behutsam neben mir auf das Laken. Abermals trafen sich unsere Blicke, bevor ich etwas näher zu ihm rückte und sachte nach seinem rechten Handgelenk griff. Die Schulter wies die ärgsten Blessuren auf und so wollte ich mit diesem Arm beginnen. Lange Zeit würde ich für diese Behandlung benötigen, doch versprach sie in all ihren Umständen größeren Erfolg. Bedacht hob ich seinen Arm, hob ihn bis zu meiner Schulter und platzierte seine Hand auf dieser, so dass seine Haltung der Behandlung entgegenkam und es uns beiden leichter fiel. Aufmerksam betrachtete ich mir den Arm, löste die Hand von der, die reglos auf meiner Schulter lag und bettete sie vorsichtig auf dem Oberarm. Ich traf auf eine geprellte Stelle, betastete sie rücksichtsvoll und ließ die Hand höhergleiten, bis sie zu seiner Schulter gelangte. Konzentriert vertiefte ich mich in diese Behandlung und kurz berührte ich seinen Ellbogen mit der anderen Hand, bevor ich diese nach der Schale ausstreckte und die Fingerkuppen in das Öl tauchte. Viel hatte man mich gelehrt... Ich verzog fokussiert die Brauen, setzte die öligen Finger auf jene verletzte Stelle und ließ die gesamte Handfläche folgen. Viel Beachtung legte ich darauf, wenig Druck auf ihn auszuüben, so schonend zu sein, wie nur irgend möglich. Langsam bettete ich so die Hand auf seinem Arm, ließ sie hinabgleiten und verteilte die Tinktur mit aller Geduld auf seiner Haut. Aragorn: "Es gibt nichts, für das du mir Dank entgegenbringen müsstest." Antwortete er mir und ich wunderte mich, da ich mit keiner Erwiderung rechnete. Ich sah ihn an, legte den Kopf etwas schief und nickte schließlich. Ich nahm es so hin, wie er es aussprach, da ich um seine Art wusste, in der er es als Selbstverständlichkeit abtat, wenn er sich um mich sorgte. Für mich war es eine Besonderheit, der ich mich noch erkenntlich zeigen würde... so dachte ich, als ich mich wieder umwandte und die Klinke hinabdrücken wollte. "Doch bitte ich dich, bislang auf den Schlaf zu verzichten." Fragend ließ ich meine Bewegungen von Neuem verebben und drehte mich ein weiteres Mal zu Legolas. Ich glaubte... "Besser wirst du zur Ruhe finden, wenn deine Verletzungen ein weiteres Mal und auf andere Art behandelt werden." Es war ihm eine rege Freude, mich schweigend zu erleben. Verwirrt und irritiert von seiner Handlungsweise, in der ich sichtlich überfordert wurde. Er lächelte sicher. "Ich möchte es gern übernehmen." Verstört runzelte ich die Stirn, blinzelte und gedachte, einen Widerspruch einzulegen. Doch ehe ich überhaupt dazu ansetzen konnte und bislang nur desorganisierte Wortfetzen von mir gab, trat er zu mir und legte selbst die Hand an die Klinke. "Ich werde deine Zeit nicht lange in Anspruch nehmen." Er drückte sie hinab und drängte mich förmlich in mein eigenes Zimmer. "Äh..." "Du selbst sprachst von den Herausforderungen der nächsten Tage. Wir alle benötigen Kräfte, um diese zu überstehen und du stellst wahrlich keinen Unterschied zu anderen dar." Inmitten meines eigenen Zimmers stand ich unschlüssig und legte die Stirn erneut in Falten. Wieso sorgte er sich nicht um sich selbst? Am heutigen Tag... wo die Nacht bereits rasch vorangeschritten war, sollte er sich seiner eigenen Meditation hingeben und nicht mir, einem einfachen Menschen mit normalen Verletzungen beistehen. Oftmals hatte ich nun in seiner Nähe Schwäche preisgegeben, doch war dies kein Grund, Bemühungen immer und immer an mich zu richten. Wie sollte ich damit umgehen? Legolas hob die Hand und verlangte, dass ich mich setzte. Ich tat es und legte die Hände zu meinen Seiten an die Bettkante. Unruhig sah ich zu, wie sich der Elb von seinem Übergewand befreite und es ablegte. Etwas angespannt fuhr ich mir mit der Zunge über die Lippen. Sein Blick streifte den meinen und ich spürte meine eigene Aufregung bei jeder Bewegung, die er tat. Das Gewand gab nun frei, was man selten nur betrachten durfte. Sein schlanker Leib in diesem wundervollen, dünnen Stoff, der zu verführerischen Dingen einlud. Und so sehr ich mich zwingen wollte, den Blick abzuwenden... um so intensiver verblieb er bei der Beobachtung. Es war ungerecht, dass er sich annähernd vor mir auszog und ich mich schelten musste, da mir der Sinn nach Berührungen stand. Wieder einmal war es seine berückende Naivität, in der er nicht den Hauch einer Ahnung von seiner Handlung hatte. Ich wollte mich verfluchen, da es mir schon gefiel, wie er sich von den Handschuhen befreite. Dinge, die ich schon lange kannte... seine Hände, die knabenhaften Finger, sein Handgelenk, das sich noch selten unter den langen Ärmeln hervortat und damit noch verführerischer wirkte. Man konnte wohl meinen, dass es mir da schwer fiel, seine Musterungen zu erwidern, standhaft seinen Blicken zu trotzen... doch neben der fragwürdigen Ergriffenheit, die ich fühlte, war die Neugierde von höherer Präsens. So schluckte ich schwer, als er auch noch begann, die Ärmel hochzukrempeln. Ein jeder verstand wohl, was dies bedeutete... für mich... Für mich war dies ein unglaubliches Zeichen von Vertrauen... entblößte Arme und die freie Sicht auf dunkle Narben, die er vor keiner langen Zeit noch zutiefst verabscheute. Mit welcher Gleichgültigkeit er sie strafte, bewies mir seine unaufhörliche Stärke, die er als Krieger besaß und seine äußerliche Zierlichkeit widerlegte. Es war wundervoll, ihn zu beobachten... "Bitte. Entkleide dich." Ich kniff ein Auge zu und fühlte mich gar getroffen. Entkleiden...? Abgelenkt von der Beobachtung, vergaß ich, dass er nur hier war, um sich um meine Wunden zu sorgen. Und so war es gleich eines heftigen Schlages... die Vorstellung mit freiem Oberkörper vor ihm zu sitzen. Rätselnd tippte ich mit den Fingern auf das Laken und sah zu, wie sich Legolas vor den Schemel hockte und das gebündelte Tuch öffnete. Viel erkannte ich nicht, da mir der Rücken des Blonden die Sicht versperrte und nach wenigen Atemzügen gab ich auf, dahinterzukommen und seufzte leise. So tat ich, wie mir geheißen und befreite mich erst einmal von dem Übergewand. Unbeachtet legte ich es ab und begann einen seltsamen Kampf mit dem Hemd. Leicht war es im normalen Fall, doch stellte es sich als äußerst schwierig heraus, als ich auch nur die Hände an den Saum legte und es hinaufziehen wollte. In der Schulter ergab sich ein unangenehmes Ziehen und ich biss die Zähne aufeinander, zog es und konnte doch ein Ächzen nicht unterdrücken. Wie leicht man so hilflos werden konnte... allein durch eine unglückliche Verletzung. Und nun war sie mir eine rege Plage und ich kämpfte weiter. Nur nicht lang... und jeder Schmerz erschien mir nichtig, als ich plötzlich bemerkte, wie sich Legolas zu mir gesellte und geruhsam lächelte. Es war eine traumhafte Beobachtung, geführt von Verwunderung, als er sich in aller Gelassenheit neben das Bett kauerte und wahrhaftig im Begriff war, mir eine Hilfe zu sein... bei solch einem kleinen Vorhaben. Vorsichtig legte er die Hände an den Saum meines Hemdes und ich ließ gleichsam ab davon. "Sachte." Seine Finger streiften stetig meine Haut, als er in aller Zärtlichkeit das Hemd hinaufzog. Eine Atmosphäre, die zur Entfesselung meines Gefühlschaos nicht passender hätte sein können. Wenn auch unbeabsichtigt, waren wir uns nah und je höher er gelangte, umso intensiver nahm ich seine Berührungen wahr. Gelockt von der Unterbrechung durch sämtliche Bandagen, wartete ich geduldig und hob matt die Arme, ehe er erneut meine Haut streifte. Ein Schritt, eine Bewegung und ich könnte sehen, was in seinem Herzen tobte... Welche Reaktion ihn verriet, würde das Geheimnis der schleierhaften Schweigsamkeit über jene Nacht lüften und mir einjede Antwort geben, die ich verlangte. Doch zu sehr genoss ich seine Nähe, seine Regung, als er sich streckte und mir bei der Befreiung der Arme half. Soweit es mir erlaubt war, sah ich ihn dabei an, neutral, ohne meinen Sinn für meine Gedanken preiszugeben. Denn nie würde ich es wagen, ihn zu einer Antwort zu zwingen... Langsam ließ er wieder ab von mir und ich trug Sorge für die letzte Entledigung des Hemdes. Es war mir ein leichtes und so fand es seinen Platz bei dem Übergewand. Und dann... gab ich mich wieder der Bewegungslosigkeit hin. Hatte Legolas vergessen, was in mir vorging? Wie lieb mir seine Nähe war und wie teuer ich sie dennoch erkaufte? Konzentriert betrachtete er die Verbände um meinen Körper. Längst hatte ich mich mit ihnen abgefunden, längst hatten sie an Wichtigkeit verloren. Sie gehörten zu mir und noch oft und lang würde ich sie am Leibe tragen. Nur nicht in diesen Augenblicken... Legolas neigte sich zu mir und rührte an dem rauen Stoff, begann in aller Achtsamkeit die Verbände zu lösen, während ich meine Arme überlegt von ihm fernhielt. Lang sollte diese Nacht andauern und unter keinen Umständen wollte ich sie mit leichtfertigen Entscheidungen verkürzen. Selbst, wenn ich meinen süßen Leidensweg damit streckte... er war es wert. So hielt meine Beobachtung an und ich blickte hinab, versuchte die Mimik des Elben zu studieren und gab mich oftmals der Verführung seines Duftes hin und atmete tief ein. Offen zeigte er seine seltsame Verblüffung für Verwundungen, die jedoch gewiss einige Soldaten an sich hatten. Bedächtig tastete er meinen Bauch ab und ich verfolgte seine sorgsamen Blicke. Wenn auch arglos, lächelte ich flüchtig in mich hinein. Es war paradox, da meine Ungewissheit nicht gestillt wurde und ich mich dennoch seiner Fürsorge wegen erfreute, obgleich ich mich einer gelegentlichen Gänsehaut nicht entziehen konnte. Was war dies für eine Nacht, in der wir unter uns waren und aus unerfindlichen Gründen nichts mit uns geschah. Anders als die letzte Nacht, in der ich jede Selbstbeherrschung verlor. Geschäftig legte sich seine Hand auf meine Schulter, ehe er sich umwandte. Ich wartete geduldig und beließ mein Augenmerk weiterhin auf ihm. Woran lag es nur, dass einzig ich zu erkennen vermochte, welches Antlitz durch Mittelerde streifte? Ohne weitere Beachtung... da man von dem kühlen Elbenvolk Schönheit kannte und er damit keine Besonderheit für andere Augen war. Doch viel mehr noch war es seine Eigenart, die mein Blut in Wallung geraten und mich heiß und kalt erschaudern ließ. Warum sahen es andere nicht? Nach kurzer Zeit kehrte Legolas zu mir zurück und setzte sich zu mir auf das Bett. Unsere Blicke trafen sich ein weiteres Mal und erneut verharrte ich in meiner bewussten Abwesenheit, ehe er zu mir rückte. Seltsam... wie des öfteren schlug mein Herz im schnellen Takt und beschleunigte meinen Atem, den ich mit aller Macht leise hielt. Strapazierend und gleichsam besinnlich war der Moment, in dem wir uns nahe waren und sich meine Muskeln vor lauter Ehrfurcht verspannten. Zugleich amüsant, wie leicht er mich doch in der Hand hatte und wie ergeben ich seinen stummen Anweisungen folgte. Er griff bedachtsam nach meinem Handgelenk und ich hob den Arm, legte den Kopf schief. Erwartungsvoll und neugierig war ich auf das, was folgte und fand meine Hand alsbald auf seiner Schulter wieder. Unauffällig regten sich meine Finger und berührten die langen, blonden Strähnen, fuhren, ohne Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, den geflochtenen Zopf entlang und verweilten wieder ruhig. Legolas dagegen löste die Hand von meinem Handgelenk und legte sie fortan auf meinen Oberarm. Er berührte eine Prellung und meine Finger zuckten, als er zu meiner Schulter wanderte. Für ihn war es wohl einzig eine Behandlung, die Erfolg versprach... für mich war es eine Zärtlichkeit, nach der ich mich tief im Innersten sehnte. Seine andere Hand legte sich kontrolliert auf meinen Ellbogen, ehe sie zu der steinernen Schale wanderte und sich die Finger in die ölige Flüssigkeit tauchten. Kühlend legte sich der Film auf meine Haut, verwöhnte meine Sinne mit dem frischen Geruch feiner Kräuter, als Legolas gewissenhaft begann, die verletzten Stellen mit der Tinktur einzureiben. So sorgsam... und ohne anderweitige Gedanken zu hegen? War ich allein mit meiner Sehnsucht oder war ich es nicht? Fragen über Fragen und ich stellte sie nicht, sondern sah in das hübsche Gesicht des Elben. So ernst... so lieblich. So heißblütig... so feinfühlend. Widersprüchlicher konnte ein Charakter nicht sein... und nicht begehrlicher. Unerwartet plötzlich, selbst für mich, stieß ich einen schweren Seufzer aus. Nicht aus Verzweiflung, nur aus Faszination. Gleichgültig, ob er meine Regung bemerkte, beobachtete ich seine Geschicklichkeit für eine sensible Behandlung und atmete tief ein. So klar, wie nach einem Frühlingsregen rochen die Kräuter und ich schloss die Augen, folgte den Berührungen und fühlte mich nach einiger Zeit schläfrig. Eine Umsicht, die ich nicht kannte, offenbarte mir innere Friedlichkeit. Als ob es mir nun erst unverkennbar wurde, dass ich nicht allein war und selbst ich eine Unterstützung für mein Wohlbefinden gefunden hatte. Und es war nicht irgend eine Hilfe, die ich erhielt... es war die seine. So öffnete ich die Augen einen Spalt und vergaß die Grübeleien, als ich den Kopf weiter zur Seite legte und mich langsam vorlehnte. Zeitgleich schloss ich die Augen wieder und achtete lediglich darauf, dass mein rechter Arm die Haltung bewahrte, die für Legolas von Nöten war. Und ganz gleich, wie er es auffasste, nahm ich mir die Freiheit, meinen Kopf an seiner anderen Schulter zu betten. Gemütlich und durchaus schläfrig schmiegte ich mich an ihn, strich flüchtig mit der Nasenspitze seinen Hals entlang und seufzte wohlig. Ohne Antworten zu besitzen, gab ich mich einfach dieser Annehmlichkeit hin und legte den linken Arm um ihn herum. Gar anhänglich hob ich die Hand und streichelte über seinen Schopf. Stets bedacht mit den Fingern in seinem Haar zu versinken und einige Strähnen zu erfassen, glitten die Fingerkuppen zu seinem Rücken hinab und fuhren den seidigen Stoff entlang und stetig wieder hinauf. Es war ein Gefühl von Geborgenheit. Ein Gefühl von Schutz, den ich niemals zuvor in Anspruch nahm und mich trotzdem gern dazu verlocken ließ. Eine herzliche Wärme, die von ihm ausging und sein ruhiger Atem neben der gefühlvollen Behandlung... als ob dieses Empfinden eines vollkommenen Schutzes jede Dunkelheit vertreiben konnte. Geleitet von einer wundersamen Lichtgestalt... war ich beseligt... voller Verbundenheit und Einigkeit mit Körper und Geist... voller Glück. Legolas: Noch immer angespannte Muskeln unter meinen Händen, noch immer empfindliche Haut unter meinen Fingern und ich versuchte, ihm die Bürden der Verwundungen, die gar erdrückend auf seinen Schultern lasten mussten, nicht noch zu erschweren. Gewissenhaft lenkte ich etwaige Konzentration auf die Behutsamkeit, mit der ich ihm begegnen und keinem weiteren Schmerz aussetzen wollte. Fest haftete mein Blick auf seinem Arm, den ich noch immer in sanftem Griff hielt, sicher bettete sich meine Hand erneut auf seinem Oberarm und nach weiteren Berührungen musste ich bekennen, dass es mühselig war, die Konzentration beizubehalten. In einem Freimut, der nicht meiner Gewohnheit entsprach, streiften mich seine Augen. So intensiv und bisweilen gar beständig, dass ich mich schwer damit tat, nicht im gleichen Sinne aufzuschauen und seiner Begutachtung eine Begegnung zu sein. So hielt ich mich an jener Behandlung, tauchte die Fingerkuppen erneut in das milde Öl und verstrich dieses sorgsam auf einer Abschürfung. Mein Kampf, so hoffte ich, blieb vor seinem Wissen verschont. Es wäre mir keine Unannehmlichkeit, entginge seinen wachsamen Augen meine Hemmung nicht, doch war sein geplagter Leib das einzige, was in jenen Momenten zählte und so schwer ich mir seine Bereitschaftlichkeit erkaufen musste, so wollte ich sie nicht enden lassen oder durch falsches Verhalten auf andere Wege lenken. Ich streckte die Hand nach ihm aus, streifte mit den Fingern das Gelenk seiner Schulter, ertastete den Knochen und die leichte Wölbung der angespannten Muskulatur. Nicht nur ich schien meinen Kampf zu führen... Ich blinzelte, hielt kurz inne in meinen Bewegungen und senkte die Lider. Verräterisch suchten meine Augen nach der Schale, doch streiften sie gleichsam sein wohlgeformtes Schlüsselbein, bevor sie zum Ziel fanden und unnützer Weise auf ihm ausharrten. Erneut begann sich seine Hand zu regen und rasch holte mich dies aus meiner Abwesenheit und ließ mich aufblicken. Mit überschwinglicher Zielstrebigkeit benetzte ich meine Hand so erneut mit dem Öl und sah mich sogleich in erneuter Irritation. Ihm entrann ein leises Seufzen... so behaglich und sanft, dass es mir ein Neues war, dergleichen aus seinem Mund zu vernehmen. Vergänglich überkam mich ein Gefühl der Zufriedenheit und bevor ich mich versah, formte ein Lächeln meine Lippen, welches ich nicht zu verhindern wusste. Doch wollte ich nicht unterdrücken, was er so prägnant zum Ausdruck brachte und so ließ ich jene Geste gewähren, ließ die Hand über seine Schulter zum Rücken gleiten und setzte die Fingerkuppen mit vorsichtigem Druck auf sein Schulterblatt. Eine kurze Betrachtung seines Gesichtes ließ mich die Unbeschwertheit erkennen, in der seine Lider gesenkt waren und einjeder Anblick schien mir mehr Freude zu vermitteln, in der mein Verlangen, für ihn zu sorgen, nur umso stärker wurde. Schwer hatte es seinen Arm und die Schulter getroffen, auf der ich weitere Schürfwunden und Prellungen ertastete, als ich mich sorglos weiter zu ihm lehnte, um die Hand noch tiefer über sein Schulterblatt wandern zu lassen. Doch blieb meine Regung nicht die einzige, denn die Distanz verringerte sich gar so rasch, wie sie es durch mich allein nicht konnte. Sogleich erfassten meine Augen seine Bewegung und ich selbst ließ in diesen nach, die Hand noch immer auf seiner Schulter, die andere auf seinem Arm, der sich nun leicht beugte. Er ließ sich nach vorn sinken und eine kurze Verblüffung ergriff von mir Besitz, als meine Augen noch immer an ihm hafteten und mir mein Körper alsbald das offenbarte, was auch sie mir preisgaben. Kitzelnd streifte sein Haar meine Wange, als keine Distanz mehr zwischen uns lag und er mir so nah war, dass ich noch immer reglos verblieb. Ein warmer Hauch streifte meinen Hals, als er das Gesicht zu diesem wandte und die vom Atem benetzte Haut mit der Nase nachfuhr. Kitzelnd war diese Berührung und so viel Erinnerungen schienen zu der Gegenwart zurückzukehren, waren insofern so viel mehr als nur Brüchstücke aus vergangenen Momenten. Meine Lippen öffneten sich einen Spalt weit, als er das Gesicht nochmals drehte und lange Haarsträhnen von meinem Hals glitten, bevor er die Wange schlaftrunken auf meiner Schulter bettete und sich sein Leib unter einem tiefen Atemzug regte. Hörbar drang er an meine Ohren und gleichermaßen band mich der warme Druck seines Körpers an die Realität, an der ich gar oft zweifelte und in solchen Momenten besonders. Unbeständig streifte meine Blick durch den Raum, suchte und sehnte sich nach Anhaltspunkten, nach Zielen... doch blieb Aragorn das markanteste Zentrum meiner Wachsamkeit, von dem sie sich nicht nehmen ließ. Ein Blinzeln gelang mir in meiner Starre, als seine Hand unvermittelt mein Haar durchkämmte und in einer Gemütlich erforschte, die so gar nicht seiner Enthaltung zu entsprechen schien. Zärtlich lastete seine Hand auf meinem Schopf, fuhr ihn beständig nach und erreichte so bald meinen Rücken, auf dem sie ihren liebevollen Weg fortführte. Langsam und intensiv schöpfte ich Atem, als sich seine Fingerkuppen durch milden Druck verrieten und bedächtig meinem Rückrad folgten. Mit welcher Gelassenheit überschritt er nur meine Grenzen? Mit welcher Ruhe schenkte er meinem Leib Berührungen, denen er noch nie erlegen war? Unruhig spreizten sich meine Finger und lösten sich gar flüchtig von seiner Schulter, um nicht das zu verraten, was er in mir auslöste. Es war mehr als nur ein unüberlegtes Handeln... mehr für mich und wohl auch mehr für ihn. Und ich erschauderte nicht minder unter seiner Hand, als in vergangener Nacht, die mir unausweichlich in den Sinn kam. Zögerlich legte ich die Hand zurück auf seine Schulter und die seine glitt umso tiefer, driftete alsbald zur Seite und ließ den Arm folgen, der sich daraufhin gemächlich um mich legte und mich in eine bescheidene Umarmung schloss. Und so harrte er aus, reglos, gar den Anschein erweckend, als wäre er dem Schlaf verfallen. An mich gelehnt und doch so tatenlos... Ich ertappte mich bei einem schweren Schlucken, welches mir eine Unruhe vor Augen führte, die ich selbst nicht so kontrolliert wahrnahm. Ich straffte den Rücken, nahm kurz eine Haltung an, die Anspannung aufwies und die jedoch recht rasch von mir wies. Bedacht atmete ich aus, ließ die Schultern sinken und bewegte die Finger der noch immer erhobenen Hand, bevor ich diese langsam und doch stetig zu seiner Schulter zurücksinken ließ. Mit übertriebener Konzentration verfolgte ich dieses Handeln, fixierte meine Hand und erblickte, wie sie erneut inne hielt und dabei doch nicht mehr weit von jener Haut entfernt war. Wie erheblich fühlte ich, dass meine Schulter von neuem Nutzen war... wie unverkennbar war die Fremdartigkeit, die mich jedes Mal auf's Neue heimsuchte, mich zu unterrichten... zu verblüffen... Scheu setzten sich meine Fingerkuppen auf seine Schulter, nahe schon des Nackens. Und lange hielt ich sie in dieser Zurückhaltung, während ich flüchtigen Gedankenfetzen nachjagte und doch keinen von ihnen fasste. Und zögerlich etfaltete sich meine Hand auf seiner Haut, tastete sich weiter und ließ sich nieder. Flach bettete ich sie, doch hielt jedewede Kraft von ihr fern. Ich übte keinen Druck auf seine Schulter auf, wendete das Gesicht zur Seite und senkte es bald darauf. Wenn man nicht einjeden Gedanke auf Aragorns Handeln legte und sich nicht der Irritation auslieferte, die auf dieses Denken folgte, so war dies ein Gefühl... welches mich nicht beunruhigen sollte. Ich zwinkerte zur Seite, presste die Lippen aufeinander und wollte mein Herz dazu bewegen, zur Ruhe zu finden, doch wurde ich erfasst von neuem Unbehagen, als meine Augen etwas unerwartetes erblickten. Lange fixierte ich mich auf einen Punkt, bevor ich die Miene verzog und mich zaghaft zur Seite lehnte, stets auf Aragorns Halt achtend und darauf, dass er ihn an meiner Schulter nicht verlor. Was was das...? Ich traute meinen Augen nicht, als ich eine weitere Verletzung erblickte. Eine, die den Wunden am Arm in nichts nachstand, wohl noch immenser war. Über den Rücken Aragorns, genauer noch über seine linken Rippen, zog sich auffällig eine schwere Prellung, welche eine große Fläche seiner Haut dunkel, gar bläulich verfärbte und mir bislang entgangen sein musste. Doch in dieser Haltung entging sie mir nur schwer und sprachlos öffnete ich den Mund, beiweitem nicht dazu imstande, ein Wort an Aragorn zu richten. Für den Augenblick meines Entsetzens hielt ich jene Rippen gar für gebrochen, verwarf diese Befürchtung jedoch, als ich mich seiner Beweglichkeit entsann, der Kraft, sich auf die Beinen zu halten... so schwer man bei ihm auch zwischen natürlicher Kraft und aufgezwungener Stärke unterscheiden konnte... es musste beileibe schlimmer aussehen, als es war... und doch... eine immense Last auf den Schultern eines Menschen, der sich ihrer nicht bewusst sein wollte und die beträchtlichste Verletzung, die ich an ihm fand. Ich wandte den Blick ab, schöpfte tiefen Atem und sah mich in meiner Dringlichkeit nur bestätigt. Viel Aufmerksamkeit musste ich dieser Wunde schenken, viel Schmerz lindern. Und die Haltung, in der an mir lehnte, war doch recht geschaffen, um an jene Stelle zu gelangen. So war es mir kein schweres, jener Nähe die Wichtigkeit zu entziehen und beide Hände von ihm zu lösen. Gar geschäftig begann ich mich zu bewegen, zielstrebig und so entspannt, wie ich es mir nicht zugetraut hätte, befand ich mich doch noch immer in dieser Lage. Erneut tauchte ich die Finger in das Öl, während ich gleichermaßen die Schulter bewegte und den Arm vorsichtig um sein Gesicht herumführte. Ich gelangte bis zu seiner Wirbelsäule, bis mir seine Haltung ein Weiterkommen verbot und ich jene Behandlung nun einhändig fortsetzen musste, was wahrlich keinen Nachteil mit sich brachte. Mit aller Behutsamkeit verpflegte ich so auch diese Wunde, verteilte den milden Film auf der gereizten Haut, massierte ihn mit aller Geduld ein und betastete gewisse Stellen, allein um die völlige Sicherheit zu erlangen, dass es sich nur um eine Prellung handelte. Doch so schien es zu sein und lange führte ich dies fort, gab mich nur langsamen Bewegungen hin und schenkte ihm den Halt an meiner Schulter nur zu gern. Unangenehm musste diese Behandlung sein. Unangenehm und langwierig und ich wollte nur, dass er sie unbeschwert überstand und keinen Zwang in ihr sah. So blieb ich kauern, des öfteren abgelenkt durch tiefe Atemzüge, die wärmend durch den Stoff der Robe drangen und sich auf meine Haut legten. Nicht minder durch ruhige Bewegungen, in denen er es sich auf meiner Schulter bequem machte. Und hätte all das in sonstigen Situationen zur Ablenkung genügt, fand ich die Fähigkeit, mich auf mein eigentliches Vorhaben zu konzentrieren und die intime Nähe mit Gewöhnung abzutun. Und bald schon strich ich mit der Hand ein letztes Mal über jene Stelle und um sie herum, verrieb das Öl zwischen meinen Fingern und spürte die Beruhigung, mich auch dieses Falles angenommen zu haben. Bald und rasch würde diese Wunde vergehen und schnell auch, besäße er mehr Kraft, mehr zu vollbringen. Meine Schultern senkten sich unter einem tiefen Atemzug und still bedauerte ich eine Tatsache, die meinem Tastsinn nicht lange entgehen konnte und äußerst störend in dieser milden Atmosphäre wirkte. Nicht lange verweilte er noch an meiner Schulter, bis er seine Wachsamkeit bewies und sich zu regen begann. Schweigend entließ ich ihn aus meiner Obhut, berührte ein letztes Mal seinen behandelten Arm und gab mich einer letzten Musterung seines Leibes hin. Aufmerksam neigte ich so den Kopf, als er sich behäbig von mir löste und sich dabei an meiner Schulter abstützte. Wieder traf mich sein Blick, doch erhob ich mich sogleich auf die Knie, als mir die neue Beweglichkeit gegeben war. Ich schenkte seiner Miene kaum Beachtung, als ich besonnen nach der Schale griff, die Hand im Laken vergrub und mich behäbig vom Bett erhob. Ich trat zurück zum Stuhl, stellte sie dort auf dem Stoff ab und nutzte diesen sogleich, um meine Hände flüchtig zu säubern. So kniete ich nieder, strich das Öl von meinen Fingern und schaute kurz zu ihm. Wie gesagt, meine Aufmerksamkeit war nur vergänglich und ich erblickte eine langsame Bewegung, in der er nach dem Hemd griff. Und ohne innezuhalten wischte ich über meine Handfläche, spreizte die Finger und streifte mein Haar zurück. "Bitte leg dich nieder." Raunte ich dabei beiläufig und griff nach einem kleinen Fäschchen. "Auf den Bauch." Fließend erhob ich mich, umschloss die Fläschchen mit der Hand und blickte ihn mit derselben alten Erwartung an. Kapitel 21: *~anglenna~* ------------------------ ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ anglenna - Annäherung ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Aragorn: Immerzu gab es Momente... die andauerten, als wären sie... jeder für sich ein gesamtes Lebensalter und vielerlei Dinge passierten Revué. Aus unerfindlichen Gründen sah man die Vergangenheit vor geistigem Auge, ehe es finster wurde. Oft... nein, allzu oft geschahen diese Augenblicke in meinem Leben, so lang und elend, so schmerzhaft und ungeschont. Jedes Mal, wenn ich mich einer Gefahr aussetzte, die mich an die Grenzen meiner Kräfte forderte. Und in dieser Nacht geschah es wieder. Ich fuhr die Wirbelsäule des Elben nach, berührte zaghaft aber bestimmt seine Schulterblätter und nahm jeden Atemzug des Anderen auf, als wäre es mein eigener. Ich spürte seine Wärme, seine Nähe... all seine Gestiken nahm ich nicht nur dadurch wahr, dass er seine Behandlung weiterführte... sondern weil dieser Augenblick ein Leben war. Momente, die ich nicht im Kampf, sondern in meiner eigenen Zuneigung zur Geborgenheit ausleben durfte. Behutsam ertastete ich eine Strähne, streckte die Finger nach ihr aus und gab mich der Berührung weiterer hin. Oftmals streichelte ich sein weiches Haar, blieb fern seines Nackens und fuhr den geflochtenen Zopf nach. Ich empfand völlige Genugtuung darin. Selbst, als er zögerte und sich der Szenerie erst einmal bewusst werden musste, ließ ich nicht ab und ruhte friedlich an seiner Schulter. Was seine Mimik preisgab, war mir verschlossen, doch er wies mich nicht von sich und keinerlei Gegenwehr war zu erkennen, als dass ich es aufgab, diese Zuflucht, diese Obhut zu genießen. So vieles war geschehen... der Krieg war an uns vorübergezogen und weitere lagen noch vor uns. Zwischen uns hatte sich so vieles geändert. Ich müsste daran zweifeln, wäre ich noch im Besitz meines alten Geistes. Ich hatte mich verändert, ohne es ernsthaft zu bemerken und mit mir, hatte auch er sich verändert. Genießerisch hob ich flüchtig den Kopf, um mich bequemer an seine Schulter zu lehnen. Ich wusste, wenn ich die Augen aufschlug, sähe ich seinen Hals, der mir unweigerlich zu verlockend sein würde, als dass ich ihn ungeküsst ließe. Nicht enden würde dann meine Begierde und es wäre traurig, wenn ich für einen sekundären Moment der Heißblütigkeit die Zärtlichkeit seiner Hände aufgab. Aber niemals zuvor wäre dies geschehen. Damals gab es stets eine Distanz... Gebrochen... Ja, sie war dahin und während ich keine Träne um ihren Verlust vergoss, fragte ich mich, wie dies geschehen konnte. Es lag nicht an meinen Wunden oder an etwaiger Schuld, die Legolas sich zu unbestimmter Zeit aufgeladen haben konnte. Jeder hätte dem Anderen das Leben gerettet, ganz gleich, ob es Freundschaft oder... in meinem Fall Liebe war, die dazu verleitete. Wohlmeinend ließ ich die wandernde Hand sinken, strich Falten der dünnen Kleidung beiseite und hakte die Finger leicht in den Stoff, um Halt zu finden. Ich zog tief die Luft ein und stieß sie langsam wieder aus. Über dieses Handeln veranlasste ich keine Analyse, keinen weiteren Gedankengang und begann der innigen Massage zu folgen, zu der Legolas wieder ansetzte. Er bemühte sich, seine angemessene Haltung zu wahren und verriet sich so leichtfüßig, wie er es nur konnte. Ungeahnt war gewesen, was ich tat und unschuldig seine Art, auf sie zu reagieren. Sein Rücken straffte sich unter der Spannung seines Körpers, ließ jedoch recht geschickt von ihr ab, nachdem er tief durchatmete. Eine Gänsehaut entfaltete sich über meiner Haut, als er die Finger nahe meines Nackens entlanggleiten ließ und sich sorgsam jeder Aufschürfung widmete, die ich erst bemerkte, als er sie berührte. Es waren Schmerzen, die keine waren. So achtlos und gewohnt, dass es für mich lediglich eine Wohltat als eine Heilung war. Wie schade empfand ich es dann, als er sich zur Seite lehnte. Annährend lautlos murrend, wiegte ich mit ihm, sorgte dafür, dass mir seine Schulter nicht entkam und gab mich, aus welchem Grund auch immer er sich regte, zufrieden, als ich mir meinem Halt wieder sicher war. Unpassend verbiss ich mir ein Gähnen, kniff die Augen zusammen und blieb dann erneut ruhig. Wenn ich nun einschlief, würde ich am nächsten Morgen mit dem bedrückenden Wissen erwachen, in dem ich seinen Berührungen hätte länger Aufmerksamkeit schenken können, wäre ich nicht der Müdigkeit verfallen. So hielt ich mich wacker und wartete auf die Fortsetzung der süßen Heilung. Doch er hob den Arm. Ich spürte, wie er meine Haare streifte und sich locker regte. Seine Anspannung war fern, meine dagegen regte sich wieder. Nicht durch Ehrfurcht oder Unsicherheit. Ich spürte ein unangenehmes Ziehen an der Seite, ein Brennen auf der empfindlichen Stelle meiner Rippen. Die Seite, mit der ich aufschlug, ein freier Fall, der mich mit der boshaften Last einer Wunde prägte, die ich annähernd vergessen hatte. So mild die Kräuter auch schienen, ich konnte ein leichtes Zucken meines Körpers nicht verbergen und die Verbissenheit in meiner Miene. Ich hatte die Schmerzen schon jäher gespürt, schon so oft gesehen und mit meiner Leichtfertigkeit und der Gewohnheit abgetan... doch so liebevoll Legolas sich auch bemühte, ich wurde mir meiner einstigen Gedankenlosigkeit wieder bewusst. Ich holte stockend Luft und hielt sie an, um meinen Leib nicht erzittern zu lassen. Mein Griff an seinem Rücken wurde etwas fester... doch sanfter wurde das Verfahren. Allmählich... und je länger der Elb sich der Wunde annahm, umso schwächer wurde der Schmerz und meine alte Reglosigkeit kehrte alsbald zu mir zurück. Das leidige Brennen verlor das Spiel gegen die zarten Finger und langsam und stetig nahm ich nur noch den Duft der Kräuter in mir auf. Ich öffnete den Mund einen Spalt weit und ließ der Atmung freien Lauf, ehe ich den Griff lockerte und letzen Endes von seinem Rücken abließ. Der Moment... so lang und wohltuend, wie es für mein Leben nur sein konnte, endete er. Seine Hand strich bedächtig über das Übel meiner Unaufmerksamkeit... wie ein Heiler und ich atmete wieder ruhig, ohne unnötige Bewegungen hervorrufen zu müssen. Der Schmerz hatte sich gelegt und wenn nicht er, dann mein Bewusstsein dafür. Ich lauschte der Stille und, obgleich ich es nicht wollte, wartete ich nur noch auf das Ende seiner Bemühungen. So geschah es und Legolas atmete noch einmal tief durch, ehe ich langsam die Augen öffnete. Geniert zwang ich meine Augen, ihn nicht direkt anzusehen und erhob mich vorsichtig. Träge blinzelte ich die Müdigkeit davon und stützte mich an seiner Schulter, um zur geraden Haltung zurückzufinden. Schläfrig sah ich den Elben an, rollte kurz mit der Schulter und fühlte mich äußerst entspannt. Ein Lächeln gelang mir. Ehrlich aber bedauernd stellte ich fest, dass er sich gemächlich erhob und die Schale zu sich nahm. Während ich ihn kurzzeitig beobachtete, dachte ich an die ungenutzte Zeit, die wir vielleicht noch gemeinsam verbringen konnten, schweifte ab zu meiner fantasievollen Sehnsucht und hob eine Augenbraue. Wo ich eben noch eine wunderbare Zeit erlebte, an die ich zuvor nicht zu Denken wagte, wünschte ich mir nun, sie wäre noch intensiver und zärtlicher geworden. Der törichte Wunsch eines verliebten Knaben... der kein Knabe, sondern ein Träumer war. Ein schiefes Grinsen breitete sich auf meinem Gesicht aus, bevor ich endlich von Legolas abließ und mit beruhigter Miene nach meinem Hemd griff. Heute Nacht würde ich geruhsam schlafen... “Bitte leg dich nieder.” Als wäre ich zu Stein erstarrt, hielt ich die Hand mit dem Hemd erhoben und bewegte mich nicht. Sein Flüstern kam deutlich an und trotzdem zweifelte ich daran, dass er es wirklich sagte. Ungläubig verdrehte ich die Augen, grinste nun wesentlich breiter und verzog die Brauen, so dass ich wohl einem Kind ähnelte, dass unverhofft ein Geschenk erhielt. Zögernd öffnete ich die Hand und das Hemd fiel zurück. Erst dann ließ ich auch den Arm sinken und drehte das Gesicht zu Legolas, der bereits ein Fläschchen in der Hand hielt. “Auf den Bauch.” Es war reinste Überforderung! Und in einer merkwürdigen Art erfreute ich mich schändlich daran, dass er es immer... und immer wieder bewerkstelligte, meine schon viel zu hohen Erwartungen zu übertreffen. Kurz drehte ich das Gesicht in die andere Richtung, befeuchtete zaudernd die Lippen und presste sie aufeinander, ebenso, wie ich die Augen fest schloss. Ein schöner Traum, der in meine Realität gefunden hatte. So nickte ich schließlich schweigend, versuchte erst gar nicht einen Widerspruch einzulegen und wandte vorsichtig den gesamten Leib dem Bett zu. Es interessierte mich, zu erfahren, ob er überhaupt wusste, wie seltsam das Bild wohl war, nachdem ich die Schuhe ausgezogen und die störende Decke beiseite gelegt hatte. Wie abstrus die Perspektive war, in der ich friedlich auf meinem Bauch lag und die Arme unter dem Kissen verbarg, auf dem ich den Kopf bettete und nun selbst erwartungsvoll zu dem Elben aufsah. Legolas: Wie sehr entzückte mich nur seine Reaktion... es bestand wohl kaum ein Gegensatz zu anderen Momenten, in denen sich die Fassung unmittelbar von seinem Antlitz löste und ich sie ihm nahm, bevor ich mir dessen selbst bewusst wurde. Doch erfüllt von Verblüffung und der Neugierde auf bislang ruhendes Verhalten, streckte ich gern die Hand nach den Früchten meines unwillkürlichen Kampfes und schritt als Sieger hervor, der sich ein Gesicht betrachten durfte... ... zu schwach für Skepsis, zu satuiert für Widerspruch, doch nicht zu enkträftet, um ein Lächeln preiszugeben. Besonnen und wohl sehr aufmerksam besah ich mir diese helle Geste in finstrer Nacht, als ich zu ihm zurücktrat, das Fläschchen mit beiden Händen umschließend und geduldig gegen die Brust lehnend. Lange Momente waren schleichend an uns vorübergezogen und Stille hatte sie gekleidet. Lange schon hatten seine Lippen keine Worte geformt. Lange auch waren seine Augen nicht mehr umhergestreift, um Ruhelosigkeit und Tatendrang zu offenbaren. Ich hatte ihn behutsam in eine Rolle gedrängt, die nicht die seine war und ihn dennoch kleidete, als hätte er selbst ihr Form verliehen, auf dass sie für keinen anderen Eignung fand. Welch komplexe Seele... Stetig schwankend und selbst ruhelos von alter Faszination zu neuer Verwirrung pendelnd, blieb ich so bei ihm stehen, regte die Finger an dem zerbrechligen Gefäß und verlieh einer bislang unbekannten Mimik Namen, während ich ihn geruhsam anblickte und doch nur mein Grübeln sah. Was war es...? Was spiegelte sich in dem Gefilde seiner Augen wider, als sie mich vergänglich streiften, ziellos umhersuchten und sich demnächst abermals auf mich richteten? Was war es nur, das Besitz von seinen Gesichtszügen ergriff und beiweitem stärker zu sein schien, als einjede Kraft, die existierte? Ein Blinzeln durchbrach die Barriere der fremden Irritation und sprachlos öffneten sich meine Lippen, als des Rätsels Lösung mich fand. Die Einsicht erhellte mein Gesicht und reglos verharrte ich, als Aragorn sich schließlich umwandte und niederlegte. Vergnügen... Ich spreizte die Finger, verengte die Augen und verfolgte mit überschwinglicher Faszination, wie er behaglich den Kopf auf dem Kissen bettete, gar entspannt Atem schöpfte und besonnen nach Bequemlichkeit suchte. Vergnügen... ja, es war wahrhaftig Vergnügen, welches seinen Bewegungen die Unentschlossenheit und Beklemmung nahm. Vergnügen, welches eine solche Bitte still akzeptierte und nicht nach nutzloser Diskussion suchte. Vergnügen, welches ihn zu einem anderen Menschen formte... und wäre es auch nur für eine Nacht. Ich zögerte gar unbewusst, doch bewegte er wieder den Kopf auf dem weichen Stoff, verbarg die Hände gemütlich unter ihm und erließ mir einen Augenblick, in dem mein Hadern nicht auffällig war. So selten sah man Vergnügen in den Augen der Menschen. So sehr hatte jenes Empfinden unter Angst und Kummer gelitten. Seine Lider hoben sich und wieder war jene Situation zurückgekehrt, die jedoch rasch ihr Ende finden sollte. Ich besänftigte den erwartungsvollen Blick mit einem flüchtigen Lächeln. Vergnügen... So wandte ich mich um, trat zum Fußende des Bettes und stieg dort auf dieses. Mit der einen Hand das lange Untergewand stützend, begab ich mich zu ihm, ließ mich nahe der Wand auf die Knie sinken und überprüfte mit einem nachlässigen Griff die Ärmel, die mir keine Hürde sein sollten. Vergnügen... Ich blinzelte und unnatürliche Wärme schien mich zu überkommen, als ich mir eingestand, dasselbe zu verspüren. Tief verwurzelt in meinem Inneren... Er rettete mich vor meiner Dunkelheit und ich schützte ihn vor der seinen... Tief schöpfte ich Atem und tat dies nur, um Konzentration wieder an den rechten Platz zu führen und mir selbst den Beweis zu erbringen, dass dies reell sein musste. Ein Triumph in schwarzer Nacht und doch soviel süßer, als der Tag es je sein könnte. Behäbig kauerte ich mich neben ihn, hob das Fläschchen über die Hand und benetzte die eigene Haut mit dem reinen Öl. Auf dem Laken setzte ich das Gefäß ab, bewegte beide Hände aneinander und bettete sie flach auf seinen Schultern. Entspannung war erst vollkommen, wenn auch der Körper sich ihr ergab. Besänftigt durch wohltuende Kräuter, würde ich seine Kapitulation bald unter meinen Händen spüren und den geschundenen Leib so auch rasch von letzter Bürde erlösen, auf dass er in Kürze wieder der seine war und kein Hindernis in dunklen Tagen, an denen es so manche Pflichten zu verrichten galt. Langsam richtete ich mich auf, legte zaghaftes Gewicht auf die Arme und übte so Druck auf seinen Körper aus. Wie widerspenstig richteten sich seine Muskeln gegen mich, doch die Nacht war lang und meine Geduld groß. Kontrolliert begann ich so die Finger auf seiner Haut zu bewegen, setzte die Kuppen fest auf seine Schulterblätter und begann eine beharrliche Massage. Einjede Bewegung tat ich mit Bedacht, einjede Berührung mit Intensität und all jenes mit Freude. Durchweg beschäftigt fand ich mich in dieser Behandlung, setzte viel Ausdauer auf seine geprellten Schultern und tastete mich kontinuierlich über sein Rückrad, die Wirbel unter meinen Fingern spürend und die dortverlaufenden Muskeln lockernd. Einfache Kunst nannte sich dies in meinem Volk... doch war es hier soviel bedeutender und einjeder genüssliche Laut, der schläfrig ertönte, führte es mir vor Augen. Das Öl ließ meine Hände mild gleiten, verhinderte gar zu festen Druck und bald schon, hob ich das Fläschchen über seinen Rücken und ließ wenige Tropfen des wertvollen Heilmittels auf seine Haut niedergehen. Zielstrebig glitten meine Hände über jene Stelle, drifteten zur Seite und fuhren gleichsam und mit großer Behutsamkeit über die verletzten Rippen, fortan hinauf zur Schulter und beständig über diese hinweg, sich rasch in kontrollierte Bewegungen vertiefend. Beiläufig mochte die Bewegung erscheinen, in der meine Finger in seinem Haar versanken und dieses sorgsam zur Seite streiften, doch länger noch, als man es mir ansah, hang mein Sinnieren dieser Gegebenheit nach und meine Hände taten das ihre. Abermals labte ich mich an einem tiefen Atemzug, während mein rechtes Handgelenk zielgerichtet zu seinem Nacken fand und sich unverzagt auf diesen stützte. Nahe war ich schon am Hals und mit Hast zwang ich mich zur alten Aufmerksamkeit, als ich erneuten Druck ausübte, die Finger spreizte und mit diesen so direkt an seinen Hals gelangte. Das strähnige Haar umspielte meine Haut, kitzelte und glitt über sie hinweg, als ich die Hand seitlich hinabgleiten ließ und dasselbe mit der anderen tat. Sachte umfasste ich so seinen Hals und drang mit den Fingerkuppen ebenso sanft in die leichte Vertiefung seines Schlüsselbeines ein, während meine Daumen seinen Haarsansatz fanden und sich dort auf die Haut setzten. Wie ausgeschlossen schien es, dass sich Verspannungen soweit erstreckten und wie verblüffend war dennoch das, was ich gar an seinem Hals spürte. Ich richtete mich ein wenig auf, kauerte alsbald auf den Knien und beugte mich über ihn, um mit den Finger gleichsam mehrere Stellen erreichen, und diese lockern zu können. So begann ich meine Hände erneut zu bewegen, sie um seinen Hals zu führen und alsbald seinen Nacken zu betasten. Wiederholt streifte ich das dunkle Haar zur Seite und neigte mich tiefer, den einen Arm kurz von mir streckend und mit den Fingerkuppen der anderen Hand dem Verlauf seines Schulterblattes folgend. Stark und robust hatte ich noch vor kurzem die Muskelstränge erfühlt. So stark und doch so unnütz in solch einer Nacht. Besser jedoch, gefiel mir das verborgene Resultat eines weiteren Tastens. Kitzelnd löste sich eine Strähne hinter meinem Ohr, als ich den Kopf tiefer neigte, um mir eine Wunde zu betrachten. Sie sank hinab, glitt über seine Haut und fand wieder an ihren alten Platz, als ich sie zurückstreifte und mich ein wenig aufrichtete, um diese Behandlung zu meiner, nun, doch eher zu Aragorns Zufriedenheit fortzuführen. Aragorn: Mich packte ein leises Erstaunen, als ich auf dem Bett lag und den Kopf auf dem weichen Kissen bettete. Als wäre mir die Gewissheit dieser weichen Unterlagen niemals in den Verstand gekommen, bemerkte ich nun, wie angenehm und bequem das alles doch war. Wann hatte ich zuletzt gut geträumt? Wann hatte ich zuletzt gut geschlafen und war ohne den Schmerz diverser Blessuren in den Schlaf gesunken? Ich wusste es nicht. Nun, es spielte aber auch keine Rolle. Ich sah das Lächeln des Elben als Antwort auf meinen Blick und wartete still ab. Ich wusste, was er vorhatte und spürte eine seltsame Vorfreude. Es war ein herrliches Gefühl... was war diese Art von vollkommener Erwartung? Ein Glücksgefühl von wundervollen Ausmaßen, das einem ein Lächeln auf die Lippen zwang und Heiterkeit versprach. Ich seufzte lautlos, bemühte mich, mich zu entspannen und sah geruhsam zu, wie Legolas zu mir kam. In jeder anderen Situation wäre mir die feurige Aufregung eine Blockade geworden. Wie hätte ich mich in leiser Erregung auf seine Fürsorge konzentrieren können? Langsam stieg er zu mir aufs Bett und ich regte mich nicht und schloss die Augen. Meine Sinne sollten sich nicht ablenken lassen, von kargem Gestein... und etwaigen Gedanken. Mein Kopf blieb frei und mein Verstand ruhig... so konnte es also beginnen. Legolas holte Luft, kauerte sich neben mich und handhabte wahrscheinlich an dem Fläschchen, welches er eben noch in den Händen hielt. Ein leises Geräusch und sogleich spürte ich die warmen Hände auf meinen Schultern. Das Öl gab ihnen eine angenehme Feuchtigkeit, so dass ich bemerkte, wie mein Mundwinkel zuckte... zu einem anhaltenden Lächeln. Ich spürte den süßen Druck seines Gewichtes auf meinem Rücken, nur schwach und dennoch zielstrebig. Und in meinem fidelen Gemütszustand schmiegte ich mich an das Kissen und regte flüchtig die Schultern. Kaum, dass er die zarten Finger wandern ließ, blieb eine angenehme Gänsehaut zurück und selbst, wenn sich mein Körper gegen diese Entspannung zu erwehren versuchte, gab er den Widerstand sehr rasch wieder auf. Es war, als wurde ich nie zuvor dort berührt, wo es eine Selbstverständlichkeit war. Keine Sinne, die es benötigten, oftmals Aufmerksamkeit zu erhalten. Aber es fühlte sich behaglich an... ohne Einfluss darauf nehmen zu können, entwich mir ein Brummen voller Genüsslichkeit und zeitgleich traute ich meinen eigenen Ohren nicht für diese Laute. So ungewohnt war es für mich... und trotz alledem labte ich mich an jeder Fortführung. Gern gab ich preis, was seine Hände bewerkstelligten, als sie mein Rückrad hinab sanken und den leichten Druck beibehielten. Kleine Schmerzen folgten hier und da... aber sie... sie taten gut und hinterließen nach schnellem Abklang lediglich ein Gefühl von Wohlwollen. Ich sog die Luft tief in die Lunge und streckte ermattend die Beine von mir, ehe ich sie wieder ruhen ließ. Diese Stille. Nach einiger Zeit verließen seine Hände meinen Rücken und obgleich ich mir nicht sicher war, ob es vielleicht damit schon getan war, folgte von mir nur ein müdes Gähnen. Dann benetzten kühle Tropfen meinen Rücken und ich zuckte flüchtig zusammen. Während sich seine Händen nun wieder auf meine Haut legten, lachte ich leise und erfreute mich an dieser einfachen Atmosphäre. Es war so inniglich beruhigend... und so beruhigte ich mich auch sehr schnell wieder und folgte mit dem Gefühl seinen Händen. Oftmals stieß ich einen genügsamen Seufzer aus, atmete tief ein und wieder aus und gab mich dem Gefallen an seinen Händen hin. Sie glitten zu meinen Seiten und streichelten, wenn auch durch einen anderen Zweck, meine wunden Rippen und besänftigten die noch immer empfindliche Haut. So begütigend, dass es mir nur schwerfiel, der Müdigkeit abzusagen. Ich lag auf diesem weichen Lager, gebettet auf einem weichen Kissen und geschont durch etliche Bemühungen... Erneut trat eine Gänsehaut auf meinen Rücken, als Legolas sich wieder hinaufbegab und mein Haar beiseite streifte. Der Nacken... so sensibel, dass er jede Berührung immenser wahrnahm, als jede andere Stelle. Nur kurz berührte er ihn, ehe er sich erneut hinunter arbeitete... und schließlich abermals zu meinem Hals zurückfand. Ich spürte, wie sich meine Nackenhärchen aufrichteten und sich die Haut nach dem Graulen, das keines war, verzehrte. Begehrend hoffte ich, dass es nicht endete, kreiste unauffällig mit einer Schulter und gab mich erneut einem zufriedenen Brummen hin. Aber es bewerkstelligte auch weitaus mehr. Ich verlor mich in dieser Behandlung, die an Zärtlichkeit nicht zu übertreffen war. Ich öffnete die Augen etwas, um wach zu bleiben, doch schloss ich sie ebenso wieder, als seine Finger an meinem Hals verblieben. Viel besser konnte ich mich so der absoluten Friedlichkeit hingeben und nur so wollte ich all dies spüren. Doch wo verblieben all diese Fingerfertigkeiten, je länger ich die Augen geschlossen hielt? Ein sanftes Streicheln zog sich über meinen Rücken und ich kam nicht mehr zu der Entscheidung, was dies war, was mich berührte. Der liebevolle Druck, der mein Schulterblatt entlang ging, erweckte in mir die Schwere meines müden Körpers und ich räusperte mich nur noch leise, ehe ich von alledem... nichts mehr zu fühlen vermochte... und nur noch die herrliche Schwerelosigkeit wahrnahm, die mich geborgen und wärmend ummantelte. Legolas: In dieser nächtlichen Stille, in der kein Laut unsere Aufmerksamkeit bannte und keine Sorge unsere Seele ergriffen hielt, konnte ich Aragorns Atem lauschen und bisweilen auch nichts anderes tun. Sein entspannter Leib unter meinen Händen pries den Erfolg meines Tuns und sein behagliches Brummen zwang mich zu so manchem Lächeln, neben dem ich mir selbst eine wohltuende Zufriedenheit eingestand. Ich pflegte ihn und doch schien es, als würde ich auch mich pflegen, Lasten von meiner Seele nehmen und etwaige Beklommenheit von mir streifen. Erneut beugte ich mich hinab, setzte den Handballen auf sein Rückrat und bettete beide Hände übereinander, gleich darauf einen vorsichtigen Druck ausübend und in vollkommener Stille versinkend. Unbeschwert streifte der Atem über meine Lippen und noch immer arbeiteten meine Augen in Konzentration gleichsam meiner Hände. Aragorns Leib hob und senkte sich unter einjedem Luftholen und tat dies bald so ruhig und leise, dass ich selbst mit dem Auflegen meiner Hände spüren konnte, dass er im Schlaf versank und meine Berührungen aus seiner Wahrnehmungen drifteten. Schweigend blickte ich zu seinem Gesicht, welches sich, von dunklen Strähnen umspielt, in einer Natürlichkeit zeigte, die meine Augen an sich band und zur Betrachtung einlud. Ich blinzelte, löste die Hände voneinander und bettete sie flach auf seinem Rücken, während ich mir die müden Züge besah, nicht darauf aus, die Behandlung zu beenden und es dennoch aus Ablenkung meiner Sinne tat. Ich kauerte bequem und nahe bei ihm und neigte mich dennoch nach vorn, um mir sein abgewendetes Gesicht näher betrachten zu können. Nur flüchtig streifte meine Aufmerksamkeit dabei mein eigenes Tun und Lassen und gedankenlos trieb ich meine Hände zur alten Bewegung, ließ sie über seinen Rücken gleiten und die sorgsame Massage, wenn auch weniger wirkungsvoll, fortführen. Es war interessant... Der Ausdruck seines Gesichtes, wenn sich die schmalen Augenbrauen nicht verzogen. Die Mimik, wenn seine Lippen weder ein Lächeln noch Ernsthaftigkeit preisgaben... seine Stirn nicht in Falten lag und Skepsis, gar Wut offenbarte. In gewisser Weise wirkte er somit unempflindlicher... obgleich sein Schlaf sämtliche Barrieren zunichte, seine Schwächen offenkundig und ihn angreifbar machte. Ich verzog die Brauen, legte den Kopf etwas schief und schöpfte tiefen Atem, als ich feststellte, dass meine Hände erneut still verharrten. So wandte ich mich gänzlich seinem Rücken zu, löste die Hände flüchtig von diesem und rieb sie aneinander. Das Öl drang bereits in seine Haut ein und ich spürte die Trockenheit auf der eigenen, als ich die Finger spreizte, mir meine Hände von beiden Seiten betrachtete und den Blick zurück auf seinen Rücken lenkte. Verstrickt in den Kampf um die alte Konzentration, rückte ich mich kurz zurecht, hakte den Zeigefinger in den Ärmel und festigte dessen hohen Halt. Ein Resultat, in das ich nie Erwartungen zu stellen gewagt hätte. Er schlief und tat dies so tief und sanft, dass man nicht glauben mochte, Verletzungen an seinem Körper festzustellen oder gar Gram in seiner Seele. So friedlich... Ich seufzte lautlos, streifte mein Haar mit dem Handrücken zurück und tastete nach dem Fläschchen, als ein verworrenes Murmeln an meine Ohren drang und mich erneut an meinem Vorhaben hinderte. Vor mir begann sich Aragorn zu regen. Er bettete den Kopf gemütlich auf dem Kissen, verbarg die Arme tiefer unter diesem und bewegte still den Mund, worauf ein leises Schmatzen ertönte. Folglich schien der Schlaf ihn rasch wieder zu ummanteln und er verharrte still, während ich die Augenbrauen hob und meine Hand dem Fläschchen noch immer nicht nähergekommen war. Ich erlag einer jähen Verblüffung, als ich ihn anstarrte und nach Fassung rang. Nur selten hatte ich den Schlaf der Menschen beobachtet und doch kaum Anlass zum Sinnieren in ihm gesehen. Nun jedoch... fühlte ich mich konfus und brachte mich mit einem leisen Räuspern der Realität näher, in der ich zu Bewegungen finden und meine Absicht beenden konnte. Ich presste die Lippen aufeinander, nahm das Fläschchen an mich und blickte wiederholt zu seinem Gesicht, während ich die Handfläche mit Öl benetzte und das Fläschchen stockend zurückstellte. Überlegungen beherrschten mich, als ich ihn erneut und intensiv berührte, aber und abermals über seine Schultern fuhr und seinem Rückrat mit den Fingerkuppen folgte. Er steckte doch voller Überraschungen... voller Rätsel und Mysterien, auf die er unabsichtlich Antworten erbrachte. Durch gewöhnliches Gebaren, durch übliche Gesten und Worte, die dennoch soviel mehr waren, als nur das, wenn man des Öfteren in seiner Gesellschaft stand. Als argwöhnischer Streiter offenbarte er des Nachts zahme Behaglichkeit... Als ernsthafter Stratege zeigte er sich genügsam, sobald der letzte Schatten fiel. Und als Erbe der gondoranischen Großmacht... folgt er ergeben den Bitten eines Elben... der doch nicht viel mehr war als ein Begleiter mit demselben Begehren und dem Sehnen nach einer friedlichen Epoche unserer Zeit. Ich senkte den Kopf, ließ die Bewegungen meiner Hände abermals verebben und schloss die Augen... mich selbst dieser Gedanken scheltend, die voller Unwahrheit steckten. Viel Sinnieren hatte ich dem hingegeben und doch nutzloser Weise... Erklärungen blieben im Schleier des Unbekannten verborgen... Erklärungen wusste ich nicht aufzubringen... bis zur heutigen Nacht. Wehmütig betrachtete ich meine Hände, regte sie ziellos und ließ sie doch nur liegen. Auf Aragorns Rücken... auf Aragorns Haut, die mir eine Wärme schenkte, als würde sie unter Fieber glühen. Menschen... Lange Zeit waren sie nichts gewesen, als ein sonderbares Volk, welches über weitentfernte Reiche herrschte. Menschen, über die vieles geschrieben stand... Über ihre Schwäche, ihr Scheitern, als man sie mit Macht beschenkte und sie an ihr zugrunde gingen... sich selbst richteten und sich durch Herrschsüchtigkeit in Finsternis stürzten. So unersättlich und lechzend nach Stärke, hatten sie mit nichts als Fehlschlägen von sich reden gemacht, als sie an ihr Ziel gelangten und den Ringen verfielen. Und doch waren sie der Kern Mittelerdes und in etwaige Kriege verstrickt. Ohne Zurückhaltung stets der eigenen Ehre und dem Ruhm entgegen. Zügellos und in ihrer Mentalität zu verletzlich... anders als wir. So war mir das fremde Volk der Menschen ein Begriff geworden. Und viele von ihnen hatte ich getroffen. Absent begann ich meine Hände erneut zu bewegen, behäbig und doch flüssig. Bilder zeigten sich vor meinen Augen, während ich jener Wärme verfiel und meine Hände weiterdriften ließ. Gewiss, sie waren stolz... so stolz, dass es beinahe in Borniertheit endete. Sie waren emotional... und durch die Gewissheit dieser Schwäche andernfalls zu kühl. Sie besaßen Ehrgeiz... und neben diesem die sich in dieser aufrichtigen Eigenart verbergende Tollkühnheit. In meinen Augen von Beginn an eine irreparable Unzulänglichkeit, die tückische Gefahren in sich barg. Ein Risiko, dem man sich nicht ausliefern wollte. Eine Art Wesenheiten, die so unvollkommen wirkte... Wohin sollte all das führen? Beklemmung zu Nervosität, Nervosität zu Wut, Wut zu Tollkühnheit, Tollkühnheit zu Gefahr und Gefahr zum sicheren Tod. Viel hatte ich erfahren durch alte Schriften, durch die Erzählungen Weiser, durch Wissensdurst und eigene Erlebnisse. Und wie hatte ich mich auf die Kehrseite fixiert, auf die Nachteile und den Schaden, den Menschen anrichteten. Doch... Wessen emotionales Handeln hatte mir in Lothlorien Entspannung während einer schmerzvollen Prozedur geschenkt? Wessen emotionales Handeln hatte mir in Edoras die Pein erspart, als ich entkräftet unter der Nadel des Heilers lag und mit dem Fieber rang? Wessen Ehrgeiz hatte mir beirrendes Wissen vorenthalten? Wessen Tollkühnheit hatte mir eine Welt vorgeführt, die doch so ganz anders existierte? Wessen... menschliche Eigenschaften hatten mir soviel Gutes getan...? Wessen Menschlichkeit hatte mich behütet, umsorgt, gerettet und mich vor Bösem bewahrt? Wer hatte den Beweis erbracht, dass es selbst in den offensichtlichsten Fakten Irrtum gab? Wer? Geräuschvoll atmete ich aus, wandte den Blick ab und sah hinüber zur finstren Wand. Der Leib unter meinen Händen hob und senkte sich, stockend winkelte ich die Finger an, ballte entspannte Fäuste und berührte seine Haut bald schon auf's Neue. Ich fühlte mich so schwer in dieser Sichtweise, so träge und durchaus benommen. Wehmut offenbarte ich, doch kein Auge konnte ihn hier erfassen... Wer... ...hatte mich zu dem gemacht, das ich mir von Beginn an skeptisch betrachtete? Wer empfand Zorn, wenn man ihm mit Abweisung und Schweigsamkeit begegnete? Wer ware nahe daran zu verzagen, als ein Gefährte einen dunklen Pfad betrat? Wer schrie und stellte einjeden in Zweifel, der widersprach? Wer gab sich selbst die Schwäche und nahm sich die Stärke? Und wer... zeigte törichte Tollkühnheit und stellte sich einem Feind, gegen den ein Sieg unmöglich schien...? Ein Mensch...? Nein, ich... ein Elb, der an den Menschen Zweifel hegte. Was hatte mich nur dazu bewogen, diesen Vergleich zu sehen und ihn mit der Wahrheit zu verbinden? Wie hatte Aragorn es nur bewerkstelligt, dass ich dergleichen Gedanken führte? Welch eine Veränderung war seiner Zurückhaltung entsprungen, war sie doch so beherrscht und gezügelt gewesen? Und wie nur, konnte mir meine eigene Wandlung, in der ich den Menschen stets ähnlicher wurde, nur so lange entgehen? Der kühle Schauer der Einsicht überkam mich und unentschlossen lenkte ich den Blick zurück auf das ruhende Gesicht. Was hatte er nur an sich...? Stockend verzog ich die Miene und abermals spürte ich die Haut unter meinen Fingerkuppen, begann zu tasten und fühlte deren Weichheit... die Sänfte, die sich der Leib eines solchen Kriegers unmöglich bewahren konnte. Aufmerksam folgten meine Augen dem Verlauf einer Narbe, die sich über sein Schulterblatt zog. Was entfachte nur dieses Sinnieren in mir? Diese fremden Empfinden...? Diese... Faszination? Gedankenlos folgte ich ihr mit den Fingern, strich über sie hinweg und blickte auch zu anderen ewigen Erscheinungen längst vergangener Wunden. Sie fühlten sich so weich an... nicht anders als die Haut, der noch keine Klinge begegnet war... Ich presste die Lippen aufeinander und schluckte schwer. Wie nur, konnte man ihn beschreiben...? Welches Wort wurde geschaffen, um ein Wesen wie ihn zu benennen...? Kitzelnd streifte eine Strähne meinen Handrücken und besonnen fasste ich sie, umschloss sie mit zwei Fingern und fühlte die Glätte des dunklen Haares. Ich ließ sie durch meine Finger gleiten, folgte ihrem Lauf und bald schon, sank sie auf seinen Nacken zurück. Welches Wort... Gedankenlos streifte mein Zeigefinger seine nackte Schuler und meine Miene fand vergängliche Entspannung, bevor sie sich erhellte und ich in einem leichten Nicken versank. Wunderbar. Er war... wunderbar. Ein Lächeln zog an meinen Lippen und ich schenkte ihm Kraft, ließ es sich vertiefen und schüttelte kurz darauf in stillem Bedauern den Kopf. Wie konnte ich mich zu solchen Zweifeln an einjeder menschlichen Eigenart verleiten lassen, wenn er den meinen mit Rücksicht und Verständnis begegnete? Wenn er den Fluch tolerierte, der mich zu einem anderen machte...? Wenn er mich akzeptierte, so wie ich war...? Hatte ich mich in den Menschen geirrt? Oder nur in ihm, da ich ihn ursprünglich als einen von ihnen hielt? Welche Anhaltspunkte hatte ich besessen? Oder war es gar nur Oberflächligkeit gewesen? Ich stieß einen kurzen Atem aus und blickte noch immer lächelnd auf meine Hände, die ziellos einem unsichtbaren Pfad folgten, sich durchgängig auf Aragorns Rücken bewegten und dies schon lange nicht mehr aufgrund der Massage taten. Und ich wollte sie nicht zügeln, strich über seine Rippen und senkte das Gesicht zur weitreichenden Beobachtung. All die Zwiste schienen nichtig, als er nun so vor mir lag und in tiefem Schlaf heilsame Kräfte schöpfte. Während er hier lag und ich ihn lächelnd betrachtete. All die Fehler, die er beging, traten in ein Licht, welches sie zu keinen machte. Und seine peinvollen Emotionen... Jahrzehnte schlummerten sie verborgen in seinem Inneren, eingekerkert in selbstquälerischer Beherrschung, bis sie entfesselt und zitternd über seine Lippen drangen. Lle naa ilya ten... gen aníron... Du bist alles für mich... ich... begehre dich... Doch was nur, sah er in mir, was ich selbst nicht sah? Wieder und abermals schüttelte ich den Kopf, betäubt von dieser Ungläubigkeit und benommen von der Wichtigkeit, die er mir gab... derer ich mir selbst nicht bewusst war. Ich war nicht wichtig... durchaus nicht wichtiger, als einjeder andere, der in diesem Krieg ein Schwert führte. Er selbst war es doch, der sich von allen abheben sollte... er selbst... war wichtig. Er war bedeutend für die Großmacht Mittelerdes, für den Krieg und für die Menschen, die in ihm kämpften und fielen. Ich ertastete die Rippen, strich über jede einzige hinweg und verfolgte das Spiel meiner eigenen Hände mit reger Faszination, beugte mich gar ein wenig tiefer und fuhr über eine auffällige Schramme, deren Pein durch das Öl längst gelindert sein musste. In der Tat... der Schmerz seiner Wunden würde bald schon vergehen... bis er wieder der sein konnte, der er war. Bis ich nicht mehr mit Sorge lebte und darin vertieft war, ihn an unverantwortlichen Überforderungen zu hindern. Ich hatte dies mit Genuss getan, mit dem süßen Gefühl, seine eigenen Anstrengungen mir gegenüber wettzumachen und dies nicht aus dem Grund der Schuld. Nein, gewiss nicht... er war mir lieb und gern täte ich es wieder. Den zu hüten, der so unverletzlich nicht war... Schwelgend bettete ich die Hand auf seinem Steiß und verlockend nahm ich den milden Duft der seltenen Kräuter wahr, der kurierend an seinem Leib haftete und es noch lange tun würde, bis er verflog und gestärkte Glieder zurückließ. Tief nahm ich den wohltuenden Geruch in mir auf und senkte die Lider. In ihrer Ungewohntheit drang seine Wärme leicht und intensiv in meine Wahrnehmung, schien gar meine Hände zu durchströmen und erweckte Erinnerungen an eine Begebenheit, in der sie mir schon einmal zuteil wurde. Oft wollte ich ihn noch so sehen... Sein Gesicht in ruhiger Entspannung oder erhellt durch ein unbeschwertes Lächeln. Seinen Leib in gestärkter Festigkeit und fähig zu bedeutsamen Taten. Und seine Seele... so unbekümmert, wie sie noch nie zuvor gewesen sein konnte. Erleichtert um etwaige Sorgen... Erleichtert um das größte Leid, welches ihm widerfuhr... Wenn meine Unnahbarkeit dieses Leiden darstellte, so wollte ich es ihm nehmen. Er sollte sich nicht quälen... Ein solch wundervoller Mensch... sollte nicht leiden. Das leichte Kitzeln einer Berührung legte sich auf meine Nasenspitze und stetig war mein Leib in Bewegung geblieben... stets in der Neigung... tiefer zu ihm. Ich spürte meinen eigenen Atem, wie er schon nach kurzem auf seinen Rücken traf und selbst zu mir zurückströmte, wie sich die Wärme seines Leibes auf mein Gesicht legte und ich dieser erneut entgegenstrebte. Gedankenlos streifte ich sein Rückrat mit der Nase, behielt die Augen in sanfter Entspannung geschlossen und labte mich am vertrauten Duft der Kräuter, der durch Aragorns Haut markanter zu werden schien und intensiver in seiner ganzen wunderbaren Art. Unruhig spreizte ich die Finger voneinander, zwang sie jedoch, an ihrer Stelle zu verharren und verblieb ungestört in dieser Nähe. Kitzelnd sanken vereinzelte Haarsträhnen nach vorn, glitten auf seinen Rücken nieder und streiften diesen bei einjeder meiner Bewegungen. Tief schöpfte ich wieder Atem, als ich das Gesicht zur Seite wendete, die Lider um ein Stück hob und abwesend über die geschmeidigen Wölbungen seines Rückens hinwegblickte. Gleichsam noch ließ ich mich tiefer sinken. Als wäre mein Körper selbst verlassen von etweden Kräften, bettete ich die Wange vorsichtig auf seinem Rücken, fand in ihm meine Stütze und genoss sie mit Ruhe, während ich meine Augen behäbig über die Schrammen schweifen und dem Verlauf seiner Wirbelsäule folgen ließ, bis sich dieser am Steiß und der schmalen Hüfte verlief. Geruhsam fanden auch meine Finger zur alten Bewegung zurück, strichen über seine Haut und nahmen so gar keine Reaktion wahr. Ruhe... Kein Gefühl von entflohener Kontrolle fand in diesen Augenblicken seine Existenz. Keine Unsicherheit ergriff von mir Besitz... kein Bedenken. Er schlief. Lange harrte ich so aus, beruhigte gar meinen eigenen Atem, um den seinen wahrzunehmen und mich an seiner friedlichen Geruhsam zu erfreuen. So reglos lag er unter mir und doch schien ihn das Leben zu durchströmen, wie noch nie zuvor und der Schlaf tat beiweitem keinen Hehl daran. Selbst hinweggedriftet und der einträchtigen Nachtruhe erlegen, löste ich die Wange bald von jener Stelle, neigte mich weiter nach vorn und fand zu seinen Rippen, auf denen ich ich mich erneut niederlegte und dies tat, ohne jener Wunde zunahe zu kommen. Konzentriert hielt ich so die Hände still, blinzelte und ließ die Lider sinken, um die Wahrnehmung auf meine Ohren zu legen und mit ihnen bald schon etwas wahrzunehmen, durch das sich mein Lächeln von Neuem entfaltete. Ja, ich hörte es... Ich verzog die Brauen, befeuchtete die Lippen flüchtig mit der Zunge und fühlte, wie sie sich sich sogleich unter dem alten Lächeln formten. Das monotone Schlagen seines Herzens... Der langsame und doch feste Takt, in dem er auf sich aufmerksam machte. Ich lauschte ihm mit Faszination und dankte ihm für sein Dasein... für die Stärke, in der er schlug... stark, so wie Aragorn selbst. Und so ruhig und besonnen... wie Aragorn. Ich presste die Lippen aufeinander, ließ den eigenen Atem wieder aufleben und fuhr mit der Hand höher. Hinauf vom Steiß und bis kurz vor mein Gesicht, vor dem sie wieder reglos verharrte und am besonderen Bewußtsein teilnahm. Ich spürte es unter ihr... Das Leben. Ich spürte seine Existenz und wollte dies noch lange tun... Lange noch das Leben in ihm wahrnehmen und dies nicht allein durch seinen Herzschlag tun. Ich seufzte leise, fand träge zur Bewegung zurück und trennte mich von dieser festen Verbindung, um erneut mit der Nasenspitze seiner Haut zu begegnen, ihr schwelgend zu folgen und kurz darauf innezuhalten. Meine Schultern hoben und senkten sich unter einem tiefen Luftholen, bevor sich meine Lippen still bewegten und die Hand nach meinem Haar tastete. Rasch spürte ich es und streifte es zurück hinter mein Ohr, selbst noch immer mit geschlossenen Augen ausharrend und mich ihm gemächlich nähernd. Keine Gegebenheit zwang mich zum Zögern, als ich die Lippen sanft auf seine Haut setzte, mit ihnen über sie hinwegglitt und bald einen vorsichtigen Kuss auf ihr platzierte. Ein vergängliches Zittern meines Atems verriet mir selbst eine innere Unruhe, der ich zu Gunsten des Augenblickes jedoch keine weitere Aufmerksamkeit zukommen ließ, die Lippen flüchtig von ihm löste und ihn doch rasch wieder mit ihnen berührte. Ein letztes Mal und durchaus anhaltender, bevor ich das Gesicht tiefer neigte und jene Stelle mit der Stirn erreichte, auf der sie flüchtig verharrte. Zögerlich bewegte ich den Mund, presste die Lippen aufeinander und nahm jenen Geschmack wahr... den vertrauten Geschmack... der die Erinnerung an die Vergangenheit zu einem Geschehniss der Gegenwart werden ließ. Der leichte Duft der Kräuter... der auf meinen Lippen zu einer einzigartigen Würze reifte. Und noch immer jenes Schlagen unter meiner Hand... Der ruhige Atem Aragorns, der sich mit dem meinen verband... Gemächlich ließ ich die Hand von seinem Leib sinken, bis sie sich auf das Laken bettete, welchem im Gegensatz zu der vorherigen Berührung weniger Wärme innezuwohnen schien... weniger Weichheit... und doch ein Wahrzeichen der Realität, in die ich zurückkehren musste. Nur stockend gelang es mir, mich aufzurichten und ein Zögern band mich an meinen Traum, brachte mir ein letztes Mal die Ruhe nahe und die leisen Laute, die sie sanft begleiteten... Mein Arm fühlte sich schwer an, als ich ihn hob und mit dem Handrücken über meine Lippen fuhr, gleichsam tief Luft schöpfend und die Augen öffnend. Es war dunkel um mich herum, nur eine weiteres Merkmal der stillen Nacht und doch etwas anderes in den Momenten, in denen ich zu mir zurückfand, ohne mir darüber bewusst zu sein, mich je verloren zu haben. Zum erneuten Mal streifte ich mein Haar zurück, blinzelte in flüchtiger Zerfahrenheit und fand mich erst in vollkommener Wirklichkeit wieder, als sich Aragorn erneut im Schlummer zu räkeln begann. Aufmerksam betrachtete ich ihn, wie er ein genügsames Brummen von sich gab, die Lippen schürzte und einen Arm unter dem Kissen hervorzog, um ihn unter seiner Brust zu verbergen. So rückte er sich zurecht ich wandte das gesicht ab, erneut von einem Lächeln umgarnt und mich diesem gern ergebend. Er benötigte seine Ruhe... und auch ich sollte mich ihr bald hingeben... nicht mehr lang würde die Nacht andauern, doch umso länger der darauffolgende Tag, so wie er es selbst sagte. Nahezu entging mir die eigene Regung, in der ich zielstrebig nach dem Fläschchen griff und dieses sachte mit der Hand umschloss. Beharrlich waren meine Augen wieder zu seinem Gesicht gedriftet und nach einer kurzen Zeit erhob ich mich auf die Knie, mich über ihn zu beugen und wenige Strähnen aus seiner Stirn zu streifen. Kitzelnd glitt sein Haar durch meine Finger, als ich mit ihnen durch seinen dunklen Schopf fuhr, den Strähnen bis zu ihrem Ende folgte und flüchtig und ein letztes Mal seinen Nacken berührte. Infolgedessen beschloss ich, für diese Nacht von ihm Abschied zu nehmen und schob mich aus dem Bett. Gemächlich kam ich auf die Beine, streckte den müden Rücken und betrachtete mir kurz das Fläschen, bevor ich mich erneut zu ihm umdrehte und ihn dort liegen sah. Nicht lange blieb ich dort stehen, ehe ich einen Schritt in seine Richtung tat, gleichsam nach der Decke griff und sie mit mir zog. Ich streifte sie über ihn, legte sie über seinen Rücken und ließ sie zu seinem Hals sinken, jedoch nicht, ohne sie auch ein Stück über seinen Arm zu ziehen und sie dort niederzudrücken. Ich legte keine Hast in dieses Tun, ließ mir Zeit in meiner Fürsorge und unterzog seiner Miene einer letzten Musterung, bevor ich vollends beruhigt sein konnte und in langsamen Schritten zu dem Schemel zurückkehrte. Gemächlich stellte ich das Fläschchen zu den anderen, schlug sie in dem dunklen Stoff