EX von Kuran ================================================================================ Kapitel 8: Erogide - 1.0 ------------------------ Es dauerte gar nicht lange, bis ich all mein Hab und Gut zusammen gepackt hatte und mir meine Tasche um die Schultern schnürte. Ich wollte mit niemandem sprechen, erst recht nicht mit denen, die mir eigentlich so vertraut waren. Vermutlich wäre der Abschiedsschmerz zu brutal gewesen, weswegen ich mich nun einfach still und heimlich davonstehlen wollte. Das Einzige, was man mir noch zur Verfügung stellte, war eine kleine Kapsel mit genug Treibstoff, sodass ich auf einer anderen Kolonie oder gar einem anderen Stern Halt machen konnte, wenn ich nicht sogar dort verweilen würde. Ansonsten musste ich beinahe alles, außer meiner persönlichen Sachen, dort zurück lassen. Einerseits fiel es mir schwer, da viele Erinnerungen daran hingen, andererseits war es wohl ein wichtiger Punkt, wenn es um einen Neuanfang ging. Einen Neuanfang, den ich eigentlich gar nicht wollte und welcher mir aufgzewungen wurde... Das war ein komisches Gefühl noch einmal, ein letztes Mal, auf die Kolonie zurück zu blicken, die ganzen Gebäude zu sehen, welche ich als schön erachtet hatte und die Stimmen in den Ohren hallen zu hören, die diesen Ort so lebendig machten. Als ich in die Kapsel stieg fühlte ich mich, als würde ich beinahe ohnmächtig werden. Ich konnte es einfach kaum fassen, dass ich tatsächlich gehen musste, und leise Tränen rollten über mein Gesicht. Alles um mich herum versank in Unschärfe, und ich konnte gerade so alle Hebel in Bewegung setzen, damit die Kapsel startete. Ich konnte einfach nicht aufhören zu schluchzen und zu wimmern, zu groß war der Schmerz, der sich nun in mein Herz fraß und mich zu verschlingen drohte. Schon einmal hatte ich meine Heimat verloren, und nun musste ich diese bittere Erfahrung ein zweites Mal erleben... Jetzt musste ich sehen, wo ich hingehen musste oder konnte. Die Möglichkeit, als Fremder einfach so auf einem fremden Stern oder einer Kolonie anzusiedeln war alles andere als leicht. Womöglich würde man mich erstmal für einige Tage in Gefangenschaft nehmen und gründlich überprüfen, bevor man mir Gastfreundschaft anbieten würde. Während ich nun durch die Weiten der Galaxy streifte musste ich um Orientierung ringen, immerhin war ich nicht oft unterwegs gewesen, zumindest nicht so weit entfernt von meiner nun ehemaligen Kolonie. An die Umgebung meines einstigen Heimatsterns kann ich mich partout nicht erinnern - viel zu lange war es her und über die Jahre verblassten meine Erinnerungen mehr und mehr, bis irgendwann nichts mehr davon übrig bleiben sollte. Bisher war weit und breit kaum etwas zu sehen, zumindest nichts was groß genug gewesen wäre, um dort zu landen. In einer meiner Taschen hatte ich immerhin ein wenig Proviant, den ich mir noch stibitzt hatte, somit würde ich also zumindest einige Tage lang sorglos essen und trinken können und keinen Hungetod fürchten, allerdings war die Kapsel klein und nicht gerade gemütlich und ich merkte immer wieder, wie ein Kribbeln sich durch meine Beine zog und sie einschläferte. Erst nachdem ich ganze zwei Tage unterwegs gewesen war, machte ich erst Halt. Vorher wäre es beinahe zu unschönen Zusammentreffen von anderen Arten gekommen, allerdings wurde ich glücklicherweise verschont und nicht angegriffen. Man dachte sich vermutlich, dass man bei mir nicht hätte viel holen können, weswegen ein Angriff sich nicht gelohnt hätte. Nun war ich auf einem relativ kleinen Stern gelandet, nördlich des Cyaniden-Dreiecks, und wollte erst einmal nichts anderes als aufstehen und mich bewegen. Mein ganzer Körper fühlte sich wie taub an und es dauerte, bis meine müden Glieder sich langsam wieder erwärmten. Noch gab es mit meiner Atmung keine Probleme, aber es fiel mir trotzdem schwer Luft zu holen. Unendlich viele kleine Partikel und Sand flogen durch die Atmosphaere und suchten sich den Weg in meine Lungen. Es war also nötog