Seelenschatten von Maginisha (wenn das Dunkel sich erhebt) ================================================================================ Kapitel 12: Nächtliche Entdeckungen ----------------------------------- Somewhere I belong (Linkin Park) And I've got nothing to say I can't believe I didn't fall right down on my face I was confused Looking everywhere only to find that it's Not the way I had imagined it all in my mind So what am I What do I have but negativity 'Cause I can't justify the Way everyone is looking at me Nothing to lose Nothing to gain hollow and alone And the fault is my own And the fault is my own Nächtliche Entdeckungen “Also ich verstehe das immer noch nicht.”, brach Ron frustriert seinen Aufsatz ab. „Erklär es mir noch mal! Warum brauchen Muggel dieses Ferne-Sehen?“ Harry stöhnte und rieb sich die Augen. „Es heißt fernsehen!“, beschwerte er sich, „und außerdem habe ich dir das jetzt schon dreimal erklärt. Es zeigt Dinge, die woanders in der Welt passieren, ohne dass die Muggel da selbst hingehen müssen. Sie haben schließlich keine Portschlüssel oder so was. Wenn sie reisen, dauert das eben manchmal sehr lange. Außerdem können gar nicht alle irgendwo sein, wo was los ist. Stell dir einfach vor, die Bilder im Tages-Propheten würden sich immer weiter bewegen.“ Rons Ohren waren inzwischen ganz rot, während er verzweifelt versuchte, Harrys Erklärungen mitzuschreiben. Dann betrachtete er stirnrunzelnd sein Gekritzel. „Hoffentlich kann ich das morgen noch lesen. Also ist das Fernsehen eigentlich nur so etwas, wie ein großes Fernrohr, dass sich die Muggel in ihr Wohnzimmer stellen.“ „Ja, so ungefähr.“, murmelte Harry, während er an seinem Aufsatz über Harpienfedern für Snape saß. Ron war so nett gewesen, ihm das entsprechende Buch zu besorgen, so dass Harry nicht Madame Pince um Erlaubnis hatte bitten müssen, um die Bibliothek betreten zu dürfen. Aber wenn Ron ihn weiter so löcherte, konnte er seine Arbeit vergessen. „Aber diese komische Maus… gibt es die auch wirklich?“, tönte Rons entnervende Stimme in Harrys Hausaufgaben. Der seufzte und entschloss sich, erst Ron zu helfen und dann seine eigenen Hausaufgaben zu machen. „Was für Mäuse denn nur?“, fragte er so liebenswürdig wie es ihm in seinem Zustand noch möglich war. „Na die mit den großen Schuhen und der roten Hose.“, erklärte Ron ernst „Warte mal, ich mal sie dir auf.“ Unter Harrys ungläubigen Blick entstand etwas, dass aussah wie die Kreuzung aus einer Ratte und einem Clown. Aber die Ohren waren wirklich gut getroffen. Für jemand der absolut nicht wusste, was er da zeichnete. Harry versuchte verzweifelt gegen sein Lachen anzukämpfen, doch schließlich verlor er und platzte lauthals los: „Ron, das ist Micky Maus. Die gibt es doch nicht in echt.“ Ron legte seine Stirn in angestrengte Denkfalten. „Du hast aber gesagt, dass das Muggel-Fernsehen Sachen zeigt, die es wirklich gibt. Und warum bitte schön gibt es die dann nicht?“ Er wies anklagend auf sein Bild. Harry japste immer noch und grinste Ron an. „Ich glaube, es ist ganz gut, dass ihr keinen Strom im Fuchsbau hab. Sonst wärst du wahrscheinlich auch eins von diesen fernsehsüchtigen Kindern.“ „Häh?“ Völliges Unverständnis stand jetzt auf Rons Gesicht. „Was für Kinder? Harry, warum lachst du so über mich. Das ist absolut nicht witzig. Ich habe auch nicht über dich gelacht, als du dich per Flohnetzwerk in die Nokturn-Gasse katapultiert hast.“ „Ok, ok, ich erklär´s dir.“, gluckste Harry. „Nicht alles, was du im Fernsehen siehst, ist echt. In Wahrheit besteht der größte Teil des Programms aus Unterhaltungs-Sendungen. Deren Inhalt ist erfunden und wird lediglich von Schauspielern dargestellt. Das sind Leute, die lernen so zu sprechen und auszusehen, als wären die Sachen, die sie sagen, echt. Das Ganze wird dann mit einer Kamera ausgezeichnet und kommt schließlich ins Fernsehen. So, als würde jemand Theater spielen, nur dass das eben überall zu sehen ist, wo die Leute einen Fernseher haben. Außerdem gibt es dann noch die Zeichentrickfilme. Die bestehen aus lauter aneinander gereihten Bildern, die alle fotografiert und dann ganz schnell hintereinander gezeigt werden. Warte mal, so…“ Harry malte schnell ein paar Strichmännchen und demonstrierte Ron, wie ein Daumenkino funktioniert. Dessen Augen hatten inzwischen die Größe von Suppentellern angenommen und seine Ohren glühten wie die Beleuchtung eines Christbaums. „Wow!“, sagte er immer wieder. „Wenn ich gewusst hätte, dass die Muggel solche Sachen haben… das muss ich Dad erzählen. Unfassbar.