ein und nahm das Bündel an mich. Ich legte es in meinen Arm, griff auch der Kleidung und schaute abermals zu ihm, als ich all dies sicher hielt und bereit war, zu gehen. Viel an ihm war mir bisweilen verborgen geblieben... Viel an ihm hatte sich mir bereits offenbart... Und viel... musste noch erforscht werden. Ich neigte lächelnd den Kopf, schloss auch den zweiten Arm um die Stoffe und drehte mich um. Langsam ging ich zur Tür, bettete die Hand auf der kunstvollen Klinke und drückte sie hinab. Unter einem leisen Geräusch öffnete sie sich und mit einem Schritt stand ich in ihrem Rahmen, dort erneut innehaltend und das Gesicht umwendend. Aus den Augenwinkeln sah ich ein letztes Mal zu ihm, legte von dem faszinierenden Anblick gebannt, den Kopf schief und zwang mich dennoch rasch dazu, zurück und in den Gang hinauszutreten. "Losta mae." Flüsterte ich dann leise, bevor ich mich von ihm losriss, die Tür schloss und mir einjeden weiteren Blick verwehrte. Ich selbst würde mich nun zur Ruhe begeben und dem kommenden Tag gestärkt entgegentreten. So drehte ich mich um, sah auf zu jenen kunstvollen Bannern und ging. Aragorn: Am nächsten Morgen erwachte ich aus einem Schlaf, welchem ich nie zuvor ergeben war. Ich bemerkte, dass die Schwerelosigkeit von mir abfiel, mir das Gefühl der überaus bequemen Matratze zurückgab und die Geräusche eines bereits angebrochenen Morgens entgegenbrachte. Nicht zuletzt kehrte die Wirklichkeit zu mir zurück, da ich fror. Matt legte ich den Kopf zur Seite und bemerkte, dass ich mich auf den Rücken gedreht und die Beine von mir gestreckt hatte. Müde und durchaus bereit, noch länger in meinem Bett zu verweilen, öffnete ich die Augen einen Spalt weit und suchte nach der Decke. Mehr auf dem Boden als über meinem Körper lag sie... ebenso fühlte ich die Kälte des Bodens unter meinem Fuß. Noch völlig schläfrig... ein Gefühl, das mir ebenso fremd war, wie dieses seltsame Wohlbefinden, schloss ich die Augen wieder und drehte mich schwerfällig auf die Seite. Meine Hände verschwanden unter dem Kissen und ich winkelte die Beine an, um sie unter den Rest der Decke zu schieben. Ich war... zu träge, um mich zu ihr hinabzubücken und sie wieder hinaufzuziehen, grummelte nur leise um den Verlust dieser einen Wärme und genoss nebenbei die der Matratze. Wie traumhaft... mir entrann ein herzhaftes Gähnen, ehe ich das Gesicht in das Kissen schmiegte. Das Licht drang zu früh und zu stark in diesen Raum, so dachte ich... Und jede weitere Stunde Schlaf wäre ein weiterer Hochgenuss. So drehte ich mich weiter auf den Bauch, zog die Decke mit den Beinen nach und seufzte leise. Was sagte wohl die Zeit? Wie lang stand die Sonne am Himmel? Fragen, die ich gleichsam wieder verwarf. Mir ging es gut... sehr gut... Noch einmal zwang ich mich, die Augen zu öffnen, blinzelte mehrmals, um das Licht zu vertragen und verzog die Brauen. Ermattet stemmte ich mich hoch, streckte die Arme durch... sah mich kurz um, ließ mich abermals fallen und schloss erneut die Augen. Ich verspürte keinen Drang aufzustehen... wie viele Stunden ich auch immer im Schlafe verbracht hatte, es waren wohl zu viele gewesen. Mein rechter Arm lag über der Bettkante und meine Finger fuhren den Boden ab, während der Andere wieder seinen Platz unter dem Kissen gefunden hatte. Wann war ich eingeschlafen? Eine verirrte Haarsträne kitzelte meine Wange und ich warf flüchtig den Kopf zurück, bevor ich mich wieder auf den Rücken legen wollte. Doch, so sehr es mich erfreute, die weiche Unterlage zu erspüren, umso überraschter stellte ich fest, dass sie endete und ich kurzerhand auf dem Boden lag. Ich riss die Augen auf und war mit einem Mal hellwach. Wie enttäuschend. Stöhnend bemühte ich mich, mich aufzusetzen und rieb mir den Rücken, der sich jedoch schnell von dem leichten Sturz erholte. Und so legte ich mich nochmals nieder und entschloss, mich auch mit dem kalten Gestein abzufinden. Nur war das über kurz oder lang kein gesunder Ausgleich. Ich fuhr mir mit der Hand über das Gesicht, rieb mir die Augen und strich mir erneut einige verirrte Strähnen aus dem Gesicht. Na schön... ich stand also auf, ließ mir Zeit dabei und sah hinüber zu meinem Bett. Rasch war ich in Zwiespalt meines Denkens. Einerseits musste ich mich nur zur Seite drehen und fallen lassen, um erneut in dem Bett zum Schlafe finden... anderseits war ich nun wach und könnte meinen Pflichten nachgehen. Ich rieb mir den Bauch und sah zu der Schüssel und dem mit Wasser gefüllten Gefäß. So entschied ich mich dann für das traurige Ende einer verführerischen Faulheit und schlurfte barfuß zu dem Schränkchen. Es dauerte ein wenig, ehe ich die Schüssel füllte und mich überwand, dem kalten Wasser entgegenzutreten. Eine Gänsehaut breitete sich über meinen Rücken aus, als ich das Gesicht benetzte und der Schlaf sich vollends zurückzog. Was war das nur für ein Gefühl...? Ich streckte die Arme in die Luft, drückte den Rücken durch und bemerkte lediglich ein leichtes Ziehen an der rechten Schulter. Verwundert über diese Tatsache, sah ich zu meinem Bauch hinab, begutachtete die Wunde an meiner Seite und bemerkte auch ihre Wandlung. Als hätte ein Heiler seine Hände im Spiel gehabt... Nein, kein Heiler. Meine Mundwinkel verzogen sich schnurstracks zu einem verschmitzen Lächeln und ich ging zu meiner Kleidung. Mir kam wieder in den Sinn, was letzte Nacht geschah, welches besonnene Feingefühl mich in diesen Zustand brachte. Ich zog die Hose aus und griff nach meiner Robe. Meine Bewegungen waren fließender und selbst das Anziehen des Hemdes kostete mich keine Anstrengungen. Euphorie... ja, dies versetzte mich in eine Art Euphorie, die mich heiter stimmte und schneller handeln ließ. Nie hatte ich mich beschwert... ungläubig schüttelte ich den Kopf, während ich meine Stiefel anzog. Ich hatte keine Müh' gescheut, zu verbergen, welches Leid mich ergriff und welche Schmerzen mich plagten. Doch natürlich hatte er es gesehen... er war das Wesen mit der wunderbaren Gabe der absoluten Aufmerksamkeit. Gelassen schritt ich zur Tür, öffnete sie und trat hinaus. Zärtlicher als es eine Feder war, stark und unnachgiebig, wie ein Schwert. Ich atmete die frische Luft ein, die durch die Gänge zog und begutachtete die Menschen, die sich ihrer Geschäftigkeit hingaben. Ich schloss mich ihnen an und ging los. Und ich lachte... leise und herzlich. Was hatte ich nun für einen herausfordernden Hunger. So stand mein Ziel fest. Ich ging hinauf in den nächsten Ring und brachte die Stufen der Treppen mit Leichtigkeit hinter mich. Kontrolliert verfolgte ich dem Geschehen um mich herum, ging den beschäftigten Frauen und Männern aus dem Weg. Die Sonne schien hell und wärmend durch die Säulen hindurch und obgleich ich glaubte, dass der Tag schon weit hinfort geschritten war, schien es so, als wäre es noch früher Morgen. Ich ging um eine Ecke und plötzlich stieß etwas gegen meinen Leib. Ich tat einen Schritt zurück und blickte hinab. Ein junger Knabe hockte am Boden und schaute erschrocken zu mir auf. “Verzeiht Herr.” Sprach er stockend und richtete sich wieder auf. Ehe ich etwas erwidern konnte, hörte ich den lauten Ruf ein kleines Mädchen, welches kurz darauf in der Gasse erschien. Sie rief ihm zu, er solle warten und zeitgleich richtete der Junge sich wieder auf und grinste. Lachend wollte er sich wieder davonstehlen, aber zu sehr war ich erpicht darauf, selbst etwas Ausgelassenheit zu genießen. Noch rechtzeitig beugte ich mich hinab und legte den Arm um den Jungen und hob ihn hoch. Er protestierte und strampelte leicht mit den Beinen, als ich ihn festhielt und zu dem Mädchen schlenderte. Doch augenscheinlich lief sie ebenso davon, da noch eine Person erschien. Es war wohl die Mutter, die die Kinder verfolgte und wegen ihrer Aufmüpfigkeit tadeln wollte. Ebenso, wie ich sie sah, wandte sich das Mädchen um und vergaß augenscheinlich sofort den Knaben, den ich festhielt und rannte schneller. Aber auch sie hielt ich rechtzeitig ab und hielt ihn ebenso, wie den Jungen an meiner Seite. Beide, ohne festen Boden unter den Füßen, wüteten verspielt, nicht verärgert, quietschten und versuchten sich zu befreien. Ich lachte erneut. Alsbald erreichte ich die Frau, die Luft schnappend stehen geblieben war und überreichte ihr die beiden Kinder. Ich wusste nicht, warum ich das getan hatte und weshalb ich mich an ihren Schmollmündern erfreute... es machte mir nur sichtlich Spaß. Die Frau bedankte sich und ich winkte ab, ging weiter und tat auch ihren etwas irritierten Blick ab, als sie mir ins Gesicht gesehen hatte. Genügsam durchschritt ich die Gasse, blies mir die Strähnen abermals aus dem Gesicht und fand mich schließlich am Speiseraum ein. Die Tafel war gedeckt an Früchten und frischer Brotgeruch lag in der Luft. Behäbig griff ich nach einem Teller und mehreren Scheiben Brot, nach der duftenden Wurst und einem Kelch kalten Wassers. Ich setzte mich zu einigen Soldaten, die sich unterhielten und nickte ihnen zu, bevor ich mir ausgelassen Zeit zum Speisen nahm. Nach diesem ausgewogenen Frühstück verließ ich die Männer und nahm mir, zu neuem Tatendrang bewogen, einen Apfel mit. Kauend sah ich mich um und erhoffte mir eine Möglichkeit, einer Arbeit nachzugehen, mit der ich hilfreich sein konnte. Wäre es an der Zeit, den Heerführer Faramir zu ersuchen? Oder sollte ich nach meinen Gefährten suchen und ihnen unter die Arme greifen...? Doch bezweifelte ich arg, dass Gimli und auch die Hobbits auf den Beinen waren und dass ich Gandalf beistehen konnte. So... Als wäre es weitaus mehr, als Zufall, betrat ich den dritten Ring und sah zwischen den vielen dunkel gekleideten Menschen die Gestalt des Elben, der ihnen geschickt auswich und seinen Weg fortsetze. “Legolas!” Auch wenn ich noch dabei war, den Rest des Apfel hinunter zu schlucken, rief ich ihn und hob außer mir vor Freude den Arm. Er drehte sich um und schien überrascht. Ich grinste erheitert und beschleunigte meine Schritte. Gewiss war er nicht überrascht mich zu sehen... nur vielleicht überrascht, gerufen zu werden, da sich allerlei Augen auf mich und ihn richteten und es mir... völlig gleichgültig war. Kapitel 22: *~gladha~* ---------------------- ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* gladha - lächeln ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* Legolas: Rasch gelang es mir, in der kraftbringenden Meditation zu versinken, doch nicht lange vermochte ich mich in ihr zu halten und öffnete die Augen schon bevor die Sonne selbst erwacht war und sich in ihrer gleißenden Helligkeit darbot. Zu nachdenklich musste ich tief in meinem Inneren sein, zu grüblerisch in einjeder Faser meines Denkens, als dass ich es bewerkstelligte, mich vollends von dieser einen Wirklichkeit zu trennen, an die mich bisweilen mehr binden mochte, als allein der Grund meiner eigenen Existenz. Ich blinzelte im matten Licht der Dämmerung, schloss die Augen für einen letzten Moment der Besinnung und regte die Hände, die in sich gefaltet, auf meiner Brust ruhten. Nach einem tiefen Atemschöpfen richtete ich mich auf und saß im bequemen Bett, die Hände voneinander lösend und mit ihnen über mein Gesicht fahrend, bevor ich behaglich blinzelte, das Haar von meiner Schulter streifte und mich von dem Lager erhob. Und sowie ich diesen neuen Tag erlebte, entsann ich mich der Pflichten, die er für mich und andere bereithielt. Die Verbindlichkeiten, zu denen ich mich bereit erklärte und die ich bald übernehmen würde. Die Unterrichtung der Krieger, die der letzten Verteidigung Mittelerdes zur Verfügung standen... Ich streckte den Rücken, festigte meine Haltung zur Belebung der Gelenke und rieb meinen Hals. Stets kam es zu demgleichen, wenn ich aus der Besinnung erwachte und dabei keine zurückbleibende Schläfrigkeit empfand, binnen eines Augenschlages die Aufmerksamkeit dem Hier und Jetzt schenkte. Gedanken und ausgewogenes Sinnieren um mein heutiges Tun und Lassen und die Durchstrukturierung der kommenden Stunden, von denen mich darüber hinaus keine Ablenkung zu lösen vermochte. Ich blickte um mich, betastete den Stoff des langen Hemdes und erblickte die schwarze Robe, die säuberlich dort lag und mich am gestrigen Tag gekleidet hatte, um mich zumindest äußerlich zu einem Teil der Trauer zu machen. Nachdenklich betrachtete ich mir die hellen Muster, rieb unterdessen meinen Bauch und trat einen Schritt zum Schemel, auf welchem diese Tracht gebettet lag. Beiläufig streiften meine Finger den bestickten Saum des Umhangs und glitt von ihm, als ich auch das dunkle Tuch dort liegen sah, in welchem sich jene Fläschchen und Tinkturen befanden. Und vergessen schien das planende Denken, als ich durchaus zielstrebiger vor ihm stehen blieb und den Kopf schief legte. Zumindest er... so dachte ich mir bei dem bedeutsamen Anblick... zumindest er sollte diesem Tag länger fernbleiben, als ich. Ich senkte die Lider, kniete mich vor das Bündel und faltete es gemächlich auseinander. Doch fühlte ich mich sicher in dem Glauben, dass er dies täte. Rasch hatte er in den Schlaf gefunden und tief war er in ihm versunken, noch bevor ich ihn verließ. Gewiss gehörte er noch nicht zu den Wachen und bestimmt würde er es sobald nicht tun. Ich lächelte flüchtig, als ich eines der Fläschchen an mich nahm, es gemächlich in der Hand wendete und das Gesicht zum Fenster drehte. Die rotgefärbten Wolken... der Himmel, der glühte, als stünde er unter Feuer... Abstruse Wegbereiter von etwas, das so schön war. Langsam stellte ich das Fläschchen zurück, zog in derselben Bewegung noch das Tuch darüber und entschied mich so, den Fuß aus der Kammer zu setzen und dem kommenden Tag entgegenzutreten. So entkleidete ich mich und legte den Stoff ab, der mich in der Untätigkeit wärmte und griff nach den Kleidern, die ich durch grausige Gefahren und finstre Nächte getragen hatte. Die letzten Tage in Minas Tirith erschienen mir wie eine unwillkürliche Rast, eine Auszeit, die doch keine war. Deutlich wurde ich mir dessen bewusst, als ich mir die grüne Weste überstreifte, die ledernen Schutzpaner über meine Unterarme streifte und deren Riemen festzurrte. Als ich den Gurt des Köchers über meinen Kopf streifte und das erste Mal seit langem die Hand zurückstreckte, um die Säbel zu betasten und mich von ihrem festen Halt in den Scheiden zu überzeugen. Der Stoff, der trotz sorgfältiger Säuberung und erforderlicher Reparaturen dennoch diegleiche Geschichte erzählte. Gemächlich fuhr ich mit beiden Händen über den ledernen Gürtel, rückte an den Schutzpanzern, streifte das Haar zurück und nickte in mich hinein. So nahm ich das Bündel an mich, öffnete die Tür und trat in den Flur hinaus. Der Wunsch, die Untätigkeit von mir zu streifen und das Ziel, welches ich vor Augen hatte, ließ mich nicht lange zögern, bevor ich mich umwandte und auf den Weg machte. Nur im Vorübergehen betrachtete ich meine Umgebung, nur während gemächliger Schritte labte ich mich an der milden Frische, die die nächtliche Luft erfüllte und ebenso die Gänge und Flure der goldenen Stadt. Viele Menschen verrieten sich durch Geräusche, viele von ihnen sah ich in weiter Entfernung oder an mir vorbeieilen. Die Nacht schuf keine Trägheit. Ich durchschritt kunstvolle Gärten, begangene Plätze und ließ weite Treppen hinter mir, bis ich an mein Ziel gelang und auch nach den hilfreichen Beschreibungen einiegr Menschen den fand, den ich suchte. Mit weiterem Dank brachte ich dem Heiler jene Tinkturen und Öle zurück und ließ mich gern zu einem Gespräch verleiten. "Wäre die Heilung all der Wunden doch so mühelos wie es ist, sie den Menschen zuzufügen." Murmelte der weise Mann, während er das Bündel an sich nahm und sich in selber Bewegung einem hölzernen Regal zuwandte, um es in diesem zu verstauen. Schweigend blickte ich um mich, betrachtete mir die Halle, in der ich stand, die aus weißem Gestein geschlagen war und vielen Obdach bot. Eine der Hallen, welche Hoffnung offenbarten... und nicht minder den Tod. Reglos schliefen Erschöpfte auf den Lagern, hustend wälzten sich die Kränklichen und ächzend rang ein blasser Greis mit dem Schlaf. Ich besah mir all die Menschen und stand beileibe mit den eigenen Gedanken im Gefecht, bis sich der Heiler wieder zu mir wandte, stumm die Lippen schürzte und bedauernd die Stirn in Falten legte. "Viel hätte das Volk der Elben uns zu geben... viel Wissen über bislang verborgene Heilpflanzen, viel Wissen...", er senkte den Kopf und trat zurück, um sich dort selbst ermüdet auf einem Stuhl niederzulassen, "... das Leben retten könnte." Murmelte er und seine Hand tastete nach einer gebrechlichen Pergamentrolle. Ich musterte ihn aus den Augenwinkeln. "So wurde Eure elbische Heilkunst zumindest einem Menschen zuteil, wer immer es auch sein mag." Konzentriert verzog der Heiler die Brauen, als er sich auf die Schriften konzentrierte. "Ich hoffe,", raunte er dabei, "er weiß es zu würdigen, das zu erhalten, was der Zwist unserer beiden Völker der Allgemeinheit verwehrt." Er begann zu lesen und ich trat zu ihm, ihn auch weiterhin fixierend und auf andere Worte wartend, die ich jedoch nicht zu hören bekam. Schweigend blieb ich neben ihm stehen, schöpfte tiefen Atem und starrte auf eine Schale klaren Wassers. Angesichts des allgegenwärtigen Todes mochte er durchaus Recht haben... Doch hinsichtlich einer anderen Gegebenheit entschloss ich mich, zu seinen Worten zu schweigen. Viel konnte die Heilkunst der Elben erreichen... viel Schmerz lindern und Wunden kurieren. Doch was besaß all diese Kunst an Bedeutung, wenn es bald niemanden mehr gäbe, auf den man sie anwenden konnte? Das Volk der Elben... mein Volk... hing an soviel anderem. Verstrickt in diese althergebrachte Angelegenheit verließ ich so die Häuser der Heilung. Ich war nur darauf aus gewesen, ein Bündel zurückzubringen und nicht lange sollte mir dieser Ort nachhängen, zumal ich etwaige Konzentration auf etwas anderes zu richten hatte, als auf eine Problematik, die Mittelerde seit Zeitaltern beschäftigte. So machte ich mich auf zu jenen Sälen, in denen man das Morgenmahl zu sich nehmen konnte. Viel sollte es auch diesmal nicht sein und genügend für eine kleine Stärkung. Zielstrebig nahm ich den Weg, den ich schon am gestrigen Tage mit Aragorn beschritten hatte. Damals noch auf seine Bedürfnisse fixiert und nun auf die meinen. Den Blick auf den Boden gerichtet, ließ ich eine Ecke hinter mir, fand auch den Beginn einer Treppe und stieg diese hinauf. Beiläufig festigte ich den Riemen des Wassengurtes, gab einem geschäftigen Mann den Weg frei und erreichte mein Ziel nach nicht allzu lange Zeit. So einige Satte kamen mir entgegen, ohne dass ich ihnen Beachtung schenkte. Sorgfältig bahnte ich mir einen Weg durch eine Gruppe debattierender junger Männer, die soeben dan Saal verließen und hielt inne, als meine Augen etwas anderes erblickten. Die Teller, die mühsam balanciert wurden, schepperten aneinander, als der Hobbit konzentriert einen Fuß vor den anderen setzte und die Unterlippe mit den Zähnen bearbeitete. Eine Vielzahl an Speisen häuften sich auf den Tellern und bei jeder Bewegung schwappte klares Wasser über die Ränder der beiden Becher, die ebenso auf diesen standen. Ich blieb stehen, betrachtete mir die Massen mit Verblüffung und trat einen Schritt zur Seite, um das gewagte Unterfangen nicht zum scheitern zu verurteilen. In diesem Augenblick jedoch, wurde Pippin auf mich aufmerksam, kam ebenso zum Stehen und sah zu mir auf. Ein freudiger Ausdruck erhellte seine Miene, als er mich erkannte und ich diese Begeisterung nicht so recht zu erwidern wusste, die Speisen noch immer unverdrossen anstarrte und irritiert die Brauen verzog. Nun, dass der Apetitt der Hobbits dem der Zwerge durchaus ebenbürtig war, war mir bekannt, doch diese Mengen genügten reichlich für vier. "Legolas." Pippin grinste, beugte sich eilig zur Seite und balancierte die Teller aus, bevor der Braten von ihnen rutschen konnte. "Oh... guten Morgen." Ich erwiderte den Gruß mit einem stummen Nicken, runzelte die Stirn und entschied mich dennoch dazu, keine Fragen zu stellen und daran zu appellieren, dass der Hobbit wusste, was er tat. So wollte ich mich auch schon wieder verabschieden und den Saal betreten, doch er lachte und mein Gesicht war ihm wahrlich nicht entgangen. "Für Merry." Erklärte er und hob zwei Teller. "Seine Verletzungen zwingen ihn, sich zu schonen, also bringe ich ihm das Frühstück an das Bett." Er grinste wieder voll Überschwang und ich nickte nach einem knappen Zögern zum erneuten Male. Auch für zwei Hobbits... bewundernswert. "Sehr freundlich." Ich lächelte ihm flüchtig zu und wandte mich ab. "Und du gehst hiernach, um mit den Männer zu üben?" Ließ er mich erneut innehalten und drehte sich vorsichtig mit mir. "Merry und ich werden uns in diesen Tagen in den Häusern der Heilung nützlich machen. Wir tun, was wir können... auch wenn es in diesen Augenblicken nicht sehr viel sein mag." Somit seufzte er leise und ich tastete abermals nach dem ledernen Gurt des Köchers. "Keine Hilfe ist geringfügiger, als die andere." Versuchte ich ihn zu ermutigen und zog den Riemen fester. Aus den Augenwinkeln musterte ich den Hobbit unterdessen und dieser blickte auf. "Kranke benötigen sie nicht minder als die, die noch Kraft zum Kampf haben. Und selbst diese Bereitschaft...", ich lächelte ihm zu und er hob erwartungsvoll die Augenbrauen, "... ist lobenswert." Geniert wandte er den Blick ab, räusperte sich leise und fand doch recht schnell zu seinem sonnigen Gemüt zurück, welches sich durch ein heiteres Grinsen offenbarte. "Dann lass uns unsere Arbeit gut tun." Verkündete er stolz und nach einer leichten Geste der Verabschiedung, wollte ich erneut gehen, doch... "Legolas!" Rief er gar aufgeregt meinen Namen und ich drehte mich abermals zu ihm, allmählich eine gewisse Ungeduld in meinem Inneren spürend. Und er streckte mir einen Teller zu. "Hier, koste dieses Brot. Ich sage dir", er schmunzelte verschmitzt, "es ist äußerst köstlich. Ich befürchte selbst Lembas verlöre diesen Vergleich." Unentschlossen starrte ich auf die dicken Scheiben, hob die Hand und ließ sie doch wieder sinken. "Dort gibt das nicht mehr." Unterbrach er mich, als er mein Spähen Richtung Saal bemerkte. "Ich habe das letzte stibitzt." Ich schöpfte tiefen Atem, griff nach einer Scheibe und nickte dankend. Somit schien auch Pippin zufrieden. Er festigte den Griff unter den Tellern, lachte leise und führte seinen riskanten Weg fort. Es schepperte und kratzte leise hinter mir, als ich dort stehen blieb, das Brot in der Hand wendete und ihm kurz nachblickte. Eine recht erfrischende Begegnung... und dies jedes Mal auf's neue. Entspannt entsann ich mich an mein eigentliches Ziel, vor welchem ich stand und es noch immer nicht erreicht hatte. Ich ließ das Brot sinken und wollte gerade den Fuß in den Saal setzen, da lebte in diesem ein lautes Gebrüll auf, das die Menschen für wenige Momente verstummten ließ. Ein raues Lachen, ein Schmatzen und Glucksen... ein Rülpsen und Klirren. "Mein Freund, gelangt Ihr an diesen deftigen Braten? Gebt ihn mir... vorsichtig! Kommt, kommt! Trinkt mit mir!" Wenn ich es recht bedachte... langsam trat ich zurück. Dieses Brot genügte mir bei weitem. Ich räusperte mich und beschloss, ohne Umwege dorthin zu gehen, wo die Übungen stattfinden sollten. Auf dem großen Platz tummelte sich eine Vielzahl an Menschen, deren laute Stimmen die Luft erfüllten und beinahe wie ein Vorgeschmack der Unruhe schienen, die uns unweigerlich bevorstand. Herrschen tat die Unruhe schon lange, doch bald würde sie an Kraft gewinnen. Laute Geräusche drangen an meine Ohren, als ich auf einem Treppenvorsprung stehenblieb und um mich blickte. Kinder schlängelten sich eilig durch die geschäftigen Beine der Erwachsenen, spielten gar Hasche und boten einen angenehmen Anblick, während Männer diskutierten und Frauen schwere Körbe trugen. Das einst so majestätische Tor und der unzerstörbare Schutz, der der weißen Stadt Sicherheit gewährleisten sollte, hing zerborsten in den eisernen Angeln und beschäftigte viele Männer, die notwendige Reparaturen leisteten und sich nicht von den Massen stören ließen, die durch die hohe Torwölbung nach draußen strömten. Dort auf der weiten Ebene hatten sie sich versammelt. Die Überlebenden und Krieger, derer wir uns nun annehmen sollten. Gemächlich trat ich die Stufen hinab und machte mich daran, mich der Bewegung anzuschließen. Aufmerksam trat ich durch die Menge, bewahrte Ruhe und war den Menschen, die in andere Richtungen eilten, kein Hindernis. Vielen sah ich nach, zahlreiche Miene betrachtete ich mir und immer nur, sah ich die Ängste, die jener erbitterte Kampf hinterlassen hatte. Zwei Knaben sprangen unterdessen lachend an mir vorbei und auch ihnen sah ich nach. Wie könnte man sie um ihre naive Zufriedenheit beneiden... Eine rasche Bewegung nahm ich aus den Augenwinkeln wahr und nur knapp gelang es mir, die Hand zu heben und mich vor dem kunstvollen Bogen zu schützen, der schief und nachlässig in den Schlaufen eines Köchers hing, den ein junger Mann am Rücken trug. Besonnen schob ich ihn von mir, vernahm die hastigen Worte, die der junge Mann mit einem anderen wechselte und wollte an ihm vorbeiziehen. Die scheinbare Sicherheit vor dem Bogen strafte mich Lügen, als sich der Träger heftig umwandte und ich ihn erneut von meinem Gesicht fernhalten musste. Ich schöpfte tiefen Atem, streifte den Bogen abermals zur Seite und wandte mich ab... "Herr? Herr? Verzeiht!" Ertönte da die eilige Stimme erneut und eine flinke Hand zupfte an meiner Weste. So hielt ich erneut inne, drehte mich um und erblickte dunkle Augen, die mich mit Begeisterung musterten. Ebenso die Hand... die nochmals an mir rupfte. Ein wütendes Ächzen ertönte, als der Bogen des jungen Mannes unterdessen einen anderen traf. "Ihr müsst der Elb sein, von dem man spricht!" Endlich löste sich die Hand aus meiner Weste und ich musterte das Gesicht des jungen Mannes genauer. Kein hohes Alter zeichnete seine Züge, faltenlos war auch die Stirn und verdeckt von einigen der dunklen Strähnen des Haares, welches ihm wild zu Berge stand. Annähernd erreichte er auch meine Größe und rasch bemerkte ich, dass nicht nur ich es war, der musterte. Er verbarg sein Interesse nicht, als er mich von Kopf bis Fuß betrachtete, erfüllt von Aufregung lachte und die Hände hob... während sich zu seinem Rücken die Menschen am hinabhängenden Bogen vorbeikämpften. Erwartungsvoll hob ich die Augenbrauen. "Man sagt, dass Ihr uns die Ehre zuteil werden lasst, Eurem Wissen zu lauschen?!" Ausdrucksstark und laut war seine Stimme und scheinbar unüberlegt seine Worte. Ich öffnete den Mund zur ruhigen Antwort, da fuhr er bereits fort. "Ich werde einer Eurer Schüler sein!" Verkündete er begeistert und lehnte sich flüchtig zur Seite, um meinen Bogen zu beäugen. "Ich verspreche Euch den Gehorsam und die Disziplin, die Ihr wünscht! Bitte ernennt mich zu Eurem Helfer; ich werde Euch gewiss nicht enttäuschen und Euch eine Unterstützung sein!" Er schnappte hörbar nach Luft, hielt sie an und nagelte den Blick mit einer annähernd gespenstischen Entschlossenheit auf mich. Und mir... mir fehlten die Worte. Stumm sah ich ihn an und er nahm an dem Schweigen teil, keuchte aufgebracht und leckte sich voller Tatendrang die Lippen, auf denen fest ein breites Grinsen lastete. Verlangte es ihm tatsächlich danach, von mir zu lernen...? Seine Stimme ertönte unvorhergesehen und wieder so lautstark, dass mich fast ein Schrecken duchfuhr. "Viele Krieger erwarten Euch bereits am Fuße des Hügels!" Rief er, als spräche er zu einer Masse und ich verengte sinnierend die Augen, als ich so dort stand und keine Antwort auf seine Fragen geben musste. Seine Hand wies in der alten Hektik zum beschädigten Tor. "Ich führe Euch hin, wenn Ihr es verlangt!" Unentschlossen öffnete ich den Mund, blickte zur Seite und schloss ihn wieder. "Es ist sehr unübersichtlich dort draußen!" Erklärte er mir indessen und ich sah es gar deutlich. "Bitte lasst mich Euch helfen!" Ein ungewisses Murmeln drang über meine Lippen und nach einem nicht weniger wirschen Sinnieren, stützte ich eine Hand in die Hüfte und blickte zu ihm zurück. "Geht doch vor und stiftet Ruhe." Bat ich ihn überlegt und das Gesicht des wackeren jungen Mannes erhellte sich, war es doch nur eine diskrete Art, mich seiner in erster Linie zu erlösen. "Das werde ich!" Stolz und entschlossen gab er mir dieses Versprechen und ich schenkte ihm ein Lächeln, welches erlosch, sobald er sich abwandte. Mit einem Schritt brachte ich mich ebenso vor dem altbekannten Bogen in Sicherheit und blickte ihm nach, wie er sich durch die Menge kämpfte, als verfolge ihn eine gar schaurige Gefahr. Noch nie zuvor... war mir solch ein Mensch begegnet... Ich räusperte mich leise und setzte meinen Weg bequem fort. Eine jede Pore seines Leibes schien vor Anspannung zu knistern, einjedes seiner Gelenke bewegte sich in unergründlicher Hast und Aufregung bewegte seine Stimme zu den höchsten Lautstärken. Stumm schüttelte ich den Kopf und wich einer von Hast gepackten Frau aus. "Legolas!!" Deutlich drang der bekannte Ton der Stimme durch den Tumult zu mir und augenblicklich wandte ich mich um. Irritiert suchten meine Augen nach ihm und nur schwerlich war er zu übersehen, wie er dort oben vor jener Treppe stand und zum freudigen Gruße den Arm erhoben hielt. Aragorns ungewohnte Stimmung in der Öffentlichkeit ließ mich kurz stutzen und flüchtig nahm ich einige Blicke wahr, die mich streiften, sich gar auf Aragorn richteten und bald schon wieder fortdrifteten. Ich runzelte die Stirn, schöpfte tiefen Atem und sah etwas entspannter zu ihm, mich rasch von jener Verwunderung erholend und ihn mir betrachend. Kontrolliert und geschmeidig wirkten seine Bewegungen, als er eilfertig die Treppe überwand, noch indessen kaute und sich zu verschlucken schien. Gekräftigt setzte sich sein Fuß auf den hellen Kies und während er schnellen Schrittes zu mir kam, schlug er sich gegen den Brustkorb, hustete ein letztes Mal und schluckte hinter. Und ich stand dort, erspähte den Apfel in seiner Hand und benötigte abermals einen tiefen Atemzug, um selbst zur völligen Entspannung zurückzufinden und ihn mit einem Lächeln zu empfangen. Keuchend drang der Atem über seine leicht geöffneten Lippen, als er vor mir zum Stehen kam und mir ein solch wahrhaftiges Grinsen offenbarte, dass wir anfänglich schweigend voreinanderstanden. Dieses Grinsen, welches ihm eine solch fremde Mimik zutrug... nicht weniger irritierend als die Art und Weise, wie er auf sich aufmerksam machte. Forschend ließ ich jenes Bild auf mich einwirken... sein Gesicht, welches in einer recht gesunden Farbe so ganz anders wirkte, als das bleiche Antlitz, welches von Sorge und Wehleid überkommen, viel mehr Jahre zu tragen schien, als es in der Wirklichkeit tat. Und er stand nur dort... lächelnd und augenscheinlich gern dazu bereit, sich mit Schweigen zufriedenzugeben. Ich schluckte, unterbrach jenen Blickkontakt durch ein Blinzeln und ließ mich dennoch rasant wieder gefangen nehmen. Mir selbst... schenkte sein Anblick eine gewisse Zufriedenheit und flüchtig vertiefte sich mein Lächeln, bevor ich erneut vor seinen Augen floh und in völlig überflüssiger Geste am ledernen Gurt rückte. Das erste Mal... hier und jetzt... schien er mir ein Lächeln zu offenbarten, in welches in etwaigen Glauben setzen konnte. "Du...", es war mir nicht bekannt, was ich zu sagen gedachte, doch ich tat es und sah ihn wieder an, mir geschwind einen Punkt suchend und mich auf diesen konzentrierend, "... es scheint, als wäre die Blässe von dir gefallen, als hätte sie dich nie besessen." Und es stimmte... beileibe hatte ich nicht daran gezweifelt, dass meine Behandlung die gewünschten Resultate erzielte, doch musste ich mir selbst eine leise Verwunderung eingestehen, als ich ihn nun vor mir sah. "Es freut mich, dass es dir besser zu gehen scheint." Und wieder lugte ich an ihm vorbei, hakte einen Finger in den ledernen Gurt und presste die Lippen aufeinander. Und mehr wusste ich in jenen Momenten nicht zu sagen. Deutlich spürte ich, wie sein Blick an mir haftete und dies so unverhüllt und offen, dass ich mich in meinen Erinnerungen an die vergangene Nacht umso verräterischer fühlte. So räusperte ich mich und sehnte mich danach, diesem Augenblick zu entkommen. "Wir...", hob ich nachdenklich an und suchte noch nach den treffenden Worten, "... wir werden gebraucht. Man erwartet uns bereits." Zur Selbstbestätigung nickte ich in mich hinein, lächelte flüchtig und wandte mich ab. Bereitwillig und in alter Heiterkeit folgte er mir, doch war ich es, der nach wenigen Schritten inne hielt und sich zu ihm drehte. Ein Störfaktor... Ich verzog grüblerisch die Brauen und legte den Kopf schief, als ich ihn mir gezielt besah und ihn sogleich fand. "Wir gehen, die Krieger zu unterweisen." Erinnerte ich ihn skeptisch und er nickte in einer Selbstverständlichkeit, als wäre ihm dies nie entfallen. Ich erwiderte sein Nicken beiläufig und wartete auf Worte seinerseits... doch scheinbar könnte ich dies lange tun und er schwieg, scheinbar gewappnet und bereit, der Aufgabe gegenüberzutreten, während ich zu seinem Gürtel sah. "Wo ist dein Schwert?" Aragorn: Seine verwirrte Miene verleitete mich erneut, in einem erheiternden Lächeln zu versinken, doch hätte ich dies erst tun sollen, nachdem ich fertig mit Essen war. Ich stieg die Treppen hinab, ging den Menschen aus dem Weg und ließ die letzten beiden Stufen in einem Sprung hinter mir. Und dann spürte ich es, während ich zu Legolas lief. Ein Apfelstück verirrte sich in die Atemwege und ich begann zu husten, schlug mir auf die Brust und blinzelte perplex. Doch schnell hatte der Apfel seinen richtigen Weg gefunden und ich lächelte wieder. Ein herrlicher Tag. Geruhsam blieb ich vor den Elben stehen und musterte ihn freudig. Er konnte nicht allzu spät von mir gegangen sein, sah er doch selbst recht entspannt und kräftig aus. Intensiv musterte ich ihn. Seine Augen... sie hatten noch einen leichten Stich des schleierhaften Fluches... doch waren sie mehr blau als von dunklen Schatten erfüllt. Mein Lächeln wurde zu einem Grinsen und ich schwieg. Ich schwieg und wäre doch sehr gern einem glücklichen Lachen verfallen. Er sah gut aus und ich fühlte mich ebenso. Sein Verdienst für die Heilung meines Gemütes war so endlos… mit nichts auf der Welt konnte man diese Fürsorge vergleichen. Ich war so dankbar, dass ich ihn küssen wollte. Ich war so froh, dass er da war und stets sein waches Auge auf mich richtete, dass ich ihn festhalten wollte. Er unterbrach den Blickkontakt und mir war es einerlei, wieso er das tat. In diesem Schweigen gehüllt, standen wir vor einander, wie das Meer der Klippe gegenüberstand… und sie nach und nach in Besitz nahm. "Du..." Legolas setzte an und schwieg daraufhin wieder. Machte ich ihn nervös? So sehr, dass es ihm schwer fiel, mir in die Augen zu sehen? Ich behielt den Blick auf seinem Gesicht, das um Worte kämpfte und mich dennoch nicht dazu verleitete, ein schlechtes Gewissen zu bekommen. War er nicht unschuldig...? "... es scheint, als wäre die Blässe von dir gefallen, als hätte sie dich nie besessen." Und ich wollte nicken und etwas erwidern. Aber ich schwieg und war fröhlich. Solch eine Wandlung... wie konnte eine einzige Nacht unter seinen Händen so wundersam sein? Ich ließ den Blick hinabschweifen, nur flüchtig, ehe ich wieder aufsah und mich einzig und allein auf ihn konzentrierte. Menschen, die an uns vorbeigingen... ihren Zielen nacheifernd. Und ich stand vor dem meinen. Nicht ich war der Heiler... "Es freut mich, dass es dir besser zu gehen scheint." Und für wahr, es schien nicht so... es war ein Wohlgefühl, als wäre niemals etwas geschehen. Mein Lächeln wurde durch seine Unsicherheit bekräftigt und ich fühlte mich bestärkt in dem Wunsch, ihn zu berühren. Wie sollte ich das wieder gut machen? Mein Herz schlug schnell… was wäre dies für ein Bild, wenn ich einzig eine Berührung als dankbare Geste gab und dies vor allen Menschen? Ich warf ihn sofort beiseite und beließ es bei meiner sonnigen Stimmung, in der sich Legolas allmählich unwohl zu fühlen schien und ich verbiss mir ein amüsiertes Lachen. Er mochte es nicht, wenn ich in Gedanken versank und mich abschottete... "Wir..." Er schien jedoch auch nicht damit umgehen zu können, wenn es das genaue Gegenteil war. Nun, wer hatte damit gerechnet... ? "... wir werden gebraucht. Man erwartet uns bereits." Wer hatte gewusst, dass mich seine liebevolle Art der Heilung in ein solches Gefühl der körperlichen Zufriedenheit bringen konnte? Und wie konnte es sein, dass es meine Seele mit sich zog...? Ruhig beließ ich den Blick auf Legolas, während er sich umwandte und nach seinem flüchtigen Lächeln los ging. Ich legte den Kopf schief und zuckte mit den Schultern, ehe ich ihm in aller Behaglichkeit folgte. Verführerisch war das lange, blonde Haar... der Zopf, dem nun meine ganze Aufmerksamkeit galt... noch nie sah ich ihn mit offenem Haar. Es wäre ein anderer Anblick... fragend hob ich eine Augenbraue, hob die Hand zu jenem Zopf... und ließ sie sofort sinken, als Legolas plötzlich inne hielt. Etwas verwundert sah ich ihn an, trat einen Schritt zurück und erwiderte seinen Blick so sicher, als hätte ich nie den Anschein einer Übeltat im Auge. "Wir gehen, die Krieger zu unterweisen." Sagte er nachdrücklich und ich nickte sofort. Gut... nun wusste ich, wohin wir gingen und was das neue Ziel war... Ich sah ihn an und hob die Augenbrauen, als er sich anscheinend nicht damit zufrieden gab und lediglich mein Nicken erwiderte... "Wo ist dein Schwert?" Mein...? Ich zwinkerte und sah sofort zu meinem Gürtel. "Oh..." Wie… wie fühlte man sich, wenn man derart ertappt wurde? Ich sah mich unsicher um, legte eine Hand an den Gurt und kratzte mich nachdenklich am Hinterkopf. Das Schwert… So eine Situation gab es noch nie. Und so biss ich mir auf die Unterlippe, kniff ein Auge zu und sah Legolas entschuldigend an. So was… “Warte nicht auf mich.” Meinte ich schließlich, drehte mich auf dem Absatz um und rannte los. “Es wird nicht lange dauern!” Rief ich ihm noch nach und spurtete die Treppe hinauf. Rasch ließ ich den folgenden Gang hinter mir, tat eilend einen Schritt zur Seite und hielt mich an einer Säule fest, auf dass ich die nächste Abbiegung erfasste und zu meinem Raum gelangte. Wie töricht, das Schwert dort zu lassen! Kopfschüttelnd pendelte ich zwischen den Menschen in einem Ausdauerlauf und kam dann schließlich an der Kammer an. Rasch trat ich hinein und sah das heilige Schwert an dem Tisch gelehnt. Ich beruhigte meinen Atem, wischte mir eine Strähne aus dem Gesicht und griff schließlich nach dem Schwert. Meiner Heiterkeit zum Trotz, sollte ich etwas wachsamer sein… Ich nickte mir zu, band das Schwert an den Gurt und wandte mich schließlich wieder um. Bedächtig schloss ich die Tür hinter mir und nahm den Niedergang zum nächsten Ring. Ich sah über meine Schulter hinab in die freie Ebene, zu der sich die Krieger längst eingefunden hatten. Noch viele Fuß Höhe trennten uns, doch nur unschwer war Gimlis Gestalt zu verfehlen. Sein Wutgebrüll hörte man weit und auch wenn ich nicht die Worte verstand, wusste ich , dass ich mich sputen sollte, damit meine Schüler nicht ungeduldig wurden. Wenn ich ehrlich war… keine Sekunde lang hatte ich mir Gedanken darüber gemacht, wie ich ein Training abhalten sollte. Es war nie nötig, dass ich eine Masse um mich hatte, der ich das Geschick mit dem Schwert erklären musste. Zu dem waren es Jungspunde, von denen ich nicht einmal um ihre so genannte Begabung wusste. Ich trat auf den gewaltigen Hof und schaute auf, beobachtete die Reparaturen des mächtigen Tores, ehe ich es hinter mir ließ und die freie Ebene bertrat, die kühle Brisen des frühen Tages preisgab. Mit eilenden Schritten zog ich an Gimlis Truppe vorbei. Die Männer, alt wie jung liefen im Kreis, in dem Gimli der Mittelpunkt war und sie mit erhobener Axt zur Schnelligkeit antrieb. Nun… ich selbst sollte mich beeilen und mir wohl keine Zeit zum Beobachten lassen. Doch ich rannte nicht. Ein Lehrmeister würde nicht rennen, denn dies bedeutete, dass er sich einer Verspätung bewusst war. Dies wäre ein Fehler… ein Stück Respekt, der verloren ging, denn ich wusste wie es war, wenn man den Meister nicht ernst nahm. Und aus meiner nachdenklichen Miene wurde ein erinnerndes Grinsen, das mich an meine Heiterkeit denken und mich dem Folgenden etwas einfacher gegenübertreten ließ. Ich ließ Gimli hinter mir und folgte der steinernen Ebene eine ganze Weile, denn wesentlich abseits des Tores wartete erst meine Truppe. So viel hatte ich in Erinnerung… Noch einmal schüttelte ich den Kopf, überrascht und selbst etwas negativ verblüfft über meine Unaufmerksamkeit. Ob nun in Gedanken oder in absoluter Fröhlichkeit.. Ich bewerkstelligte es nicht, mich vollends den Pflichten hinzugeben. Ich schritt weiter und sah alsbald eine Gruppe auf dem Boden sitzen. Etwas verwirrt über diesen Anblick, lief ich schneller und erkannte bald eine Reihe von Bogenschützen, die schweigend in eine Richtung sahen. Überwältigt von einer derartigen Disziplin, sah ich mit anerkennender Mimik zu dem Lehrmeister. Kein anderer als Legolas, war es natürlich und ich hob flüchtig die Hand zum Gruß und kehrte eilends auch diesem Trupp den Rücken zu. Wie schnell er es wieder schaffte, Ruhe und Gelassenheit auszustrahlen. Seine Schüler würden gewiss zu talentierten Bogenschützen werden… selbst binnen einer kurzen Zeit. Als ich den Hügel, auf dem sie sich trafen, hinaufgestiegen war, blieb ich ruckartig stehen. Mit leiser Missgunst sah ich meine eigenen Männer, die laut miteinander sprachen und fernab einer Gruppe sogar die Schwerter kreuzten. Nun, wesentlich langsamer als zuvor, ging ich zu ihnen, bemerkte nur wenige Blicke, die sich auf mich richteten, bevor ich mir einen geeigneten Mittelpunkt gesucht hatte und stehen blieb. Ich pfiff. Und sie hielten inne. Meine erhellte Miene war der absoluten Ernsthaftigkeit gewichen und so winkte ich die hintersten zu mir und wartete geduldig ab, bis sie sich bei mir einfanden. “Ihr seid hier…”, begann ich laut und begutachtete jede Person einzeln, prüfte ihre Haltung und ihre Gesichter. Jene, die mit verschränkten Armen dastanden, bewiesen ihre eigenes Ressentiment mir gegenüber. Andere, die sich gekonnt hinter den Größeren versteckten, ihre Angst. Mein Blick blieb an einem haften, “… um euch in der Schwertkunst zu verbessern. Ich verlange…” “Ihr seid zu spät, Herr.” Unterbrach mich dieser Jene in einem mahnenden Ton. “Man befehligte uns hier hin und Ihr lasst Euch Zeit.” Ich nickte, hob die Brauen und zog das Schwert locker aus der Halterung. “Dann hättet ihr schon einmal mit einer Aufwärmung beginnen können.” Erwiderte ich ruhig und nickte ihn zur Seite. “Ich verlange Disziplin und Gehorsamkeit.” Fuhr ich fort und drehte das Schwert in der Hand. “Sollten euch Dinge unklar sein, bin ich bereit, sie euch zu erklären. Und nun stellt euch in einer Reihe auf…” “Sagt, seid Ihr überhaupt in der Lage, uns zu trainieren?” Nochmals unterbrach mich jener Bursche und ich legte den Kopf schief. Eine solche Frage…? Ich war ehrlich verblüfft, dass solch eine Frage folgte. “Ich hörte von Eurem Versagen gegen den Nazgúl. Euer Sturz soll furchterregend ausgesehen haben.” Ein leises Seufzen trat über meine Lippen und erneut nickte ich die Gruppe zur meinem Befehl. Wusste ich mich dazu zu rechtfertigen? War es nicht tatsächlich ein Versagen…? “Es stimmt.” Antworte ich nickend, wechselte das Schwert in die linke Hand und streckte den rechten Arm. “Es traf meine rechte Seite und sorgte für eine lange und nötige Genesungszeit.” Der Junge grinste und allmählich ahnte ich, dass er mir noch sehr viel Steine in den Weg zu werfen gedachte. “Deswegen werdet ihr allesamt eure Stärken an mir austesten! Also alle in eine Reihe!” Und ich duldete keinen Widerspruch mehr und legte das Schwert fest und sicher in die rechte Hand. Es dauerte einige Augenblicke, ehe sich die Masse einigte und sie schließlich hintereinander einfanden. “Schlagt, pariert, weicht aus und schlagt erneut!” Und ich stellte mich diesen Männern gegenüber und wartete auf den ersten Angreifer. Legolas: Ich sah ihn an und er wirkte verdattert, annähernd ertappt bei einem Fehler, den er bislang selbst nicht bemerkte. Konfus suchte er nach der Waffe und ich betrachtete mir seine Züge, musterte sie und war belustigt, wenn ich es nach außen hin auch nicht zeigte. “Warte nicht auf mich.” Er zögerte nur einen Moment, bevor er sich umwandte und flüchtig die Hand hob. “Es wird nicht lange dauern!” Und schon lief er davon, eilig und rasch, so wie es ihm seine gestärkten Beine erlaubten. Nur ein knappes Nicken hatte ihm geschickt und ehe ich mich versah, hatte er die Treppe hinter sich gelassen und schlitterte um eine Ecke. Tief schöpfte ich Atem, presste die Lippen aufeinander und wandte mich um. Ich schüttelte nach wenigen Schritten den Kopf, spürte ein Lächeln und trat kurz darauf durch den mächtigen Torbogen hinaus auf die große Ebene. Meine Augen erfassten Bewegungen... überall waren sie, Stimmen erhoben sich, Klingen kratzten, Speere knirschten und Rüstungen schepperten. Viele waren hier. Kurz blieb ich stehen und besah mir zwei ältere Frauen, die schwere Wasserkrüge trugen und den Durst der Männern löschten. Allseits wurde bereits geübt, mit neu gesammelter Kraft traten die Krieger gegeneinander an, eilten umher, schrieen nacheinander und oft blitzten Schwerter oder Speerspitzen auf, als sich die Sonne im klaren Metall spiegelte. Ein Reiter preschte an mir vorbei, als ich meinen weiterging und mir einen Weg durch die Menge bahnte. Geschäftigkeit, Anspannung und Hast...gnadenlos beanspruchten einiger der Krieger ihre Kräfte, ihre Grenzen zu testen und dies nicht erst im Krieg zu tun. Neben mir erhob sich die grollende Stimme eines hochgewachsenen Mannes, ein Mann hockte hinabgebeugt über seinem Schwert und bearbeitete es mit einem Schleifstein. Weiter hinten erblickte ich die Pferde, die auf einer rasch eingezäunten Koppel Freilauf genossen und die Suspenz der Menschen nicht zu teilen schienen. Sie galoppierten auf und ab, schlugen mit den Hinterläufen und schüttelten die Mähne, während sie miteinander wieherten. Ich beschattete die Augen mit der Hand, wich einen hektischen Mann aus und wollte den Anblick der Pferde noch weiterhin genießen, als sich eine bekannte Stimme im Tumult erhob. "Herr! Herr!" So hielt ich inne und folgte den Lauten. "Herr... Herr Elb!" Ich erblickte eine Schar aus Männern, die nahe beieinander standen. Sie alle hielten Bögen, stützten sich auf sie, wendeten sie in den Händen und warteten. Und allen voran stand jener junge Mann, mit dem ich bereits Bekanntschaft schloss und bewegte die ausgestreckten Arme in der Luft, damit ich ihn auch nicht übersah. Und zu seinen Füßen lag der Bogen... mit dem ich nahezu ebenso Bekanntschaft geschlossen hätte. Ich warf einen letzten Blick nach beiden Seiten, bevor ich gemächlich zu ihnen trat. Die Augen der Männer erfassten mich, hafteten musternd auf mir und behäbig ließen sie von ihren Tätigkeiten ab. Ich besah sie mir flüchtig, sah Alte unter ihnen sowie Junge, in deren Augen Neugierde glänzte. Unentschlossen hielten ihre Hände die Bögen und ich ließ mir Zeit, sie ebenso einer Musterung zu unterziehen, mir einen ersten Eindruck zu vermitteln. So blieb ich vor der Gruppe stehen, verzog sinnierend die Brauen und nickte schweigsam in mich hinein. Ich konnte nicht behaupten, ein Gefühl zu verspüren, welches mir zu Unsicherheit gereichte. So ironisch es auch sein mochte, dass ein Elb kam, um Menschen eine Hulfe zu sein... ich trat dieser Aufgabe mit ruhiger Entschlossenheit entgegen und... "Dies ist er!" Rief der junge Mann verkündend und wandte sich zur Menge, mir den Rücken kehrend und sogleich meinen Blick auf sich ziehend. "Dies ist unser Lehrmeister der nächsten Tage, der uns gewiss viel beibringen kann über die hohe Kunst dieser Waffe!" Und er tastete neben den Köcher und übersah den Bogen zu seinen Füßen. Doch dies stellte keine Hürde dar, denn ungestört fuhr er fort und ich hob die Augenbrauen. "Uns wurde eine große Ehre zuteil, Lehren von ihm zu erfahren, also lasst uns ihm mit Respekt begegnen und..." Und ich lauschte ihm wie ein Schüler selbst, blieb stehen und tauschte verstehende Blicke mit einigen der Männer, die über die Ansprache des jungen Mannes nicht minder überrascht zu sein schienen. Bald schon, verschränkte ich die Arme vor der Brust und betrachtete mir den klaren Himmel. Schwitzend und keuchend stellte unterdessen eine andere Gruppe ihre Ausdauer unter Kontrolle. Unter der warmen Sonne Gondors ließen sie sich von einem Zwergen hetzen. Ich atmete tief ein und hob die Hand hinter den Kopf. Zielstrebig umfasste ich meinen Bogen, zog ihn aus der Schlaufe und setzte mich genügsam hinab auf die Erde. Den Bogen bettete ich auf meinem Schoß und während der junge Mann noch immer Reden schwang, hob ich die Hand erneut, winkte die Männer geduldig zu mir und bat sie mit ruhiger Geste, sich zu mir zu setzen. In den ersten Momenten spiegelte sich Verwunderung in ihren Gesichtern wieder, doch rasch folgten sie mir und der junge Mann verstummte, als sie allesamt an ihm vorbeizogen. Stockend blickte er ihnen nach und stand noch immer, als sie sich niederhockten und die Bögen vorerst zur Seite zu legten. Ich war nicht darauf aus, ihre Kräfte auf die Probe zu stellen, sie zu hetzen und zu hohen Leistungen zu treiben... kam es doch bei unseren Übungen auf etwas anderes an. Sie flüsterten leise miteinander, musterten mich und ich blickte hinüber zu jenem, den noch immer zögerte. "Bitte." Ich nickte ihm zu und wies in die Runde. Und nach einem leisen Räuspern gesellte er sich zu uns und schwieg schließlich. Und nun sollte keine Zeit mehr vergehen und ich beschloss, das Wort zu erheben, als eine kurze Ablenkung geschah und ich Aragorn erspähte, der eiligen Schrittes an meiner Gruppe vorüberzog, zur knappen Begrüßung die Hand hob und den Weg fortsetzte. Ich sah ihm nach... "Was gedenkt Ihr, uns beizubringen?" Eine Hand schoß in die Höhe und kurz darauf folgte der Kopf, als sich der junge Mann auf die Knie erhob und ungeduldig jene Frage an mich richtete. Ich verzog die Miene, sah ihn lange an und senkte die Hand zum Bogen. "Genug." Wissbegierig ließ der junge Mann die Hand sinken und ich hob den Bogen, setzte sein unteres Ende auf die Erde und präsentierte ihn den vielen Augen. "Was versteht Ihr unter solch einer Waffe?" Erkundigte ich mich zunächst und die Männer fokussierten die Aufmerksamkeit konzentriert auf jenes Bild. "Zwei Wurarme und eine Sehne, Herr." Erhielt ich sogleich Antwort von dem bisher engagiertesten Schüler und ich nickte stillschweigend. Wie ich es mir dachte... Ich lächelte bedauernd. "Falsch." "Dies ist die Waffe, von der unser Leben abhängt." Meldete sich da ein anderer zu Wort und ich schöpfte tiefen Atem. "Und dies ist es, worauf ich hinauswill." Erklärte ich so. "Gewiss ist der Bogen eine Waffe, doch ist er neben dem noch soviel mehr. Mehr als nur Wurfarme, Sehne, Wurfarmspitzen und Sehnenschlaufen. Es ist die Waffe, die ihr zu beherrschen lerntet und von der euer Schicksal abhängt." So begann ich zu sprechen und traf mit Wohlwollen auf die Neugierde der Zuhörer, deren Ernsthaftigkeit und deren Willen, aus diesen Lehren ihren Nutzen zu ziehen. Ich sprach gemächlich und leise und blieb kauern, während die tobende Stimme des Zwergen sich oft erhob und die Männer ächzten. "Konzentriert euch auf das passende Ziel. Mangelnde Durchschlagskraft vermag keine Rüstung zu zerschmettern. Hals", und ich wies auf meinen eigenen, "Schulter, Achselhöhlen." "Gesicht?" "Nein." Ich schüttelte lächelnd den Kopf. "Nutzt die Ungeschütztheit der Weichteile, durchbohrt Sehnen, Gelenke und Muskeln. Durch Knochen vermag nicht jeder Pfeil zu dringen, ebenso durch den Schädelknochen, der in seiner ganzen Art recht stabil gebaut ist. Nehmt jede Möglichkeit an, die euch gegeben ist und lasst euch auf keine Tollkühnheit ein." Ich besah sie mir nachdenklich. "Sie könnte euch das Leben kosten." Aragorn: Ich bemerkte, als ich das Schwert geradlinig auf den ersten Gegenspieler richtete, dass sich mein rechter Arm noch etwas schwer tat, die Klinge erhoben zu halten. Ich denke, man sah es mir nicht an und so würde ich sie nicht bitten, zaghafter zu werden. Nun… ich selbst musste mich wieder wappnen und konnte mich mit ihnen trainieren. “Greift an, wann ihr gedenkt, dies zu tun. Und zeigt, was ihr könnt!” Nur so würde ich herausfinden, ob ich der jungen Generation gewappnet und den Erfahrenen ebenbürtig war. Zu Beginn stand ein recht junger Bursche da. Er sah aus, als hätte man ihn an erster Stelle gedrängt und nicht, als wolle er es zuerst mit mir aufnehmen. Doch selbst wenn es ihn Mühe kostete, das Schwert zu erheben, nahm ich ihn ernst und nickte ihm zu. Einige neigten sich aus der Reihe, stellten sich flüchtig an die Seite, um zu erkennen, wie es ablaufen würde. “Nur zu.” Und er atmete tief ein, festigte den Griff und stürmte unbeholfen auf mich zu. Er setzte zu einem vertikalen Schlag an, hob die Waffe kraftvoll über seinen Kopf und ließ sie schnell hinab gleiten. Ich tat einen Schritt zur Seite, schwenkte Anduríl und parierte den Schlag, ehe ich einen weiteren Schritt von ihm wegging, seine Klinge von der meinen gleiten ließ und ausholte, um einen geneigten Treffer auf seinem Rücken zu landen. Gewiss hätte ich mich zur angemessenen Zeit gestoppt, doch ich kam noch nicht einmal in seine Nähe, da er schnurstracks davonlief, einige Fuß weiter erst zum Stehen kam und sich ängstlich zu mir umwandte. Was war dies für eine Angst? Nun, wo wir gerade einmal trainierten und es keinesfalls gefährlich werden konnte…? Ich ließ das Schwert sinken und hob besänftigend die Hand. “Das war in Ordnung für den Anfang. Keine Sorge, hier wird niemand verletzt…” Aufgeregt sah er mich an und schluckte schwer. So würde dies natürlich ein langes Training werden, wenn es viele geben sollte, die sich vor einem Kampf fürchteten. Der Junge blinzelte und blickte anscheinend abgelenkt zur Seite. Ich wartete einen Augenblick, bis ich eine Bewegung neben mir spürte. “Das sagt Ihr!” Jener, der mich zuvor auf den Kampf mit dem Nazgûl ansprach, griff nun unverhofft an und lenkte sein Schwert zielsicher auf meine Brust. Noch im rechten Moment ging ich in die Hocke und rollte mich zur Seite, ehe ich sofort wieder Fuß fand und einen sofortigen Neuversuch entgegenkommen musste. Ich hatte nicht erwartet, dass solch ein ungezügeltes Temperament in diesem Menschen steckte und so legte ich geschwind die Klinge in die linke Hand, um seinen Schlag abzufangen. Laut gerieten die Schwerter aneinander und mit einer unbeherrschten Kraft versuchte mein Gegenüber meine Abwehr zu durchbrechen. Ernst sah ich ihm in die Augen, in das verbissene Gesicht, was mir mit aller Macht beweisen wollte, dass ich zu schwach sein würde, um ihm gleichwertig zu sein. Gern gab ich zu, dass sein Kraftpotential hoch war und er sich wohl fantastisch als Axtkämpfer machen würde… doch als Schwertträger? Ich gab etwas nach, trat mit dem rechten Fuß zurück und er grinste siegessicher. Bis ich… bis ich mich einfach nach hinten fallen ließ und er in dem Überraschungsmoment hinterherfiel. Rasch winkelte ich das linke Bein an und stemmte ihn mit aller Kraft über mich hinweg. Unsanft landete er auf dem Rücken, das Schwert fiel ihm aus der Hand und ein leises Ächzen ertönte, während er vorerst liegen blieb. Mir war nicht klar, ob ich es etwas übertrieben hatte, doch wer ungerecht spielte, sollte nicht lamentieren. Geruhsam richtete ich mich wieder auf, folgte den Blicken der anderen Schüler und schritt auf den jungen Mann zu, der sich vorsichtig aufsetzte. “Überraschungsmomente auszunutzen, ist gerissen - doch gleichzeitig dumm.” Es war kein direkter Vorwurf, denn ich hatte ihnen ja erlaubt, genau solche Augenblicke zu nutzen, obgleich ich nicht wusste, weshalb er es so angegangen ist. Hatte er vor, mich zu verletzen oder gar umzubringen? Ruhig hielt ich ihm meine linke Hand hin, doch er sah nicht einmal auf. So ließ ich sie alsbald wieder sinken, versuchte mich etwas zu entspannen und wendete mich schließlich wieder ab. “Du bist hier, weil du von mir und Anderen lernen sollst. Du darfst niemanden verletzen. Deswegen werde ich eine weitere Leichtsinnigkeit nicht tolerieren.” Zumal ich dann davon ausgehen musste, dass er so, eher eine Gefahr für seine Mitmenschen wäre, anstatt für den Feind. Ich vernahm nur noch ein genervtes Stöhnen von ihm, ehe ich mich wieder um die Anderen kümmerte und sie wieder zur Aufgabe aufforderte. Vorerst tat ich Gutes daran, den Jungen zu ignorieren und ihm gleichzeitig eine Auszeit zu gönnen, denn ich glaubte, dass so ein Sturz auf der steinernen Ebene keine Annehmlichkeit war. Mir dagegen hatte sie kaum geschadet. Ich war erleichtert und gleichsam motivierter. Meine Sorgen um diesen Aussätzigen würde mir später noch genügend Kopfzerbrechen bereiten. Aber dies war der erste Tag und deshalb erhoffte ich mir, dass es eine einfache Aufmüpfigkeit war, die sich nach disziplinärem Training wieder legte. Also fuhr ich fort und einer nach dem Anderen bemühte sich, Stärke zu präsentieren Es gab einige, die waren recht schnell, andere langsamer und ebenso welche, die Kraft, aber auch Furcht zeigten. Gleichwohl spürte ich nach und nach ihren persönlichen Eifer und mir lag viel daran, dass sie ihn behielten… selbst, wenn einige von ihnen noch ungeübt waren. Es nahm etwas Zeit in Anspruch und alsbald wischten sich die Schüler den Schweiß von der Stirn. Nun, der Tag nahm eine sonnige Wendung… Nachdem der Letzte sich gegen mich erwährt hatte, besah ich mir die Masse und grübelte nach, wie es weitergehen würde. Abwartend hockten sie da und mir kam eine Idee, wie ich sie trainieren konnte, ohne, dass es Kämpfe gegen mich gab. Ich fuhr mir durch den Schopf, ließ das Schwert in die Halterung gleiten und bat meine Schüler, sich in Paare aufzuteilen. Erst einmal, ließ ich sie selbst entscheiden, wie sie sich zusammenrauften, doch es geschah, wie ich es angenommen hatte. Die Unerfahrenen gesellten sich zueinander und ebenso die Ausgeprägteren. Und dieser eine junge Mann verblieb ohne Partner. Es wunderte mich nicht, denn mit dieser Unberechenbarkeit hatte er sie wohl allesamt verschreckt. So gesellte ich mich zu ihm und er stellte sich widerwillig mir gegenüber. “Zu aller erst, will ich euch noch einmal daran erinnern, Vorsicht walten zu lassen. Gebt Euer Bestes, aber seid behutsam.” So nickte ich dem Mann zu und er erhob das Schwert. “Einer ist unbewaffnet, der Andere schlägt zu erst horizontal, dann vertikal zu, verstanden?” Einige nickten und so konzentrierte ich mich auf meinen Gegenüber. “Schlag zu.” Er zuckte lediglich mit den Schultern, erhob das Schwert und tat wie ihm geheißen. Und ich.. Ich tat lediglich einen präzisen Schritt zur Seite. Als er dann auf meine Beine zielte, obgleich ich als Ziel eher den Rumpf gedachte, sprang ich drüber hinweg. Daraufhin ließ er das Schwert wieder sinken. Gewiss war dies eine simple Übung, doch ich wusste was ich tat. “Übt dies nun und wechselt euch ab.” Ich wandte mich erneut von dem Jungen ab und lief durch die Menge. “Benutzt zu Beginn die Rückhand… und wenn ihr euch wirklich sicher seid, fahrt fort, das Schwert richtig zu nutzen. Fangt an.” Die Schüler sahen sich an, einige hoben die Brauen und versuchten nun, der Aufgabe zu folgen. Und Jener eine, sah sich missmutig um. Ich dagegen, empfand reges Interesse daran, wie Legolas sich nun schlug und klopfte dem Jungen spontan auf die Schulter. “Du gehst durch die Reihen, überwachst die Übung und wirst den Anderen helfen, wenn sie Hilfe brauchen.” “Und Ihr?” Er wirkte verblüfft, darüber, dass ich ihm die Kontrolle übergab, aber… vielleicht war seine Tatkraft nur durch einen falschen Anfang getrübt. “Ich werde gleich zurück sein.” Damit ging ich auch schon und nach einer kurzen Stille, hörte ich schon die befehlende Stimme des Mannes. Vielleicht war er auch wirklich so, wie er sich gab. Langsam schüttelte ich den Kopf, hoffte, dass er es mit seiner Befehlsmacht nicht übertrieb und ging zu dem Abstieg der höher gelegten Ebene. Als ich hinabsah, schaute ich wirklich sehr konsterniert drein, denn ich erkannte, dass Legolas selbst jetzt noch mit seiner Truppe am Boden hockte und mit ihnen sprach. Ein perplexes Grinsen zeigte sich auf meinen Lippen. Denn wenn ich zu der Meute Gimli’s sah, wie sie nun die Axt über den Kopf schwangen, einen Schritt nach vorn taten und kraftvoll die Luft durchschnitten… sah man die Gelassenheit der Bogenschützen, als wäre dies ein Unterschied von Tag und Nacht. Legolas: Lange sprach ich mit ihnen, oft ließ ich auch sie zu Wort kommen und allesamt nutzten sie es. Fragen galt es zu beantworten, lehrreichen Erfahrungen zu lauschen und oft betrachtete ich sie mir mit Respekt und fand Zuversicht in der Gleichsetzung, die wir zueinander empfanden. Nie war ich der Lehrer gewesen, nie hatte ich es angestrebt. Allein ein Erzähler war ich hier, der die Fähigkeiten mancher zu stärken beabsichtigte. Erfahrung fand ich in den Worten der Männer, Kontrolle in ihren Gesten und Verständnis meinen Ansichten gegenüber. Doch andere gab es gleichermaßen... jüngere, unerprobt und ziellos in den Reihen der Zuhörer und Erzähler. An jenem Tag... ließ ich mich auf die Menschen ein und, zumindest was die nächste Zeit anbetraf, schufen wir uns ein und dieselbe Ebene. Dankbarkeit gebührte allein den Aufrichtigen in der Gruppe und weniger mir, der alles erwartete. Ich lauschte den Worten des erfahrenen Kriegers, der den Bogen sicher mit der Hand umschlossen hielt und mir mehr offenbarte, als als man bei einem solchen Soldaten erwartete. Beeindruckt musste ich mich nennen, als ich ihm mit einem stummen Nicken beifplichtete und unterdessen eine aufgeregte Stimme vernahm, welche von einem gewissen, und mir durchaus nicht unbekannten Punkt zu mir drang. Vergänglich und unauffällig war mein Blick zu dem jungen Mann, der sich zur Seite neigte und eine eigene Geschichte zu erzählen schien. "Und so schafften wir das Unglaubliche." Der Ältere senkte den Kopf und einige seiner Kumpanen raunten zustimmende Worte. "Unglaublich sind nur die Dinge, denen man keinen Glauben schenkt." Erwiderte ich. "Bei weitem keine Dinge, die unmöglich sind." "Habt Ihr schon einmal Unmögliches vollbracht?" Meldete sich jener Junge zu Wort und erbrachte den Beweis, dass Flüstern und zeitgleiches Zuhören zu jenen unmöglichen Dingen gehörten. "Nein." Antwortete ich ihm besonnen. "Unmögliches ist unmöglich, Unglaubliches jedoch nicht." "Wie?" Stumm schüttelte ich den Kopf und richtete mich etwas auf, mich an die Erfahrenen zu wenden und an sie die nächsten Worte zu richten. "Wie meint Ihr das?" Es war beileibe eine Erleichterung, als sich einer der Männer dazu bereit erklärte, weitere Erläuterungen zu erbringen und ich meinem Vorhaben ungestört nachgehen konnte. "Ihr seid nahezu achtzig an der Zahl, eine zu große Masse, um nur einem zu folgen. So möchte ich jene Kampferprobten bitten, mir eine Hilfe zu sein und die Übungen an meiner Seite zu leiten." Mein Anliegen schien nicht unerwartet auf die Menschen zu treffen und während einige umherschauten, antworteten andere mit geruhsamem Nicken. Einzig ein leises Raunen war es, welches durch die Reihen zog und rasch kehrte Stille, die ich enden lassen wollte. Tief schöpfte ich Atem, ließ den Blick über die Gesichter schweifen und driftete weiter, bis sie sich auf einen Mann richteten, der nicht weit entfernt auf einem der Hügel stand, entspannt und neugierig zu uns hinabblickte und sich nicht stören ließ, als ich auf seine Beobachtung aufmerksam wurde. Ich erwiderte sie nur flüchtig, wandte mich an meine Schüler und wollte erneut das Wort ergreifen. Meine Lippen öffneten sich, doch kein Ton drang über sie und nach einem leisen Räuspern lugte ich erneut zur Seite. Zugebeben... es irritierte mich, dass er dortstand und dies so provokant tat, dass man meinen könnte, er versuchte etwas zu bezwecken. Ich besah ihn mir länger und mit gerunzelter Stirn, warf gar Blicke nach beiden Seiten und suchte nach Erklärungen, nach Dingen, die seine Neugierde wecken und ihn ausharren lassen konnten. Doch es waren nur die Männer, die nun selbst Verblüffung zeigten und einige Blicke folgten dem meinen hinauf zum Hügel, bis ich mich ablenkte und die Aufmerksamkeit mit einem weiteren Räuspern auf mich zurücklenkte. "Ich bin nicht darauf aus, jegliche Konzentration auf die Stärke und die Erfolge im Umgang mit den Waffen zu lenken. Vieles werden wir proben, aufbauen und meistern." Ich senkte den Blick, presste die Lippen aufeinander und starrte auf den Boden... erneut verstummend. Es war schwer... konnte ich doch sprechen, ohne die Worte zuvor zu sammeln und zu überdenken... es erfüllte mich mit Unruhe, seinen Blick auf mir zu wissen. Es war beileibe eine Überwindung, ihn in den folgenden Momenten unbeachtet zu lassen und abermals die Stimme zu erheben. "Ich setze Vertrauen in das gegenseitige Ergänzen. Schenkt nicht nur den eigenen Fähigkeiten Beachtung... schenkt sie den Fähigkeiten aller, denn einer allein setzt nicht viel aus." Es verlangte mir danach, noch vielmehr zu sagen, doch die Stimme versagte mir erneut und einige wandten die Gesichter zur Seite, auf den zu schauen, an dem es lag. "Ich...", unentschlossen sah ich um mich, hob die Augenbrauen und schüttelte in stummer Verzweiflung den Kopf, "... lasst uns mit dem ersten Punkt beginnen." Hob ich wieder an und zog die Blicke von Aragorn. "Dieser Mann...", und ich wies mit einer offensichtlichen Geste auf ihn, auf dass sich jeder zu ihm wandte, "... wie weit steht er von uns?" Eine Bewegung ging durch die Reihen, als sie sich allesamt umdrehten und auch ich unverstohlen zu Aragorn schauen konnte. "Fünfzig Ellen." Schätzte einer der Männer und ich nickte beipflichtend, in ruhiger Haltung ausharrend und wieder recht gefasst. "Dies wird der erste Schritt für die Unerfahrenen." Den Blick besonnen auf Aragorn gerichtet, fuhr ich mit den Fingerkuppen über den Stoff meiner Weste. "Entfernungen einzuschätzen, sich Ziele zu setzen, die erreichbar sind und in der Distanz kein Hindernis zu sehen." Auf direktem Weg gelangte meine Hand zum Bogen, umfasste ihn und ließ die andere zugreifen, während sie weiterwanderte, hinauf zum Köcher schnellte und einen Pfeil aus diesem zog. Zielstrebig setzte ich ihn auf die dünne Sehne, hob den Bogen und ließ ihn davonschnellen, ohne dem geringsten Zögern zu verfallen. Kapitel 23: *~luetha~* ---------------------- ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* luetha - bezaubernd ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* Aragorn: Es war keine Schalkhaftigkeit. Natürlich war es keine, denn diese Art der Freude hatte ich bereits hinter mir. Heute morgen, als ich aufstand... als ich aß und Legolas traf. Ich lächelte leicht aber doch etwas betrübt, während ich hinab sah und den Elben beobachtete. Es fiel mir schwer zu wechseln. Von dieser Freude, die ich nach langer Zeit spürte, wieder zur Ernsthaftigkeit zurückzukehren. Doch es war ernst... Dort saßen sie und lauschten dem Blonden. Ich verstand die Worte nicht, die er sprach, nur seine Stimme vernahm ich und ich legte den Kopf schief. Wie geschickt er es anstellte... Es schien keine Komplikationen zu geben und nun dachte ich auch, dass es wohl keinen besseren Beginn geben konnte, als ein Gespräch mit all diesen Menschen. Die Jungen, die voller Erstaunen und Interesse zu ihm sahen. Die Älteren, die zustimmend nickten und selbst aus Erfahrungen sprechen mussten. Die Menschen, die man mir anvertraute... ich hatte sie allesamt als Schüler gesehen und in meinem seltsamen Eifer keinen Unterschied gemacht. Ich fuhr mir über das Kinn und atmete tief ein. Diese Beobachtung war mir Inspiration und Ernüchterung zugleich, denn mir kam in den Sinn, dass ich meine eben begonnene Lehre überholen musste. Mein Gesicht erhellte sich. Diverse Änderungen würden mir eine Hilfe sein... Geruhsam stellte ich mich bequemer hin, sah hinab und musterte Legolas weiter. Fachmännisch schien er zu erklären, ohne Scheu und authentisch. Wie er nun einmal war... Dann sah ich mich erneut um und erkannte eine Person, die sich regte. Ein Knabe, so wie mir schien, der anstatt den Worte des Elben zu lauschen, etwas eigenes zu berichten schien. Aber, kaum, dass man es erfasste, bemerkte natürlich auch Legolas diesen Frevel und brachte ihn prompt zur Ruhe. Ja... auch dafür hatte er ein Geschick. Ich dachte an meine eigene Erfahrung und bemerkte, wie fehlerhaft ich eigentlich war. Zu menschlich, als dass ich an seine Perfektion gelangte. Aber das war mein Wesen und nur aus Fehlern lernten Menschen und ich war mir bewusst, dass gerade diese mir oftmals aus dem Verständnis heraus, das Leben retteten. Erfahrungen und Wissen... genau dies war es, was ich meinem Trupp beizubringen hatte. Mit ihrer eigenen Hilfe. Plötzlich bemerkte ich, dass Legolas auf mich aufmerksam wurde. Er sah flüchtig auf und ich erwiderte den Blick lächelnd. Und dann ließ er wieder von mir ab, richtete sein Augenmerk auf die Männer vor sich... doch er schwieg. Irritierte ich ihn erneut? Nun, ich war ehrlich gesagt erpicht darauf, es herauszufinden. Nochmals suchte er meinen Kontakt... wahrlich irritiert und nun doch nervös, da ich es vorzog, seine Methoden weiter zu studieren? Er sah sich um, im Glauben, ich könnte nicht ihn meinen. Ich dagegen, begann zu grinsen und mich erneut an seiner Zerstreutheit zu erfreuen. Er musste es doch gewohnt sein, dass ich ihn ansah, ihn betrachtete... aber wie so oft schon, wusste er nicht um den Grund. Oftmals... war diese Erkenntnis schon annähernd zu bedauern... Ah, er sprach weiter und ich lauschte den Wortfetzen, dem Klang seiner Stimme und achtete auf die Regungen seiner Zuhörer. Dass es Einige unter ihnen gab, die ebenso um meine Anwesenheit wussten, störte mich nicht. Es war keine Seltenheit, dass ein Lehrherr einen Anderen in seiner Art der Unterweisung berücksichtigte. Wenigstens für mich... war es doch eine Begünstigung. Legolas' Blick senkte sich, er verstummte. Abermals richteten sich Augen auf mich und erst dann sprach er weiter. Nicht lange, stellte ich fest und allmählich dachte ich mir, ich sollte mich wieder abwenden. Eine solche Tücke war beinahe boshaft von mir... doch zugegebenermaßen konnte ich nicht anders. Der Elb schüttelte den Kopf und ich hob eine Braue. Was geschah? Offensichtlich galt mir eine Gebärde und mit einem plötzlichen Umschwung richteten sich alle Blicke auf mich. Überrascht hob ich beide Brauen und fühlte mich nun... vorgeführt. Was hatte er vor? Mein Lächeln wich einer ratlosen Miene und ich wartete gespannt ab. Was für ein seltsames Gefühl... Ein anderer Mann antwortete auf etwas, was Legolas fragte. Interessant. Nun war er wieder sicher in seinem Element. Anpassungsfähig würde ich meinen. Bedacht erfasste ich seine Bewegungen und urplötzlich erkannte ich, was er gedachte zu tun. Ein Griff, eine Einschätzung und er ließ den Pfeil von der Sehne schnellen, auf dass er geradewegs auf mich zukam. Aber ich blieb regungslos. Dies nannte man wohl Vertrauen, welches ich ohne Zweifel in ihn hatte. Bedingungsloses Vertrauen... Und zischend bohrte sich die Spitze direkt vor meinen Füßen in den Boden, dabei keinen Spielraum freigebend. Abschätzend sah ich den Pfeil an, legte eine Hand in die Hüfte und schüttelte den Kopf. Ein Maß durch und durch... und ich grinste. Eine beispiellose Darbietung von Präzision. Und er wandte sich ab, ohne