Schatten von Mestala von Silmarille (Die Geschichte Draconias geht weiter) ================================================================================ Kapitel 2: Freibeuter unter sich -------------------------------- Turamarth Ohtacaro stand am Bug seines Schiffes, der Schattengleiter, und starrte auf das Meer hinaus. Der Freibeuter war 24 Jahre alt, hatte kurzgeschorene, schwarze Haare, graue Augen, trug einen langen, schwarzen Mantel, ein blutrotes Hemd, schwarze Beinkleider und dunkelbraune Kalbslederstiefel. Durch seine Ohren waren Goldringe gestochen und ihm fehlte das linke Auge. Er war Kommandant von etwa 20 Piratenschiffen, die ihm Loyal dienten – wenn auch nur gegen Goldmünzen – und war auch unter dem Beinamen Turamarth der Schwarze bekannt. „Egal was du sagst, Geist, ich tue das hier nicht, um die verdammten Draconiar zu retten.“ sagte der Pirat zu der durchscheinenden Gestalt mit dem schwarzbraunem Haar, den tiefblauen Augen und der schwarzen Rüstung, deren Brustpanzer knapp unterhalb der Rippen einen furchtbaren Spalt hatte. „Ich weiß, Freibeuter.“ erwiderte die hohle Stimme des Geistes. „Ich tue dies, weil du zu Lebzeiten ein Freund meines Vaters warst.“ „Das ist mir klar, Junge.“ Die Gestalt ging um den Freibeuter herum. Die blauen Augen musterten den Seemann genau. „Du bist deinem Vater in vielerlei Hinsicht sehr ähnlich.“ „PAH!“ Der Freibeuter spuckte über die Reling. „Mein Vater liebte seine Weißstern mehr als seine Familie. Sie war ihm wichtiger als alles andere. Bei mir und der Schattengleiter ist das anders. Ich habe keine Frau und kein Kind. Außerdem ist mir meine Mannschaft wichtiger als das Schiff.“ „Da bist du wahrlich anders als dein Vater“ Der Geist lachte auf. „Aber die Statur hast du von Devin.“ „Wärst du nicht schon tot, würd ich dich in Stücke hauen!“ grunzte der Freibeuter und spielte am heft seines Krummsäbels herum. „Ich lasse mich nicht gerne mit meinem Vater vergleichen, Wolfskönig.“ „Das habe ich gemerkt.“ Kai starrte auf die Fewallische Küste, die sich vor der Schattengleiter abzeichnete. „Du musst verstehen, was ich von dir verlange.“ „Ja ja. Du hast dort zwei Söhne, die du beide schützen willst und deshalb sollen meine Männer und ich uns einiger der mestalischen Schiffe annehmen.“ Turamarth stieß ein gelangweiltes Schnauben aus. „Das hast du mir schon auf dem gesamten Weg hierher eingebläut.“ Kai lachte auf. „So oft habe ich das schon?“ Sein Gesicht wurde ernster. „Um Sturm mache ich mir keine Sorgen. Er ist ein großer, starker Kämpfer. Rick hingegen…“ Er seufzte. „Egal… ich verlasse euch nun, aber denk daran ich werde dich und deine Leute beobachten Ohtacaro.“ Nach diesen Worten verschwand Kai. Der Pirat erschauderte. Die meisten Freibeuter waren abergläubisch und den Geist eines toten Königs an Bord zu haben galt bei ihnen als schlechtes Omen. „Ist er fort?“ fragte Sirith Targol, der erste Maat des Freibeuter-schiffes. Er war ein kräftiger, langer Mann – halb Fewalli, halb Wüstenreiter – mit langen, zu einem Zopf gebundenen, blonden Haaren und gelbgrünen Augen. Er war 29 Jahre alt und trug lediglich ein dünnes, blaues Leinenhemd und kurze, graue Lederhosen. Auf Schuhe verzichtete mit der Aussage, dass sie beim Klettern auf den Masten nur hinderlich seien. „Das war nicht gut, Tura. Er hätte nicht herkommen dürfen.“ Turamarth nickte. „Geister…“ Er erschauderte erneut. „Warum hab ich bloß so eine Anziehungskraft auf diese Typen?“ „Vielleicht ist dein Vater daran schuld.“ „Ach komm schon, Sirith, das glaubst du doch selber nicht.