gewesen zumindest etwas um Hals und Gesicht zu tragen, damit man nicht irgendwann erstickte... Die Kapsel ließ ich stehen und machte mich auf dem Weg, auf die Suche nach Leben. Weit und breit konnte ich bisher nichts erkennen, nicht einmal Vegetation oder jegliches, nur blauer, fast grauer Sand, der sich über die Oberfläche des Sterns zieht. Solche Sterne waren nicht selten gewesen - und hier gab es sicherlich auch nicht unbedingt große Kolonien, Städte oder Dörfer, zumindest nicht bei diesen Bedingungen, die hier zu gelten schienen. Es bedurfte also einiger Zeit, bis ich auf Leben staß, allerdings wurde ich nicht, wie ich es vermutet hatte, eingesperrt oder gar angegriffen, nein, man reagierte relativ scheu und ängstlich auf mich. Die Lebewesen, die hier lebten, schienen nicht oft auf andere Kreaturen zu treffen und waren ganz und gar keine Krieger, die andere ausbeuten wollten und sich nach Eroberungen sehnten. Indem ich vor dem Dutzend auf die Knie ging, um ihnen zu symbolisieren, dass ich ihnen nichts Böses wollte und ihnen wohlgesonnen war, ertönte auch das erste Gemurmel. Im ersten Augenblick, als sie mich das erste mal gesehen hatten, waren sie absolut still gewesen, beinahe erstarrt vor Schreck vermutlich, und nun sprudelten Massen von Lauten aus ihren Mündern, in den verschiedensten Klängen und Tonarten. Noch immer befand ich mich auf meinen Knien, wusste nicht, wie ich mit ihnen hätte kommunizieren können und wartete ab, bis sie auf mich zukommen würde. Nur langsam und noch immer sehr scheu traute man sich dann an mich heran, erst mit kleinen Schritten, dann beinahe mit wagemutigen Sprüngen, bis man kurz vor mir die Füße in den Sand schlug. "Dein Name? Rasse? Von welchem Stern kommst du?" Ich war durchaus überrascht, dass ich sie verstehen konnte. Ihre Sprache klang ähnlich wie die, die ich selbst als Muttersprache gelernt hatte, ein wenig abgewandelt vielleicht, aber sehr identisch. "Mein Name ist Aria Mercure. Ich komme vom Stern Aternas." Man erlaubte mir, mich zu erheben. Die Augen meines gegenüber blitzen mit einem seltsamen Schimmern auf und seine Lippen verziehen sich für einen kurzen Moment. "Vom Stern Aternas? Aternas wurde vor vielen Jahren schon zerstört!" "Das ist richtig. Ich habe die Vernichtung damals überlebt und bin woanders aufgewachsen." Wieder hallt helles Gemurmel und Gemunkel durch die Luft und einige mehr trauen sich mich mir zu nähern, bis sie in einem kleinen Kreis um mich herum stehen. "Wenn Ihr woanders aufgewachsen seid, was für einen Grund habt Ihr dann auf einen anderen Stern zu reisen?" Mein Atem stockt für einen Moment, und wieder tanzen unzählige Staubkörner durch meinen Rachen, als ich mein Tuch für einen Moment lang herunter gezogen hatte. "Meine ursprüngliche Kolonie ist 4693, hinter den Cyaniden-Dreiecken, südlich des Mount Crechzon. Ich bin ehemaliger Anwärter im Kampf gegen Terroristen, ausgebildet mit diversen Kampf-Machinen." "Ehemalig?" "Ja... Man hat mich verstoßen, weil ich den Anforderungen nicht mehr gerecht war." Für einen Moment lang war alles wieder still, bis sich alle Stimmen erneut gleichzeitig erhebten, lauter und schriller als vorher, aber nicht aggressiv. "Und nun sucht ihr nach Unterschlupf auf einem neuen Stern?" Einige von ihnen mehr trauen sich näher an mich heran, stampfen mit den Füßen im Sand herum und legen ihren Kopf mal auf die linke, dann auf die rechte Seite, um mich eingehend zu mustern. "So ist es..." Eine kleine Gestalt kommt nun hinter den anderen hervor und kommt vorsichtig auf mich zu. Sie gibt keinen einzigen Laut von sich, und ihre großen, gelbgoldenen Augen starren mich an, während sich eine ihrer Hände den Weg an meine Kleidung sucht, an welcher sie prüfend zerrte. "Er ist gut.", murmelt sie leise vor sich hin, dann lauter werdend, "Er ist gut, gut!" Nun, dies schien nun also die Bestätigung dafür zu sein, dass ich - zumindest für eine Weile - bleiben durfte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)