dass ich seine Mimik erkennen konnte. Lächelte er? Erfreute er sich möglicherweise nun an meiner Reaktion? Was auch immer er für eine Miene bewies... er wusste jedenfalls, wie er aus einer solchen Situation herauskam... und damit seinem eigenen Trupp eine wichtige Fertigkeit zeigen konnte. Doch was sah ich da? Der Knabe, der es sich anscheinend ungern nehmen ließ, Gespräche zu führen, obgleich er es nicht mit Legolas tat, lernte nichts aus dem letzten Dekret... und wirkte in eine Erzählung vertieft. Langsam beugte ich mich zu dem Pfeil, beließ den Blick auf dem Burschen und zog mit der anderen Hand meinen Bogen von der Schulter. Hatte Legolas nun nicht genug Respekt erwiesen, in dem er lediglich mit ihnen sprach? Wo war der seine, der ihm Dienstwilligkeit zeigte? Gemächlich zog ich den Pfeil aus der Erde, spannte ihn auf die Sehne, zielte und schoss. Und sicher bohrte er sich auch vor dem Jungen in die Erde, woraufhin er gnadenlos zusammenzuckte. Es war mir eine Freude... und so wandte ich mich ab und kehrte zu meiner eigentlichen Aufgabe zurück. Eine, die ich von nun an intensiver und ernster wahrnehmen wollte. Doch so hatte ich mich geirrt, als ich viele meiner Männer am Boden hocken sah und sie sich der Ruhe hingeben. Ich hatte mir nur wenig Zeit genommen und sie ruhten? Flugs ging ich auf sie zu, durchschritt ihre Reihen, auf dass viele zur Bewegung zurückfanden und sich wieder aufrappelten. Aber jener, den ich zur Aufsicht gebeten hatte, lag behaglich auf dem Rücken und gab sich dem wolkenlosen Himmel hin. Vor ihm blieb ich stehen und er schreckte auf, fand rasch Fuß... und verblieb wortlos. Tatsächlich hatte ich meine Entscheidung falsch getroffen. So machte ich ebenso wortkarg kehrt und sah mich streng um. Eine Änderung... "Ihr..." Die, die sich der Übung hingegeben hatten und nichtsdestotrotz standhaft meinen Anweisungen gefolgt waren, winkte ich zu mir. Was war dies nur für eine Ironie, dass es jene waren, die mir anhand ihres Angriffes... ihrer Gewandtheit mehr Geschicklichkeit gezeigt hatten, als die, die sich einer Rast hingaben. "Ihr folgt mir. Die Anderen...", ich zeigte meine Enttäuschung und musste mich gleichsam selbst mahnen, "... ihr fördert eure Kondition. Ihr folgt der Hügellandschaft in einem immerwährenden Kreis. Hastet ohne Schonung. Sollte euch dennoch eine Unterbrechung in den Sinn kommen, werde ich mich an eurer Gesellschaft bei einem Lauf um Minas Tirith erfreuen." Ich sah die entsetzten Gesichter und mir selbst war es kein Vergnügen solche Worte auszusprechen. Woher aber sollte ich Disziplin erwarten können, wenn sie nicht an Strafe bei Widerwillen denken mussten? Sie sahen sich an. "Los!" Und gehetzt rannten sie. Nur flüchtig sah ich ihnen nach, ehe ich mich an die Auserwählten richtete. Siebzig waren es an der Zahl und erwartungsvoll sahen sie mich an. Ebenso beäugte ich sie und hoffte mich in dieser Bestimmung erfolgreicher. "Ich brauche eure Unterstützung." Ernsthaftigkeit offenbarten mir ihre Gesichter. Ich nickte ihnen zu und ging los. Geschwind folgten sie mir und während ich eilend an Legolas' Bogenschützen vorbeizog, beriet ich mich mit den Männern. Es gab einige Möglichkeiten, das Geschick im Schwertkampf auszubauen. Und mit Zusammenarbeit würden wir sie ausschöpfen. Legolas: Still ließ ich den Bogen sinken, den Blick achtsam auf Aragorn richtend und die Krieger selbst unbeachtet lassend. Sie folgten der Begebenheit erwartungsvoll, teils erschrocken und keines von beiden war Aragorn anzusehen, als er den Kopf sinken ließ... und sich unterdessen nicht vom Fleck regte. Ein vergängliches Lächeln streifte meine Lippen und besonnen legte ich den Bogen nieder. Selbst die geringste Gestik wurde zur Besonderheit... wenn sie Vertrauen bewies. Er war wahrhaftig tollkühn und in anderem Fall nur knapp einer Verwundung entgangen, die Hinderung bedeutet hätte. "Ich sage dir...", das Flüstern, welches stets aus derselben Richtung zu mir drang, blieb weitestgehend uninteressant, als ich den Blick durch die Reihen schweifen lief und so manche Gesichter fanden Entspannung in amüsiertem Lächeln, auf das ein Schmunzeln und leises Raunen folgte. "Er hatte Schultern wie... und doch..." Es ließ sich nicht vermeiden, dass ich ihn nun doch ansah, wie er den einzigen darstellte, der nicht im Geschehen war und dies jedoch bald sein sollte. Meine Ohren erfassten ein Surren, zu bekannt, als dass es ihnen entgehen konnte. Einen Augenblick nur ertönte es und zielgerade suchte sich mein eigener Pfeil den geraden Weg durch die Menge und bohrte sich dumpf in den steinigen Boden vor den Knien des kauernden Jungen. Eine unschlüssige Bewegung erfasste die Menge, Köpfe wandten sich zur Seite, Raunen erhob sich und bleich war die Miene des jungen Mannes und seine Lippen geschlossen. Besonnen betrachtete ich mir den kunstvollen Schaft des Pfeiles, verzog die Brauen und legte den Kopf schief. Mit geweiteten Augen starrte der junge Mann auf den Pfeil, während aus einer anderen Richtung leises Lachen ertönte und ich mich selbst nicht mehr weit davon entfernt sah. Stattdessen zog ich es vor, erneut zum Hügel zu blicken und nach Aragorn zu suchen... doch er war fort, scheinbar gegangen in den Momenten der Aufregung. Nur kurz sah ich dort hinüber, schöpfte tiefen Atem und unterdrückte wiederum ein Grinsen, als ich mich an jenen Geschätzigen wandte. "Mangelnde Konzentration ist gefährlicher als einjeder Gegner." Predigte ich ihm mit geduldiger Ruhe und er erwiderte meine Betrachtung mit gehetztem Atem und blasser Miene. "Du tust nichts schlecht daran, dich bereits im Alltag um Konzentration zu bemühen." Lächelnd richtete ich mich ein wenig auf und streckte ihm die Hand entgegen. "Mein Pfeil." "Ihr... ah...", haspelnd und unsicher griff er nach diesem und zog ihn aus dem Boden, wobei mir das Zittern seiner Hand nur schwerlich entgehen könnte. Es war nur zu meinem Vorteil, dass Aragorn genau das besaß, was ihm fehlte. Aufmerksamkeit... So nahm ich den Pfeil an mich, wendete ihn in der Hand und lauschte wenige Augenblicke in die angenehme Stille. "Ich plante, im ersten die Präzision zu stärken." Sprach ich meine Gedanken aus und sogleich erhielt ich Antworten. "Wir alle hätten es wohl nötig." Erhob ein kriegserfahrener Soldat das Wort und zustimmendes Nicken zog durch die Runde. "Unsere Hände müssen jene Sicherheit zurückerlangen, die sie durch Bettlägerigkeit verloren." Und weitere stimmten ein und ich hob die Hand, spreizte die Finger und besah mir den stabilen Handgelenksschutz, der jenes Mal unter sich verbarg... Hatten auch meine Fähigkeiten nachgelassen...? Wir alle benötigten Übung und die Unscheinbarsten wohl am meisten. "Lasst uns Pflöcke aufstellen." Ein anderer erhob sich und wies auf eine freie Stelle vor jenem Hügel. "Mit einem Ziel lässt es sich besser machen." Ich presste die Lippen aufeinander und verzog die Brauen, entließ meine Hand endlich der skeptischen Betrachtung und erhob mich, um den Männern eine Hilfe zu sein. Gemächlich begann sich die Schar zu zerstreuen und einer der Männer wandte sich an mich, als ich mich ihrer Bewegung anschloss. "Wir besitzen keine besseren Materialien, die Schlacht zerstörte viel und leider auch alles, womit wir früher übten." Ich schmunzelte, hob die Hand zum ledernen Riemen des Köchers und begann ihn zu lösen. "Wer Pfähle trifft, trifft auch vielmehr als das." "Da habt Ihr wohl recht." Antwortete er mir besonnen und eilte davon. Kurz darauf legte ich den Köcher samt der anderen Waffen zu Boden und trat zu den Gruppen, die sich gen Boden beugten und das trockene Gestein mit Lanzen und den bloßen Händen bearbeiteten. Löcher galt es auszuheben und von nicht weit her ertönten die dumpfen Geräusche, als Klingen auf Pfähle trafen und diese zurechtschlugen. "Eine halbe Elle sollte genügen." Meinte ein Mann in die Arbeit vertieft und vergrub die Hände im Kies, um diesen auszuheben, Schweiß glänzte auf seiner Stirn und wieder blickte ich um mich. Ich tat es nicht bewusst oder gar gewollt, nur ein Zeichen meiner Unsicherheit. Man behandelte mich wie einen von ihnen... nicht besser, nicht schlechter... und dies war es, das mich im positiven Sinne erschütterte. Es war zu einfach, einer von ihnen zu sein. "Sie müssen aufrecht stehen und nicht vielem standhalten." Stimmte ein anderer zu und beugte sich weit hinab, um mit der Lanze tiefer zu dringen. Ich schöpfte tiefen Atem, überblickte die arbeitende Menge und rückte an dem Gürtel, bevor ich zwischen sie stieg und mich vor eines der Löcher kauerte. "Man sollte die Kraft eines Pfeils nicht unterschätzen." Und ich schürfte auch die Erde beiseite und griff nach einem alten Dolch, den man mir reichte. "Etwas tiefer noch." Und ich rammte die alte Klinge in den Boden und lockerte diesen, während man die angespitzten Pfähle herbeibrachte. Durch die Hilfe vieler Hände waren die Vorbereitungen schnell getan und bald strömten sie wieder auseinander und ließen die Pfähle zurück. Den letzten von ihnen prüfte ich nochmals auf seine Festigkeit, wandte mich auch ab und verwischte die Erde, die an meinen Händen und meiner Weste haftete. Ganz darin vertieft, entfiel mir, dass sich mir jemand näherte. "Ihr Bogen." Und wer könnte es sonst sein, als mein Helfer, der sich selbst dazu ernannte? Unentschlossen sah ich ihn an und grinsend reichte er mir den Köcher, die Säbel und den Bogen. "Nehmt sie doch." Ihn skeptisch fixierend, griff ich nach meinen Waffen, nickte zögerlich und sah ihn stolz davoneilen. Daran musste ich mich wohl gewöhnen, um bald darüber zu stehen. Gleichsam zogen wir wieder die Riemen um unsere Leiber und ein letztes Mal besahen sich die Männer ihre Pfeile, taten dies aufmerksam und in einer angenehmen Stille, während von einer gewissen Richtung noch immer das Brüllen und Keuchen zu uns drang. Eine Sache, über die ich schon stand, bevor ich mich an sie gewöhnen musste. Ich selbst blieb neben einem der Pfähle stehen, ließ den Bogen sinken und wartete, bis einjeder bereit zu sein schien. So begannen wir entspannte Übungen, tauschten uns aus, berieten uns, musterten, beobachteten und beratschlagten. Ruhige Worte wurden gewechselt, Augen verfolgten die Übungen der einzelnen und einjeder von ihnen gab sich den Präzisionsübungen mit größter Konzentration hin. Nur selten surrten Pfeile an den Zielen vorbei und neue Versuche folgten. Ich verschränkte die Arme, klemmte den Bogen zwischen sie und verfolgte, wie jener junge Mann den Pfeil auf die Sehne legte. Mit angespannter Miene und funkelnden Augen spannte er den Bogen, hob ihn und zielte. Und wie unruhig war er trotz der Harmlosigkeit dieser Bewegungen und des ausbleibenden Effekts des Todes. Seine Hände regten sich am glatten Holz und weit von eigentlichen Ziel entfernt, bohrte sich der Bogen in das Gestein. Ich ließ den Kopf sinken und trat aus der Gruppe hervor. "Für Unerfahrene mag es eine Hilfe sein, sich nicht auf das Ziel zu konzentrieren." Hob ich an und die Bögen wurden gesenkt. "Vielmehr sollte man die Aufmerksamkeit auf jene Kleinigkeiten lenken, die Haltung, die Atmung...", ich bettete die Hand flach auf meiner Brust und ein Junge starrte irritiert auf seinen Bogen, "... das Gefühl für diese Waffe zu erlangen, ist der Grundbaustein einjeden Erfolges." Ich griff zum Köcher und zog einen Pfeil. "Beginnt nicht mit dem Gedanken, das Ziel zu treffen, sondern beginnt mit dem Ziel, die Waffe zu kontrollieren." So setzte ich geruhsam den Pfeil auf die Sehne, spannte diese weit und spürte die Kraft, die in jenem Holz steckte und die Tödlichkeit der Pfeilspitze, die nun allein trocknes Holz durchbohren würde. Ohne die Schußlinie mit Regung zu verändern, gab ich nach, öffnete die Finger, die die Sehne zurückhielten und knackend traf der Pfeil das Ziel. "Der Rest...", ich drehte mich zu ihnen um, "... geschieht von ganz allein." Bis in die späten Mittagsstunden arbeiteten wir an unserem Können und nach dieser anstrengenden Zeit gingen die Männer, um ihre Nerven zu entspannen und den Magen zu füllen. Sie zerstreuten sich und kehrten zu jener Stadt zurück, wobei es ihnen einige gleichtaten. Gimli selbst und dessen Männer... schienen dabei unter den ersten zu sein. Lange schon, sah ich sie nicht mehr bei ihren schweißtreibenden Übungen. Ich zog den letzten Pfeil aus dem Holz, ließ ihn mit den anderen sinken und beschattete die Augen mit der Hand, um zu jenem Hügel aufzublicken, auf dem ich noch immer Bewegungen erfasste. Ich selbst verspürte keinen Hunger und war mir sicher, es auch lange nicht zu tun, doch drehten sich meine Gedanken rasch um einen anderen, dem es nicht so gehen dürfte. Der sich zu sehr in eine Sache vertiefte, auf dass er andere gar schnell vergaß. Kurz sah ich hinüber zu den massiven Mauern der Stadt, beugte mich hinab und legte die Pfeile zu den etlichen Bögen, die zurückgelassen worden waren. Bequem machte ich mich dann auf den Weg zu jenem Hügel, wischte mir erneut den Schmutz von den Händen und von der Wange. Ich stieg durch das trockne Gestein, erstieg den Hügel und betrachtete mir die Schar, die sich unter der heißen Mittagssonne plagte. Ich blinzelte unter dieser, schlenderte näher und nahm mich dieser etwas anderen Methode an. Interessiert verfolgte ich die Bewegungen der Männer, blieb alsbald stehen und hielt nach dem einen Ausschau, der sich, wie konnte man es auch erwarten, unter sie gemischt haben musste. Ich hakte die Finger in den Kragen meiner Weste und lockerte diesen ein bisschen, rückte an dem Gurt und legte den Kopf schief, als ich Bewegungen erblickte, die mir wohl bekannt waren. Aufgerichtet und zielstrebig schritt Aragorn durch die Reihen, gestikulierte mit den Händen und könnte sich wohl nur schwerlich dazu überwinden, sie still zu halten. Laut und resolut ertönte seine Stimme und die Männer folgten, wenn auch ihre Atmung schwer fiel und die Schwerter in ihren Händen stetig an Gewicht zu gewinnen schienen. Ich sah Jüngere, die sich keuchend von der Menge trennten und nach Luft rangen, sich mit unbeholfenen Bewegung auf die Knie stützten und ehrliches Nachsehen vonseiten Aragorns erhielten, der es gern gab und ungern nahm. Doch nach seiner Meinung fragte man nicht. Ich verfolgte das Spektakel geduldig und nicht lange, bis er mich bemerkte und das erste Mal seit langem die Menge verließ. Ich musterte ihn gelassen, während er es vielmehr mit freudiger Erwartung tat. Schwer drang auch sein Atem über seine leicht geöffneten Lippen und gern besah ich sie mir, bevor ich den Schweiß bemerkte, der glänzend auf seinem Gesicht haftete. Die Gruppe im Rücken, blieb er so vor mir stehen und erneut wurde mir seine Freude zuteil, die mich selbst um ein Lächeln brachte, mich jedoch länger schweigen ließ, als es Not tat. Ich senkte leicht den Kopf, besah mir seine Kleidung und das Gestein, welches zwischen den Riemen und Schnallen haftete. Ich blinzelte, zog die Luft durch die Zähne und hob langsam die Hand. Verblüfft verfolgte er, wie ich eine dünne verdorrte Wurzel aus einer Falte seiner Weste zog und diese fallen ließ. "Wir gehen essen." Sagte ich daraufhin ruhig und äußerst bedacht darauf, diese Worte nicht als Frage zu formulieren. Aragorn: "Zur Unterstützung der Fähigkeit, zur Schulung ihrer Geschicklichkeit... welche Mittel haben wir zur Verfügung?" Eilends durchtrat ich mit den Männern das mächtige Tor und blieb vorerst in der Mitte des weiten Hofes stehen, ehe ich mich ihnen zuwandte. "Der letzte Kampf nahm uns vieles." Murmelte einer und rieb sich nachdenklich den Bart, während er einem anderen Soldaten einen fragenden Blick zuwarf und ich mich bedächtig umsah. "Wie steht es mit der Auswahl an Waffen?" Tiefsinnig rieb ich die Hände aneinander und tat einige Schritte. "Morgensterne, Äxte, Lanzen, Hellebarden, die Waffenkammern werden wohl noch jene Nahkampfwaffen beinhalten." Sinnierend nickte ich dem Mann zu. "Sehr gut. Holt, was ihr findet..." Er nickte mir zu, wandte sich an einige Andere und verschwand mit ihnen. Ebenso winkte ich den Rest zu mir und bat um Mithilfe an Tragflächen. Karren wurden herbeigeschafft und die Waffen in ihnen verstaut. Seile und Sandsäcke folgten und gemeinsam kehrten wir zu den laufenden Soldaten zurück. Asketisch waren sie meinem Befehl gefolgt und nun gab ich ihnen ein Zeichen, auf dass sie sich zu uns gesellten. Es war an der Zeit, dass ich das Training nicht mehr nur in meine Hände legte. Die Krieger wurden geteilt und ich übergab gern jedem fähigen Mann die Führung für eine gewisse Anzahl. Ich bemühte mich, dieses Training in eine andere Richtung zu lenken und zu meiner alten Weise zurückzufinden. "Der Sinn und Zweck des Schwertkampfes, ist der Nahkampf." Begann ich und durchschritt die Reihen, während die Waffen von dem Karren gehoben wurden. Erschöpft stöhnten die Jüngeren, die gerannt waren und ich gab ihnen die Zeit, sich nun wieder zu erholen. "Ein Ork kann euch in Stärke und Masse noch so überlegen sein...", ich zog das Schwert aus der Scheide und besah es mir eindringlich, "... durch Wahrnehmung des wahren Zwecks des Schwertes ist es euch möglich, ihn zu besiegen." Geruhsam ließ ich die Klinge sinken und blickte mich um. "Warum reicht dieses Wissen?" Eine Verwunderung trat auf, doch man war gewillt, mit mir zusammenzuarbeiten. "Weil das Schwert nicht von Masse und Stärke abhängig ist." Kam die Antwort von einem kräftigen Krieger, der sich gerade daran machte, einen Sandsack an ein Seil zu binden. Zustimmend nickte ich, ließ das Schwert in der Hand kreisen. "Fahrt fort." Bat ich ihn, der allgemach aufsah, sich sogleich aufrappelte und vortrat, sich sein eigenes Schwert besah und kurz nachdachte. "Der Schwertkampf soll Geist und Körper ertüchtigen und lediglich den Charakter stärken. Er fördert die Gewandtheit, die Geschicklichkeit, welche der Stärke überlegen ist." Mein Mundwinkel zuckte zu einer erfreuten Miene und ich sah auf. "Doch das...", jener junge Mann, der mir schon oftmals ein Widerwort gab, löste sich von den erholenden Knaben und trat zu mir vor, "... das kann nicht alles sein!" Sein Atem fiel schnell und er wischte sich den Schweiß von der Stirn, ehe er sich an die Männer wandte. "Kein Mann kann den Feind durch Schnelligkeit besiegen, wenn er das Schwert nicht einmal halten kann! Und Durchschlagskraft ist wesentlich wirkungsvoller, als rapide Hiebe!" Ein Raunen zog durch die Männer und ich beobachtete die vielsagenden Blicke, die sie sich zuwarfen. Ich verblieb still... "Wenn der Feind schneller ist als Ihr, dann ist Eure Durchschlagskraft nutzlos." Ein weiterer Krieger stellte sich ihm gegenüber und ein wenig noch, beobachtete ich diese Situation. Der Augenblick würde kommen, in dem er sich umentscheiden und dazulernen würde. Ruhig trat ich vor und blickte sie an. "Lasst uns anfangen." Die Männer, die an den mitgebrachten Waffen hantierten, erhoben sich und ich ließ sie ihre Arbeit tun. Die Beratung war, dass sich die Erfahrenen um die Ungeübteren sorgten und sie unter ihre Fittiche nahmen. Die Gruppe zerstreute sich und ich gesellte mich nach und nach zu ihnen. Bedächtig nahm ich mir einen Sandsack, der festgezurrt an einem stabilen Seil gebunden war und reihte mich in der Mitte ein. Erklärend nahm ein Streiter mir diesen ab. Es glich nun einem Spiel, welches die Jüngeren noch mit skeptischen Blicken entgegensahen. Der Mann befehligte sie, sich in einem Kreis aufzustellen und natürlich tat auch ich es ihnen gleich. Und ich wartete ab, während der Sack nun über dem Kopf des einen schwang und es hieß, ihm auszuweichen. Allmählich wurde das Seil gelockert und die Reichweite erweitert. Gespannt sah sich der Mann um und plötzlich erreichte es auch mich und ich duckte mich im rechten Moment, bevor es der Nächste gegen den Rumpf bekam. Er taumelte zurück und rieb sich den schmerzenden Bauch. "Aufpassen!" Einige sahen dem Unaufmerksamen noch nach, ehe sie begannen, sich auf den Sack zu konzentrieren. Es war kein prägendes Unterfangen, wenn man zu spät reagierte. Es passierte vielen und doch standen sie nach kurzer Zeit wieder auf. Sowohl diagonal und auch gleich eines Morgensternes vertikal schlug der Sack auf und alsbald wurden die Rollen gewechselt. Reaktion, dachte ich mir… wer sich konzentrierte, verbesserte seine Reflexe, seine Vorhersehung. Und jener, der die Meute zum Springen und zu jeglicher Animation bewegte, übte sich in der Kraft, eine solche Last zu drehen und zu wenden. Alsbald löste ich mich aus der Gruppe, fuhr mir durch das nasse Haar und ging weiter. Aufgeteilt und mit wachenden Augen aufeinander, war das Training von Erfolg gekrönt... Ich beobachtete sie und lauschte den Worten. Und gern ließ auch ich mich weiterhin belehren, mir von den Erkenntnissen der Erfahrenen berichten und ließ mich selbst verleiten, aus eigenen Erfahrungen zu sprechen und Rat zu erteilen, wenn man dies wünschte. Und während ich weiterging, erinnerte ich mich an das Training, dass Boromir den Hobbits gab, ehe wir den Pass des Caradhras beschritten. Die Finte, die mir Merry und Pippin stellten. Doch ich verwarf diese Erinnerung schnell, denn sie stimmte mich melancholisch und dies war fehl am Platz. Schwer keuchend kämpfte ein Bursche um die Verteidigung gegen zwei Streitäxte, die sein Gegenüber führte. Ich sah zu, wie er auswich, sich schützte und versuchte einen Gegenschlag zu erreichen. Gelassen schritt ich hinzu. "Versuche die Schritte vorauszuahnen." Sagte ich zu ihm und erlaubte mir, mich dem Führenden entgegenzustellen. Abwartend trat er zurück. "Wie, Herr?" Ruhig erhob ich das Schwert und fixierte die Waffen. "In dem du dich in den Feind hineinversetzt. Wer es vermag zwei Waffen einzusetzen, wird sie auch nutzen. Doch niemals zweimal mit der selben Hand." ich nickte meinem Gegenüberstehenden zu und er festigte den Griff, ehe er ausholte. Vorerst parierte ich nur, passte mich der Geschwindigkeit des Anderen an und ließ mich zurückdrängen. Befolgend der Bewegungen, tat ich dann geschwind einen Schritt hervor, verhinderte die Möglichkeit des Ausholens zum nächsten Hieb und drehte mich dann aus der Reichweite der zweiten Axt, bewegte mich dabei flink hinter ihn und gab den Tragenden lediglich einen Stoß, auf dass er zu Boden ging. "Die Hiebe sind stark und erbarmungslos." Meinte ich dann, ehe ich das Schwert in die Scheide zurückgleiten ließ und tief durchatmend zu dem Jüngeren sah. "Aber wenn du den toten Winkel in der Beweglichkeit deines Feindes findest, wirst du ihn auch besiegen." Kurz legte ich ihm die Hand auf die Schulter, ehe ich dem Anderen aufhalf. So fügte ich mich in die Übungskämpfe ein, trainierte mich gleich, wie sie und spürte die bekannten Nässe des Schweißes auf meiner Haut. Die Sonne stand bereits hoch und ich sah die Erschöpfung in den Gesichtern. Viele Stunden hatten wir trainiert und auch mein Körper sehnte sich nach einer kurzen Ruhe, die ich ihm nur schwerlich gönnte. Ich ließ die Männer zusammenrufen, so dass auch die Entkräfteten zur Gelöstheit zurückfanden, gab mir aber selbst keiner Entspannung hin. "Ihr spürt die marternde Schwäche, die euer Körper trägt. Sie ist das Zeichen des Rückzuges. Gebt euch nicht der Übermütigkeit hin, denn dieses Geschick, dass ihr führt, vereint ein großes Potential an körperlicher, geistiger und charakterlicher Stärke." Meine Hand wanderte zu meiner Stirn. "Euer Ziel ist die Erlangung von Harmonie zwischen eurem Geist und eurem Körper. Ein unbedachter Schlag kann euer Tod sein." Flüchtig stemmte ich die Hände in die Hüften und blieb stehen. "Entschlossenes Vorgehen und gestärktes Verantwortungsbewusstsein, sowie Entschlussfähigkeit zu schnellem und richtigem Handeln, bringen euch den Sieg. Dieses Schwert...", und ich ging weiter, ehe ich zischend die Klinge aus der Schwertscheide zog, "... ist Hüter eures Lebens und gleichsam die Erinnerung an diejenigen, die ihr damit schützt." Ruhig ließ ich den Blick umherschweifen und dann hielt ich inne, als ich jemanden erkannte, den ich nicht sobald hier anzutreffen gedachte. Überrascht und doch sehr schnell zur Heiterkeit zurückkehrend, grinste ich ihn an, ehe ich mich rasch an die Männer wandte. "Behaltet dies stets im Gedächtnis." Und damit ließ ich von ihnen ab und ging zu Legolas. Welch eine Freude, dass er nun zu mir kam, wo ich ihn doch zuvor einer Unsicherheit aussetzte. Ausharrend blieb ich vor ihm stehen und sah ihn an. Und ich unterdrückte gar ein amüsiertes Lachen, da der Schmutz in seinem Gesicht einen entzückenden Anblick bot. Es war wohl nicht bei den Gesprächen mit seinen Schützen geblieben... Doch er lächelte nur selig und begutachtete mich wohl, wie ich es ihm gleichtat. Ein flüchtiges Schweigen herrschte zwischen uns, welches ich gern so beließ, ehe er jedoch den Kopf senkte und dann die Hand hob. Verwundert sah ich ihm zu und entdeckte diese Wurzel, die er aus meiner Kleidung zog. Mir war, als müsste ich nun nach einem feuchten Tuch greifen, um ihm den Dreck von der hellen Haut zu wischen, aber es blieb bei meiner Wortlosigkeit. "Wir gehen essen." Sprach er von uns oder von seinem Trupp? Dies war keine Frage und es kam mir bekannt vor. Verschmitzt wurde mein Grinsen zum Lächeln, denn ich wusste, ein Widerspruch durfte es von meiner Seite aus nicht geben. Und wenn ich ehrlich war... der Hunger blieb nicht aus. "Natürlich." Antwortete ich ihm Kopf schüttelnd, ehe ich mich umdrehte und auch meinen Männern diese Mitteilung machte. Nun, wenn ich es mir auch nicht gönnen wollte, so sollte ich sie doch den anderen gönnen. So setzten sie sich in Bewegung. Und wenn ich es mir bewusst machte, war mir dies doch ganz recht. "Gehen wir." Meinte ich noch und folgte den Anderen an Legolas' Seite. Es geschah schon wieder. Erneut richtete sich seine Aufmerksamkeit auf mich und hütete mich davor, mich zu überanstrengen. Es war wie am Vortag und wenn ich es so sah, war es noch an mir, mich für seine Bemühungen zu bedanken. Gelegentlich sah ich stumm zu dem Elben und verblieb dies auch während des Weges. Er zeigte nicht, dass er auf Dank aus war. Er wirkte lediglich zufrieden damit, dass ich ihm abermals folgte. Wie könnte ich nicht...? Gelassen betraten wir also nach kurzer Zeit den Saal. Laut war es, denn alle Krieger waren nun hier und stärkten sich. Ruhig schob ich mich an den Männern vorbei, sah wachsam zu Legolas, damit er ebenso beobachten konnte, dass ich mich nicht sträuben würde, etwas zu mir zu nehmen. Reichlich war die Tafel gedeckt und der würzige Duft von Braten und frischem Brot trat mir in die Nase. Ja, es war wohl wahrlich Hunger und diesen einen Tag nur, gab ich auch gern diesem Gefühl nach und füllte meinen Teller. Weniger mit Fleisch, mehr mit Früchten begnügte ich mich, während ich noch eilends nach dem Brot griff und auch einen Wasserkrug an mich nahm. Eigentlich war ich es nicht gewöhnt, dass ich reichlich aß, denn ich wusste, wie sehr dann der Magen nach Nahrung verlangte, wenn sie rar war. Nur heute... Ja... Zufrieden mit der Auswahl, wartete ich auf Legolas und hob fragend eine Braue zu seinem spärlich bedeckten Teller. Aber ehe ich an eine Mahnung dachte, entdeckte ich auch schon einen Sitzplatz. Ich würde später zu seiner eigenen Essgewohnheit etwas sagen, denn nun wollte ich nur das gemeinsames Essen genießen. Flüchtig sah ich mich um und entdeckte auch Gimli unter den gesprächigen Männern. Sein Teller war prall gefüllt und in seiner Hand lag bereits eine große Keule. Grinsend schüttelte ich den Kopf und ließ mich nieder. Während ich einen großen Schluck von dem klaren Wasser nahm, besah ich mir meinen eigenen Teller und ließ mir die besonnene Zeit, zu sinnieren, womit ich begann. Ich begutachtete die Früchte ein weiteres Mal und setzte dann den Krug ab. Schalkhaftigkeit... ja, sie lauerte, als ich mir eine kleine grünliche Frucht nahm und sie aß. Mit aller Müh versuchte ich meine Miene teilnahmslos zu zeigen, obgleich die Bitterkeit selbst meinem Gaumen einiges abverlangte. Nochmals nahm ich einen Schluck Wasser, ehe ich den Blick ganz bedächtig zu Legolas wandern ließ und auf eine weitere Frucht hinwies. "Hast du schon einmal diese Frucht gegessen? Sie schmeckt köstlich." Und ich bewies ein Geschick, diesen Unfug glaubhaft verlauten zu lassen. Wie könnte ich mir auch eine unbekannte Reaktion seinerseits entgehen lassen, wenn ich sie hervorlocken konnte? Legolas: Er zeigte keine unerwartete Reaktion, offenbarte gar jene Freude, die sich so oft bei ihm betrachten ließ, seit der Tag angebrochen war. Hätte es vor geraumer Zeit noch einem Trugbild meines Sehnens geglichen, war es nun umso glaubwürdiger und erfüllte mich mit einer Freude, die auch mich flüchtig lächeln ließ, als seine Männer auseinanderströmten und er mir anstandslos folgte. Eine annähernd erschreckende Wendung des Schicksal, wenn man es sich scheu betrachtete. Waren auf meine bescheidenen Belehrungen vor nicht langer Zeit auf taube Ohren, gar auf Wut gestoßen, wurden sie nunmehr mit Freuden befolgt und nichts verleitete mich dazu, mich nachtragend der vergangenen Zeiten zu entsinnen, als alles zwischen uns zerbrochen schien und kein Weg mehr zum anderen führte. Wege waren nun nicht mehr von Nöten... wir fanden mühelos zum anderen und hielten an diesem fest. Besonnen wischte ich den ärgsten Schmutz von meiner Kleidung, streifte mein Haar zurück und betrachtete mir den Boden zu meinen Füßen. Ich sinnierte nicht, grübelte nicht und schwieg. Für den Augenblick der Lage genügte es mir, neben ihm zu gehen. Viel sollte es noch zu sagen geben... doch nicht jetzt. Ich sah zu ihm, unüberlegt und ohne Absicht, die Geste versteckt zu halten. Aragorn blinzelte im grellen Licht der Sonne, beschattete die Augen mit der Hand und schritt alsbald neben mir durch das königliche Tor. Auch er richtete kein Wort an mich und hätte mich dies vor kurzer Zeit noch mit Unsicherheit erfüllt, war es nun lediglich ein Zeichen, dass es in diesen Momenten nicht viel zu sagen gab und wir diese Zeit nahmen, so wie sie kam. Wir folgten dem rasch abklingenden Strom und fanden noch Platz in einem der Speisesäle, in denen viele ihren Hunger zu tilgen gedachten. Auf der Suche nach den passenden Speisen überließ ich Aragorn sich selbst, trennte mich von ihm und belud einen Teller mit wenigen, jedoch ausreichenden Dingen. Mein Körper fand Schonung an diesem Tag, keinen Belastungen hatte er zu widerstehen und gestärkt war er wie zu Beginn des Morgens. Er mahnte mich keines Hungers, doch wollte ich vorsorglich doch etwas zu mir nehmen, um bis zum Einbruch der Nacht alle Gedanken auf die Übungen richten zu können. Mir genügten wenige Stücke Brot und noch während ich nach ihnen griff, war ich mir der Folgen meiner Zurückhaltung bewusst. Nur ein flüchtiger Blick seitens Aragorn lobte mich meiner ehrlichen Vorraussicht, doch tat ich diese ab und hielt mich gleichermaßen zurück, mir seinen Teller prüfend zu betrachten. Eine merkwürdige Begebenheit wäre es, würde ich ihn ermahnen und dabei meiner eigenen Belehrung trotzen. So blieb es nur bei einem stummen Augenkontakt und weiterer Schweigsamkeit, als wir uns einen Platz suchten und ich mich neben ihm niederließ. Genügsam begann ich so zu essen, den Rand des Brotes vom weichen Leib zu lösen und mir diesen schmecken zu lassen. Ich kaute lange und besonnen, genoss den feinen Geschmack und lauschte nebenher dem Schmatzen und Grunzen. Gimli war noch immer in die Gerichte vertieft und dabei doch schon viel eher hier eingetroffen, als wir. Ich blickte zu ihm, stützte mich mit den Ellbogen auf den Tisch und hörte neben mir ein genüssliches Brummen. Schwelgend schüttelte Aragorn den Kopf, kaute genießerisch und ließ sich nicht von meiner flüchtigen Beobachtung stören. "Köstlich!" Ließ da der Zwerg verlauten und ich ließ das Brot sinken, als er unverwandt zu mir starrte. "Durch Schauen wirst du nicht satt!" Predigte er mir und hob demonstrierend eine Keule fettigen Bratens. "Dies hier", rief er, "kann dir schnell etwas auf die mageren Rippen zaubern!" Beinahe blieb mir das Brot im Hals stecken und ich musste mehrmals schlucken, während der Zwerg schallend lachte und sich wieder dem Essen zuwandte. Ich nahm das leise Raunen einiger Männer wahr, fuhr mir mit dem Handrücken über den Mund und gab mich auch weiterhin mit den dünnen Scheiben zufrieden, bis Aragorn sich von seinem Teller aufrichtete. Er musste sich so in die Speisen vertieft haben, dass ihm etwaige Worte entgingen, doch nun traf mich sein Blick. Er kaute genügsam, sah mich wenige Augenblicke stumm an und hob bald darauf die Augenbrauen. Noch während er schluckte, wies er auf seinen eigenen Teller und auf eine runde Frucht, die bei einer kleinen Bewegung über diesen rollte. "Hast du schon einmal diese Frucht gegessen?" Kurz streiften mich seine Augen und allerlei Zuverlässigkeit griff er nach ihr und reichte sie mir prombt. "Sie schmeckt köstlich." Ich betrachtete mir sie anfangs kritisch, spürte jedoch rasch die aufkeimende Neugierde bei dem unbekannten Anblick, der beinahe einer Verlockung ähnelte. Besonnen nahm ich die kleine Frucht aus seiner Hand, wandte mich unter einem dankbaren Nicken ab und hob sie gar beiläufig zum Mund, während ich mir all die Männer besah und nebenbei einen gewagten Bissen nahm. Nur kurz berührte das saftige Fleisch der Frucht meine Zunge und mein Gaumen rebellierte bei einer schier unerträglichen Bitterkeit. Unwillkürlich zuckte meine Miene, ein Schauer durchfuhr meinen Leib und nur zu gern gab meine Hand die Frucht frei. Ich spürte eine kalte Gänsehaut auf meinen Armen, presste eine Hand auf den Mund und zwang mich, das peinigende Stück dennoch hinunterzuschlucken. Angewidert presste ich die Augen zu, schüttelte den Kopf und beugte mich kurz über den Teller. Der saure und herbe Geschmack raubte mir einjede Kontrolle und bald darauf hustete ich, zog eine Grimasse und gestikulierte wirsch mit der Hand. Längst war das qualvolle Stück hinuntergeschluckt, doch penetrant verblieb der Geschmack in meinem Mund und ich presste ein leises Murren hervor, hustete wieder und schürzte die Lippen. Ein Schauer nach dem anderen durchströmte mich und endlich schenkte man mir Erlösung. Eine Hand umfasste meine ziellos erhobene und ich spürte die rauhe Oberfläche eines kleinen Wasserkruges, welchen man mir reichte und nach dem ich hastig griff. Wieder schnitt ich eine Grimasse, fuchtelte mit der Hand und begann rasch zu trinken. Ich nahm große Schlucke, spülte meinen Mund aus und fand keine Gelegenheit auf jene Geräusche zu achten, die sich um mich herum erhoben. Ich wendete das Wasser im Mund, blinzelte benommen, fuhr mir erneut über die Lippen und schluckte ein letztes Mal hinter. Erleichtert war mein tiefes Luftholen und ich richtete mich auf, spürte die schnelle Linderung des säuerlichen Geschmackes und schüttelte unschlüssig den Kopf. "Du hast...", brachte ich mich gedrungener Stimme hervor, "... einen seltsamen Geschmack..." So blähte ich die Wangen auf, presste die Lippen aufeinander und hielt in etwaigen Bewegungen inne, als an meiner Seite verräterische Geräusche ertönten. Stockend wandte ich mich zu Aragorn und starrte diesen an. Kapitel 24: *~tur~* ------------------- ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ ~*tur - Kraft*~ ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Aragorn: Oftmals schon, hatte ich mich gefragt, ob die Elben eine unserer menschlichen Eigenschaften besaßen. Die Neugierde, die uns prägte... teilten sie sie ebenso? Nun, Legolas zumindest, schien diesem Gefühl nachzugeben, denn obgleich ihm die Frucht unbekannt war, so vertraute er wohl meinen Worten mehr als seinen Augen. Lediglich in diesem Moment hatte ich jedoch diese Tücke ausgenutzt... und einen seltenen Anblick genossen. Kaum, dass er sie aß, entglitt ihm die Frucht auch schon, während seine Miene eine ungewöhnliche Mimik preisgab. Verräterisch begann ich zu grinsen und beobachtete dieses Entsetzen, woran wohl die Bitterkeit die Schuld trug. Seine Hand gelangte zu seinem Mund und ebenso legte ich meine auf den eigenen, um nicht einem belustigten Gelächter nachzugeben. So empfindsam war er, dass die Säure, die für mich nur ein bitterer Nebengeschmack war, für ihn wohl mehr als unangenehm sein musste. Er beugte sich vor und ich biss mir auf die Unterlippe. Es war possierlich, wie er da mit sich selbst kämpfte, gestikulierte und mit dem Geschmack zurechtzukommen versuchte. Doch dann hustete er und ich blinzelte verdutzt. War es... zu bitter? Ich überlegte, ob es noch rechtens war, sich im Geheimen zu amüsieren und sich an seiner Unkontrolle zu erfreuen, wobei ihm wirklich unbehaglich zu sein schien. Aber so unfein, wie meine Tat nun einmal war... ich konnte das Feixen nicht unterdrücken, als ich letztendlich nach seiner Hand griff und ihm meinen Wasserkrug reichte. Wie er das Gesicht verzog... Ich verdeckte die Augen mit der Handfläche und schüttelte ungläubig den Kopf. Nur flüchtig, denn ich hörte auch schon das tiefe Luftholen und den leisen Klang des Kruges, als er auf den Tisch zurückfand. Meine Lippen blieben eisern verschlossen, kein Ton drang hervor. Und ich versuchte es auch so zu belassen, als ich meinen Kopf an die Handfläche lehnte. Auch er schüttelte nun abermals den Kopf und ich räusperte mich leise. Allgemein... war es um uns... um einiges stiller geworden. “Du hast... einen seltsamen Geschmack...” Er glaubte wirklich... es war... Flugs wandte ich das Gesicht ab, hielt mir überstürzt die Hand vor den Mund und bemühte mich, das Lachen wenigstens so leise wie möglich zu halten. Es war so herrlich... Und dann... als ich flüchtig zu Legolas sah und er mich mit seiner perplexen Miene begutachtete, versuchte ich mich weiter abzuwenden. Dennoch... es ging nicht anders und ich lachte herzlich über diesen wertvollen Anblick, den er mir hier bot. Ich machte mich nicht über ihn lustig, nicht im geringsten... lediglich diese Mimik... fröhlich gestimmt, legte ich ihm die Hand auf die Schulter und versuchte mich schnell wieder zu beruhigen. Es war nicht leicht und so verblieb ein fortwährendes Schmunzeln auf meinen Lippen, ehe eine ganz andere Stimme die Halle mit einem amüsierten Gelächter füllte. Sofort wandte ich mich um, reckte den Hals und sah, wie sich Gimli den Bauch hielt und zu uns sah. Der Krug in seiner Hand leerte sich annähernd durch die heftige Bewegung von allein, während er zu uns blickte und sich augenscheinlich noch viel mehr an diesem Anblick ergötzte, als ich es tat. Nebenbei huschte mein eigenes Augenmerk über die Gesichter der Anwesenden und auch sie hatten einerseits schmunzelnde und ebenso verwunderte Züge, mit welchen sie sowohl Legolas als auch den Zwergen beobachteten. Gimli beruhigte sich nicht und noch während er seiner Schadenfreude freien Lauf ließ, hob er den Krug zum Mund und trank. Und... wie hätte es anders kommen sollen, er verschluckte sich und hustete augenblicklich. “Klopft mir auf den Rücken! Na los, macht schon!!” Mahnte er einen jungen Mann neben sich und eben so holte dieser aus und tat es. Erheiternd lachte auch ich wieder, ehe ich mich an Legolas wandte und er weiterhin verwirrt um sich schaute. “Verzeih.” Meinte ich noch grinsend und erhob mich langsam. Diese Szenerie... sie war Gold wert. “Komm, lass uns gehen.” Nochmals sah ich zu dem Zwerg, der sich allmählich erholte, bevor ich mich abwandte. “Ich erwarte euch, also esst rasch!” Rief ich meinen Leuten zu und klopfte Legolas nochmals freundschaftlich auf die Schulter, bevor wir gemeinsam den Saal verließen. Mit einem mehr als frohgemuten und heiteren Gesichtsausdruck durchschritt ich gemeinsam mit Legolas die Gänge und verblieb ohne Gesprächsthemen. Wie könnte ich auch sprechen? Wenn es mir gelang, einmal zu meiner ernsten Miene zurückzukehren, benötigte ich nur einen weiteren Blick zu dem Elben, der mit all dem nicht zurechtkam, um abermals zu meinem Lachen zu finden. So lieblich... ich hätte ihn küssen können... Doch schließlich durchquerten wir das große Tor und verabschiedeten uns, obwohl es bei mir nur zu einer wirren Handgeste reichte, gefolgt von einem begnügten Räuspern. Abwartend bestieg ich dann in aller Gelassenheit den Hügel, sah zu dem Karren und begutachtete die Waffen in ihm. Ich lächelte... dabei war es nur diese eine Neuheit gewesen... trotz der Erkenntnis, dass dieses Training die Vorsicht vor weiteren Kämpfen bedeutete, sah ich dem ruhig entgegen. Gemächlich griff ich nach einer Streitaxt, hob sie in die rechte Hand und streckte den Arm. Es würde noch ein wenig Zeit brauchen, doch war die Stärke in den Gelenken zurückgekehrt. Kraftvoll gelang es mir, einen Hieb anzusetzen, sie in der Hand zu drehen und sie in dem festen Boden zu versenken. Als würde die Hoffnung zu unseren Gunsten steigen und mehr Zuversicht bringen. Nickend zog ich sie wieder aus der Erde, als dann auch schon die Männer zurückkehrten und sich versammelten. “Eines möchte ich den Jüngeren als guten Rat auf den Weg geben.” Ich sah sie mir gründlich an und hob eine Braue. “Esst niemals so viel, bis ihr dieses zufrieden stellende Sättigungsgefühl spürt, welches eure Gesichter nun wiedergeben. Stärkt euch in Maßen, niemals in Massen. Denn wenn der Zeitpunkt kommt, an dem eure Lebensmittel rar sind... dann wird der Hunger um so unerträglicher.” Die Älteren nickten mir beipflichtend zu und blickten um sich. Natürlich war es, dem Hunger nachzugeben und auch ich aß in freudiger Genugtuung, doch ich wusste um das Hungergefühl. “Es gibt ein Prinzip...”, fuhr ich fort und ging einige Schritte, “... welches ihr euch merken solltet. In einem normalen und ungeübten Zyklus könnt ihr drei Minuten ohne Sauerstoff überleben.” Ich atmete tief ein und blickte in den Himmel. Die Sonne meinte es nicht gut mit uns, denn an diesem Nachmittag schien sie zu wärmend und zügellos auf uns hinab. “Drei Tage ohne Wasser und weitere drei Wochen ohne Nahrung. Setzt eure Prioritäten also stets auf Wasser und nicht auf Nahrung.” Damit hob ich die Hand und deutete die Fortsetzung des Trainings an. Die Männer teilten sich erneut und alsbald setzten sich die hitzigen Bewegungen fort. Kraftvoll trafen die Klingen aufeinander, kontrolliertes Ausweichen und Nachzügeln wurde getestet. Gern stellte ich mich bereit für den Träger zweier Waffen, griff meinen Gegenüber sowohl mit Schwert als auch Dolch an und gab Unterweisungen, wenn man es wünschte. Einige Zeit lang, folgte ausdauernd diese Ordnung, geregelte Verfahren und der Schweiß glänzte alsbald auf Jedermanns Stirn, ehe ich sie noch einmal zusammenrief. “Inwieweit ist es uns möglich, den Angriff des Feindes, in dem Fall Orks, vorauszusehen? Wie greifen sie an?” Ein kurzes Schweigen verblieb, bevor ein junger Bursche hervortrat. “In Massen.” Antwortete er und ich nickte. “Mit gezackten Säbeln.” Erwiderte ein Anderer. “Auch mit Pfeil und Bogen!” Nochmals nickte ich, wartete aber auf eine Schlüsselantwort. “Mit unglaublich viel Kraft!” Da war er wieder. Ich sah auf und erwartete das Gesicht des Knaben, welcher sich sogleich zeigte. “Sie greifen in Massen an und doch jeder für sich mit seiner eigenen Kraft. So müssen wir ihnen entgegenkommen.” Verbleibend der Beharrlichkeit fähig, betrachtete ich ihn mir. Immer noch appellierend auf diesen einen Aspekt... der dem Feind doch schon oft den Kopf gekostet hatte. “Sie setzen jeden Schlag mit einer geballten Kraft um…” “… und sterben, da sie zu nichts anderem fähig sind.” Beendete ich ruhig seinen Satz. Seine Augen funkelten mich zornig an. “Aber Kraft war es, was den Menschen fehlte, um den mächtigen Horden Saurons entgegenzutreten.” “Und Ausdauer besaßen wir. Wir, die wir in Helms Klamm hochgeschätzt fünfhundert gegen zehntausende waren.” Wild begann der Junge auf meine Erwiderung mit den Händen zu gestikulieren, nicht begreifend, was ich ihm sagen wollte. “Aber Eure Ausdauer brachte Euch auch nichts gegen den Hexenkönig!” Strapaziert ließ ich den Blick abschweifen und stützte mich auf den Griff meines Schwertes. Er fühlte sich sicher in seiner Behauptung, so dachte ich... “Was Ihr redet, von Geschicklichkeit und Schnelligkeit! Oft schon besiegten Orks und Uruk-Hai ihren Feind durch starke Offensiven! Und auch die Stärke des Nazgûl brachte Euch Verwundungen! Jeder weiß es!” Es trat eine betretende Stille ein und ich bemerkte durchaus, wie sich allerlei Augen auf mich richteten, fragend und erwartungsvoll. “Dies war Unaufmerksamkeit, die auch ich in mir trage.” Sicher trat ich einen Schritt vor und überschaute die Männer. “Jedoch hätte mir Stärke nicht zum Sieg verholfen, sondern lediglich die Schnelligkeit und das Geschick.” So, wie es dem edlen Erstgeborenen zum Siege verhalf. Er, der das ganze Gegenteil von mir war... Kurz wandte ich mich ab, fuhr mir durch das Haar und bemühte mich, die Ruhe zu bewahren. “Ein Ork hat eine Haut, die sich mühevoll mit dem Schwert durchbohren lässt. Seine Masse und die Panzerung verhelfen ihm, sich vor vielerlei Angriffen zu schützen. Ein Uruk-Hai spürt keinen Schmerz, besitzt Kraft und beweist unglaubliche Durchschlagskraft.“ Ich gestikulierte mit der Hand, verdeutlichte die Größe und Breite eines Uruk-Hai und die Länge ihrer Säbel. Dann schwieg ich einen Augenblick und schaute hinüber zum Abhang des Hügels, ehe ich mich wieder auf die Abwartenden konzentrierte. “Doch ein Elb, der ihnen anhand seines feingliedrigen Körperbaus und der leichten Robe beiweitem an Kraft und Schutz unterlegen war, unterwarf unzählige mit Dolch und Pfeil.” Überrascht hoben sie die Brauen, sie warfen sich ungläubige Blicke zu und Jener eine verschränkte lediglich die Arme vor der Brust. “Unmöglich. Dem Zwerg ist es ja noch zuzutrauen, doch einem Elb?” Er schüttelte den Kopf. “Zwar hörte ich, dass kein anderes Volk ihnen in Pfeil und Bogen ebenbürtig ist, aber im Nahkampf... ich hörte, sie alle fielen in der Schlacht um die Klamm... nur ein einzelner Zwerg blieb am Leben.” Er lachte und es gab so etliche, die sich dem anschlossen. Doch mir... mir genügte es. Rasch drehte ich mich um, durchschritt die Menge und folgte einem Entschluss. Man musste es ihnen beweisen... und so blieb ich stehen und sah hinab zu den Bogenschützen, den Elb fest im Visier. “Legolas!” Ich winkte ihn hoch, als er aufblickte und gönnte mir urplötzlich ein Grinsen. “Lín maeth!!” Legolas: Ich sah es gerne, nur heute zu unvermittelt... Dieser Ausdruck, zu dem sich seine Lippen verzogen... nicht gemäß meiner Erwartungen und außerhalb meines Vertsändnisses. Unsere Blicke kreuzten sich und sein Grinsen gewann an Kraft, als würde mein bloßer Anblick rege Belustigung darbieten. Ich zeigte meine Irritation unverblümt, öffnete den Mund und war keines Wortes fähig, als er sich abwandte und gar in Lachen ausbrach. Was hatte ich getan...? Was war geschehen? Nach Antworten dürstend blickte ich um mich, traf auf gerunzelte Stirnen und amüsierte Gesichter, die das Mysterium um eine unlösbare Tiefe erweiterten. Perplex zwinkerte ich, fuhr mir ein letztes Mal mit dem Handrücken über den Mund blickte wieder zu Aragorn... Vergänglich erfasste mich der Wunsch, dem Klang seines Lachens mit Genuss zu begegnen, doch war es die Verwirrung, die siegte und mich weiterhin still verbleiben ließ. Selbst, als sich Aragorns Hand besonnen auf meiner Schulter bettete und er zu gewisser Ruhe zurückzufinden schien, tat mein Begriffsfvermögen keinen Fortschritt. Kurz beruhigte mich der Glauben, selbst ein Unbeteiligter bei einer Vergnügung zu sein und doch scheiterte ich in etwaiger Überzeugung, als sich das laute Lachen des Zwergen erhob und mich sein Blick willentlich traf. Jeglicher Hunger war mir vergangen, als ich seinen Kampf gegen das Ersticken verfolgte und unwillkürlich zu jener Frucht hinabblickte, die auf meinem Teller lag. Diese Tücke war mir zu unbegreiflich, als dass ich sie Schlechtes ansehen konnte... “Verzeih.” Vernahm ich Aragorns Stimme und gleichzeitig seine Bewegung neben mir. Er erhob sich und ich zögerte nicht, es ihm gleichzutun. “Komm, lass uns gehen.” Gedankenversunken kehrte ich an seiner Seite zum Stadttor zurück. Ich schwieg in meinem Sinnieren und fand zu keinem Entschluß, bevor wir unser Ziel erreichten und uns so trennen mussten. Und wieder legte er... äußerst abstruses Verhalten an den Tag. Seine Verabschiedung ließ mich durchaus die eigene vergessen, als ich ihn anstarrte und seiner unentschlossen Hand folgte, wie sie sich hob, sich zu unvollendeten Gesten formte und hinabsank bevor ich begreifen konnte, was er auszudrücken gedachte. Nur ein Räuspern... ein letzter Blick und er wandte sich ab. Es war... beängstigend... doch scheinbar von geringer Wichtigkeit, als dass ich meine Konzentration nun auf diesen Punkt zu richten hatte. So wandte ich mich nach einem planlosen Zögern ab und folgte meinen Weg zurück zu der Gruppe. Einige von ihnen hatten sich bereits eingefunden, während sich andere etwas mehr Zeit nahmen. Ich empfand nichts an alledem als Störung, begrüßte die Anwesenden mit einem Nicken und gab mich einer knappen Kontrolle meiner Waffen hin, während sich andere wieder mit Pfeil und Bögen vertraut machten. Dumpf und oft ertönte der Ton, als sich die spitzen Geschosse in das Holz bohrten und gern half man sich untereinander, wodurch meine allzeitige Aufmerksamkeit nicht von Nöten war. Gemächlich streifte ich die federnen Pfeilschäfte mit der Hand, zog einen Pfeil aus dem Köcher und betastete dessen eiserne Spitze. Ich fand mich in meinem Element wieder und man stellte keine Fragen an mich und ging den Übungen selbstständig nach. Ich schöpfte tiefen Atem, kauerte mich besonnen auf die Knie und sah einen jungen Knaben an mir vorbeieilen... durch diese Bewegung abgelenkt, blickte ich so auf und schaute ihm nach... erwischte mich jedoch dabei, wie meine Augen ungesteuert zu jenem Hügel drifteten, auf dem er unterrichtete. "Sagt...", erhob sich eine lebhafte Stimme und richtete sich geradewegs an mich, "... sind alle aus Eurem edlen Volk so begabt, was die Kontrolle dieser Waffe anbelangt?" Freudig gesellte sich jener junge Mann zu mir und setzte sich neben mich auf den Boden, mit einem breiten Grinsen die Arme vor dem Bauch verschränkend, während ich ihn nur stumm ansah und den Pfeil sinken ließ. "Ich hörte noch nie von einem Elben, der diese Waffe nicht beherrschte. Ebenso wenig sah ich einen und ich meine, auch nie einen zu sehen. Wie kommt es, dass..." ... er mir die Fragen stellte, auf die die Antworten zu finden, ein leichtes war? Durch eigenes Begehren und den Wissensdurst dürfte ihn nichts daran hindern, des Rätsels Lösung selbst zu erforschen. Rasch und unbändig bewegten sich seine Lippen und ich wandte mich dem Pfeil zu, stets in milder Ruhe ausharrend und innerlich doch andere Gedanken hegend... Einen gab es, der mich wahrlich zu verstehen schien... Einen, der keine Fragen stellte, auf die ich nicht antworten konnte... Einen, der nichts tat, was mir missfiel... Einen, dessen Anwesenheit trotz der Angewohnheit stets eine Besonderheit darstellte. Und wieder blickte ich hinüber zu jenem Hügel und drehte den dünnen Schaft des Pfeils zwischen den Fingern. "Verratet mir...", fuhr der junge Mann fort, "... wie kann ich es schaffen..." Es war angenehm... und belebend... bei ihm zu sein... Keine Anstrengung... Ich holte tief Luft, ließ den Pfeil abermals sinken und wandte mich an den heiteren Erzähler, der verstummte, sobald ich ihm offene Aufmerksamkeit zukommen ließ. "Gerne werde ich Euch all die Fragen beantworten, nachdem Ihr an Eurem Können gearbeitet habt. Seid Ihr reicher an Erfahrung, werdet Ihr es beiweitem besser verstehen..." ... und mit Gewissheit nicht mehr fragen müssen. Ich schenkte ihm ein motivierendes Lächeln und ließ ihn sich sputen, indem ich selbst auf die Beine kam und gemeinsam mit ihm zu den anderen zurückkehrte. Und gerne machten wir es uns schwerer, indem wir feste Ziele an den Pfählen fixierten und die Präzision zu schärfen versuchten. Die Leistungen vieler versetzten mich in ein starkes Gefühl des Respekts, wollten mir ebenso Zuversicht verleihen, doch hinderte ich mich selbst daran, mich dieser Zuversicht zu ergeben und tagträumerisch zu werden. Dies war eine Übung und die Realität war hart. Ruhig und zielgerichtet verbrachten wir so die Zeit und als ich selbst mein Können einem Test unterzogen hatte, stand ich inmitten der Menge und besah mir den Pfeil eines jungen Knaben. Nachdenklich betrachtete ich mir die Federleiste, drehte sie und hob die Brauen. "Wir müssten von einem Wunder sprechen, würde dieser Pfeil sein Ziel treffen." Ich ließ ihn sinken und blickte mich um. "Der Verlauf ist verzogen." Und ich erblickte in der Menge den, den ich suchte. "Ethrain!" Rief ich den erfahrenen Krieger und trat mit dem Knaben zu ihm. Nahe beieiander blieben wir stehen und die Menschen um uns regten sich fortwährend. "Bitte... könntet Ihr dafür Sorge tragen, dass er zweckdienliche Pfeile erhält?" Ich reichte ihm das fehlerhafte Geschoss und er nahm es mir mit geschultem Auge ab. "Er ist gegen den Verlauf geschnitzt." Bemerkte er geschwind und ich nickte. "Somit unnütz und nur eine Gefahr im Ernstfall." "Dazu sollte es nicht kommen." Pflichtete er mir bei und wir verabschiedeten uns mit friedfertigem Nicken. So nahm er den Knaben mit sich und ich blickte mich um, suchte nach Pflichten und kam dennoch nicht dazu, sie zu finden. "Legolas!" Oft vernahm ich meinen Namen am heutigen Tag, doch nicht im Klang jener Stimme, die mich sogleich aufhören ließ. Und als würde mein Leib eher begreifen, als mein Denken, drehte ich mich zu jenem Hügel und sah ihn dort stehen. Den Arm erhoben, auf den Lippen jenes Grinsen... “Lín maeth!!” Rief er mir zu und ich konnte mich nur verwundert nennen. Mein Kampf...? Ich trat zurück, um einem Mann den Weg freizugeben, da winkte er mich dringender zu sich und ich folgte. Gemach schlängelte ich mich durch die Schützen, verließ alsbald die Menge und erstieg den Hügel mit fragender Miene. Ein merkwürdiges Bild war es, welches sich mir bot, als ich ebene Fläche betrat und Aragorn mich begleitete. Tatenlos hatten sich die Männer versammelt, standen gar erwartungsvoll dort und sichteten mich mit einer leisen Verwunderung, die ich in gewissen Maßen mit ihnen teilte. Sicheren Schrittes trat ich zu der Gruppe und blieb stehen. Aragorn: Menschen waren töricht. In jungen Jahren stets waghalsig und tollkühn. Je nach Umgebung wurden sie erfahrener im Leben, denn immerzu geschahen Ereignisse, die einem neue Blickwinkel offenbarten. Doch viele, und hier waren die Anzeichen eindeutig, lernten weder aus Geschehnissen, noch aus anderen Wesen. Dies war Jener, der sich aus der Überheblichkeit heraus, Worte erlaubte… die die Grenze der Geduldigkeit überschritten. Legolas deutete meine Geste und bestieg, wenn auch mit fragender Miene, den Hügel, kam zu mir und ich lockerte meine Haltung aus dieser ärgerlichen Situation. Ruhig ging ich mit ihm und blieb mit festen Blick auf den Einen vor der Gruppe stehen. Sie alle verzogen die Gesichter, als würden sie nicht glauben wollen, was ich hier tat. Doch der Bursche versuchte sich seiner Überlegenheit sicher zu sein und behielt sowohl die Arme verschränkt vor der Brust… als auch den abschätzenden Blick auf Legolas gerichtet. Gewiss ahnte er, was ich gedachte, zu tun… und er schien schon nach dem Sieg greifen zu wollen. So wie ich ihn sah, wollte ich schon selbst das Schwert ergreifen und ihn herausfordern. Dabei war es Legolas, der beleidigt wurde, ohne es zu wissen. Er wurde mehr äußerlich als der inneren Stärke wegen, betrachtet und es verstimmte mich zunehmend. Natürlich sah ich es auch… immerzu sah ich es und auch dies war ein Aspekt, weshalb ich ihm so verfallen war. Diese feminine Schönheit. Aber ebenso kannte ich seine Stärke, seine Willenskraft, sein Durchsetzungsvermögen. Schon einmal hatte ich seine Klinge an meinem Hals gespürt und kein weiteres Mal wollte ich diese Erfahrung machen. Ich sah den Burschen an, tat einen Schritt und wies mit einem Nicken auf den Elben, ehe ich Legolas völlig ernst und abschätzend betrachtete. Nachdenklich begann ich zu schlendern und ruhigen Blutes um den Blonden herumzulaufen, seinen Blick weiterhin auf mich gerichtet. Ich spürte die Erwartung bei jedem… und ich wollte sehen, wie es jemand anderem erging, der das Elbenvolk unterschätzte. “Elben sind schwach.” Sprach ich ernst und fachlich und zeigte auf Legolas. “Ihre zierliche Gestalt erlaubt es ihnen nicht, sich gegen ein Heer Orks oder Uruk-Hai zu beweisen.” Daraufhin zuckte ich herablassend mit der Schulter und mimte einen gespannten Bogen nach. “Geschickt mit Pfeil und Bogen, doch untauglich im Nahkampf. Deshalb…”, erneut sah ich zu Legolas. In der Manier eines Affektierten, der von seiner Stärke überzeugt war, richtete ich mein Augenmerk nur auf ihn, bevor ich stehen blieb und die Arme vor der Brust verschränkte, wie es ein anderer impertinent tat, “ …sind sie schwach.” Ich nickte und während ich sprach, wünschte ich mir, andere Worte... wahrheitsgemäße Worte aussprechen zu dürfen… “Deshalb fielen sie alle in der Schlacht um die Klamm.” Meine Ausdruck wandelte sich. Ich hob die Schultern zu einem tiefen Seufzen, trat direkt vor Legolas, ehe ich nahe an ihm vorbei ging und mich zu seinem Ohr beugte. “Sie… sind uns nicht ebenbürtig.” Dann trat ich um ihn herum und blieb abermals neben ihm stehen. “Dies sind die Worte eines wissenden Mannes, der viele Schlachten kämpfte und siegreich den Kampf beendete.” Ich legte den Kopf schräg und nickte dem Burschen zu, der meinen Sarkasmus wohl bemerkte und trotz alledem aus der Masse trat. Flüchtig presste ich die Lippen aufeinander, ehe ich Legolas anschaute. “Ich denke, wir sollten ihm eine Möglichkeit geben, dies zu beweisen.” Das Lächeln kehrte auf meine Lippen zurück, während ich einen Schritt zurücktat, mich etwas vorbeugte und den Elben mit ausgestrecktem Arm bat, ebenso hervorzutreten. Legolas: Eine seltsame Atmosphäre beherrschte unsere Reihen, als wir uns nun dort befanden und Aragorn war der einzige, der sich in Bewegung setzte, in ruhigen Schritten an mir vorbeizog und schweigend zu der Menge blickte. Gar lauernd war seine Haltung und eine zeitlang schien er abzuschätzen und es gab nur das leise Raunen der Männer und das Kratzen der Schwerter, als sie sich mit ihren Waffen regten. Meine Augen folgten Aragorn grüblerisch... Geduldsamkeit stand in mein Gesicht geschrieben, doch war seine plötzliche Ruhe nun mehr ein Grund für mich, innerlich zu sinnieren und sein Verhalten zu studieren. Er senkte den Kopf, schritt entspannt und zum erneuten Male an mir vorüber und blieb stehen. Ich betrachtete ihn mir aus den Augenwinkeln. “Elben sind schwach.” Erhob sich seine Stimme in einem seltsam gleichgültigen Ton und seine Hand hob sich, wies zu mir. “Ihre zierliche Gestalt erlaubt es ihnen nicht, sich gegen ein Heer Orks oder Uruk-Hai zu beweisen.” Skeptisch verzog ich die Miene... doch nur leicht, dass es niemandem auffallen konnte und aufmerksam verfolgte ich sein Tun und seine Worte, seine Bewegungen, als er einen fiktiven Bogen spannte. “Geschickt mit Pfeil und Bogen, doch untauglich im Nahkampf. Deshalb...”, er erwiderte meinen Blick mit überheblicher Arroganz, “... sind sie schwach.” Ich sah ihn schweigend an und lange hielt dieser stille Blickkontakt, bis er nickte und sich mir in schlendernden Schritten näherte. “Deshalb fielen sie alle in der Schlacht um die Klamm.” Sein Körper gab übertriebenes Mitgefühl preis, als er mich erreichte und an mir vorbeischritt. Flüchtig spürte ich seinen Atem an meinem Hals, als er mir zynisch zuraunte. “Sie... sind uns nicht ebenbürtig.” Zum erneuten Mal trat er um mich herum und ich drehte ihm kurz das Gesicht nach, bevor ich mit nachdenklicher Miene auf den Boden starrte. “Dies sind die Worte eines wissenden Mannes, der viele Schlachten kämpfte und siegreich den Kampf beendete.” Nahm ich weitere Worte wahr und sah auf... zu Aragorn und seinem Blick folgend zu einem jungen Mann, der starken Schrittes aus der Menge trat und sich selbstsicher zur Schau stellte. Skeptisch verengte ich die Augen, musterte ihn von Kopf bis Fuß und zeitgleich fanden Aragorn und ich abermals zusammen. Schweigen herrschte für wenige Augenblicke zwischen uns und ein kühles Funkeln durchzuckte seine Augen, während er mich ansah. “Ich denke, wir sollten ihm eine Chance geben, dies zu beweisen.” Ein dezent ironisches Lächeln formte seine Lippen, als er mir den Weg freigab, die Hand hob und zurückschritt. Gleichsam mit ihm setzte sich ein anderer in Bewegung und lenkte mein Augenmerk auf sich. Reine Selbstüberzeugung ließ ihn sich aufrichten und seinen Körperbau stolz präsentieren. Vielmehr kam die Herausforderung von ihm, als von Aragorn... Ich verzog die Brauen und verharrte still, während er mit überschwinglicher Bequemlichkeit sein Schwert zog und es vorführte, wie das Werkzeug, welches mein Schicksal besiegeln sollte. Ich legte die Stirn kraus, blickte kritisch zu Aragorn und fand doch rasch zu meinem selbstwichtigen Gegner zurück, der mit herausfordernder Miene das Schwert zu schwingen begann... allein zur Demonstration und weniger, um es auch zu nutzen. Wieviel Jahre mochte er zählen? Dreiundzwanzig Menschenjahre? Ein Augenschlag meines Lebens... War dies ein Scherz? Waren die Worte, die selbst aus Aragorns Mund kühle Humorlosigkeit anpriesen, wirklich über seine jungen Lippen getreten? Rasch und mächtig durchschnitt die helle Klinge der Waffe die Luft, als der Bursche sie stolz schwang. Der Kies knirschte unter eiligen Schritten und ich wandte mich um. Stürmisch und unruhig leistete mir jener Jüngling meiner Gruppe Gesellschaft und sein Anblick war von solch unwichtiger Wirkung im Gegensatz eines anderen, dass ich ihm sogleich wieder den Rücken kehrte. Ich vernahm sein Keuchen und bald darauf gar weitere Schritte, als ein Teil meiner Gruppe den Hügel erstieg und aus einer schlichten Rechtschaffenheit ein lächerliches Spektakel zu werden drohte. "Weshalb zögert Ihr?" Verlangte der Bursche hämisch zu wissen und senkte sein Schwert. "Ich bitte Euch...", die Ironie trat über seine Lippen wie Gift, "... beweist mir doch Eure Fähigkeiten und belehrt mich eines Besseren." Und er offenbarte ein Grinsen, das nichts dergleichen in Erwartung stellte, mich jedoch aus meiner Ungläubigkeit zurück in die Realität drängte. Hierher, wo man nun mein Volk in Frage stellte. Nunmehr löste ich meine Augen von ihn, senkte kurz die Lider und das Gesicht in einem stillen Nicken. Gleichsam noch hob die Hand, griff hinter meinen Kopf und zog den Bogen aus dem Köcher. So stellte ich meine Waffe vor und musste das Gesicht meines Gegenüber nicht erblicken, um mir des Ausdrucks sicher zu sein, der auf ihm lastete. Ruhig stellte ich das untere Ende des Bogens ab, stützte mich auf das obere und blickte erwartungsvoll auf. Unentschlossen hatte sich sein Griff um das Schwert gelockert und er musste demselben Unglauben erliegen, wie ich kurz zuvor. "Dies...", er wies auf den Bogen, "... ist Eure Waffe? Mit einem Bogen gedenkt Ihr, mich zu besiegen?" Ich hob die Brauen. "Ist Euch denn ein Stock lieber?" Irritiert zuckte seine Miene und noch bevor er die inhaltslose Reizung als eine solche anzusehen gedachte, unterwarf er sich ihr lieber und tat seinen ersten Schritten zur Niederlage. Ihn packte der Zorn... nun, es kam unerwartet noch verblüffend... Meine Hand legte sich fester um das glatte Holz des Bogens und unscheinbar war der diskrete Druck, mit dem ich das untere Ende tiefer in den staubigen Boden presste, nun nicht mehr weit davon entfernt, angegriffen zu werden. Und wahrhaftig... ein Losstürmen der Wut war es. Er stieß sich ab, hob das Schwert zu einem tödlichen Hieb und suchte in einem krampfhaften Ächzen Kraft, als er zu rennen begann... sich mir näherte und sofort zu stolpern begann, als ich das Ende des Bogen aus dem Boden schnippen ließ und ihm der trockene Kies in das Gesicht prasselte. Seine Haltung erschlaffte, seine Wut verebbte und ich ließ mir mindestens vier Momente entgehen, in denen ich den Säbel hätte ziehen und ihn hätte töten können. Er lief sich aus, strauchelte und wischte sich hastig den Staub aus den Augen, während ich den Bogen hob und dessen Ende behutsam von etwaigen Sand befreite. Zeit gönnte man mir dazu, mehrfach mit der Hand über das Holz zu streichen, bis er benommen blinzelte, mich erkannte und nach einem kurzen Moment der Irritation erneut das Schwert gegen mich erhob. Zweifellos kraftvoll ging sein Schlag auf mich nieder und unweigerlich leicht fiel es mir, in der weit ausladenden Bewegung sein Ziel zu erkennen. Ich trat zur Seite, tauchte unter seinem Hieb hindurch und mein Bogen, der ebenso gut eine Klinge hätte sein können, glitt über seinen Rücken, als ich mich geschwind an ihm vorbeidrehte, seine ungeschützte Kehrseite vor mir sah und dennoch zurücktrat. Bereits nach wenigen Bewegungen raste sein Atem, schwer musste die Beanspruchung auch auf seinen Gelenken lasten und das leichteste wäre es wahrlich, den Sieg über ihn... ihm selbst zu überlassen. Doch rasch fuhr er zu mir herum und ich trat ihm entgegen, den Bogen fest mit der Hand umschließend, seinen Bewegungen aufmerksam folgend und mir seiner nächsten Schritte längst bewusst. Welch Torheit konnte man besitzen... Machtvoll schlug er nach mir und ich wirbelte herum, mein Bogen surrte an seinem Gesicht vorbei und allein die Bewegung, der es an jedweder Berührung fehlte, vermochte es, ihm die Kontrolle zu rauben. Ich duckte mich tief, der Kies knirschte unter meinen Füßen und trockener Staub stieg auf, als ich mich an ihm vorbeischob, erneut seine Kehrseite betrachten durfte und mit der Spitze des Bogens seinen Rippen folgte. Ein wütender Schrei entrann ihm, als er dies spürte und umdrehen wollte er sich, da musste ich nur den Bogen zwischen seine Beine drängen und seinen hastigen Schritt blockieren. Die eigene Wucht war es, die ihn augenblicklich das Gleichgewicht kostete und er ging schwer zu Boden... ein Segen war es, dass es ihm noch rechtzeitig gelang, das Schwert von sich zu strecken, bevor er auf die Klinge stürzen konnte. Ich schöpfte tiefen Atem, schwang den Bogen und schritt an ihm vorbei, während er bäuchlings zu meinen Füßen lag und dem Tod abermals begegnet wäre, stünde in meiner Rolle ein Feind, der nach seinem Leben trachtete. Ein bekanntes Raunen drang an meine Ohren und man schenkte mir einen Moment, in dem ich zu Aragorn blicken konnte. Er hielt die Arme vor dem Bauch verschränkt, folgte dem Geschehen als entspannter Unbeteiligter und begegnete meinem Blick flüchtig. "Ich bin dein Gegner!" Erhob sich wuterfülltes Ächzen und ich wandte mich um, zu erkennen, dass er bereits wieder auf den Beinen stand, sich mir strauchelnd näherte und das Schwert in ein und demselben Fehler hob. Er hob es weit über den Kopf und ich trat zur Seite, erzwang, dass er mir folgte und zu eilen begann. Unter einem leisen Schrei ließ er das Schwert auf mich niedergehen und die ruhigen Bewegungen in die andere Richtung erlaubten mir ein leichtfüßiges Ausweichen, indessen ich den Bogen gegen die glatte Flache der Klinge schlug, den Schlag der schweren Waffe von mir leitete und den jungen Mann mit einem Schritt zu erreichen vermochte. Unsere Körper trafen sich, als ich mich gegen ihn lehnte, zielgerichtet mit dem Knie in die Innenseite seines Oberschenkels stieg und die freie Hand um den Griff seines Schwertes schlug. Mit geringer Kraft raubte ich ihm etwaiges Gleichgewicht zum erneuten Male, packte das Schwert fester und musste nur warten, dass seine Hand von dessen Griff rutschte, als er selbst zu Boden stürzte. Staub wirbelte auf, als er aufschlug und sich ächzend auf den Rücken wälzte. Gleichsam schob, hielt ich das Schwert sicher, wendete es in die Rückhand und war schon über ihn gestiegen, als er die vom Staub getrübten Augen öffnete. Kraftvoll stieß ich das Schwert nieder, rammte es neben seinem Kopf in den staubigen Boden, stieg über ihn hinweg und tat wenige Schritte, bis ich mich umwandte. Das entsetzte Keuchen war meinen Ohren beiweitem nicht entgangen und geweitet starrten seine Augen auf die schimmernde Klinge, die nachfedernd sein Haar berührte. Beweise waren erbracht... einzig und allein seine verzogene Selbstsicherheit ließ den Kampf andauern. Und großzügig geduldete ich mich, bis sich sein Herz vom Schrecken erholte und er seinem Körper weitere Bewegungen abverlangen konnte. Keuchend und ächzend kämpfte er sich in eine aufrechte Haltung, grabschte nach dem Schwert, stützte sich auf diesem ab und kam auf die Beine. "Noch nicht...!" Krächzte er erschöpft und zog die Klinge aus dem Boden, um sie sogleich abermals zu erheben. Doch an mir sollte es nicht liegen... wenngleich ich keinen Gefallen daran fand, jemanden zu schikanieren, so strafte er sich doch nur selbst und ich erklärte mich mit einem Nicken dazu bereit, dies fortzusetzen. Oftmals schon, war der Zorn den Menschen ein wertvoller Verbündeter gewesen und tödlich sollte ich ihn zu spüren bekommen. So trat ich ihm erneut entgegen, entwich seinen Hieben und kratzte mit dem Bogen über seinen Hals, über seine Arme, gar den Bauch vermochte ich in einem unbedachten Moment zu erreichen. Und unbedacht waren viele der Augenblicke. Er ließ nicht ab und bald schon, verließ ihn auch die Kraft der Wut. Er stolperte, strauchelte, keuchte und röchelte unter der prallen Sonne und ich schien der erste zu sein, der einen Gedanken auf sein körperliches Befinden lenkte und darauf, dieses nicht durch solch tölpelhaftes Spiel zu gefährden. Der Krieg brachte Gefahren genug und zu große für ihn... scheiterte er doch schon an einem einzigen. Wieder tauchte ich unter seinem Schwert hindurch, spürte den kühlen Luftzug der Klinge über meinem Kopf und ließ den Bogen an meiner Bewegung teilhaben. Fest umfasste ich ihn, nahm ihn mit mir und rammte ihn der Länge nach gegen seinen ungedeckten Bauch, ihm den Atem zu nehmen und zumindest die Fähigkeit, sich selbst zu Grunde zu richten. Wie vorgesehen brach auch unmittelbarer Husten aus ihm hervor. Er ächzte laut auf, rang nach Sauerstoff und verlor sein Schwert erneut durch meine flinke Hand. Mühelos vermochte ich es ihm zu entreissen und an mich zu nehmen, während er nich auf die Knie sank und sich den Bauch hielt. Es genügte... Ein achtsamer Tritt gegen seinen Oberschenkel ließ ihn vollends zu Boden gehen und es behagte mir nicht, erneut zu warten, bis er sich einem wiederholten und umso zweckloseren Angriff hingeben konnte. So setzte ich den Fuß auf sein Rückrad, hielt ihn mit nur geringem Gewicht unten und warf das unnütze Schwert weit von mir. Dumpf landete es im Kies und ich fuhr mir mit den Handrücken über die Stirn, sah mich flüchtig um und wartete, bis der Bursche seinem ersten Wutanfall unterlag. Kaum genügte seine Kraft noch für Flüche und dennoch spuckte er sie aus und versuchte mit allen Mitteln gegen mein Gewicht anzukämpfen. Erfolglos räkelte er sich unter meinem Fuß, klammerte die Finger in das trockene Gestein und kämpfte um die längst entronnene Kontrolle. Nicht lange musste er sich winden, bis seine Glieder erschlafften und ich keine Gefahr mehr in ihm sehen musste. So hob ich den Bogen über den Kopf, verstaute ihn sicher im Riemen des Köchers und nahm den Fuß von seinem Rücken. "Es ist genug." Aragorn: Verächtlich ließ ich die Worte erklingen, doch wusste Legolas gewiss, wieso ich solche Sätze... so ungezügelt aussprach. Ich erkannte es an seinen Zügen, an seiner Haltung. So entfernte ich mich von ihm und gesellte mich zu den Schaulustigen, die sich einfanden. Der Blick des Elben zeugte von Ungläubigkeit, als der dreiste Bursche sein Schwert zog. Eine Bedenklichkeit die von verdrießlichem Zweifel geprägt war. Es würde ein ungerechter Kampf werden, aber es war von Nöten. Niemand hatte ihn zu unterschätzen. Und das Interesse wurde reger. Rasch