“ Der Kapitän drehte sich um. „Es ist nicht mal sicher, dass mein Vater tot ist. Du hast das Wrack der Weißstern auch gesehen. Das Rettungsboot fehlte und von meinem Vater gab es keine Spur.“ „War er der Grund, weshalb du so besessen auf den Meeren herumfährst?“ „Fängst du schon wieder damit an, Sirith?“ Turamarth sah den ersten Maat zornig an. „Nein, mein Vater hat nichts damit zu tun. Soll Devin der Seewolf doch auf dem Grund des Meeres oder sonst wo verfaulen. Mir ist es egal.“ „Du hättest diesen Geist doch fragen können, ob dein Vater noch lebt.“ „HA!“ Der Kapitän spuckte aufs Deck. „Eher lasse ich mich von den Mestalai einkerkern oder hängen oder sonst was.“ Sirith schüttelte den Kopf. „Dich soll mal einer verstehen, Tura.“ „Hoch mit dir auf den Großmast, du Affe!“ fauchte Turamarth dieser Unterhaltung überdrüssig. „Pass die Takelage an, damit wir ordentlich Fahrt aufnehmen können“ „Aye, Käpt’n!“ rief Sirith und hastete zum Großmast. Sirith Targol war ein guter Mann, aber für Turamarths Begriffe etwas zu neugierig. Sicher Neugierde war in manchen Situationen von erheblichem Nutzen – dank ihr hatten die Freibeuter schon einige feine Schätze finden können – aber sie konnte auch erhebliche Nachteile mit sich ziehen – Kerker zum Beispiel. Sirith Targol kletterte wirklich fast wie ein Affe. Hände und Füße benutzte er gleichermaßen, um sich festzuhalten. Als er an der Befestigung des Segels angekommen war, ließ er mit den Händen los und baumelte nun kopfüber am Großmast. Er fuhrwerkte an der Takelage herum und passte sie dem Wind an. Plötzlich machte die Schattengleiter einen Satz und raste über die Wellen. Sirith hielt sich immer noch nur mit den Füßen am Mast fest. Doch dann nahm er wieder die Hände zu Hilfe und begann mit dem Abstieg. Turamarth gab seinem Steuermann ein Zeichen und der untersetzte, glatzköpfige, dunkeläugige Heigani setzte Kurs auf die fewallische Küste. Einige Seemeilen vor der Küste steuerte er das Freibeuterschiff Richtung Westen, direkt auf die mestalische Flotte zu. Plötzlich gellte ein Ruf an Turamarths Ohr. „Ho, Kommandant!“ rief jemand über das Toben der Wellen. Turamarth wandte sich um und erblickte neben seinem Schiff die Seehase – ein weiteres Freibeuterschiff, dass zu seiner Flotte gehörte. An Deck stand ein großer, taogischer Mann mir einem mützenförmigen Helm auf dem Kopf. Er trug einen langen, grauen Hundeledermantel und schwenkte die Flagge des Raben – das Zeichen von Turamarths Freibeutertruppe. Turamarth ging zur Reling, legte die Hände wie einen Trichter an seinen Mund und rief: „Ho, Torben Rothals! Was führt dich in diese Gewässer?“ Seltsamerweise fingen die Namen aller Kapitäne in Turamarths Truppe mit einem T an, aber dies war keinesfalls beabsichtigt gewesen. Es hatte sich einfach so ergeben. Torben Rothals war der Erste gewesen, der sich Turamarths Freibeuterflotte angeschlossen hatte. Er war immer gut gelaunt – was nicht zuletzt an seiner Vorliebe für Rum lag. Turamarth dachte manchmal sogar, dass er Torben statt in Gold auch in Alkohol auszahlen könnte. „Na was schon?“ entgegnete der Kapitän der Seehase. „Du!“ „Ich habe dir doch gesagt, du sollst auf mein Zeichen warten wie alle anderen auch! Ich will die verdammten Mestalai in einen Hinterhalt locken, Rothals!“ „Ich weiß, Ohtacaro!“ Torben tat einen Schritt zur Seite. „Aber ich dachte, du solltest das hier sehen.“ Hinter ihm kniete ein gefesselter Mestalai. Daneben stand ein Freibeuter mit erhobenem Säbel. „Er hat sich auf unser Schiff geschlichen als wir vor Anker lagen. Hat versucht ein Loch in den Bug zu schlagen. Meinte, dass die Mestalai Bescheit wissen, über deinen Plan. Sagt, Ihr habet einen Spion an Bord.