“ Während Ron sich wieder mit Feuereifer seinem Aufsatz widmete, sah Harry aus dem Fenster. Es hatte sich inzwischen schlechteres Wetter eingestellt und schwere Regntropfen klatschten monoton gegen das Fenster. Er stand auf und blickte hinunter auf die verlassenen Schlossgründe. Alles war grau und trostlos und Harry spürte, wie sich bei dem Anblick ein Kloß in seinem Hals bildete. Wütend ballte er die Hände in den Taschen seines Umhangs zu Fäusten. Er würde sich nicht unterkriegen lassen. Er würde Sirius zurückholen und dann wäre alles wieder gut. Sein Blick traf sich mit dem Blick seines Paten, dessen Reflektion jetzt deutlich sichtbar in der dunklen Fensterscheibe zu sehen war. Tiefschwarze Seen musterten Harry und er fühlte, wie ein eisiger Hauch seine Wange streifte. Erschreckt sah er sich um, doch dann erkannte er, dass lediglich eine Zweitklässlerin und ihre Freundin den Gemeinschaftsraum betreten hatten und der Wind jetzt kalt durch das Portraitloch fuhr. Von draußen konnte man noch die Fette Dame schimpfen hören. Er drehte sich wieder zum Fenster um. Sirius Spiegelbild war verschwunden, als hätte es nie existiert. Harry seufzte leise und setzte sich auf das Fensterbrett. Aufmerksam sah er sich in dem gemütlichen Gemeinschaftraum um. Einige Drittklässler unterhielten sich mit Ginny, die ihnen offensichtlich gerade mit viel Erfolg welche von Fred und Georges Nasch- und Schwänz-Leckereien verkaufte. Viele der anderen saßen noch über ihren Hausaufgaben und die, die schon fertig waren, spielten oder tauschten Schokofroschkarten. Irgendwie schien ihm das alles so weit weg zu sein. Harry zog die Beine zu sich auf das Fensterbrett, lehnte sich an die Fensterscheibe und schloss die Augen. Die leisen Gespräche, das Lachen, das ab und an auftretende Knallen der Karten einer Runde „Snape explodiert“, all das verschwamm langsam zu einem hintergründigen Raunen. Gehörte er eigentlich noch hierher? War das, was er hier lernte eigentlich noch wichtig? Er musste selber lächeln, bei dieser Frage. Natürlich war das wichtig. Schließlich musste er irgendwann mal die Welt retten. Wer sonst würde das schon machen wollen? Doch was wäre danach? Was wäre, wenn Harry wirklich irgendwann mal auf Voldemort treffen würde? Wie lange würde das wohl noch dauern. Lange sicherlich nicht. Dort draußen herrschte jetzt schon fast ein Ausnahmezustand. Hermine hatte beim Abendessen aus der Abendausgabe des Tagespropheten, die es seit einigen Wochen zu geben schien, vorgelesen, dass inzwischen sogar schon Muggel anfingen, die Vorgänge der Zauberwelt zu bemerken. Immer wieder kam es zu Übergriffen und Hinterhalten. Die Vergissmichs hatten alle Hände voll zu tun und waren inzwischen fast 24 Stunden am Tag im Einsatz. Die Scherze mit den explodierenden Toiletten vor einigen Monaten waren offensichtlich nur der Anfang gewesen. Heute Morgen hatten Voldemorts Anhänger ein Zugunglück in der Gegend von Stratford verursacht. Nur dem beherzten Eingreifen einiger Regierungszauberer war es zu verdanken, dass keiner der Muggel zu Schaden gekommen war. Harry wusste, dass wohl nur er diesem Wahnsinn irgendwann würde Einhalt gebieten können. Doch er hatte Angst davor. Wie sollte ausgerechnet er Voldemort aufhalten? Er hatte doch bis jetzt immer nur verdammtes Glück gehabt. Sicherlich, im letzten Jahr hatte er sich von den anderen überzeugen lassen, dass er tatsächlich etwas Besonderes war, aber jetzt… Eine Präsenz schon sich zwischen Harry und seine trübseligen Gedanken. Jemand war neben ihn getreten und er öffnete die Augen. Sirius stand neben ihm und sah auf ihn herab. Sein Pate stand so, dass er Harrys Blick auf den Gemeinschaftsraum fast völlig verdeckte. Harry fröstelte, als hätte ihm jemand bei einem Sonnenbad seinen Schatten auf ihn geworfen. Dann aber schloss er die Augen wieder und horchte in sich hinein. Er hatte in Solomons Buch etwas über die magischen Ströme gelesen, die den Körper eines Zauberers ebenso wie das Blut ständig durchströmten. Tief in ihm loderte mit einem Mal eine kleine Flamme auf und er ließ sie langsam wachsen bis sich ihre Wärme in seinem ganzen Körper auszubreiten schien. Seine magische Quelle. Sie würde es sein, die es ihm ermöglichte, Voldemort ein für alle Mal in die Flucht zu treiben. Harry spürte nicht, wie seine Hände taub und seine Füße eisig wurden. Er merkte nicht, wie seine Lippen blau wurden und hörte nur am Rande, wie Ron ihm zurief, dass er jetzt schlafen gehen würde. Harry war in seiner Magie und Sirius war bei ihm. Sein Pate half ihm, die Flamme zu