wandte ich mich um, als ich die Schritte vernahm und einige der Bogenschützen erkannte, welche ihn wohl vermissten. Auch für sie würde es eine Lehre sein… “Weshalb zögert Ihr?” Die Stimme des jungen Mannes durchschnitt die vorangehende Stille und ich forderte derweilen die Neuankömmlinge dazu auf, den Gegenspielern Platz zur Bewegung zu gewähren. An ihren Fronten schritt ich entlang und besah mir die beiden Kontrahenten. “Ich bitte Euch, beweist mir doch Eure Fähigkeiten und belehrt mich eines besseren.” Ich schüttelte den Kopf, legte mir die Hand auf die Stirn und schloss die Augen. Es war dramatisch… Kurz danach sah ich wieder auf, beobachtete die Regung des Elben und erblickte den Bogen, den er als Waffe erachtete. Es war verständlich. Jedes andere Werkzeug würde wohl auch zu viel Schaden anrichten. Erwartungsvoll leckte ich mir über die Lippen, studierte die Gesichter der Umherstehenden und stellte fest, dass sie sich sehr mit dem des Burschen ähnelten. Unverständnis. “Dies ist Eure Waffe? Mit einem Bogen gedenkt Ihr, mich zu besiegen?” Sehr viel Achtsamkeit war nötig, um nicht ein wissendes und parteiisches Grinsen zu offenbaren. “Ist Euch denn ein Stock lieber?” Eine berechtigte Gegenfrage war dies und ich musste zugeben, dass mir dieser Sarkasmus gefiel. So viele Facetten seines Charakters… “Seht gut hin…”, sprach ich zu den Umherstehenden und beobachtete geduldig die aufkeimende Wut, welche die Gesichtsfarbe des Herausforderers in ein ungesundes Purpur wandelte, “... und lernt aus diesem Kampf. Lektion eins...” Schon stürmte der Mann vor. Schwer hob er das Schwert und holte aus… und erreichte Legolas nicht einmal, da ihm die Erde die Sicht versperrte. “… lasst Euch nicht von Euer Wut leiten, denn sie fördert unüberlegte Reaktionen.” Alle Zeit konnte sich Legolas nehmen, um den Bogen zu säubern und ich seufzte. Es wäre eine schwere Entscheidung, um festzustellen, wer mein Beileid verdiente. Legolas, dem wohl ein erschwinglicher Kampf bevorstand, der ihn in seinen Fähigkeiten nicht unterstützte oder dieser Unwissende, der in seinem einfältigen Eifer der Niederlage entgegensehen würde? “Lektion zwei…” Erneut holte er aus, stark und durchaus energisch, doch Legolas benötigte lediglich einige rasche und berechnende Bewegungen, ehe er den Rücken des Angreifers vor sich hatte… doch lieber zurücktrat. “… kehrt Eurem Gegner nie den Rücken zu. Ein besinnlicher Angriff mit kühlem Kopf könnte euch das Leben retten.” Ich blickte um mich und runzelte die Stirn. “Wäre dies ein Schwert und kein Bogen, wäre sein Leben verwirkt.” Ich sah, wie die Jüngeren die Köpfe schüttelten und lieber den Blick abwandten, waren sie jedoch zu erpicht über das Fortfahren des Kampfes. Ja, es war eine Schmach… und sein Atem geriet in Hast. Dieser Übermut… “Lektion drei…” Der zweite Angriff folgte, ein horizontaler Hieb, der beinahige Kontakt mit dem Bogen und Legolas duckte sich… und berührte die Seite des Burschen. “Wägt die Distanz Eurer Gegner ab… so, dass ihr den Vorteil von diesem Nahkampf ziehen könnt und...” Der Bursche schrie, wirbelte herum und fiel gnadenlos zu Boden… da er zu spät das Holz zwischen seinen Beinen bemerkte und daran scheiterte. Ein einstimmiger Klageruf der Jüngeren war zu hören, während die Erfahrenen einerseits die Köpfe schüttelten und sich ebenso vielsagende Blicke zuwarfen. Nun… “… und gebt Acht auf eure Umgebung und mögliche Lücken.” … der Junge tat mir von mal zu mal mehr leid. Nur, wie stark war der eigene Stolz, dass die Kapitulation gegen den übermächtigen Gegner nicht in Erwägung gezogen wurde? Ruhig verschränkte ich die Arme vor dem Bauch und seufzte nochmals. “Tot…”, murmelte ich leise, hob abwartend die Brauen und sah zu Legolas, der meinen Blick wohl gleichsam wissend erwiderte. Es war doch eine Qual… “Ich bin dein Gegner!” Das Einzige, was man dem Mann anpreisen musste, war der unaufhörliche Ehrgeiz... seine Ausdauer. Dabei waren dies gerade die Eigenschaften, die er an sich nicht zu erkennen vermochte. Er hob das Schwert… im selben Takt wie zuvor… als gäbe es für ihn nichts als die pure Kraft. Legolas kam ihm entgegen, vermessen und geschickt, trat er seinem gegenüber entgegen, hob den Bogen zur Klinge und führte fast zeitgleich eine technische Leistung an Beinfertigkeit vor. Dies war die Schnelligkeit, die ich anpries - die Fähigkeiten, die zu erlangen waren. Seine Hand gelangte an den Griff des Schwertes und selbst ich löste die Haltung und stemmte stattdessen die Hände in die Hüften. Der Kerl stürzte und… dies ohne Schwert. Grandios… und als wie störend musste Legolas diesen Kampf empfinden. So aufzehrend, dass er um den am Boden liegenden herumtrat und die Klinge mit wenig Kraft direkt neben ihm in die Erde bohrte. “Ein schmerzloser Tod…” Dachte ich laut und konnte mir ein weiteres Kopfschütteln nicht nehmen. Es war doch offensichtlich und doch…. “Noch nicht…!” Gewiss waren Legolas und auch ich nicht die Einzigen mit der Einsicht, dass dieser Kampf an Kraft verlor. Das Ergebnis war deutlich. “Der Hals…”, zischte ich schmerzvoll, rieb mir den eigenen und stöhnte ermüdet, “... der Arm… ah, der Bauch…” Ich selbst hätte diesem unnötigen Spektakel baldig Einhalt geboten, wenn meine Worte nicht von dem lauten Ächzen des einstmalig Tollkühnen übertönt würden. Doch mein Einmischen war nicht von Nöten, denn nach einem weiteren Versuch verlor wohl auch Legolas die Geduld für so etwas Überflüssiges und mit einem gezielten Hieb, rammte er das feine Holz in den Bauch des Burschen. Es nahm ihm den Atem, er ging auf die Knie und zeitgleich nahm auch der Elb ihm das Schwert. Mein Blick wanderte zu Boden, folgte dem Staub auf der hellen Ebene und blieb bei dem Unterliegenden haften. “Tot.” Und es war bedauernswert. Man schätzte sowohl Knabe wie auch Mann als weitaus klüger, als jener, der sich mit einem letzten Tritt zu Boden bringen ließ und allein durch den Fuß des Elben dort verblieb. Eine solche Lektion wie ihm… wurde mir nie erteilt. In diesem Alter hatte ich weitaus mehr Tod gesehen... “Es ist genug…” Klirrend war das Schwert im Staub gelandet, völlig erschöpft verblieb der Knabe an dem Punkt, selbst, als der Elb ihn gewähren ließ. Ich sah ihn an. Mit ruhigem Atem und ohne Anzeichen einer Anstrengung hatte er den Bogen verstaut. Keine weitere Regung erfolgte. “Ihr seht…”, ich löste mich aus der Menge und trat auf Legolas zu, ehe ich zu dem Anderen hinab sah, “... ihr benötigt Geschicklichkeit und Wissen, um zu siegen. Ebenso bedeutend ist die Einsicht, wenn ihr einer Überlegenheit gegenübersteht, denn Flucht ist kein Zeichen von Schwäche.” Bedächtig legte ich dem Elben die Hand auf die Schulter und sah in die Menge. “Das Wichtigste aber, um euer Leben und das Leben derer, die ihr beschützt, zu sichern ist: Unterschätzt den Feind niemals.” Ich war stolz auf ihn, obgleich dieser Kampf nicht von immenser Bedeutung war. Und eines gab es noch zu erzählen. Etwas, was die Stärke und Größe des Elbenvolkes durch Legolas wieder ins Gedächtnis rufen ließ und sie nicht sobald aus diesen streichen würde. “Nicht meine Erfahrung war es, die mir das Leben nach der Begegnung mit dem Obersten der Nazgûl schenkte und mir lediglich Verwundungen hinterließ.” Eine rege Verliebtheit… natürlich… als ich ein wenig Druck auf Legolas’ Schulter ausübte und ihn verschmitzt anlächelte. “Es war ein Elb, der anhand seiner Gewandtheit und seines Mutes den Hexenkönig bezwang und die Reihe der Schwarzen Reiter durchbrach.” Ich hatte mich nie bedankt, so fiel mir ein. Doch die geweiteten Augen, die geöffneten, aber sprachlosen Münder… die fassungslosen Blicke, sollten vorerst mein Dank sein. Ich nickte ihm gewissenhaft zu und ließ die Hand von ihm gleiten, bevor ich mich zu dem Jungen hinabhockte. “Für heute sind eure Übungen beendet.” Rief ich den Anderen zu, während ich dem Burschen die Hand hinhielt. “Kannst du aufstehen?” Träge hob er den Kopf, besah sich die Hand und schlug sie grob beiseite, ehe er sich ächzend aufrappelte. Schweigsam schleppte er sich von dem Feld und ich sah ihm nur stirnrunzelnd nach. Er begriff es bestimmt… und so stand auch ich auf und bemerkte plötzlich jene Bogenschützen, die zu Legolas eilten und ihn prompt einkreisten. Ich hielt mich diskret zurück, sah zu, wie meine eigenen Männer langsam und augenscheinlich noch immer verblüfft den Hügel verließen. Ermattet streckte ich die Arme von mir und bemerkte, wie die Soldaten immerzu an derselben Stelle einen Bogen machten. Eine kurze Verwunderung befiel mich, bevor ich den Zwerg zwischen ihnen entdeckte. Hatte er dem Kampf beigewohnt…? “Man muss sich schämen für ihn.” Raunte er enttäuscht und ich blinzelte fragend. Er sah zu mir auf, richtete den Gurt und zeigte auf Legolas. “Dieser Elb würde selbst einem Ork das Leben schenken, wenn er beteuern würde, nie wieder nach Mord zu trachten. Er ist viel zu…” “… gutmütig.” Setzte ich seine Worte fort und grinste. “Ich weiß.” “Er hätte diesem Bengel ordentlich die Leviten lesen sollen! Wenn ich an seiner Stelle gewesen wäre, dann…” Nun, man sollte sich glücklich schätzen, dass dies nicht der Fall war… und so unterbrach ich Gimli rechtzeitig. “Begleitest du mich auf ein erholsames Bad?” Er hob eine krause Braue und linste zu mir hoch. War es zwar eine Seltenheit, dass man sich dieser Räumlichkeiten gemeinsam annahm, doch fragte ich lieber ihn als Legolas. Mir sagte der Gedanke an dieses geräumige Bad mit ihm allein nicht zu. “Gewiss!” Grölte Gimli munter und nickte überstürzt. “Die Männer haben seit dem Mittag keinen schnellen Schritt mehr getan und dabei muss ich ihnen nicht behilflich sein. Gehen wir!” Ich fuhr mir durch den Schopf und wandte mich um… wunderte mich jedoch, dass es mir der Zwerg nicht gleichtat. “Legolas!! Deine liebliche Schönheit ist nicht mehr zu erkennen unter all dem Schmutz! Ein Bad vollbrächte da ein Wunder! Komm!” ~~~*~~~*~~~*~~~*~~~*~~~* Bemerkung einer der Autoren (Mono): Sodala! ^o^y Erst einmal will ich euch allen für eure Treue danken! Es ist wirklich wundervoll, so feste und liebe Leser zu haben! Q_______Q Jay und ich freuen uns riesig darüber und das Schreiben macht gleich vielmehr Spaß, wenn man weiß, dass sich auch andere darüber freuen. Auch, wenn es nicht den Anschein macht... bisher habt ihr ungefähr die Hälfte der Geschichte gelesen. Ja ja... es dauert noch etwas, bevor sie vorbei ist. Sie wird verdammt lang, aber ich denke, dass das nicht schlimm ist, oder? ^___~ Wie ihr wisst und bemerkt habt, basteln wir derzeit etwas an ihr herum und verändern sie völlig. Das Ende wird, grob gesehen, natürlich dasselbe bleiben, aber davor werden wir noch etwas dazwischen drängen, das auch eine Weile dauern wird. Wir haben echt Gefallen an dieser Geschichte gefunden und werden alles tun, um weiterhin schnell voranzukommen und euch nicht zu lange warten zu lassen. Leider gibt es da etwas, das uns manchmal in die Quere kommt: der Alltag! =______= Arbeit und Stress, durchgefeierte Nächte und Trägheit... aber das wird schon irgendwie. Und eure Geduld wir bald belohnt. Wir werden euch nicht länger warten lassen, bis A-chan und L-chan entgültig zueinander finden. Es hat bereits begonnen und es wird eine herrliche Zeit mit Höhen und Tiefen. O________O Ebenso werden wir diverse Dinge nicht unter "adult" stellen und hoffen darauf, dass die Freischalter unserer Meinung sind. Was das angeht, werden wir sowieso nicht bis zum Äußersten (adult) gehen. Also dann, wir freuen uns, dass es euch gibt und hoffen, dass ihr uns auch weiterhin gewogen bleibt. *alle knautsch* Wir machen bald mal wieder ein kleines Plauderstündchen. ^___~ Macht's gut! ^o^/) Eure Mononoke Kapitel 25: *~thaes~* --------------------- ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* thaes - Versuchung ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* Aragorn: "Man meint vielleicht, wir Zwerge hätten eine Vorliebe für den Dreck und den Schmutz, doch ist es nichts weiter als noch ein Trugschluss der Gedankenlosen!" Gimli begann zu erzählen, unterhielt Legolas und wenn mir dieser kleine Mann schon eine solche Hürde stellte, so war ich ihm vorerst dankbar, dass er den Elben ablenkte. Der Zwerg hatte so rasch gehandelt, dass ein Widerwort dumm gewesen wäre. Nicht umsonst hatte ich nur ihn gefragt und dennoch hatte er Legolas zu uns gerufen. So offen, wie ich meine Gefühle zeigte, konnte ich nur hoffen, dass der Blonde es nicht falsch verstanden hatte, als sich unsere Blicke zuvor kurz begegneten. Immerhin war ich hin und her gerissen. Ich seufzte lautlos, sah auf und passierte mit meinen Gefährten das Tor. Wie würde es enden, wenn wir gemeinsam den Baderraum erreichten und uns der Kleider entledigten? War ich schon scheu, ihn oberkörperfrei zu betrachten... doch dann, lediglich ein simples Tuch? Behaglich ließ ich flüchtig die Schultern kreisen, atmete tief ein und schüttelte schließlich zaghaft den Kopf. Was ich mir dachte. Gerade, weil Gimli an unserer Seite war, benötigte es keine Ausschweifung bizarrer Gedanken. Ich würde ihm nicht näher kommen, selbst wenn ich es also wollte. Selbst wenn ich darauf beharren könnte. Der Zwerg lachte laut auf und ich sah zu ihm hinüber, während er Legolas zum Stolpern brachte. Grinsend beobachtete ich die Mimik des Blonden, ehe ich mich wieder auf den Weg konzentrierte... "Und ihr Elben macht den Anschein, als wäret ihr reine Geschöpfe des Wassers, stets gepflegt und dies auch ohne Nass! Es wundert mich nicht, dass euch nicht dieselben Gerüchte plagen, wie die Zwergenvölker." Ja, wie wahr. Sie sahen aus wie irreale Wesen, die unerreichbar waren... selbst, wenn man neben ihnen stand, wenn man mit ihnen kämpfte. Selbst wenn man einmal die Gelegenheit hatte, sie zu küssen... Aufmerksam blickte ich um mich, durchlief die Gänge und machte mich ungeschickterweise daran, Umwege zu erkunden. Ich wollte es dennoch hinauszögern. Und keiner der Beiden würde bemerken, dass es so war. Auch wenn ich mich zügelte, das Gesicht zu verziehen, machte ich mir Sorgen. Wie lange würde es so weiter gehen? Hatte ich ihm nun schon gebeichtet, hatte meine Last ausgesprochen und trotzalledem war er bis heute stumm geblieben. Er begegnete meinen Lippen, wollend und keineswegs ängstlich. Selbst, wenn dies noch ein Kuss war, der von Unschuld zeugte, so war es einer... und kein weiteres Wort wurde darüber verloren. Schweigend betrat ich die breiten Stufen, bog in den nächsten Durchgang und erreichte die Ebene, die anhand ihres Reichtums kaum von Menschen beschritten wurde. Wir befanden uns allmählich in den Bädern der Höheren... doch gab es keine Truchsessen, keine Könige mehr, die sich diese zunutze machen konnten. Das Rauschen des Wasser erreichte mein Ohr und letztendlich schlugen wir einen marmornen Weg ein, der uns schließlich zu dem Bad selbst und zu einem Nebenraum brachte. Gemächlich ließ ich den Torbogen unbeachtet und betrat also jenen Raum, der von Barren bestückt und zur Umkleide gedacht war. Weiße Tücher lagen auf einem säuberlichen Stapel und ich besah sie mir wahrlich mit Skepsis. Ich schluckte schwer und nahm mir eines. Ja, sie waren ungenügend, geradezu einladend. Dies war der einzig traurige Gedanke, den ich ausführen konnte. Nochmals seufzte ich. „Legolas!“ Ich sah auf und erspähte den Elben noch vor dem Torbogen, ehe er sich Gimli's Ruf wegen zu uns gesellte. Beeindruckte es ihn? Gefiel ihm dieser Ort der Reinigung? Wenn dem so war, gab es wenigstens diesen Grund sich daran zu erfreuen. Leichthändig löste sich Legolas von Köcher und Bogen... "Nichts ist besser als ein Bad nach anstrengendem Tage!“ Dies dachte ich mir auch und kehrte dem Elben den Rücken zu. Zwar gab Gimli den Anlass, nicht unüberlegt zu handeln... aber ebenso wollte ich Legolas ebenso wenig beobachten können, wie er sich von seiner Robe befreite. Dies alles... wollte ich mir zu einem angenehmeren Zeitpunkt erlauben... selbst, wenn er nie kam. Grübelnd legte ich die Stirn in Falten und lehnte das Schwert gegen die Wand, zaghaft und behutsam, bevor ich mich der Weste entledigte. Folglich schlüpfte ich aus den Stiefeln und legte sie beiseite. Ach, ein Seelenfrieden wäre es, könnte ich nur an's klare Wasser denken. Flüchtig fuhr ich mir mit der Zunge über Lippen, als ich die Gürtelschnalle löste und auch sie zu der Weste legte. Was ging in ihm vor? War ich so närrisch, dass ich immer noch darauf zu hoffen wagte, ich wäre nicht der Einzige, dem solche Dinge durch den Kopf gingen? Ich öffnete die Schlaufe des Hemdes und befreite mich aus diesem, nahm nur kurzlebig den Schmerz der Schulter wahr und tat ihn ebenso schnell wieder ab, wie ich den Stoff auf die Bank legte. "Ich brauche deine Hilfe nicht...!" Ich sah hinüber, bemerkte Gimlis schwere Not und wäre wohl nicht um ein leises Lachen gekommen, hätte ich da nicht flüchtig mein Augenmerk auf Legolas legen können. Es war wahrhaftig kurz... ehe ich mich wieder umwandte und mich weiter um meine Entkleidung kümmerte. Mein Herz raste, als ich mich der Hose entledigte und rasch nach dem Lendentuch griff, um es mir umzubinden. Ein Geräusch und ich wusste, dass auch der Elb beinah... Ich atmete tief ein, bemühte mich um ein ruhiges Äußeres und wandte mich schließlich ab, um an beiden vorbeizuziehen. Bedächtig hob ich die Hand, um dies nicht als Flucht gelten zu lassen und folgte dem kurzen Flur, um ins Bad zu gelangen. Aufatmend begutachtete ich das Wasser, lief am Beckenrand entlang und blieb vor den langen Stufen zum Wasser stehen. Gedankenverloren beobachtete ich den leichten Wellengang, der durch den Wasserfall nie zur Stille fand. Was wäre dies für ein schöner Ort, um ihm nahe zu sein... ein Blick auf seine Haut, glänzend durch die feinen Tropfen, die sie umfuhren und gar Eifersucht in mir weckten. Ich spannte die Muskeln an, legte die Hand auf die Stirn und ließ den Kopf sinken. Es war ungerecht... Langsam tat ich einen Fuß ins Wasser, spürte die angenehme Frische und ging schließlich hinein. Wohltuend war die Kälte neben der Hitze meines Körpers und Stufe für Stufe empfing sie mich. Eine Abkühlung ohnegleichen. Geruhsam trat ich bis zum Wasserfall, denn tiefer als bis zur Brust wurde das Wasser nicht. Nun ich gab zu... die freudige Erwartung war nicht durch Legolas Anwesenheit abgeklungen. Nein, ich vermochte es gewiss, dem Genuss des Wassers eher nachzugeben, als dem des Elben, hoffte ich... und so gönnte ich mir die Freude, indem ich mich direkt unter den Wasserstrahl begab. Erleichternd schmunzelnd legte ich den Hinterkopf in den Nacken und trat nach einem Augenblick der Geräuschlosigkeit, die einzig von dem zarten Rauschen unterbrochen wurde, wieder zurück. Behände strich ich mir das nasse Haar zurück und begann in aller Gemessenheit die Reinigung meiner Arme. Leise Schritte ertönten und ich wusste, die Anderen kamen nun nach. Doch ich sah nicht auf und besah mir stattdessen meine Rippen und fuhr die dunkleren Stellen zaghaft entlang. Hm... ich lächelte sanft. Die Wunden hatten nicht nur ihre Stärke verloren, sondern erfreuten mich mit ihrer Blässe, der helleren Farbgebung, die schnelle Heilung verkündete... “Dieses Becken ist wie für Zwerge geschaffen!” Gar heiter und vergnügt erklang die Stimme des Zwergen und ich drehte mich um und sah selbst vergnügt zu, wie Gimli um den Beckenrand spazierte und es in aller Fröhlichkeit beäugte. “Es kommt zwar unseren Seen und Quellen nicht gleich, aber sei’s drum!” Ohne Schauder betrat er das Becken und ließ die ersten paar Stufen hinter sich, bevor er mit einem weiteren Schritt völlig unterging. Überrascht hob ich die Brauen, trat vor, doch sogleich sprudelte das Wasser auf und der Zwerg war zur vorhergehenden Stufe zurückgekehrt. “Was?!” Erschrocken schüttelte er das Wasser aus dem krausen Bart und fuhr sich über das Gesicht. “Es...”, er sah mich ganz perplex an und presste die Lippen aufeinander, “... es ist zu tief!” Nochmals schüttelte er den Kopf und ich wendete den Blick ab und hielt die Luft an. “Wie kommt es nur, dass es einem Zwerg nicht angeglichen ist, Aragorn! Das ist ein Frevel!” Fragend kratzte ich mich am Hals, ergab mich doch einem leisen Lachen und zuckte mit den Schultern. Und während ich dies tat, sah ich amüsiert zu dem Elben, welcher gleichsam zu uns ins Wasser trat. Kein Wort richtete ich an ihn. Ich hatte es befürchtet, aber konnte mich meiner eigenen Ruhe sicher sein, da seine Beine bereits vom Wasser verborgen und der Unterleib vom Lendentuch verdeckt wurde. Meine Miene konnte beruhigt die bleiben, die sie war... sie wurde schließlich nur innerlich durch den erregten Herzschlag in ein anderes Licht getaucht. Legolas: Es war wahrlich ein Aspekt, der meine Augen frohlocken ließ, der ihnen Entspannung schenkte und sie labten sich an der Reinheit des Wassers, an den natürlichen Geräuschen, die allein selbst schon den Hauch des Friedens mit sich brachten. Das sanfte Glucksen, das einen in einen Traum versetzte, sobald man die Augen schloss. Ich blieb stehen, der kühle Boden verwöhnte meine Füße und ich senkte die Lider, während das leise Rauschen beständig an meine Ohren drang und die Finsternis vor meinen Augen Bilder formte, die sich sanft mit den Lauten der Realität verbanden. Die Sonne, die das Dickicht ist seltsame Farben hüllte, die silbrigen Strahlen, die durch die Äste drangen und verspielte Schatten auf dem Boden warfen. Quellen… deren glitzerndes Nass das Gestein säumte… als käme ein Moment über mich… in welchem ich Düsterwald erblickte. “Dieses Becken ist wie für Zwerge geschaffen!” Ich öffnete die Augen und blinzelte, mich mit der alten Realität vertraut zu machen. Schwer waren die Schritte des Zwergen, in denen er am Rand des Wassers entlang schritt und sich dieses beurteilend betrachtete. Nur kurz verfolgte ich seine genügsamen Bewegungen, bevor mein Blick einer Fährte folgte, der ihn oft lockte... mich gar so reizend zwang, als würde er sich deutlich manifestieren. Vertieft gab ich mich einer annähernd als Gewohnheit zu betrachtender Beobachtung hin. Viel zu oft suchten meine Augen nach ihm… Und viel zu selten störte ich mich daran. “Es kommt zwar unseren Seen und Quellen nicht gleich, aber sei’s drum!” Ich vernahm die Laute des Wassers, als der Fuß des Zwergen es verdrängte, er hinein stieg, so wie es schien und ich hätte mich als Narr gescholten… gar reglos hier zu stehen, würden mir meine Gedanken die angemessenen Dienste leisten. Mit gelöster Miene verfolgte Aragorn die Bewegungen des Zwergen und fand, so schien es mir, Gefallen an dessen Offenheit, an dessen Zufriedenheit, die in jenen Momenten in uns allen herrschen mussten. Ein lautes Geräusch erhob sich im friedlichen Glucksen des Wassers und ein vergänglicher Blick verriet mir das mangelnde Urteilsvermögen Gimli’s, als sein Kopf unter der Wasseroberfläche verschwand, als dessen Höhe ihn überbot. Es war ein seltener Anblick, doch fand ich mich erst wieder bei Sinnen, als es wieder Aragorns Gesicht war, welches ich mir besah. Wie er Brauen hob und ein gewitztes Grinsen seine Lippen formte... Und niemand, wenn nicht ich selbst, konnte mir wohl die Frage beantworten, wann ich von Gimli abgelassen hatte und zum alten Ziel zurückgekehrt war. Mit einem rauen Schrei tauchte der Zwerg wieder auf und erkämpfte sich den Weg auf höhere Ebene. “Was?!” Ich legte den Kopf schief… “Es...” Wie er die Lippen versiegelte und Worte unterdrückte… selten sah ich es und an diesem Tag oft. Dieselbe Miene hatte mich während einem seltsamen Esserlebnis in Verblüffung versetzt und nun ergriff mich die Gewissheit, jener fremden Gestik nun mit Wissen gegenüberzutreten. Ja, ich lernte ihn kennen und an ihm fortdauernd neuartige Seiten. “Es ist zu tief! Wie kommt es nur, dass es einem Zwerg nicht angeglichen ist, Aragorn! Das ist ein Frevel!” Er lachte, gar verlegen wie es schien und als würde ich Wissen aus langen Studien seines Wesens ziehen, warnte mich eine geringe Bewegung, dass er meinem Blick bald begegnen würde. So erwachte ich aus seltsamer Starre und begab mich ebenso in das Wasser. Fasziniert ergab sich mein Blick dem verlockenden Spiel, den glänzenden Mustern zu folgen, welche das bewegte Wasser im milden Licht warf. Ich verengte gedankenvoll die Augen, trat die Stufen hinab und fühlte die wohltätige Frische auf blanker Haut… wie sie mich gleich eines schützenden Films umgab, keine Stelle unbeachtet ließ und meinem Leib schieren Wohlgenuss schenkte. Langsam hob ich die Hände, setzte die Fingerkuppen verträumt auf die spiegelglatte Oberfläche des Wassers und durchdrang diese, als ich einen weiteren Schritt tat, sich die kühle Frische bis zu meinem Bauch erhob und mich so innehalten ließ. Das Platschen des Zwergen und dessen Art, seinen Wohlgefallen zum Ausdruck zu bringen, entgingen mir beinahe vollkommen, als ich tiefen Atem schöpfte. Nicht besser konnte man einen Tag dem Ende näher bringen, indem man dem Körper die erste Ruhe schenkte. Ich hob eine Hand aus dem Wasser, betrachtete mir die Perlen, die über meine Haut rannen und blickte auf. Gimli schien eine seichtere Stelle gefunden zu haben. Er schüttelte seinen Bart, beugte sich hinab und zog mit gurgelnden Lauten eine jede Aufmerksamkeit auf sich. Bisweilen wurde ich mir der Tatsache bewusst... meine Gefährten noch nie so gesehen oder gar je gedacht zu haben, mehr Verbundenheit zwischen uns zu sehen, als der Krieg… der doch eine so unheilvolle Gemeinsamkeit war. Ich überraschte mich leibhaftig selbst, als sich meine Lippen dem Lächeln hingaben, welches sie doch so oft befiel, seit... Langsam begann ich die Feuchtigkeit auf meinen Armen zu verstreichen und sie vom Schmutz des Tages zu reinigen. Aragorn hatte seine Bequemlichkeit am Rand des Beckens gefunden, an welchen er den Rücken lehnte, die Arme nach beiden Seiten streckte und seinen Halt fand. Ich rieb meine Schulter, tauchte die Hand in das Wasser zurück und verstrich es auf meinem Bauch. Vergänglich durchschweiften seine Augen genügsam die Umgebung, bevor er die Lider sinken ließ und den Kopf zurück legte. Das nasse Haar streifte seine Stirn, bevor es hinab sank und seine Haltung wirkte, als wäre er so dem Schlaf nicht mehr fern. Seine Schultern hoben und senkten sich unter tiefen Atemzügen… keine Regung entgingen meine Augen, die in diesen Augenblicken gründlich waren. Flüchtig durchkämmte ich mein Haar mit den Fingern, wusch meine Hände und fühlte, wie eine Bewegung durch das Wasser ging, als sich der Zwerg heftig regte. Eine helle Furche durchzog die ebenmäßige Haut auf seiner Brust… und die Frage um ihre Entstehung erwachte in mir zum Leben. Gegen und für wen hatte er gefochten…? Wann…? Allein sein Leib schien eine eigene Geschichte zu erzählen, die ich nur zu gerne verstehen würde. Ich verstrickte mich in gar grüblerische Gedanken, legte den Kopf schief und folgte dem deutlichen Verlauf der Muskeln, die seinen Armen Kraft verliehen… durchzogen von Venen, in denen stark das Leben pulsierte. Sein Hals regte sich unter einem behaglichen Schlucken und mit einer wohligen Trägheit wendete er den Kopf. Seine Finger spreizten sich auf dem hellen Gestein, bevor sie sich wieder darauf betteten. So friedlich… ich genoss den Anblick wie keinen zweiten… mit nicht weniger Wohlgefühl, als in der vergangenen Nacht, in der er unter meinen Händen den Schlaf fand… so befreit... so... schön. Es wäre mir schwer gefallen, das Zucken meiner Mundwinkel unbemerkt zu lassen und ich war mir meiner offenen Gedanken wahrlich bewusst, als ich mich in der Verblüffung des ersten Momentes von seinem Angesicht losriss, ihm gar den Rücken kehrte und unter einem tiefen Atemzug die Gedanken, wenn auch nur teilweise, auf meine Bewegungen lenkte, die einstweilen annähernd ins Stocken geraten waren. So tauchte ich tiefer mit den Händen ein, benetzte mein Gesicht mit der wunderbaren Nässe und reinigte es vom Staub der trockenen Ebene, die heute und in den nächsten Tagen meinen Aufenthalt bestimmte. Gimli schüttelte den Kopf, ruderte mit den Armen und stapfte durch das Wasser, als wären nicht Elben, sondern Zwerge dem Wasser näher, als man zu glauben wagte. Ich blinzelte, betastete meine Schulter mit den Fingerkuppen und hob den Arm, ihn von geringen Verspannungen zu befreien und mir seiner Kraft bewusst zu werden. Ich spreizte die Finger, winkelte den Arm an und besah mir jene Zeichen, die kein Wasser zu verbleichen imstande war. Deutlich durchzogen jene Furchen meine Haut und keine körperliche Reinigung konnte dem Abhilfe verschaffen. Zögerlich ließ ich die Fingerkuppen über jene Stellen gleiten, schöpfte tiefen Atem und blickte zu meinem Bauch hinab, den, in rötlicher Färbung, eine winzige Schramme zierte... zugezogen durch Nichtigkeiten und selbst nicht mehr von Bedeutung geprägt. Ein weiteres Mal fuhr ich mir über die Stirn, wusch meinen Rücken und blieb stehen im Wasser, in dem sich der eine entspannte und der andere tobte. Aragorn: Wie auch immer es geschah… ich tat nun keinen Hehl mehr daran, mich über ein Bad zu dritt zu ärgern. Es herrschte eine Gelassenheit, die ich zu Beginn nicht erwartet hatte. Ich blickte Legolas an, konnte mich an der feinen Mimik des Elben satt sehen, ohne auch nur einen Verdacht auf verräterische Gedanken zu erwecken. Ruhig hatte ich ihn ansehen können, obgleich ich nicht auf seinen Körper achtete. Dies war der einzige Zwang, dem ich zu der Zeit nachging. Nicht lang und eine Selbstquälerei lag nicht in meinem Interesse, so dass ich mich schließlich abwandte und zum Beckenrand ging. Gemächlich und erfreut. Ich mochte es, dem leichten Widerstand entgegenzutreten, ich mochte diese Leichtigkeit im Wasser. Und mit ihr diese völlige Lösung von Anstrengungen. Ruhig wandte ich dem Beckenrand den Rücken zu, legte die Arme hinauf und blickte mich um. Ich genoss diese Entspannung, der ich mich frei hingeben konnte. Leichthin seufzend lehnte ich mich zurück, legte den Kopf in den Nacken und ließ die Lider sinken. Besonnen konnte man mich nun nennen. Lediglich den Geräuschen lauschend, dem Rauschen des Wassers und den Bewegungen Gimlis... Ruhig legte ich den Kopf der Bequemlichkeit wegen zur Seite, streckte die Arme flüchtig durch und regte die Finger. Zufriedenheit. Ja, so konnte man es nennen, obgleich… Zögernd biss ich mir auf die Unterlippe, als ich vorsichtig den Kopf anhob und die Augen öffnete. Es war mein Glück für den treffenden Moment, da der Elb mir den Rücken zukehrte. Zuletzt hatte ich einen Blick auf diesen… ja, es war in Lothlorien gewesen. Damals hatte ich die rege Befürchtung, ihn zu überfallen, meine Sinne zu betäuben. Deshalb hatte ich mir eine verinnerlichende Begutachtung verboten, auch wenn ich seine Haut massierte. Diese weiche Haut... Ich legte den Kopf schräg, ließ besinnlich den Blick hinabwandern und ergab mich der intensiven Beobachtung seiner Wirbelsäule, die markant zwischen den ausgeprägten Schulterblättern verlief. Es wirkte alles so unberührt. Unbeschadet viel mehr, bis auf jene Narbe der Verwundung, die ihm beinahe das Leben gekostet hätte. Anders als meine Verwundungen, war sie so kennzeichnend auf der hellen Fläche. Fehl am Platz und doch war sie ein wichtiger Teil seiner… unserer Geschichte. Ein raues Lachen ertönte und ich ließ von dem Blonden ab. Der Zwerg erfreute sich an dem kühlen Nass gleich eines Kindes. Es raubte mir ein erheitertes Lächeln, aber diese Freimütigkeit hielt mich nicht lang genug, um von Legolas Bewegungen dauerhaft abzulassen. Ich sah seine Hand auf der Schulter und wie er den anderen Arm hob. Genau besah ich mir diesen und nach langer Zeit setzte ich mein Augenmerk wieder auf seine Narben. Meine Güte… es hatte ihm so sehr zugesetzt. Mein Lächeln wich der ernsten Miene und ich schluckte. Es war Heldenmut gewesen. Anders hätte ich es nie sagen können. Und dies für mich. Ich konnte nicht umhin zu begreifen, dass er dies für mich tat. Es benötigte keine Frage warum. War er so bescheiden, dass diese Selbstlosigkeit der Selbstverständlichkeit weichen musste. Dabei hatte er sich waghalsig dem Tod höchstpersönlich gestellt. So lächelte ich wieder, obwohl ich wusste, dass es für ihn... eine ewige und allen voran eine grausame Erinnerung bleiben musste. Aber er zeigte es nicht... er war so stark, es mit Gleichgültigkeit hinzunehmen. Langsam fand ich wieder zu meiner geraden Haltung zurück, tauchte die Hand ins Wasser und fuhr mir über den Nacken, während ich den Kopf kreisen ließ. Ich dachte, es wurde nun Zeit. Eher sollte ich gehen als meine Gefährten, sonst lief ich abermals in Gefahr, mehr zu sehen, als recht war. “Meine Freunde...” Begann ich ruhig, lächelte und begann mich zu strecken. “Ich muss zugeben, die Müdigkeit greift nach mir.” Ich nickte ihnen zu und schritt langsam an Legolas vorbei. Ich fuhr mir über das Gesicht, während uns nur eine Elle trennen musste. Eine Handbewegung und ich konnte ihn berühren, ein kleiner Schritt zur Seite und ich würde ihn festhalten können. Und ich ging weiter, fuhr mir durch das Haar und drehte mich vor der letzten Stufe zu ihnen um “Aber, das Essen...” “Morgen fahren wir fort mit dem Training, also genießt den Abend noch.” Geschickt unterbrach ich Gimli, da mir der Gedanke an Nahrung nicht zusagte und ich Legolas’ derzeitige Aufmerksamkeit zu dieser Tatsache auch nicht hervorlocken wollte. Kurz hob ich noch die Hand zur Verabschiedung und wandte mich dann ab, um das Wasser zu verlassen. Geruhsam schritt ich um das Becken herum und blickte kurz über die Schulter zurück, ehe ich in den Nebenraum ging. Aufatmend griff ich nach einem weiteren Tuch, trocknete mir die Haare und griff nebenbei nach meiner Kleidung. So entkam ich einer Essenspflicht… In aller Fassung zurückgekehrt, zog ich mich an, streifte letztendlich die Stiefel über und schaute zu den noch liegenden Kleidungsstücken. Schmunzelnd fuhr ich mir den Fingern über Legolas' Robe, ehe ich auch den Nebenraum verließ und den Durchgang passierte. Es war bereits dunkel und als ich zum Himmel blickte, leuchtete mir der Mond den Weg. Wolken verdeckten nur schwach die Sterne und tauchten die Stadt dennoch in eine angenehme Dunkelheit. Behände stieg ich die Stufen hinab, ließ Gassen hinter mir und erreichte in kürzester Zeit jenen Ring zu den Kammern. Was sie wohl noch taten? Würde der Zwerg den Elb zum Essen zwingen, würden sie den Abend noch in aller Regsamkeit verbringen oder würden auch sie bald zur Ruhe finden? Umherblickend schlenderte ich durch den weiten Flur, erreichte meine Tür und griff nach der Klinke. Grübelnd hielt ich inne. Ich stellte mir die Frage, ob ich meine eigene Unwissenheit tilgen sollte. Legolas noch einmal aufsuchen und zu jener Zeit anfragen. Herausfinden, was zwischen uns war und was zwischen uns sein würde… Mein Mundwinkel zog sich unbewusst hoch und ich schüttelte den Kopf. Nein, dies war eine Angelegenheit, die sich von selbst erledigte. Ein Ding der Unwichtigkeit, nicht? Ich öffnete die Tür, trat in meine Kammer und befreite mich erneut von meiner Kleidung. Einen kurzen Blick durch das Zimmer werfend, erkannte ich auf einem Schemel zusammengelegte Kleidung, die ich jedoch kurz darauf mit Nichtbeachtung abtat und allgemach auf mein Bett aufmerksam wurde. Sogleich entrann mir ein Gähnen und ich fand zuletzt doch auf die weiche Matratze. Bequem bettete ich den Kopf aufs Kissen, streckte die Beine von mir und starrte zur Decke. Ein langer Tag war dies und gern war ich dazu bereit, ihn abklingen zu lassen. So schloss ich nach kurzer Zeit die Augen und versuchte auch die Gedanken zum Stillstand zu bewegen. Auch wenn ich mir des morgigen Trainingverlaufes nicht bewusst war. Wie würden sie mir entgegenkommen, nach dem Beispiel, das Legolas ihnen lieferte? Würden sich jene Jüngeren meiner Worte bewusst werden? Wären sie mir stattdessen boshaft gestimmt? Ich legte mich auf die Seite. Welche Tätigkeiten führten wir morgen fort? Nochmals öffnete ich die Augen und seufzte. Wann würde mir morgen Zeit gegeben, zu der ich meine stille Beobachtung weiterführen konnte? Ich kratzte mich an der Stirn, kniff die Augen zusammen und setzte mich auf. Der Müdigkeit zum Trotz… der Schlaf ereilte mich nicht sobald, da war ich mir sicher. So ließ ich die Beine vom Bett sinken und stand auf. Ein Verharren in diesem Raum brachte kein Zutun… ein weiterer, zielloser Ausgang vielleicht schon… Legolas: Es verlangte mir nicht nach Bewegung, viel lieber noch wollte ich nur hier stehen und meiner besonnenen Beschäftigung nachgehen. Oft aber blickte ich auf und wunderte mich über die Art des Zwergen, die sich in eine solche Offenheit kleidete, dass ich selbst bezweifelte, es ihm gleichtun zu können... selbst, wenn ich dem Gedanken folgte, es zu wollen. Wie er lachte... und dabei schien es bisweilen so leicht für ihn zu sein und für mich so schwer. Ich benetzte meinen Hals mit dem klaren Wasser, strich mit den Händen zurück zum Nacken und ließ sie auf diesem verweilen. Diese Reise war mehr als nur eine Gefahr... sie stellte mehr dar, als eine verbissene Wanderung und das Durchqueren trügerischer Pfade. Sie war geprägt von so vielen anderen Aspekten, als Hoffen und Zweifeln und dem Tod, der sich Leben nahm. Wie unberechenbar war unser Abenteuer, dass wir selbst noch Zufriedenheit verspüren konnten, während die Welt um uns herum einen entsetzlichen Wandel zu nehmen drohte. Es war seltsam... und ironisch... und man mochte daran zweifeln, dass wir in diesen Augenblicken nicht an die Ironie dachten, sondern einzig und allein an uns. So beschritten wir unsere Pfade getrennt voneinander und einjeder tat es auf seine Weise. Ich schöpfte tiefen Atem und ließ die Hände sinken. Nicht Ironie alleine, wenn ich selbst in diesen Momenten dergleiche Gedanken verfolgte. Doch vermochten sie mich nicht zu kränken, nicht zu verunsichern... es war richtig so und einjedes Grausen würde nichts daran ändern. Ich hob den Kopf, sah hinauf zu den hohen Fenstern. Das Licht nahm rasch ab... der Tag neigte sich dem Ende entgegen und bald schon, würde der nächste folgen... “Meine Freunde...”, vernahm ich Aragorn Stimme und wandte mich ihm zu. Selbst Gimli hielt in seiner Freude inne und es schien sein Abschied für diesen Tag zu sein. “Ich muss zugeben, die Müdigkeit greift nach mir.” So früh wollte er uns verlassen? Ich hob die Augenbrauen, nannte mich erstaunt und schwieg dennoch, als er sich so von seinem bequemen Platz trennte und zu den Stufen zurückkehrte. Es war bedauerlich... doch verständlich... Ich senkte den Kopf, als er nahe an mir vorbeizog und als würde mich ein Zwang nötigen, folgten meine Augen ihm versteckt, als er mich hinter sich ließ. “Aber, das Essen...” Gimli hatte die Fähigkeit zu sprechen nicht verloren und würde es beileibe auch nie tun. Empört hob er an, doch wurde er unterbrochen und so eine lange Debatte über Nichtigkeiten im Keim erstickt. “Morgen fahren wir fort mit dem Training, also genießt den Abend noch.” Eine rasche Handgeste wirkte annähernd abwehrend und so ging er und ließ einen missmutigen Zwerg zurück. Ein verworrenes Murmeln und Brummen erfüllte die Halle, während ich Aragorn verschwinden sah und selbst noch auf die Stelle starrte, die ihn von meinem Augenmerk löste. Hoffentlich würde er den Schlaf finden, den er suchte, auf dass uns morgen ein solcher Tag erwartete, der uns zu diesem Zeitpunkt gemach verließ. Auf dass mir sein Lächeln zuteil wurde und etwaige Sorgen keinen Platz mehr in meiner Gedankenwelt zu finden vermochten. Ich presste die Lippen aufeinander, bearbeitete die untere gedankenverloren mit den Zähnen und löste den Blick mühselig von jener Stelle, die mir allein weiße Wände enthüllte und somit von kümmerlichem Interesse war. "Legolas!" Von neuem aus den Gedanken gerissen, erwiderte ich den mürrischen Blick des Zwergen. "Du wirst es Aragorn doch nicht etwa gleichtun und mich im Stich lassen, oder?!" Unentschlossen hob ich zu einer Antwort an, sah mich um und schloss den Mund wieder. Nun... "Gut, gut, es macht mir nichts aus, die Küchen allein zu besuchen!" Eine andere Meinung offenbarten mir seine ruppigen Bewegungen, in denen er die Kleider wieder anlegte. Nicht lange waren wir noch geblieben, bis wir denselben Entschluss teilten und das Bad für diesen Tag verließen. Schweigsam beobachtete ich ihn von der Seite und streifte mit das dünne Hemd über den Kopf. "Der eine sehnt sich nach dem Schlaf, der andere allein nach der Ruhe und dabei war dieser Tag alles andere als eine Anstrengung! Findest du nicht?" Ich zuckte ratlos mit den Schultern und er brummte. So ließ ich mich auf der Bank nieder und stieg in die Stiefel. Die widerstandsfähige Weste war entbehrlich in einer ruhigen und arglosen Nacht wie dieser. So ließ ich sie liegen und lehnte mich zurück. Gimli benötigte weitaus länger, um sich in all die Kleider zu quälen, derer er sich kurz davor entlud. "Verlangt es dir denn überhaupt nicht nach einem saftigen Braten vor der nächtlichen Ruhe?" In einen letzten Versuch verstrickt, starrte mich Gimli an und ich verzog kritisch die Miene. "Schon gut!" Er hob die Hand. "Sag nichts!" Nun gut... ich rieb meinen Hals, besah mir ein letztes Mal das helle Gestein der Wände und Böden und kam so auf die Beine. Beiläufig griff ich nach der Weste und den Waffengurten und Gimli folgte mir hinaus. Gemächlich durchschritten wir die Gänge und von Neuem wurde mir die nächtliche Stille sympathisch. Die eilfertige Geschäftigkeit des Tages hatte sich der Müdigkeit der Menschen ergeben und nicht viele trafen wir auf den Straßen und Wegen, bevor wir stehen blieben. Orientierungslos drehte sich Gimli in beide Richtungen, schlug den Staub aus seinen Kleidern und kratzte sich im Bart. Ich selbst hielt den Kopf erhoben und sah hinauf zum sternenbesetzten Firmament, welches sich erstreckte, soweit meine Augen zu blicken vermochten. "Mein elbischer Freund!" Hob Gimli derb an und mich erfasste ein grober Schlag. "Nicht lange wird es dauern, bis du deine Absage bereust! Wenn du mich suchst..." "Ich weiß, wo ich dich finde." Erwiderte ich ihm geduldig und legte unter einem leichten Grinsen den Kopf schief. "Doch suchen werde ich dich nicht." Eilig holte der Zwerg Atem und hob zur einem Widerspruch die Hand... nur, um sie unter einem lauten Lachen wieder sinken zu lassen. Mit einem leichten Schritt zurück, bewahrte ich mich selbst vor einem weiteren Schlag und der Zwerg drehte sich lachend um und ging davon. Ich selbst blieb noch stehen, sah ihm flüchtig nach und fixierte mich dann selbst auf mein nächtliches Vorhaben. Mir war nicht nach kraftschöpfender Meditation, sprach doch Gimli rechtens, wenn er dem vergangenen Tag kaum Anstrengung anmaßte. Zunächst nahm ich mir vor, zu meinem Raum zurückzukehren und all das Überflüssige dortzulassen, um mir ungehindert die Stadt betrachten zu können. Geschwind fand ich meine Orientierung, wählte die rechten Gänge und öffnete bald darauf die Tür zu meinem Ziel. Der dunklen Umgebung schenkte ich nur wenig Aufmerksamkeit, tat lediglich einen Schritt in sie hinein, legte die Weste samt Waffen auf den nahen Schemel und trat so gleich wieder auf den Gang hinaus. Sollte sich Gimli in den Küchen vergnügen... ich tat es hier bei kühler Luft und Stille. Ich holte tiefen Atem, sah nach beiden Seiten und wählte ziellos die eine, deren Weg ich geruhsam folgte. Die Hände auf dem Steiß umfasst, die Augen aufmerksam und überall begann ich so einen der Spaziergänge, die mir die Kräfte bringen sollten, die ich benötigte. Ich spürte den leichten Zug in den Fluren, lauschte wenigen Stimmen und leisen Geräuschen, folgte einem fiktiven Pfad und trat bald auf eine freie Ebene hinaus, die sich in größer Höhe erstreckte und mir einen wunderbaren Blick auf die unteren Häuser und kunstvollen Statuen erlaubte. Ruhigen Schrittes trat ich an die steinige Kante, beugte mich etwas nach vorn und beobachtete zwei Soldaten, die, gelöst von grausamen Erwartungen, die Straßen patroullierten. Annähernd dachte ich, ihr Lachen zu vernehmen, doch summte auch der Wind in meinen Ohren und ich drehte mich um, kehrte der Tiefe den Rücken und besah mir das imposante Gebäude, welches ich soeben verlassen hatte. Die hohe weiße Kuppel, unbeschadet, wie nur wenige Bauten dieser Stadt. Ich senkte die Lider und kehrte um, ging zurück und nirgendwohin. Planlos waren meine Schritte und wie fand ich Gefallen an dieser ungezwungenen, ja, unbeschwerten Tätigkeit, zu der mir selten Zeit offen blieb. Heiß waren die Tage und voller Treiben, nicht dazu bereit, den Menschen Ruhe zu gönnen und ebenso konnte sich niemand eine solche Bequemlichkeit leisten. Die Nacht war oftmals voller Schrecken gewesen, doch in diesen Stunden mein Gönner. Lange folgte ich einem Weg, den ich später nie hätte beschreiben können, bis ich ein weiteres Plateau entdeckte und auf ihm zwei nur zu liebe Gefährten. Deutlich erspähte ich ihre Umrisse auf der obersten Stufe einer gewundenen Treppe. Unauffällig von ihrer Gestalt, doch kaum zu überhören, von ihren Stimmen her. Ich schien nicht der einzige zu sein, der die Vorzüge der Nacht für sich zu beanspruchen schien. Ich selbst blieb unbemerkt, als ich mich gemächlich ihren Rücken näherte, gar nicht weit vor ihnen stehen blieb und ihre Sicht in das dunkle Tal teilte. Intensiv riechende weiße Tabakwolken stiegen von ihren Gesichtern auf, die langen dünnen Pfeifen wippten zwischen ihren Lippen, während sie sich unterhielten. "Auch, wenn dich die Bienen stechen?", lachte Pippin leise und hob die Hand zur Pfeife. "Ich liebe das Auenland auch mit stechenden Bienen", antwortete Merry trotzig und streckte die Beine von sich. Er seufzte. "Die grünen Wiesen... der ewig nörgelnde Bauer..." "Die Kirschblüten im Sommer", führte Pippin verträumt fort und ich lauschte ihren Worten nachdenklich. Viele quälte das Heimweh und die Ungewissheit, es je tilgen zu können... Viele sehnten sich nach dem, wonach sie sich sehnten. "Nirgends sind die Erdbeeren so gut wie bei...", Merry stützte sich zurück, legte den Kopf in den Nacken und verstummte, als er mich erspähte, "... Legolas." Ich zwinkerte, räusperte mich leise und löste mich von meinem Denken, das dem ihren nur zu ähnlich war. "Ich wollte euch nicht stören." "Das tust du nicht." Lachend drehte sich Pippin zu mir um und bat mich mit einer raschen Handgeste näher. "Magst du dich zu uns setzen?" Auch Merry gestikulierte mit seiner Pfeife und nach einem kurzen Zögern nickte ich und ließ mich neben ihnen auf der Stufe nieder. Sie schwiegen kurz, als sie sich ihre Pfeifen betrachteten und kleine lederne Taschen aus ihren Mänteln zogen. "Wie kommt es, dass auch du noch nachts unterwegs bist?", erkundigte sich Pippin und begann seine Pfeife neu zu stopfen. "Uns ist der heutige Tag zu nahe gegangen", murmelte Merry in seine Arbeit vertieft und ich lehnte mich zurück, stützte mich ab und blickte auf die weite Ebene hinaus. "Man könnte sagen, es gibt so viel zu tun, dass man nicht weiß, wo man beginnen soll." "Mm." Ich schloss die Augen und labte mich an der milden Luft, bis mir der Geruch des Krautes in die Nase stieg und ich mich wieder aufrichtete, um die Ellbogen bequem auf die Knie zu stützen und meine Beobachtung fortführen zu können. "Ich frage mich, wann all das enden wird", raunte Merry nachdenklich und brachte das Kraut mit einigen Zügen zum glühen. Weißer Rauch drang aus seinem Mund und wurde von den milden Brisen zerrissen. Ich sah zu ihm. "Fragt mich nicht, ich kann euch nicht sagen, wann wir das Auenland verließen... und das nur in dem Entschluss, einen Freund ein Stück zu begleiten." "Ein großes Stück", meinte Pippin und weitete die Augen. Ihr Humor in solch einer Zeit entlockte mir ein flüchtiges Lächeln. Doch... bisweilen war es ein beruhigendes Gefühl, ihre beinahe unbeschwerten Stimmen zu hören... ihre Worte, die ohne den Hauch Melancholie normale wären. "Wie lange ist es her, seit du deine Heimat zuletzt sahst?" Pippin lugte zu mir und ich begegnete seinem teils neugierigen teils mitfühlenden Blick. Ja, wie lange...? Ich begann zu grübeln. Seit geraumer Zeit waren Kämpfe und Verfolgungen, Flüsse und Seen, Ebenen und fremde Städte ein Teil meiner Heimat. Wie lange...? "Eine Jahr." Eine kurze Stille brach über uns herein, bis Merry tiefen Atem schöpfte und sich träge zurücklegte. Pippin betastete gedankenvoll seine Pfeife und ich blickte noch immer hinaus und zum Horizont, der beinahe mit den dunklen Bergspitzen verschmolz. Ich regte mich nicht, ließ nur bald die Lider sinken und schüttelte den Kopf. Diese Gedanken... die Nacht war düster genug. "Ich....", ich drehte das Gesicht zu ihnen und sah sie an, "... beruhige mich mit Erinnerungen und Gedanken an jene Orte, an denen ich lebte. Die Orte, die eine Bedeutung haben, einzigartig sind... sie, die mich begleiteten über Jahrhunderte." Sie erwiderten meinen Blick aufmerksam und schweigend. "Und nicht weniger wichtig, als sie sind, ist doch der Wille, sie zu schützen." Pippin ließ den Kopf sinken und wurde von einem flüchtigen Blick Merrys getroffen. "Zu schützen, was wertvoll ist und wenn auch nur in den Augen eines einzigen. Zu verteidigen, was Bedeutung besitzt... nicht ersetzbar ist. Stärke zeigen, um sich dafür einzusetzen... dies alles ist von Wichtigkeit." Abermals lehnte ich mich zurück und blinzelte bequem im sanften Licht des Mondes, welcher hinter schwarzen Wolkenfetzen auftauchte. "Zuneigung Ausdruck verleihen", flüsterte ich in die Nacht hinein. Die Hobbits schwiegen und die Stille zeugte allein von den Gedanken, die erneut zum Leben erwachten und hoffentlich dabei, in andere Richtungen zu driften, als hin zu der Verzweiflung und dem Ende aller. Auch sie verließ ich bald, war ich doch auf Bewegung aus und beabsichtigte nicht, mich ihnen in ihrer Vertrautheit aufzudrängen und länger bei ihnen auszuharren, als nötig. Ein freundschaftlicher Gruß und wieder ich trennte ich meinen Weg von dem anderer. So reich an Gesprächen und Vorkommnissen war dieser Tag gewesen... trotz geringer Anstrengungen einprägsam und auf seltsame Weise fordernd. Und doch fühlte ich mich gestärkt, annähernd entlastet und in einigen Momenten zufrieden. So setzte ich meinen Weg fort, spazierte durch die fortwährende Finsternis und kehrte alsbald in die Gebäude zurück, die mehr verbargen, als das bloße Auge, welches auf sie blickte, zu erwarten vermochte. Ich durchging Gänge und Säle, Hallen und Zimmer und trat nach nicht allzu lange Zeit in einen Innenhof... der mich wahrhaft in seinen Bann zog. In zögernden Schritten trat ich aus einem mit Arkaden geformten Gang, der den Hof zu allen Seiten umschloss und betrachtete mir den Garten, der hier von geduldiger Hand geschaffen und von der Zerstörung des Krieges verschont geblieben war. Lange hatte ich dergleichen nicht mehr gesehen und eifrig sahen sich meine Augen satt, während ich stockend einen schmalen Kiesweg betrat, die Hände hob und einzelne Blätter mit ihnen streifte. Gewächse und Büsche... besondere Blüten und Knospen, die reichen Farben, die ich selbst in jener Dunkelheit zu erkennen vermochte. In einer Ecke des Hofes ragte ein zierlicher Baum auf, dessen zarte Blätter im Mondlicht annähernd blau schimmerten und fortwährend raschelte der Wind im Geäst. Gepflegt und doch nicht der besonderen Wildheit entrissen, blühten hier so wunderbare Pflanzen, die ich nimmer an einem solchen Ort erwartet hätte. Ich ging weiter, blickte nach allen Seiten und blieb alsbald stehen. Was war dies nur für ein Anblick, der mir mehr Zuversicht und Freude zu spenden imstande war, als einjedes Zusprechen? Langsam ging ich in die Knie, stützte den einen Ellbogen auf meine Oberschenkel und streckte die andere Hand nach einem zierlichen Gewächs aus. Aragorn: Zu schwer war meine eigene Kleidung, so dass ich Weste und Hemd durch jene Robe ersetzte, die mir dargelegt wurde. Locker lag der weinrote Stoff auf meiner Haut, ehe ich meine Kammer abermals verließ. Leise schloss ich die Tür hinter mir, blickte mich um und begann ganz ziellos durch die Gänge zu wandeln. Gelassen atmete ich die klare Luft ein und lauschte der feinen Stille, die man am Tage nicht genießen konnte. War sie mir zwar nicht fremd, doch so undeutlich in jener Zeit, in der der Zusammenhalt von Bedeutung war. Doch was war dies wohl? Der Gedanke von Oberflächlichkeit schoss mir durch den Kopf und ich senkte in einsamer Grübelei den Kopf, während ich spazierend die Stufen empor stieg. Meine Beziehung zu all denen, die ich kannte, sie war… nicht fest. Nur von einem konnte ich etwas anderes annehmen… Ach, was war dies nur für ein seltsames Spiel. War ich dem einen näher als all den Anderen, so genügte es mir nicht. Deshalb war ich stets daran, unsere Zweisamkeit zu nutzen. Legolas… dabei vergaß ich zu oft die Anderen. Es war, als hätte mich der Elb geprägt, doch auch wieder nicht… Ruhig durchlief ich einen weiten Flur, beachtete in meiner Einsamkeit die Ornamente, die ihn zierten und betrat eine breite Gasse, die zu meinem Unheil als Lagerstätte von Kisten und Körben genutzt wurde. Ich kam nicht weiter, jedoch… Waren das Äpfel? Ein leichtes Grinsen zierte meine Lippen, als ich zum Stehen kam und in ein dunkles Gebäude sah. Einst der Händler… Ich hob eine Braue, linste über meine Schulter, bevor ich der Genugtuung nicht widerstehen konnte und einen der großen Körbe öffnete. Wohl wahr… wie war ich derselbe geblieben… und wie sehr hatte ich mich dennoch verändert. Beglückt von diesem einen Moment, biss ich genügsam in den grünen Apfel, ehe ich meine diebische Lust verlor, als sich urplötzlich ein Fenster über mir öffnete. “Ist dort Jemand?” Brüchig und sorgsam rief dies eine ältliche Frau und ich lehnte mich reflexartig an die Wand. Es war eine Art toter Winkel, als sie sich umschaute, etwas aus dem Fenster beugte und doch nichts erkannte. Und ich verharrte still, obgleich ich mir nicht sicher war, wieso. Eine Reaktion, so schnell, dass ich sie nur unbewusst ausgeführt hatte. Nach wenigen Sekunden schloss sich das Fenster, ein irritiertes Seufzen war noch zu hören, doch dann kehrte die beruhigende Stille zurück. Ich atmete auf. Bedächtig pendelte ich mit dem Kopf und griff nach dem Apfel, den ich weiterhin im Mund behalten hatte und verließ damit die Gasse. Benötigte man doch keinen Handel in diesen Zeiten, in denen wir kraftvoll sein mussten, so hatte ich mich eben als jenen Dieb dargestellt, der ich als Kind war. Kopfschüttelnd schlug ich einen anderen Weg zum nächsten Aufstieg ein, aß den Apfel und behielt den Blick gen Boden. Hatte es der Elb eigentlich bemerkt? Meine Geschichte, die ihn zur Aufmunterung zwingen sollte und doch augenscheinlich nicht bewerkstelligen konnte. Wie war er aus der Abwesenheit zurückgekehrt? Es war ein Anderer, kam mir die Eingebung. Nicht ich hatte ihn aus seiner Düsternis gezogen und ihn wieder lächeln lassen. Gandalf? Oder war es Gimli gewesen…? Geistesabwesend rieb ich mir die Stirn und warf den Apfel beiseite, ehe ich wieder aufsah und ruckartig inne hielt. Dachte ich, ich wäre allein zur späten Stunde noch unterwegs, da erkannte ich die Silhouetten zweier Personen. Gemach standen sie dort, sahen über die freie Fläche hinweg und verharrten weitestgehend still. War es die Maid...? Einige Zeit hatte ich sie nicht mehr gesehen. Einige Zeit hatte ich nicht mehr mit ihr gesprochen. Sie, die ihre Trauer hinter ihrem Lächeln verbarg. “Eowyn…” Leise ertönte die Stimme eines Mannes und ich legte den Kopf schräg, tat einen Schritt und verharrte abermals still. Der Heerführer... sowohl an der Stimme, als nun auch anhand der Züge erkannte ich ihn. Er war der jungen Maid zugewandt. Ein seltener Anblick... Flüsternd erhob sich die Stimme der jungen Frau, aber ich vermochte sie nicht zu hören. Es war als würde der Wind sie davontragen, ohne dass mich die Worte erreichten… ich sah nur die Bewegungen… die Hand Faramirs, die nach Eowyns griff, sie zu seinen Lippen führte und zaghaft berührte. Zu welcher Nähe hatten sie gefunden, in der wenigen Zeit, die ihnen zur Verfügung gestellt wurde… Ein Blick genügte, um zu erkennen, was in ihnen vorging… auch wenn mir ihre Gesichter verschleiert blieben, so wusste ich um die Einsamkeit, die sie aneinander abgegeben hatten. Ein kleiner Schritt folgte und ihre Körper fanden zueinander, verschmolzen im kargen Mondschein zu einem Schatten. Eine einzige Umarmung… Es war, als würde der Scham mich rühren. So wie ich den Blick abwandte, kehrte ich den Beiden den Rücken zu, um einen anderen Durchgang zu nutzen und schließlich auf eine freie Ebene hinauszutreten. Ziellos streifte mein Blick die schwarzen Landschaft, während ich gedankenverloren die Arme vor der Brust verschränkte. Das Glück… es war mir nicht derart zuteil geworden, wie die schicksalhaften Siege im Krieg. Lediglich kosten durfte ich davon… ein Hauch von Freude hatte ich errungen, in der ich den Körper des Einen, den ich begehrte, berühren durfte. Was war dies nun für eine Freude, in der ich mich schmähte mit ihr zufrieden zu sein. Der Augenblick eines flüchtigen Traumes ohne Gewissheit. Noch immer verharrten wir stumm, noch immer waren wir stets dieselben, die in aller Freundschaft zueinander fanden. Es war offensichtlich. Die Unersättlichkeit nagte nun stärker an mir als zuvor. Weshalb fielen keine Worte? Ich drehte mich um, blickte durch die leeren Gänge… und dann in den weiten Himmel, an dem die Sterne zu ihrem Licht einluden. War Legolas in seiner Meditation vertieft oder teilte er gleichsam den Augenblick der Stille in der schlafenden Stadt? Wann sollten Gespräche zutage kommen, wenn wir stets in Aufgaben verstrickt und mit Hindernissen beladen wurden? Wann, wenn nicht... jetzt? Dies war der Moment, in dem ich mir bewusst wurde, dass es nicht genügte. Eine Zurückhaltung brachte mir keine Sicherheit in dem Handeln, was ich führte. Sollte ich ihn nun also aufsuchen? Ihn zur Antwort bitten, um der Klarheit habhaft werden zu können? Sogleich fasste ich den Entschluss, lockerte die Haltung und ging. Mein Ziel war klar und so suchte ich mir schnelle Wege um zum ersten Ring zu gelangen. Leise erklangen meine Schritte in den leeren Gängen, bevor ich schließlich zum Stillstand kam und vor dem Gemach des Elben verblieb. Ich schluckte schwer, atmete tief durch und öffnete schließlich die Tür. Vorsichtig lugte ich hinein, während mein Herz einen Takt anschlug, der selbst der einfachen Aufregung überlegen war. Doch fand ich lediglich einen leeren Raum vor, der ungenutzt in der Dunkelheit verblieb. Er war nicht hier. Lautlos ließ ich die Kammer wieder hinter mir und sah mich um. Wo könnte er sein…? Keine Zeit ließ ich mir, um Einschätzungen zu wagen… ich ließ die Kammern schnellen Schrittes hinter mir und bestieg erneut den nächsten Ring. Meine Suche begann und erst dann würde sie enden, wenn ich mir sicher war. Unruhig durchschritt ich verschiedene Gassen, ersuchte die vielen kleinen Gärten und Beete und öffnete die Türen, die zu Abkürzungen verhelfen konnten. Aber auch sie fand ich leer vor, kehrte also wieder den längeren Weg zurück, bevor ich einen anderen einschlug. Es war verzwickt. Nun also, da ich den Mut besaß, der Zweifelhaftigkeit ein Ende zu setzen, wollte es mir nicht gelingen! Zum höchsten Ring eilte ich hinauf, sah an den Mauern zu den untersten hinab und tat dies folglich auch auf verschiedenen Seiten. Mein Atem fiel schnell und dennoch zügelte ich mich nicht. Eilends sprang ich mehrere Stufen hinab, durchquerte die Arkaden, lief unbeachtet an den edlen Bannern vorbei und öffnete selbst die Türen zu den Badehäusern. Nichts als Finsternis. Ratlos sah ich mich um. Nicht, ehe ich ihn sprach, würde ich aufgeben, sollte es die Nacht andauern… Und dies tat es wohl, als ich glaubte bereits Stunden hinter mich gebracht zu haben. Ruhelos hastete ich nochmals die Gänge entlang, folgte meinen eigenen Spuren, als wäre sie ein Labyrinth in sich… ein weiterer Garten folgte und ich blickte flüchtig hinein, ehe ich weiterging... und abrupt stehen blieb. Wider Erwartens überwältigte mich die Überraschung auf dem falschen Fuß, als ich ihn inmitten eines Blumenbeetes hocken sah. Ungerührt von der voranschreitenden Nacht, die dem Tag alsbald nachgeben musste, betrachtete er die Blumen… ehe er mich zu bemerken schien. Mich traf dieser Zufall schwer, denn ich schien selbst zur Säule erstarrt zu sein. Erwartungsvoll richteten sich seine hellen Augen auf mich und ich blies perplex die Luft aus der Lunge. Hier war er also. Nun... "Verzeih...", raunte ich leise, während ich ihn ansah und erneut verstummte. In dieser Schweigsamkeit versagte mir der zuletzt lodernde Mut, der mich zur Suche trieb und nun elendig im Stich ließ. Wollte ich ihn nun zur Antwort bitten…? Die Furcht war es, die mich nun übermannte, als ich ihn wortlos anblickte. Ich wollte mir diese Anblicke nicht vergelten. Eigentlich... eigentlich wollte ich nichts mehr, als ihn mir so betrachten zu können, wie ich es eben tat. Seine Mimik, die von nichts zu wissen schien. Gestiken, die von ihrer Unschuld geprägt waren. Wollte ich mir dies nehmen lassen, indem ich mein Verlangen auf Gewissheit stillte? War es nicht auch gut, wie es war...? “Ich vergaß, dir eine geruhsame Nacht zu wünschen.” Ein lautloses Seufzen entrann mir, als ich ihm schließlich zunickte und unsicher lächelte. “Bitte finde auch du bald zur Ruhe. Der Tag wird kein leichter sein.” Wie beschämend... flüchtig blickte ich zur Seite, ehe ich mein Lächeln verzweifelt vertiefte und mich ungestüm abwandte. Ich musste närrisch gewesen sein... ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ ~* Plauderstündchen mit Jay-the-Fabbit-Mastaaaa *~ Hey ho (oder: Mae govannen!) Zu einem höchst seltenen und vor allem überfälligen Plauderstündchen meldet sich auch mal meine Wenigkeit: Dat Jay. *winkZz* Aaach~ Leute, ich bin so glücklich, dass es euch gibt! Am Anfang, als die Story begann, da war eigentlich ein Gruppen-RPG geplant…. Und Mono sollte gar nicht mitspielen *löl* Aber sie hatte sich halt als Legolas beworben und da wir ja alle wissen, wie feini feini sie schreiben kann, hab ich das natürlich (großzügig, wie ich bin XD) gestattet. Und da sich kein weiterer gemeldet hat, haben wir halt spontan angefangen und siehe da... jetzt sind wir populär *__* Das ist alles EUER Verdienst ^_^b 144 Kommentare, ich geh kaputt o///o’ Und was ich sehr toll finde, sind die Kommis, die erläutern, was sie toll finden und weshalb. Ebenso freue ich mich auch über die kleinen Kritiken. Dadurch sind uns letztens schon mehrere gravierende Fehler aufgefallen, die wir natürlich künftig beheben wollen. Immerhin quatschen Mono und ich so gut wie täglich über die Story… Dass es übrigens manchmal etwas schleppend bei den Kapiteln vorangeht, ist meine Schuld. *verbeug* Ich bin oftmals so böse träge und kann mich nicht überwinden zu schreiben. Sicher kennen die, die sich auch an FF-Stil RPG’s beteiligen bzw. FF’s schreiben, das blöde Gefühl, wenn sie für einen ein- bis zwei- oder gar dreiseitigen Post bis zu zwei/drei oder gar vier Stunden benötigen. So geht mir das jedenfalls oft. Ich bitte um Vergebung >___< *wedelzZ* Ich strenge mich an, fleißiger zu werden! Und nun zu diversen Kommentaren (die sind jetzt nicht sortiert oo‘): »"Er rettete mich vor meiner Dunkelheit und ich schützte ihn vor der seinen..." => Bei dem Satz bin ich hängen geblieben. Gibt es eine tiefere Verbundenheit? Sich gegenseitig Licht spenden, Sonne sein... Fazinierend, wie lange ihr diese Szene ausdehnen könnte, ohne dass es auch nur eine Sekunde langweilig wird... Legolas' Charakterisierung der Menschen ist wirklich gelungen - sehr treffend. Unvollkommen bis in Mark und doch... die Zukunft Mittelerdes. Und zugleich fühlt sich Legolas den Menschen ähnlich werden. Die Nähe färbt ab... *g* Legolas hat also Zauberhände. Kunststück, dass sich Aragorn am nächsten Morgen so über den nachgelassenen Schmerz freut. ^-^« (by abranka) Solche Kommentare meine ich, die ich sehr gern hab. Da wurde sich sogar die Mühe gemacht, ein Zitat rauszusuchen *_* Du hast so recht, abranka! Man merkt es oder? Eigentlich merkt man es doch, dass Legolas langsam aber sicher… naja, sich halt zu Aragorn hingezogen fühlt, nicht wahr? Bleib ganz feini bei uns, wir brauchen so aufmerksame Kommischreiber, wie dich ^^ »Ma wieder n supa Kapi... Was is das für n Frucht, wenn ich ma so Fragen darf... Reine Erfindung oda gibt’s die wirklich?!^^ Na egal... Schreibt schnell weiter... Bye, bye ^^« (by keigig) Huhuuu~! *irre winkzz* Aaalso… diese Frucht, ehm… die ist fiktiv ^^ Vielleicht könnte man sie aus einer Kreuzung von Zitrone, Grapefruit und ehm… Sauerkirsche herstellen? Ich stelle es mir mit den Augen des Elben auf jeden Fall schlimmer als bei einer Limone vor. Das arme Grünblatt, wa? Hihi.. Aber es war nötig ^^ »Das mit dem Pfeil war wirklich toll, auch das Aragorn ihn zurück geschossen hat war sehr schön. *-* Der kurze Kommentar von Gimli war sehr lustig und besonders Legolas Reaktion! Aber noch um längen besser war diese Gemeinheit von Aragon. Das war echt fies von ihm, das hat der arme Legolas nicht verdient. *hätte es auch gemacht* XD Ich verehre Aragon für diese Schändliche Tat. *vor Aragon auf Knie fall und verbeug* *_* Ich habe mich prächtig amüsiert, Legolas Reaktion war umwerfend!!! Ich hätte gedacht er kann sich besser beherrschen. ;p War wohl der Überraschungseffekt, wer hätte schon gedacht das Aragorn so gemein sein kann. *voll Bewunderung in der Stimme* Weiter so! Von Kap. Zu Kap. wird die Geschichte besser. Ich bin erfüllt von Bewunderung und Ehrfurcht, für euer Werk! Freue mich schon unglaublich auf das nächste Kap. ... Malsehen wer Legolas alles ausfeiert. XD ich habe es ja schon, hoffentlich hat es Gimli mitbekommen. Man liest sich kawaii_kamy« (by kawaai_kami) *zum hockenden kawaai glubsch* Meii~ doch nicht der Rede wert. *höhö* Ich freue mich sehr, dass Aragorn langsam in eurer Gunst zu steigen scheint (obwohl ihr mich sicher nach diesem Cliffhanger wohl am liebsten umbringen würdet *lach). Anfangs hatte ich bemerkt, dass er nicht besonderst beliebt war und ich hatte schon die dumme Befürchtung, dass ich zu blöd bin, um Ara-chan zu playen. Keine Ahnung, ob ich es bin, jedenfalls war und ist es nicht leicht. Aber das gilt ja nun auch für Legolas. Nun, auf alle Fälle ist es wohl so, dass Aragorn, seitdem er nicht mehr so perfekt ist, ein angenehmerer Zeitgenosse ist, als vorher. Aber ihr versteht es schon, oder? Q___Q Seine Denkweise, sein Handeln und weshalb er manchmal Mist gebaut hat. >BOAR!! Das is jetzt so fies!! O_____o Wie kann man nur an so einer Stelle aufhören? <.< >.> DAS IST EINFACH ZU KÖSTLICH! Ach, danke Gimli!! Vielen Dank! Ich freu mich jetzt schon auf Aras Verhalten...*reusper*...baden die da nackt? *//* Hoffentlich! *hehehe* Ne, aber etz mal zum eigentlichen Inhalt: Ich fand das echt ne super Idee, es mal diesem Rotzlöfel zu zeigen. Ich konnt den schon von Anfang an nicht ab...Und was ich total putzig finde ist, dass Ara sich so aufregt weil dieser Bengel totalen Schwachsinn daherredet. XD HERRLICH!!! Klasse, wie ihr den "Kampf" von den beiden beschrieben habt. Und Legolas....mhhh~....unser Prinzi der immer alles unter Kontrolle hat. Das war einfach wunderbar! RESPEKT!!! Aber weißte was? Ich würde zugern mal einen richtigen Gefühlsausbruch bei unserem Lego-Stein erleben. So, dass er selbst nicht damit umgehen kann, weil er etwas ähnliches noch nie erlebt hat. Das wär einfach himmlich. Könntet ihr vielleicht....sowas...in der Art....einbauen? Büddö? ó.Ò So, mehr gibt's nicht zu sagen! Eurer SChreibstil ist sowieso perfekt. Da kann man garkeine Krittik ausüben. Doch!!! Eines wäre da noch: Bitte, schreibt schneller!!!!!!!!! X____x''' Ich muss unbedingt wissen wie DAS jetzt ausgeht! *sabber* Sonst häng ich mich auf! ò_Ó Also, macht's gut! HEGGGGGGGGGGGGGGGDL *bussy* PS.: Ich liebe es, dass sich eure Story so ewig hinzieht. Lasst sie am besten NIE enden! ;) In sehnsüchtiger Sehnsucht >Euer HAMSTA< (by Hamster-Viech) Tut mir Leid, dass wir deine wunderbare Vorstellung von einem nackten Legolas… einem nackten Aragorn und einen… oo…. Einem nackten Gimli leider nicht erfüllen konnten. Aber wir fanden es doch etwas schade, wenn Ahorn jetzt schon wüsste, wie sein Elbenprinzlein vollkommen ausschaut. Das ist doch noch ein Geheimnis! (Psschht….). Außerdem hätte man dann nüchtern gesehen, davon ausgehen können, dass Aragorn den Zwerg ersoffen hätte, um dann über das Elbensteinchen herzufallen, verstehst? Nun ja, wir gestalten es halt gern spannend. Aber wie Mono dir ja versichert hat, wird deine Geduld und die der anderen Leser natürlich belohnt. Es stellt sich nur die Frage, wann ^___^,, >Omfg! eiskalt abserviert!>< Toll mit was für einer arglist Hörnchen das Blättchen ruft. Das verständnis zwischen den beiden, super! Und es geht wieder hintereinander weg! Das kapitel hatte irgend was das einem direkt unter die haut ging. Lasst ihr denn nie nach? die leichtigkeit mit der Blättchen über Blödchen siegt, wie er ihn einfach nur total verarscht, ist euch genial gelungen! und hörnchens Kommentare! ich hab mich echt gefreut! Großes Lob und genauso großen respekt! und macht euch mal keine Gedanken wegen dem warten. Hier hackt euch niemand den Kopf ab. ^______^ Lasst euch zeit....aber nich zuviel, sonst hack ich was ab! Ò__ó< (by Natsu-Shemai) Komm nur ran, mein Herzlpupsel (wie gut, dass er es jetzt noch nicht lesen kann XD) Dieser Kampf musste wirklich in das Geschehen rein. Es ist ja so, dass Legolas der absolute Uke ist. Ein Ume (ß ein Uke, der durchaus als Seme fähig wäre… bei einem anderen Pairing etc.) irgendwo, aber ein Uke o.o Doch es muss ganz Mittelerde bewiesen werden, dass er stark genug ist, um sich selbst zu verteidigen. Er kann die Dinge selbst wunderbar richten und ist dazu der perfekte Gegenpart zu Ahorn. Ich hoffe, vielen hat dieser Kampf zugesagt… wir haben es jedenfalls genossen ^^ >woah bist du gemein da hofft der liebe aragorn nicht mit legolas baden gehen zu müssen statdessen fragt er den herrn zwerg ^^ und dann lässt du gimli legolas dazurufen aragorn tut ma jetzt schon leid er muss sich dann aba voll zusammen nehmen lool supa kapi wie imma und ja es war genauso gut wie das andere kürzere auch wenn ma da die szene mit legolas besonders gut gefallen hat baut nochmehr solcher szenen mit ihm ein *knödeligfind* ^^ und dass legolas diesen idiotischen burschen nicht einfach verprügelt hat naja dat passt auch nicht wirk´lich zu ihm aba wär doch ma wat gewesen ^^ macht büdde schnell weiter freu mich schon richtig ^^ LG :3 byebye *monstaknuddelknutscha*< (by Jet-chan) Ja, wie du wohl gelesen hast, hat es Ahorn hinbekommen, ruhig und zumindest äußerlich gelassen zu bleiben. Er war so entspannt, dass er nicht mal mitbekam, wie er beäugt wurde. *lööl* Und… nein, Legolas verprügelt niemanden. Wobei… ich weiß gar nicht, ob wir etwas derartiges geplant haben. Naja, jedenfalls könnt ihr euch sicher sein, dass das Elblein auf jeden Fall weiterhin fähig sein wird, irgendwen umzubringen. Ist doch auch mal was, ne? Und mit seinem Charakter und dieser wundervollen Hülle sorgt er wenigstens dafür, dass Aragorn regelmäßig vom >kleinen Tod< heimgesucht wird *blush* u////u *einfach mal reknuddlknutscha* Ohhh~ ich liebe euch *_* ~Wisst ihr… wir hatten Aragorn zu einer eher unpassenden Szene schon so weit, dass wir annehmen mussten „eigentlich müsste er Legolas vergewöhnen Ó_ô‘“ So fanatisch, wie der Bub aufs Blättchen ist (apropos… eure Bezeichnungen zu den Hauptcharas find ich immer wieder herrlich! ^^), gab es oft schon Situationen, wo seine menschliche Vernunft gar nicht mehr funktionieren dürfte. Jedoch versuchen wir damit Aragorns Edelmütigkeit zu erhalten. Er ist immerhin kein notgeiler Bock U.U~ Und in dieser Sache muss ich euch wirklich meinen größten Respekt aussprechen. Nach 609 Seiten, aka 25 Kapiteln immer noch aktiv zu lesen, ist total beeindruckend! Wir sind ja nicht Anne Rice, Tolkien oder… ehm… Nietzsche. Wir sind auch keine Yaoi-Autoren (Okay, Mono schon, aber ich nicht >,<8), die eine so schöne Sache schnellstmöglich auf den Punkt bringen wollen. Deswegen ist eure Geduld auch so wichtig für uns. Ich denke, ihr erkennt, dass es sich neben der Beziehung von Legostein und Ahorn natürlich allen voran um die Geschichte Mittelerde selbst dreht. Wir wollen auch erkenntlich machen, wie wir das Denken der beiden Charaktere einschätzen (also nicht nur von Aragorn und Legolas). Es ist uns wichtig, dass wir begreifen können, weshalb Legolas so ist, woher seine Reaktionen und sein Charakter kommt. Und Aragorns Gedanken waren zumeist auch völlig verworren. In den Filmen konnte man manchmal nicht glauben, woher diese Perfektion kam. Und in den Büchern kam er mir (persönliche Meinung) ab und an zu überheblich vor. Aber das vorweg u_u. Jetzt hab ich euch zugelabert und gar nicht viele Kommis rauskopiert. Okay, das lag vor allem daran, dass Natsu so viele hintereinander geschrieben hat.