“ Turamarth war erschüttert. „Hat er gesagt, wer es ist?“ „Noch nicht.“ Torben dreht sich kurz um und redete mit dem Gefangenen. Einmal trat er ihm in den Bauch, dass der Mestalai sich krümmte. Dann drehte er sich wieder um. „Huldra!“ rief er zur Schattengleiter herüber. „Huldra Blutfaust! Er sagt, dass ihr viel Gold gezahlt wurde, damit sie euch verrät!“ Das überraschte Turamarth noch mehr. Huldra war eine gute Seglerin. Sie kannte jede Untiefe der mestalischen und fewallischen Küste, war immer loyal und arbeitete mehr als zufriedenstellend. Zum Glück hatte der Kommandant seine wahren Pläne bis lang nur Sirith und den Kapitänen der anderen Schiffe verraten und die waren schweigsam – vor allem nachdem Turamarth ihnen angedrohte hatte, ihnen allen die rechte Hand abzuschneiden, wenn sie redeten. „Danke, Torben! Verfahre mit dem Mestalai nach Belieben!“ Der Kommandant wandte sich Sirith zu, der mittlerweile wieder vom Großmast gestiegen war. „Hol mir Huldra her.“ „Was willst du denn von ihr, Tura?“ fragte der erste Maat verwirrt. „Sie soll doch darauf achten dass Hylo den Kurs beibehält.“ „Das ist meine Sache.“ Turamarth warf erst Hylo dem Steuermann, der grade etwas einwenden wollte, dann Sirith einen zornigen Blick zu. „Hol sie her, du Fischhirn. SOFORT!“ „Aye!“ Sirith raste zur Schiffsluke und verschwand unter Deck. Kurze Zeit später kam Sirith mit einer großen, rothaarigen Frau wieder an Deck. „Hier ist sie, Käpt’n.“ „Gut.“ Turamarth ließ sich Zeit. Er schaute hinüber zur Seehase, wo der Freibeuter mit dem Säbel seine Waffe niedersausen ließ und den Mestalai enthauptete. Als der Kopf des Mannes über das Deck rollte, wandte sich der Kommandant ab. „So, Huldra. Erklär mir mal wieso ein Mestalai sich auf eines meiner Schiffe schleichen und fast ein Loch in den Bug schlagen konnte.“ Huldra sah ihn verständnislos an. „Woher soll ich denn das wissen? Hat Torben wohl nicht richtig aufgepasst.“ Turamarth warf Sirith, der genauso überrascht war wie der Kommandant, einen Blick zu. Dann zog er eine Augenbraue hoch. „Ich habe nie gesagt, dass jemand sich auf die Seehase geschlichen hat.“ Huldra, der Lüge überführt, sprang zurück und zog ihren Säbel. „Ich geb’ es zu, ich hab’s verraten. Na und? Hab’ dafür aber auch eine feine Menge an Gold gekriegt.“ Sirith war sofort zur Stelle, packte Huldras Arm und verdrehte ihn ihr auf den Rücken. Der Säbel fiel zu Boden und Huldra schrie auf. Turamarth packte gleichgütig Ihr Kinn und drehte ihren Kopf in seine Richtung. „Du weißt, was jetzt passiert, oder? Natürlich, du hast es ja schon oft genug erlebt.“ Er zog seinen Säbel und legte ihn an Huldras linkes Ohr. Die Klinge schnitt schnell und sicher durch das Fleisch der Frau. Sie schrie nicht. Als das Ohr blutig zu Boden fiel, ließ Turamarth die Frau los. „Schneidet ihr ihre verräterische Zunge heraus und danach vier Tage ins Loch.“ sagte der Kommandant gleichgültig. „Aye!“ rief Sirith und stieß die Frau zurück zu Luke. Turamarth nahm das abgeschnittene Ohr auf seinen Säbel und warf es ins Meer. Aus den Laderäumen war das Schreien von Huldra zu hören. Doch nach kurzer Zeit erstarb es. Huldrah konnte nicht mehr schreien. Sicher die Strafe war hart, aber sie verhinderte, dass solche Dinge öfter vorkamen – seit sie eingeführt worden war hatten nur zwei einen solchen Verrat begangen. Eine Stunde später kam die mestalische Flotte in Sicht. Die Schattengleiter zog gleich mit der Seehase. Beide Freibeuterschiffe hielten mir Vollzeug auf die Kriegsschiffe zu. Dann gellte der Ruf „Piraten!