schüren und die Verbindung stärker werden zu lassen. Sirius würde niemals zulassen, dass Harry etwas passierte, das stand für ihn fest. Er würde immer für Harry da sein… und die bewusste Welt versank wieder einmal im Dunkel. Harry erwachte von einem leisen Geräusch. Alarmiert wollte er hochschrecken, doch dann zwang er sich, regungslos zu verharren. Wo war er? Was war passiert? Was war das für ein Geräusch? Unter ihm befanden sich schwere Holzbohlen und seine Schläfe pochte, als hätte er einen heftigen Schlag erhalten. War das wieder eine Vision? Nein, dazu war das hier zu real. Außerdem lag er unter einer weichen Decke und wenn er sich den kleinen Bildausschnitt, den er durch die halbgeöffneten Augen sah, genau betrachtete, schien er sich immer noch im Gryffindor-Gemeinschaftsraum zu befinden. Aber warum lag er dann auf dem Fußboden und was waren das für Geräusche. Mit angehaltenem Atem lauschte er. „Oh nein, oh nein“, quiekte eine leise Stimme, die Harry seltsam bekannt vorkam. „Das wird Professor Dumbledore gar nicht gefallen.“ Diesem Satz folgte ein Hicksen und ein unglückliches Schluchzen zusammen mit einem leisen Klirren wie von… Butterbierflaschen? Harry rappelte sich nun doch vom Boden hoch und blickte sich in dem halbdunklen Raum um. Neben dem Kamin saß eine zusammengekauerte Gestalt, kaum größer als ein Cockerspaniel. Ein Hut saß schief auf dem Kopf und durch die Löcher darin staken große Fledermausohren. Die kleine, ihm nur zu gut bekannte Hauselfe nahm einen neuen Schluck aus einer Butterbierflasche und rülpste erstaunlich laut. „Winky!“, sagte Harry automatisch. Winky schrak zusammen und ließ die Flasche fallen, die umkippte und den Rest ihres Inhalts gleichmäßig auf dem Fußboden verteilte. Die tennisballartigen Augen der Hauselfe füllten sich mit Tränen und ihr Mund zitterte, als sie laut aufschluchzte. „Oh, Harry Potter ist wach. Es tut Winky leid, dass sie ihn geweckt hat. Winky wollte Harry Potter nicht wecken. Winky ist eine dumme, kleine Hauselfe. Oh, es tut ihr so leid.“ Bevor sie richtig anfing zu weinen, stand Harry schnell auf und trat zu ihr an den Kamin. „Es ist schon in Ordnung, Winky.“, versucht er sie zu beruhigen und kramte erfolglos in seiner Tasche nach einem Taschentuch. „Aber was machst du hier?“ Winky sah verschämt zu Boden und rang mit sich. Anscheinend hielt sie irgendetwas davon ab, Harry zu antworten. Hatte jemand Winky verboten, Harry diese Frage zu beantworten? Und wen ja, wer? „Winky, wer hat dich hergeschickt?“, fragte Harry. „Niemand!“, quiekte Winky verschreckt. „Winky ist nicht hergeschickt worden und schon gar nicht von Professor Dumbledore.“ Sie zitterte inzwischen am ganzen Körper wie Espenlaub und sie hatte begonnen an ihrer Kleidung herumzuzupfen, dem Zeichen ihrer Freiheit von der Sklaverei, in der sich Hauselfen normalerweise befanden. Dass sie sich selber verraten hatte, schien ihr gar nicht aufgefallen zu sein. „Winky!“, beharrte Harry nun ungeduldig auf einer Antwort. „Warum hat Professor Dumbledore dich hergeschickt? Sollst du mir hinterher spionieren?“ Er hatte nicht vergessen, was Professor McGonagall heute Mittag gesagt hatte. Er stand unter Beobachtung. Vielleicht war Winky jetzt eine Möglichkeit, mehr darüber zu erfahren. Das kleine Wesen sah ihn aus großen, braunen Augen an und schluckte. Dann setzte sie zu einer Antwort an, die allerdings mehr als konfus war. „Also, Winky ist nicht hier, um Harry Potter zu beobachten, dazu ist sie gar nicht geschickt genug. Außerdem tut ihr das mit dem Butterbier leid. Dobby hat auch gesagt, Winky soll das nicht mehr trinken, aber Winky hat einfach nicht widerstehen können. Als der dunkle Mann Professor Dumbledore gesagt hat, Harry Potter von der Fensterbank gefallen ist, hat der Professor Winky geschickt, dass er Harry Potter aufweckt. Und dann waren da diese Flaschen und die haben so gut gerochen, dass Winky einfach nicht mehr nachgedacht hat. Oh, es tut Winky so leid. Und dann hat Harry Potter so friedlich geschlafen, dass Winky ihn lieber zugedeckt und Butterbier getrunken hat. Aber Winky ist eine schlechte Hauselfe, sie hätte Harry Potter ins Bett bringen müssen, so wie Professor Dumbledore es ihr aufgetragen hat. Ist Harry Potter jetzt böse auf Winky?“ Diese ganze Geschichte war zwischendurch immer wieder mit Schluchzern und Hicksen gespickt, dass Harry Mühe hatte ihr überhaupt zu folgen. Am Schluss blickte ihn Winky so herzzerreißend an, dass er unwillkürlich lächeln musste. „Nein, ich bin dir nicht böse.