(mach nur so weiter! XD vor allem, wenn du wieder da bist ^^‘) Seid nicht böse, wenn ich das jetzt nicht nachhole. Ich lese auf jeden Fall alle Kommentare und jubel munter mit Mono, wenn neue kommen. Jedes findet seine Beachtung und bei offensichtlichen Fragen, melden wir uns ja auch direkt in euren Steckbriefen. Macht schön so weiter. Ich danke euch vielmals, dass ihr uns so treu seid und würde mich auch freuen, wenn ihr bis zum Ende der Geschichte bei uns bleibt und uns begleitet. Indem ihr eure Urteile fällt und eure ehrliche Meinung schreibt, werden wir (hoffentlich) besser und geschickter beim Schreiben, auf dass ihr immer mit uns zufrieden sein könnt. Hannad le! Höhö… und noch ein guter Rat an euch: I felmi atanen ú-ahyar er i cenie yallo ancene atan. Mwuahahaha~ *Beine in die Hand nehm und wegrenn* ^____^ Namárië MONO~ ò,ó Nadath nâ i moe cerich! *chrchrchrchr…* reicht des? o_____O~ Bemerkung Mononoke: Angeber... <______________< Kapitel 26: *~mael~* -------------------- ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* ~*mael - Begierde*~ ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* Legolas: Es war bewundernswert, welch sonderliche Eigenheiten die Dinge hatten, die wir übersahen und es tagtäglich taten. Blüten, die unser Auge in der Hast nicht erfasste, Gewächse, über die wir eilend traten... ich folgte dem schlanken Verlauf des Stängels mit den Fingerkuppen, betrachtete mir die Pflanze sorgfältig und hielt doch inne in meinen Bewegungen, als ich Laute vernahm. Schritte, die, welche nicht darauf bedacht waren, im Geheimen zu bleiben, laut in einem der Zugangsgänge erschallten und sich an den Mauern brachen. Nur andeutungsweise blickte ich zu jener Richtung, die Hand selbst noch an der Blume haltend und bald auch die Augen wieder auf jenes schöne Geschöpf richtend. Es sollte mich nicht wundern, dass der Eifer so manchen selbst des Nachts noch ergriffen hielt. Ich schmunzelte, als die Hast der Schritte immer deutlicher zu werden schien. Da hatte es jemand wahrhaft dringend... Ein Schatten löste sich aus der Schwärze der Arkadenbögen und eine Gestalt trat zu mir in den Hof. Wenig hätte sie mich zu interessieren... hätte sie nicht inne gehalten. Der Reflex lenkte meinen Körper, als ich abermals aufblickte und sogleich verlor ich etwaiges Interesse an den Blütenblättern, als ich ihn erblickte, den ich im Schlaf vermutete und nun hier traf. Sein jähes Erscheinen verblüffte mich, war es doch vielmehr als die Ankunft eines Menschen, viel bedeutsamer, als eine gewöhnliche Begegnung. Ein kühles Schaudern durchzog meine Schultern in den ersten Augenblicken und wirkte dabei wie die Beglaubigung dieser Gedanken selbst. Schleppend ertasteten meine Finger die vertrauten Blätter, ohne dass die Augen ihnen eine Hilfe waren. Regungslos blieb wohl meine Miene und Aragorn stieß einen langen Atem aus, offenbarte mir seltsames Erstaunen, welches ich innerlich mit ihm teilen mochte. Was tat er hier? In diesem Garten, in dem wir der vertrauten Zurückgezogenheit sicher sein konnten... Zu dieser Zeit...? Die Nacht... die unser Handeln änderte... unser Denken... und dies bereits einmal getan hatte. "Verzeih..." Ein ungewisses Murmeln trat über seine Lippen und ich ließ die Hand sinken, erfüllt von Erwartungen und gegensätzlich von einer rasch wiederkehrenden Ruhe. Seine Anwesenheit war mir nicht unangenehm... nein, beileibe war sie es nicht und während er noch mit sich selbst uneins war, trat er für mich als Mensch, den ich gern erforschte, in ein nur zu reines Licht, welches keine Schatten ließ, kein Unverständnis. Erneut suchte er nach mir...? Sein Atem fiel so aufgeregt, als hätte er es gar dringlich getan. Seine Hände regten sich unentschlossen, flüchtig zupfte er am dünnen Stoff seines Hemdes und sein Mund blieb lange Zeit versiegelt. Unsere Blicke kreuzten sich und gebannt studierte ich sein Antlitz und könnte dies mit einer Vernarrtheit tun, die nicht auffällig gewesen wäre. Konzentriert verengte ich die Augen, bewegte stumm die Lippen und vernahm ein leises Räuspern. Was tat er? "Ich vergaß, dir eine geruhsame Nacht zu wünschen." Ein verträgliches Nicken seinerseits und Anstalten, diesen Ort geschwind wieder verlassen zu wollen. Mein Gesicht entspannte sich. "Bitte finde auch du bald zur Ruhe. Der Tag wird kein Leichter sein." Sprachlos öffnete ich den Mund, schöpfte tiefen Atem und wandte den Blick von ihm ab, sein leises Seufzen stumm erwidernd und die Aufmerksamkeit auf jenes Beet zurücklenkend. Die Züge meines Gesichtes kündigten ein Grinsen an, doch unterdrückte ich das Zucken meines Mundes, presste die Lippen aufeinander und verfolgte aus den Augenwinkeln, wie er sich schon umdrehte. Oft hatte es so sein Ende gefunden... Mein Kampf um Ernsthaftigkeit verlor an Nöten... sie kam über mich und ich senkte die Lider, streckte die Hand und griff nach einem einsamen Blütenblatt, welches auf der feuchten Erde lag. Erneut ertönten seine Schritte. Langsamer als zuvor und doch zielgerichtet und nach Entfernung suchend. Ich legte die Stirn in Falten, schloss das Blütenblatt zwischen Zeigefinger und Daumen und fühlte noch kurz die Frische der Nachtluft, welche dem Blatt innewohnte und sogleich auf meine Finger überging. "Aragorn." Ich nannte seinen Namen langsam und tragend und die Schritte verstummten, sobald das Wort über meine Lippen kam. Die alte Stille kehrte zurück und grüblerisch besah ich mir das zerbrechliche Blatt... als berge es ein jedes Geheimnis, sowohl auch Antworten auf all meine Fragen, die ich nie zu stellen wagte. Ich wendete es zwischen den Fingern, blinzelte und verzog die Brauen, bevor ich unter einem stillen Luftholen die Hand sinken ließ und das Kinn auf dem Schlüsselbein bettete. So einfach wäre es, wären wir nicht auf Worte angewiesen. Nicht darauf, das vielsagende Schlagen des Herzens in Laute zu hüllen und in grober verständlicher Form wiederzugeben, war es doch an und für sich selbst schon ein Zeichen, wie es bedeutsamer nicht sein könnte. Weshalb Erklärungen erbringen für die Sehnsucht der Augen, die oft nach einem Punkt suchten, stets in eine Richtung drifteten? Mit Sprache zu bekunden, was der Leib still und doch umso deutlicher zeigte... zu sagen, was man selbst nur spürte? Ein Hauch, der kitzelnd lockte und verflog, bevor man begriff... Eine Versuchung, der man sich ergab und sich ihrer bald darauf kaum zu entsinnen vermochte. Ich nickte wortlos in mich hinein, schloss kurz die Augen und erhob mich langsam. Mein Schweigen... wie sehr wünschte ich, er würde es verstehen und in ihm die Erklärungen finden, zu denen ich mich überwinden würde. Wie aufgebracht musste er sein, wie überrascht in diesem Augenblick... und so wie er mir Worte gegeben hatte, so schuldete ich sie ihm. Ich sah ihn dort stehen und als hätten wir die Rollen gewechselt, war er es nun, der erwartete und ich derjenige, der sprechen wollte... der es musste. Er, dem Wissen fehlte und ich, der zuviel davon besaß... Offen und besinnlich sah ich ihn an und konnte dies so unverzagt tun, wie noch nie zuvor. Das Blütenblatt zwischen den Fingern bewegend, musterte ich seine Mimik, suchte den Ausdruck in seinen Augen und fand lediglich eine leise Irritation, zu der er wohl allen Grund besaß. Mein Handeln war... verworren. Selbst für mich undurchsichtig und trübe... "Geh nicht." Ich hob die Hand zu meinem Gesicht, verbarg unter ihr die Nase und genoss den frischen Duft des Blattes, während ich ihn noch immer fixierte. Und ich sprach aus tiefstem Herzen und reinem Gewissen, als ich ihn bat, mich nicht zu verlassen. Ich wollte es nicht... nicht hier und bestimmt nicht jetzt. Ich schürzte die Lippen, senkte die Lider und blickte zu Boden. Wie sollte ich nur zum Anfang finden...? Noch nie fehlten mir die Worte. Langsam setzte ich mich in Bewegung, näherte mich ihm gemächlich, doch weniger zaghaft. Viel würde mir seine Nähe geben, derer er mich entziehen wollte. Viel bedeutete sie mir. Gemächlich zog das Gestein unter mir vorbei und ich betrachtete es mir, noch immer den Duft der Blüte genießend und annähernd in diesem Genuss schwelgend. Flüchtig schloss ich die Augen, ließ bedächtig die Hand sinken und blieb stehen. Nicht viel trennte uns nun noch und er verhielt sich still. Allein seinen Atem vermochte ich zu hören und er offenbarte mir Aufregung, die nicht abzuklingen schien. Welch Ironie, dass mein Herz bislang im gewohnten monotonen Rhythmus schlug. Meine Schultern hoben und senkten sich unter einem tiefen Atemzug und so blickte ich auf, um erneut in seine Augen zu schauen. Dieser leicht gräuliche Glanz in seinen blauen Pupillen... ich verengte die Augen, besah sie mir genau, blickte zum rechten... zum linken... faszinierend... War es mir bislang aufgefallen? Konzentriert verzog ich die Brauen, neigte leicht den Kopf zur Seite und in aller Entspannung hob ich die Hand. Mühelos konnte ich ihn erreichen und mit Bedacht einjedes Zucken seiner Miene verfolgen, doch betrachtete ich mir selbst bald die eigenen Finger, wie sie sein markantes Kinn streiften, sich behutsam zu seiner Wange hoben und auch über diese strichen. Gebannt studierte ich meine Bewegungen, legte genaue Aufmerksamkeit auf das, was ich spürte und folgte dem Verlauf seines Unterkiefers mit den Fingerkuppen, tastete gar höher, bis meine Haut seine Lippen zu berühren drohte... nicht unkontrolliert unterband ich jene Berührung und blinzelte. Ich tat es in den letzten Augenblicken zu selten. Wortlos öffnete ich den Mund, füllte meine Lunge mit der frischen Nachtluft und schloss ihn, währenddessen meine Finger seine Haut abwanderten und über seinen Hals strichen. "Ich danke dir...", gelang es mir endlich zu meiner Stimme zurückzufinden. Sie erhob sich als Flüstern und war selbst dafür wenig intensiv, "... dass du mich auf solch eine Weise respektierst... ehrst." Meine Hand erreichte den dünnen Kragen seines Hemdes und so löste ich sie von ihm, ließ sie sinken. Ein vergängliches Lächeln formte meine Lippen, als ich mir flüchtig seinen Hals beschaute und rasch zu seinen Augen zurückfand. Ich empfand Glück bei meinen Worten... Freude, wie ich sie zuvor noch nie gespürt hatte. Diese Nacht birgte viel und ich sprach aus, wozu mich mein Herz verleitete. "Vor etwas mehr Scheu zu besitzen, als vor dem Krieg... als vor Tod und Schmerz... Jemandem soviel Zeit zu schenken, obgleich die eigene mit einjedem Tag zu enden droht." Und mein Lächeln vertiefte sich, beinahe verfiel ich dem Lachen und blickte kurz zur Seite; erneut begann meine Hand das zarte Blütenblatt zu betasten. Ich liebte einen jeden Augenblick. "Du besitzt meinen Respekt... und dabei geht doch von mir weitaus weniger Gefahr aus, als von einem jeden Gegner, der sich dir stellt." Ich sah ihn verschmitzt an. "Du verteilst Wichtigkeit auf seltsame Art, Aragorn. Verzeih mir mein Schweigen, vergib mir die Zurückhaltung, mit der ich dich nur quälte. Es mag recht eigennützig gewesen sein und dabei blieb mir das Wissen über deine Anstrengungen nicht im Verborgenen. Deine Zurückhaltung gegenüber solcher Gefühle." Erneut überwältigte es mich und für wenige Momente verfiel ich dem alten Schweigen, in welchem wir still voreinander standen und meine Augen der Versuchung, mir sein Gesicht zu betrachten, ein weiteres Mal unterlagen. Mein Blick streifte seine Lippen, die Ruhe verließ meine Hände, ließ meine Finger sich spreizen und jenes Blütenblatt zu Boden taumeln. Gemächlich setzte sich mein Fuß zum weiteren und gleichermaßen letzten Schritt vor und ich näherte mich ihm, überschritt selbst die letzte Distanz und fand alten Gefallen an seinen Augen, die mir stockend folgten. "Ich will dich schützen...", hauchte ich beinahe lautlos, "... du sollst nicht leiden... und erst recht nicht durch mich." Ein leichtes Kitzeln verriet mir, dass sich meine Hand abermals hob und nun durch die Strähnen seines Haares glitt, um seinen Hals zu erreichen. Ich selbst spürte das Schaudern der erneuten Berührung, fühlte die Hitze seiner Haut, auf der ich flach die Hand bettete. Ein Zittern erfasste meinen Atem, als ich mich ihm auch weiterhin näherte, die Lippen mit der Zunge befeuchtete und mich an ihm vorbeilehnte. Neckend kitzelte sein Haar meine Nase, als ich meine Wange an die seine legte, die Hand wandern ließ und mit ihr seinen Nacken erreichte. Tief atmete ich seinen Geruch ein, meine Lider senkten sich und mein Herz verlor sich mit jedem Augenblick mehr aus dem gewohnten Rhythmus, als sein gehetzter Atem mein Ohr streifte und meinen gesamten Leib mit Hitze zu erfüllen schien. Jenes Empfinden... erwachte erneut in mir zum Leben... Ich hielt die Augen geschlossen, begann die Finger auf seinem Nacken zu regen und lauschte einjedem seiner schnellen Atemzüge. Genießerisch presste ich die Lippen aufeinander, schöpfte tiefen Atem... "Du kannst mich berühren." ... und hauchte in sein Ohr, wonach mein Körper verlangte. ~*~ Aragorn: "Aragorn." Wie närrisch war der Narr, sich nicht unsichtbar zu machen, wenn er die Gelegenheit dazu bereits am Schopfe gepackt hatte? Sofort hielt ich inne, als er meinen Namen nannte. Ein Ton in seiner Stimme, der mir einen Schrecken einjagte, ohne dass mir die Bedeutung dieser Warnung bewusst wurde. Flüchtig ballte ich die Hände zu Fäusten, ehe ich mich umwandte. Was würde folgen? Da hockte er und in seiner Tätigkeit blieb er den Pflanzen treu, obgleich er sich nicht zu regen schien. Weshalb hielt er mich zurück? Wie fraglich war diese Situation... in der er nach wenigen Augenblicken nickte, die Lider sinken ließ und aufstand. In der Bewegung eines grazilen Geschöpfes... Ja, es war wohl die Nacht, die mir meine Gefühle viel freier offenbarte, als es der Tag zuließ. Gebannt beobachtete ich ihn, fragend und verwirrt... ebenso gedankenverloren. War es doch letzten Endes der Neid, der mich hierher schickte. Der Neid auf fremdes Glück, welches mir nicht zustand. Der Neid, der als Strafe, diese Aufschiebung meiner Flucht in Betracht gezogen hatte. Meine wunderbaren, kleinen Sünden, die mich qualvoll liebten. So wie ich sie. Bemühungen waren von Nöten, um die Ruhe zu bewahren. Ich bemerkte es nochmals... sein Antlitz war so viel anders in der Nacht... und gerade heute, in das silberne Mondlicht gehüllt, schickte es mir eine deutliche Musterung voller Sinnlichkeit. "Geh nicht." Welche Bitte... ausharrend besah ich mir die Handbewegung, in der er ein Blütenblatt hielt und es zu seinem Gesicht führte. Mir wäre in jeder anderen Lage ein entzücktes Lachen entwichen. Seine Hingabe zu Pflanzen war so einzigartig, doch so betörend... was er bezweckte, wollte mir nicht in den Sinn und so blieb mir nichts anderes übrig, als duldsam seiner Bitte nachzukommen. Nein, was hieße das... ich wäre nicht geflüchtet, wäre der Grund für mein Auftauchen ein anderer und der Blick, den er mir nun zuzuwerfen gedachte... ebenso anders. Welcher Prüfung unterzog er mich? Er trat näher und ich blieb an meinem Standort, der an sich wohl vom Schatten selbst in Besitz genommen wurde. Und Legolas ließ sich alle Zeit, die ihm gegeben war, blickte nun gen Boden und verfolgte anstelle meiner Ungeduld weiterhin den Duft des einzelnen Blütenblattes. Erst nach wenigen Augenblicken, in welchen ich meiner eigenen Unruhe nachging, ließ er die Hand sinken, blickte auf und musterte mich. Wie hätte ich es verhindern können, es ihm nicht gleichzutun? Wie hätte ich auch nur ein Wort an ihn richten können? Und weshalb sagte er nichts? Man konnte es schon fast mit dem körperlichen Leid vergleichen, ihm so ausgeliefert zu sein. Noch mehr... jedoch noch wesentlich mehr durchzuckte mich eine Furcht, ein Schrecken, als er zwar geruhsam, doch für mich aus heiterem Himmel die Hand hob. Die Veränderung seiner Mimik, als er dies tat, die Sicherheit... mit welchem Zweck verfolgte er dies nur? Leicht öffnete ich die Lippen, war bereit, etwas zu sagen, um ihn von der folgenden Tat abzulenken, aber es geschah tatsächlich. Ich spürte seine Hand... seine weiche Haut an meinem Kinn, gleitend zog sie sich über meine Wange hinweg und wieder hinab... und nur ein stockender Atem trat über meine Lippen. Genießerisch senkten sich meine Lider, obgleich ich mir nicht bewusst werden konnte, dass er es wahrhaftig tat. So sehr hatte ich mich nach dieser Nähe gesehnt und erneut verblieb ich verzagt und bewegungslos. Nur fähig der Wahrnehmung und der Gedanken, die fragend und wirr meinen Verstand heimsuchten. Wie quälerisch war seine Fürsorge von mal zu mal... und wie seltsam waren diese innigen Berührungen im Vergleich zu den anderen? Einen kalten Schauer jagten sie über meinen Leib und brennend verblieben die Stellen, die er in seiner Zärtlichkeit berührte. Rasch war mein Atem geworden und trocken die Lippen... er schürte ein Feuer, welches zu dämpfen, mich endlose Mühen kostete. Es im Keim zu ersticken... "Ich danke dir..." Irritiert öffnete ich die Augen, sah ihn an und zog die Brauen zusammen. Wofür? "... dass du mich auf solch eine Weise respektierst... ehrst." Was? Ich schluckte schwer und holte hörbar Luft, ehe seine Hand sich vollkommen von mir löste. Reserviert lenkte ich den Blick von ihm ab, sah mich um und bestätigte mir selbst unsere Zweisamkeit. In allen Bemühungen verstrickt, mein Herz zu beruhigen, welches so schmerzhaft schnell gegen meine Brust schlug. Ja, es tat weh. "Vor etwas mehr Scheu zu besitzen, als vor dem Krieg..." Konnte ich glauben, dass er es ansprach? Konnte ich annehmen, dass ich es mir nicht nur wünschte? Oftmals blinzelte ich in die Finsternis hinein, aber es änderte nichts. "... als vor Tod und Schmerz..." Es war mir unmöglich, mich lange Zeit von ihm abzuwenden, ganz gleich wie ängstlich ich dieser Situation gegenüberstand. Ich denke, es fiel mir einfach zu schwer, mir eine Sache einzugestehen... “Jemandem so viel Zeit zu schenken, obgleich die eigene mit einjedem Tag zu enden droht.” Eine Sache, die mich mein halbes Bewusstsein... meine ganze Gläubigkeit gekostet hatte. Und er lächelte so herzlich, dass ich mir erhoffte, er würde aus dieser ganzen Sache einen Scherz gestalten. Ich wollte mich wieder beruhigen... aber so konnte ich es nicht. “Du besitzt meinen Respekt... und dabei geht doch von mir weitaus weniger Gefahr aus, als von einem jeden Gegner, der sich dir stellt.” Nein... niemand war in seiner Herrlichkeit so gefährlich, wie er es war. Er war es, der mich in der Hand hatte. “Du verteilst Wichtigkeit auf seltsame Art, Aragorn.” Ich schloss noch einmal die Augen, presste die Lippen aufeinander und gab mich einem warmen Schauer hin, der sich einzig durch seine Worte erhob... “Verzeih mir mein Schweigen…” Wie konnte ich meinen Ohren trauen, wenn sie wiedergaben, was ich hören wollte? Langsam ließ ich den Kopf sinken, verzog die Miene und hob zögerlich die Lider. “Vergib mir die Zurückhaltung, mit der ich dich nur quälte.” Erneut nahm ich den Mut zusammen, ließ ab von dem Boden, den ich soeben fixiert hatte und blickte Legolas offenherzig... und wohl gegen jeden Zweifel erblasst an. “Es mag recht eigennützig gewesen sein und dabei blieb mir das Wissen über deine Anstrengungen nicht im Verborgenen.” Warum hatte er kein Wort gesagt? Unwirsch wanderten meine Augen sein Gesicht ab, suchten nach einem Fehler in diesem Anblick, der zu schön war, um wahr zu sein. “Deine Zurückhaltung gegenüber solcher Gefühle.” Mein Hals fühlte sich so trocken an, gleich meines Mundes, der selbst nach flüchtiger Befeuchtung zu rasch vom schnellen Atem getrocknet wurde. Intensiver lag nun mein Blick auf seinen Augen, die in völliger Ruhe ihre Musterung fortführten... seine Lippen, welche behaglich aussprachen, was ich für ewige Illusion hielt. Eine Bewegung folgte nun und mit völligem Unverständnis sah ich mit an, wie Legolas unsere Distanz zueinander zu einem Hindernis werden ließ... das keines mehr war. Mehr als nur greifbar... doch nicht rechtens. “Ich will dich schützen...” War dies vielleicht gar keine Furcht...? “... du sollst nicht leiden... und erst recht nicht durch mich.” Empfand ich es nur als Unglauben, weil ich es mir nicht anders erklären wollte…? Ich spürte, wie sich eine Gänsehaut über meine Arme und angenehm bis hin zu den Fingerspitzen entfaltete… allein durch den Kontakt mit seiner Hand, die sich durch meine Haare schob. Keine Furcht... Keine Angst, als er sich zu mir lehnte, als seine Wange die meine berührte und sein seidiges Haar mein Gesicht streichelte... Behaglichkeit, Sehnsucht… eine Leidenschaft, die ich unterdrückte und nicht darlegen wollte... meine Begierde nach ihm. Ihn, den ich niemals besitzen sollte. Und nun im Gegenzug zu der seinen… die in ihrer Lieblichkeit einem warmen Sommerregen gleichkam. Gebannt hob ich den Kopf und behielt die Augen abermals geschlossen, folgte dem hinreißenden Gefühl der Erregung, dem warmen Hauch seines Atems… “Du kannst mich berühren.” In jenem Moment fiel alles von mir ab, was mir Kummer bereitete. Ablehnung und Zurückweisung… Verachtung oder das Bewusstsein auf eine ewige Freundschaft. Ich hob die Arme, lenkte sie an seinen Seiten entlang und schloss ihn einfach in eine feste Umarmung. Zitternd war mein Atem gefallen, laut und bebend, als ich das Gesicht zu seinem Hals sinken ließ und ihn sehnsüchtig an mich drückte. So lange... so lange hatte ich mir diese Begebenheit herbeigewünscht… bis zu den Tagen, an denen ich sie aufgegeben hatte und mit ihnen lebte. “Legolas…” Leise hauchte ich seinen Namen gegen seinen Hals, strich sogleich mit den Lippen über seine Haut und ließ sie hinauf zu seinem Kinn wandern. Einzig das, was ich verspürte, war die endlose Hingabe, die ich zu ihm fühlte, das Begehren nach seiner Seele, seinem Körper… mehr als alles andere auf Mittelerde, wollte ich ihn. Ich drängte ihn zurück, sorgte aber gut dafür, dass er nicht fiel und ließ zeitgleich ab von seinem Hals. Nicht weit entfernte ich das Gesicht von ihm, blieb vorgelehnt und berührte gehetzt mit der Nase die seine, nahm seinen raschen Atemzug in mich, ehe ich den meinen tat und eine Hand aus dem Griff löste. Tief versank ich in den blauen Augen des Elben, während ich mich an seinem sanften Duft labte und die freie Hand an sein Kinn legte. Mit der Absicht, ihn nicht zu fest zu packen, beugte ich mich einfach weiter vor, raunte abermals heiser seinen Namen gegen seine Lippen und versiegelte sie sogleich mit einem bindenden Kuss. Plötzlich hielt er inne, konnte nicht weiter zurücktreten und ich merkte sofort, dass er bereits die Wand im Rücken spüren musste. Tief sog ich die Luft durch die Nase, lehnte mich gegen ihn und nahm auch die zweite Hand von ihm, die ich sofort festigend neben seinem Kopf gegen die Wand stemmte. Einzig und allein war ich auf diesen Kuss konzentriert. Diese Lippen… nur flüchtig hatte ich ihren Geschmack in mich aufnehmen können… nur dieses Mal sollte es ein langer Moment sein. Verkrampft spreizten sich die Finger meiner Hände, versuchte die einen sich an der Mauer Halt zu verschaffen, übten die anderen verlangenden Druck auf seinen Nacken aus, während der Daumen mit Wirksamkeit seinen Hals entlangfuhr. Er gehörte mir... kein weiterer Augenblick würde kommen, an welchem ich daran zweifeln könnte. Zärtlich übte ich Druck auf seine Lippen aus, biss liebevoll nach seiner Unterlippe und entließ sie ebenso rasch wieder. Ein Spiel, das wir schon einmal begonnen hatten. Aber ich wollte mir dieses Ereignis festhalten... ich löste den Kuss, löste die Hand von seinem Nacken und blickte ihn an. Entbrannt in dieser einen Gewissheit huschte ein leichtes Lächeln über meine Lippen, während ich die Handfläche von der Wand nahm, sachte über seine Schultern wandern und seinen Arm hinab gleiten ließ, um nach seiner Hand zu greifen. Ruhig umschloss ich sie, hob sie an und führte sie zu meinen Lippen, auf dass ich der Einzige war, der dies durfte. Es war meine Bestätigung, in der ich ihm weiterhin in die Augen blickte, unsere Hände hob und seine im sicheren Griff an die Wand lehnte, ehe ich mich abermals zu ihm vorbeugte. Ich genoss es umso mehr, unsere Lippen noch einmal aufeinander treffen zu lassen, sie vorerst ruhig zu bewegen und gleichsam den Kopf zur Seite zu neigen. Dann trat ich weiter vor und ich bemerkte den schnellen Schlag meines Herzens umso heftiger, als ich die Lippen öffnete und die seinen ebenso zu dieser Regung verführte, als ich mit der Zunge um Einlass bat. Berauscht drang ich in seine Mundhöhle ein und ließ unseren Atem zu einem einzigen verschmelzen, während ich seine Zunge mit der eigenen massierte und zu jeglicher Gegenreaktion antrieb, die ihm ein Keuchen abverlangte. Laute, die ich mir erhoffte, die mich begieriger handeln ließen und so legte ich den anderen Arm um seine Hüfte und drückte ihn an mich. Unruhig griff ich nach seinem Gewand, zog es hinauf und spürte alsbald die warme, glatte Haut seines Rücken unter meinen erhitzten Fingern. Trunken von dieser Nähe, keuchte ich in seinen Mund, erlaubte mir selbst das freie Handeln, in dem ich genießerisch seine Zähne nachfuhr... Ich fühlte die Feuchtigkeit meiner Hände, die Hitze, die von ihm ausging, als ich meine Finger zwischen den seinen verankerte, verlangend mit den Fingernägeln über seinen Rücken wanderte, bis hinauf zu seinen Schulterblättern und dort wieder hinabglitt. ~*~ Legolas: Ausgesprochen hatte ich es und mehr noch gehofft, dass mir Berührungen zuteil wurden, die nur er mir geben sollte. Und noch ehe jenes Sehnen vor meinen Augen Gestalt annahm, so fühlte ich auch schon vertraute Wärme und seinen Willen, meinen Worten zu folgen... seine Hände, die meine Taille streiften und dies so zielgerichtet taten, dass ihre Berührungen sanft in ihrer Vergänglichkeit waren. Einjedes Treffen unserer Leiber ließ mich erschaudern, ließ mich die Augen schließen und als wüsste er um meine süße Schwäche, so forderte er sie heraus. Rasch war seine Reaktion, sicher der Halt, den mir seine Arme gaben und entschlossen die Bewegungen, in denen er mich zu sich zog. Die Luft entrann mir und begierig rang ich nach ihr, als ich den Druck seines Leibes auf meiner Haut spürte, die alte Stärke seiner Arme, die mich selbst umschlossen und der warme Hauch seines Atems, der meinen Hals liebkoste, als er sich an mich schmiegte. Ziel- und rastlos waren meine Hände, als diese Wärme all meine Gedanken bannte und mir Kontrolle nahm, derer ich mir soeben noch gewiss war. Stockend setzten sich meine Fingerkuppen auf seine Schulterblätter, fanden dort bequemen Halt und verweilten gerne, während ich die Augen geschlossen halten musste, selbst aus Zwang, auf dass jener Traum nie enden sollte. Wie begehrte ich seine Nähe... in welch eine Abhängigkeit stieß sie mich, hatte ich bislang doch nur von ihr gekostet... und ein einziger Augenblick verlangte nach weiteren Momenten, in denen ich ihm verfallen konnte. Meine Seele driftete, mein Leib regte sich und tief schöpfte ich Luft, als ich die enge Umarmung zu erwidern begann, ihm das Gesicht zukehrte und gerne meine Wange auf seiner Schulter bettete, die sich gar aufgeregt unter dem Atem hob und senkte. Gleichfalls noch spreizte ich die Finger und zaghaft erwiderte ich jenen Druck, dem ich verfiel. “Legolas...” Ein Wort, geziert von seiner Stimme und gehüllt in leises Keuchen, welches brennend meine Haut streifte und mich zusammenzucken ließ. Eine Verlockung, die zu groß wäre, besäße ich die unmögliche Fähigkeit, meine Sinne auf ein jedes Kitzeln seines Haares, auf eine jede Rührung seiner Hände und das Keuchen seines Atems zu richten. Eine Verlockung, der ich in meiner Art nicht annähernd gewachsen war. Rau spürte ich seine Lippen auf meiner Haut, fühlte seinen Kopf, der den meinen bestimmt zurückdrängte und bereitwillig schenkte ich ihm Freiheit, legte den Hinterkopf in den Nacken und ließ mich einnehmen. Eine fremde Extase ergriff von mir Besitz, als er mich mit Zärtlichkeit verwöhnte, meinen Hals gar zu seinem Besitz erklärte und meine Haut beständig mit seinen Lippen streichelte. Der Schauer eines Kitzelns ließ mich unter seiner Stärke ächzen und ergeben setzte ich den Fuß zurück, als er sich in deutlicher Absicht gegen mich drängte und sich seine Lippen mit einem letzten Atemzug von meinem Hals lösten. Bereichert durch alte Freiheit senkte ich so den Kopf, presste die Lippen aufeinander, um mir das letzte klägliche Stück Beherrschung zu bewahren und fühlte eine kitzelnde Berührung an meiner Nase. Und stetig trat ich zurück, wollte lieber noch innehalten und ihm einen Widerstand bieten, auf dass die Nähe umso intensiver wurde. Meine Finger folgten nicht meiner Kontrolle, als sie sich tief im Stoff seines Hemdes vergruben und den Griff bebend hielten. Es stellte ein schwer erreichbares Geschick dar, dass ich die Augen öffnete und den seinen begegnete, als wäre uns dieser Blick vorbestimmt. Gehetzt sah ich ihn so an, blickte von einem Auge zum anderen und fühlte seine Hand, die meiner vorherigen Tat folgte und sich unter mein Kinn legte, es streichelnd liebkoste und erblickte, wie er unter schierer Ungeduld die Lider senkte. Ein bebendes Flüstern drang über seine Lippen und ich verstand es beileibe, liebte seine Lippen für jenes Wort und lieferte mich ihnen aus, als sie nach meinem Mund schnappten. Ihre Weichheit... die er mir gleich eines süßen Traumes auflastete, ließ ich gern über mich ergehen und fühlte nahezu in demselben Moment noch das Ende unseres stolpernden Weges im Rücken. Die raue Oberfläche einer Wand untersagte mir einen jeden weiteren Schritt und ich saß gefangen in einer ausweglosen Lage, nach der ich mich verzehrte. Heftig und rasch rang ich nach Atem, schmeckte seine Lippen und unterlag selbst noch der Schwere meiner Lider, die hinab sanken, als verspürten sie allein durch den Anblick meines Gegenübers jähe Überforderung. So schloss ich die Augen abermals, ächzte unter seinen Lippen, begrüßte sie zu neuer Berührung und drängte meine Hände zu Regungen und dazu, ihn sicherer zu halten und mir des Augenblickes sicher zu werden, in welchem er nicht mehr von mir gehen würde. Die Wärme seiner Hand, die sich bestimmt an meinen Hals legte, wirkte wie die Sicherheit selbst. Seine Finger, die im selbstständigen Eigenleben über meine Haut strichen... er raubte mir den Verstand und dies mit jedem Moment noch mehr, als ich es mir je hätte träumen lassen. Es war ein Kuss ohnegleichen... ein ewiger, so schien es und in dieser Ewigkeit doch so fremdartig und auf eine betörende Art und Weise geheimnisvoll. Eine jede Begegnung mit seiner Zunge, ein jedes Streicheln seiner Lippen oder Necken seiner Zähne... machte mich selbst unfähiger, glich gar einer Betäubung, die mich in einem prickelnden Genuss zurückließ und dabei so hilflos machte. Je bestimmter sein Kuss wurde, desto mehr unterlag ich seinem Feuer und unaufhaltsam verloren meine Finger an Festigkeit und Halt im dünnen Stoff. Ziellos drifteten sie über seine Haut, strichen über sein Rückrad und verloren sich auf einem Weg, der endloser nicht sein könnte. Brennend streifte sein Keuchen mein Gesicht und kühl erschien mir die Nacht, als seine Lippen sich von mir trennten und ich ihnen beharrlich zu folgen versuchte. Verlangend neigte ich ihm den Kopf nach, suchte nach alter Nähe und hielt in etwaigen Bewegungen inne, als gar die Wärme seiner Hand meinen Nacken verließ. Streichelnd glitt sie von meinem Hals und mein Leib selbst vermochte sich nicht von jener Säule zu lösen, an der er mich bestimmt mit dem Druck seines Körpers hielt. Aus welchem Grund ließ er von mir ab...? Irritation erfasste mich und ließ mich die Augen öffnen, hadernd nach seinem Anlitz suchen. Und ein Lächeln offenbarte mir dieses, dass sich meine Sehnsucht nur schürte. Ich blinzelte, als eine blonde Strähne meine Sicht störte und fühlte die Hitze meines Gesichtes, als uns eine milde Nachtbrise erfasste. Und er stand dort und war mir dabei so nahe... gab mir eine Innigkeit, die mir vor kurzem noch so fremd gewesen war und die mir nun dennoch nicht genügte. Zögernd regte ich mich in jener Haltung, strebte ihm entgegen und verharrte, als seine Hand meinem Arm hinab folgte, ruhig die meine umfasste und hob. Meine Augen folgten seiner Bewegung, aufmerksam und verwundert zugleich, erfasst von Unruhe und perplexer Erwartung. Er betrachtete sich meine Finger, hielt sie sanft zwischen den seinen und bannte meinen Blick mit seinen Augen, als er sie zurück auf mich lenkte und die Lippen sanft auf meinem Handrücken bettete. Was tat er...? Beirrt blinzelte ich, sah zu meiner Hand und augenblicklich zurück zu seinen Augen, die mich still musterten und in diesem Schweigen dennoch so viele Worte auszusprechen schienen. Ich verstand es nicht und schluckte schwer, als er den Kuss enden ließ und meine Hand sicher mit der eigenen hinabführte. Tatenlos wäre sie dort unten, doch wurde sie sogleich erneut ergriffen und mit einer Kontrolliertheit, als würden wir uns nicht zum ersten Mal in solch einer Lage befinden, zwang er meine andere Hand, sich von seinem Rücken zu trennen. Mit bebendem Atem fühlte ich, wie meine Hände beide umfasst und gehoben wurden, sah ihn in alter Sprachlosigkeit an und ließ mich dennoch führen. Weit hob er meine Hände in die Höhe, weiter noch über den Kopf, wo er sie dann mit den eigenen fixierte und mich trotz der Entschiedenheit dennoch keinem Zwang aussetzte. Ich fand mich hin und hergerissen zwischen Irritation und Neugierde und all das endete, als er mir erneut nahe kam, sich zu mir beugte und in seltsamer Entschlossenheit den Kopf schief legte. Das eigene Keuchen rauschte in meinen Ohren, als ich blinzelnd die Augen schloss, mir einen letzten Blick auf sein Gesicht erhaschte. Kitzelnd trafen sich unsere Lippen, doch zeigte sich sein Kuss weitaus eingehender und in derselben Bewegung noch, verlangte er nach Einlass, schmiegte sich an mich und in knapper Verblüffung öffnete ich die Augen und hielt ihm stand. Was beabsichtigte er zu erreichen...? Ich konnte nicht erahnen, was in seinem Vorhaben lag... Seine Zunge, die meine Lippen entlang fuhr, war die reine Bitte und nach einem vergänglichen Augenblick des Zögerns ließ ich mich von meiner eigenen Neugierde überwinden und gab ihm nach. Erschrocken konnte ich mich wohl nennen, als ich den Mund öffnete und er vordrang, sich einen Weg bahnte und zärtlich fremdes Territorium zu erforschen begann. Noch nie zuvor hatte ich derartiges erlebt... war mir derartiges zuteil geworden... Sein Treiben, welches ich zunächst als abnorm ansah... diese Art des Kusses, die mir fremd und bisweilen nicht geheuer erschien... Ein jähes Zusammenfahren drohte meine Verblüffung zu verraten, doch schwächte jenes Zittern bald schon ab und unsicher nahm ich die innige Verbindung mit Offenheit. Das Kitzeln, als seine Zunge auf die meine traf, sie neckte und entlangfuhr, gar meine Zähne erkundete... unsere Lippen, die sich so nahe waren wie noch nie zuvor... all das weckte einen Genuss, unter dem ich fröstelte, glühte und zitterte. Sanft und doch fortwährend wagte er sich weiter, drängte die Finger zwischen die meinen, festigte seinen Griff und ich wich vor seiner Leidenschaftlichkeit zurück, bis auch mein Hinterkopf an jenem Gestein lehnte und kein Ausweg mehr existierte. Abgehacktes Ächzen drang aus meinem Hals, als er abermals und heißblütig nach meinen Lippen biss, mit den Zähnen über sie hinwegschabte und die neue Freiheit ausschöpfte. Es war meiner Aufmerksamkeit wohl gänzlich entgangen, dass er meine Hände allein mit einer hielt und die andere hatte sinken lassen. Unerwartet war die Berührung seiner Finger auf meiner blanken Haut... auf meinem Rücken, den sie mit geschicktem Griff erreichten. Der Stoff stellte kein Hindernis dar, so schien es und ich erschauderte in seinen Armen, als er mich berührte, wo es nun noch jemand zuvor getan hatte. Ich verlor mich aus dem Kuss, vergab meine Sinne an seine Hand und ließ mich küssen... ließ mich berühren und um den Verstand bringen. Genüsslich räkelte ich mich unter seiner Hand, drückte den Rücken durch, lehnte mich alsbald gegen sie und fühlte mich matt, als sie zwischen meine Schulterblätter glitt und mich durch ihre Intensität zwischen Betäubung und Verzückung taumeln ließ. Laute entrannen mir... einst so fremd und mit einem jeden neuen Erlebnis umso vertrauter. Laute, die nur zu deutlich einen Kampf zeigten, der verloren war, noch ehe er begann... Laute, die den Verlust meiner Kontrolle auf einem Weg preisgaben, der mir entglitt und doch so auffällig sein musste. ~*~ Aragorn: Diese Ergebenheit war mir so fremd und doch war sie willkommener, als ich es mir erhofft hatte. Ich genoss es, labte mich an der unkontrollierten Stimme des Elben, seinen Lauten, welche ich wie Sauerstoff in mir aufnahm und selbst von mir gab. Ich spürte das leise Zittern seines Körpers unter meiner Hand, die stockende Bewegung seiner Lippen, die annähernd versuchten, den meinen beizukommen. Der süße Geschmack seines Mundes betäubte mich gar in meinem Denken und einzig und allein zur intuitiven... nein, zur verlangenden Bewegung schürte er mich an. So übte ich gern Druck auf seinen Rücken aus, kratzte in aller Hingabe über seine Haut und fuhr in der hinreißenden Forschung vertieft das wohlgeformte Schulterblatt entlang, ehe ich an seiner Seite wieder hinabwanderte. Und so, wie er mir gefällig zu sein schien, so war auch ich ihm mit Haut und Haar verfallen. Vernarrt in diese schmalen Lippen, nach denen ich biss, leckte und einfach keinen Einhalt fand... und doch wollte ich mehr als sie und alles an ihm. Keuchend rang ich nach Atem, als ich nach genüsslicher Erkundung von seinem Mund abließ und trotzdem keine Zeit zur Erholung ließ. Gierend folgte ich der Hitze seiner Wange mit den Lippen, bedeckte sie mit fessellosen Küssen und lehnte mich abermals vor. Ich spürte seine Hüfte an der meinen, unsere Schultern, die stetig in Bewegung blieben… Während meine Hand seine Taille erreichte, kundschaftete sie behaglich und doch nur mit den Fingerspitzen seinen Steiß aus. Ja, wie hatte ich die Angst besessen, ihn zu innig zu berühren… wie anregend war nun die Erkenntnis, es tun zu dürfen. Ich öffnete die Lippen einen Spalt, wanderte etwas hinauf und reckte den Hals, um zu seinem Ohr zu gelangen. Die schönen, spitzen Ohren… genießerisch hauchte ich den Atem aus, berührte zaghaft mit der Zungenspitze sein Ohrläppchen, fuhr den äußeren Rand nach und ergab mich einem völlig befreiten Grinsen, als ich das Erschaudern seines Leibes direkt an meinem eigenen spürte. Ich glaubte seinen raschen Herzschlag in meiner eigenen Brust zu spüren und wenn dem so war, so war er ebenso im Einklang mit dem meinen… wie unser Luftholen. Behände und gleichsam gezielt fuhren meine Finger ihren Weg fort und alsbald schon berührten sie eine leichte Unebenheit, bei der sie verweilten. Die Narbe... So hatte es erneut begonnen… der Schmerz in meinen Inneren, der mir Alpträume bescherte und Unverständnis mit sich brachte. Verloren in dieser Erinnerung streichelte ich über die weiche Haut und versicherte mich der völligen Verheilung dieser Wunde, die lediglich diese kleine Unreinheit mit sich brachte. Nichts, was ihn geringfügig werden ließ... Nein, schöner konnte er nicht sein, als in der Hast sich mir anzupassen, zu erwidern… zu keuchen. Ebenso entrann mir ein gedrungenes Seufzen als ich von der Narbe abließ und in meiner eigenen Eiligkeit zu seinem Bauch gelangte. Ruhelos schnappte ich nach einer Strähne, strich sie mit den Lippen beiseite und streichelte seinen Hals hinab, kostete erneut von der hellen Fläche, die sich stetig unter schwerem Schlucken regte. Rasch auch rührte sich sein flacher Bauch unter den schweren Atemstößen, als ich mit der ganzen Handfläche über seinen Bauchnabel hinaufglitt. Ein Erschaudern jagte sich durch meinen gesamten Leib, während ich die Lippen öffnete, zärtliche Bisse auf seinen Hals platzierte und annähernd zeitgleich tröstlich mit der Zunge über diese Stellen strich. Mein Körper schien ein Eigenleben zu entwickeln, als er die Muskeln spannte und sich ein starkes Ziehen in den Lenden offenbarte. Zu sehr davon übermannt, zu geschickt in der Erregung vertieft, übte ich Druck auf seine beiden Hände aus, biss verstärkt in seine Haut und ließ fortan ab, um mich diesem heißen Gefühl zu ergeben und mich völlig an ihn zu schmiegen. Ich war trunken von der Aufruhr, ihn hier und jetzt für mich zu beanspruchen und seinen Leib unter mir zu verführerischen Reaktion anzutreiben. Mehr wollte ich hören, mehr verspüren… ich wollte den Schweiß auf seiner Haut glänzen sehen... Doch wie schnell kam ich zu diesem Entschluss... Wie leicht trieb er mich zum Anfang meiner höchsten Sinneslust, ohne dass ich ihn verleitet hatte, eigenmächtig zu handeln…? Entrückt hatte ich meinen schnellen Atem gegen seine Halsbeuge gehaucht, erzitternd die Stirn auf seine Schulter gebettet und versucht meine Beine wieder durchzustrecken, nachdem sie unter der Ekstase weich geworden waren. Nun gab ich seinen Hals gern frei, bemühte mich in die Realität zurückzukehren und auch die Hand zum Stillstand zu bewegen. Gott, wie geschwind war ich an einem Punkt gelangt, den ich hier nicht erwartet hatte? Bebend ließ ich die Hand hinabsinken, glitt von seinen Bauchmuskeln zurück zur Hüfte und verweilte dort, bestrebt, sie sich nicht vom Fleck rühren zu lassen. Wie bereit war ich schon jetzt... nach diesen zwar neuen, doch so einfachen Berührungen...? Flüchtig streichelten die Finger meiner anderen Hand seine Handflächen, ehe sie kraftlos hinabfuhren und seine Arme entlang wanderten. Noch einmal in der Versuchung verstrickt seine Brust zu berühren, streifte ich sie nur schwach, bevor sich auch diese Hand an seine Hüfte legte. Mir strömte die Wärme seines Körpers entgegen und jeder kleine Luftzug, der sich bisweilen nicht einmal in seiner Existenz behaupten konnte, kühlte meine verschwitzte Haut, jetzt, da ich einen klaren Kopf zu erlangen versuchte. Es war mein Glück... ich wagte nicht einmal den Kopf zu heben, öffnete aber die Augen und starrte auf den weichen Stoff, der seine Haut verdeckte... das Lächeln, welches sich flugs auf meine Lippen setzte, zeugte von schierer Glückseligkeit. Noch einmal machte ich sie mir bewusst, schlang die Arme um ihn und drückte ihn fest an mich. Ich war es mir bewusst... nie zuvor war ich mir einer Sache so sicher. Er... er war mein Glück. “Verzeih…”, murmelte ich leise, hob die Schultern unter einem beherzten Seufzen und trat letzten Endes einen Schritt zurück. Geruhsam ließ ich ihn aus meiner Umarmung und sah ihn an. Und sein Anblick war ein Moment der Verzückung. Ich biss mir auf die Unterlippe, hob die Brauen und besah mir die geröteten Wangen, seine hellblauen Augen, welche mir in aller Deutlichkeit rege Überforderung offenbarten. Sein Mund war leicht geöffnet und noch immer fiel sein Atem unruhig. Nur leise feixend hob ich beide Hände und legte sie ihm sanft auf die Wangen. Sie waren so heiß, wie sein Atem, wie seine Stirn, als ich die meine gegen sie lehnte und die Augen schloss... und noch immer lächelte. “Verzeih.” Wiederholte ich schmunzelnd, ließ die Hände sinken und bettete sie auf seinen Schultern. Es war besser, wenn es dies erst einmal war. Er benötigte Zeit... jetzt erst recht... “Nun… möchte ich dir wirklich nur noch eine Gute Nacht wünschen.” Leise flüsterte ich dies, holte noch einmal tief Luft und löste die Stirn von der seinen, ehe ich nochmals nach seiner Hand griff. Auch sie schien noch zu beben… und ich hob sie zu meinen Lippen und hauchte einen verabschiedenden Kuss auf seinen Handrücken. Wie es begann, so wollte ich es enden lassen. Ja…. "Ú i vethed nâ onnad. Mae dawn, Legolas." Ach, besser war es wohl, den Elben zu verlassen, ehe er eine Antwort gab. Nur zu gut hatte ich bemerkt, dass mich seine Worte an einen Fleck bannen konnten… ach, welch süße Worte. So drehte ich mich um, fasste die Hände hinter dem Rücken und verließ den arkadenförmigen Durchgang nahezu schlendernd, ohne mich noch einmal umzuwenden. Und ich summte… ein leises Summen, das in den leeren Gängen widerhallte und einen säuselnden Nachklang hinterließ. Ruhig bestieg ich die Stufen zum freien Aufstieg, sah hinauf und beobachtete die Sterne, während ich keinen weiteren Gedanken nachging, außer denen, die mir einen wunderbaren Morgen versprachen… ~*~ Legolas: Noch nie zuvor hatte ich meinen Körper so achtlos der Hilflosigkeit übergeben, wie zu dem Augenblick, als Aragorns Fingernägel über meinen Rücken fuhren und meine Haut unter diesen Berührungen zu Eis erstarrte. Schmerzhaft in gewissem Sinne, nicht weniger fremd, als sich die Muskeln meiner Arme anspannten und in einem orientierungslosen Spiel kurz darauf die Kraft verloren und auf die Stützte angewiesen waren, die mir Aragorns Schultern und Hände boten. Wie schnell verlor ich nur all jene Fassung, die ich mir im Laufe der Jahre zu eigen gemacht hatte...? Den Klingen der Feinde hielt sie stand, der Angst, dem Krieg... kontrolliert stand mir mein Leib stets zur Verfügung... und versagte, als Hände ihn nur flüchtig berührten und Lippen ihn streiften. Ein Kapitulieren, zu welchem ich mich im Gefecht nie bereit erklären würde... Ein Versagen, auf welches der Tod folgte, stünde ich Feinden gegenüber... Mit Anspannung hielt ich die Augen geschlossen, nicht sein Handeln zu sehen, einzig und allein die Resultate zu spüren, die Pfade seiner Finger, die brennende Spuren hinterließen, die Wärme seiner Hände, als sich diese auf meinem Rücken betteten, ihn streichelnd erforschten... Welch eine Macht besaßen Dinge, die mir bislang ein Unbekanntes blieben. Macht und grausame Stärke erfuhr ich oftmals und vielem sah ich mich gewappnet... Geizig war meine Lunge mit der Luft, nach der ich rang, um sie zu erneutem Keuchen zu formen, als raue Lippen meine Wange entlang fuhren und warmer Atem meine bereits glühende Haut erfasste. Wie nur, konnte es sein, dass Aragorn mir jegliche Fassung nahm und selbst noch so viel für sich selbst beanspruchte? Es schien, als wäre er seiner Glieder mit einer Stärke noch Herr, die ich längst nicht mehr aufzubringen vermochte. Ich wand mich an ihm, dumpf berührte das Gestein der Mauer meinen Hinterkopf, als ich das Gesicht zur Seite drehte, ihm mehr Spielraum zu geben und mich weiter auf den unbekannten Pfad zu treiben, dessen Ausgang ich nicht kannte. Meine Miene zuckte und besser noch, schien es zu gehen, als meine Zähne nach der Unterlippe suchten und diese fest umschlossen... ein kurzer Schmerz, der sich als Zeuge meiner Existenz entpuppte, an der ich in den Augenblicken der Unkontrolle zu zweifeln glaubte. Ein fordernder Druck setzte sich auf meinen Steiß, erschrocken offenbarte die unberührte Stelle kühle Gänsehaut und ich öffnete den Mund, mir im Moment der Irritation nicht die Lippe zu zerbeißen. Noch nie zuvor hörte ich meinen Atem in dieser Art und Weise rasseln und mein Körper sagte mir Erschöpfung vorher, die ich sogleich zu spüren imstande war. Ungelenk löste ich mein Haar von rauen dem Gestein, blinzelte flimmernd und spürte kurz darauf den dünnen Stoff des Hemdes auf meiner Stirn, welche ich flüchtig auf Aragorns Schulter hatte sinken lassen. Ein verzagter Laut entrann mir, als meine eine Hand Halt in seinem Hemd ersuchte und ihn sich mit annähernder Grobheit verschafften. Besser erging es meiner anderen Hand, die sicher über meinem Kopf gehalten, jedoch nicht zu fest gegen das Gestein gepresst wurde. Ich verzog die Brauen, atmete eilig durch den weit geöffneten Mund und presste die Lippen zusammen, als mein Ohr Begegnung mit Aragorns Zunge machte. Ein kühler Schauer jagte den anderen, heißeres Erschaudern in meinen Beinen und Aragorn nahe bei mir. Ohne Scheu traf seine Hand auf eine gewisse Stelle meines Rückens, strich über sie hinweg und verharrte auf ihr, wie sie es zufälliger nicht tun könnte. Jene Haut unter meinen Rippen, die durch Schmerz und Aufmerksamkeit, auch durch seine Mühen, zu einer besonderen geworden war. Doch kein Leid offenbarte mir mein Leib an jenem Punkt, hatte er zu oft schon Verantwortung dafür getragen... war es nun die milde Wärme, so stark, als könne sie die Narbe und frühere Verwundung ungeschehen machen... als könne sie Erinnerungen tilgen, die eine Plage ohnegleichen waren. Ein Glück... dass ich dergleichen Dinge erlebte, Berührungen, die mildernder nicht sein könnten, seine Nähe, neben der die Hitze der Sonne verblasste. Zitternd verzogen sich meine Lippen zu einem Lächeln, welches schwand, als ich die Lippen erneut schloss und sie zusammenpresste. Unentwegt blieb seine Hand in Bewegungen, glitt vor zu meinem Bauch und streifte den Stoff zur Seite, der meine Haut vor der seinen verbarg. Kitzelnd neckte sein Haar die freie Fläche meines Halses, dem auch die Lippen sogleich wieder Gesellschaft leisteten und beinahe erschrecken tat ich unter Aragorns plötzlicher Regung, die, verlassen von etwaiger Kontrolle, so gar nicht mehr seiner bewahrten Fassung gleichkam. Ein Zucken, nun auch in seinem Leib und annähernd eilig suchten seine Zähne nach meinem Hals und mir entrann ein leises Ächzen und mit ihm die letzte Stärke, die ich mir bewahrt haben konnte. Ein sanfter Schmerz durchfuhr meine Hand, als die seine sie presste und ich konnte mich nicht wundern, so schnell schien sich sein Leib auch wieder zu entspannen. Ich zitterte noch unter seinem zarten Biss, als mir ein warmer Hauch Milderung und der Druck seiner Stirn auf meiner Schulter Ablenkung schenkte. Ein vergängliches Beben ließ seine Hand abermals zudrücken und ich keuchte in sein Ohr, welches sich annähernd gegen meinen Mund schmiegte. So standen wir hier und außer uns schien es nichts zu geben... das Leben, welches unser heftiger Atem offenbarte, das Zittern unserer Glieder... Zögernd blinzelte ich, hob die Lider ein Stück und erblickte seine Schulter, die sich vor meinem Gesicht rasch hob und senkte. Ein lahmes Erwachen aus der Verzückung ließ mich die Hand regen, die Finger spreizen und ich fühlte die Hitze, die wir zwischen den gefalteten Händen eingeschlossen hatten. Warm und feucht war unsere Haut und kühl der Wind, der uns flüchtig erfasste. Irritiert sah ich über seine Schulter hinweg und blinzelte in die Finsternis der Nacht hinein. Nur ein Augenblick, bis mich eine Bewegung wieder an sich riss. Behäbig nahm Aragorns Hand ihren letzten Weg. Stockend glitten seine Fingerkuppen von meinem Bauch, ruhig auch, löste er den Griff unserer Hände und gemeinsam ließen wir den Arm sinken. Zielstrebiger als ich mochte er durchaus sein, denn meine Hand nahm das erste Hindernis und setzte sich zögerlich auf seine Schulter. Ich schluckte das Keuchen hinab, senkte die Lider und ergab mich dem alten schnellen Atem, als ich leichten Druck zu beiden Seiten meiner Hüften verspürte, seine Hände, die sich dort niederlegten und sein Körper, der einmal noch nach dem meinen verlangte. Zitternd und reglos, gleich eines Kindes in klirrender Kälte, ergab ich mich seiner Absicht und senkte den Kopf, als er abermals zu mir trat, seine Hände zu meinem Rücken fanden und er mich in eine Umarmung schloss. Nochmals schluckte ich, blickte ziellos nach beiden Seiten und hob die Hände, mit ihnen nach seinen Oberarmen zu fühlen und sie auf ihnen zu betten. "Verzeih...", hörte ich ihn flüstern und die Umarmung endete so rasch, wie sie entstanden war. Keines Wortes war ich fähig, als er sich löste, als seine Hände meinen Rücken verließen und ich die eigenen sinken ließ. Mein Herz... meine Hände... meine Knie... fahrig, zitternd und ruhelos in seiner Anwesenheit und annähernd starr mein Blick, als sich unsere Augen trafen. Eine liebliche Irritation in meinem Kopf, die mir jegliches Denken verweigerte und seine Aufmerksamkeit, die mein Gesicht streifte. Ich... konnte nicht sprechen, kein einziges Wort. Zu neu war mir dies alles... zu neu. Abermals gelang mir ein Schlucken, als er beide Hände auf meinen Wangen bettete und wiederum irritiert senkte ich den Blick, als er die Stirn gegen die meine legte und ich glaubte ein Lächeln auf seinen Lippen zu erkennen, als er das Gesicht zu mir neigte "Verzeih..." Hauchte er abermals in einem Ton, der nicht um Vergebung flehte... vielmehr Zufriedenheit war es, die aus seiner Stimme sprach... ein Gefühl, wie es höher nicht sein könnte. Ich verzog die Miene, schloss kurz die Augen und schmeckte jene Würze, die er auf meinen Lippen hinterließ, nur, um gleich darauf wieder aufzublicken, als er die Hände von meinen Wangen zu den Schultern sinken ließ und wir uns wiederholt ansahen. "Nun… möchte ich dir wirklich nur noch eine Gute Nacht wünschen..." Ich bemühte mich wirklich... bemühte mich, seine Mimik zu ergründen und seinen Willen, mich nun zu verlassen. Sinnierend verengte ich die Augen und suchend musterte ich sein Gesicht, während er meine Hand zu sich hob und ich eine flüchtige Berührung auf dem Handrücken fühlte. Bedächtig küsste er ihn, die Augen nicht von mir wendend und die Distanz zwischen uns nur gemächlich verringernd. Eine jede Bewegung erfassten meine Augen und er nahm die Hand über einen Schritt mit sich, während ich selbst noch an der Wand lehnte, ihn ansah und es nicht anders vermochte. Wieder dieses Lächeln... ganz sanft entließ er meine Hand aus seinem Griff und trat zurück. "Ú i vethed nâ onnad. Mae dawn, Legolas." Lautlos öffnete ich den Mund, schlug die Augen nieder und sah nach einem flüchtigen und doch recht unbedeutsamen Blick gen Boden, wieder zu ihm auf, kurz davor zu lächeln... "Es ist nicht das Ende...", sagte er, "... es ist der Anfang." Und ich nickte in einer Zustimmung, die ich mir auferlegte, noch bevor ich sinnieren konnte... und es nicht bereute. "Gute Nacht, Legolas." Und nun spürte ich es selbst auf meinem Gesicht, die Geste, die er mir schenkte und mit der ich mich nun von ihm verabschiedete. Meine Lippen verzogen sich zögerlich und zaghaft begann ich die Hand zu regen, auf die er die Lippen setzte... aber und abermals. So drehte er sich um und ich sah in seinen schlendernden Schritten eine Ruhe, die ich mir und meinem Herz wünschte. Flach bettete ich die Hand auf meiner Brust, spürte die schnellen Schläge unter ihr und fühlte selbst noch das Pulsieren meiner Venen. Die Dunkelheit eines Durchgangs verbarg ihn alsbald vor meinen Augen und ich schloss sie, um den Kopf sinken und meinen Leib zur Entspannung zurückfinden zu lassen. Unsicher fühlten meine Finger den rauen Grund der Wand, als ich mich abstützte. Zu aufgeschreckt war ich noch durch Unverhofftes... zuviel Aufregung beherrschte mein Tun und Lassen, mein Handeln und Denken. Weniger bedauernswert wäre es gewesen, wäre er verweilt, doch klüger beiweitem nicht. Wie weit sollte es mich treiben...? Ich rang nach Luft, atmete tief ein und richtete mich schwerfällig auf. Ein Brennen und Zittern in einjedem meiner Glieder und die Finsternis vor meinen Augen, bis ich sie öffnete und mir den Himmel betrachtete, der offen über mir lag. Nicht lange würde ich noch hierbleiben, gehen würde auch ich und wusste noch nicht, ob und wohin mich meine Beine tragen würden. Viele Orte gab es und an vielen fände ich Ruhe. ~*~ Kapitel 27: *~wain~* -------------------- ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* ~*wain*~ - der Anfang ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* Aragorn: Ich spürte immer noch dieses Kribbeln. Selbst viele Augenblicke, nachdem ich ihn verlassen hatte. Und gerne behielt ich mein Lächeln auf den Lippen… gern blieb ich der derzeitigen Realität fern und rief mir das eben Geschehene nochmals ins Gedächtnis. Meine Hände glühten noch von der fremden und doch so begehrten Wärme des Elben. Dieser Elb, der mich regelrecht verführte und dies… mit nur vier Worten. ‚Du kannst mich berühren…’ Mein Lächeln wandelte sich zu einem Grinsen in höchsten Ausmaßen und ich befürchtete schon, man sähe mir an, woran ich dachte… was ich soeben gefühlt hatte. Leichtfüßig stieg ich die Treppen empor, erfreute mich an der kühlen Luft, die jedoch nicht mein heißes Gemüt dämpfte. Er wäre mein gewesen. Jetzt schon in diesem Moment, in dem die Zeit stehen geblieben war. Und dennoch war er nun mein. Dessen war ich mir… absolut sicher. Zielsicher und doch nicht bei der Gegenwart, passierte ich den kunstvollen Durchgang, befreite mich von meinem Hemd und ließ es achtlos zu Boden fallen. Flüchtig streifte mein Blick die leeren Bänke, während ich mir über die trockenen Lippen leckte. Meine Güte… der Moment war so kurzlebig gewesen, dass ich mich fest daran klammern musste, keiner Täuschung unterlegen zu sein. Das Ende lag mir fern… und ich schüttelte den Kopf und öffnete die Hose, entledigte mich meiner restlichen Kleidung und betrat erneut diesen Baderaum, den ich vor wenigen Stunden schon einmal aufgesucht hatte. Sein Körper, seine Stimme… seine Unschuld… verfälscht in der leisen Versuchung. Ich war noch immer in Ekstase und wusste, dass ich so nicht in meine Kammer zurückkehren konnte. Mein Körper war angespannt, ohne diese Unannehmlichkeit, in der man vor Müdigkeit zu Bett ging und hoffte, nicht allzu bald wieder aufzuwachen. Viel prickelnder… Tief durchatmend stieg ich in das kalte Wasser, schloss die Augen und bemühte mich, die jüngste Erinnerung aus meinem Kopf zu bannen… so wollte ich es. Einige Momente verharrte ich am Beckenrand, lehnte mich wie schon einmal an diesem Tage an und legte den Hinterkopf in den Nacken. Doch wie es immer schon war… besann ich mich auf seine reine Haut… auf den wunderbaren Duft seines Haares… die blauen Augen, die erschöpft und irritiert in die meinen blickten. Der Genuss, ihn für mich zu haben. Und so entspannte ich mich nach einiger Zeit, dachte an Legolas und was er wohl jetzt in der Stille der Nacht tat, während ich hier diese Abkühlung benötigte. Nicht lange jedoch gab ich mich der Besinnung hin, denn ebenso flugs trat ich auch wieder aus dem Wasser, griff nach den Tüchern und kleidete mich wieder an. Wie ich den Raum betreten hatte, so verließ ich ihn. Still und schon heimlich… heimlich der sündhaften Gedanken wegen. Was tat ich nun in dieser Nacht? Die Kammer lag mir fern, der Schlaf war nicht greifbar. Ich war angeregt, in diesen Stunden etwas zu tun… in den Stunden, in denen einjeder schlief. So erinnerte ich mich an den Ort, der niemals zur Ruhe fand. Der Ort, in der Schlaf der falsche Genosse war. Ich blickte mich um, orientierte mich und durchschritt einen Abstieg, durchlief eine Seitenstraße und nahm die schmalen Treppen hinauf. Schatten ummantelten meine Gestalt, die Gebäude wurden größer und die Wege enger. Ruhig nickte ich den Wachen zu und ohne ein Wort ließen sie mich auch die letzten Stufen hinauf. Der Wind wehte schwer und selbst in den Häusern brachte er die Kerzen zum Flackern. In den Häusern der Heilung. Schon während meiner schnellen Schritte erkannte ich die hurtigen Schattenrisse an den Wänden. Es gab gewiss viel zu tun. Als ich leise die Türen öffnete, glaubte ich am helllichten Tag herein zu treten. Es herrschte reges Treiben, Ruhezeiten gab es wahrhaftig nicht. Geschwind sah ich die Frauen durch die Gänge eilen. Krüge trugen sie, Tücher, sowie große Behälter. Ich sah junge Männer an den Betten der Verwundeten stehen, emsig und eifrig und dies, obgleich es so viele waren, die notdürftig schienen. Nur einen Schritt voran und ich stand inmitten von Liegen. “Geht zur Seite!” Laut schallte der Ruf zu mir, übertönte die Klageschreie der Verwundeten und schnell wich ich zur Seite, um einer getragenen Liege aus dem Weg zu gehen. Der Mensch auf ihr war vollends mit einem Tuch bedeckt. Und hinter ihm folgte ein Weiterer. “Wir können die Leichen nicht über Nacht zwischen den Verwundeten lassen.” Mit ernster Miene kam ein älterer Mann auf mich zu, in seinen Händen ein Tuch, von Blut durchtränkt. “Ein Hauch von Tod liegt in der Luft.” Und er blickte zu der Tür, die hinter den Trägern ins Schloss fiel. “Es ist unmöglich, die Versehrten zu beruhigen, wenn der Geruch des Ablebens an ihnen haftet. Der Schaden ist groß.” Ich folgte seinem Blick, ehe ich ihn umherschweifen ließ und in die Augen derer sah, die unter immensen Schmerzen zu leiden hatten. “So groß… dass mir die Zeit fehlt, mich um kleine Sorgen zu kümmern.” Erneut sah ich mir den Mann an, welcher mich eindringlich musterte. “ Was also tut Ihr hier, Herr? Ihr seht mir sehr gesund aus.” Gesund… ja, und hellwach. “Nun, es scheint mir, als fehle es an Hilfskräften. Ich stehe Euch zur Verfügung”, erwiderte ich ruhig und atmete tief ein. Die Luft war schlecht, obgleich viele Fenster geöffnet waren. Ruhig fuhr sich der Mann über den Bart, ehe er das Tuch in seinen Händen in die weiten Taschen seines langen Gewandes steckte. “Wisst Ihr denn mit den Bedürftigen umzugehen? Zur Einweisung bräuchte ich um einiges mehr Zeit.” Klagerufe erschallten fernab im nächsten Raum und zeitgleich wandten wir uns um. “Allein dieses Gespräch raubt mir zuviel Zeit.” Kurz nickte ich, wendete mich ab und schritt an den Heiler vorbei zu einem älteren Mann, der sich mit wehleidiger Miene das Bein hielt. Er hockte auf seiner Liege und schien leise Gebete zu flüstern. Sachte legte ich ihm die Hand auf die Schulter und er blickte auf. “Macht Euch keine Sorgen. Als Waldläufer ist man von der eigenen Erfahrung abhängig und auch die elbische Heilkunst liegt mir nicht allzu fern.” Mit einem leichten Druck legte sich der Mann nieder und ich sah mir die Wunde näher an. Nur kurz beäugte ich sie, ehe ich dem Heiler beruhigend zunickte. “Verlasst Euch auf mich.” Und er schien nachzugrübeln, nicht lange jedoch, ehe er sich wortlos abwandte und im nächsten Raum verschwand. Flüchtig sah ich ihm nach, sorgte mich dann jedoch ohne weitere Gedankengänge eindringlich um die Verletzung. Es gab keine übermenschliche Arbeit zu leisten. Eine Fleischwunde war es zwar, doch sie benötigte lediglich Reinigung und Verbände. So ließ ich mir Kräuter zur Beruhigung geben, Stoffe und Nadeln. Stunden vergingen, ohne dass ich sie als solche wahrnahm, während es doch nicht weniger Bedürftige wurden. Dabei wurden so vielen geholfen. Mir wurde das Ausmaß der Schlacht bewusst und umso mehr wusste ich, dass wir es auf einen weiteren Rückschlag nicht ankommen lassen konnten. Nicht noch einmal durften wir so übermannt werden. “Herr Aragorn!” Gerade durchschritt ich den Raum, um heißes Wasser zu holen, als sich mir ein junger Mann in den Weg stellte. “Der Meister verlangt nach Euch.” Ich runzelte die Stirn, wies den Mann zu einer Frau, die ich soeben pflegte und setzte meinen eigenen Weg fort. Doch schon allein im nächsten Zimmer hörte man laut die Wehklagen, die aus den hintersten Räumen kamen. Sogleich setzte ich schneller Fuß… es war die Stimme eines Kindes. Rasch öffnete ich die nächste Tür und entdeckte sofort die Quelle. Um eine einzelne Liege standen die Frauen, wütend und schmerzerfüllt hallten die Schreie wider. Ich trat in die Mitte des Raumes und fernab sah ich den Heiler an einem Becken stehen. Er winkte mich zu sich. Nur kurz gelang mir ein Blick zu den Frauen. Sie hielten die Arme und Beine eines Kindes fest an der Liege. Die weißen Laken zeugten von einigen Blutflecken. “Helft den Frauen”, wies der Mann mich an. “Sie alleine können den Jungen nicht halten, während ich seine Verletzungen ausbrenne.” Ich drehte mich rasch um und sah den Heiler letzten Endes nur noch entsetzt an. “Ihr wollt die Wunde ausbrennen? ” Als ob es dieser Heiler geahnt hatte, wandte er sich zu mir und mahnte mich mit seinem Blick. “Seht Euch den Jungen an! Es ist unmöglich, sich Zeit für eine einfache Reinigung zu nehmen, da seine Tobsucht jede erdenkliche Möglichkeit dazu unterbindet. Ich kann mich nicht die ganze Nacht mit ihm befassen, also tut, was ich Euch sage!” Der Heiler entfernte sich von dem Becken, ging zum Kamin und zog das Brenneisen aus der Glut. Noch immer stand ich an derselben Stelle, beobachtete nur noch, wie er es musterte, ehe er mich abermals mit seinem Blick zur Anweisung bat. Sogleich ging er auf das Bett zu… und mir kam nur noch ein Gedanke. “Wartet!” Schon annähernd überstrapaziert hielt er inne. “Ich kümmere mich um den Jungen. Nehmt Eure Pfleger und sorgt Euch um die Anderen.” Skeptisch und zweifelnd blickte er mich an und ich ging geschwind auf die Liege zu. “Lasst ihn los.” Ich reihte mich zwischen den Frauen ein und gelangte zu dem Jungen. Tobend wehrte er sich gegen die festen Griffe, trotz des Blutverlustes und der Schmerzen, die er spüren musste. “Lasst ihn los!”, wiederholte ich, sah die Frauen abschätzend an und sie tauschten Blicke aus, bevor sie gleichsam losließen. Der Junge zog Arme und Beine nah an den Körper und drehte sich auf die Seite. Sein Klagen blieb laut und gellend. Während die Frauen sich von ihm entfernten, trat ich näher. Dieser Bursche war doch höchstens zehn Jahre alt. “Sorgt dafür, dass er ruhig wird. Ich kann es nicht verantworten, dass er sämtliche Räume zum Wachsein verdammt.” Ohne Rücksicht, dachte ich mir… dieser Mensch erkannte nicht, dass es Angst war, die dieses Kind wüten ließ… doch ohne ein Wort an ihn zu richten, wartete ich mich ab, bis sie den Raum verließen. Ich wusste, dass Eiligkeit gefragt war. Aber nicht mit diesen Mitteln. “Ruhig.” Sanft legte ich die Hand auf den Schopf des Jungen, streichelte über das kurze, lockige Haar und hockte mich etwas hin, um ihm in die Augen schauen zu können. “Keine Angst… keiner fügt dir mehr ein Leid zu.” Ich versuchte zu lächeln, denn zwischen all den Tränen erkannte ich zwei große, braune Augen. Bedächtig streichelte ich ihm über die Wangen und musterte ihn. “Es gibt keinen Grund zu weinen… ich will dir helfen.” Schluchzend bebten die Lippen, heftig bissen die Zähne aufeinander. Mein Lächeln wurde freier und sein Schreien verebbte. Er klagte aus Angst und versuchte mit aller Macht die Schmerzen zu verbergen. Hatte keiner auf diesen kleinen Menschen einreden können? Ruhig… und verständnisvoll? “Kannst du mir sagen, wie du heißt?” Vorsichtig löste sich der Junge von seiner verspannten Haltung, schaute auf und betrachtete mich schweigsam. Während ich geduldig auf eine Antwort wartete, nahm ich die vielen durchnässten Tücher von seinen Rippen und eröffnete mir ein Augenmerk auf die Verletzung. Sie war tatsächlich tief… aber nicht tödlich. “Du bist ein tapferer, kleiner Mann.” Weiterhin behielt ich mein Lächeln bei, während ich die andere Hand auf die Stirn des Jungen legte. “Keine erhöhte Temperatur. Gut. Aber es tut weh, nicht wahr?” Der Junge nickte, zog die Nase hoch und wischte sich die letzten Tränen aus dem Gesicht. “Darion”, murmelte er schließlich und ich legte die blutigen Tücher beiseite. “Dein Name ist Darion?” Kurz sah ich ihn an und er nickte erneut. “Ein schöner Name. Hör zu, Darion.” Ich schritt zu einem kleinen Sockel, auf welchem einige Tücher gebettet waren und kehrte zu dem Jungen zurück. “Du musst mir nun helfen. Damit du bald wieder aufstehen kannst, müssen wir deine Verletzung reinigen und nähen.” Ruhig legte ich die Tücher in eine Schüssel kaltes Wasser und zog eine Nadel hervor, die ich in einer Zange befestigte. “Und dabei musst du stark sein.” Wenige Augenblicke lang, hielt ich die Nadel ins Feuer des Kamins und setzte sie anschließend ins Becken, in der sie zischend im Wasser versank. Der Junge zuckte zusammen, winkelte abermals die Beine an und kämpfte erneut mit den Tränen. Dazu lachte ich leise, zwinkerte dem Jungen zu und kam mit der Nadel zurück. “Schau, sie ist sehr klein.” Ich zeigte ihm die Nadel. “Und du möchtest doch bald wieder zu deiner Mutter und deinem Vater, richtig?” Seine Miene wandelte sich plötzlich in völlige Absenz… als hätte ich mit dieser Frage etwas Unangenehmes wachgerufen. Doch nachfragen wollte ich nicht, holte stattdessen eines der nassen Tücher und legte es ausgewrungen auf seine Wunde. Schmerzlich verzog er das Gesicht und klammerte die Finger ins Laken. Aber außer einem gedämpften Keuchen ließ er sich nichts weiter anmerken. Nur wenig Blut sog sich noch in das feuchte Tuch, ehe ich es abnahm und in das Becken zurücklegte. Ich atmete tief ein, hob eine Augenbraue und nahm mir die Nadel zur Hand. “Hier sind viele Menschen… denen es genau so geht wie dir, Darion.” Gelassen legte ich den Kopf zur Seite und fädelte den Faden durch das Öhr der Nadel. “Aber bestimmt glaubt mir keiner, dass du genau so stark wie sie sein kannst. Wollen wir es ihnen beweisen?” Belächelnd zog ich den Hocker zu mir, setzte mich und tastete dann mit der freien Hand die Festigkeit der Haut um die Wunde nach. “K… Könnt Ihr das?”, stockend stellte er mir diese Frage und ich blickte abmessend zu dem Jungen auf. “Ich bin kein Heiler… aber wenn du wieder aufstehen kannst, bringe ich dich zu einem Elben, der dir die Frage bestimmt beantworten kann.” “Ihr kennt einen Elb?” So laut, wie er dies fragte, hätte man annehmen können, der Junge wäre wieder bei vollen Kräften. Er war geradezu davor, sich aufzusetzen, doch hielt ich vorsichtshalber seinen Oberkörper auf der Liege. “Ruhig, ruhig…”, mahnte ich lächelnd und legte die Hand wieder an die Wunde. Kinder waren schon bemerkenswert. Ich mochte mir nicht vorstellen, wie es wäre, wenn ein erwachsener Mann diese Wunde tragen müsste. “Ja… ich kenne einen Elben. Sehr gut sogar.” Ich nickte mir selbst zu und bemerkte, wie mein Lächeln wieder breiter wurde. “Ich hab… schon mal von denen gehört. Mutter erzählte mir oft Geschichten…”, flüsterte Darion leise. Die Schmerzen setzten ihm gewaltig zu. Aber er hielt sich wacker. Abermals legte ich eines der nassen Tücher auf seine Wunde, zischend verdeckte sich der Junge die Augen und ich streichelte ihm über den Kopf. Und während die Kälte des Stoffes seine Haut etwas betäubte, schob ich das Tuch etwas beiseite und durchstach rasch die Haut. Er zuckte merklich zusammen. “Wenn du wieder wohlauf bist, dann wird dir der Elb sicher gern einige Geschichten erzählen.” Zügig versuchte ich das Nähen zu vollbringen, während ich ihm von Legolas erzählte und von den Geschehnissen unserer Reise. Ich berichtete ihm auch von dem aufbrausenden Zwerg und den Hobbits. Auch der Zauberer schien das Interesse des Jungen zu erwecken… es war merkwürdig diese Geschichte zu erzählen, in der alles weitaus schlimmer war, als ich es verlauten ließ. Doch es half tatsächlich, den Jungen von den Stichen abzulenken… stille Tränen flossen… aber kein Wehklagen war zu hören. “Bei den Elben ist es zum ersten Augenblick sehr schwer zu erkennen, ob sie nun Männer oder Frauen sind. Nicht so schlimm, wie bei den Zwergen.” Ich musste ein Schmunzeln unterdrücken und Darion kicherte, auch wenn ein leises Knirschen folgte. “Zwergenfrauen sind nur ganz schwer zu erkennen. Die tragen auch einen Bart, behaupten einige Leute. Aber Gimli kann dir das bestimmt noch besser erklären.” Ich beugte