“ über die Decks der mestalischen Schiffe. Zwanzig Schoner lösten sich aus der Flotte und hielten auf die kleineren Freibeuterschiffe zu. Sofort machten die Schattengleiter und die Seehase Kehrt und lockten die Schoner von der Flotte fort. „Soweit, so gut.“ sagte Turamarth. „Gebt Vollzeug!“ rief er den Männern zu. „Wir müssen sie weglocken!“ „Aye!“ riefen die Männer von den Masten. Immer wieder passten sie die Takelage an und so schossen die Piratenschiffe über die Wellen, während die Schoner etwas behäbiger hinterher jagten. „Hisst die Rabenflagge!“ befahl Turamarth. Augenblicklich wurde die Flagge mit dem Raben darauf hochgezogen und nur wenige Minuten später verzehnfachte sich die Zahl der Freibeuterschiffe. Die Piraten johlten und freuten sich über die schöne Verfolgungs-jagd mit den Mestalai. Als die fewallische Küste bereits eine halbe Stunde außer Sicht war, schoss Turamarth einen roten Pfeil in die Luft. Kurz danach drehten die Grazie und die Silberkrähe bei und fuhren auf die Schoner zu. Dieses Manöver sollte die Mestalai verwirren und den Vorsprung der Freibeuter vergrößern. Tatsächlich brachten die sich schnell nähernden Schiffe der Piraten die Schoner aus dem Konzept. Einer brach aus der Formation aus und rammte seinen Nachbarn. Beide Kriegsschiffe verkeilten sich ineinander und es war nur eine Frage der Zeit bis sie sanken. Turamarth grinste. „Zwei weg, fehlen noch achtzehn.“ sinnierte er. „Die kriegen wir auch noch unter.“ „Bist du da nicht etwas zu selbstsicher, Tura?“ warf Sirith ein. „Hast du mich jemals nicht selbstsicher erlebt, mein Freund?“ „Nein, hab’ ich nicht, Käpt’n.“ Sirith sprang auf die Reling und hielt sich mit seinen bloßen Füßen fest, während er sich weit herauslehnte und auf die Schoner starrte. „Immer noch so viele.“ Er grinste. „Das wird noch ein schöner Spaß werden.“ „Du bist mir gut, du Affe.“ lachte Turamarth. „Da sind einhundert Soldaten und Ritter auf einem Schoner und auf unseren Schiffen sind es höchstens fünfzig Freibeuter. Wir müssen sie erst noch ein wenig dezimieren.“ Targol der Artist stellte sich grade hin, stieß sich von der Reling ab, schlug einen Salto und landete sicher auf den Füßen hinter Turamarth. „Schade… Hatte mich schon drauf gefreut.“ „Geduld, mein Freund. Du kommst schon noch dazu, deine Kunststücke den Mestalai zu zeigen.“ scherzte der Kommandant. Er hob die Hand und schaute zum Mast hoch. „Schieß den Brandpfeil ab!“ rief er. „Aye, Käpt’n!“ rief der Mann im Ausguck und schoss. Die Grazie und die Silberkrähe drehten erneut bei und schlossen sich wieder der Flotte an. Die Greifentanz zog mit der Schattengleiter gleich und der Kapitän – eine Taogi von ungefähr 19 Jahren, die auf den Namen Teiri Teivor hörte, mit langen, silbernen Haaren und graublauen Augen – sprang auf Turamarths Schiff herüber. Sie verbeugte sich zum Gruß, wodurch die Goldketten klirrten und Turamarth der Schwarze einen beieindruckenden Blick in ihr Dekolletee, das nicht gerade klein war, erhaschen konnte. Der Kapitän der Greifentanz trug ein tief ausgeschnittenes, grünes Hemd, eine graue Leinenhose und braune Hirschlederstiefel. „Ich grüße dich Turamarth Ohtacaro der Schwarze.“ sagte sie, als sie sich wieder aufgerichtet hatte. Sie grinste, da sie genau wusste, worauf der Kommandant gerade gesehen hatte. „Du wolltest mich sprechen?“ „Aye.“ stotterte Turamarth und errötete. „Du musst mir einen Gefallen tun.“ „Welchen?“ „Ich hab’ da jemanden unter Deck, den ich nicht länger auf meinem Schiff haben will.