“, antwortete er. „Eine Fensterbank ist eben nicht der beste Schlafplatz. Aber wer ist der Mann, der mit dem Professor gesprochen hat?“ Die kleine Hauselfe war immer noch sehr unglücklich, da sie ihr Geheimnis nicht bewahrt hatte, doch offensichtlich hatte Butterbier wirklich nicht den besten Einfluss auf ihr Pflichtbewusstsein. Sie überlegte so scharf, dass sie anfing zu schielen und schüttelte dann traurig den Kopf. „Es tut Winky sehr leid, aber sie kennt den Mann nicht. Er ist erst seit diesem Jahr in Hogwarts und Winky hat Angst vor ihm. Er mag keine Hauselfen und schickt uns immer weg. Nie lässt er uns seine Sachen aufräumen. Dabei würden wir so gerne auch ihm helfen. Hauselfen arbeiten gerne für Zauberer, auch wenn sie so schlecht sind wie Winky und Dobby und Kleindung haben.“ Erst seit diesem Jahr in Hogwarts, das traf ja eigentlich nur auf einen zu: Ernest Solomon. Dem traute Harry durchaus zu, keine Hauselfen um sich haben zu wollen. Aber wie hatte er ihn beobachtet? Suchend sah er sich im Gemeinschaftsraum um Eigentlich konnte er nichts Ungewöhnliches entdecken. Bis sein Blick in eine der Ecken fiel, in der etwas an der Wand glänzte. Normalerweise wäre ihm das wahrscheinlich gar nicht aufgefallen, doch jetzt, da das Feuer so weit heruntergebrannt war, dass man die normalen Gemälde nicht mehr erkennen konnte, stach dieses helle Rechteck heraus. Das Mondlicht fiel darauf und war seine Reflexion auf dem Fußboden vor dem Fenster. Ein Spiegel. Irgendwie meinte Harry sich zu erinnern, dass sich zwei Mädchen darüber unterhalten hatten. Aber schließlich war das nur ein Spiegel und der interessierte Harry nun wirklich nicht die Bohne. Eine leichte Erschütterung schien durch die glatte Glasfläche zu gehen und Harry drehte sich schnell wieder zu Winky um. Wahrscheinlich war es am besten, wenn er sich nichts anmerken ließ. Je weniger „der Feind“ von seinem Wissen ahnte, umso besser würde Harry ihn überraschen können. „Es ist schon gut, Winky.“, sagte er. „Ich bin müde, ich werde mich ins Bett legen. Sei doch so gut, und lösch das Feuer, wenn du nachher gehst. Und vielleicht solltest du auch das Butterbier wegwischen. Gute Nacht!“ Winky nickt immer noch hicksend und machte sich an die Arbeit. Harry hingegen ging zielstrebig auf die Treppe zum Turmzimmer zu und verschwand in dem Durchgang. Dort drückte er sich schnell gegen die Wand und wartete. Winky wühlte noch eine Weile im Gemeinschaftsraum umher und dann wurde es endlich vollständig dunkel. Fast vollständig, denn der Mond erhellte immer noch einige Bereiche mit seinem silbrigen Licht und das reichte Harry aus, um vorsichtig um die Ecke zu spähen. Tatsächlich, der Spiegel leuchtete grade ein wenig zu stark um nicht verdächtig zu wirken. Wenn man nicht darauf achtete, sah man es wahrscheinlich gar nicht oder nahm einfach an, dass es sich um eine normale Spiegelwirkung handelte. So aber war Harry ziemlich sicher, dass es sich um einen verzauberten Spiegel handeln musste. Wahrscheinlich funktionierte der so ähnlich wie eine Überwachungskamera und es gab dazu ein entsprechendes Gegenstück, in dem der Überwacher sein Opfer ohne Probleme beobachten konnte. Wer immer auch auf der anderen Seite stand konnte den gesamte Gemeinschaftraum überblicken. Fast den gesamten Raum, denn durch die Möbel konnte der Spiegel ja sicherlich nicht durchsehen. Aber vielleicht durch Tarnumhänge. Frustriert stapfte Harry nun doch zum Schlafsaal hoch. Wenn seine Vermutung stimmte, konnte er nächtliche Ausflüge vergessen. Andererseits musste ja auch irgendjemand in den Spiegel hineinsehen, damit er überwachte werden konnte. Ob Solomon das allein machte? Oder hatte er noch Helfer dabei? Ganz sicher würde Harry ihn nicht danach fragen können, aber eines war sicher: An der ganzen Geschichte war irgendetwas faul. Warum ließ Dumbledore ihn selbst in Hogwarts überwachen? Er hatte diese Maßnahme ja noch gerade so verstanden, als er im Sommer bei den Dursleys war. Aber hier drohte ihm doch keine Gefahr. Eine kleine, gehässige Stimme meldete sich in seinem Kopf. Vielleicht will man dich ja auch gar nicht beschützen. Vielleicht wollen sie viel mehr die anderen vor dir schützen, flüsterte sie. Aber warum? Anscheinend schien die ganze Welt darauf zu warten, dass er irgendetwas ganz Schreckliches tat. Oder warteten sie darauf, dass er etwas nicht tat? Vom ganzen Nachdenken begann Harry Kopfschmerzen zu bekommen. An Schlaf war sowieso nicht zu denken. Er rieb sich langsam über die Beule, die auf seinem Kopf entstanden war, als er damit auf den Fußboden geknallt war. Warum war er davon