An wessen Seite von Fujouri (Tyki x Lavi x Kanda) ================================================================================ Kapitel 1: Sechshundert Stunden ------------------------------- Vierundzwanzig Stunden mal fünfundzwanzig. Daraus ergab sich die Anzahl der Stunden, in denen er gestorben war. Und noch immer starb. Die Stunden summierten sich. Tagein, tagaus. Er tippte die Spitze des Kugelschreibers auf das Kästchen. Er zog den Stift wieder zurück. Dann tippte er auf ein anderes Kästchen. Er tippte alle an, die um die paar Zahlen herum verteilt lagen. Er behielt die Spitze auf dem Kästchen, das nach dem Gleichheitszeichen folgte. Er seufzte. Kanda konnte nicht Kopfrechnen. Schon damals in der Grundschule hatte er Probleme mit dem großen Einmaleins gehabt. Und seit jeher hatte er es auch nicht mehr anwenden müssen. Wie ging noch gleich die schriftliche Multiplikation? Zieht man nicht einfach einen Strich unter die Rechnung und multipliziert die Zahlen nach und nach? Aber welche Zahl mit welcher? Kanda kratzte sich mit der Spitze des Kugelschreibers am Kopf. Dann riss er das karierte Blatt kurzerhand aus dem Block, zerknüllte es und zielte auf den Papierkorp. Er traf nicht. Mathematik ist völlig nutzlos. Kanda wusste auch ohne das Ergebnis, dass es sich bei fünfundzwanzig Tagen um verdammt viele Stunden handelt. Um Stunden, die dieser Baka Usagi sorgenfrei mit seinem neuen Macker verbrachte. Dieser schmierige Möchtegern-Latino, auf dessen Möchtegern-Romantik Lavi doch glatt reingefallen war. Nun war der Kerl zum Mittelpunkt Lavis Lebens geworden. Und Kanda Luft. Er hatte ausrechnen wollen, seit wie vielen Stunden er schon Luft war. Beziehungsweise tot. Mit der Zahl fünfundzwanzig gab er sich nicht zufrieden. Sie brachte seinen inneren Sterbeprozess nicht mal im Entferntesten zur Geltung. Es musste was Dreistelliges her. Es klopfte dreimal gegen die Tür. Kanda schreckte hoch. Als er bis zum Ende des Flurs lief und durch den Türspion sah, konnte er dahinter ein paar Haarsträhnen ausmachen, die nach oben hin abstanden. Im Sonnenlicht schimmerten sie silbern. Kanda rollte mit den Augen. Er zog die Tür auf und spürte Kälte an den Armen. Das Tageslicht blendete ihn. Sonne und Winter passen nicht zusammen. »Was willst du?« »Ich will überhaupt nichts.« Kanda beobachtete, wie Allen die Lider schmälerte und ihn fixierte. »Lavi will etwas.« Der Name jagte Kanda wie ein Stromschlag durch Mark und Bein. Was sollte dieser Quatschkopf von ihm wollen? Er hatte sich seit Tagen nicht gemeldet. Nach kurzem Schweigen stieß Kanda ein »...und was?« aus sich. Allen hob die große Tüte an, die er in Händen hielt und Kanda erst jetzt auffiel. »Hier.« »Was ist da drin?« Allen wirkte ungeduldig. »Irgendwelches Zeug von dir. Keine Ahnung. Ich bin gestern an Lavis Wohnung vorbeigelaufen, als er Schnee geschippt hat. Er ist reingegangen und hat mir dann, als er endlich wieder rauskam, die Tüte in die Hand gedrückt.« Er machte eine kurze Pause. »Er hat gemeint, da ich ja eh in deiner Nähe wohne, soll ich sie dir vorbeibringen...« Kanda nahm die Tüte mit Skepsis entgegen, ohne hineinzusehen. Er stellte sie im Flur ab. »Okay. War’s das jetzt?« Er hasste Allen. Eigentlich immer, aber heute noch ein Fünkchen mehr als sonst. »Zum Glück ja.« Zum Glück schien dieser Hass auf Gegenseitigkeit zu beruhen. Noch bevor Allen die Chance bekam, sich demonstrativ umzuwenden, stieß Kanda die Haustür zu. Ramsch. Alter, unbrauchbarer, seit Jahren in Vergessenheit geratener Ramsch. Ein verwaschenes Hemd, stapelweise Schulhefte aus der Oberstufe, ein Taschenmesser, Spielkarten, eine Tasse mit peinlichem Motiv und... Shorts. Wann hatte Kanda Lavi jemals Shorts ausgeliehen? Und warum bekam er sie nun mitsamt all dem anderen Kram zurück? Er wühlte sich bis zum Boden der Tüte. Während er die Inhalte beiseiteschob, flog ihm auf einmal ein Zettel entgegen. Von wem die