mich etwas vor, zerbiss den langen Faden und lehnte mich zurück. Ich wusste nicht, wie lange ich nun schon hier saß, wie viele Stunden ich mit Erzählungen hinter mich brachte, doch als ich aufsah, bemerkte ich, dass dem Jungen die Augen beinahe zufielen. “Du bist erschöpft, hm?” Langsam erhob ich mich, wischte dem Jungen einige verschwitzte Strähnen aus dem Gesicht und lächelte. “Du hast es geschafft, Darion.” Und zum ersten Mal sah ich den Jungen lächeln, wenn auch etwas matt und entkräftet. Gewissenhaft erwiderte ich dieses Lächeln, ehe ich mich flüchtig abwandte und in den Regalen nach etwas suchte. Es war beruhigend zu wissen, dass der Heiler Minas Tirith’ von der Heilkraft der Athelaspflanze wusste. Schnell fand ich die Pflanze, zerkaute sie und legte sie auf die genähte Wunde, bevor ich einige Tücher um seinen Bauch wickelte und sie gut festigte. “Habt Dank.” Ein gehauchtes Murmeln kam über seine Lippen, das Lächeln blieb erhalten, als er anscheinend sehr müde die Augen schloss und sich an die wärmende Decke schmiegte, die ich ihm über den Körper legte. Er war wahrhaftig sehr erschöpft. Und ich setzte mich wieder auf den Hocker und beobachtete genügsam, wie der Junge in den tiefen Schlaf fiel. Er atmete ruhig und schlechte Träume blieben ihm fern… und ja, es würde mir eine Freude sein, ihn meinen Gefährten vorzustellen. In der Zeit des Wachens nahm die Dunkelheit über der Stadt ab und die Sonnenstrahlen brachten den Himmel in ein wunderbares Morgenrot. Nun wurde es auch für mich wieder Zeit… meinen eigenen Pflichten nachzugehen. Leise verließ ich das Zimmer, schloss die Tür hinter mir und suchte noch den Heiler auf. Noch immer schwer beschäftigt, legte ich ihm die Hand auf die Schulter und bat ihn um gelegentliche Kontrollen des Jungen. Schließlich verließ ich die Häuser der Heilung, kehrte zurück zu den Straßen des Volkes und bemerkte, dass die Menschen allmählich aus ihrem Schlaf erwachten. Und in heller Vorfreude machte ich mich auf, jenen Einen erneut aufzusuchen. ~*~ Legolas: Als hätte die Hitze meines Körpers für einen Augenblick selbst die kühle Frische der Nachtluft von sich gewiesen, spürte ich diese umso stärker, als ich am rauen Gestein lehnen blieb und Atem tankte. Stockend, durchaus noch benommen, tasteten sich meine Hände über den Stoff meines Hemdes, nahmen die Unebenheiten wahr und strichen diese nachlässig glatt. In selber Bewegung fand eine der Hände zu meinem Gesicht, ich fuhr mir über die Lippen, schürzte sie und schloss unter einem tiefen Atemzug die Augen. Ich spürte das dumpfe Pochen, das Pulsieren des Blutes in meinem Hals, ich den Hinterkopf an das Gestein lehnte und gleichermaßen mit den Händen nach ihm tastete. Ein dünner Schweißfilm auf meinem Gesicht, der auf sich aufmerksam machte, als ein Luftzug mich erreichte und mir Erfrischung brachte. Die völlige Kontrolle über meinen Körper blieb mir bislang fern, jenes Kribbeln besaß mehr dergleichen und angenehm wäre es gewesen, länger an jenem Punkt auszuharren und die wirren Gedanken in eine gewisse Ordnung zu bringen, doch löste ich mich bald schon vom Gestein und machte mich auf den Weg, die wenigen Stunden, die diese Nacht noch erfüllten, in Ruhe und Entspannung zu nutzen. Einen anderen Weg als Aragorn nutzte ich wohl, als ich den Garten verließ und zu jenen alten steinernen Gängen zurückfand. Ich schritt ruhig und legte Beachtung auf meine Schritte. Durchaus unsicher waren die ersten und meine Hand suchte Halt an der ersten Wand, die ich erreichte. Ziellos drifteten meine Augen nach beiden Seiten, eine gewisse Trockenheit lastete auf meinen Lippen und kurz befeuchtete ich sie mit der Zunge, als ich eine Treppe erreichte und mein planlosen Spaziergang über sie fortsetzte. Wider meines Körpers herrschte Ruhe in meinem Inneren, Überlegungen zwar und doch kein Drang zu Zweifeln, zum bereuen oder erstaunen über das eigene Handeln. Zufriedenheit war es... wohl schon Ungeduld und ein stilles Bedauern durch Aragorns raschen Abschied. Gerne wäre ich bereit dazu gewesen, mich bis an meine Grenzen treiben zu lassen, wohl auch über sie hinaus und bis an einen Punkt, den ich nicht kannte. Nicht lange, so dachte ich mir als ich einen steinernen Weg betrat und die Gebäude verließ, bald schon würden wir uns wieder begegnen. Ausgeruht wären wir zu jenem Zeitpunkt, wieder Herr über unsere Sinne und abermals bereit, sie uns rauben zu lassen. Ich ertappte mich selbst bei einem Lächeln, streifte mein Haar zurück und hielt in meinen Schritten inne. Ruhig war die Nacht, verlassen von Trauernden und finster. Nur wenige Kerzen, die zurückgelassen wurden, hielten die Andacht aufrecht. Flackernde Lichter, die die Dunkelheit zu einer anderen machten und kein Mensch, der meinen Weg kreuzte. Ruhen taten sie alle, doch stand mir nicht der Sinn danach. Jegliche Müdigkeit war von mir gefallen, hellwach waren meine Augen und der Blick in die Ferne gestärkt durch allmählich zurückkehrende Klarheit. Gerne wollte ich noch unterwegs sein, erkunden, was noch im Fremden lag... eine andere Art der Ruhe und Entspannung suchen, die dem Schlaf der Menschen gleichkam. Absent haftete mein Blick an der Flamme einer Kerze, des Dochtes, der bereits im geschmolzenen Wachs schwamm und durch einen milden Luftzug erlosch. Ein leises Geräusch zog meine Aufmerksamkeit auf sich und kurz erspähte ich noch den Schatten einer Katze, die sich durch die schmalen Gassen stahl und eigenen Geschäften nachging. So wandte auch ich mich ab und setzte meinen Weg fort. Was tat er wohl zu dieser Stunde? Hielt er sich auf den Beinen? Legte er sich nieder und ließ die Nacht ausklingen, wie es sich gehörte? Es war interessant, sich selbst dergleichen Fragen zu stellen und verwickelt in jenem Sinnieren erreichte ich den nächst unteren Ring. Viele Torbögen passierte ich, an vielen Mauern zog ich vorüber, Schatten begegneten mir, Geräusche und selbst nur die Dunkelheit der Nacht. Bald schon, traf ich auf Wachen, gar auf Soldaten, die in der Nacht keinen Grund sahen, ihren Pflichten zu entsagen. Nur wenige blickten auf, nahmen sich Zeit für eine Musterung... ich stattdessen betrachtete mir einjeden von ihnen und tat es grundlos. Einen weiteren Ring durchwanderte ich so und erreichte alsbald den unteren, in welchem mich ein Geräusch begrüßte, welches mein vollständiges Interesse fand. Ich vernahm das leise Wiehern eines Pferdes, das Schaben vieler Hufen auf mit Stroh bedeckten Böden und als ich mich zur Seite wandte, erhob sich nicht weit entfernt ein imposantes Gebäude, welches vielen Pferden als Stallung diente. Hoch war es gebaut und nicht weniger kunstvoll als andere Häuser. Eine massive Holztür diente als Eingang und abermals kreuzte ein Soldat meinen Weg. Ich sah ihn an dem Gebäude vorbeieilen, so führte er seinen Weg fort und ich auch den meinen. Nur anders diesmal, mit einem Ziel. Gemächlich näherte ich mich dem Gebäude und ertastete das robuste Holz, als ich es erreichte. Es war ein leichtes, den hölzernen Hebel umzustellen, die Tür zu öffnen und in das Innere des Stalles zu gelangen. Früh schon zog mir bekannter Geruch entgegen, die Geräusche verstärkten sich und ich blickte mich bereits um, während ich die Tür hinter mir schloss. Sie schnaubten durch die Nüstern, als sie mich, den nächtlichen Besucher erspähten, aufmerksam richteten sie die Ohren auf, streckten die Köpfe über die hölzernen Umzäunungen und schlugen bequem mit den Schweifen. Ich stellte noch den Hebel um, der Geruch frischen Heus erreichte mich und viele der wunderbaren Tiere sah ich gemütlich kauen, während sie mich mit leiser Skepsis stets im Auge behielten. Ein breiter Weg führte zwischen ihren Abteilen hindurch und ich hielt mich nahe bei ihnen, während ich diesen nutze. Gerne ließ ich mir Zeit, stehen zu bleiben, den Nasen der Pferde mit der Hand eine Begegnung zu sein und sie an mich zu gewöhnen. Neugierig schnupperten sie, schüttelten die Köpfe und über viele Plessen fuhr ich im Vorübergehen mit der Hand, viele Nüstern kraulte ich und erst, als ich beinahe das Ende des Stalles erreichte, blieb ich stehen, nun wahrlich am Ziel. Ruhig trat ich an die hölzerne Umzäunung heran und rasch bemerkte und erkannte man mich wohl. Aufgeweckt hob der weiße Hengst den Kopf, schürzte die Lippen und mit einem Schritt erreichte er mich. Es war mir eine rege Freude, ihn wiederzusehen und lächelnd hob ich die Hand, gegen die er anstandslos den Kopf lehnte und gerne zuließ, dass ich ihn kraulte und mich zu ihm neigte, als er mit den Nüstern meine Schulter erreichte und diese anstupste. Lieb wäre es mir, diese Nacht mit einem Begleiter zu teilen, weiterhin unterwegs zu sein und dies nicht alleine. "Mae govannen", flüsterte ich ihm zu, während ich beide Hände in seiner Mähne vergrub und er abermals meinen Bauch stupste. "Ni mista." Seine augenscheinliche Freude ließ mich schmunzeln, selbst einen Schritt zurück tat ich, um das Gleichgewicht zu wahren. "Nin govedich? Mae?" Und er schlug mit dem Schweif und stieß durch die Nüstern, noch während er den Kopf hob. Zielstrebig löste ich so den Verschluss der Kammer und gemächlich trottete der Hengst ins Freie, als ich ihm die Tür um ein Stück öffnete. Merkwürdig mochte es den Menschen erscheinen, doch war mir in gewissen Augenblicken die Präsenz eines Tieres lieber, als die ihre. Ich zwang mich nicht zur Eile, als ich die Tür hinter ihm schloss, so an seine Seite trat und ihm den Hals klopfte. "In dû în cîw ah bain", (diese Nacht ist jung und schön) erklärte ich ihm, während wir uns gemeinsam dem Ausgang näherten und er geduldig mit mir Schritt hielt. "Me boe ammen in edregol manadh lim ista." (Wir müssen uns des besonderen Glückes bewusst sein) Und er bewegte den Kopf, als wäre dies die Einsicht selbst. Ich ließ mich von ihm führen und rasch erreichten wir den Ausgang, an dem er inne hielt. So trat ich an ihm vorbei, öffnete ihm eine weitere Tür und ließ ihn in die frische Finsternis der Nacht hinaustreten. Ruhigen Schrittes entfernte er sich von mir, senkte den Kopf zu Boden und beschnupperte das Gestein, während seine Hufe leise auf diesem widerhallten. So begann unser Spaziergang durch die Stadt, weit hinauf und durch endlose Gänge. Wir beide schauten und musterten, entspannten uns und sein Schnauben allein schien eine Erzählung seines Lebens zu sein. Viele erspähten uns, viele Wachen, die in kurzem Erstaunen inne hielten und uns doch unsere Ruhe ließen. Die Handgelenke auf dem Rücken umfasst, die Augen sorglos auf den Boden gerichtet, spazierte ich neben ihm, das monotone Geräusch seiner Hufe stets im Ohr. Hin und wieder blieb er stehen und ich nutzte die Momente, um mich umzublicken und der alten Gedanken zu verfallen, bis die Zähne Gefallen an meiner Schulter fanden und aufweckend am Stoff meines Hemdes zwickten. Langsam blickte ich zum Himmel auf, bettete die Hand unter seinem Kinn und fuhr mit den Fingerkuppen den Verlauf seines Fells nach. Wahrlich... diese Nacht war besonders, verleitete mit ihrer Eintracht annähernd den tückischen Eindruck des Friedens. Als wäre es vorbei... alles, weshalb wir unsere Heimaten verließen und zusammenfanden. Als würde es keine neuen Sorgen geben, die uns belasteten, keine alten Ängste und einfach nichts, was sich an unserem Mut labte. Der Hengst atmete geruhsam durch die Nüstern, das Gewicht seines Kopfes auf meiner Hand wurde schwerer und er ließ ihn sinken, um den Boden abermals zu beschnuppern. Und ich blieb stehen, während die Nacht an uns vorbeizog. Es war ernüchternd... doch... wir benötigten Planung, Vorsicht und Entschlossenheit in den Tagen, die folgten und unsere letzten sein konnten. Immer wieder und stetig. Was bedeutete das Leben in Zeiten wie diesen? "Al rim", (nicht viel) entrann mir ein Hauchen und leise summte der Wind in den schmalen Gassen und Nischen, die uns umgaben. "In guruthos neitha di môr athen baneth. Thand gwathel in achas a dúath. Muil din bain an sîdh, dan gaer an auth." (Der Schatten des Todes beraubt die Nacht ihrer Schönheit. Starke Verbündete sind Dunkelheit und Angst. Düsterkeit ist schön im Frieden, doch hässlich im Krieg.) Vermeidet hätte ich es, dergleichen Gedanken zu verfallen, doch tat ich es nicht nun und in dieser Nacht, da sie mich dazu drängte, aus Traumgefilden zur Wirklichkeit zurückzukehren und diese mit wahrem Auge zu erblicken. Trotz alledem war einzig und allein der Hengst mein Begleiter, nicht etwa Angst und Erschaudern bei bloßem Gedanke. Prüde blieb ich in meinem Denken, nicht schwarzseherisch und doch realistisch. Es beschäftigte mich und es beschäftigte uns alle. Unterwegs war ich, bis sich die Nacht mit all ihren Einwirkungen zurückzog und wir unseren Marsch beendeten. Viel hatten wir gesehen, viele Eindrücke geteilt und dann war es nötig, sich vorerst zu trennen, um den eigenen Pflichten nachzukommen. Geruht hatte ich auf eigene Weise, zuversichtlich war ich, so gut ich es konnte und es verlangte mir nach einer gewissen Stärkung, als ich die Stallungen bei Sonnenaufgang verließ und mich diesmal alleine auf den Rückweg und zur Speisekammer aufmachte. ~*~ Aragorn: Es fiel mir nicht schwer, meine scheinheilige Müdigkeit in den Hintergrund zu bannen. Die Nacht war zu aufregend gewesen… und auch der folgende Tag würde dergleichen mit sich bringen. Der morgendliche Wind brachte einen Hauch von Wärme mit sich, als ich durch die freien Gänge hinab stieg und den Menschen auf den Straßen begegnete. Frauen traten aus ihren Häusern, Kinder lachten, Wachtposten wechselten sich ab und die Stille wurde immer weiter in die Nacht zurückgedrängt. Bedacht ließ ich die Menschen wach werden, ließ sie zu ihrer Geschäftigkeit zurückkehren, während ich immerzu ein Lächeln auf den Lippen beließ und meinen Weg ging. Bald erreichte ich den richtigen Ring, die Kammern, in denen sich die Gefährten befanden und vielleicht schon erwachten. Zielstrebig schritt ich an meiner eigenen vorbei, bog ab und verfolgte einen langen Gang, ehe ich vor einer Tür stehen blieb. Letzte Nacht hatte ich mich hier eingefunden, um auf meinen Mut Taten folgen zu lassen. Und auch wenn es nicht mein Mut gewesen war... Gelohnt hatte es sich. Leise öffnete ich die Tür, spähte vorsichtig hinein und erhoffte mir den Elben bei seiner Meditation zu erblicken. Was wäre dies für ein schöner Moment, wenn ich ihn bei einer sanften Umarmung aus seinen Träumen wecken könnte? Doch leider Fehlschlag. Der Elb hielt sich abermals nicht in seiner Kammer auf, tat es ebenso wenig, wie zu letzter Nacht. Enttäuscht verfiel ich einem leisen Brummen, ehe ich die Tür wieder schloss und mich umschaute. Wunderbar. Begann das Spiel von neuem? Sollte ich ihn erneut in ganz Minas Tirith suchen? Seufzend drehte ich mich um und schritt zuerst zu meiner eigenen Kammer. Unangenehm wäre es, wenn ich abermals ohne Schwert umher zog, denn wer wusste schon, wann ich Legolas fand? So schritt ich also wieder durch die Straßen, verfolgte ein jede Person mit den Augen, in der Hoffnung der Elb würde mir entgegenkommen. Es konnte doch nicht erneut sein, dass ich erst ganz Minas Tirith durchforsten musste um ihn zu finden. Als ob man mir an diesem Tage nichts gönnte. Ich bog um eine Ecke und hielt plötzlich inne. Etwas stieß gegen mich und ehe ich den Blick weiterhin in die Ferne schickte, sah ich auch schon Pippin am Boden liegen. “Oh!” Er rieb sich den Kopf und ich half ihm sofort auf. “Verzeih, Pippin… ich habe dich nicht gesehen.” Und der Hobbit weitete die Augen, ehe er leise vor sich hinfluchte und seine Kleidung abklopfte. “Ich wünsche dir auch einen guten Morgen”, meinte er und sein Tonfall hatte etwas Schmollendes an sich. “Aber nicht der Erste bist du… neeein.” Annähernd theatralisch schüttelte er den Kopf. “Viele Menschen gab es heute, die um Verzeihung baten… scheint, als wäre keiner bei Gedanken.” Und ich räusperte mich verlegen, kratzte mich an der Schläfe und tätschelte dem armen Halbling nur noch den Kopf. “Es tut mir wirklich Leid, Peregrin. Ich suche Legolas.” Gut, eine Entschuldigung war dies wohl nicht, aber immerhin ein Grund, weshalb ich den Kopf stets oben behielt. “Ah, Legolas… ja, Merry berichtete, er lief des Nachts mit seinem Pferd durch die Stadt. Zumindest hatte dies der Wechselposten eines Wachmannes, welcher vom Turm zum Osteingang gewechselt hat, behauptet. Es hieß… auch dieser hätte es nur von seinem Vetter auf der anderen Seite erfahren und dann der Mutter seiner Frau erzählt, welche es des Tochters Sohn erzählte, woraufhin dieser Sohn am frühen Morgen auf der Suche nach dem Pferd war, was ja so weiß und hell sein soll, was mir persönlich nicht so auffiel, weil es genauso weiß wie das Fohlen der Stute von dem Hengst des Königs war. Jedenfalls stieß der Sohn nach einem kurzen Bogen gegen Merry, der sich schon im Eifer seines Hungers zum Speisesaal begab. Und da fielen die beiden um und zankten sich, wer denn zuerst gegen den Anderen rannte und…” Ich räusperte mich leise, versuchte aber dennoch dem Hobbit zu lauschen… als es mir einfiel. Dort könnte der Elb unterwegs sein. “Danke, Pippin.” Noch einmal fuhr ich ihm durch die Haare, als ich an ihm vorbeieilte. Es gab nicht viele Wege, die zu dem Saal führten, so dass ich eine Abkürzung nehmen und möglicherweise ihn doch noch erreichen konnte. Ich beeilte mich schnellstmöglich, gelangte zu meinem Ziel… aber da war der Elb auch nicht. Was tun? Natürlich den anderen Weg einschlagen. Der Beharrlichkeit war es zu verdanken, dass ich nun beinahe Legolas in die Arme rannte, als er geradewegs die Straße betrat. Ruckartig hatte ich inne gehalten, war vor dem Elben stehen geblieben und es erinnerte mich mit einem Schlag sehr an letzte Nacht zurück. Überrascht musterte er mich und ich blieb für einen Augenblick in meiner Mimik versteinert. Er hatte da gehockt… und nichts lag mir ferner, als in seiner Nähe zu verweilen. Doch heute… Ich lockerte meine Haltung und lächelte. “Guten Morgen”, hauchte ich zufrieden und beruhigte meinen Atem, ehe ich mich flüchtig umsah. Es waren nicht viele an der Zahl, die hier ihrer Wege gingen… es war noch zu früh. So nutzte ich den Augenblick, trat einen Schritt vor und hob die Hand. Ich hatte keine Angst, als ich der Versuchung nachging und dem Elben einfach zärtlich über die Wange streichelte. “Du siehst wie immer erholt aus”, murmelte ich, hob abschätzend eine Augenbraue, ehe ich grinste. Ohne Worte erwiderte er meinen Blick ebenso sicher, wie ich es war. Es war ein Traum, offen mit ihm umgehen zu dürfen. Offenherzig und ehrlich. Langsam ließ ich die Hand sinken, bettete sie auf seine Schulter und schob ihn liebevoll zu mir, während ich zur Seite ging und mit ihm die Straße passierte. “Komm, ich hab dir einiges zu erzählen.” Ruhig lief ich neben ihm her, ließ die Hand seinen Rücken hinabsinken und strich dabei über sein weiches Haar, ehe ich die Arme hinter dem Rücken verschränkte. "Und Hunger habe ich auch.” ~*~ Legolas Es war überraschend, wie schnell das Leben in diese Stadt zurückkehrte, sich Menschen auf den Straßen tummelten und wirre Stimmen die Luft erfüllten. Des Nachts noch ein einsamer Spaziergänger, ging ich unter in den Massen und behielt die Augen offen, um Rempeleien so gut es ging zu vermeiden. Bisweilen betrachtete ich mir die Gesichter der Menschen, die mir begegneten und seltsam war das Gefühl, als zwei mich grüßten und ich sie als Bogenschützen wiedererkannte. Das Ziel fest vor Augen und diesem nicht mehr fern, ließ ich einen arkadenförmigen Durchgang hinter mir und trat einer eiligen jungen Frau aus dem Weg. Hastig zog sie an mir vorbei und ich sah ihr nach, bevor ich mich meine alte Richtung einschlug… und innehielt. Meine Ohren alarmierten mich, ich wurde mir einer regen Gefahr bewusst und hielt inne. Und schnell fand ich zur Quelle und erspähte in einer Menschenansammlung einen bekannten zerzausten Schopf, der sich ungeduldig zwischen den Männern bewegte und eine Stimme, die wahrlich Gefahr prophezeite. Angespannt beobachtete ich den jungen Bogenschützen, preßte die Lippen zusammen und nahm mir vor, mich davonzustehlen, bevor sich seine ermüdende Aufmerksamkeit auf mich lenkte. Flüchtig wandte er sich in meine Richtung, blickte über mich hinweg und auf einen zweiten Versuch wollte ich es nicht ankommen lassen. So trat ich seitwärts, schob mich zwischen zwei Soldaten hindurch und wollte mir einen anderen und bei weitem sicheren Weg zur Speisekammer suchen. Sie war schon nah. Es war so ärgerlich… Ich empfand Erleichterung, als ich endlich eine Mauer zwischen uns brachte, tiefen Atem schöpfte und aus purem Argwohn abermals zurückblickte. Die Fähigkeiten des Jungen, mich zu erspüren, schätzte ich als äußerst gefährlich ein. So schaute ich zurück und erreichte eine schmale Straße, gepflastert mit Backsteinen und nicht sonderlich viel begangen. Ebenso verlassen war auch der zurückgelassene Weg und sicher meine Annahme, mich vorläufig von anstrengenden Menschen abzuschirmen. Eine noch größere Last waren sie mir zu solch früher Stunde und bei leerem Magen. Entspannt atmete ich aus, drehte mich nach vorn… und hielt abermals inne. Ich fühlte mich ertappt… auf einer Flucht und bei argwöhnischen Gedanken, dass mir meine Miene entgleiste und ich den, der mich urplötzlich in den Weg trat, mit Erstaunen anstarrte, obgleich sein Erscheinen weder erschreckend noch unvorhersehbar war. Aragorn… Ich wechselte von einer Situation in die nächste und erst, als er sich selbst entspannte und die letzte Distanz zwischen uns zurückließ, realisierte ich, daß wirklich er es war, der mir hier begegnete. Es war bizarr… ihn so zu sehen… ihn lächeln zu sehen und dies der letzten Nacht zum Trotz, in deren Stille er keuchte und deren Finsternis er sich zu nutze machte… Sein Angesicht war wie die Erinnerung selbst und als ich mir seine weichen Gesichtszüge betrachtete, entsann ich mich der Wahrheit, die ihm den Wagemut nahm und ihn mir überreichte. Mir, der gehandelt hatte und selbst noch jetzt keine Reue verspürte… sich selbst vielmehr gern mit der Nacht auseinandersetzte und den Gefühlen, die in ihr erwacht waren. “Guten Morgen.” Reflexartig öffnete ich den Mund, dabei fiel mir bei weitem nicht ein, was ich sagen wollte und das Sprechen erschien mir ohnehin überflüssig, als er den Blick von mir löste, das Gesicht abwandte und mir in einem Moment, in dem er die Gegend überblickte, gestattete, ihn offen und unverhohlen zu mustern. Wie immer war es angenehm, auf ihn zu treffen… er zählte nicht zu jenen Menschen… den Anstrengenden, den Lauten, den Komplizierten… er war Aragorn und doch von allem ein wenig. Er war anders und mir stets willkommen… Eine sanfte Berührung auf meiner Wange ließ meine Gedanken abrupt enden. Eine Bewegung seinerseits… seine Fingerkuppen, die offen meine Wange streiften und ich, der das Unerwartete erlebte und nicht damit zurechtkam. Was tat er…? Mit einer Besonnenheit, als wäre dabei nichts Unnormales. Irritiert folgten meine Augen seiner Hand, während das feine Kitzeln auf meiner Haut abklang. “Du siehst wie immer erholt aus.” Und es war nahezu bestürzend, wie er mir dir Kontrolle entriss und die eigene annähernd mit hämischem Nachdruck präsentierte. Es war meine Rolle und ich spielte sie sprachlos, während er schon die Hand auf meiner Schulter ablegte, als gäbe es nichts mehr zu erklären. Was war geschehen…? Er schien ein anderer zu sein… ohne Scheu vor Berührungen, ohne Fragen und mit solch einer Entspannung, dass ich eine zweite Seite an ihm entdeckt haben musste. Kein Aragorn, der Nähe wahrte und Zurückhaltung gab… ein anderer stand vor mir und ich wusste mir nicht zu helfen, als seine Hand zu wandern begann, meine Schulter hinab glitt und zu seinem Rücken… es sich dabei nicht einmal nehmen ließ, meinem Haar zu begegnen. “Komm, ich hab dir einiges zu erzählen.” Und nicht nur zu erzählen… so spürte ich das Zupfen an meinen Haaren und den sorgfältigen Druck, den er auf meinen Rücken ausübte. Die Richtungen, die sein Interesse einschlug, waren… suspekt. Rasch löste sich seine Hand von mir und ich folgte ihm blindlings, das eigentliche Ziel bereits aus den Augen verloren und mich in den Momenten dennoch einer anderen Gefahr entsinnend. Es war lediglich der Wille zu einer letzten, rundweg festen Bestätigung, in dem ich knapp zurückschaute und nach jenem jungen Mann suchte, vor welchem ich die Flucht ergriffen hatte. Doch folgte uns niemand und Aragorn schien in jenen Augenblicken weitaus weniger Sorgen zu haben, als ich. Ich sah zu ihm und er umfasste das Handgelenk auf dem Rücken. "Und Hunger hab ich auch”, erklärte er entspannt und ich nickte in der alten Zielstrebigkeit und schritt nun sicherer neben ihm. Er schien nicht auf Antwort aus zu sein… jedenfalls verstummte er anschließend und deutete nicht an, dass Schweigen unangenehm für ihn war. Kurzlebig haftete noch mein Blick an ihm, bevor ich diesen zu Boden richtete, tiefen Atem schöpfte und realisierte, daß wir abermals gemeinsam gingen… dass er mich gefunden hatte, noch ehe der Tag vollständig begann und dass er meine Gegenwart suchte. Oft hatte er dies getan, nur diesmal offen und erkennbar. Und freudig wirkte er bis in Tiefste seines Wesens, sie gefunden zu haben… er wirkte… abermals blickte ich zu ihm… befreit. So normal, wie er es nur selten gewesen war. Von einem Tag zum anderen… war etwas in Bewegung geraten…? Auffällig war mein Schweigen und wohl durchaus unhöflich als Reaktion auf seinen Morgengruß. So schirmte ich mich ab von ablenkenden Grübeleien, räusperte mich leise und blickte durch ein schmales Fenster, ehe ich ihn erneut durchmusterte. Eine Frage… ich könnte die Antwort selbst finden. Durch Sinnieren… Schweigen also und wieder eine Ungerechtigkeit, die er nicht verdiente, konnte er mir doch auch antworten, wenn ich ihn nur fragte. „Hast du zum Schlaf gefunden?“, wendete ich mich ruhig an ihn, als wir um eine Ecke bogen. „Oder warst du einer der Ruhelosen, die des Nachts die Stadt erkundeten und ihre Kräfte eher beanspruchten, als sie zu sammeln?“ Es war eine rege Voraussicht. Sein Wissen, welche Antwort mir die liebste wäre… Und mein Wissen, diese Antwort nicht zu bekommen. ~*~ Aragorn: Genau diese Momente waren mir derzeit die liebsten geworden. Diese Unschlüssigkeit. Er tat, als wäre ich stets ein anderer. Dabei… dabei fühlte ich mich nur leichter. Sorgen, die sich spalteten und immer kleiner wurden, bis sie verschwanden. Welche, die Platz ließen für die Dinge… die wirklich wichtig waren. Gelassen schritt ich neben ihm, genoss diese Schweigsamkeit, die ich nicht anders von ihm kannte. Keine Unruhe, sondern Behaglichkeit. „Hast du zum Schlaf gefunden?“, stellte er mir unverblümt die Frage und sie beschwor die Heiterkeit abermals hervor. Seit wann fragte er ohne Grübelei? Ich lächelte in mich hinein und schwieg. Vielleicht sah man einen leisen Hauch von Müdigkeit in meinem Gesicht, welche ich noch nicht erspürte… „Oder warst du einer der Ruhelosen, die des Nachts die Stadt erkundeten und ihre Kräfte eher beanspruchten, als sie zu sammeln?“ Doch eher noch wusste ich, dass er mich zu gut kannte... Oder kennen lernte. Und kein Missvergnügen bereitete es mir, erneut ein offenes Buch zu sein. “Ruhelos ohnegleichen, mein Freund.” Ich lachte heiter und betrat die Stufen, um zum Hofe des Ringes zu gelangen. Munter öffnete ich die Tür, trat zu Seite und ließ Legolas vor mir die Halle des Speiseraums betreten. Gelassen folgte ich ihm, ging einigen Männern aus dem Weg und besah mir genügsam die Tafel mit den morgendlichen Speisen. Einige Menschen hatten bereits den Weg zum Frühstück gefunden, lebhaft erklangen die Stimmen der Männer, während sie rege aßen. Besinnlich nahm ich mir einen Teller, folgte Legolas stets auf dem Fuße und griff dabei nach allerlei Kost. Abermals bemerkte ich, dass mir die frischen Äpfel von mal zu mal zusagten. Frisches Brot, Salate und alsbald füllte sich mein Teller, ohne dass ich allein vom Anblick Sättigung empfand. Heute… heute war ein guter Tag. “Viele Ruhelose fanden sich des Nachts ein”, erzählte ich, während ich mit Nachdruck meine Finger still hielt, um nicht nach einem zweiten Teller zu greifen. “Die Häuser der Heilung sind voll von ihnen und wenn ich könnte, wäre ich auch jetzt noch dort.” Ich hob die Brauen, nickte dann dem Elben zu und setzte mich an den langen Tisch. Flüchtig begrüßte ich die Soldaten zu meiner Seite, ehe ich mich wieder Legolas zu wandte. Hastig schluckte ich eine Traube hinunter und nahm einen Schluck Wasser. “Überfordert sind dort die Helfer, doch kann man ihnen nicht mehr Unterstützung senden.” In der Erinnerung vertieft, schüttelte ich den Kopf und lehnte den Ellenbogen auf die Tischkante, als ich eine weitere Traube vom Stängel zog. “Zu viele Verletzte, zu viel Hast.” Dabei blies ich mir eine Strähne aus dem Blickfeld und sah abermals zu dem Elben. Erwartungsvoll blickte er mich an und ich lächelte. “Ich unterhielt mich mit dem ältesten Heiler…“, ruhig schob ich mir die Traube in den Mund, kaute und begann mit den Händen zu gestikulieren, “… seine eigentliche Problematik jedoch lag nicht an den Massen der Verwundeten…”, eilig schluckte ich die Traube runter und griff nach dem Brot, “... sondern an einem einzigen Kind.” Ein seliges Grinsen legte sich auf meine Lippen. “Der Junge schrie und wütete. Frauen bemühten sich, ihn zu bändigen und dem Heiler kam nur die Ausbrennung der Wunde in den Sinn.” Nochmals schüttelte ich den Kopf und suchte kurz abgelenkt nach der Butter. “Ein Kind! Die Vorstellung dieser Behandlung war mir so zuwider, dass ich mich seiner annahm. Du glaubst nicht, wie leicht es schließlich war, sogar ein Lächeln auf dieses junge Gesicht zu zaubern!” Und ich fand die Butter, erhob mich und holte sie mir von meinem Gegenüber. “Eine Fleischwunde, recht tief.” Ich wies beim Stehen auf meine eigene Seite und demonstrierte Legolas die Größe der Wunde, ehe ich mich wieder setzte. “Darion hielt sich gut, trotz der Schmerzen. Und leicht konnten sie nicht sein” Dann hielt ich inne und rief mir noch einmal das Gesicht des Jungen ins Gedächtnis. So kam es, dass das Brot mein Interesse verlor und ich mich geradewegs an Legolas wandte. “Ein Kind von bestenfalls dreizehn Jahren! Ich sage dir, er benahm sich wie ein Mann! Reinigung und Behandlung… er nahm es hin, ohne nur ein weiteres Mal zu klagen.” Ich selbst konnte meine eigene Begeisterung für dieses Kind nicht verbergen. “Und welches Interesse er zeigte, an dir und Gimli… als währet ihr Gestalten aus Legenden! Er war völlig erstaunt. So verblüfft, dass er aus den Häusern gerannt und euch gesucht hätte.” Ein selten ungläubiges Grinsen wurde aus meiner Begeisterung, als ich mich wieder um mein Brot sorgte, es bestrich und übermütig hinein biss. “So einen Burschen sah ich nie zuvor.” ~*~ Legolas: „Ruhelos ohnegleichen, mein Freund.” Was sollte ich sagen… es kam nicht überraschend und stimmte mich nicht ärgerlich. Wäre dies eine andere Lage… wäre ER in einer anderen Lage, wäre dies wohl anders gewesen, doch sah ich ihn lächeln und es war, als erzählten seine Lippen die stumme Geschichte eines Treibens, welches die Wichtigkeit des Schlafes in den Schatten stellte. Die Art, wie er mir dies so gelockert beichtete, hätte er in einer anderen Lage doch die Miene verzogen und sich selbst ertappt gefühlt, weckte meine Neugierde und ich sah ihn an. Doch lächelte er und tat dies still, bis wir unser Ziel erreichten und ich den Blick kurz von ihm löste, als er aus heiterer Freundlichkeit heraus, die Tür öffnete und selbst noch zur Seite trat. Eine kurze Irritiertheit lenkte mich von meiner Wissbegierde ab und einzig ein dankbares, jedoch knappes Nicken konnte ich ihm in einer Situation schicken, in der er mich schlichtweg überraschte. Dies schien er gern und dessen ungeachtet oft zu tun. So zog ich an ihm vorbei und betrat den Speiseraum, der, wie an jedem Morgen, reich besucht, jedoch nicht überfüllt war, was wohl der frühen Stunde und der jungen Sonne zu verdanken war. Doch kam mir die Ruhe und vor allem noch das Ausbleiben des Zwerges sehr gelegen und schnell hatte Aragorn wieder seinen Platz an meiner Seite gefunden. Wir gelangten zu den Tafeln und ich musste mir eingestehen, dass meine Grenze, über die heraus ich mich verblüffen ließ, wohl in immer weitere Ferne zu entfliehen schien. Ich sah seine flinken Hände, die sich zu so mancher Speise aufmachten… den Beweis seines gesunden und beruhigenden Appetits und ich tat diese Tatsache ab und sah mich selbst nach etwas Nahrhaftem um. Immer wieder vernahm ich das Schaben der Teller hinter mir, als sich Aragorn von diesen bediente und ich selbst musste darauf achten, den eigenen Magen nicht zu vergessen. So nahm ich mir ein Stück Brot und etwas Obst… wohl gemerkt nur das, welches ich kannte und wessen Geschmack mir zusagte. “Viele Ruhelose fanden sich des Nachts ein“, erhob sich da Aragorns Stimme wieder und ich wandte mich zu ihm um, war ehrlich gesagt doch recht perplex über seine Redseligkeit, doch nicht abgeneigt, da mich seine Geschichte interessierte. Alles, was er tat… was er sagte… interessierte mich. So blickte ich ihn an, bewies ihm meine Aufmerksamkeit und drehte mich mit ihm, als er sich zu einem der Tische aufmachte. “Die Häuser der Heilung sind voll von ihnen und wenn ich könnte, wäre ich auch jetzt noch dort.” Und er fand einen Platz, an welchem er sich niederließ. Die Häuser der Heilung…? Sie hatten ihn vom Schlaf abgehalten? An diesem Ort hatte er die Nacht verbracht? Es war mir bekannt, dass er seine helfende Hand gerne anbot und ich achtete diese Art an ihm in höchster Weise. Kein nutzloses Treiben also, nachdem wir uns trennten. Ich spürte das Zucken eines Lächelns an meinem Mundwinkel, als ich mich neben ihn setzte und ihn schon mit einem Stück Brot gestikulieren sah. Währenddessen noch nickte er wohl bekannten Gesichtern zu und tastete bereits schon wieder nach dem Teller. Ich streckte den Rücken durch, schöpfte tiefen Atem und blickte auf meinen Teller. “Überfordert sind dort die Helfer“, fuhr Aragorn fort und das Glucksen des Wassers unterbrach ihn, als er einen wohltuenden Schluck nahm. Aufmerksamkeit sah ich ihn an und seine Augen kreuzten meinen Blick gelassen, „doch kann man ihnen nicht mehr Unterstützung senden.” Er schüttelte den Kopf, als stecke er noch immer in vergangener Lage… als spüre er die alte gegenwärtige Unschlüssigkeit und ich nickte stumm und selbst in Gedanken vertieft. Ich selbst hatte die Lage studiert… während eines kurzen Besuches, um ein Mittel an den rechtmäßigen Besitzer zurückzugeben. Ich wusste, wie es dort aussah… wie es dort war und verblüffend fand ich Aragorns Heiterkeit, nachdem er sich wohl lange Zeit des augenscheinlichen Leidens ausgesetzt und viel erlebt hatte. Natürlich erlebte er Dinge… dort, wo das Leben vieler endete… “Zuviele Verletzte, zuviel Hast.” Und wieder jene entspannte Stimme, die meine Augen zur Seite lockten… zu ihm. Und er sah mich an… während mein Teller gänzlich unberührt blieb. “Ich unterhielt mich mit dem ältesten Heiler“, so verschwand auch schon eine Traube in seinem Mund und ich sah ihn hungrig kauen. Reglos saß ich neben ihm, den Blick auf sein Gesicht gebannt und allem anderen gegenüber achtlos. “Seine eigentliche Problematik jedoch lag nicht an den Massen der Verwundeten… sondern an einem einzigen Kind.” Ich hob die Augenbrauen… war wahrhaft mitgerissen von seiner Geschichte und nur schwer könnte es ihm entgehen… mein Starren, mein Schweigen, meine Konzentration, die auf ihn und somit einzigen Punkt gebannt war. Ein Kind, sagte er…? Und seine Lippen verzogen sich zur Bestätigung. “Der Junge schrie und wütete. Frauen bemühten sich ihn zu bändigen und dem Heiler kam nur die Ausbrennung der Wunde in den Sinn.” Ich verzog die Brauen, als ich an jene schmerzvolle Behandlung dachte… zumeist die letzte Möglichkeit und gleichsam grausam. Mitfühlend nickte ich und Aragorn lehnte sich kauend zu mir. “Ein Kind! Die Vorstellung dieser Behandlung war mir so zuwider, dass ich mich seiner annahm.“ Erleichtert öffnete ich den Mund und Aragorn holte tief Luft, während er sich flüchtig umblickte. „Du glaubst nicht, wie leicht es schließlich war, sogar ein Lächeln auf dieses junge Gesicht zu zaubern!” Leicht… Er erhob sich, bekam dabei eine weitere Traube zu fassen und reckte sich, um an einen Teller mit Butter zu gelangen. Leicht…? Ich blickte zu ihm auf und kurz darauf zu meinem Teller zurück. Leicht durch seine Feinfühligkeit, sein sanftes Empfinden, die Wärme seines Herzens. Was er als ‚leicht’ bezeichnete, war für so manch anderen wohl ein hoffnungsloses Unterfangen. “Eine Fleischwunde, recht tief“, erzählte er schon weiter und ich bemerkte seine Hand, die am eigenen Leib eine Demonstration zeigte. Ich öffnete den Mund, nickte verstehend und er setzte sich wieder gemütlich neben mich. “Darion hielt sich gut, trotz der Schmerzen. Und leicht konnten sie nicht sein.” Somit verstummte er und ich senkte die Lider, erneut einem leichten Nicken verfallend. Und in diesem kurzen Schweigen gestand ich mir selbst wohl ein, wie angenehm es war, seiner Stimme zu lauschen, wenn sie sich unaufhörlich erhob. Ungewohnt war es, doch wunderbar… Einen tiefen Atemzug vernahm ich und eine Bewegung, durch die ich sogleich aufblickte. So hatte sich Aragorn zu mir gedreht und sah mich direkt und mit einem Anflug von eigener Nachdenklichkeit an. “Ein Kind von bestenfalls dreizehn Jahren! Ich sage dir, er benahm sich wie ein Mann!“ Und er betonte die Worte und ließ mich meiner alten Starre verfallen. Ich verstand sein Belangen… konnte nachempfinden, sein Denken annähernd fühlen und doch nichts selbst dazu sagen. Wie erfreut er war… welchen Nutzen er selbst daraus zog, Hilfe und Beistand zu leisten. Wie sehr er sich in jene Zustände vertiefte… wie wichtig ihm Menschen wurden… wie er von ihnen berichtete und dies dabei so gedankenvoll tat. Ich blinzelte. „Reinigung und Behandlung… er nahm es hin, ohne nur ein weiteres Mal zu klagen.” Wieder… ein Grinsen… kurz darauf seine Miene, die ihm entgleiste, bis er mich beinahe ungläubig ansah. Annähernd selbst wie ein Kind, welches die erstaunlichen Dinge des Leben lernte. “Und welches Interesse er zeigte, an dir und Gimli… als währet ihr Gestalten aus Legenden! Er war völlig erstaunt. So verblüfft, dass er aus den Häusern gerannt und euch gesucht hätte.” Somit fand er zu jenem Grinsen zurück und schüttelte abermals den Kopf. Endlich fand er so wieder zur alten Beschäftigung und ich neigte in einem beinahe heimlichen Lächeln den Kopf, während er es sich schmecken ließ. Es stand ihm zu, stolz zu sein. Auf das eigene Handeln, auf den Mut jenes Jungen, von welchem ich nun erfuhr. Dieser, dem selbst und ebenso wie mir die warme Hand Aragorns zuteil wurde und dem diese gewiss Gutes tat und Stärke brachte. “So einen Burschen sah ich nie zuvor.” Bestimmt nicht… ich presste die Lippen zusammen, räusperte mich leise und richtete mich auf. Ich sah ihn an, sah ihn essen und blickte zu meinem eigenen Teller, dem Aragorn die Aufmerksamkeit geraubt hatte. All die Hilfsbereitschaft… All die Wärme, die er schenkte und gab… All dies ließ ihn in wissenden Augen schöner werden. Und ich selbst… war stolz auf ihn. „Und hat sich ist sein Befinden gebessert?“, hörte ich mich selbst fragen, begierig auf den Klang seiner Stimme und darauf, die Antwort zu erfahren. Doch selbst nicht bemerkend, wie sich abermals ein Lächeln auf meine Lippen legte, während ich ihn erwartungsvoll ansah. ~*~ Aragorn: Genüsslich kaute ich weiter, schmeckte die Frische des Brotes und biss gleich darauf ein weiteres Mal ab. Noch immer war mein Teller gefüllt und noch immer schien mein Körper keine Einwände zu zeigen, ihn zu leeren. Darion… viel mehr lag es vielleicht daran, dass er so mager war. Wie herrschte Denethor zu dieser Zeit oder lag dem Jungen das Essen ebenso fern, wie es mir gelegen hatte? „Und hat sich sein Befinden gebessert?“ Innehaltend in meiner Beschäftigung sah ich zu dem Elben und schluckte das halbe Brot hinunter. Legolas lächelte mich an... Und glaubte ich da etwa, das reine Interesse in seinen Augen funkeln zu sehen? Verlegen öffnete ich den Mund und schloss ihn wieder. Es war mir keine Überraschung, dass er mir lauschte. Doch hatte er stets nur gelauscht und selten gefragt. Ein Lächeln auf seinen hellen Lippen, welches mich förmlich herausforderte. Ich legte das Brot nieder. “Ja…”, meinte ich ruhig, benetzte meine Lippen, ehe ich selbst wieder grinste und ihn offen musterte. Da hockten wir und mir juckten die Finger… “Ja…”, wiederholte ich, legte das Kinn in die Handfläche und behielt meine Beobachtung bei. Mir gefiel dieses Interesse und unser öffentlicher Kontakt, der so anders als vorher war. Und keiner merkte es... “Seine Wunde musste zwar mit vielen Stichen genäht werden, aber gerade in diesen Stunden bewies er eine solche Stärke, so dass ich mir keine Sorgen machen muss.” Mein Blick senkte sich zu seinem Mund… in der Hoffnung seine weißen Zähne hinter den Lippen erblicken zu können. “Zum Sonnenaufgang verließ ich ihn und auch der Heiler selbst wird sein Befinden kontrollieren.” Schwer war die Bemühung den Blick wieder von ihm zu nehmen, als ich mich wieder zu meinem Teller drehte. “Er wird in wenigen Tagen gewiss kräftig genug sein…” Mein Grinsen wurde breiter, während ich mir einen Apfel nahm und mein Messer zückte. “… damit ich mein Versprechen einlösen kann.” Ein kurzes Lachen entwich mir, als ich mir eine Scheibe abschnitt und sie zum Mund führte. “Immerhin muss ihm Gimli noch bestätigen, dass ihm die werten Zwergenfrauen ähnlich …” Ich zuckte mit den Achseln, ehe ich mich etwas seitlich zu Legolas wandte, um den folgenden Satz nicht zu deutlich verlauten zu lassen. “… und die feudalen Erstgeborenen an Schönheit und Wissen nicht zu übertreffen sind.” Flüchtig sah ich ihn dabei an, bevor ich in den Apfel biss und meinen Blick wieder zum Teller führte. “Legenden die in seinen Augen Realität werden.” Ich atmete tief ein und schnitt gedankenverloren ein weiteres Stück vom Apfel. “Er freut sich sehr auf diese Begebenheit.” Und ich leugnete nicht, dass ich es ebenso tat. ~*~ Legolas: Es wunderte mich, dass er ob meiner Frage offene Verblüffung zeigte und es schien, als würden ihm selbst die Worte fehlen… Er hielt kurzzeitig inne in seinem Appetit und es war mir kein Schweres, den Blickkontakt aufrecht zu halten, bis er dann antwortete und sich zu fassen schien. Es war seltsam, mein eigenes Verhalten wirkte auf mich selbst so fremd… das seine hingegen neu. Und trotz alledem war es angenehm, nun hier neben ihm zu sitzen und ich täte nichts lieber, als ihm nun zuzuhören, erneut zu nicken und zu schmunzeln, als er jene Stiche erwähnte. Dieselbe Behandlung, die mir zuteil wurde, als ich in Bruchtal die Einsamkeit suchte und seine wohlige Gesellschaft fand. Er bewies Stärke… und es war ein leichtes unter seinen Händen, die sorgsam und vorsichtig waren. Und neben seinen Worten keine Grausamkeiten mit der Nadel taten. Und gemütlich aß er weiter und berichtete von seiner Überzeugung, ihn bald genesen zu sehen und zeigte die Freunde in Hinsicht auf diesen Moment, wenn jener Junge wieder auf den Beinen stand und dies gekräftigt tat. Und während er einen Apfel bearbeitete, verringerte er die Distanz und ich hielt dem stand, entfloh seiner Nähe nicht und dem leisen Flüstern, welches anscheinend nur für meine Ohren bestimmt war. “… und die feudalen Erstgeborenen an Schönheit und Wissen nicht zu übertreffen sind.” Ich fühlte mich überrumpelt, als er mich sogleich darauf ansah und mein Starren erblickte… und zu nichts anderem wäre in jenem Augenblick imstande gewesen. So war ich ihm dankbar, als er sich wieder aufsetzte und sich den Apfel besah, den er in der Hand wendete. Ein leises Räuspern erleichterte mir das Atmen und meine Aufmerksamkeit mochte mangelhaft sein, als ich den Blick stur geradeaus richtete und die Lippen aufeinander presste, kurzlebig fern der Kontrolle und kaum dazu imstande, ihm mein Gehör zu schenken. Dieser Unterton in seinem Flüstern… die Direktheit verunsicherte mich und ich mochte etwas befangen wirken, während ich auf einen nicht existenten Punkt starrte und still saß. “Legenden die in seinen Augen Realität werden”, murmelte er. “Er freut sich sehr auf diese Begebenheit.” Abermals räusperte ich mich, streifte in überflüssiger Geste eine Strähne hinter mein Ohr und ließ den Blick über meinen Teller schweifen. Doch gelangte er letztendlich nur wieder zu ihm. „Die Genesung mag leichter fallen, wenn die Augen feste Ziele sehen“, sprach ich so meine ersten Gedanken aus und verfolgte, wie Aragorn eine weitere Scheibe vom Apfel schnitt. „Es mag den Jungen ablenken von Schmerzen und Trostlosigkeit, doch wird die Zeit, die ihn erwartet, umso erfreulicher.“ Ich hatte es nicht beabsichtigt, doch bremste ich meine Stimme nach diesem Satz und mein Blick löste sich von Aragorn und näherte sich dem Eingang, durch den stets Menschen nach innen und außen strömten und unter ihnen nun auch ein anderer… dessen Schritte ich aus der Masse heraushörte. ~*~ Aragorn: Es war doch ein wenig merkwürdig anzusehen… von meinem Apfel sah ich auf, während ich das Messer wieder anlegte und bemerkte durchaus, dass Legolas‘ Miene sich ein wenig gewandelt hatte. Es dauerte nicht lange, bis ich zu dem Entschluss kam, dass ich etwas gesagt hatte, was mir nie zuvor über die Lippen gekommen war. Es war meine eigene, wenn auch kurzlebige Versteinerung, zu der ich anschließend nur noch die Stirn runzeln konnte. Hatte ich tatsächlich eben etwas gesagt, was ich mir nur in meinen Träumen gewagt hätte? Es war so einfach gewesen… „Die Genesung mag leichter fallen, wenn die Augen feste Ziele sehen.“ Schnell versuchte Legolas anhand eines weiteren Räusperns zurück zum Gespräch zu gelangen… „Es mag den Jungen ablenken, von Schmerzen und Trostlosigkeit, doch wird die Zeit, die ihn erwartet, umso erfreulicher.“ Und ich hoffte es sehr. Es blieb uns zwischen Übung und Erholung nicht mehr Zeit als es erheblich war, um sich anderen Dingen hinzugeben. Nun… und dies stahl mir ein Schmunzeln… es war mir in letzter Zeit gut gelungen etwas von dieser Freiheit auszunutzen. Mir schien es als endeten die Worte des Elben abrupt, als ich nun die Hälfte des Apfels verzehrte und mich seinem Gesicht widmete. Er hatte sein Augenmerk auf etwas anderes gelenkt und ich folgte ihm mit meiner Aufmerksamkeit zum Eingang des Speiseraums. Männer gingen rücksichtsvoll zur Seite, um einen kleinen Mann den Weg nicht zu versperren. Begierig richtete sich der Blick des Zwergen sogleich auf die reich gedeckten Tafeln, Heiterkeit spiegelte sich in seinem Gesicht wider, als er sogleich zwei Teller griff und sich bediente. Gimli‘s genüssliche Brummen war zu hören, als er sich dem Braten zu wandte und mir entlockte es das Heben einer Braue, als ich schließlich aufstand. „Ich schlage vor, wir machen uns auf den Weg.“ Ruhig sah ich zu Legolas, welcher mir nur stumm zunickte und sich ebenfalls erhob. Schon wandelte sich die Atmosphäre, sobald sich unsere Zweisamkeit aufzulösen schien. Und mir war es zu früh, ihn wieder so zu erleben. Rasch packte ich mir noch einen zweiten Apfel, ehe ich Legolas den Vortritt ließ und ihm folgte. Ich verblieb jedoch in meinem jetzigen Trott, öffnete dem Elben die Tür und verließ nach ihm den Speiseraum. So stahlen wir uns davon und ich empfand es beinahe schon als Schalkhaftigkeit vor dem Zwerg zu fliehen. Aber nicht nur mir lag der gegenwärtige Kontakt mit Gimli fern, denn auch Legolas schien sich wieder etwas zu lockern. Alles war anders in Gegenwart unserer Gefährten, obgleich mir ihre Nähe weiterhin wichtig blieb. Tief atmete ich die klare Luft ein und schaute hinauf zum blauen Himmel, ehe ich mich entschied, welchen Weg wir beschreiten sollten. Die Krieger fanden sich erst langsam zur frühen Mahlzeit ein und ich empfand es als angenehmer, wenn wir uns noch Zeit ließen. Wenn auch ich die Person war, die viel sprach, so mochte ich es lieber, wenn Legolas mein Zuhörer war. Ich ging voran und nickte dem Elben zu, als ich die Stufen hinab ging und mich umorientierte. Noch immer behielt ich Messer und Apfel in der Hand, als ich mir die Menschen beäugte, die uns entgegenkamen. Geruhsam schnitt ich eine weitere Scheibe ab, ehe ich stehen blieb und glaubte Jemanden wieder zu erkennen. Erneut eine Gestalt, die nicht nur ich noch nicht tolerieren wollte. Still hielt ich das Messer mit der Apfelscheibe zu Legolas und grinste, als er diese etwas gedankenverloren annahm. Daraufhin drehte ich mich um und zog den Elben am Arm mit mir. „Komm, wir nehmen einen anderen Weg.“ Verdutzt folgte er mir und ich bog geschwind in eine Seitenstraße ab. „Wollen wir dich lieber noch ein wenig schonen…“ Erklärte ich ihm belächelnd, bevor ich zurück sah und den jungen Bogenschützen in den Speiseraum verschwinden sah. ~*~ Kapitel 28: *~dae~* ------------------- Kapitel 28 ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* ~*dae*~ - Schatten ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* Legolas: Aragorn schien auf dasselbe aufmerksam zu werden wie ich und ich dankte ihm, dass er ebenso an dasselbe dachte und dieselbe Lust verspürte, sich mit dem doch recht anstrengenden Zwerg zu beschäftigen. Es war keine Abweisung in unseren Gedanken, gar in unserem Handeln, als ich Aragorns Vorschlag folgte, nach einem Stück Brot griff und mich erhob. Keine Ablehnung… lediglich der leise Wunsch, einen ruhigen Morgen zu verbringen und dies noch gemeinsam, solange es erdenklich war. Schweigend folgte ich Aragorn aus dem Speisesaal, biss unterdessen vom Brot ab und nannte es Frühstück. Gleichwohl… da ich während Aragorns Anwesenheit zumeist zu sehr Ablenkung fand und nicht einmal mehr zum einfachsten Handeln imstande war. Erst recht an einem solchen Tag… an welchem seine Worte wie Ströme flossen und ich diese Begebenheit genoss. Wir bahnten uns unseren Weg und kurz blickte ich zurück, als wir endlich den Saal hinter uns ließen und auf dem alten hellen Platz standen. Als ich mich anschließend nach vorne wandte, sah ich schon Aragorns Hand vor mir, die mir ein Stück des Apfels reichte und ohne dem geringsten Zögern zu verfallen, ergriff ich es und ließ es mir schmecken. Bislang… war dieser Tag doch recht angenehm. Ich blinzelte, als ein Sonnenstrahl mein Gesicht streifte. Der Apfel schmeckte mir sehr und beinahe fiel er mir hinunter, als mich Aragorns Hand sanft, doch bestimmt, am Arm griff und wir abrupt die Richtung änderten. „Komm, wir nehmen einen anderen Weg.“ Überaus irritiert sah ich zu ihm, sah zurück und so den Grund seiner raschen Entscheidung. Ich schluckte das Apfelstück schwer hinunter, wandte mich nach vorn und räusperte mich leise. „Wollen wir dich lieber noch ein wenig schonen.“ Und ich musste durch seine höfliche Vorraussicht flüchtig lächeln und nahm die Schonung gerne an. Wir spazierten noch ein Stück des Weges Seite an Seite, bis er seinen Apfel und ich mein Brot aufgegessen hatte und ich auf einem kleinen Platz innehielt. Noch immer kauend, rieb ich die Hände aneinander, um sie von den letzten Krümeln zu befreien, fuhr mir auch über den Mund und lenkte den Blick auf Aragorn, der mich erwartungsvoll ansah. Ich bemerkte es kaum, doch sah ich ihn eine zeitlang nur an und tat dies schweigend, bevor ich die Lippen aufeinanderpresste und mich flüchtig umsah. Ich mochte ihn… diesen verdutzten Ausdruck in seinem Gesicht, doch musste ich mich diesmal geschlagen geben. „Heute bin ich es wohl, dem das Wichtigste fehlt“, murmelte ich schulterzuckend und bedachte sein anwesendes Schwert mir einer knappen Kopfbewegung. Es wiederholte sich, doch tauschten wir heute die Rollen. „Ich werde noch einmal fort müssen und du musst nicht auf mich warten.“ Sein Gesicht zeigte einen leisen Trotz und der Einspruch erreichte mich, bevor er ihn aussprach. Ohne Frage hätte ich der bequemen Fortsetzung des Spazierganges auch zugesagt, doch gab es Pflichten und wir hatten sie beide. So hob ich die Augenbrauen, trat einen Schritt zurück und umfasste das Handgelenk auf dem Rücken, während ich mich beinahe schon schwerfällig von ihm trennte und doch ein einsichtiges Nicken seinerseits erkannte. Ich dankte ihm lächelnd dafür, erwiderte auch das Nicken und tat einen weiteren Schritt zurück, bevor ich ihm so endlich den Rücken kehrte und mich auf den Weg machte, um mich selbst auszurüsten… für den Tag und die Anstrengungen, die dieser gewiss mit sich bringen würde. Ich ging eilig und achtete nicht auf die Menschen meiner Umgebung. Ohne mich zu Umwegen hinreissen zu lassen, erreichte ich so mein Ziel, öffnete die Tür meiner Kammer und betrat sie nur, um meine Ausrüstung zu holen. Flink zog ich mir so die robuste Weste über, schlüpfte durch den Gurt des Köchers und überprüfte den Sitz der Säbel mit einem knappen Griff. So nahm ich noch den Bogen mit mir und es war beiweitem keine lange Zeit vergangen, als ich das Tor Minas Tirith’s hinter mir ließ und auf die freie Fläche hinaustrat, auf der sich bereits so manche Menschen eingefunden hatten. Es war derselbe Anblick wie am gestrigen Tag. Frauen hockten vor Töpfen und Krügen mit Wasser, das Klirren der Waffen lag in der Luft und in weiter Ferne ritten Soldaten Patrouille, die Augen in weiter Ferne und aufmerksam überall. Mit Leichtigkeit fand ich meinen Weg durch die Menge und bald schon sah ich die Bögen aufragen und vernahm das Surren der Pfeile, die sich in die Holzstümpfe bohrten. Eifrig setzten einige der Männer die Übungen fort, während andere Unterhaltungen führten, diskutierten oder Bögen unter die Lupe nahmen. „Guten Morgen, Herr“, begrüßte mich ein Schütze, der auf dem Boden hockte und seinen Köcher füllte. Ich nickte ihm flüchtig zu, doch richtete er sich auf. „Herr, Gedior fragte nach Euch.“ Kurz hielt ich inne, versuchte den Namen einzuordnen, doch war mir jener Bogenschütze sogleich eine Hilfe, da er die Hand hob und mir die Richtung wies. So erblickte ich schnell einen Mann von eindrucksvoller Größe, der inmitten einiger Köcher kniete und sich an diesen zu schaffen machte. Als ich ihn erreichte, blickte er sogleich auf, erkannte mich und holte tief Luft. „Der Tag beginnt mit schlechter Kunde“, raunte er und beileibe klang seine Stimme demnach. Ich betrachtete mir die Köcher und er stemmte die Hände in die Hüften. „Die Vorräte an Pfeilen sind mangelhaft. Vor kurzem erst war ich in den Waffenkammern und blickte mich um.“ Entspannt setzte ich das untere Ende meines Bogens auf den Boden und ging in die Knie. Mit finsterer Miene starrte der Mann auf die Pfeile, die er um sich gesammelt hatte, bevor er abermals zu mir sah. „Möglicherweise sind diese Sorgen unangebracht… doch vielleicht auch nicht, sollte uns ein weiterer dieser schweren Kriege bevorstehen. Mit diesen Vorräten sind uns die Bögen keine große Hilfe.“ „Viele Pfeile sind beschädigt“, stimmte ich ihm zu. Es missfiel mir, doch waren dies Tatsachen, die sich schwerlich übersehen ließen. „Eine Reparatur würde beiweitem mehr Umstände machen, als Neue zu fertigen.“ „Doch fehlt den Waffenhanderwerkern Material“, warf er kopfschüttelnd ein. „Viel verbrannte in den Flammen der Feinde. Viele Pfeile zerbrachen oder zerbarsten, wurden nicht aus toten Leibern gezogen.“ Ich presste die Lippen aufeinander, griff nach einem Pfeil und besah mir den dünnen Schaft, den bereits dünne Risse durchzogen. „Herr.“ Er sah mich mit einer undefinierbaren Miene an. „Unsere Mittel sind rar und die Möglichkeiten mehr als begrenzt.“ Und ich hatte es befürchtet… Pfeile waren keine Schwerter… Klingen schärfte man, schliff sie, Hefte wurden neu beschlagen. Pfeile jedoch… waren nicht schnell gefertigt und gingen im Eifer eines Krieges schneller zu Bruch, als es gut war. „Ich kenne die Absichten des Truchsess' nicht“, fuhr er fort und ich bettete den Zeigefinger auf der eisernen Spitze eines Pfeiles, „doch denke ich, mit einem weiteren Kampf ist zu rechnen und man tut nicht schlecht daran, sich zu rüsten… in solchen Zeiten.“ Unter einem stummen Seufzen ließ ich den Pfeil sinken und sah mich um. Wahrhaftig war es unsicher, wie es nun weitergehen sollte. Wir hätten zumindest eine Richtung, hätte man uns bereits in die Grübeleien eingeweiht. Nun rechneten wir mit allem und plagten uns mit Sorgen um das mangelhafte Waffenarsenal und unsere Mittel, die durchaus knapp zu sein schienen. Doch dies alles waren Punkte, die es noch zu besprechen galt. „Wir…“, hob ich an, verstummte jedoch, als ich spürte, wie sich mit jemand näherte. So drehte ich mich um und mochte nicht sehr erfreut erscheinen. Vorhin noch war ich ihm aus dem Weg gegangen. Und nun… war er wieder hier und hatte mich gefunden. Jener Bogenschütze, der viel sprach und wenig tat. Am Ziel seiner Suche und doch… stumm? Er stand wahrhaft nur hinter mir und starrte mich mit irritierenden Anzeichen von Erwartung an. „Ja?“ „Ähm…“, er hob in ziellosen Gestiken die Hände und wies mit einem knappen Nicken zu einigen Bogenschützen, die in eine Diskussion verstrickt, zusammengefunden hatten, „… wollen wir nicht beginnen?“ Ich folgte seinen Zeichen und betrachtete mir die Männer. Bis zu meinem Fleck konnte ich hören, dass ihre Diskussion wichtig und keineswegs kein Bestandteil der Übungen war. Das häufige Surren erreichte mich von der anderen Seite und als ich das Gesicht drehte, da erblickte ich diejenigen, die auch ohne mich einen Anfang fanden und dies nicht einmal sonderlich schlecht. Das Mitdenken brachte einige auf die Idee, Techniken zu verbessern, zu wiederholen, sich gestriges abermals vor Augen zu führen. Nur er… sah mich als einen Anführer, der ich hier nicht war. Skeptisch blickte ich zu ihm zurück und er stand so hilflos dort, wie man es nur sein konnte. „Natürlich…“, murmelte ich nachdenklich, „… beginnen ist ein guter Gedanke. Geh zu diesen und setze ihn in die Tat um.“ Und ich wies mit einer raschen Handgeste zu jenen Eifrigen, bevor ich mich ruhig an meinen Gesprächspartner zurückwandte. Dieser beschäftigte sich nun wieder mit einem der Pfeile und gerne sprach ich weiterhin mit ihm und tat dies lange, ohne auf jenen jungen Mann zu achten, der nach einigen Augenblicken meinem Vorschlag folgte und ging. „Die Holzlager wurden zum Stützen der Türen und Tore geleert“, berichtete der Mann alsbald und ein weiterer hatte neben mir Platz genommen, schweigend einen Köcher zwischen den Händen drehend und unserer Unterhaltung still beiwohnend. „Die Trümmer der Schleudern sind bestenfalls noch Brennholz.“ „Mm“, meldete sich da mein Nebenmann leise brummend zu Wort. „Der Gestank der dunklen Kreaturen war so beißend, dass wir sie verbrannten, bevor er zur Stadt hinziehen konnte. Niemand wollte oder fand noch die Kraft, das Feld abzugehen, um zu sammeln.“ „Was man niemandem vorwerfen kann.“ Ich streckte den Arm nach einem Köcher und mein Gegenüber warf fluchend einen Bogen fort. „Es blieb zuwenig Zeit für das eine, für das andere wurde zuviel benötigt. Wir bedürfen einer weitaus besseren Lösung. In erstem Fall werde ich mich erkundigen. Wir brauchen einen Punkt, nach dem wir uns richten.“ „Dies wäre beileibe ein Anfang.“ Mein Nebenmann hob die Hand und ich kam nach einem flüchtigen Blick nach allen Seiten auf die Beine. „Ich tue mein Bestes.“ Mit diesen Worten hob ich knapp den Bogen und machte mich auf den Weg zu den anderen, die mein Wort augenscheinlich nicht brauchten, um sich zu schulen. „… so bleibt keine Zeit mehr, einen Pfeil zu ziehen und…“, vernahm ich die Stimme eines Mannes, als ich an einer Gruppe vorbeizog. „Das Material ist das Entscheidende“, antwortete ein Anderer. „Ein Bogen…“ Wortfetzen erreichten mich und nach wenigen weiteren Schritten erreichte mich ein Mann, der aufgeregt und schnell atmete. „Herr?“, keuchte er, als er stehen blieb und ich ihn ruhig musterte, „… kann ich Eure Zeit kurz beanspruchen?“ Oft hörte ich diese Bitte an jenem Tag. Viele wandten sich an mich, viel erklärte ich und eine große Unterstützung waren mir andere, mit denen die Zusammenarbeit glückte, als wären wir eingespielt und schon seit langem miteinander vertraut. Gerne beantwortete ich Fragen, ließ mich selbst belehren und, ich bemerkte es kaum, stand lange Zeit in einer Menge, um an einer Debatte teilzunehmen. Viele Worte kamen über meine Lippen… wenig sprach ich, wenn es unnötig war. Doch heute tat ich es pausenlos. Es war nicht weniger kraftraubend als am vorherigen Tag, doch verging die Zeit rasch und die Sonne stieg über uns. Mir blieb kaum eine Gelegenheit, mein Augenmerk auf etwas anderes zu lenken, als auf meine Mitstreiter, die Bögen selbst und die Pfeile. Ich tauchte ein in das Getümmel und doch verlief all das, was wie ein großes Durcheinander wirken mochte, geregelt und friedlich. „Einen Hirsch…“, der Mann hob den Arm und wies nach oben, wodurch ich mich drehte und seiner Geste mit den Augen folgte, „… wohl zwanzig Fuß in der Höhe auf einem Hügel.“ „Im waldigen Gebiet?“, erkundigte ich mich ruhig und der Mann schüttelte den Kopf. „Es muss wohl in den Bergen gewesen sein. Mit nur einem Schuß…“, der Mann verstummte, blickte an mir vorbei und schüttelte in leiser Verzweiflung den Kopf. Und dies mit Grund, als ich jenen jungen Mann erblickte, der sich an einem der Holzleisten zu schaffen machte und dies äußerst ungeschickt. „Entschuldigt mich“, bat er und ich tat es gern. Auf jeden Fall lieber, als mich selbst der Sache anzunehmen. So zog er an mir vorbei und es gelangen mir keine fünf Schritte, bis eine helle Stimme meinen Namen rief und somit eine Besonderheit darstellte. Ich sah um mich und trotz ihrer geringen Größe fielen mir sogleich die beiden Hobbits auf, die sich durch die Menge schlängelten. „Endlich haben wir dich gefunden“, ächzte Pippin und fuhr sich mit dem Ärmel über die Stirn. „Wie schwer es ist, diese Ebene zu durchlaufen, wenn sich überall Menschen tummeln.“ „Übersehen und gestoßen wird man“, fügte Merry in annähernder Mürrischkeit hinzu und straffte die Schultern, während er sich abermals und unzufrieden umblickte. Er trug einen kleinen Tonkrug bei sich, den er nun sinken ließ. „Dabei arbeiten wir nicht weniger schwer.“ Ich hob die Augenbrauen, zwar interessiert an ihrer Erzählung, doch noch mehr an dem Grund, weshalb sie mich gesucht hatten. „Wer außerhalb der Stadt ist, bekommt nichts von dem Trubel mit, der in ihr herrscht.“ Pippin verschränkte die Arme vor Bauch und ich sah mich flüchtig um. „Soeben halfen wir, einen Brunnen von Schutt und Geröll zu befreien. Wasser ist rar im untersten Ring und die Frauen sind des Tragens der schweren Krüge müde.“ Und das verstand ich auch… doch bei dem Gedanke, dass man mich woanders brauchte, juckten meine Finger. So nickte ich und Merry blähte die Wangen auf. „Diese Aufgabe bewältigten wir jedenfalls erfolgreich.“ Pippins Ellbogen traf unauffällig Merrys Seite und dieser reichte mir den Krug. „Und so dachten wir daran, dir einen erfrischenden Schluck zu bringen“, sagte er auch schnell. „Sicher benötigst du ihn in dieser Hitze.“ Und ich war wahrhaft über dieses Entgegenkommen erstaunt, besah mir den Krug zögernd und nahm ihn kurz darauf entgegen. „Das ist sehr freundlich“, bedankte ich mich und Pippin lächelte, während sich Merry bereits zur Seite drehte und sich die vielen Menschen betrachtete, die uns umgaben. Das Wasser tat mir wirklich gut… ich spürte die kühle Frische in meinem Hals, als ich den kleinen Krug an die Lippen setzte und einen Schluck nahm. Bei diesem Schluck blieb es auch und Pippin bearbeitete die Unterlippe mit den Zähnen. „Dies sind die letzten Bogenschützen, die überlebten?“, hauchte er ungläubig und ich nahm an seiner Beobachtung teil. Es stimmte… wenn man es recht bedachte, war es der kleinste erdenkliche Teil der einstmaligen Kriegsmacht Gondors. Ich schwieg zu seinen Worten und Merry stützte die Hände in die Hüften. „Ich denke, wir sollten…“ „Lasst mich durch!“, unterbrach ihn eine raue Stimme und allesamt drehten wir uns um. In dumpfen Schritten kämpfte sich der Zwerg durch die Menge und viele rempelte er in seiner Eile an. „Lasst mich durch!“ Ich ließ den Krug sinken und erblickte einen selben in der kräftigen Hand des Zwergen. Also waren sie zuvor bei ihm gewesen, um ihm dieselbe Freude zu machen. „Da seid ihr ja!“ Als er uns erblickte, hob er den Krug und Pippin schnappte nach Luft. „Sag bloß, dein Krug ist bereits leer?“ „War denn je etwas in ihm?“, schnaufend blieb Gimli neben uns stehen und ich starrte auf meinen Krug. „Mit einem Schluck war er leer… und dennoch bleibt es eine freundliche Geste!“ Stirnrunzelnd nahm Pippin den Krug an sich und Gimli rieb sich den Bart. „Die Sonne steht bereits hoch am Himmel“, bemerkte er. „Das Mittagessen dürfte bald stattfinden.“ Merry und Pippin machten große Augen, ich jedoch… mir war es vollkommen entfallen, geschweigedenn, hatte ich daran gedacht. Tief holte ich Luft und blickte über die Reihen der Männer, die sich vor den Holzpflöcken postierten. Ebenso streifte mein Blick jenen jungen Mann, der ihn erwiderte und sich zu meinem Glück dann doch abwandte. Die Gruppe meiner Besucher wuchs und mir schien nicht viel Zeit zu bleiben. Das Mittagessen kam mir ungelegen, da ich das Gefühl hatte, den Vormittag nicht richtig genutzt zu haben. ~*~ Aragorn: Natürlich war das Gespräch nun verebbt und es schien mir auch so, als gäbe es nichts weiteres von meiner Seite aus zu berichten. Legolas war durch die Erscheinung Gimlis in eine nahe Festigkeit gelangt, die aus ihn wieder den kontrollierten Elben machte. Obgleich ich doch das Gefühl hatte, dass er mehr aus sich herausgekommen war, als die Tage… nein, Monate zuvor. Hatte es an jener Nacht gelegen? In dieser besinnlichen Erinnerung schwelgend, konzentrierte ich mich nur noch oberflächlich auf mein Obst in den Händen… und schnitt mir beinahe selbst in den Finger. Und was sinnierte er? Einzig an seinem Brot machte er sich zu schaffen… und dies war zumeist das Einzige, was er aß. Im Grunde stimmte es mich nicht froh. Ach, wie abstrus war es nur immer wieder. Riet er mir die gute Ernährung, vernachlässigte er abermals die Eigene. Ruhig rieb er die Hände aneinander und kaute, während ich ebenfalls das letzte Stück meines Apfels zu mir nahm und dennoch nicht den Blick von dem Blonden ließ. Woran dachte er ? Im selbigen Moment noch, lenkte er auch schon seinen Blick auf mich... Und dennoch verblieb er stumm. Stutzig hob ich eine Braue, wartete ab und suchte unterdessen nach meinem zweiten Apfel. Einerseits fand ich immer wieder Gefallen daran, abzuwägen, woran er dachte, wenn er mich ansah. Zu hoffen, wenn er dann sprach, gewusst zu haben, was in ihm vorging. Doch andererseits war es angenehmer es vornherein von ihm zu erfahren. Was sah er? „Heute bin ich es wohl, dem das Wichtigste fehlt.“ Und er zuckte mit den Schultern, während ich beide Brauen erhoben und letzten Endes stehen blieb. Sein Augenmerk senkte sich und ich sah zu meinem Schwert, ehe ich begriff, weshalb er dies sagte. „Ich werde noch einmal fort müssen und du musst nicht auf mich warten.“ Mir war unklar, wie er es am gestrigen Tage bei mir empfunden hatte, doch gefiel mir der Ausgang unseres flüchtigen Spazierganges keineswegs. Gern hätte ich noch länger in seiner Nähe verweilt. Er ging einen Schritt zurück und dennoch glaubte ich, er entzog sich meinem stillen Widerspruch nur allzu ungern. Es war beruhigend… Ich hätte ihn begleiten können, jedoch trennten wir uns eh für die Übungen und wenn es nun mal nicht jetzt geschehen wäre, dann in einem anderen Moment. So konnte ich ihm schließlich nur noch zunicken und erntete wenigstens ein Lächeln seinerseits. Sollte es mir vorerst Belohnung genug sein und so beobachtete ich, wie er sich langsam umwandte und ging. Ich sah ihm nach, stemmte einen Arm in die Hüfte und schüttelte den Kopf. Kam mir doch diese Szenerie bekannt vor, wenn auch in einer anderen Konstellation. Letzten Endes blieb mir kein anderer Ausweg, als seinen Rücken zu betrachten, ehe er aus meinem Blickfeld wich. Also ging ich allein die Straßen entlang, ging aufmerksam den Frauen mit ihren Krügen aus dem Weg und gelangte zu dem untersten Ring. Rar war die Anzahl der Männer, die sich bereits außerhalb der Stadt einfanden, während ich an ihnen vorbei schritt und zum Hügel gelangte. Auch meine Männer waren noch wenige an der Zahl, doch schienen sie bereits in einem intensiven Gespräch vertieft, so dass nur eine flüchtige Handgeste folgte. Genügsam erwiderte ich die Begrüßung, bevor ich mich auf den Boden setzte und endlich den Apfel aus der Tasche zog. Ich sah zu, wie sich die Männer einfanden, sich warm machten und zueinander fanden, während ich weiterhin aß und es unbeteiligt beobachtete. Man begann selbstständig, sie zogen ihre Schwerter und die Vorbereitung waren getan, ohne dass ich mich regte. Gemächlich fand ich nach einiger Zeit wieder auf die Beine, durchschritt die Reihen und nicht viele gab es, die meinen Rat benötigten. In der Zeit meiner äußeren Kontrolle, überdachte ich den gestrigen Tag, an dem sie dem Schauspiel gefolgt waren. Als sie sahen, wie man kämpfte, ohne kraftvoller Überheblichkeit… und unkontrollierter Anmaßung. Bedenklich war die Einsicht, dass einige sich wie dieser Junge fühlten und andere krampfhaft bemüht waren, es Legolas gleichzutun. Wie viel zeit war uns eigentlich gegeben? Und was war das eigentliche Ziel dieser Bemühungen? Ein Krieg… Im ruhigen Gleichschritt verblieb ich, ehe ich den Jungen erblickte, der mir zu Anbeginn des letzten Tages viele Nerven geraubt hatte. Ich erkannte seine zuckende Miene, als er mit einem anderen sprach. Lautlos seufzend bewegte ich mich auf ihn zu, der Ahnung gewiss, dass es in seiner Nähe Kontroverse auszutragen gab. Und recht behielt ich, als sich sein Gesprächspartner abwandte und sich geradewegs auf mich zu bewegte. Auch er wirkte nicht erfreut, gar Überforderung erkannte ich in seinem Gesicht, als ich ihn zum Stehen brachte. „Herr“, meinte er grimmig, ließ sein Schwert in die Schwertscheide wandern und nickte zu dem Jungen. „Der Bursche ist stur und weist mich ab. Seine Halsstarrigkeit ist nach wie vor ungebrochen.“ Kurz senkte ich den Blick und seufzte lautlos. „Es ist unmöglich mit ihm zu trainieren!“ Schnaubend bäumte er sich auf und atmete tief durch. Unterdessen konnte ich mir nur mit der Hand übers Gesicht fahren und dem Mann die Hand auf die Schulter legen. „Ich kümmere mich darum.“ Und damit setzte er auch schon seinen Weg fort. Leise waren Flüche zu hören, als ich mich von dem einen entfernte und zu dem anderen gelangte. Schwer schlug das Schwert in eine kräftige Holzscharte ein und hinterließ einen tiefen Schnitt, nachdem die Klinge aus ihm gezogen wurde. Es war noch immer diese tiefe Wut.. „Was wollt Ihr?“, fragte er mich sogleich, als er mich bemerkte und dennoch nicht aufsah. Er schwang das Schwert in der Hand und ließ es in einer fließenden Bewegung in der Scheide verschwinden. Als wäre ich nicht wirklich anwesend, sah er in die Ferne, spreizte die Beine etwas und zog das Schwert abermals, ehe er die Luft spaltete. Teilnahmslos verfolgte ich seine Bewegungen. Etwas kontrollierter als am gestrigen Tage wirkten sie. „Wieso kämpfst du allein?“, stellte ich die Gegenfrage und stellte mich vor allen Dingen vor ihn, so dass er mir alsbald in die Augen schauen musste. Er stöhnte abgehetzt und ließ das Schwert endlich sinken. „Sie glauben, sie stehen über mir“, erwiderte er trotzig und ich runzelte die Stirn. „Sie glauben, sie können mich einschätzen, nachdem ich verlor!“ Ich räusperte mich leise, presste die Lippen aufeinander und sah mich um. „Und? Können sie es?“ Dabei fühlte ich mich nicht einmal einen Augenblick schuldig. „Natürlich nicht!