eigentlich nicht aufgewacht? Das war alles sehr merkwürdig. Sein Blick fiel auf seinen Nachttisch wo immer noch das Buch von Solomon lag. Er nahm es in die Hand und war für einen Moment versucht, es einfach aus dem Fenster zu werfen. Doch was hätte das gebracht. Gar nichts, außer, dass Solomon sicherlich sauer geworden wäre und außerdem Verdacht geschöpft hätte. Es war zum Aus-der-Haut-Fahren. Harry wurden systematisch die Hände gebunden und er kannte noch nicht einmal den Grund dafür. Sein Blick irrte im Dunkel des Zimmers umher. Er war sich sicher, dass Sirius da irgendwo steckte, auch wenn er ihn nicht sehen konnte. Aber vielleicht… Nein, das war ein dummer Gedanke. Selbst wenn Sirius etwas gegen diesen einen Spiegel unternehmen konnte, würde es vielleicht ort draußen noch mehr von ihnen geben. Der einzige Weg, die Spiegel wirksam auszuschalten, wäre, den Beobachter am anderen Ende unschädlich zu machen. Aber das war im Moment nicht so wichtig. Erstmal musste Harry noch mehr über diesen Torbogen herausfinden. Das Einzige, was ihm jetzt noch einfiel, was das Buch aus der Bibliothek. Er musste es bekommen, koste es, was es wolle. Mit diesem letzten Gedanken legte er sich schlafen und versuchte. Vor dem Einschlafen nicht mehr an Sirius zu denken. Undeutlich nahm er wahr, dass ihm das nicht ganz gelang und Sirius Präsenz, sich erneut wie ein schwerer Schleier über ihn legte. Während Harry am nächsten Morgen hastig sein Frühstück in sich hineinschaufelte, arbeitete sein Gehirn bereits an seinem Plan, sich das Buch zu beschaffen. Ihm war allerdings inzwischen ein fataler Fehler in allen seinen Ideen aufgefallen. Selbst wenn er das Buch bekommen konnte, war er immer noch nicht in der Lage es zu lesen. Er würde Hilfe brauchen und hatte keinen blassen Schimmer, wen er fragen sollte. Die Aussicht, dass er heute Abend wieder Okklumentik bei Solomon hatte, steigerte seine Laune auch nicht gerade. Mit halbem Ohr hörte er Ron zu, der Hermine noch mal die ganze Geschichte aus dem Klitterer auseinandersetzte, die Harry seinem Freund heute Morgen erzählt hatte. Hermine sah mehr als skeptisch drein und machte keinen Hehl daraus, dass ihr die ganze Sache nicht passte. „Ihr habt beide einen ganz gehörigen Knall, wisst ihr das?“, entgegnete sie auf Rons Bericht hin und funkelte über dessen Schulter auch gleich Harry mit an, der sich unbeteiligt gab. „Wenn ihr jetzt schon Informationen aus dem Klitterer zu Rate ziehen müsst, könnt ihr mich gleich aus der Sache raushalten. Bei so einem Schwachsinn mache ich nicht mit. Macht, was ihr für richtig haltete, meine Meinung ist ja eh nicht gefragt. Ich gehe jetzt zu Zaubertränke.“ Sie stand auf, warf Harry noch einen letzten undefinierbaren Blick zu und rauschte aus dem Saal. Ron zuckte mit den Schulten. „Mädchen sind in dem Alter manchmal komisch, haben Fred und George auch immer gesagt. Und ich solle gar nicht erst versuchen, sie zu verstehen. Als wenn das je einer geschafft hätte… Au!“ Er rieb sich das Knie, gegen das ihm eine wutschnaubende Ginny getreten hatte. „Ihr tickt wirklich beide nicht mehr ganz sauber.“, fauchte sie ihren Bruder und Harry gleichermaßen wütend an. „Wer keine Ahnung hat, sollte vielleicht manchmal einfach die Klappe halten, bevor er auf den Gefühlen von anderen Leuten rumtrampelt.“ Ron verzog immer noch schmerzerfüllt das Gesicht und blickte Ginny nach, die nun ebenfalls aus dem Saal stürmte, wohl um Hermine nachzulaufen. „Und ansteckend ist das anscheinend auch noch. Womit haben wir das nur verdient?“, brummte er und schüttete den letzten schluck Kürbissaft in sich hinein, bevor er auch in Richtung Muggelkunde verschwand. Immer noch tief in Gedanken schlich Harry ein gutes Stück hinter Hermine in Richtung des Kerkers. Sollte sie doch schmollen, er hatte andere Sachen im Kopf. Wenigstens hatte er seinen Aufsatz fertiggeschrieben, so dass Snape ihm zumindest keine Strafarbeit verpassen konnte. Dann fiel ihm ein, dass der Lehrer dafür eigentlich noch nie einen besonderen Grund gebraucht hatte. So ließ er sich neben Dean auf seinen Platz gleiten und erwartete das Unvermeidliche. Das Leben war manchmal echt zum Abgewöhnen. Snape betrat den Raum wieder in Begleitung von Draco Malfoy, der sich ebenfalls wie selbstverständlich auf den Platz neben Hermine setzte. Allerdings blieb er dabei am äußersten Ende des Tisches kleben, wie Harry mit einem Grinsen bemerkte. Feiges Frettchen. Fürchtete sich wahrscheinlich davor, einem Schlammblut zu nahe zu kommen. Als wenn das wichtig gewesen wäre. Wichtig war nur, wieviel