krakelige Schrift stammte, hätte Kanda auch aus zehn Metern Entfernung erkannt. Er erinnerte sich prompt an ihre gemeinsame Schulzeit. Die Lehrer hatten Lavi ständig dazu aufgefordert, ordentlicher zu schreiben. Seine kryptische Kritzelei sei fast unlesbar. Sie hatten sogar damit gedroht, seine Klausuren mit null Punkten zu werten, sollte er sich nicht von seinen Hieroglyphen lossagen können. Dazu war es jedoch nie gekommen. Kanda mochte die Sauklaue. Sie passte zu Lavi; sie war fast so chaotisch und einzigartig wie er selbst. »Sorry, dass ich dir ausgerechnet Allen als Boten schicke... aber er war grad in der Nähe. Ich hab‘ ein wenig ausgemistet, wie du ja an deinem Zeug siehst. Ich bin so unfähig, ich weiß! Das nächste Mal, wenn ich mir was von dir ausleih‘, geb‘ ich’s dir sofort zurück, versprochen! > _ < Allen wartet draußen. Soll ich noch mehr schreiben? Dann fängt er an zu frieren. Fändest du wohl bestimmt ganz toll, was? ;-) Nein, so fies wie du bin ich nicht. Außerdem bin ich noch mit meinem Schatzi verabredet. ♥ Also, tschüssi, Yū-chan~« Kandas Blick wanderte von Zeile zu Zeile herab. Dieser Baka Usagi wusste sich einfach nicht kurzzufassen. Nun gut. Immerhin durfte Moyashi dank Lavis Schwätzer-Attitüde ein wenig zittern. Kandas Blick verharrte auf der vorletzten Zeile. Moyashis Leiden war ausnahmsweise kein guter Trost. Wertvolle Dinge, die man in Truhen findet, sind nicht auf menschliche Wesen übertragbar. Was Paare so toll an diesem elenden Kosenamen finden, würde Kanda brennend interessieren. Oder auch nicht. Er faltete den kleinen Zettel zweimal zusammen. Dann schob er ihn in die Hosentasche. Er seufzte, nahm die Tüte hoch, packte sie an den unteren Enden und leerte sie kopfüber aus. Das Hemd landete zuerst auf dem Boden. Alles Weitere plumpste entweder darauf oder fiel scheppernd auf den Laminatboden. Mitunter ein Taschenrechner. Kanda streckte mechanisch die Hand danach aus. Er fuhr mit den Fingerkuppen über die Oberfläche der Klappe. Er schob sie vom Taschenrechner und drehte sie um. Er betrachtete die Innenseite. »Für meinen Mathe-Noob. Dein Lavi « hatte der Quatschkopf damals mit seinem Hausschlüssel in das Plastik geritzt. Es war noch schlechter lesbar als das, was er mit Stift und Papier fabrizierte. Genauer gesagt war es somit nur für Kanda lesbar. Lavi und er glaubten, er sei der Einzige, der diese Schrift in ihren drei verschiedenen Schrecklichkeitsgraden entziffern konnte. Hierbei handelte es sich um den dritten. Kanda erinnerte sich. Lavi hatte ihm den Taschenrechner als kleinen Gag vor einer Matheklausur geschenkt. Als sie gelernt hatten, hatte er ihn bei Lavi zu Hause vergessen. Dieser hatte ihm versprochen, ihn gleich am nächsten Tag zurückzubringen. Das hatte nun etwa drei Jahre gedauert. Immerhin... Sechshundert. Dem Taschenrechner sei Dank. Oder auch nicht. Jetzt fühlte Kanda sich noch schlechter. Die dreistellige Zahl, auf die er vorhin so scharfgewesen war, brannte sich jetzt in roten Leuchtbuchstaben in sein Hirn und würde wohl für den Rest des Tages vor seinem inneren Auge aufblitzen. Oder für den Rest des Monats. Sechshundert Stunden sterben. Plus eine Stunde, wenn man Moyashis Erscheinen, das Ausleeren der Tüte und die Erinnerungsschwelgereien aufrundete. Schatzi - am - Arsch! -:-:-:- ende kapitel eins. --- Ich habe den Anfang der FF zu einem Zeitpunkt geschrieben, zu dem ich eigentlich für eine Matheklausur hätte lernen sollen. xD Jah... entschuldigt den 08/15-Plot. Ich hab‘ ihn mir im Zeitdruck zusammengesponnen. Ich mag AU auch überhaupt nicht, aber für ‘nen Plot, der ins 19. Jahrhundert passt, brauch‘ ich mehr Zeit...^^ Die FF ist im Rahmen einer von mir organisierten Wichtelaktion auf ff.de entstanden. Es gibt auch fünf Vorgabewörter, die ich einbauen muss, aber die werde ich hier auf Animexx nicht hervorheben. Liebe Grüße, Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)