“ „Warum?“ Sie sah den Kommandanten verwirrt an. Dann verfinsterte sich ihr Blick. „Verrat?“ Turamarth nickt ernst. „Wer?“ fragte sie düster. „Huldra Blutfaust.“ erwiderte Turamarth. „Hat uns verkauft. Kannte zum Glück unsere wahren Pläne nicht.“ „Übliche Strafe?“ Der Kommandant nickte düster. „Ohr ab, Zunge raus. Vier Tage Loch. Letzteres aber nicht hier. Loch auf der Greifentanz ist besser. Dunkler. Feuchter.“ Teiri dachte kurz nach, nickte dann nach einer Weile. „Aye, Kommandant. Hol’ sie gleich hoch. Bring’ sie dann rüber.“ „Wird sich zukünftig zweimal überlegen, was sie tut. Kann sowieso nix mehr sagen.“ Turamarth grinste Sardonisch. „Hat ja keine Zunge mehr.“ „Aye!“ Teiri Teivor lief zur Luke und öffnete sie. „Wo?“ Turamarth zuckte die Schultern. „Vermute Loch.“ Er sprach betont gleichmütig, was noch deutlicher machte, dass ihm das vermutliche Schicksal der Frau nicht interessierte – nur einer der beiden anderen Verräter hatte die vier Tage ohne Nahrung und Wasser in dem dunklen, feuchten Holzverschlag überlebt. „Verstanden, Kommandant.“ Wieder verbeugte sie sich, aber dieses Mal sah Turamarth absichtlich in eine andere Richtung. „Ich gehe sie holen.“ Teiri verschwand unter deck und kam kurz darauf mit einer blutüberströmten Huldra wieder herauf. „Welche Arbeit nach Loch?“ „Egal.“ erwiderte Turamarth. „Irgendeine. Was dir einfällt.“ „Aye!“ Teiri schob die Verräterin zur Reling und schubste sie hinüber auf die Greifentanz. „Auf einen guten Fischzug!“ rief sie zum Abschied und ging ebenfalls wieder an Bord ihres Schiffes. Gegen Abend hatten Turamarths Manöver bereits zehn der mestalischen Kriegsschiffe gefordert, ohne dass der Freibeuter auch nur den Verlust eines einzigen Schiffes zu beklagen hatte. Die Piraten waren nun kaum noch zu halten. Sie wollten sich die Ladung der verbleibenden Schoner holen und sie danach versenken. Turamarth hingegen war noch unentschlossen. Auf jedem der Schoner befanden sich vermutlich an die einhundert bis an die Zähne bewaffnete Soldaten. Sicher seine Freibeuter waren geschickte und wendige Kämpfer, aber sie waren noch immer in der Minderzahl. „Tura, lass sie uns kapern, bitte!“ rief Sirith, der mal wieder kopfüber am Großmast hing. „Es sind kaum Soldaten an Bord, ich hab’ beim Appell nachgezählt. Müssten ungefähr fünfzig pro Schiff sein.“ „Bist du dir da sicher, du Affe?“ rief Turamarth. Er glaubte nicht, dass es sich tatsächlich nur um mittlerweile fünfhundert Soldaten handelte. „Aye, Käpt’n!“ „Todsicher?“ „Aye, aye!“ Sirith baumelte beängstigend am Großmast und starrte auf die Schiffe. Die eine Hand hatte er über seine Augen gelegt, um besser sehen zu können, die andere steckte in seiner Hosentasche. „Auf dem ersten Schoner sind gut zehn Bogenschützen, fünfundzwanzig Schwertkämpfer und fünfzehn Lanzenkämpfer!“ Er kniff die Augen zusammen. „Auf den anderen sieht es ähnlich aus!“ „Gut!“ rief Turamarth. Er kratzte sich an seinem leicht behaarten Kinn. „Wir gehen weiter wie nach Plan vor. Versuchen noch zwei oder drei Schoner loszuwerden und locken die Restlichen in die Untiefe von Karass bei der Insel Sahohn. Dort müssten sie mit ihren schweren Schiffen auf Grund laufen. Dann greifen wir an.“ Jubel ging durch die Reihen der Freibeuter an Deck der Schattengleiter. Sofort setzte Hylo Kurs auf Sahohn. „Noch nicht, du Tintenfisch!“ brüllte Turamarth den stummen Steuermann an. „Erst noch der letzte Schachzug.“ Hylo nickte und drehte bei. Die Schattengleiter schoss wieder auf ihrem alten Kurs durchs Wasser. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)