jemand auf dem Kasten hatte. Allerdings war Hermine auch da ein ernstzunehmender Gegner. Harry unterbrach seine eignen Gedanken. Hermine war immer noch seine Freundin, auch wenn sie im Moment etwas daneben war. Und Draco Malfoy tat ihm bestimmt nicht leid. Naja, ein bisschen vielleicht, fügte er innerlich grinsend hinzu. Schließlich musste es echt anstrengend sein, die ganze Zeit vor Snape zu kriechen, was der Slytherin offensichtlich in diesem Schuljahr beschlossen hatte zu tun. Wahrscheinlich, damit ihm jemand seinen Hintern rettete, wenn er mal wieder den Mund zu voll nahm. Der Gedanke gefiel Harry irgendwie. Es wäre fast eine Herausforderung, Draco Malfoy mal alleine zu erwischen und ihm endlich mal seine ganzen Gemeinheiten aus seinem dreckigen Mundwerk zu waschen, der kleinen Ratte. Außerdem würde Malfoy würde bestimmt nicht zugeben wollen, dass er Harry nicht gewachsen war, und petzen gehen. Harry lächelte leise vor sich hin, während er sich der Zubereitung seines neuen Trankes widmete. Vielleicht würde das seine Laune auch etwas bessern. Schließlich hatte es niemand so sehr verdient, wie dieser blonde Schwachkopf, wenn man mal von Snape persönlich absah. Und Hermine hatte auch gleich ein Problem weniger, wenn er Malfoy mal zeigte, dass er Harry und seine Freunde besser in Ruhe ließ. Nach der Stunde blieb Harry in einem der Seitengänge stehen und folgte Malfoy in die dunklen, modrigen Gänge des Kerkerlabyrinthes. Wobei er wirklich vorsichtig sein musste, da der andere ausgewachsene Paranoia entwickelt zu haben schien, was Verfolger anging und sich ständig umsah. Aber Harry gelang es immer wieder, sich hinter eine Säule zu ducken oder hinter einem Mauervorsprung zu verschwinden, bevor Malfoy ihn entdeckte. Dummerweise musste er sich dabei auch immer mal wieder vor anderen Slytherin-Schülern verstecken, die hier unten anscheinend alle ihre persönlichen Abkürzungen hatten. Enttäuscht stellte Harry am Ende fest, dass sich seine Verfolgungsjagd überhaupt nicht gelohnt hatte, denn nachdem sie den halben Kerker durchquert hatten, ging Malfoy zwei Treppen hinauf und blieb in einem Gang neben einer Schar Schüler stehen. So konnte ihn Harry sich nicht mehr vorknüpfen und wollte sich schon umdrehen, als er Hermine zwischen den Schülern entdeckte. Das war ja interessant... Hermine und Malfoy hatten also noch mehr Kurse zusammen. Ein Lehrer, den Harry nicht kannte, kam den Gang entlang. An den ungewöhnlich beschrifteten Büchern, die er im Arm trug ließ sich allerdings ablesen, um was für ein Fach es sich handelte: Alte Runen. Etwas, dass Harry sich im Leben nicht angetan hätte, denn wer wollte schon in alten, verstaubten Texten herumgraben, um schließlich ein Rezept für Löwenzahnsirup zu finden. So ein… Harry hätte sich am liebsten selbst geohrfeigt. Natürlich wollte er alte Texte übersetzen, und zwar einen ganz bestimmten. Nur würde er dabei sicherlich nicht die Hilfe von Hermine bekommen. Sein Blick blieb ein einem hellen Haarschopf hängen und seine Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. Nein, Hermine würde ihm sicherlich nicht helfen, aber vielleicht konnte er ja jemand andere dazu „überreden“. Zunächst einmal musste Harry sich allerdings beeilen, um nicht zu spät zu „Pflege magischer Geschöpfe“ zu kommen. Hagrid hatte bereits alle Schüler um sich gescharrt und bedachte Harry mit einem leichten Stirnrunzeln. Allerdings war das unter den vielen Kopf- und Barthaaren sowieso nicht zu sehen, so ging Harry einfach nicht darauf ein und stellte sich neben Ron, als wäre überhaupt nichts passiert. Und tatsächlich ging Hagrid einfach zum Unterricht über, ohne sich noch weiter um Harry zu kümmern oder ihn zurechtzuweisen. Auf einem Gestell neben Hagrid saß Fawkes und beäugte neugierig die anwesenden Schüler. Der Feuervogel musste gerade einen neuen Lebenszyklus begonnen haben, denn seine Federn leuchteten noch in einem kräftigen Orange, dass mit zunehmendem Alter langsam in ein dunkles Rot übergehen würde, um dann schließlich in einer hellen Flamme zu einem Haufen Asche zu verbrennen. So in etwas lautete dann auch die Erklärung, die Hagrid zu dem Kreislauf, in dem sich jeder Phönix befindet. „Wer kann mir denn sagen, was für außergewöhnliche Fähigkeiten Phönixe noch haben?