“ Und der Junge ließ sich zu Boden fallen und beließ auch den Blick auf diesem. Es entstand eine herrische Stille zwischen uns und ich nutzte sie, um den Himmel zu betrachten. Wenige Wolken taten sich vor der Sonne auf und der Wind spendete etwas frische Luft. Doch irrte ich mich oder befanden wir uns bereits in den Mittagsstunden? „Wieso habt Ihr mich gegen diesen Elben kämpfen lassen?“ Warum fragte er? Ich hockte mich zu ihm und machte die Beine lang. „Du hast sein Volk beleidigt.“ Er sah mich an. „Du darfst keine Vorurteile gegen Jene haben, die mehr Kämpfe bestritten haben und die du nicht einzuschätzen vermagst. So etwas rächt sich.“ Und dennoch war es auch meine eigene Boshaftigkeit gewesen, die zu diesem Spektakel führte. Warum? Weil Übermut vor dem Fall kam. „Weshalb aber lasst Ihr einen Elb kämpfen, wenn Ihr es seid, der sich angegriffen fühlt? Warum habt Ihr nicht gegen mich gekämpft?“ Sein Umschwung war bemerkenswert, als er sich etwas vorlehnte und ein Anzeichen eines Grinsens zeigte. „Ich gehe davon aus, dass er ein außergewöhnlicher Kämpfer und damit stärker ist, als Ihr. Habe ich Recht?“ Er winkelte die Beine an und stemmte die Ellenbogen auf diese, als er auf seine Antwort wartete. Erst verblieb ich völlig stumm… und dann sah ich ihn wieder an und erwiderte das Grinsen gefolgt von einem leichten Lachen. Es blieb mir nichts anderes übrig, als den Kopf zu schütteln. „Du hast Recht. Er ist ein außergewöhnlicher Kämpfer. Ich kann dir jedoch nicht sagen, welcher der Stärkere ist.“ Dies war immerhin eine Frage, die niemals zuvor mein Interesse erreichte. Ich schmunzelte immer noch, als der Bursche schon das Gesicht verzog und anscheinend nicht begriff, weshalb ich lachte. „Ihr wisst es nicht?? Ist es Euch egal, ob er Euch besiegen könnte? Ein Krieger übt sich in seiner Fertigkeit, um der Beste zu werden! Erst in einem Kampf gegen den Besten, weiß man woran man ist, um selbst der Stärkste zu werden!“ Obgleich es schien, als hätte ich den Jungen abermals in Rage gebracht… obgleich ich wusste, dass er mich anscheinend noch immer nicht als den Krieger sah, der ich in seinen Augen sein sollte, behielt ich mein Grinsen bei und erhob mich. „Du irrst dich.“ Ich befeuchtete meine Lippen und klopfte etwas Staub von der Kleidung. Der Junge hatte nichts begriffen und ich sah bereits, wie sich die Männer zur Stärkung aufmachten. Ich schaute ihn an und bemühte mich, nicht in irgend einer Art und Weise herablassend zu wirken. Obwohl er es wohl abermals nicht anders verdient hätte. „Du hast als Soldat… als Krieger deines Landes die Pflicht, das Volk zu schützen. Deine Gefährten… die Seite an Seite mit dir kämpfen, sind deine Stütze. Nicht deine Rivalen. Es sollte dir nicht darum gehen, als Sieger hervorzugehen, sondern die Kraft zu besitzen, die zu schützen und zu verteidigen, die du liebst.“ Ich fuhr mir über die Lippen, sah zu den Mauern Minas Tirith und kehrte wieder zurück zu meiner alten Ernsthaftigkeit. „Wenn du das nicht begreifst, hast du hier nichts mehr zu suchen.“ Und damit ging ich. Wenn ich es ehrlich zugab, fehlte mir nun die Ausdauer mich weiter mit ihm zu beschäftigen. Auch in Zukunft. Ein Glied, welches aus der Kette sprang, konnte man nur wieder einarbeiten… oder auslassen. Bedächtig folgte ich den Männern, betrat die gefüllte Stadt und machte mich sogleich auf den Weg in den Speisesaal. Ich verspürte weder Hunger noch Durst, doch wusste ich, wen ich dort anzutreffen gedachte. Ich hatte ihn nicht mehr auf dem Feld gesehen und so betrat ich den Raum und schaute mich um. Gimli hatte sich längst am Tisch eingefunden, biss genüsslich in den Braten und wieder einmal schallte seine Stimme durch den gesamten Raum. Dessen ungeachtet wurde ich nicht fündig von einem weiteren Gefährten. Also griff ich nach einem Teller und tat mich spärlich daran, diesen auch zu füllen. Suchend griff ich nach einem Krug und als der Elb noch immer nicht auftauchte, setzte ich mich schweigsam zu den Soldaten. Waren die Bogenschützen doch bereits am Tisch zu finden, wunderte es mich doch sehr, dass es Legolas bis dato noch nicht war. ~*~ Legolas: Während ich so noch grübelte und zur Sonne aufblickte, fassten meine drei Besucher wohl einen Entschluss und ich unterbrach mein Denken, als man liebevoll an meinem Arm rüttelte. Gimli starrte mich von unten her an und die Hobbits tuschelten miteinander. „Sich noch einmal in die Geübtheiten zu vertiefen, hätte keinen Sinn.“ Und wahrlich… nichts hatte Sinn für den Zwergen, wenn das Essen rief. „Komm, wir wollen gehen und uns den Bauch füllen!“ Woraufhin er lachte, die Hände hob und sich zu den Hobbits wandte, wohl fest damit rechnend, dass ich es ihm gleichtun und mitkommen würde. Doch stand mir nicht der Sinn nach dem Essen und mein Magen war durch das Brot vollends zufrieden. „Ich werde später essen“, sagte ich also und meinte es nicht einmal so. Das Abendessen würde mir vollends genügen und ich fühlte mich angeregt, die kurze Pause sinnvoll zu nutzen. Der Zwerg reagierte unzufrieden, doch war er diesen Wesenzug und meinen geringen Hunger bereits gewohnt. Also vernahm ich nur ein leises Brummen und Merry und Pippin zuckten mit den Schultern. „Dann sehen wir uns zu einem späteren Zeitpunkt“, verabschiedete sich Pippin und hob flüchtig die Hand, während Merry grinste und gemeinsam setzte sich die kleine Gruppe in Bewegung und ich sah ihr nach. Ja, was würde ich tun, da sich die Bogenschützen auch schon aufmachten, dasselbe Ziel zu erreichen wie der Zwerg und ich bald alleine hierstehen würde. Ich setzte den Bogen auf den Bogen, bettete die Hand auf der oberen Spitze und schöpfte tiefen Atem. Die Problematik der fehlenden Waffen schien mich noch immer zu beschäftigen. Sie kam mir in den Sinn und ich blickte zu den Schützen, die ihre Bögen ablegten oder zurücksteckten, während sie losgingen. Und den Haufen, auf dem sie die Bögen gesammelt hatten. Allmählich leerte sich der Platz, die Mengen wurde lichter, Gruppen strömten zur Stadt zurück und ich zog die entgegengesetzte Richtung, näherte mich jener Ansammlung, ging in die Knie und griff nach einem der Bögen. Die Waffenkammern, sagte jener Mann. Sie sollten keinen anderen Anblick bieten, als die Waffen, die ich hier vor mir sah. Ich würde die Gelegenheit ergreifen und mich selbst davon überzeugen. Dennoch nahm ich mir noch Zeit, mir die Waffen weiterhin zu betrachten, Pfeile zu betasten und mir deren Holz zu beschauen. Und erst, als der Platz um mich annähernd leer war und sich nur in der Ferne noch Gruppen aufhielten, kam ich auf die Beine, schob den Bogen in die Schlinge neben dem Köcher und machte mich auf den Weg zur Stadt. Ich ging bequem und langsam, wusste, dass man mich nicht hetzte und dass es kein Greuel wäre, verspätet zurückzukehren. Gemächlich ging ich so über die weite Fläche, rieb die Hände aneinander und befreite sie vom letzten Schmutz des trocknen Bodens. Überall verteilt lagen Krüge und Waffen, Schwerter, Schilde, gar kleine Feuerstellen waren hie und da zu sehen. Einige Frauen bereiteten hier Suppen zu, Essen, das leicht war und für den kleinen Hunger genügte. Viele Männer waren zurückgeblieben, saßen mit Krügen zusammen, während Frauen umhergingen und an manchen Stellen gar noch gefochten und geübt wurde. In weiter Ferne führten drei Stallburschen einige Pferde an den Zügeln, die Turmwachen lehnten an den Wehrmauern und blickten wachsam auf uns herab. Bald hatte ich das Tor erreicht. Die Reparaturen an diesem waren schnell vorangeschritten und schon jetzt konnte man feste hölzerne Befestigungen sehen, die den eindrucksvollen Flügeln Halt haben und resistenter werden ließen. Fleißig machten sich noch immer Männer daran zu schaffen und das dumpfe Pochen der Hämmer erfüllte die Luft. So drang ich in das Getümmel ein, bahnte mir einen langsamen Weg und wandte mich an den ersten Soldaten, der mir begegnete. „Verzeiht“, sprach ich ihn an und er hielt inne, obgleich er sehr beschäftigt wirkte und es soeben nich eilig hatte. Er blieb stehen und sah mich erwartungsvoll an. „Ich suche die Waffenkammern dieser Stadt.“ Er schien kurz zu zögern. Es fiel mir auf, wie er mich von Kopf bis Fuß beschaute und daraufhin hob er die Hand und rieb sich das Kinn, sich letztendlich jedoch dafür entschließend, mir weiterzuhelfen. „Sie befindet sich im dritten Ring, in westlicher Richtung. Ein großer kahler Platz befindet sich dort, an welchem sie durch einen hohen Arkadenbogen aknüpft.“ Somit nickte er mir bereits zu und ich erwiderte es rasch, bevor wir uns trennten und unseren Wegen folgten. Viel hatte ich während nächtlicher Spaziergänge erforscht, doch wirkte dieser Ort, der Beschreibeung nach, fremd auf mich und ich folgte den Beschreibungen so gut und genau ich es vermochte. Den dritten Ring erreichte ich bald und wählte eine breite Straße, die zum westlichen Teil der Stadt führte und mich hoffentlich zur Waffenkammer. Aufmerksam blickte ich um mich, sah zu hohen Gebäuden auf und in Krater, die Geschosse des Feindes in so manches Gebäude gesprengt hatten. Ich zog an einem halbwegs erhaltenen Haus vorbei und drehte mich zurück, als ich einen dumpfen Laut vernahm. Eine poröse Mauer war in sich zusammengestürzt und in nicht weiter Ferne stieg heller Staub auf. Es würde wohl noch lange dauern, bis diese Stadt wieder als die zu erkennen war, die sie darstellen sollte. Ich konnte noch nicht lange unterwegs sein, da betrat ich auch schon einen Platz, der der Beschreibung ähnelte und wahrhaftig als „kahl“ zu bezeichnen war. Hohe Wände ohne jegliche Verzierungen umschlossen ihn, wenige Türen um mich herum und kaltes Gestein zu meinen Füßen. Jedoch der hohe Bogen, der eine recht große und stabile Tür hinter sich verbarg. Ich zögerte nicht, bevor ich auf sie zuging und sie als geöffnet vorfand. Nur die schwere Klinke, die ich hinabdrückte, bevor ich die größte der Waffenkammern betreten konnte. Auf den ersten Blick wirkte sie recht unüberschaubar, die Regale und Halterungen an den Wänden waren nur spärlich gefüllt und in heillosem Durcheinander lagen wenige Waffen auf einem Tisch, der sich in der Mitte der Kammer befand und dort etwas verloren wirkte. Die Seiten der Waffenkammer waren mit hohen massiven Regalen bestückt, zwischen denen man hindurchgehen und sich umschauen konnte. Überall von dem Tisch gingen also kleine Pfade ab, doch blieb in der Mitte stehen, blickte auf den Tisch und hob die Hand, um meinen Bogen hervorzuziehen und ihn zu meiner Seite an den Tisch zu lehnen. Vorsichtig tat ich es also, rückte an dem Gurt meines Köchers und begann die rostigen alten Schwerter zur Seite zu schieben, um mir den Blick auf die Bögen und Pfeile zu erlauben. In einem hohen Korb, gar nicht weit entfernt, erblickte ich weitere dieser Art und ich holte sie alle zu mir, begann sie zu untersuchen und musste jenem Mann, der Zweifel akündigte, mit jedem Griff, mit jedem Blick, mehr Recht geben. All die Waffen… waren beileibe in keinem guten Zustand. ~*~ Aragorn: Als ich dort saß und ohne Hunger nach den Früchten auf meinem Teller griff, sah ich mich annähernd jede Minute um. Missmutig kauend stellte ich schon nach wenigen Augenblicken fest, dass Legolas wohl nicht der Masse gefolgt war. Es lag mir wohl im Gefühl, dass er auch nicht mehr eintreffen würde, da er dies zumeist nur getan hatte, um sich augenscheinlich an meinem Hunger zu erfreuen. Oft genug hatte ich ja bewiesen, dass diese Kontrolle eine Wohltat für mich war… Und leider war dann das Ausbleiben des Elben wie das Desinteresse des Essens. Mir fehlte die Stimmung mich allein zu beschäftigen. Also erhob ich mich und machte mich daran, wieder einmal von vorn zu beginnen. Mein Gott, seit dem gestrigen Tage tat ich nichts anderes, als ihn zu suchen. Dabei wäre es so einfach, wenn er wüsste, dass mir seine Nähe nun einmal das Heiligste geworden war. Ich trug den Teller zurück und verließ sogleich den Speiseraum, ehe ich abrupt stehen blieb. Wie zu Beginn des Tages entdeckte ich einen jungen Spund, der mir vielleicht dieses Mal von Nutzen sein konnte und so stellte ich mich ihm rasch in den Weg. “Verzeiht…” Er schaute verdutzt und rückte perplex seinen Köcher zurecht, der ihm beinah von der Schulter gerutscht war. “Wisst Ihr, wo sich Legolas befindet?” Seine Miene erhellte sich sofort und ich bemühte mich ein ruhiges Lächeln aufzubringen. “Natürlich, Herr.” Und ich dachte mir, dass mir dieser Mensch auf irgend eine Art nicht gefiel. Er strahlte etwas aus, dass keine Sympathie erweckte. Ich war mir nur noch nicht im Klaren, was es war. Er richtete seinen Zeigefinger auf eine Seitenstraße. “Folgt der Straße in den dritten Ring. Es schien, als wolle er zur Waffenkammer.” Ich nickte, wandte den Blick ab und hoffte, dass sich der Bursche nicht irrte. “Habt Dank.” Und damit ging ich bereits los. “Soll ich Euch begleiten, Herr?” Ich blieb stehen und drehte mich zu dem Jungen, ehe ich den Kopf schüttelte. “Nein, danke.” “Seid Ihr Euch sicher?”, hakte er weiter nach und kam bereits einige Schritte hinter mir her. Mir entglitt ein leises Räuspern. “Ja, ich kenne den Weg.” Noch einmal nickte ich in mich hinein und hielt das Gespräch für beendet. “Aber…” Es war für mich auf jeden Fall beendet und ich rief ihm nur nochmals ein “Danke” zu, ehe ich der Seitenstraße behände folgte und die Stufen bestieg. Nun konnte ich mir wahrhaftig vorstellen, weshalb selbst Legolas ihm aus dem Wege ging. Seine Geduld war bemerkenswert… Nicht viele Menschen hielten sich im dritten Ring auf, als ich diesen betrat und einer weiteren Straße folgte. Vage erinnerte ich mich an diesen Ort, hatte ich ihn zuletzt vor einigen Jahren einmal betreten. Oder irrte ich mich? Karg bäumten sich die grauen Wände zu meinen Seiten auf und es wirkte fast gespenstisch, wenn man diesen Teil der Stadt mit den Lebhaften verglich. Abgebröckeltes Gestein zu meinen Füßen, heller Sand tobte im schwachen Wind, als sei hier eben erst etwas zusammengestürzt. Nahezu jedes Gebäude wirkte, als würde es alsbald in sich zusammenfallen. Doch die solide Tür zu meiner rechten machte einen ganz anderen Eindruck und ich horchte auf, als mir leise Geräusche entgegenkamen. Dies war wohl der Raum der Waffen und ich öffnete die Tür vorsichtig, um hinein zu spähen. Da stand er. Den Rücken der zugedreht, wendete er sich augenscheinlich einigen Pfeilen zu und ich trat vorsichtig ein. Streitäxte und Beile an den Wänden, Speere auf Platten gestapelt, Schwerter und weitere Bögen in den Regalen. Und inmitten des Chaos war der Elb völlig konzentriert in seine Arbeit vertieft. Gemächlich trat ich hinter ihn, hob die Arme, fuhr mit den Händen seine Seiten entlang und legte sie mit aller Zärtlichkeit um seinen Bauch. Er erschrak nicht, so ging ich davon aus, dass er mich längst bemerkte. Mit zurückkehrender Heiterkeit legte ich das Kinn auf seine Schulter und schloss die Augen. Ich seufzte leise und festigte den Griff, um mich vollends an ihn zu schmiegen. Tief atmete ich den angenehmen Geruch seines Haares ein, als ich das Gesicht zur Seite legte und begann ein wenig zu schunkeln. “Ich habe dich vermisst.” ~*~ Legolas: Ich konnte es nicht leugnen, es nahm schon eine gewisse Zeit in Anspruch, bis ich einen Überblick gewann und oftmals löste ich mich vom Tisch, um mich umzuschauen. Bestimmt befanden sich die Vielzahl an Bögen und Pfeilen soeben auf dem Feld vor der Stadt und in ständiger Benutzung, doch legte ich auch Wert auf die Lagerbestände und diese weckten eine leichte Unzufriedenheit. Ich schöpfte tiefen Atem, legte einen Pfeil beiseite und stützte mich auf den Tisch, um nachdenklich auf das zu blicken, was den Krieg bislang überlebte. Und ich betastete soeben die Sehne eines Bogens, als ich Schritte vernahm und wie zum Beweis meiner Hellhörigkeit, die Tür der Waffenkammer, die sich kurz daraufhin öffnete. Ich senkte die Lider, kurz hielt meine Hand an der Sehne inne und als die Tür geschlossen wurde… was soll ich sagen… wusste ich, wer mich einmal wieder gefunden hatte. Dabei hatte ich ihn bein Essen erwartet und gewiss nicht auf der erneuten Suche nach mir. Ich schöpfte tiefen Atem, richtete mein Augenmerk wieder auf jenen Bogen und schob unterdessen ein Bündel zusammengebundener Pfeile von mir. Und die Schritte näherten sich… ohne Begrüßung, ohne einen lauten Ruf, der mich erschrecken ließ und augenscheinlich zu Aragorns neugewonnenen und durchaus dubiosen Angewohnheiten gehörte? Ich rang um Konzentration, wollte nach jenem Bogen greifen, doch hielt in jeglichen Bewegungen inne, als ich Berührungen an meinen Seiten spürte. Erstarrt behielt ich den Blick auf den Bogen gerichtet, nur meine Augen senkten sich und die Berührungen nahmen an Intensität zu, bis ich deutlich seine Hände spürte, die sich gemächlich zu meinem Bauch schoben und dort einander trafen. Er bettete sie übereinander und während ich ihnen einen raschen, und durchaus perplexen Blick schickte, legte sich Druck auf meinen Rücken und ich spürte seine Nähe mit einem Nachdruck, dem ich nicht gewachsen war. Ich löste die Augen von seinen Händen, räusperte mich still und zwang meine Hand, nach dem Bogen zu greifen. Sie tat es, wenn auch stockend. Was tat er nur…? Ich konnte nicht von mir behaupten, ein unangenehmes Gefühl zu spüren… Nur seinen Atem… als er das Gesicht zu meinem Hals senkte, Seine Nase… die mein Haar durchstreifte und sein warmer Hauch, der meine Haut kitzelte. Meine Lider zuckten, bevor sie sich flüchtig senkten. Zögernd ergriff ich den Bogen, presste ihn in der Hand und hielt ihn doch nur erhoben. Ohne Verstand und Sinn… ich hielt ihn lediglich und zwang mich, die Augen zu öffnen, um mich nicht als den Narren darzubieten, der ich in den Augenblick… und dies einmal mehr, war. Er überfiel mich mit einer Vertrautheit, die für mich, der sie einzig und alleine in der Nacht erlebte, etwas Unheimliches… etwas Fremdes. Eine Fremde, mit der ich mich nicht unvorbereitet befassen konnte… und mich dem nun wahrlich ausgeliefert sah. Mein Körper enzog mich der Kontrolle, stumm wandte ich das Gesicht in die andere Richtung, um unbemerkt die Lippen aufeinanderzupressen und tief Atem zu schöpfen. So erzwang ich mir alte verlorene Fassung auf, senkte das Gesicht und starrte mit einer Konzentration auf den Bogen, die beinahe schon peinlich und wohl restlos überzogen erscheinen musste. Ich fühlte die Wärme seiner Hände, die durch den Stoff der Weste zu meinem Bauch drang und diesen mit etwas konfrontierte, das er niemals zuvor erlebte. Und der Atem… wie ein kleiner Quälgeist, der mich mit einem jeden Aufbegehren aus der Konzentration zog. Und… beileibe… es fiel mir nichts ein, was ich sagen könnte. Doch tat er es nach einem beinahe stillen Seufzen. „Ich habe dich vermisst.“ Seine Stimme klang verträumt und rau… ertönte nur leise und gedämpft… Er hatte… endlich, ich bejubelte den Augenblick, wo ich die Erstarrung abstreifen und zur Verwunderung übergehen konnte. So runzelte ich die Stirn, legte den Bogen nieder und wurde jäh in Bewegung gesetzt, was mich zwischen der alten Erstarrung und der neuen Verwunderung nur so pendeln ließ. Ungläubig starrte ich auf den Tisch, während er mich zu leichten Schwankungen zwang und sich unterdessen fest an mich schmiegte. Flüchtig ertappte ich mich bei dem Gedanke, ihn würden Schmerzen quälen, doch überwand ich dieses Denken, als ich mich an sein Verhalten der letzten Tage entsann und dieses Benehmen flink einzuordnen vermochte in den Fällen, die nicht erklärt werden mussten, vorrausgesetzt, sie konnten. So schöpfte ich abermals tiefen Atem, presste die Lippen aufeinander und blickte zu grauen Decke der Kammer auf. „Wir sahen uns doch vor kurzem“, antwortete ich ihm ergeben. „Heute Morgen.“ ~*~ Aragorn: Wie entzückend jedes Mal aufs Neue doch seine ungewohnten Reaktionen waren. Hatte ich doch zu allererst vermutet, es wecke in ihm keine Fassungslosigkeit, bewies er mir so unscheinbar wie möglich, dass er nichts mehr mit sich anzufangen wusste. Ich gab zu, dass es nichts schöneres gab, als diese Augenblicke. Zu gern hätte ich sein Gesicht betrachtet, als ich diese Umarmung begann und bis jetzt aufrecht erhielt. Mein eigenes Herz schlug in schnellen Tönen, jedoch war es eher die Wärme, die mich dazu verlocken ließ. Es war seine Wärme, die durch den dicken Stoff seiner Robe zu mir drang und mein Innerstes beflügelte, wie nichts anderes. Ich neigte mein Gesicht zu seinem Nacken, ließ mein Gesicht von den seidigen Strähnen streicheln und genoss den feinen Duft ihrer, als hätte er sich stets nur zwischen Buketts aufgehalten… und nicht in der Übung. Besinnend schloss ich die Augen und berührte annähernd erneut im Respekt seiner Reinheit seine Haut mit der Nase. Ein unschuldiges und so prickelndes Vergnügen, welches ich mir nicht nehmen konnte. Mit welchen Gedanken er daraufhin den Kopf zur Seite neigte, wusste ich nicht, doch zeigte seine stockende Reaktion nichts von der bekannten Kontrolle. Ja, ich bemerkte, wie er die Arme regte, blickte verträumt mit nur leicht geöffneten Lidern über seine Schulter und sah auf seine Hände. Alles andere als konzentriert klammerte er sich an den Bogen und richtete allmählich sein Augenmerk ebenso auf diesen. Doch mehr tat er nicht. Seine ewigen Versuche waren bemerkenswert… dabei freute ich mich auf den Moment, in dem er seine Erprobungen aufgab. Eines Tages, wenn er es nur noch genießen konnte. Bis dahin störte ich mich keineswegs an seinem Unwissen, schmiegte mich weiter an ihn und genoss die Momente unserer gemeinsamen Stille… in der ich keinen Zeitpunkt still verblieb. Es war das einfache Wiegen, das Gefühl von sinnlicher Befreiung durch anspruchslose Nähe, dass mich so überaus zufrieden stellte. Nun ja, bisher, ehe ich spürte, wie er tief Atem holte. „Wir sahen uns doch vor kurzem“, antwortete er mir schließlich und ich spürte das leise Zögern in seiner Stimme. „Heute Morgen.“ Sogleich wandelte sich mein seliges Lächeln in ein heiteres Grinsen. So einfach holte er sich das zurück, was er eben verloren geglaubt. Ebenso gern nahm ich ihm dies, als ich seinen Hals fixierte und mich ihm erneut näherte. „Wie wahr, wie wahr…“ Genügsam hatten meine Lippen wieder zu der samtigen Haut gefunden, strichen über den Hals und nur gedämpft kamen diese Worte über sie. Ich liebte es, diese Berührungen nur zu erspüren, wie von selbst hatten sich meine Augen wieder geschlossen und schwelgend nahm ich das beherzte Schlucken des Elben wahr. Während ich die Umarmung etwas löste, verfolgte ich die Halsschlagader bis zu seinem Ohrläppchen und genoss das Kribbeln, welches meinen ganzen Leib in Besitz zu nehmen schien. „Aber das ist schon viel zu lange her…“ Es war nur ein Flüstern, welches ich ihm ins Ohr hauchte, bevor sich auch meine Hände ruhelos taten. So viel näher, so viel inniger war es, seine schlanke Taille mit einem Arm zu umfassen. So viel geheimnisvoller, so viel verführerischer den festen Stoff abzutasten, die Muskeln seines Brustkorbes zu erhaschen, die tückisch verborgen blieben. Ach, wie gern spielte ich doch mit dem Gedanken, ihn wegzusperren und nur für mich zu bewahren. In einem goldenen Käfig, dessen Glanz doch so unter seiner Schönheit leiden würde. Noch immer schwankend, doch mit festen Füßen am Boden verblieb ich in der Harmonie dieser beinahen Unendlichkeit. Umso mehr, je weniger ich das Gefühl hatte, dass er es nicht wollte. Immerhin wusste sich dieser Elb zu wehren… bei Gott, er wusste es wirklich. Es benötigte nie Worte… einzig die Empfindungen bewiesen so viel Einigkeit… dass es einer Straftat glich, diese durchdringende Stille, die von Zufriedenheit geprägt war, durch Worte zu vernichten. „Was beschäftigt dich, mein Freund…?“ Doch zu gut wusste ich, dass sich unsere Zweisamkeit nach Augenblicken wieder in das monotone Geschäft der Pflichten auflösen musste. Und noch ehe ich den Verstand abermals in seiner Gegenwart verlor, ließ ich von meiner Träumerei ab. Es sollte noch so viele Momente geben, in denen ich glücklich sein wollte. Selbst, wenn meine Hände nun ruhten, meine Augen sich öffneten, so waren es noch immer wir, die wir gemeinsam waren. Keine Träumerei kam der Realität nah. ~*~ Legolas: „Wie wahr, wie wahr…“ Seine Stimme erreichte mich lediglich als behagliches Murren, sie schwelgte, als antwortete er auf etwas anderes. Nicht etwa auf meine Frage und ich starrte auf den Bogen und kam mir darin alsbald recht unbeholfen vor. Um ehrlich zu sein, entschwand sein Bild stetig aus meiner Wahrnehmung. Das Kitzeln, welches sich an meinem Hals ausbreitete, ließ mich erschaudern und als ich die Wärme seiner Haut an diesem fühlte, verlor sich der Bogen in Vergessenheit und war mir lediglich noch dazu nütze, meinen Händen Beschäftigung zu geben. Ich biss die Zähne zusammen, schloss flüchtig die Augen und schöpfte tiefen Atem. War es seine Boshaftigkeit, mich abermals in eine solche Lage zu bringen und sich an meiner perplexen Starre zu erfreuen? Ich wusste, dass seine Lippen lächelten, als er leise schnurrend fortfuhr: „Aber das ist schon viel zu lange her.“ Somit erreichte sein Mund mein Ohr, benetzte dieses mit einem warmen Hauch und gleichsam noch nahm seine Wärme zu. Ich spürte sie an meinem Rücken, als er so näher an mich herantrat, als seine Hände mich erforschten und ich unterlag. Ich spürte es kaum, doch senkte ich den Kopf, bis das Kinn mein Schlüsselbein berührte und meine Hände waren nahe davor, den Bogen freizugeben, während Aragorn mich noch immer zum Schwanken brachte und seine Finger Halt in dem Stoff meiner Weste ersuchten. „Was…“, erhob sich plötzlich seine Stimme und ich, der dies nicht erwartet hatte, wurde in die Realität zurückgerufen und öffnete, nun wohl weitaus wacher, die Augen. Den Satz zu beenden, schaffte er nicht, ohne mit den Lippen abermals mein Ohr zu berühren und ich fand nun endlich die alte vermisste Fähigkeit, mit in seiner Umarmung zu regen. „Was machst du hier?“ Und ich spürte den Druck seines Körpers, als dieser sich neugierig gegen den meinen lehnte und Aragorn über meine hinab zum Tisch blickte, auf welchem meine Hände untätig ruhten. Ja… was tat ich hier, wohl noch bevor er mir seine irritierende Gesellschaft leistete? So schöpfte ich tiefen Atem und fand nun endlich die Konzentration wieder und diese auf den Bögen, die vor mir lagen. Ich musste mich wohl erst selbst fassen, als ich sie mir betrachtete, wieder nach einem von ihnen griff und ihn mir besah. Eine Ablenkung war dies ohnegleichen… denn das Umschalten wollte mir noch nicht recht gelingen und ich befürchtete, meine Stimme würde zittern, sobald ich sie erhob. Neben mir rauschte ein langer Atemzug und in geduldigem Schweigen bettete Aragorn das Kinn auf meiner Schulter und nahm an meiner Beobachtung teil. Wusste er denn dabei, in welch heikle Lage er mich drängte? War er sich seiner gefährlichen Fähigkeit bewusst, als er von einem zum anderen sprang und nun vermutlich eine rasche Antwort erwartete. Langsam legte ich den Kopf schief, verwickelte mich in alten Grübeleien und presste die Lippen aufeinander, Ich war konfus in meiner Schweigsamkeit und hoffte, Aragorn würde diese nicht ergründen wollen. Konzentration… wo war sie? Soeben noch in meinen Händen, nun wieder entglitten? Es war seltsam… und unersprießlich. In solch einer Lage, in welcher ich nun wohl oder übel steckte, konnte ich ihm weder ein Berater sein… noch ein Kampfgefährte, der über ernsthafte Dinge sprach. Aber und abermals rang ich nach Atem… noch immer das Schweigen auf meiner Schulter und der Bogen ziellos in meiner Hand. Nein… so ging es beileibe nicht. Verzeihend schüttelte ich den Kopf, begann mich zu regen, mich in seiner Umarmung zu drehen und schien mühelos von ihm loszukommen. Sogleich, da er meine Absicht durchschaute, löste er seine Arme von meinem Leib und ließ mich gehen. Dennoch nicht abgeneigt oder gar verdrießlich schien er zu sein. Zumindest nicht in dem Augenblick, als ich mich meiner neugewonnenen Freiheit mit wenigen Schritten in den Raum überzeugte und zu ihm zurückblickte. Noch immer lag der Bogen in meiner Hand und nun wusste ich beileibe auch etwas mit ihm anzufangen. Von ihm blickte ich zu Aragorn, fasste ihn sicherer und hob ihn zur knappen Demonstration. „Dort draußen“, erhob ich dann die Stimme und fand Erleichterung durch die Kraft und die Ruhe, mit der sie ertönte. Nebenbei noch, deutete ich mit dem Bogen zur Tür der Waffenkammern und hinaus auf die Steppe, die Osgiliath und die weiße Stadt voneinander trennte. „sind so viele Waffen in Benutzung, dass man sich ihrer Anzahl nicht bewusst ist. Die Böge sind es, Pfeile ebenso, auf die ich geachtet habe. Und sie alle sind rar.“ Ich kehrte zu dem Tisch zurück, legte den Bogen auf diesem ab und stemmte die Hände auf dessen Kante, Aragorn kurz darauf recht nachdenklich ansehend. „Rar oder ausreichend, je nachdem, was uns erwartet. Und wissen wir es schon?“ So hob ich die Augenbrauen. „In einem weiteren dieser mächtigen Kämpfe werden uns die Bögen, vor allem noch die Pfeile, keine guten Dienste mehr erweisen. Sie sind zu knapp, zu viele zerstört, brüchig oder beschädigt.“ ~*~ Aragorn: Nie sah ich ein Wesen in jeder Facette seiner Gestik so bezaubernd wirken. Ein Vogel, der sang, konnte so wunderbar sein und so zermürbend, wenn er die Töne nicht traf. Doch Legolas konnte alles und mit allem bezaubern. Seine Wärme strömte mir entgegen und so intensiv hätte ich ihn zu mir ziehen wollen, bis wir eins waren. Mein Grinsen vertiefte sich, während die Gedanken nicht mehr bei dieser Umarmung waren. Jedoch gelang es mir nicht, sie zu vertiefen. Zu meinem Wohle vielleicht… Der Umarmte schüttelte den Kopf und ich erwachte aus meiner lieblichen Faszination. Es war ihm zu viel und die Konzentration hatte sich seiner entledigt. Nun, genug hatte ich ihn gespürt, vorerst und deshalb gab ich ihn auch nur allzu gern frei. Mir gefiel es, zu wissen, dass es nicht das letzte Mal war. Ruhig ließ ich die Arme sinken, sah zu, wie er einige Schritte ging und er sich schließlich zu mir wandte. Noch immer lächelte ich. Genügsam verschränkte ich die Arme vor dem Bauch und legte leicht den Kopf schief. Fand er wieder Worte? “Dort draußen...” Nachdem sein Blick wieder zu dem Bogen gelangt war, war auch seine Stimme wieder zu ihm zurückgekehrt. Ich besah mir das robuste Holz in seinen Händen. “... sind so viele Waffen in Benutzung, dass man sich ihrer Anzahl nicht bewusst ist. Die Bögen sind es, Pfeile ebenso, auf die ich geachtet habe. Und sie alle sind rar.” Ich nickte langsam, sah mich grüblerisch um und rieb mir das Kinn. Es war wohl wahr… “Rar oder ausreichend, je nachdem, was uns erwartet. Und wissen wir es schon?” Es stimmte, die Frage lag noch offen vor uns, ohne Antwort oder Spekulation. Ich teilte seine Nachdenklichkeit, als ich den Kopf sinken ließ und mich an Faramirs Worte zu erinnern versuchte. “In einem weiteren dieser mächtigen Kämpfe werden uns die Bögen und vor allem noch die Pfeile keine guten Dienste mehr erweisen. Sie sind zu knapp, zu viele zerstört, brüchig oder beschädigt.” “Du hast recht”, erwiderte ich sofort, runzelte die Stirn und holte tief Luft. “Es stellt sich die Frage, wie Faramir den Fortgang bestimmt.” Nicht umsonst übten wir, nicht umsonst, gaben wir uns diesem Vorbereitung ohne bekanntes Ziel hin. Eines war vorhersehbar… “Nun, ein weiterer Kampf wird folgen… dessen können wir gewiss sein.” Ich fixierte den Elben ernst, jedoch blickte ich minder ins Leere. Warteten wir auf den nächsten Angriff? Gaben wir uns einer zweifelsohne vergeblichen Verteidigung hin… oder sollten wir es sein, die…? Ratlos ließ ich die Arme sinken und ließ den Kopf kreisen. “Die Schwerter sind schartig, mancher Schild bereits durch die bisherige Benutzung zu schwer beschädigt.” Es war mir zu Beginn nicht aufgefallen… Doch, was ich annähernd mehr fürchtete… “Mich beunruhigen jedoch nicht die Waffen. Es sind die Krieger, die fehlen…” Gegen Modor… Was benötigten wir aber weiteren Kummer, wenn wir nicht wussten, was die größte Sorge war? Räuspernd schüttelte ich den Kopf und stemmte die Hände in die Hüften. “Wir sollten erst einmal zurückkehren und den Tag abschließen. Mehr liegt momentan nicht in unserer Macht.” Allerdings würde ich mir nach unseren Pflichten Antworten holen. Ich versuchte Legolas aufmunternd zuzulächeln und nickte zum Ausgang. Bestimmt wartete man bereits auf uns. ~*~ Legolas: Es war durchaus mit einer recht positiven Überraschung zu vergleichen, dass Aragorn es so gut verstand, das Wichtige zu sehen und dieses dem vorzuziehen, was wir soeben noch taten. Mit wachem Blick musterte er mich, während ich meine Sorgen aussprach und mir seiner vollen Aufmerksamkeit bewusst sein konnte. So wirkte es, als verfiele er kurz darauf derselben Nachdenklichkeit, die für mich unumgänglich und allgegenwärtig war. Sicher war es auch die Seine… bereits vor diesem Aufeinandertreffen, bei welchem er sich flüchtig der Ablenkung hingab und sich nun dennoch mit vollem Bewusstsein den Dringlichkeiten stellte. Ich erhielt seine Antwort rasch und nach tiefem Durchdenken, in welchem er sich das Kinn rieb und an seiner Stelle verharrte, als wolle er sein Sinnieren nicht durch belanglose Schritte trügen. Nicht der Hauch einer Ermutigung… wie Aragorn von weiteren Mängeln sprach und mir seine geschätzten Ansichten offenbarte, mit denen er die Wahrheit und in dieser keine Schmückung oder gar irreale Hoffnungen sah. Die Schilde, gar die Klingen der Schwerter… das Ausmaß der Beschädigungen durch jenen Krieg formte sich vor meinen Augen zu einem Bild, welches mir annähernd Beunruhigung brachte. Doch streifte ich diese ab, noch ehe sie von mir Besitz ergriff. Unruhe würde keine Veränderungen hervorbringen, weder an unseren Mitteln noch am Ausgang des Krieges… einzig und allein an dem Wesen selbst, welches den Maßnahmen mit bangen Knien gegenüber stünde. So schwieg ich, dämpfte meinen Leib und verfiel demselben Schweigen wie Aragorn, in welchem ich abermals seinem von Tiefsinn geprägten Blick begegnete und unbewusst einem Schmunzeln verfiel, als ich es auf mich einwirken ließ. Der milde Hauch eines angenehmen Gefühls durchstreifte spielerisch meinen Leib und meine Lippen formten ein stummes Lächeln, welches ich nicht zu unterdrücken versuchte. Gehen sollten wir… zurückkehren auf jenes Feld, um unsere Pflichten zu erfüllen, doch war es mir eher danach, kurz noch hier zu verweilen und mir seine Mimik zu betrachten. Wusste er es…? Wusste er um meine Erleichterung, einen Verbündeten wie ihn an meiner Seite zu haben? Er, der zu dieser Zeit zuverlässiger und glaubwürdiger war, denn je? In der bitteren Schwere dieses Krieges war es doch eine Annehmlichkeit, an seiner Seite zu sinnieren, seine Sichtweisen zu erforschen und sich selbst noch mit ihm zu beraten. Und selbst wenn, so wie er es ehrlich sagte, kein Traumdenken in diesen Tagen Kraft zum Leben fand… und wenn es nicht heller war, als es in dieser dunklen Zeit schien, so war es eine erfrischende Tatsache, dass er hier war… und keine Träumerei. Entspannt beendete ich mein flüchtiges Abschweifen, senkte die Lider und nickte. Wir konnten zurückkehren… So wandte ich mich um, ihm abermals einen fliehenden Blick zuwerfend und ebenso schmunzelnd, wie ich glaubte. Er folgte mir behäbig und vorerst verließen wir die Waffenkammer, in welcher eine triste Wahrheit, und kehrten zurück zum Feld, auf welchem unsere Hoffnung wohnte. Entgegen der ängstigenden Besprechung, die wir soeben und knapp führten, fühlte ich mich entspannt. Ebenso wie Aragorn wirkte. Die Sonne ließ uns blinzeln, hell schimmerten die Trümmer der weißen Türme, Mauern und Häuser, an denen wir vorüberzogen… diesmal ohne Beachtung zu schenken. Nur dieses eine Mal wollten wir uns an der Helligkeit der Sonne laben und nicht unter der Düsterkeit der Gedanken leiden. Und Aragorn unterstrich dies alsbald mit gelösten Erzählungen, in welchen er die Hand zum Himmel hob, unter der Sonne blinzelte und zu jedem Zeitpunkt meine vollendete Aufmerksamkeit besaß. Er sprach von warmen Zeiten, so auch von seinem kindlichen Treiben, wenn die Sonne das Gestein erhitzte und man Gefahr lief, sich zu verbrennen, sobald man Unvorsichtigkeit zeigte. Er brachte mir ein Lächeln, in welchem ich ihm lauschte, seinen Handbewegungen folgte und neben ihm dem Ziel rasch näherkam. Gleich meiner Erwartungen dachte nun niemand mehr an Pausieren. Rege Bewegung herrschte um uns, als wir in die Menge eintauchten und unserem Weg ruhig folgten… dabei abermals dem Schweigen verfallend und uns so manche Waffen betrachtend. So sah ich, wovon er gesprochen hatte… sah schartige Klingen, die in unbeholfenen Knabenhänden eine jede Gefährlichkeit verloren. Sah Reparaturen, die notdürftig waren und weitaus mehr. So führten wir wohl denselben Gedanken, bis ich meine Gruppe erreichte und mich dieser wieder annahm. Ein flüchtiger, ein Nicken, und wir wandten uns voneinander ab, damit er zu seinen Schwertkämpfern zurückkehren, und diesen eine große Hilfe konnte. Ich selbst mischte mich unter die Bogenschützen, zog meinen eigenen Bogen aus der Schlaufe und kam nicht weit, bis man mich benötigte. „Verzeiht.“ Ein recht junger Mann atmete schwer, als er vor mir stehen blieb und mir mit besorgtem Blick einen Bogen reichte. „Die Sehne ist aus der Halterung gebrochen.“ Und kopfschüttelnd hob er beide Hände zum Himmel und wusste keine Lösung. Auch ich betrachtete mir das Ausmaß der Beschädigung unwirsch, betastete das alte Holz, welches der Spannung der Sehne nicht mehr standgehalten hatte. „Die Sehne brach heraus, als ich den Bogen spannte“, fuhr er aufgeregt fort und ich löste den Blick von jener ehemaligen Waffe. „Doch bezweifle ich, dass ich einen Fehler beging. Ihr führtet es uns doch heute erst vor und…“ „Seid ihr verletzt?“ Er hob in flüchtiger Verblüffung die Augenbrauen, sah mich jedoch geduldig warten und hob die Hand. „Die Sehne streifte mein Handgelenk, Herr. Doch es ist nicht schlimm.“ Und entschuldigend verzog er die Miene, als er mir eine lange blutende Strieme offenbarte. So ließ ich den Bogen unter einem tiefen Atemzug sinken, griff nach seinem jungen Handgelenk und betrachtete mir die Wunde näher. „Es schadet nicht, auch eine solche Wunde ernstzunehmen.“ Ich löste die Hand von der Seinen. „Bitte wascht sie mit Wasser aus und kommt anschließend wieder zu mir. Wir werden uns etwas einfallen lassen müssen.“ Und ich bedachte den Bogen und die herabhängende Sehne mit einem knappen Blick, rammte das brüchige Holz in den Boden und ließ die unnütze Waffe stecken, als ich meinen Weg durch die Menge fortführte. ~*~ Aragorn: Es war merkwürdiger Weise eine ganz andere Stimmung, als wir aus der düsteren Kammer hinaustraten und uns das Licht begrüßte. Dunkel war unsere Diskussion, doch von ihr wollten wir nicht mehr reden. Überzeugend war die Wärme der Sonne und auch die Zerstörung unserer Umgebung kam demnach nicht an. Es lohnte sich wohl nicht. Nein, es bestand keinen Sinn daran zu verschwenden, wenn unsere Aufgabe eine andere war. Und trotz der Schwierigkeit, die noch immer vor uns lag, nahm ich es mir nicht, Geschichten zu erzählen, Kindheitserinnerungen aufleben zu lassen und der Heiterkeit den Vortritt zu lassen. So schritten wir gemeinsam über die Straßen, folgten den Stufen hinaus und fanden uns alsbald vor der Stadt wieder. Die Krieger waren bereits wieder im Takt ihrer Übungen und kontrollierend ließ ich den Blick über ihre Werkzeuge gleiten. Es musste wahrlich ein Wort gesprochen werden… mit jenen Mitteln würde, ob es nun Angriff oder Verteidigung war, ein Kampf fehlleitend sein und damit das Ende bringen. Nur nicht mit einem Funken Hoffnung und der Voraussicht eines Sieges. Ich nickte Legolas schweigend zu und verabschiedete mich so von ihm, ehe ich meinen Weg fortfuhr und mich für meine Aufgabe wappnete. Doch abwesend war ich zumeist, während ich durch die Reihen der Tätigen schritt. Es schien, als würde mir heute keine Zeit gegeben, die ich weiterhin mit dem Elben hätte verbringen können. Sei es nur zur Unterhaltung. Die Übungen sollten heute lange andauern, Fertigkeiten gefeilt werden, so dass eine Entscheidung Faramirs bald umgesetzt werden konnte. Auch diese musste ich erst einmal in Erfahrung bringen, so dass dies genau meine Aufgabe danach sein würde. Und in Diskussionen verstrickt, so dachte ich, bliebe mir maximal noch Zeit, in die Häusern der Heilung zurückzukehren. Ich seufzte leise. Wohl der einzige Wohlklang am heutigen Tage. Gern gab ich zu, dass mir die Motivation abhanden kommen war, ich knapp und kühl blieb, wenn man mich um Rat fragte. Ruhig gesellte ich mich zu den Erfahrenen, kämpfte mit ihnen und testete meine eigene Kraft, anstatt ihnen ihre Mängel zu nennen. Lediglich an meiner Reaktion konnten sie schließen, was es zu verbessern gab. “Ihr reagiert nicht rasch genug! Und in falscher Handhabung!” Nach wenigen Stunden, in der die Wärme des späten Nachmittags die Gemüter erhitzte, erschallte die Stimme des Einen, den ich nach der Mittagszeit nicht mehr zu Gesicht bekommen hatte. Eigentlich war ich dafür dankbar gewesen, doch nun offenbarte sich mir ein Bild infantiler Tollkühnheit. Viele Augen hatte er mit seinem Ton auf sich gelenkt, so auch meine, als ich schließlich schnellen Schrittes zu ihm fand. Er stand einem Älterem gegenüber, gestikulierte mit einer Hand, während er mit der Anderen das Schwert kreisen ließ. “Herr Aragorn hatte es doch gesagt. Nicht die Kraft ist entscheidend, sondern Schnelligkeit und Geschick!” Ich traute meinen Ohren kaum. Gleichsam, wie ich skeptisch die Stirn in Falten legte, trat sein Gegenüber vor, erzürnt und nicht redend muskulöser als der Bursche und richtete die Faust auf ihn. “Sagt, weshalb wäre Abschwenken klüger, als parieren?! Euren Hieb habe ich allemal etwas entgegenzusetzen! Es ist nicht nötig…” Um was handelte sich der Streit? Es war mir unklar… Somit trat ich dazwischen. “Gibt es einen Grund, Andere an eurer Auseinandersetzung teilhaben zu lassen?”, fragte ich abschätzend, blickte zu meinem schwarzen Schaf und zurück zu dem Hünen. “Er lässt mich nicht handeln, wie ich es für richtig einschätze! Es ist unmöglich mit ihm zu arbeiten, wenn mein Handeln in jeglicher Hinsicht kritisiert wird!” Nun gut… “Es ist Eure Art des Kämpfens!”, erwiderte der Bursche, ohne die Stimme zu senken. Ein wahrer Himmelsstürmer… ohne Aussicht auf Erfolg. “Was tätet Ihr, wenn es einen Stärkeren gäbe? Ihr mögt meinen Schlag erwidern und kontern, doch wäre Euer Gegner von besserer Kondition - was tätet ihr dann?!” Versuchte er wiederzugeben, was ich versuchte ihm zu lehren? Fragend kratzte ich mich an der Wange und folgte dieser seltsamen Diskussion still, obgleich ich dazwischen stand. Wie konnte man dies vergleichen…? “Bessere Kondition?!” Ich glaubte, die Bewegungen der Übrigen im näheren Umkreis kamen zum Erliegen… “Viele Kämpfe habe ich bestritten, viele Siege davongetragen. Einschätzung des Gegners obliegt mir! Herr Aragorn wird mir zustimmen!” Ich fühlte mich angefahren und blickte perplex zu dem Hünen. Ich tat was? Ohne auf eine Antwort von mir zu warten, fuhr er fort. “Und vor Euren jämmerlichen Hieben werde ich nicht flüchten.” Der Junge stürmte vor. “Ihr wagt es?!” Ich hob die Hand und gebot ihm Einhalt. Mein Kopf begann zu rumoren… “Jeder ist allein in der Lage, zu entscheiden wie er kämpft”, antwortete ich gleichmütig. “Ratschläge zu erteilen und anzunehmen, ist ebenso eine Entscheidung, die ein Jeder selbst einzuschätzen vermag.” Beinahe entsetzt sah mich der Jüngling an und straffte die Schultern. “Ich habe nur getan, was ihr mir geraten habt! Es nur auf Schnelligkeit und Geschick ankommen zu lassen!” Moment… “Der Herr Aragorn wird jedoch nicht meinen, dass die Kraft vergessen sein sollte!” Erwiderte der Hüne und ich sah bereits seine Halsschlagader pulsieren. Sie brüllten mir in die Ohren… “Herr Aragorn! Sagt, was Ihr mir sagtet! Zeigt ihm doch, was Ihr mich lehrtet!” Ich war nicht hier, um etwas zu beweisen. Abwartend schauten mich die beiden Kontrahenten an und ich versuchte mich an meine Worte zu erinnern. Ich versuchte lediglich zu lehren, dass man den Feind nicht unterschätzte. Dies war der Grund, weshalb Legolas gegen diesen Jungen antrat und nicht ich es getan hatte. “Herr Aragorn!” Ich kam nicht umhin, angestrengt den Kopf zu schütteln und beide Hände zu heben, damit sie endlich still wurden. “Ihr sollt euch gegenseitig helfen und euch unterstützen.” Dabei sah ich sie abwechselnd an. Ich räusperte mich leise… hob abermals die Brauen und warf erneut einen Blick auf die Beiden. Sie waren alt genug. “Macht es unter euch aus.” Damit hob ich die Hand und entfernte mich gemächlich aus ihrer Mitte, ehe ich um Fortführung der Übung bat. Als betreute man Sprösslinge und keine Krieger. Es war belastend. Als wären andere Sorgen kleiner, als gäbe es nicht genug Spannung und Hader in unseren Reihen. Sollten sie doch allein zur Vernunft kommen. Somit tat ich das, was ich in letzter Zeit sehr oft und sehr gern tat. Um mein eigenes Gemüt zu lockern, um zur Entlastung zurückzufinden, entfernte ich mich von meiner Gruppe und ging bis zum Abhang des Hügels. Dort überblickte man beinah das Feld Gimlis, doch noch viel eher die Bogenschützen. Geordneter sah es aus und viel zu leicht war es annähernd schon, Legolas unter ihnen zu finden. Geschäftig lief er umher, fleißig und geradezu fundiert in seiner Pflicht. Es schien, als würde es keine Unsicherheit in seinem Trupp geben. Es war eine Wohltat dies zu beobachten. So dachte ich zumindest, ehe mir der junge Bogenschütze auffiel, welcher mir genau sagen konnte, wo sich der Elb zuvor aufgehalten hatte. Er wirkte nicht nur unsicher, sondern unkonzentriert, als er den Bogen spannte… ~*~ Legolas: Die weiteren Übungen gestalteten sich ruhig und kontrolliert. Sobald jener junge Mann für seine Verletzung Sorge trug, verschaffte man ihm einen neuen Bogen und kurz stand ich abermals bei ihm, um diesen zu prüfen. Meinem Auge offenbarten sich keine weiteren schwerwiegenden Mängel und so überließ ich ihn wieder den Aufgaben. Gespräche mit erfahrenen Männern entstanden, während denen wir uns für eine kurze Weile niederließen, um sie entspannt zu führen. „Ich war einst im Besitz eines wunderbaren Bogens“, erzählte einer der erfahrensten Soldaten, die mir hier begegneten. „Er fügte sich stets meiner Hand, als würde er in keine andere gehören. Doch er ging mir verloren in dem Tumult des Kampfes.“ „Es stellt ein Problem dar, sich anderen Waffen anzupassen“, stimmte ein Anderer zu, der sich kurz zuvor nach anstrengenden Übungen bei uns niedergelassen hatte. „Jeder Bogen ist individuell“, fügte ich hinzu und mein Nebenmann überprüfte aufmerksam den Sitz seiner leichten Kleidung. Allgemeines Nicken ging durch die Runde. „Für ein ungeschultes Auge mögen sie allesamt gleich sein, doch sind sie sich nur ähnlich und eine jede Handhabung verschieden.“ „Ihr selbst seid in Besitz eines prachtvollen Bogens.“ Mein Gegenüber betrachtete sich meine Waffe. „Einen Bogen mit solchen Verzierung sah ich noch nie.“ „Er ist ein Geschenk.“ Und ich selbst strich mit den Fingern über das eben Holz. „Bei Verlassen des Elbenreiches Lothlorien wurde es mir gemacht.“ Und es bereitete mir Annehmlichkeiten, die Gespräche kurz weiterzuführen und alsbald doch zu jenen zurückzukehren, die meiner Hilfe bedurften. Viele spendeten Rat, viele leisteten Hilfe und ich selbst beugte mich nahe zu einem Mann, der mit gespanntem Bogen auf den weit entfernten Holzpflock zielte. Nachdenklich betrachtete ich mir die Bahn, die der Pfeil nehmen würde. So entgingen mir auch nicht die Finger, die sich unruhig an gespannter Sehne regten. „Seid Ihr immer so großzügig mit Eurer Zeit?“, erkundigte ich mich alsbald und er leckte sich mit Nervosität die Lippen und räusperte sich. „Ihr tut Euch Gutes, Euch die Hast vom Leibe zu halten. Doch ist dies umso besser für Euren Feind, der Euch längst umbrächte.“ Und so nahm er die Spannung von der Sehne und ließ den Bogen samt Pfeil sinken, um mich erwartungsvoll anzublicken. „Was legt ihr so großen Wert auf das genaue Zielen?“, fragte ich ihn. „Ist es Euch nicht lieber, zumindest das Bein des Feindes zu treffen, bevor er Euch erreicht? Etwaige Vorteile wären auf Eurer Seite, ganz gleich, ob Ihr dem Feind mit dem Pfeil den Tod bringt oder ihm lediglich Verletzungen zufügt.“ „Ihr habt Recht.“ Und mit einem hörbaren Atemzug spannte er den Bogen abermals. „Im Kampf fehlt die Zeit für Genauigkeit.“ „So ist es.“ Und ich nickte ihm zu, bevor ich mich abwandte und weiterging. Gemächlich bahnte ich mir einen Weg durch die Menschen, wechselte hier und da wenige Worte und blieb nicht lange vor jenem einen verschont. „Herr!“ Vernahm ich eine auffällige Stimme inmitten der Männer. „Herr!“ Und als ich so inne hielt, erblickte ich eine Hand, die wippend hinter den Köpfen anderer auftauchte und hektisch nach mir winkte. Und brüllen musste er, um meine Aufmerksamkeit zu erhaschen. Ein Unmögliches wäre es, den Weg zu mir zurückzulegen und sich Worte zu bedienen, deren Lautstärke einem jeden hier angenehm war. Meine Gedanken und Absichten gerieten ins Schwanken, als ich dort stand und er abermals nach mir rief. Es ließ sich offenbar nicht verhindern und so machte ich kehrt und gesellte mich zu jenem jungen Mann, der, meines Erachtens nach, zuviel Temperament besaß… und dieses, wie übel, stets an mir auszulassen gedachte. So schob ich mich zwischen zwei Soldaten hindurch und sah ihn dort vor den Zielpflöcken stehen und auf einer Position, die er unmöglich für wenige Momente hätte aufgeben können. Erwartungsvoll sah ich ihm entgegen und er präsentierte mir ein stolzes Grinsen. „Sehr nur!“ Aufgeregt wies er auf einen der Pflöcke und ich erblickte eine Vielzahl von Pfeilen, die diesen zierten. „Meine Fähigkeiten steigern sich, Herr! Kein einziges Mal traf ich daneben!“ Und ich nickte in zurückhaltender Anerkennung. Das Antworten fiel mir in jenen Momenten noch schwer, doch bliebe mir so oder so kaum Zeit dazu, denn er fuhr rasch fort. Selbst seine Hand zerrte flüchtig an meinem rechten Arm und unauffällig entzog ich ihm diesen. Berührungen an diesem waren mir unangenehm und die Seinen wollte ich erst recht nicht dulden. „Kein Vergleich zu dem Morgen des heutigen Tages! Seid Ihr nicht zufrieden mit meinen Leistungen?“ Zufrieden…? Ich atmete tief ein und geriet in eine knappe desinteressierte Abwesenheit, in welcher mein Blick zu jenem Hügel schweifte. „Herr? Herr!“ „Ja…“, murmelte ich so und dieses Wort war wahrlich das Einzige, welches mir auf die Schnelle in den Sinn kam. So kehrte ich jenem Hügel den Rücken, wandte mich ihm zu und gab mich kritisch, was ich beileibe auch war. „Die Frage ist doch eher, ob Ihr selbst mit Euren Leistungen zufrieden seid.“ Er hob die Augenbrauen. „Eure Fähigkeiten haben keinen Bezug zu mir. Sie werden mir weder eine Hilfe noch eine Gefahr sein. Ihr solltet Euch vielmehr darauf konzentrieren, ob Euer Geschick mit dem Bogen ausreichend ist, um Euer eigenes Leben zu retten und dem Gegner eben dieses zu nehmen.“ Es schien, als wolle er mir wahrhaftig widersprechen. Mit heftigem Gebaren schnappte er nach Luft, um dies zu tun oder um wenigstens auf seine Meinung zu beharren. So sah ich ihn erwartungsvoll an und erblicke anstatt der hektischen Mundbewegungen lediglich eine annähernd bekümmerte Miene, die mich dazu zwang, selbst tief Luft zu holen. „Ich schätze, du täuschst mich!“, erhob sich da neben uns das Lachen eines jungen Mannes, der, gemeinsam mit einem anderen, eine kurze Pause genoss. Und während mein wackerster Schüler schon allein dadurch genug Ablenkung fand, um sich von mir abzuwenden, besah ich ihn mir nachdenklich. „Ich sah es heute Morgen doch selbst. Gedenkst du, sie zu deiner Frau zu nehmen, sollte all dies überstanden sein?“ Und er lauschte aufmerksam… „Du scheinst mir ein Träumer zu sein!“ Die lachende Antwort, für die er sich ebenso zu interessieren schien. Und auch weiterhin… ich senkte die Lider. Bitter war es durchaus… doch gedachte ich, ihm ein Freudengefühl zu bereiten und mich seiner Aufmerksamkeit dadurch am zügigsten zu entziehen. Eifrig verfolgte er unterdessen das scherzhafte Gespräch jener beiden und seine Augen fanden erst zur mir zurück, als ich mit der Spitze meines Bogens seinen Bauch berührte. Dadurch erschrak er beinahe, war mir jedoch wieder ganz ohr. „Wie es auch steht, Eure Fähigkeiten haben sich dennoch entwickelt. Treibt Euer Können voran, indem Ihr Euch auf diesen Pflock fixiert.“ Und ich wies zu einem Kleineren, der eine weitaus größere Distanz zu ihm hatte. Ein Feuer der Entschlossenheit flammte in seinen Augen auf und ich sah mich lediglich in meinem Zielsetzung bestätigt. So nickte ich ihm auch schon ermutigend zu und ohne die Stimme abermals zu erheben, eilte er zu dem einen Pflock und machte sich mit hektischem Gebaren daran, die Pfeile aus diesem zu ziehen, um sie bei jener neuen Herausforderung genauso gekonnt einzusetzen. Und ich gedachte nicht, mich lange an seiner unangebrachten Hast zu interessieren, wandte mich ab und führte meinen Weg fort. Und ich fasste den Entschluß, nun weiterhin am eigenen Können zu feilen. Wichtig war es zwar, auch für andere zu sorgen, doch waren mir die anderen ebenso eine Hilfe und einjeder Unerfahrene fand jemanden, der sich seiner annahm. Und diesmal musste nicht ich derjenige sein. So lenkte ich die Konzentration auf mich selbst, mehr noch, auf meinen Arm, in welchem ich noch immer eine Hürde sah, da er mir nicht mit voller Kraft gefügig war. Ich suchte mir einen Pflock. Weit entfernt war er, recht klein und doch ein durchaus perfektes Ziel, da sich die Gruppe der Bogenschützen nicht in meiner Schusslinie tummelte. Bald blieb ich stehen, wandte mich jenem Pflock entschlossen zu und umfasste den Bogen mit ruhiger Konzentration. „Treibt Eure Scherze woanders!“, vernahm ich da eine aufgebrachte Stimme und ließ den Bogen abermals sinken, um Stirn runzelnd zu jenem jungen Mann zu blicken, der hektisch mit einem Pfeil gestikulierte und es nicht ertrug, dass jene beiden noch immer in seiner Nähe verharrten. Er schien es nun abermals mit seiner Entschlossenheit zu übertreiben. Neu angespornt durch das hochgesetzte Ziel. Und so brüllte und schrie er wieder aus Angst, der Herausforderung nicht gewachsen zu sein. Ich seufzte leise. Welche Distanz war schon groß genug…? Tief Atem holend blickte ich zu jenem Hügel, der sich zu meiner anderen Seite erhob und verfolgte das geschäftige Treiben der Schwertkämpfer. Nun, mir selbst war es gleichgültig, was in meiner Umgebung geschah. Meine Konzentration war befähigt, etwaige Einflüsse abzuschalten und dies war wohl jenes Können, welches dem jungen Mann noch fern war. Abermals erhob er die Stimme, presste den Pfeil ruppig auf die Sehne und zielte fieberhaft auf jenen Pflock. Und ich wünschte ihm Glück, entzog ihn meiner Aufmerksamkeit und hob die Hand zum Köcher, um kontrolliert einen Pfeil aus diesem zu ziehen. Ebenso ruhig legte ich ihn auf die Sehne, tat dies zielgerichtet und langsam und hob den gespannten Bogen. Ein flaues Gefühl durchflutete meinen Arm, als ich ihn der Spannung aussetzte und so ließ ich mir zur Genüge Zeit, umfasste den Schaft des Pfeiles sicherer und verwöhnte meine Lunge mit einem tiefen Atemzug, bevor ich Sehne und Pfeil los, und den Bogen sogleich sinken ließ. Das Ziel hatte ich nicht verfehlt. Tief steckte der Pfeil in der oberen Spitze des Pflocks und ich zog den Nächsten. Und wieder spannte ich ihn ein, zielte kurz und die Spitze bohrte sich knackend direkt unter den Vorherigen. Nur wenig Platz blieb zwischen den Beiden und ich hob die Hand abermals, um die Reihe fortzusetzen. „Ihr stört meine Konzentration!“ Wieder spannte ich meinen Bogen weit, fixierte mein Ziel… „Gebt euch den Übungen hin, anstatt über Belanglosigkeiten zu diskutieren! Auf diesem Weg werdet ihr nie zur Perfektion finden!“ Und auch der Dritte traf sauber. Allesamt steckten sie nun untereinander und ich zog den Nächsten. Und öfter müsste ich mir schwierige Ziele suchen, um zu dem Können zurückzufinden, welches ich vor jener düstren Verletzung beherrschte. Mit einem weiteren Atemzug verschaffte ich meinem Körper Entspannung, ließ die Sehne langsam von meinen Fingern rutschten und betrachtete mir die vier Pfeile, die noch immer einen sauberen Pfad bildeten. Ich neben diesem Anblick drang ein wütender Aufschrei an meine Ohren und mein Reflex gebot mir, jenen Einen erneut in mein Augenmerk zu nehmen. Müde blickte ich so zu ihm hinüber… und erfasste eine unbeherrschte Bewegung seines Bogens. Wenige Augenblicke waren es nur, in welchen er wütend herumfuhr und dies bei eingespanntem Pfeil tat. Fahrig drehte er sich in meine Richtung und in mir zuckte das Verlangen nach einer heftigen Mahnung auf. Wie gedankenlos war es nur…! Eine Regung! Während der Bewegung seines Leibes, nahm ich die unkontrollierte Regung seiner Hand wahr und nur selten sah ich einen Bogen, der mit solch einer Genauigkeit auf mich gerichtet war! Die Sehne…!! Ich schnappte nach Luft, ihn zu rufen, ihn zurechtzuweisen und zu verwarnen. Meine Hand war es, die sich heftig erhob, doch war seine Hand die Schnellere und mein Gespür für deutliche Gefahr äußerst ausgeprägt! Und so entglitt ihm die Sehne und die einzige Möglichkeit, diesem Pfeil entgehen, nahm ich wahr. Kein Zögern konnte ich mir leisten! Noch ehe der Pfeil von der Sehne schnellte, warf ich mich schon zu Boden und tat dies hastig und unbedacht. Ich warf mich zurück, der Bogen in meiner Hand entzog sich meiner Aufmerksamkeit und deutlich spüre ich das Holz an meinem Rücken, als ich auf dem Bogen aufschlug und das Surren des Pfeiles vernahm, welches über mich zog. Der Staub umstiebte mich und im ersten Moment der Erleichterung blinzelte ich in diesem, blieb jedoch liegen und tastete stockend unter mir nach dem Bogen. ~*~ ~*tbc*~ Kapitel 29: *~amarth~* ---------------------- ~*~*~ Mono & Jay (rollen über die Ebenen Rohans) Jay (schmeißt sich auf Boden): *liegen bleib* Mono: Und? Kannst du was hören? ôO° Jay (röchelt): Neee~ ich bin nur hingefallen. Ich kann nicht mehr. Mono: Wir dürfen nicht verweilen! Die Spur der Bishis geht uns sonst verloren. ó.ó Jay (rappelt sich auf): Zigarettenpause... >__> *sich eine anzünd* Mono: Mit den Raucherlungen kommen wir eh nicht weit. -__- *mitquarz* Jay: Duu~ jetzt, wo wir schon einmal hier so herumsitzen und nichts zu tun haben... eine Frage, die mir schon seit Hobbingen auf der Zunge brennt. Hast du unsere Leser gesehen? Mono: Sie sind in den Schatten gestürzt. O___o Jay: Gingen sie etwa unnötiger Weise durch die Mienen Morias? Mono: Ich habe keine Ahnung... doch ihr Verschwinden ist mysteriös und ihr Verlust hart. Jay (steht auf): Komm Mono... lass uns Bishis jagen! *Zigarette wegwerf* *weiterroll* Mono: Wir lassen trotzdem mal ein Kapitel da. Lasst euch davon nicht stören. *mitrollZz* ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Amarth - Schicksal ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Aragorn: Was tat der Bursche denn da? Abwartend legte ich eine Hand über die Augen, schützte sie vor der Sonne und versuchte zu erkennen, weshalb dieser Junge so aus der Reihe tanzte. Seine Stimme erhob sich weitaus über die Anderen und er wand sich um, während… während noch der Pfeil auf seiner Sehne spannte? Wie konnte man so unachtsam sein! Tonlos öffnete ich den Mund, als der Pfeil mit einer unwirschen Bewegung davonschoss. Verantwortungslosigkeit! War er von Sinnen, das Leben seiner Mitmenschen zu gefährden? Hatte er Jemanden verletzt? Rasch versuchte ich die Laufbahn auszumachen und ein mögliches Ziel auszumachen. Mir entglitt meine Miene völlig und geschockt ließ ich die Hand sinken. Was…? Ich traute meinen Augen nicht… wagte es nicht zu blinzeln sondern presste die Augen zusammen. Mir stockte der Atem. Als wäre die Zeit stehen geblieben. Zu dem Zeitpunkt an dem ich ihn am Boden liegen sah. Er…? Er blieb liegen. Meine Augen weiteten sich, hastig rang ich nach Luft, ehe ich mit einem Schlag zur Bewegung zurückfand. “Legolas!” Stolpernd sprintete ich den Hügel hinab, kämpfte um mein Gleichgewicht, panisch und verschnellerten dennoch meine Schritte. Das konnte nicht wahr sein! Binnen der Sekunden, in denen ich rannte, spürte ich wie sehr mein Herz raste, wie mein Puls rotierte und mir fast schwindelig vor Angst wurde. “Legolas!” Wie konnte dieser…?! Eilend schob ich mich an den Bogenschützen vorbei, versuchte eilends zu ihm zu gelangen. Das glaubte ich einfach nicht! Das war ein Alptraum! Schwer keuchend drängte ich mich durch weitere Schützen. “Lasst mich zu ihm durch!” Ich war so aufgebracht, wie lange nicht mehr. Endlich gelangte ich zu dem Elben und kam zum Stillstand. Es...!! Welch schlagartige Erleichterung erfasste mich, als ich sah, was vor mir war. Der Elb regte sich. Ich sah kein Blut… er hob den Kopf und seine Gesichtszüge verriet nichts anderes als flüchtige Fassungslosigkeit. Mit hastiger Bewegung sah ich mich um und entdeckte auch nicht weit entfernt den besagten Pfeil. Er hätte sein Leben beenden können! Die Erleichterung wich, sobald sie gekommen war, als ich mir bewusst wurde, dass es zu spät hätte sein können. Dass durch ein Missgeschick alles verloren gegangen wäre. Nur durch einen Jüngling, wie Jenen. In mir knisterte die Aufregung, als ich den Blick abwandte und nach dem Verantwortlichen suchte. Schnell war er gefunden und ebenso rasch hatten andere ihn als diesen erkannt. Ich stellte fest, dass ihn sein Handeln wohlmöglich selbst überraschte. Ja, er sah aus, als würde er erst in diesem Augenblick, in dem ihn andere Bogenschützen zur Rede stellten, begreifen, was er beinahe getan hatte. Angespannt biss ich die Zähne zusammen und schickte dem Jüngling einen scharfen Blick. Dieser Narr gefährdete nicht nur sein eigenes… sondern auch das Leben Anderer und nichts würde mich davon abhalten, ihm diese verantwortungslose Gefährlichkeit vor Augen zu führen! Meine Hände ballten sich zu festen Fäusten und ich bemerkte, wie ich mich hineinsteigerte in diesen Fehler, den er beging! Ich ging los. ~*~ Legolas: Ich ertastete das Holz des Bogens nicht sofort. Überaus unvorteilhaft lag er unter mir und mein Rücken schmerzte. Doch weitaus schlimmer wäre jene andere Möglichkeit gewesen, in welcher ich mich nicht sofort zu Boden geworfen, sondern spät reagiert hätte. Zu spät… und wie verhängnisvoll hätte es sein können. Endlich bekam ich ihn zu fassen und begann mich gleichsam selbst zu regen und jenes Treiben um mich herum wahrzunehmen. Meine Augen erfassten Bewegungen, erfassten jenen, dem einer der Soldat den Bogen entriss und andere, die in Lektionen die Stimme erhoben. Doch sorgte ich mich nicht darum, sondern versuchte vielmehr auf die Beine zu kommen und die knappe Erschütterung zu mildern. Gemächlich zog ich den Bogen hervor, hielt jedoch in meinen Bewegungen inne, als ich eine Stimme vernahm, die ich an diesem Ort nicht erwartete. “Lasst mich zu ihm durch!” Und bevor ich mich versah oder gar nach ihm schauen konnte, erschien seine Gestalt bei mir. Ich sah ihn aus den Augenwinkeln, schöpfte tiefen Atem und spürte seinen tastenden Blick, der mich streifte. Rasch schien er die Tatsachen wahrzunehmen… zu begreifen, dass mir nichts geschehen und ich unverletzt war. Und ebenso schnell setzte er sich abermals in Bewegung… kaum, dass er stehen geblieben war, wollte er seinen hastigen Weg schon fortsetzen und ich kannte sein Ziel… ebenso sein energisches Gebaren, mit welchem er es erreichen würde. So trieb ich mich an, erhob mich um so schneller und gerade noch beizeiten gelang es meiner Hand, seinen Atm zu erreichen, meinen Fingern, den festen Stoff seiner Jacke zu ergreifen und so hielt ich ihn zurück und kam unterdessen selbst auf die Beine. Ruhelos und aufgebracht fiel sein Atem, als er inne hielt, sich zu mir wandte und meinen Blick mit annähernd wütender Anspannung erwiderte. Noch immer lagen meine Finger in seinem Ärmel vergruben und es schien mir klüger, daran vorerst nichts zu ändern. So zog ich ihn etwas zu mir, zog ihn zurück und fort von seinem Ziel und schüttelte behutsam den Kopf. Erschütternd musste es ausgesehen haben… nicht minder groß sein Schreck gewesen sein und ich stand dem mit Verständnis gegenüber, gedachte jedoch die Lage zu beschwichtigen und vor allem ihn. „Lass.“ Ich hielt seinen Augen stand, legte unterdessen Wert darauf, dies nicht zu verbissen zu tun und selbst die Ruhe zu bewahren, die ich ihm zurückgeben wollte. So schüttelte ich den Kopf abermals und immer noch, löste meine Hand von ihm und musterte ihn aufmerksam. „Ich bin unversehrt… es gibt keinen Grund, Wut zu zeigen.“ Ein Missgeschick war es absolut… wohl ebenso ein Dummes aus Übermut und dem Wunsch, sich zu beweisen. Die Gefahr bestand und tat es lange schon nicht mehr so deutlich, doch schien es mir falsch, dem zu diesem Zeitpunkt mit Zorn zu begegnen, da ich sah, dass selbst jener Junge bleich und erschüttert war. Eine Lehre wäre es ihm auch ohne jene tadelnden Worte, die eine Vielzahl von Männern an ihn richteten, doch war ich nicht darauf aus, ihm diese zu erlassen. Nur auf Grenzen war ich aus und gewiss waren es nicht die von Aragorn, geschweige denn hatte er sie zu überschreiten. Ich selbst würde diesem beinahen Malheur nachkommen und dies schon sehr bald tun. ~*~ Aragorn: Nicht nur entziehen, nein, verweigern sollte man dem Burschen die Handhabung eines Bogens und zu aller Sicherheit einer jeden Waffe. Seine bleichen Gesichtszüge genügten mir bei weitem nicht, wollte ich ihm offenbaren, was geschehen, wenn der Elb nicht schneller als er gewesen wäre. Zitternd bohrten sich meine Fingernägel in die Handflächen, als ich von Zorn gepackt auf ihn loseilen wollte. Doch ich bemerkte einen Widerstand, hielt abrupt inne und wandte mich um. Legolas packte mich am Ärmel und ich sah ihn verständnislos an, während er gleichsam auf die Beine kam. Weshalb hielt er mich zurück? Solch eine Schandtat konnte durch einfachen Tadel nicht bereinigt und damit verziehen werden! Ein wenig wehrte ich mich, jedoch zog mich der Blonde näher zu sich, schüttelte den Kopf und erwiderte meinen Blick mit seltsamer Befangenheit. Verbarg er das, was ich auslebte? Oder sollte ich mir die Frage stellen, ob er es als ein einfaches Versehen sah… ob er die Geduld dafür besaß, die ich sogar als Unbeteiligter nicht aufzubringen wusste. Nun, was verstand man unter einem Unbeteiligten…? War seine Beteiligung an solch einem Geschehen alles, was meine Maske bröckeln ließ. “Lass.” Missmutig legte ich die Stirn in Falten, öffnete und schloss die Hände ungewiss und warf abermals einen Blick über meine Schulter zu dem Jungen. Aber… Nein, nochmals schüttelte er den Kopf und löste seine Hand aus meinem Ärmel und umso intensiver prüfte ich seinen Ausdruck, sein eigenes Auftreten. Es gab keinen Grund wütend zu sein, kein Anlass meinem Entsetzen Luft zu machen? Nur weil er dieses mal unbeschadet blieb? Weil er sich noch rechtzeitig zu Boden werfen konnte? Dies war die Erkenntnis, welche mir Ruhe bescheren sollte? “Du hättest tot sein können…”, flüsterte ich heiser, besorgt und atmete tief ein. Wohl glücklich schätzen sollte ich mich, dass es nicht so war. Es ihm ruhigen Blutes überlassen… sollte ich? Meine Gedanken kreisten wirr in meinem Kopf. Flüchtig ließ ich den Blick zu Boden sinken, presste die Lippen aufeinander. Ich spürte, dass mein Herz immer noch raste. Wie schnell es enden konnte… wie schmerzlich mir das bewusst wurde. Erneut sah ich auf und begegnete den Augen des Elben wagemutig. Eigentlich wusste ich es doch selbst. Natürlich war es nicht meine Angelegenheit und ich durfte mich ihrer auch nicht annehmen. Verstehen und lernen würde ich es wohl nie. Nicht mehr, da mir so viel Freiraum und doch so wenig gegeben wurde. Grenzen, die sich hier niemals änderten, zumal er gekonnt Eigenverantwortung trug. Mir entwich ein leises, jedoch durchaus genervtes Stöhnen. Ich verzog die Miene, legte Daumen und Zeigefinger ans Nasenbein und kniff die Augen zusammen. Durch so ein Missgeschick… hätte sich zu vieles gewandelt und dies, obgleich der Tag so unverhofft gut begonnen hatte. Noch einmal atmete ich tief und eindringlich durch, ehe ich die Augen öffnete. “Und dir ist wirklich nichts geschehen…?” ~*~ Legolas: Es schien, als hätte er alles erwartet, außer, dass ich ihn zurückhielt und dies bestimmt tat. Dass ich ihn hinderte… nichts anderes verriet mir sein Blick, der mich beirrt streifte und ebenso verständnislos war. So spürte ich gar einen widerwilligen Gegendruck, nur leicht war er und doch Erklärung genug, dass ich meinen Griff in seinen Ärmel verfestigte, doch rasch wieder lösen konnte, da er scheinbar zur Vernunft zurückfand, jedoch minder aus dem Erstaunen. “Du hättest tot sein können…”, hauchte er annähernd stimmlos, als wäre diese ängstigende Tatsache für seine Augen sichtbarer gewesen als für die meinen. Und ich respektierte seine menschliche Sorge, musste das menschliche Temperament jedoch bändigen. Seine Brauen zuckten, ließen seine Mimik in verschiedene Richtungen schweifen, bis er sinnierend und durchaus recht angespannt den Kopf sinken ließ und ich den eigenen leicht an ihm vorbeineigte. Ein schwere Atemzug Aragorns drang noch zu mir, bevor ich hinüber zu jenem Jüngling blickte und dessen Augen zielgerichtet begegnete. Als würde ich es hören… sein rasendes Herz, unter dem sich seine Schultern rasch hoben… seine fahrigen Blicke, die rasch zu mir fanden. Seine Augen blieben fest auf mich gerichtet, während die Hände bereits in die Höhe fuhren. Und Erleichterung befiel mich, dass sie nun mehr keinen Bogen hielten. Selbst ein Holzsplitter wäre durch die Handhabung seiner törichten Finger wohl eine tödliche Waffe. Aragorn regte sich neben mir. Er hob die Hand zum Gesicht und ich sah den Eifer der jungen Beine, als Jener zu mir stürmen und voraussichtlich um Verzeihung bitten wollte, so glaubte ich. Doch war mir seine Anwesenheit eine schwere Mahlzeit, die den Magen belastete… nicht erträglich und zu diesem Zeitpunkt wohl umso weniger, da dort jemand an meiner Seite stand und um Selbstbeherrschung rang, die ihm die Gegenwart jenes Jünglings wohl unabwendbar entrissen hätte. So wies ich ihn mit einer knappen Geste an, still zu stehen, die Distanz zu lassen und uns in Ruhe. Überraschend war es, dass er die knappe Handbewegung zu deuten wusste und gar gehorchte, wenn auch mit alter neuer Irritation und Unverständnis. Noch auf dem Weg meiner Augen, zurück zu Aragorn, streiften sie so manche Gesichter, so manche erschrockenen Mienen und all diese beschwichtigte ich mit einem flüchtigen Lächeln, mit welchem ich mich abermals an Aragorn wandte und sich dieser auch schon aufrichtete, als hätte er Entscheidungen getroffen, deren Wahl ihm äußerst schwer gefallen war. Er wirkte, als hätte er noch nicht so recht zur Entschlossenheit gefunden. Eine knappe Musterung traf mich. “Und dir ist wirklich nichts geschehen…?” Seine Sorge schien unendlich zu sein… und selbst, wenn dies der falsche Moment sein sollte, mir entrann ein flüchtiges Lächeln, ehe ich leichthin nickte, mit den Augen einen Schwur darauf legte und nun der Hoffnung verfiel, er würde doch zumindest dadurch zur Beruhigung finden. Und während seine Augen zweifelnd auf mich gerichtet blieben, entsann ich mich an meinen Bogen, den ich noch immer in der Hand hielt. So blickte ich zu diesem hinab, hob ihn gar leicht an und fand, zumindest für mich selbst, zu dem Entschluss, ihn am heutigen Tage nicht mehr zu benutzen. Die Zeit rann durch unsere Finger als gleiche sie in ihren Details den Staubkörnern, die sich nicht greifen ließen. Als ich mich zur Seite wandte, erblickte ich den tiefen Stand der Sonne, die uns die letzten Stunden über, ein treuer wenn auch mühsamer Gefährte gewesen war. Sie war nun am Sinken und der Tag am Schwinden. Noch immer herrschte Fleiß um uns herum, kein Ermüden, welches die Männer dazu bewegte, diesen Tag beizeiten als Beendet anzuerkennen… doch ich… Weder glaubte ich, dass ich dringend und in nächster Stunde benötigt wurde, noch daran, dass ich diese Hilfe zufrieden stellend leisten würde. Zugegeben… man sah es mir wohl nicht an, doch war mein Inneres noch aufgewühlt und meine Augen mieden von nun an die Richtung, die mich zu jenem Jüngling führte. Unverständnis… ebenso Unentschlossenheit, was es zu sagen gab, sollte er mir gegenübertreten und mich zum Gespräch bitten. Irgendwann sicher… doch nicht jetzt… nicht heute. Die kurze Abwesenheit meiner Sinne drang in mein Bewusstsein und schuldbewusst wandte ich mich abermals an Aragorn. Und spontan war mein Einfall, den er mir hoffentlich verzieh. So wandte ich mich an den Bogenschütze, der mir am nahesten war… ein geschätzter Begleiter der Übungen, der mir stets gern Hilfe gab und Rat nahm. „Ich ziehe mich zurück“, sagte ich nur und er antwortete mit einem stummen Nicken, raffte den etwas locker hängenden Köcher höher und ging seiner Wege. Und auch ich gedachte dies zu tun. So war ich schon unterwegs und bat Aragorn, mir zu folgen, nur indem ich abermals an seinem Ärmel zupfte. „Komm.