“, fragte Hagrid gerade und sah seine Schüler aufmunternd an. Zögernd reckten sich einige Arme in die Luft. Harry hätte sich auch melden können, denn er wusste aus dieser Runde sicherlich am meisten über Phönixe. Stattdessen ging Harry hinter den anderen Schülern vorbei und näherte sich Fawkes’ Sitzplatz. Mit halbem Ohr hörte er ihren Antworten zu, die er schon in und auswendig kannte. Das Meiste klang, als wäre es direkt aus dem Lehrbuch abgelesen. Harry hingegen hatte schon mit Fawkes zusammen gegen Voldemort gekämpft, hatte seinem Gesang wirklich zugehört, anstatt nur davon gelesen zu haben und war durch seine Tränen von dem Gift des Basilisken geheilt worden. Er blieb neben dem Phönix stehen und sah in dessen unergründliche, schwarze Perlenaugen. Mit einem Mal begann der Phönix unruhig zu werden. Er ruckte nervös mit dem Kopf von links nach rechts und trippelte auf seiner Sitzstange hin und her. Suchend sah sich Harry um, doch er konnte nichts entdecken, das Fawkes hätte erschrecken können. Vor allem war es fraglich, wovor ein Phönix überhaupt Angst haben sollte. Schließlich war es fast unmöglich, diese Tiere zu töten. „Harry, ist was passiert?“, ertönte plötzlich Hagrid tiefer Bass dicht neben Harry. Der drehte sich um und sah Hagrid direkt ins Gesicht. „Nein, es ist alles in Ordnung. Ich habe Fawkes nur ’Guten Tag’ gesagt.“ Wie zur Bestätigung seiner Bemerkung hob Harry die Hand und streckte sie in Richtung des Phönixes aus. Ein markerschütternder Schrei erklang, der Feuervogel breitete die Flügel aus und flog mit einigen gewaltigen Flügelschlägen auf das Dach von Hagrids Hütte. Dort ließ er noch einen trompetenden Schrei ertönen, machte es sich auf dem Dach bequem und hatte offensichtlich nicht die Absicht, dort in der nächsten Zeit wieder herunter zu kommen. Ungläubig starrte Harry zu ihm hinauf. Was sollte das denn jetzt? Warum war Fawkes vor ihm weggeflogen? Hinter Harry ertönte erstes, unterdrücktes Gekicher, das innerhalb der nächsten Minute zu einem ausgewachsenen Gelächter werden würde. Wütend fuhr er herum und wurde sich bewusst, dass ihn aber auch wirklich die gesamte Klasse anstarrte. Harry merkte, wie ihm die Hitze ins Gesicht stieg. Pavarti und Lavender hielten es offensichtlich nicht mehr aus und prusteten lauthals los. Das war dann das Startsignal, auf das alle gewartete hatten und sämtliche Anwesenden inklusive Hagrid fielen in ein vielstimmiges Gelächter ein Dean musste sich vor lauter Lachen in das feuchte Gras setzen und Ron wischte sich so eben die Tränen aus den Augen, bevor er zu Harry hinüber gelaufen kam. “Mach dir nichts draus, Harry.“, kicherte er. „Der olle Fawkes wollte eben nicht so, wie du dir das gedacht hast.“ Er wollte Harry seine Hand auf die Schulter legen, doch Harry schüttelte sie wütend ab. Was dachten die denn eigentlich alle? Dass er hier der Klassenclown war? lücklicherweise ergriff Hagrid jetzt wieder das Wort, nachdem er sich erst einmal Gehör verschafft hatte, indem er sich röhrend die Nase schnäuzte. Er steckte das Taschentuch wieder weg und hob beschwichtigend die Hände. „Nun ist es aber gut.“, ermahnte er seine Klasse. „Wir sollten liebe aufhören über Harry zu lachen, denn so was kann jedem Mal passieren. Das seht ihr mal wieder, wie wichtig es ist, dass ihr im Unterricht gut aufpasst. Kann leicht sein, dass einem sonst mal ein Finger fehlt. Gibt ja noch interessantere Tiere als die Phönixe. Nu wollen wir aber mal…“ Was Hagrid wollte, hörte Harry schon nicht mehr. Er hatte sich bereit umgedreht und lief geradewegs auf das Schloss zu. In seinen Ohren rauschte das Blut, seine Wangen brannten und das Gelächter seiner Klassenkameraden schallte darin wieder wie eine kaputte Schallplatte. Selbst Ron hatte ihn ausgelacht. Das war einfach nicht fair. Er hatte nicht damit rechnen können, dass Fawkes hier draußen so komisch reagiert. Denn das war die einzige Erklärung, die es dafür gab. Wenn Harry den Phönix drinnen bei Dumbledore besucht hatte, war er immer sehr freundlich zu Harry gewesen. Wahrscheinlich hatten ihn die vielen anderen Schülers erschreckt. Er wusste selbst, dass diese Theorie etwas hinkte, aber er wollte sich nicht eingestehen, dass er möglicherweise einen Fehler gemacht hatte. Aber hatte er nicht mit Recht annehmen dürfen, dass Fawkes sich von ihm würde streicheln lassen. Es war immer so gewesen. Immer, wenn Harry besonders traurig oder verletzt gewesen war, hatte der Phönix ihm geholfen, ihn getröstete, ja ihm sogar das Leben gerettet. Warum war das jetzt so anders? Er achtete nicht darauf, wohin er rannte und aus irgendeinem Grund war er automatisch zum Gryffindor-Turm zurückgelaufen. Die Fette Dame hielt gerade ein kleines Nickerchen und schnarchte leise in ihren Ausschnitt. Das nahm Harry erst einmal den Wind aus den Segeln. Ob er sie wecken sollte? Andererseits: was sollte er da drin? In einer halben Stunde gab es Mittagessen, dass würde er wohl oder übel in die Große Halle zurückkehren müssen und das hieß, den anderen wieder zu begegnen. Wütend trat er mit dem Fuß gegen die Wand so das etwas Stab aus dem alten Gemäuer rieselte. Dummerweise weckte er so auch die Fette Dame. „Passwort?“, gähnte sie gelangweilt und sah Harry aus schläfrigen Augen an. Harry rang mit sich, sollte er jetzt hineingehen oder lieber umkehren? „Was denn nun? Rein oder raus? Hast du dich bald entschieden?“, maulte die Fette Dame. „Ich brauche meinen Schönheitsschlaf.“ „Der hilft doch sowieso nicht.“, murmelte Harry, allerdings so laut, dass sie es auf jeden Fall verstehen musste. Innerlich zählte er langsam bis drei. Er kam allerdings nur bis zweieinhalb, als sie schon anfing, in den höchsten Tönen zu kreischen. “WAS HAST DU GESAGT? So ein ungehobelter Klotz! Na warte, Bursche, dir werde ich mal Manieren beibringen. So was hab ich ja noch nicht erlebt… Wenn du mir das nächste Mal unterkommst, kannst du mich auf Knien anflehen, dass du wieder rein darfst.“ Darüber musste Harry allerdings grinsen. Wenn er das Passwort hatte, konnte sie ihm den Eintritt eh nicht verwehren. Das wäre ja auch noch schöner, wen er sich jetzt schon von Gemälden herumkommandieren lassen sollte. Aus lauter Übermut streckte er ihr auch noch die Zunge heraus und machte sich dann blitzschnell auf, die Treppe wieder zu verlassen, bevor ihm tatsächlich och das Trommelfell platzte. Eingebildete Schnepfe! Am Fuß der vorletzten Treppe blieb er unschlüssig stehen. Jetzt hatte er zwar wieder bessere Laune aber nicht mehr viele Möglichkeiten, wo er hingehen konnte. Nach oben in den Turm konnte er im Moment nicht, ohne sich eine gesalzenen Gardinenpredigt anhören zu müssen. In die Große Halle wollte er auch nicht, denn der Appetit war ihm jetzt gründlich vergangen. Was blieb waren die anderen türme, der Kerker oder ein zielloses Herumirren in den Gängen, bis er zum Unterricht für Verteidigung gegen die Dunklen Künste musste. Auf dem Astronomieturm war es zu dieser Jahreszeit schon recht zugig und außerdem ziemlich öde. Der Nordturm wurde von Professor Trelawney bewohnt und auf eine Wahrsagelehrerin, die mal wieder seinen baldigen Tod voraussagte, konnte er jetzt wirklich verzichten. Den letzten Turm schließlich wurde fast vollständig von der Eulerei eingenommen und etwas Langweiligeres als Eulen bei Tag konnte Harry sich nicht vorstellen. Sein Blick fiel auf einen der Eingänge zum Kerker. Er überlegte kurz, doch dann schüttelte er entschieden den Kopf. Da unten waren immer noch zu viele Slytherins unterwegs und um Malfoy beizukommen brauchte er erstens einen Plan und zweitens die Hilfe von Ron. Das war also auch keine besonders verlockende Idee. So fing Harry an durch die immer noch leeren Gänge zu wandern, in denen sozusagen die Ruhe vor dem Sturm herrschte. Es musste jede Minute läuten und so zog er sich in einen der Seitengänge zurück um das Gedränge abzuwarten. Tatsächlich brauchte er nicht lange zu warten und die Klassenräume öffneten sich um ihre Schülerschar in Richtung der Futterkrippe zu entlassen. Kurz darauf verließen auch die Lehrer ihre Räume, um in die Große Halle zu gehen. Als gerade Professor McGonagall vertieft in ein Gespräch mit Professor Sinistra an ihm vorbei ging, hatte Harry eine Idee. Eigentlich war das doch die Gelegenheit, sich einmal ein bisschen in Professor Solomons Räumen umzusehen. Er würde sicherlich ebenfalls zu Mittagessen gehen und da seine privaten Räume gleich hinter dem Klassenzimmer für Verteidigung lagen, würde Harry sich noch nicht einmal sehr verdächtig machen, wenn er doch dort aufhielt. Er hatte seine Schulsachen ja noch bei sich und konnte ebenso gut behaupten, er wolle sich noch ein bisschen auf den Unterrichtsstoff vorbereiten. Nachdem auch die letzten Nachzügler aus den Gängen verschwunden waren, machte sich Harry auf den Weg in den zweiten Stock und lächelte versonnen vor sich hin. Sie glaubten vielleicht, sie konnte ihn überrumpeln, ihn überwachen und einsperren wie ein kleines Kind. Aber da hatten sie sich alle geschnitten. Er war inzwischen alt genug und er hatte genug Zeit in dunklen Ecken verbracht. Warum sollte er nicht selbst Nutzen aus den ganzen Dingen ziehen, die er in seiner Zeit in Hogwarts und darüber hinaus noch bei seinen ganzen Abenteuern gelernt hatte. Hogwarts war bis jetzt immer sein eigentliches Zuhause gewesen und er würde es nicht kampflos aufgeben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)