“ Ich suchte nach seinen Augen, fand diese und kehrte ihm den Rücken, in dem Wissen, dass er mir sehr wohl folgte. „Lass uns nach einem Hauch von Ruhe suchen und den Tag ohne uns zu seinem Ende finden lassen.“ Somit war es gesagt und wie erleichternd war es, sich in diesen Momenten von der Gruppe zu lösen… sich von ihr zu entfernen. Von ihr und gleichsam der menschlichen Schwäche, zu Tölpelei zu neigen. Ich blickte nicht zurück, ging lediglich genügsam und abwartend, bis Aragorn Schritt fasste und wir so Seite an Seite das Feld durchwanderten und sich die weiße Stadt allgemach in ihrer vollen Größe vor uns erhob. Sicher hatte ich den Bogen bereits neben dem Köcher verwahrt und noch bevor wir das Tor Minas Tirith’s erreichten, spürte ich etwas, das mir bislang nicht oft begegnet war. Als würde sich mein Leib nach Nahrung sehnen und dies unverblümt zeigen. Hunger… nur wenig, doch vorhanden. Und wie passend war der Moment, in welchem Aragorn bereits bei mir war. Von dieser Idee gepackt, hielt ich inne und drehte mich ihm zu. „Wollen wir nicht etwas zu uns nehmen?“, erkundigte ich mich. „Der Tag ist alt und unsere Mägen leer.“ ~*~ Aragorn: Er bestätigte mir seine Gesundheit, sein Wohlbefinden anhand eines Lächelns. Und nichtsdestotrotz war der Schrecken in meine Glieder gefahren und verharrte. Mein Hals fühlte sich rau und schmerzhaft an, als ich schwer schluckte. Es war alles zu plötzlich gekommen und trotz allem zu schnell an mir vorüber gezogen. Mir ging es nicht mehr aus dem Kopf. Was wäre wenn…? Kurz bearbeitete ich die Lippen mit den Zähnen, ehe ich endlich den Blick von Legolas abwandte und mich umsah. Meine Gruppe beobachtete, welche jedoch allein ebenso tätig war, wie mit meiner Anwesenheit. Entzog ich mich meiner Pflichten, wenn ich heute nicht mehr zu ihnen zurückkehrte? Ich fürchtete, mir selbst würde ein herbes Missgeschick passieren, wenn meine Gedanken, wie unkontrollierte Waffen meinen Verstand vernebelten und ich dabei das Schwert führte. Flüchtig sah ich auf, blinzelte unter den noch hellen, jedoch schwächenden Sonnenstrahlen und überblickte das Feld. Legolas wendete sich währenddessen ab, sprach mit einem anderen Bogenschützen und ich begann abermals ihn zu beobachten, ohne aber auf seine Worte zu achten. Ich lauschte nur dem Wind, der mir in den Ohren pfiff und mit etwas Kühle die Dämmerung ankündigte. War ich zu versessen? Was war es nur, dass ich meine Sorgen einzig auf ihn projizierte und damit zur Schwermut tendierte? Mein Herzschlag fand nicht zur Gewohnheit zurück. Ich malte mir aus, was geschehen könnte und verspürte ein jähes Leid, dass ich nicht auszusprechen wagte. Was wäre wenn… „Komm.“ Endlich aus dem Gefühlschaos gerissen, zwinkerte ich perplex und bemerkte das abermalige Ziehen meines Ärmels, als Legolas sich in Bewegung setzte. Leise räusperte ich mich und nickte. Ich folgte ihm ohne Wort, beließ mein Augenmerk auf seinen Rücken und umfasste das Handgelenk fest hinter dem meinen. „Lass uns nach einem Hauch von Ruhe suchen und den Tag ohne uns zu seinem Ende finden lassen.“ Welch ein angenehmer Vorschlag. Nochmals nickte ich, vergaß dabei völlig, dass ich hinter dem Elben lief und er dieses wohl nicht sah. Eine Verabschiedung meiner Gruppe war nicht von Nöten, wussten sie sich selbst ihre Zeit einzuteilen und wenigstens heute… sich selbst zu helfen. Allmählich passte ich mich den Schritten des Elben an, den Blick nun fest auf den Boden gerichtet und weiterhin sinnierend. Zeitgleich kam ich ihm näher und merkte kaum, dass wir beieinander liefen. Erst, als ich ermattet die Augen zur Seite wandern ließ, sah ich seine Hand, wie sie einsam schlenkerte und dies keinen Meter von meiner eigenen entfernt. Ich hatte nicht erwartet, dass ich mich an solchen Augenblicken daran stören könnte, ihn nicht zu berühren. Jedoch war es genau das. „Wollen wir nicht etwas zu uns nehmen?“ Er war stehen geblieben und ich erwiderte seinen Blick ausdruckslos, als ich es ihm gleich tat. Was wäre, wenn… „Der Tag ist alt und unsere Mägen leer.“ Wenn ich die Umgebung vergaß und nur ihn hätte. Ich sah zu der Mauer Minas Tirith‘ auf und grübelte. Ich verspürte keinen Hunger. Und ich glaubte, ich brauchte etwas Zeit für mich und meine düsteren Vorstellungen. So schaute ich ihn wieder an, lächelte vage und schüttelte den Kopf. „Verzeih.“ Es fiel mir außerordentlich schwer nach Worten zu suchen, die eigentlich so schwierig nicht waren. Was wäre, wenn der Leichtsinn eines Unbedeutenden einen schwerwiegenden Schaden angerichtet hätte? Ich wollte Legolas Stimmung nicht drüben, da er doch ausgeglichener als ich zu sein schien und gedachte, mich allein mit meiner Bestürzung zu befassen, auf dass ich selbst zur Seelenruhe zurückfand. „Ich werde nach Heerführer Faramir suchen. Es gibt noch Dinge zu klären und dies besser, ehe die Nacht hereinbricht. Zumal es noch einen wackeren Burschen gibt, der auf einen Besuch wartet.“ Dabei sah ich ihn an und verlangte mir ein weiteres, wenn auch schwaches Lächeln ab. Vorsichtig trat ich einen Schritt auf ihn zu und unser Abstand zueinander schrumpfte behaglich. Eine einfache Verabschiedung. Keinen Moment lang, ließ ich ab von seinen blauen Augen, als ich mich etwas vorbeugte und im Begriff war, es wie letzte Nacht enden zu lassen. Was wäre, wenn ich ihn küsste? Leicht öffneten sich seine Lippen, und meine Hände regten sich und ließen voneinander ab. Ich wollte mir sicher sein und eigentlich… ja, beinahe dachte ich, war es für mich selbstverständlich. Doch ich erinnerte mich im knappen Zwischenraum zwischen ihm und mir, wo wir uns befanden und hielt inne. Es war keine Selbstverständlichkeit. Niemals. Und ich lehnte mich reumütig zurück, senkte den Kopf und berührte zaghaft mit den eigenen, die Fingerspitzen seiner rechten Hand. Was wäre, wenn ich ihn durch Torheit verloren hätte? „Ruh dich aus.“ Ich ging wenige Schritte zurück und nickte bedächtig. „Gute Nacht.“ Und damit wandte ich mich um und verließ ihn. Es würde abdämpfen. Gewiss, und ich würde mir selbst sagen können, dass es nicht einmal annähernd so gefährlich war, wie es aussah. Meine Sorgen sollten nicht um Legolas kreisen… viel eher noch um die Beschaffenheit der Waffen... Die Fortsetzung unserer Bemühungen. Wir haben Zeit… und so machte ich mich eilends auf die Suche nach Faramir. ~*~ Legolas: Seine Augen verloren den Kontakt zu mir, schweiften gar absent in die Höhe, um sich, unbegründet, so wie es schien, das Gestein der Mauern zu betrachten. Nichts musste ich tun, um mir dessen bewusst zu sein. Ich folgte seiner seltsamen Neugierde nicht, haftete die eigene doch vielmehr an ihm und seiner Art, die nach jener riskanten Begebenheit, eine andere zu sein schien. Eine rasche Antwort, so wie man sie fortwährend von ihm erhielt, ließ nun auf sich warten und ich nahm sein Schweigen wahr, eine Stille, welche so bizarr war, wenn er sie schuf. Ich betrachtete, nein, studierte mit nahezu peinlicher Akribie seine Mimik und fand in ihr Rätsel. Fragen, die es zu stellen galt… Antworten wohl infolgedessen, doch teilte ich sein Schweigen und tat dies wohl auch bewusster, als er. Seine Brauen zuckten unter raschen Gedanken und alsbald machte er Anstalten, das Gesicht zu mir zurückzudrehen und die Verwunderung in meinen Augen zu lesen, die ich ihm freigiebig und unverhüllt offenbarte. Mehr aus Unachtsamkeit als freiem Willen. Was tat er nur…? Seine innerliche Unruhe drängte sich in mein Bewusstsein, als gäbe es dort und überall nichts anderes. Der Takt seines Atems drang uneben an meine Ohren, während seine Gestik nahezu unkontrolliert von jener Aufregung gelenkt wurde. Und welch nichtiger Blick zu jenen Mauern, war er doch stets so bestrebt darin, die beschränkte Zeit sinnreich einzuteilen? Ich versah mich kaum, da standen wir noch immer vor uns und blickten einander an… abermals, und ich neigte den Kopf zur Seite, mich sehnend, Worte an ihn zu richten und beileibe kurz davor… als mich ein Lächeln seinerseits ins Stocken und von all meinen Vorhaben abbrachte. Es war recht bedürftig… doch, sehr matt und zu flüchtig, dass es bereits verblasste, als ich den Blick zu seinen Lippen senkte. „Verzeih.“ Was verzeihen? Ich verengte leicht die Augen und wiederholt ertappte ich seine Gedanken dabei, wie sie abschweiften und ein weiteres Mal narrend ihr Ziel vor mir verbargen. „Ich werde nach Heerführer Faramir suchen. Es gibt noch Dinge zu klären und dies besser, ehe die Nacht hereinbricht. Zumal es noch einen wackeren Burschen gibt, der auf meinen Besuch hofft.“ Weshalb…? Ja, wieso? Was trieb ihn dazu, das Essen zu verweigern? Oder gar… das Beisammensein… mit mir? Sicher, und ich wollte es nicht bestreiten, seine Vorhaben war von gewaltiger Wichtigkeit und edelmütig, doch ebenso zu erledigen, nachdem er sich nur wenige Momente für eine rasche Stärkung Zeit genommen hatte. Ich blinzelte mehrmals, um all dies zu überdenken… Und wieder dieses Lächeln… nicht gestärkter als zuvor, nicht tiefgründiger, gleich eines verzweifelten Trosts, um mir eine Stimmung vorzutäuschen, die nicht in ihm herrschte. Und ich schwieg… noch während meine Gedanken in scheinbar korrekte Richtungen drifteten und ich ihn allmählich zu verstehen begann. Doch was tat er nun wieder…? Ich nahm eine Regung wahr… sein Fuß, der sich zu mir setzte und sein Leib, der die Distanz zwischen uns zu überwinden begann, mir näherkam. Verwunderung erfaßte mich abermals, ließ mich regungslos verharren und beirrt vermuten, was er zu tun gedachte. Wie irritiert musste er nur sein, um all dies, was normal war, zu vergessen? Was trieb ihn dazu, die Dunkelheit eines einsamen Gartens durch die Helligkeit eines viel begangenen Platzes zu ersetzen? Wahrheit Ich verzog die Augenbrauen, war selbst so verwundert und mehr noch über die Sicherheit, die ich in seinen Augen erkannte, bevor er diese von mir wandte und im Begriff war, zu vollenden, was er begann. Ein innerer Reflex brachte meine Lippen in Bewegung, wollte sie rasch dazu verleiten, etwas zu sagen. Doch mir fehlten die Worte Als er das, was zwischen uns lag, annähernd hinter sich gelassen hatte, ertappte ich meine Augen bei einer leichtfertigen Sehnsucht, in der sie sich zu seinen Lippen senkten und diese betrachteten. Die heutige Nacht war es gewesen, die etwaige Hürden zwischen uns hinfortnahm und uns Zurückgezogenheit schenkte, in der ich die verborgene Sänfte dieser Lippen zu spüren bekam… das Geschick und Interesse seiner Hände und ein kalter Schauer überkam mich bei diesem Rückblick, löste mich erbarmungslos von der Realität, in der wir nun zu tun gedachten, was hier und jetzt nicht sein durfte. Ich zuckte in mich zusammen, als sei ich aus einem Traum erwacht. Aus einem Wunderbaren… zurück zu den Realitäten, in denen ich sein Innehalten erblickte. Auch er war erwacht und sein Kopf neigte sich in seltsamem Reuegefühl, welches ich in gewissem Maß teilte. Mein Blick floh zur Seite, der seine zu Boden und für wenige Momente standen wir wohl dort und bereuten beide die Umstände, die wohl mehr als ungünstig waren. Ich räusperte mich zaghaft und gleichsam noch, stellte ich mir die Frage, ob er das Schwächeln meiner Festigkeit wahrgenommen hatte. Doch welches Vergehen an der Moral könnte dies ihm gegenüber sein, wenn er dasselbe fühlte? Ich senkte die Lider. Ein Kitzeln… es folgte auf die unauffällige Regung seiner Hand und ich spüre seine Fingerkuppen, wie sie bekennend die meinen streiften, kitzelnd berührten und sich von ihnen lösten, noch ehe ich ihnen entgegenkommen konnte. „Ruh dich aus.“ Und er trat vor mir zurück, als wolle er sich mir entziehen… Als trieb ihn das eigene Handeln, die eigene Sehnsucht zu der Flucht vor sich selbst… vor quälenden Gedanken… der Einsicht gegenüber der Tatsachen. Ich musste recht zerstreut sein, da ich nicht antwortete, keine Bitten an ihn richtete, er solle bleiben oder anderes tat, um zu verhindern, was er zu tun gedachte und mir so ganz und gar missfiel. „Gute Nacht.“ Ich muss wahrhaftig ein Narr sein, so wie ich dort stand und schwieg, als läge mir nichts daran. Als würde ich seinem Verschwinden mit Gleichgültigkeit gegenüberstehen… und dann drehte er sich auch schon um. Ein letztes knappes Nicken sah ich und es wirkte, als täte er es mehr für sich selbst als für mich oder gar irgendjemand anderen. Eine skeptische Bestätigung wirrer Gedanken…? Ich sah ihm nach, als er seiner Wege ging und darin weniger als Entschlossenheit und Eile ausstrahlte, als seine Worte zum Ausdruck gebracht hatten. Ich schöpfte tiefen Atem. Dann sollte es wohl so sein und ich hoffte auf den kommenden Tag und darauf, dass er mehr Entspannung brächte. Zumindest soviel, wie man sich in Zeiten wie diesen wünschen konnte. Es war so bedauernswert… Und so wandte auch ich mich ab, ging einen Schritt, um zumindest mein Ziel zu erreichen und etwas zu mir zu nehmen… doch ich hielt inne in meinen Bewegungen, verharrte auf dem Fleck, auf welchem ich stand und ließ mich leichtfertig dazu verleiten, mich umzudrehen… ihm nachzublicken… und mir eine realistische Befürchtung zuzugestehen. Es fiel mir beileibe nicht leicht, doch war mir die Einsicht so nahe, dass ich sie nicht abschütteln konnte. Oft schon hatte ich an mir, an meinem Verhalten, gar meinem Empfinden gezweifelt… nun tat ich es abermals und fühlte mich unwohl in dieser selbst auferlegten Rolle. Ich verengte sinnierend die Augen, als ich ihn alsbald in einem schmalen Durchgang verschwinden sah und legte den Kopf schief. Was ich… zu unempfindlich gewesen? Zu blind gegenüber seiner menschlichen Art der Gefühle? Es war rechtens und nahe an der Tatsache, dass mich jener Pfeil verfehlte und ich nun noch immer das Leben genoss. Jene Angst, jene flüchtige Spannung war von mir abgefallen und hinterließ lediglich einen bittersüßen Geschmack der Kritik in meinem Inneren, die ich früher oder später an jenen Mann zu richten gedachte. Ein Ereignis war es gewesen… ein Übles, dessen Folge umso grausamer gewesen wären. Doch wie ging es ihm, nachdem der Schrecken in ihn gefahren und er zu mir hinter gelaufen war? Nachdem er bereit war, sich des Jüngeren anzunehmen und ich selbst ihn davon abhielt? War es für ihn getan…? Sicher neigte ich dazu, die Wahrnehmung anderer meinen Erwartungen anzupassen. Wie aus Selbstverständlichkeit zu meinen, sie empfänden nicht anders als ich, nicht langanhaltender, nicht impulsiver… obgleich ich es so oft bei ihm erlebte, dass ich mich durch dieses Denken schelken müsste. Hatte ich ihn achtlos seinen Ängsten überlassen, obgleich nur ich diese heraufbeschworen hatte? Meine Schultern hoben und senkten sich unter einem tiefen Atemzug und gleichsam rückte ich unruhig am Gurt meines Köchers und blickte um mich, ohne meinen Augen ein Ziel zu geben. Wie wichtig war ich ihm…? Genug, um das Leben anderer Menschen zu riskieren, um mein Wohlergehen zu sichern…? Um sich selbst zu quälen, um mir Tatsachen vorzuenthalten? Um sich mit Verletzungen auf einen unangenehmen Spaziergang zu begeben, um mich wachzurufen? Soviel mehr, das mir die Vorwürfe näher brachte und mich tatenlos dort stehen ließ. Wie gedankenlos war ich nur gewesen… vor wenigen Augenblicken noch, als er vor mir stand und ich ihn anschließend gehen ließ. Sehnte er sich nach einer Aussprache oder beruhigenden Worten, die seine Ängste ein für allemal zunichte machten? Wie schwer konnte es sein, ihm all das zu geben? Und wie achtlos, nicht früh genug darauf zu stoßen… Ich seufzte abermals, streifte mir eine Strähne von der Stirn und presste die Lippen aufeinander, mich nun selbst allmählich umdrehend und den Weg, durchaus unwirscher, fortzuführen. Wie lange, fragte ich mich, würde es noch andauern, bis ich ihn verstand und dies rechtzeitig tat, um ihm nicht mit unbeabsichtigter Gleichgültigkeit zu begegnen? Es geschah nicht oft, doch auf meinem Weg belegte ich mich selbst mit Flüchen… meine Unaufmerksamkeit, meinen Fehler, der allein schon darin bestand, mich für feinsinnig zu halten. Scheinbar war ich es nicht… Jenes Gespräch mit dem Heerführer plötzlich als so dringend anzuerkennen… Ablenkung. Und all seine Hast, mit der er unerwartet von mir ging, fand Erklärung und mein Bedauern. Tief in dergleichen Gedanken verstrickt, ging ich so, um mir etwas Nahrhaftes zu holen. Ein Stück Brot war, welches mich auf meinem Rückweg aus den Speisesälen begleitete und von welchem ich mehr abwesend als bewusst aß. Früh hatten wir nun das Feld verlassen und die Stadt war überfüllt von geschäftigen Menschen, die zu dieser Stunde meine Ruhe noch nicht zu teilen vermochten. Ebenso wie ein anderer… meine Gedanken wurden durch ihn angezogen, wie durch einen Gegenpol, von welchem man nicht lassen konnte, selbst, wenn man es beabsichtigte. Und der Weg, den ich ging, war nicht weniger planlos als mein Verhalten. Ich begegnete vielen bekannten Gesichtern, schob mich durch Menschenmengen, überschritt kleine Brücken und fand mich letztendlich in einem kleineren Hof wieder, von welchem ich weder behaupten konnte, ihn schon einmal gesehen zu haben, noch, dass ich wüsste, wie ich zu ihm gelangt war. Er war nicht sonderlich viel begangen, was recht angenehm wirkte und für wenige Augenblicke verharrte ich im Durchgang unter einem schmalen Torbogen, wendete das Brot zwischen den Fingern und blickte mich um. Viele anknüpfende Türen waren zu erkennen, rahmenlose Fenster und hölzerne Fuhrwerke, von denen fleißige Menschen Nahrungsmittel und andere Güter abluden. Und bald… ja, es war nicht schwer zu übersehen, wurde ich mir darüber bewusst, dass dies eine der Vorratskammern sein musste. Und mehr noch, war dieser Hof weitestgehend vor der zerstörischerischen Macht des Feindes verschont geblieben. Ich sah keine Mauerschäden, ebenso kein Gestein am Boden… welch glücklicher Zufall, dass dies… „Legolas!“ Umgehend löste ich mich von meinen Begutachtungen, folgte jener Stimme und erblickte die beiden Halblinge, die auf einem steinernen Vorsprung saßen und mich entdeckt zu haben schienen. Sie saßen bequem dort, ließen die Füße baumeln und vestauten zwischen ihren Körpern ein ledernes Säcklein, in welches sie unentwegt griffen und die Hand anschließend zum Mund führten. Nun winkten sie abermals… zu ungeduldig gegenüber meinem knappen Zögern und ich gesellte mich zu ihnen, da mir ihre Gesellschaft von Mal zu Mal recht gut tat. „Grüß dich. Was führt dich hierher?“, erkundigte sich Pippin kauend und Merry senkte den Kopf, um die tastende Arbeit seiner Hand zu überblicken. Und auch ich begutachtete den Inhalt, den sie eifrig zu sich nahmen. „Wir pausieren soeben und halten uns der Arbeit kurz fern.“ Merry knaubelte an einem seltsamen Ding… „Und du?“ Pippin musterte mich mit Neugierde. Es fiel mir wahrlich schwer, die Augen von dem zu lösen, was sich Merry dort schmecken ließ. „Ich beendete meine Übungen früher“, antwortete ich ihm so recht knapp und bevor mich Gegenfragen erwarten konnten, sprach ich aus, was mir auf der Zunge lag. „Was esst ihr?“ „Oh.“ Mit einem Mal befiel pures Entzücken die Gesichter der Beiden und sofort hob Merry den Behälter an und offenbarte mir den Inhalt, den ich mir betrachtete, jedoch immer noch nicht definieren konnte. „Eine Delikatesse, die in diesem Land weniger Achtung findet, wie ich meine.“ „Du hast vollkommen Recht“, pflichtete ihm Pippin zu und ich runzelte die Stirn. „Es sind getrocknete Pilze. Weniger appetitzügelnd jedoch delikat.“ „Pilze?“ Ich legte den Kopf schief. „Ja, richtig.“ Und Pippin nickte eifrig, während er mir auch schon ein Stück reichte. „Koste davon und wir werden deine Zustimmung finden.“ Und so nahm ich das Stückchen an mich, verfing mich jedoch allein in der Betrachtung und kam auch nicht drum herum, daran zu riechen. Währenddessen erhob sich das amüsierte Lachen der Hobbits. „Dir scheint soviel unbekannt zu sein“, bemerkte Merry. „Sag, von was ernährst du dich? Außer vom trockenem Brot...?“, und er wies mürrisch auf den letzten Rest, den ich noch bei mir trug. Als wäre dies wahrhaftig eine Beleidigung seines auserkorenen Geschmackssinnes. ~*~ Aragorn: Den Torbogen durchschritten, fand ich mich irritiert inmitten der Stadt wieder. Wo sollte ich anfangen? War Minas Tirith so unscheinbar groß und auch der Heerführer nicht ruhelos, so konnte er sich in diversen Höfen, in den vielen Gärten und vor einem der unendlich vielen zerstörten Häusern aufhalten. Er könnte ruhen und sich schonen, so wie es anhand seiner Verletzungen von Nöten war. Doch wusste ich, dass ich es selbst nicht täte und es bis dato nur selten getan hatte. Ich betrat eine Seitenstraße, sah mich forschend um und bemühte mich, einen Überblick bei all den geschäftigen Menschen zu behalten. Trotz dass Soldaten und Krieger, fähige Männer sich noch vor den Stadtmauern befanden, war der Betrieb inmitten der Gemäuer kein geringerer. Ich betrat den nächsten Ring, beschritt die geöffneten Hallen, die großen Durchgänge und fand mich nur zwischen Geschäftigkeit wieder, die nicht von dem Menschen geführt wurde, den ich suchte. Es zermürbte mich zunehmend. Welch Suche war dies, hätte ich sie nicht auch nach einer Mahlzeit beginnen können? Die Gewissheit, dass er mir nichts vorspielte und sein Verhalten der Wahrheit entsprach. Heute wusste ich es nicht und würde es erst nach baldigem Sonnenaufgang erfahren. Die Unsicherheit war in mir und drückte mich hinab, wie ein herabfallender Fels das Meer. Besessen von meiner Angst, der unsäglichen Qual des Verliebtseins, kehrten meine Gedanken immer wieder an diesen Punkt zurück und verdrängten den eigentlichen Gebrauch meiner Beine, während sie mich durch die Stadt trugen. Zwei weitere Ringe hatte ich bereits hinter mich gebracht, hatte gleichsam der Suche, die ich in letzter Nacht zu Legolas geführt hatte, viele Wege mehrmals begangen und dies ohne Erfolg. Letzten Endes war es der Zufall gewesen, der mir nun nicht hold war und auch meine letzten Nerven zu zerreißen drohte. Welche Angespanntheit mich doch die Stunden des Laufens und der Suche begleitete. Im sechsten Ring noch, befragte ich die Wachen, wäre es möglich, dass er sich als derzeitiger Truchsess dort befand, wo sie alle saßen, doch sie hatten ihn nicht wieder zurückkehren sehen. Faramir hatte sich gegen Ende der Mittagszeit auf den Weg der Händler gemacht, um die derzeitige Fähigkeit der Verpflegung zu überprüfen. Geschäftig wie wir auch war er und es war ihm nicht zu verübeln. Mich jedoch machte es müde und ratlos. Ich kehrte wieder um, umging den Anblick weiterer Zerstörungen und hastete an den Gärten des fünften Ringes vorbei. Meine Schritte wurden langsamer, mein Atem raste. Zerstampfte Gräser auf den weiten Flächen eines offenen Hofes und in ihrer Mitte tote Blumen, deren gelöste Blüten das leblose Grün zierten. Hier war er schon gewesen - der Feind, der alles unter seinen kalten Füßen zertrat und nichts Lebendiges zurückließ. Vorsichtig hob ich die Hand und strich von einer einstmals starken Säule das lockere Gestein ab und bemerkte ihre spröde, zerbrechliche Haltung, auf dass sie nicht mehr viele Jahre hier stehen würde. So vieles war zerrüttet und die Furcht herrschte über Gondor… und ganz Mittelerde. Schrecken vor weiteren Schlachten, vor weiteren Überfällen - vor Tod. Ich seufzte schwer, verhakte die Zähne in der Unterlippe und hinterließ meine eigenen Spuren in den Gräsern, als ich bis zur Umzäunung trat. Ermattet von der Hetzerei ohne bisheriges Ergebnis, lehnte ich mich auf das stützende Gestein und spähte hinaus. Kalt lag die ehemalige Stadt Osgiliath im Schatten der Ebene. Leer und verlassen im Schatten der unüberwindbaren Mauern Mordors. Ich erkannte nicht viel, jedoch verblieb ein roter Schein, der mir einen eiskalten Schauer über den Rücken jagte. So vieles war ungewiss… und trostlos. Unruhig wanderten meine Finger über die raue Fläche, während ich den Blick zu den Ringen hinabwandern ließ. Ein Lachen drang an meine Ohren und sogleich suchten meine Augen nach der Entstehung. Kinder waren es, die sich jagten und unschuldig durch die Straßen rannten. Erholten sie sich zu schnell oder war ich zu phlegmatisch? Ich ging weiter an der Mauer entlang, behielt die Hand an ihr. Beobachtend verließ ich die Parzelle, lief einen leichten Bogen und behielt mein Augenmerk weiterhin auf einem feixenden Jungen, der heiter einen Stock schwang und rannte. Hatte er es nicht miterlebt oder wusste er, dass es weiterging? Meine Kehle war trocken und ich schluckte schwer, als ich noch nicht einmal zu Blinzeln wagte. Das Leid war tragend, ähnlich wie eine Wunde, die nicht verheilte. Ein Schmerz, der sich impertinent ausbreitete. Für viele kleine Momente konnte ich heiter sein. Jedoch, wenn sich mir Steine in den Weg legten, war mein Zögern groß. Noch so viel größer als etwaiges Handeln. Und vielleicht hätte ich selbst noch einmal das Wort ergreifen und meine Besorgnis aussprechen sollen. Es schien, als wusste der Elb nicht um die Tragik, die sich hinter dem kleinen Moment der absoluten Ungewissheit verborgen hatte. Er wusste doch nicht, was für ein Schreckgespenst die Liebe ihm sein konnte, wenn ein Unheil geschah. Nun endlich wandte ich den Blick ab und ging weiter. Er lebte. Er lebte… und es ging ihm gut. Ging es mir gut und war ich dem gewiss? Nein, ich wusste es nicht. Allmählich waren die Straßen überfüllt und ich merkte, wie die Kühle des Abends in die Stadt getragen wurde, als ich einen weiten und recht kahlen Hof betrat. Die Sonne war beinahe verschwunden und nur gedämpft spendeten die flackernden Fackeln um mich herum Wärme, als es die Dämmerung nicht mehr bewerkstelligen konnte. Wie schnell war der Tag vergangen. Ich ärgerte mich über den Misserfolg. Wo befand sich Heerführer Faramir, wenn nicht an den Orten, die ich bereits abgesucht hatte? Hatte er sich einfach doch der Ruhe hingegeben? Vielleicht nur nicht dort, wo man ihn vermutete? Missmutig zeigte sich mir ein Bild vor dem geistigen Auge. Zwei Silhouetten, die zu einer verschmolzen. Eowyn… hatte er diese Ruhe bei ihr gefunden? Mürbe kniff ich die Augen zusammen, fuhr mir mit den Händen über das Gesicht und legte die Ellenbogen auf der Ringmauer ab. Woher kam nur dieses endlose Tief, das mich nicht loslassen wollte? War es doch so einfach, das Unglück zu übersehen, wenn man fröhlich war. War es doch so leicht, zuversichtlich zu sein, wenn man sich festhalten konnte. Und eigentlich... konnte ich das. Langsam holte ich Luft und öffnete die Augen, um hinab zum unterem Ring zu sehen. Die Männer kehrten zurück, erschöpft liefen sie umher und würden wohl zu einer Mahlzeit und dann zur Bettruhe finden. Doch nach einigen Beobachtungen bemerkte ich, dass nicht alle Personen umherschritten. Ich lehnte mich etwas vor und erhaschte drei Personen, die auf einem Fleck verharrten. Lachten auch sie? Mein Mundwinkel begann zu zucken, als ich mich bestätigt sah, dass dort an einem Vorsprung die beiden Hobbits saßen. Und wider Erwarten war dort nicht der geifernde Zwerg. Ich sah, wie Legolas die Hand ausstreckte und etwas aus Pippins Hand nahm. Was für ein Bild. Keine Stimmen vernahm ich, doch sah ich sie klar zwischen den Flammen und beobachtete mit Interesse ihre Gestiken. Legolas kaute… er tat dies normal und noch ehe er zu Wort zu kommen schien, streckte auch schon Merry seine Hand aus. Was aßen sie da? Der Elb schüttelte den Kopf, doch mit Eifer regte sich Merrys Hand, zappelte gar freudig und nach emsiger Manier schien der Blonde sich geschlagen zu geben. Er griff ein weiteres Mal nach diesem Ding. Konnte ich dies nicht als Bestätigung für sein Wohlbefinden, für seinen ehrlichen Enthusiasmus sehen? Wuchs damit nicht auch meine Zuversicht? “Und ich fragte mich, wen ich zu finden gedachte.” Eine bekannte Stimme holte mich aus meiner intensiven Betrachtung, so überraschend, dass ich gar einen Schritt von der Mauer weg trat und aufsah. Gandalf? “… doch finde ich ihn, bist du nicht weit entfernt.” Mit offenem Mund sah ich ihn an, völlig überrannt von der Erscheinung des weißen Zauberers, als dieser in gemächlichen Schritten zu mir trat und meine einstige Beobachtung weiterführte. “Es hätte mich nicht wundern sollen.” Er schüttelte den Kopf. “Jedoch ist es verwunderlich und nicht als glücklicher Zufall geltend zu machen.” Es klang, als wäre es eine Mahnung und ich versuchte jeden Ausdruck in seinem Ton zu erfassen. Aber nicht mich sah er an… er blickte weiterhin hinab. “Es hat sich nichts geändert…”, raunte er, während er sich auf seinen Stab stützte, als uns nur noch wenige Schritte trennten. Und ich schwieg und mit meinem Schweigen verblieben wir wie graue Gestalten in der nahen Dunkelheit. Mich erfasste ein reges Unbehagen… das mich leider nicht drüben sollte. “Du hast dich nicht verändert.” Ehedem ich von ihm ablassen konnte, zeigte er mir nun seine Aufmerksamkeit mit einem kalten Leuchten in den Augen. “Noch immer feige in einem inneren Konflikt, der dir und der Umgebung nichts Gutes tut, Aragorn. Nicht deinen Pflichten besinnend nachgehend…” Bitter war das Flüstern seiner Worte und ich ballte die Hände zu Fäusten. Er tat es wieder. “Ich sehe es. Du lässt nicht ab von ihm, weigerst dich zu nur einem vernünftigen Gedanken. Dem Einfall, ihn von dir zu befreien, auf dass ihm nicht abermals Übles deinetwegen geschieht.” “Du siehst nichts, Gandalf”, erwiderte ich spitz, trat einen Schritt auf ihn zu und musterte ihn, abermals in Zorn und Unruhe verstrickt. Ungünstig war die Begegnung zu dieser Zeit. “Du weißt überhaupt nichts.” Damit wollte ich mich abwenden, ihn stehen lassen, doch er hielt mir seinen Stab in den Weg. “Ich sehe, dass du deiner Selbst hassen solltest für die Scheinheiligkeit, die du preisgibst.“ Er drängte mich in einen Zustand, den ich zu verarbeiten versuchte! Wieso nur tat er das? “Ich weiß, dass du deiner Selbst verachten solltest, für dein Denken und die widersprüchlichen Worte. Doch tust du es nicht. Du bist wie ein Geier, der voller Ungeduld lauert.” Ich weitete die Augen, biss die Zähne aufeinander und atmete schnell und zittrig. “Willst du weiterhin deine Pflichten vergessen? Und Legolas? Willst du ihm noch einmal zu nahe kommen, noch einmal einer Gefahr aussetzen, die nur du ihm bringst?” Dicht stand ich neben ihn und mein Körper zitterte voller Groll. Ich sah ihn an. “Du verstehst nichts, Gandalf!” Meine Stimme bebte und froh konnte ich sein, dass sich dieser Platz um uns nicht füllte. “Er gehört längst mir”, zischte ich erbost und bestätigend. Und seine Mimik wandelte sich, als stehe vor ihm nicht ein Freund und Gefährte, sondern ein Narr, ein Schelm, der den Verstand verloren hat. Seine ganze Gestalt wandte sich zu mir und mit einem Mal schien er erfüllt von Mitleid und Fürsorge. “Bist du von Sinnen, Aragorn?” Es klang, als wäre es eine unschuldige Frage, doch hätte ich ihm dafür den Hals umdrehen wollen. Ich unterlag keiner geistigen Umnachtung! “Weiß er, was du von ihm willst?” Wirr suchte ich den Boden nach einem Punkt ab, an welchem ich die Augen belassen konnte. Gandalf lehnte sich zu mir und abermals trat nur ein Flüstern über seine Lippen. “Weiß er davon, was du ihm des Nachts antatest…” Edoras… “… und wie heuchlerisch deine Freundlichkeit in den letzten Monaten war? Wie gut sie deine amoralischen Gedanken übertünchte?” Die Alpträume… die Gier. “Weiß er, für welchen Menschen er sein Leben riskierte?” Der Nazgûl… die Schäden, die der Kampf mit sich brachte. Dunkle Narben auf dem reinen Leib. Ich zog die Brauen zusammen und senkte den Kopf tief. Und verblieb still. Was sagte er da? Es klang so Mitleids erregend, dass ich beinahe selbst annehmen musste, dass ich… falsch war. Seine Augen tasteten mein Gesicht ab, welches so sehr auf die Brust gesunken war, dass es von meinem Haar verdeckt wurde. “Er gehört dir nicht. Er wird dir niemals gehören.” Hörbar atmete ich aus, spürte mit einem Schlag das Gefühl der reinen Überforderung. Er wusste gar nichts! Rasch drehte ich den Kopf weg, schlug seinen Stab beiseite und ging. Ich eilte davon, übermannt von Furcht und Zweifel und einem Gefühl, dass sich unaufhörlich in mir breitzumachen drohte: Purer Zorn. Ich kämpfte mich hastig an den Menschen vorbei, spurtete über die Seitenstraßen zu den Treppen und achtete keinesfalls mehr auf ein Gesicht, das ich zuvor krampfhaft ersuchte. Ich wollte nur fliehen. Die Mauern wurden schmaler, die Wege enger und keuchend überquerte ich eine Brücke und lief durch einen weiteren Gang, bis ich endlich zum Stehen kam und mich gegen eine Wand lehnte. Ich sah mich nicht um, beugte mich vor und stemmte die Hände gegen die Oberschenkel. In meinem Kopf herrschte ein Tumult, ein Chaos, das nicht zu bändigen war. Um mich herum war es dunkel und ich spürte diese Finsternis, die sich in mein Herz schlich. Die Wut, die nicht abdämpfen wollte und mir ein Verlangen aufdrängte, irgendetwas zu zerstören. Ich wollte schreien, tat es aber nicht. Denn ich wusste, dass es mir nicht helfen würde. Nicht noch einmal wollte ich die Kontrolle verlieren. Vorsichtig und bedächtig setzte ich mich wieder in Bewegung und versuchte alles wirre in meinem Kopf zu ordnen und wieder zur Ruhe zu finden. Wo war ich? Noch immer angespannt umfasste ich das Handgelenk hinter meinem Rücken und folgte dem schmalen Weg vor mir, welcher daraufhin scharf um die Kurve ging. Als ich aufsah, wusste ich, wo ich mich befand. Angelangt am siebten und letzten Ring, entdeckte ich die Wachen, welche ich heute schon einmal ansprach. Ich ging ihnen entgegen. “Verzeiht, er ist noch immer nicht zurückgekehrt.” Es war lediglich ein gleichgültiges Nicken, das ich als Antwort gab, ehe ich an ihnen vorbei und die letzten Stufen hinauf ging. Es zog mich nicht in den Palast und auch der Weiße Baum erreichte mein Interesse nicht. Würde ich mich weiterhin auf die Suche nach Faramir machen, so wüsste ich, dass ich ihm ebenfalls mit Zorn begegnen würde. Doch Gleichgewicht fand ich auch nicht in meiner Kammer, auch dies war mir gewiss und deshalb zog es mich aus Selbstverständlichkeit zu den Häusern der Heilung. Dort, wo Leben und Tod aufeinandertraf, wo Leid gelindert werden musste und man um Leben kämpfte. Darion würde mir die Ruhe geben. Behutsam öffnete ich die große Tür, spähte hinein und erkannte die Bewegung der Helfer und Heiler wieder. Ich wusste, ihnen war ich eine Hilfe, konnte ich doch mit einem Jungen umgehen, dem sie nicht gewachsen waren. Zielsicher ging ich an den Liegen vorbei, begutachtete Jene, die ich inmitten der letzten Nacht selbst behandelte und merkte ebenso, dass es an Verwundeten abgenommen hatte. Noch bevor ich Gedanken fassen konnte, trat mir der Heiler entgegen und ich nickte ihm zu, um auch schon in den nächsten Raum zu gelangen. “Herr?” Sofort war er stehen geblieben und auch ich drehte mich abrupt zu ihm um. Abwartend begutachtete ich ihn und nickte ihm hilfsbereit zu. Hier war es, als waren die eigenen Sorgen nichtig und Jedermann eine Hilfe. “Wo wollt Ihr hin, Herr?” Etwas perplex richtete ich den Daumen hinter mich auf die Tür und hob die Brauen. “Zu dem Burschen. Darion. Ich will sehen, wie es ihm geht.” Besinnlich stemmte ich die Hände in die Hüften. Der alte Mann schaute an mir vorbei und runzelte die Stirn. Hinter ihm ertönte ein jehes Wehklagen und sogleich sah er über seine Schultern. Nach einem Augenblick des Zögerns, schien mir, lenkte er seinen Blick wieder auf mich, flüchtig den Mund bewegend, ohne dass ein Ton über seine Lippen kam. Was...? Er räusperte sich. “Der Junge ist tot, Herr. Er verstarb im Morgengrauen.” ~*~ Legolas: Nun, ich musste es mir sehr wohl eingestehen… diese Pilze, sahen sie auch seltsam aus in ihrer getrockneten Form, waren überaus delikat. Vorerst recht vorsichtig kaute ich das Stück und blinzelte gar verblüfft durch den angenehmen Geschmack, der sich dezent in meinem Mund verteilte. Und so diskret meine Reaktion auch war… sie entging keinem der Hobbits und während Pippin freudig grinste, streckte sich mir bereits Merrys Hand entgegen. Er reichte mit ein weiteres Stück und ich zögerte… wollte ich doch eher genießen und dies auch nicht übertrieben. Die kleinen Freuden waren und blieben doch die Kleinen. Flüchtig hob ich die Hand, dankte ab und bemerkte doch die Entschlossenheit des Hobbits, in welcher er darauf beharrte, dass ich auch noch dieses Stück aß. So gab ich mich geschlagen und nahm es entgegen. „Es scheint deinen Geschmack zu treffen“, triumphierte Pippin und füllte den eigenen Mund mit den kleinen Leckerbissen. „Viele Gerichte werden auch in meiner Heimat mit Pilzen zubereitet“, sprach ich meine Erinnerung aus und betrachtete mir das trockene Stück, welches ich bedacht zwischen den Fingern wendete. „Überall sind sie zu finden… säumen weit den fruchtbaren Boden des Waldes… und es gibt so viele ihrer Art. So unterschiedlich im Geschmack und einzigartig.“ „Gerne besäße ich dein Wissen“, seufzte Pippin und ich ließ verblüfft das Stück sinken. „Pilze finden nur Pippins Interesse, wenn sie bereit zum Verzehr auf einem Teller liegen“, kommentierte Merry schmunzelnd und der, um den es sich drehte, langte abermals in den Beutel hinein. Und sein Blick traf mich flüchtig. „Deine Heimat waren die Wälder Düsterwaldes, nicht wahr?“ Und ich antwortete mit einem stummen Nicken, während dem Merry kritisch zu seinem Freund lugte. „Weshalb sprichst du in der Form der Vergangenheit?“ „Oh.“ Pippin wirkte überrascht… über sich selbst erstaunt. „Tut mir leid.“ Schwermut, der tief saß… ich betrachtete mir den getrockneten Pilz, doch verbannte schlechte Gedanken aus meinem Kopf und ließ ihn mir schmecken, um den beiden anschließend ein knappes Lächeln zu schenken. „Und eure schwer zu verrichtende Arbeit ist es, die Vorratskammern zu plündern?“ Pippin starrte mich mit verstellter Fassungslosigkeit an, doch Merry entrann ein leises Lachen. „Wohl eher der verdiente Lohn unserer tagtäglichen Strapazen.“ „Wir gehen vielen zur Hand“, berichtete Pippin nunmehr vergnügter als zuvor. „An vielen Orten dieser Stadt heißt es, schweres Gestein zu häufen, fortzutragen, damit die alte Ordnung entsteht… oder mindestens eine, die dieser nahe kommt.“ „In leichtem Widerspruch zu der Tatsache, dass niemand so recht weiß, ob es einen nächsten Schlag gegen diese Stadt geben wird. Und wäre dem so, wäre dieser wohl umso verhehrender.“ „Diese Arbeiten sind dem Frieden ein besserer Begleiter als den Zeiten des Krieges“, fügte Pippin hinzu, doch dies, ohne dem alten Trübsinn zu verfallen. Ich kaute gemächlich, ging bald in die Knie und hockte vor ihnen. „Möchtest du noch ein Stück?“, erkundigte sich Merry sofort und schon war seine Hand wieder im Beutel. „Nun, ich würde eher…“ „Bitte.“ Lächelnd reichte er mir das nächste Stück und ich schöpfte tiefen Atem. „Dann lasst dieses Stück das Letzte sein.“ „Aber natürlich.“ Merry rückte sich zurecht und bewegte die Füße in der Luft. „Sagtest du dies nicht ebenfalls, Pipp?“ „Oh.“ Der Angesprochene hob die Augenbrauen. „Viele Augenblicke sind seitdem vergangen… und mindestens genauso viele Stücke.“ Sie nahmen mich nicht ernst… ich legte den Kopf schief und die beiden begannen abermals zu lachen. Und, wie man es auch drehte und wendete… ihre Gesellschaft tat mir gut und ließ sich wohl durch nichts ersetzen. Sie und ihr Humor waren wahrhaft einzigartig. Wieder spürte ich, wie sich meine Lippen zu einem Lächeln formten und ich gab der Schwäche nach und aß so das dritte Stück. „Ist es dir bekannt, Legolas? Dieses Problem…“, brummte Pippin mit ernsthafter Miene, doch sah ich hinter dieser ein Grinsen und den Beweis, dass er erneut feixte. „Was meinst du?“, fragte ich also. „Ich kenne es zur Genüge“, fuhr er fort. „Sobald dir etwas wahrlich Delikates in die Quere kommt und du einmal davon naschst… kommst du nicht mehr davon los.“ Merry lachte leise und ich verzog grübelnd die Augenbrauen. Nein, eine solche Zügellosigkeit war mir nicht bekannt… doch schienen sich die Hobbits wortlos zu verständigen und versteckt trafen ihre Ellbogen die Rippen des Anderen und ihre Aufmerksamkeit schnell wieder den Beutel. Ich schluckte hinter und blickte flüchtig um mich. Wie schnell die Zeit verstrich… ich spürte, wie die Wärme sich zurückzog und die nächtliche Frische ankündigte. Bald würde es dunkeln und ich wollte mich der Meditation hingeben, um dem morgigen Tag mit Körper und Geist gewappnet zu sein. „Wie lange du an einem so kleinen Stück kauen kannst“, rief mich Merrys begeisterte Stimme aus meinen Gedanken. Irritiert sah ich ihn an und bemerkte auch Pippins Aufmerksamkeit. Sie starrten zurück. „Ich bin fasziniert.“ „Hier, nimm zumindest noch das eine.“ Und ich betrachtete mir das nächste Stück, welches mir Pippin beinahe unter die Nase hielt. „Du sagtest selbst, dass es köstlich ist… so tue deinem Gaumen einen Gefallen.“ Nun… man musste es nicht erst versucht haben, um zu wissen, dass es heikel war, Diskussionen mit einem Hobbit zu beginnen, der von seinem Vorhaben überzeugt war. Und da es gar zwei waren, gab ich nach, griff auch nach dem Vierten und kam auf die Beine. „Hast du vor, zu gehen?“, erkundigte sich Merry und ich nickte geduldig. „Mein Tag war voller Ereignisse, die mich nun dazu treiben, Ruhe zu suchen.“ „Dann wünsche ich dir, dass du sie findest“, lächelte Pippin und lehnte sich bequem zurück. „Auch wir werden bald etwas schlafen. Es ist doch recht ermüdend, einer solchen Routine nachzugehen und in ihr so arbeitsam zu sein.“ Und ich antwortete mit einem Nicken. „Habt Dank für die köstlichen Happen“, und ich hob das letzte Stück. „Sicher werden wir uns morgen wieder sehen.“ Lange noch trug ich das Stück unentschlossen in meiner Hand mit mir, vergaß es gar für wenige Momente, in welchen ich mir die Bauten betrachtete und dies nicht genug tun konnte. Nun, da ich wieder meiner ruhigen Wege ging, hatte ich den Entschluss gefasst, noch etwas die frische Luft der Nacht zu genießen… mich an ihr zu laben und bequem unterwegs zu sein. Auch während meine Füße sich stets voreinander setzten, konnte ich in leichte Meditation hinabdriften. Sinne, die mich vor Gefahren warnten, konnte ich ebenso abschalten… da mir hier keine Wagnisse begegnen würden. Während meines Weges war die Sonne ebenso flink wie ich und bald versank sie hinter dem Horizont und mit ihr die Geschäftigkeit der Lärm der Straßen. Langsam doch stetig leerten sich die Wege, Kerzen an den Fenstern wurden gelöscht, Türen geschlossen, Fackeln entzündet. Dies waren wohl die Stunden, die ich dem Tageslicht vorzog und irgendwann saß ich auf dem Gestein einer alten Mauer und überblickte die weite Ebene Gondors. ~*~ ~*to be continued*~ Kapitel 30: *~wethrin~* ----------------------- ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ wethrin - schattenhaft ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Aragorn: Ich glaubte, meine Ohren spielten mir Streiche, auf dass ich durch falsche Orientierung die falschen Worte wahrnahm. Mit gerunzelter Stirn, mit unwirschen Blicken durchforschte ich das Gesicht des Heilers, hoffte auf eine Mimik, eine Reaktion, die mir sagte, dass das, was ich zu hören geglaubt hatte, nicht unwiderlegbar war. Doch das Antlitz blieb dasselbe, selbst nach langen Momenten der Stille. Trocken war meine Kehle, staubig mein Mund und obgleich ich hart schluckte, änderte sich nichts an dieser Tatsache. Hatte ich ihn denn nicht kurz vor der Morgendämmerung verlassen? Was erzählte er mir? „Herr…“, sprach der Alte ruhig, jedoch leicht abgewandt, da das Wehklagen im Raum nicht abnahm. „Ihr werdet nur ein leeres Bett vorfinden. Der Leichnam wurde bereits fortgebracht. Wir verloren viele diese Nacht.“ Eine Leere breitete sich in meinem Kopf aus, die jegliche Gedanken verdrängte. Es war mir nicht klar… und unbesonnen und standhaft verblieb mein Blick ohne Blinzeln auf dem Gesicht des Anderen. Mir fehlten die Worte. Der Glaube ebenso. So unwirklich die Vermutung fiel, dies musste ein Fehler sein! „Euren Bemühungen zum Trotz, entzündete sich die Wunde und zu tief war sie, als dass eine Rettung gelang.“ Seine Worte brachten meinen Körpern zum erzittern. Das Wehklagen wurde laut und nachdem er sich zögerlich umsah, mir einen weiteren Augenblick des Verständnisses gab, spürte ich den Druck seiner Hand auf meiner Schulter, ehe er sich abwandte. Ich verblieb benommen inmitten der Geschäftigkeit und alles um mich herum schien einzustürzen, auf dass ich gnadenlos fiel. Hatte Darion nicht gelächelt? War er nicht beruhigt und verpflegt…? Gedrungen biss ich die Zähne aufeinander und senkte den Kopf. Wie kalt war es inzwischen geworden? Fröstelnd und mit einem Schlag gehetzt, wandte ich mich ab. Gleichgültig den Wehleidenden gegenüber verließ ich den Raum, so wie ich ihn betreten hatte. Rief man nach mir? Waren es Stimmen, die nach mir verlangten, bevor ich die Tür hart zuschlug? Nichts mehr schien meine Wahrnehmung zu erreichen, nicht einmal der Wind, der mir das Haar wild ins Gesicht wehte. Ich benötigte nun keinen Wegweiser. Stark traten meine Füße auf den festen Boden und noch ehe ich meinen Blick heben konnte, hatte ich die oberste Ebene verlassen. Mein Kiefer schmerzte. Ich spürte, wie die Zähne knirschten, wie sie weiterhin aufeinander bissen und sich unter keinen Umständen voneinander lösen konnten. Durch wirre Strähnen fuhr mein Blick die düsteren Stufen entlang, die nur vom schwachen Licht der Fackeln zu ihren Seiten beleuchtet wurden. Sie warfen Schatten, wie unkontrollierte Gebilde und Statuen mussten sie halten, so unbeweglich die Lichterquellen waren. Spürte man die Trauer nur bei Lebewesen, denen man begegnet war? War die hastende Silhouette an den Mauer die meine? Ich rannte. Ein kalter Schauer verlief stichelnd über meinen gesamten Körper, hinterließ eine Gänsehaut, die regelrecht schmerzte. Dennoch spürte ich die Kälte nicht, die einzig die Nachtluft bringen konnte. Noch trockener fühlte sich die Kehle nach Verlassen eines weiteren Ringes an und s besserte sich nicht, als ich bereits die Stufen zum weiteren Abstieg in Sicht kommen sah. Mein Atem raste unwillkürlich, da ich das Tempo meiner eigenen Beine nicht kontrollierte. Es war wie eine dunkle Schattengestalt, die mich verfolgte, die mich quälend zur Hetzjagd antrieb. Es war die reine Furcht, ohne zu wissen, wovor ich abermals davonlief. Es hatte kein Ende! Die Verschürzung meiner Gedanken entpuppte sich als Lähmung meiner Beherrschung. Ich sah mich um, wusste nicht, wo ich war und rannte unentwegt weiter, während sich ein Stechen in meiner Seite offenbarte. Die Lichter um mich herum, erfüllten mich mit kaltem Entsetzen, als würden sie mich verfolgen und mir Spott entgegenbringen. Und während sie um mich herum tanzten, an den Decken der hohen Hallen oder zu meinen Füßen, rauschte ein monotoner, permanenter Klang in meinen Ohren. Verkrampft verankerte ich die Hand in meinem Hemd, hastig rang ich nach Luft und schwankte. Ganz gleich, was an dem heutigen Tag passierte, es glich einem Sturm wirrer Fetzen, die nicht mehr zueinander fanden. Ich wusste doch nicht, wovor ich floh! Ruckartig gab ich mir ein Zeichen, stolperte beinahe über meine eigenen Füße und kam zitternd zum Stehen. Ein weiteres Mal sah ich auf, zog die Brauen zusammen und stellte mich den Fackeln, die den Blick zu weiteren Stufen preisgaben und während ich glaubte, meine Finger würden taub sein, bemerkte ich erst jetzt, dass die Banner an den maroden Wänden still verblieben. Welche Kälte trieb mich? Erneut schloss ich den Mund, atmete durch die Nase und versuchte mich zu beruhigen. Doch wie sollte es gelingen… es war der Tod, der mich trieb. Es war der Tod eines Anderen, der mir Angst machte und mir meine Unfähigkeit vor Augen führte. Das Bild vor meinen verschwamm und ich zwinkerte hastig. Flüchtig fuhr ich mir dem Handrücken über die schweißnasse Stirn. Ich sah mich um und löste das anliegende Hemd von meiner Haut. Allein auf der Straße, war von der Lebhaftigkeit der Stadt mit dem Verlassen der Häuser der Heilung nichts mehr übrig geblieben. Mir wurde bewusst… abermals bewusst, dass ich alleine war. Träge, schwerfällig… kraftlos setzte ich einen Fuß vor den Anderen. Die Orientierung verlief sich in meiner Gedankenwelt, in der ich mich mit dem Jungen unterhielt. Hatte ich nicht gesagt, wie tapfer und stolz er war? War er nicht ein guter Junge gewesen? Unruhig stemmte ich die Handflächen gegen die Mauer, die zur Treppe hinabführte. Meine Kräfte gaben nach. Ich spürte es genau. Hatte Gandalf es nicht vorausgesagt? Abermals? Ich vernachlässigte meine Pflichten, gleichgültig, wie sehr ich mich in sie vertiefte! Kaum, dass ich mich gegen den an die Wand gestemmten Arm lehnen wollte, gab er nach und ich prallte hart mit der Schulter gegen das Gestein. Meine Glieder schmerzten und der Ton in meinen Ohren gab nicht nach. Es war, als würde das Blut in meinen Adern sich aus meinem Körper stehlen und einen letzten, lauten Gruß hinterlassen. Ich hatte ihn im Stich gelassen. Ich hatte nicht beilegen können, was niemals hätte zur Debatte stehen sollen. Gandalf hatte Recht. Er hatte mit vielem Recht und dennoch verblieb der Trotz der Ungerechtigkeit in meinem Kopf. Wieso war meine Schwäche eine derartige Waffe? Wieso war meine Unachtsamkeit so offensichtlich? Wieso war für den Einen so klar, was ich in meinem überreizten Handeln nur allmählich zu verstehen begann? Laut stahl sich die Luft aus meiner Lunge. Weshalb nur, war alles, was ich tat, die reine Scheinheiligkeit einer verlockenden Lüge? Endlich tat ich einen Schritt zur nächst tiefern Stufe und ich verschätzte die Höhe ihrer und verlor den Halt. Hatte ich mir nur selbst helfen wollen? Schmerzhaft fiel auf die Knie und kippte vornüber. Uneingeschätzt versuchte ich mich mit meinen Händen abzufangen und scheiterte. Ein dumpfes Wimmern drängte sich durch den verschlossenen Kiefer und verlor sich augenblicklich hinter den zusammengepressten Lippen. Die Kälte des Bodens schaffte es nicht annähernd, meine erhitzte Stirn zu kühlen und der Schmerz und tobte in ihr, als wäre ich mit dem Kopf zuerst gestürzt. Bebend wanderten meine Finger durch den Dreck des Bodens, zogen sich zusammen zu Fäusten und gingen gnadenlos auf den Widerstand nieder. Verflucht! Ich kniff die Augen zusammen, zwang mich, den Mund zu öffnen und gab einen kläglichen Laut frei. Meine Miene verzog sich zu einer einzigen Ungestalt, zeitgleich, wie ich geräuschvoll ein und stockend ausatmete. Ich glaubte, zu ersticken. Meine Innenwelt stahl sich davon, wusste ich doch nicht einmal, weshalb dies geschah und ich am Boden kauerte. Ich wand mich, streckte die Arme von mir, zog sie wieder zurück an meinen Körper und atmete die staubige Luft. Bevor ich sie im Körper spürte, drang sie wieder hervor und unkontrollierter wurde eine Begierde nach einem tiefen Atemzug, unwirscher das krauchende Geräusch des Stoffes im Kies. Krampfhaft versuchte ich den Kopf zu heben. Meine Augen brannten, schmerzten grausam, ohne etwas Deutliches preiszugeben. Vor mir erstreckte sich der dunkle Pfad aber ich war längst nicht mehr fähig, diesen zu erkennen. Verschwommen blieb das Blickfeld, nass die Spur auf meinen Wangen. Ein Rinnsal aus Abscheu gegen das, was hier am Boden lag und über sein Schicksal klagte. Nichts hatte mir Ruhe oder Gewissheit verschafft! Nichts hatte mich zu der Person gemacht, die ich sein musste. Es war ein Wehklagen, das auf dieser Straße widerhallte, ohne, dass es gehört wurde. Welch Boshaftigkeit hatte sich in mir festgesetzt, dass ich glaubte, den Boden unter meinen Füßen zu verlieren, wäre nicht mein eigenes Verschulden?! Welch Narretei, es immer weiter zu versuchen, damit ich stolz sein konnte, auf den tapferen, ehrenvollen Menschen, der ich zu sein glaubte! War es denn wahr?! Und zu nichts weiterem war ich imstande, als darniederzuliegen, zu weinen und zu fluchen, in der Hoffnung, niemand hörte mich. Ich schlug die Hände gen Boden, zerbiss mir regelrecht die Lippen und dachte nicht mehr darüber nach. Es war, als läge ich auf Eiseskälte, die sich wie Nägel in meinen Leib bohrte. Es war der Schmerz, der sich ungebremst aufzeigte, ohne mir zu erklären, wo er herkam. Ein einziger Hohn, den mir die schlafende Stadt in ihrer Stille zurecht auflastete, auf dass das Wehklagen eines einzigen Mannes unbeobachtet und strafend die Zeit überdauerte. ~*~ Legolas: Die Struktur dieses Pilzes offenbarte sich in interessanten Facetten, wenn man ihn in den Schein einer nahen Fackel hielt. Bequem ließ ich die Beine hängen, bewegte sie etwas und in die gründliche Betrachtung vertieft. Annähernd hätte ich ihn noch länger in der Hand gehalten, doch nun, da mir der Sinn danach und die nötige Ruhe zur Verfügung stand, war ich gerne offen für eine Beschäftigung, die in ihrer Art nutzlos und überaus unspektakulär war. Das Gestein unter mir blieb bequem und ich schöpfte tiefen Atem, wenn mich nächtliche, kühle Brisen erfassten. Sie war jung… und doch schon so finster. Die Nacht hatte sich rasch über uns geneigt und ich war gewillt, nicht mehr lange an ihr teil zu haben, indem ich hier auf der Mauer saß und mir diesen Pilz betrachtete. Doch die Gedanken, die frei und ergiebig in mir auflebten, führten mir vor Augen, wie gerne ich diese nächtliche Abgeschiedenheit hatte, wie sie auf mich wirkte. Es blätterte von mir… all das Erlebte, die Sorgen, die der Tag mit sich brachte. Der Tag war vorbei. Bald löste ich die Augen von dem Pilz und hob ihn zum Mund. Ich aß ihn beiläufig, während ich über die Stadtmauern hinaus und gen Horizont blickte. Nur ein mattes Licht machte diesen noch aus. Die letzte Existenz der Sonne, während der Mond bereits über uns stand. Abermals schöpfte ich tiefen Atem, senkte die Lider, als mich der Wind erfasste und kaute genügsam. Sobald ich aufgegessen hatte, sollte ich mich auf den Weg machen, in meine Kammer finden und bis zum Morgengrauen in ihr und tiefen Meditationen verweilen. Angesichts des fortwährenden Treibens auf dem weiten Feld Gondors und den nicht ausbleibenden Anstrengungen, wuchsen sie empor zu einer Notwendigkeit, ohne die sich meine Konzentration sowie meine Kräfte binnen des kommenden Tages kaum noch beanspruchen lassen würden. Zulange hatte ich mir die Kraftschöpfung versagt, zulange von ihr abgehalten worden… wenn auch aus gutem Grund. Ich schluckte hinter, ertastete gedankenverloren das letzte Stück mit den Lippen. Verräterisch… wie meine Glieder das reglose Verweilen begrüßten. Nicht, als sei dies ein unerhebliches Hier sitzen, es ähnelte mehr noch einer Notwendigkeit, die ich so nicht akzeptieren konnte. Ich war müde… die Schwäche ließ sich spüren und ich begann mich zu regen, um nicht weiterer Trägheit zu verfallen. Es würde mich nicht an einen anderen Ort ziehen, wenn ich mich zu sehr mit diesem anfreundete. Gemächlich stemmte ich mich so nach oben, stand auf der Mauer und spazierte über sie hinweg. Neben mir gähnte der Abgrund und ich schluckte hinter, bevor ich ihm den Rücken kehrte, mit einem entspannten Sprung den sicheren Boden erreichte und mich sogleich in Bewegung setzte. Meine Beine hatten mich in seltsame Richtungen getragen. Ich fand mich kurzweilig nicht wieder und blickte um mich, bevor mein Weg Formen annahm und ich ihm entspannt folgte. Flüchtig tastete ich nach dem Köcher, während ich durch die Nacht schlenderte, überprüfte dessen Halt und fuhr mir gleichsam mit dem Handrücken über den Mund. Eine Sättigung… annähernd kam es einem regen Überdruss gleich, nach welchem ich lange Zeit keinen Hunger mehr verspüren würde. Es war wohl annähernd schauerlich, welch eine Anzahl dieser Pilze Lebewesen verspeisen konnten, die von weitaus geringerer Größe waren, als ich. Ich schmunzelte bei den Erinnerungen an ihre heiteren Mienen und es war gewiss, dass sie heiter blieben und ihre Mägen widerstandsfähig genug. Ich durchschritt einen schmalen Torbogen, blickte nach beiden Seiten und näherte mich einer schmalen Straße, die steil hinauf führte. Ich musste lange abwärts gegangen sein und es war kein geschwinder Weg, bis ich die Tür hinter mir schließen konnte. Lautlos trat ich über groben Kies hinweg, still flüchtete sich mein Schatten über die steinernen Fassaden der hellen Häuser, als ich eine Fackel umging. Entspannt blickte ich vor mir zu Boden und tat dies bald absent, da sich selbst mein Atem beruhigte und ich eine jede Bewegung meiner Hülle überließ, um mein Inneres der Schwerelosigkeit zu übergeben, in welcher ich die Meditation bereits begann. Gedanken erstarben, Fetzen der Erinnerung erloschen, sowie ein jeder Muskel meines Gesichtes keine Arbeit mehr zu verrichten hatte. Ich bewegte mich geräuschlos, während das Bewusstsein für meine Glieder an Kraft verlor und sich meine Ohren in natürlicher Vorsicht auf etwaige Geräusche fixierten, die sich fernab erhoben. Stimmen… wohl weit entfernt, Schritte, die bald verstummten… Die Realität blieb gegenwärtig, nur ich verblich in ihrer Intensität und setzte teilnahmslos einen Fuß vor den Anderen. Und ich spürte es… wie ich mich rasch locken ließ, wie mein Selbst unaufgefordert in die Abgeschiedenheit driftete, als gäbe es nichts anderes, wonach es sich sehnte. Es war nötig und ich erreichte eine Treppe, stieg sie empor. Dumpf flatterte ein Banner unter einer Böe, die sich durch schmale Gassen schlang und wie ein Schatten flüchtete sich ein Tier von einer Nische zur anderen. Ein Mann kreuzte meinen Weg und schweigend zogen wir aneinander vorbei. Ich ging lange, so vermutete ich es, bevor ich zum Stehen kam. Mein Leib entriss sich der gedankenlosen Regung und als ich es wahrnahm, mich wachrief und aufblickte, fand ich mich auf einem kleinen Platz wieder. Dunkel umgaben mich die Bauten, finster gähnten die Gassen zwischen ihnen und ich blinzelte, schöpfte tiefen Atem und wandte mich um. Dort war mein Weg, der mich hierher führte und ich betrachtete mir den, der vor mir lag. Mein Ziel war bald erreicht; ich erkannte die Gegend wieder, meinen Standpunkt. Hier war ich oft gewesen und ein weiterer Torbogen war es, den ich hinter mir zu lassen hatte. Meine Sinne schärften sich, wenn auch unwillig und träge. Die Kühle der Nacht drang durch den Stoff meiner Kleidung, die Umwelt begann wieder auf mich zu wirken und ich presste die Lippen aufeinander, verzog die Miene, da ich es nicht verstand. Ich fühlte mich nicht alarmiert und doch hatte mich etwas zu dieser Aufmerksamkeit getrieben. Nicht ohne Grund. Ich hatte Vertrauen in mich und abermals sah ich mich um, betrachtete mir die Umgebung und ließ jenen Bogen nunmehr außer Acht. Was geschah…? Etwas war hier nicht rechtens. Ich schürzte die Lippen, drehte mich zur Seite und verspätet bemerkte ich dort diese breite steinerne Treppe, die hinaufführte zu ziellosen Mauervorsprüngen. Ziellos drifteten meine Pupillen über eine dunkle Silhouette hinweg und ich verengte die Augen, um meine Sicht zu schärfen. Noch immer war sie eingeschränkt… die Nacht war mir seit einiger Zeit kein Gönner mehr. Und doch… ich erkannte eine Gestalt, die, verborgen in fackelloser Finsternis, dort auf den Stufen kauerte. Zusammengesunken, so schien es und reglos, wie ein Schatten es nur sein könnte. Festgenagelt auf dem kalten Gestein… leblos. Ich verharrte an Ort und Stelle, meine Körperhaltung entspannte sich und ich bemerkte, wie kalt diese Nacht geworden war. Nur flüchtig löste ich meine Aufmerksamkeit von jener Gestalt, unbegründet erforschte ich die weitere Umgebung erneut, bevor ich den Kopf senkte, erneut zu jener Treppe spähte. Ein seltsames Geschick, dass auf meine werte Ruhe, in der ich saß und ging, ein solches Bild folgte. Eine Spiegelung der Tatsachen, vereint in nur einem Moment, in welchen ich die Gestalt erblickte. Ich musste mich nicht zur Wehr setzen, da mir meine Gedankenwelt, soeben noch erlegen und ruhig gestellt, vor Augen führte, wie es um die Hoffnung stand. Viele Menschen musste es in dieser Stadt geben, die sich der Bedrohung sicher und sich ihres Lebens alles andere als das waren. Wir taten viel, um eine Hilfe zu sein. Aragorn, Gimli, die Hobbits… wir alle setzten uns ein und doch war diese Gestalt ein Sinnbild alledem, was hinter etwaigen Anstrengungen lauerte. Die Realität. Noch immer nahm ich keine Regung der Gestalt wahr und wüsste ich es nicht besser, so würde ich meinen, einem Trugbild ausgeliefert zu sein. All die Widersprüche zu meinem Empfinden… ich senkte die Augen zum dunklen Kies hinab, presste die Lippen aufeinander und verschränkte die Arme vor der Brust. Ich selbst mochte mich durch Taten verschließen, mich durch Zuversicht blenden und mit einem jeden Moment, in welchem ich dort verharrte, entfernte ich mich von der Meditation und mein Sinnieren sich vom nötigen Erliegen. Es war bekümmernd… und ein Zeichen der entkräfteten Kapitulation, neben der kein Ausweg zu existieren schien. Dass man sich zurückzog, sich einsam in die Stille der Nacht flüchtete, um die Einsamkeit alleine mit seinem Schmerz zu teilen. Eine Gestalt, die ich ebenso bedauerte wie beneidete. Ich stieß einen langen Atemzug aus, löste die Arme voneinander und wandte mich meinem alten Weg zu. Man suchte nicht die Einsamkeit, um Gesellschaft zu bekommen. Ein jeder fand den eigenen Weg, um zu bewältigen und ich wollte nicht stören. Ich tat einen Schritt nach dem anderen und blickte zu jenem Torbogen. Ich musste meditieren… um zu dem fähig zu sein, was in meiner Möglichkeit lag. Mein altes Vorhaben, welches ich mit meinem Willen zügelte… weniger mit meinen Gedanken und meinem aufrichtigen Wollen. Still drifteten meine Augen zur Seite, richteten sich zielstrebig auf jene Gestalt und ein jeder Schritt, den ich tat, ließ mich einen Fehler befürchten. Welcher Art… welchen Ausmaßes… ich wusste es nicht, doch meine Bewegungen erlahmten, bis ich zum Stehen kam. Welche Hilfe konnte ich erbringen, wenn ich sie auf den Tag und meine Kräfte reduzierte? Wozu man mich gebeten hatte, das tat ich, doch war Hilfe weitaus mehr, als die Anwesenheit während des Umganges mit Waffen. Ich half dem Krieg, nicht dem Menschen. Und ich erwartete die Ruhelosigkeit, wenn ich meine Kammer betrat, nachdem ich nun weitergegangen wäre. Es gab Hoffnung… für uns… für Gondor, Mittelerde. Es gab sie immer und hatte ich daran gezweifelt, so hatte Aragorn mir diese Tatsache vor Augen geführt. Immer… ja, immer wieder, während er voranging, ohne stehen zu bleiben. Er hatte es gesagt, vor Menschen… er hatte es gezeigt und meinen Glauben gestärkt. So verließ ich meinen Pfad, bog zur Seite und schritt über diesen Platz zu jener Treppe. Ich plante keine Worte, schöpfte keinen Atem, keinen Mut. Die Einsicht, dass ich nicht der Richtige für Ermutigung zu sein schien, war mein Begleiter. Mir ebenso nahe, wie der Schatten in meinem Rücken, in welchem ich mir Aragorn wünschte. Er konnte ermutigen. Ich stellte mich den Tatsachen offen, betrachtete mir den Kies, der gemächlich unter meinen Füßen vorüber zog und bald darauf das dunkle Gestein der untersten Stufe. Ich hatte die Treppe erreicht, betrat sie sogleich und richtete mich auf. Ein Mann schien es zu sein, der dort oben kauerte. Seine Statur war offensichtlich und ich fühlte mich bestätigt, als ich ihn mir erneut betrachtete. Nur flüchtig, bevor ich weiter hinaufstieg und die Schwäche in meinen Knien spürte. Leise und unscheinbar war ihre Rebellion gegen mein Gewicht, das sie zu tragen hatten. Und doch gab es mir zu denken, da es selten vorkam… da ich selten… in eine solche Verfassung gedrängt wurde. Stumm bewegte ich die Lippen aufeinander, regte die Schultern unter einer gewissen Verspannung und meinte, den Menschen nun bald erreicht zu haben. So richtete sich meine Aufmerksamkeit abermals auf mein unsicheres Ziel. Es war mir beleibe recht nahe… Ein Mann… in sich zusammengesunken, den Kopf tief geneigt, das Gesicht verborgen, in sich selbst verkrochen. Und strähniges dunkles Haar, das sich einer jeden Böe ergab… Ein dumpfes Stechen pulsierte in meiner Brust und reglos verblieben meine Füße auf den Stufen, als wären sie an das Gestein gebunden… genagelt. Eine jede Gelöstheit und Offenheit, in welchen ich dem Menschen begegnen wollte, wurden mir entrissen und mein Atem versiegte hinter meinen Lippen, die leicht geöffnet und stumm verblieben. Das Entsetzen trieb alles in mir zu völliger Achtsamkeit, etwaige Erschöpfung bröckelte von mir wie die Farbe und die Entspannung meines Gesichtes. Das Haar… ich starrte es an, als sei es der einzige Verräter, der mir die Identität des Mannes entschleierte. Alles an ihm war mir bekannt… und gespenstisch die Gewissheit, die ich schon eher besessen haben musste. Ich bewegte mich nicht, starrte zu ihm auf und stockend schien ein Teil des Lebens in seine Glieder zurückzukehren. Er regte sich, nur kurz und ziellos… ein dumpfer Atem, einem erstickten Keuchen gleich. All das, wozu ich nicht fähig war. Was tat er hier… an einem solchen Ort, mit einer solchen Einsamkeit…? Was trieb ihn dazu, hierher zu finden…? Fragen, die ich mir nicht stellte… die ich mir nicht stellen konnte, da ich allein ihn vor mir sah und mich selbst in diesen Momenten völlig erstarrt. Keine Erklärung, keine Kraft, nach einer solchen zu suchen… Ich stand hier und nicht weit vor mir kauerte er. Es war die Realität… wie gesagt, und sie war ein bitteres Schreckgespenst, dem ich keinen Glauben schenken wollte. Ein fahriges Blinzeln und noch immer kauerte er dort. Kapitulation ohne Auswege, nicht wahr…? Schmerz, den man der Nacht schenkte… und ich spürte, wie ein Zucken meine Mimik durchfuhr. Ich wurde mir der dringenden Tatsache bewusst, dass ich mich bewegen sollte… handeln… sollte. Ein Mensch war es, um den ich mich zu sorgen, entschieden hatte. Doch die Identität raubte mir einen jeden Glauben. Aragorn… Ein Beben erfasste seinen Körper, ein dumpfer Laut mein Ohr und geräuschvoll rang ich nach Luft. Fieberhaft wollte sich mein Körper ihm nähern, doch bewegten sich meine Beine nur stockend und ohne einen Schritt zu vollbringen. Gedanken, Vermutungen, Auswege… ich wollte mich verfluchen, dass ich nichts zustande brachte und ein dumpfer Druck schien mein Herz zu umschließen, es zu zerdrücken. Bewegen… ich musste mich bewegen und fieberhaft zwang ich mich dazu, setzte leise, gar unsicher auf den Stufen auf, stieg zu ihm und wusste beileibe nicht, was ich tun würde, sobald ich ihn erreichte. Benommen und wie durch Eis gelähmt, ließ sich mein Körper handhaben… nur langsam und ungeschickt, bis ich der Erschütterung nachgeben konnte. Vor ihm ließ ich mich sinken, hinauf die Knie, um zu ihm aufzuschauen. Meine Hände… ich hob sie ziellos. Wollte ich ihn berühren…? Warm, ja, glühend heiß schien die Atmosphäre zu sein, in welche ich durch seine Nähe eintauchte. Direkte Betroffenheit, die in mich drang, wie es eine Klinge nicht könnte. Ein jedes Geräusch nahm ich wahr, eine jede Bewegung, eine jede Verzweiflung… Kraftlosigkeit… Mir gelang ein Blinzeln, so hielt ich auch die Hände kurz erhoben, nur, um sie wieder sinken zu lassen und nach Atem zu ringen. Starr blieben meine Augen noch immer auf sein Haar gerichtet. Schwer fiel es ihnen, sich zu lösen, flüchtig und ziellos über seine Schultern, seine Arme zu schweifen… Ich wusste nicht, was es zu tun galt… was in meiner Kraft stand… „Aragorn…“ Ich selbst vermochte es kaum, die eigene Stimme zu vernehmen. Sie erhob sich gleich eines Flüsterns, welches der Wind mit sich brachte. ~*~ Aragorn: Das war es, was ich darstellte. Kraftlos hob ich die Hände zu meinen Haaren, verankerte sie festigend in den wirren Strähnen und senkte das Kinn auf die Brust. Zermürbt kniff ich die Augen zusammen und ließ jede aufkeimende Böe unbeachtet in meinem Empfinden. Wie hilflos ich mich fühlte. Der Druck, der sich in meiner Kehle bildete, ließ mich würgen und ich gab dem erstickten Keuchen nach, hustete und holte rasselnd Luft. So viele Fehlschläge und Verluste und zu mehr war ich nicht imstande, als für mich und meine Leitung Tränen zu vergießen. Wenn ich an die heiteren Stunden dachte, die ich am letzten Tag erlebte, noch bevor dies alles in einem Schloss aus Sand zusammenfiel, schollt ich mich und klagte mich an wegen meiner Heuchlerei. Zu viel Zeit hatte ich mit Lächeln bedacht, zu viel Aufmerksamkeit auf eine Person gelegt, welche doch auch ohne meine Nähe fähig war. Konnte er doch auch ohne mich richtige Entscheidungen treffen, ohne dass meine Fürsorge von Nöten war. Gehetzt schöpfte ich Atem und behielt ihn ein, unterdrückte jede Bewegung meines Körpers, spannte die Muskeln und verschloss mich völlig der Außenwelt. Ich hatte nur an mich gedacht! Nur an mir mögliche Bewältigungen der Aufgaben, die vor mir lagen. Mit wie viel Leichtigkeit hatte ich versucht die Anderen zu führen, hatte ihnen große Reden entgegengebracht und wollte Hoffnung zeigen. Hier lag ich und hier zeigte sich all mein Stolz! Ich weinte und verfluchte mich selbst. Darion... und all die Menschen, die in dieser Schlacht fielen. Wären es nicht weniger gewesen, hätte ich meine Pflichten besser wahrgenommen? Wenn ich ohne Zögern gegangen wäre und ohne jegliche Ablenkung. Hätte ich mich doch mehr der Heilung hingegeben... Mein Kopf dröhnte und ich krümmte mich und kroch noch mehr in mir zusammen. Bei wem konnte ich nur um Vergebung bitten...? Woran sollte ich mich festhalten, wenn alles, was ich berührte nach und nach zu Staub zerfiel... „Aragorn...“ Diese helle Stimme. Sie drang in mein Bewusstsein, noch ehe ich klar wahrnehmen konnte, wem sie gehörte. Doch diese Frage musste nicht gestellt werden. Unklar blieb das Bild vor meinen Augen, als ich sie öffnete und schwerfällig den Kopf hob. Das war doch Ironie... ich sah nicht auf, erkannte lediglich die Robe und dies war mir Bestätigung genug. Konnte es noch hinterhältiger, noch absurder sein, dass gerade er mich hier fand...? Abermals biss ich die Zähne aufeinander, wandte das Gesicht von dem seinen ab und hob die Hand. Feines Gestein rann über meine Wangen, als ich die Hand zu ihnen führte und versuchte die nassen Spuren zu verwischen. Jedoch eher noch bildeten sich neue und ich konnte sie nicht aufhalten. Was half es auch, es jetzt noch zu verbergen. Ich tat mir selbst Leid und wusste es nicht mehr zu verbergen. Auch kein Wort trat über meine Lippen, nur ein trockenes Räuspern, dass sich schnell im Luftholen verlor. Starr besah ich die Stufen vor mir, die dunklen Flecken auf dem hellen Gestein, zu denen sich immer mehr gesellten. Ich konnte es nicht stoppen, konnte mein Herz nicht beruhigen und noch weniger demjenigen ins Gesicht schauen, dem ich nicht weniger schuldig war, als Darion. ~*~ ~*to be continued*~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)