Resolution von Saedy (Sieh genauer hin!) ================================================================================ Kapitel 1: Ein neues Leben? --------------------------- Blinzelnd kam Yami wieder zu sich. Was war los? War er nicht gestorben? Oder gab es doch ein Leben nach dem Tod? Jedenfalls fühlte sich alles um ihn herum so gemütlich und weich an. Außerdem war das schreckliche, tödliche Kältegefühl aus ihm verschwunden und er fror nur noch ganz normal. Doch an seinen Füßen befand sich offenbar eine starke Wärmequelle, die ihm das Gefühl vermittelte, dass die Haut dort bald verbrennen müsse. Trotzdem genoss er die Hitze, da der Rest seines Körpers noch so furchtbar kalt war. “Ah, du bist wieder zu dir gekommen”, stellte eine Frauenstimme neben ihm fest. “Wie fühlst du dich?” Irritiert versuchte er, seinen Kopf zu wenden, um die Person anzublicken. Doch er konnte sich keinen Millimeter bewegen. Er war so schwach… “Wie heißt du denn?”, fuhr die Frauenstimme fort, als er nicht antwortete. Er versuchte, etwas zu sagen, doch es gelang ihm nicht mal, ein Wort hervorzubringen. Was war das nur für eine unendliche Schwäche? So hilflos hatte er sich noch nie gefühlt. Augenblicke später war er schon wieder eingeschlafen. Als er das nächste Mal erwachte, war alles anders. Er war wieder ganz bei Bewusstsein und ihm wurde schnell klar, dass er sich in einem Krankenhaus befand. Man klärte ihn bald darüber auf, dass ihn eine Polizeipatroille gerade noch rechtzeitig entdeckt hatte, bevor er endgültig erfroren wäre. Sein Leben hatte bereits an einem seidenen Faden gehangen. Still seufzte er vor sich hin. Es war ja ganz schön in diesem Krankenhaus, so warm und gemütlich. . . Essen, an dem er schon bald wieder Gefallen fand, gab es hier auch reichlich und es schmeckte überhaupt nicht schlecht, so wie man es Krankenhausessen immer nachsagte. Doch bald würde er wieder hinaus müssen. Hinaus in die Einsamkeit und die Kälte. Sein Leben hatte doch keinen Sinn mehr… Wozu sollte er kämpfen, wenn er nicht wusste, wofür eigentlich? Wenn er wenigstens ein Ziel vor Augen gehabt hätte, dann hätte es sich gelohnt zu kämpfen. So jedoch war ihm alles egal. Er hatte keine Ziele und keine Träume mehr. Alles war nur noch schwarz. Als Kind hätte er niemals gedacht, dass er selbst seine Träume jemals verlieren könnte. Seine Träume, dachte er, wären immer da, egal was kam, egal wie schlecht es ihm ging und egal, wie einsam er war. Doch er hatte sich geirrt. Denn jetzt waren ihm selbst seine Träume egal, einfach bedeutungslos. Er hatte nicht mal mehr Interesse daran, dass sie sich erfüllten, es war alles so sinnlos geworden. Selbst die Angst in ihm war zu einem müden Abklatsch ihrer selbst geworden. Sicher, wenn er wieder aufgetaucht wäre, wenn er sich ihm wieder hätte stellen müssen, dann wäre die Angst mit einem Schlag wieder zurückgekehrt und hätte ihn als jämmerliches Wrack zurückgelassen. Aber das war er ja auch so schon. Blicklos schaute Yami aus dem Krankenhausfenster. Was sollte er nur machen, wenn man ihn wieder entließ? Würde man ihn in ein Heim einweisen? Das wollte er nicht, lieber lebte er auf der Straße, auch wenn es hart war. Er hasste es nämlich, mit so vielen fremden Menschen zusammen leben zu müssen. Er hasste es, wenn ihm andere so nahe kamen, wie es in einem beengten Heim sicher der Fall wäre. Vielleicht würde man ihn aber auch in eine psychiatrische Klinik stecken, weil man merkte, wie schlecht es ihm ging. Zum Glück hatte er keinen Ausweis oder sonstige Papiere dabei gehabt und auch seinen Namen nicht verraten, sonst wären seine Eltern bestimmt schon hier… Doch was, wenn sie eine Vermisstenanzeige aufgegeben hatten - ja, bestimmt sogar hatten sie das - dann würde man ihn vielleicht finden. Er musste also so schnell wie möglich hier weg, auch wenn es so schön warm und gemütlich in diesem Krankenhaus war und das Essen umsonst. Doch die Angst, man könnte ihn entdecken, war einfach zu groß. Also wartete er noch bis in die frühen Morgenstunden ab, damit er wenigstens diese Nacht nicht draußen verbringen musste, und schlich sich anschließend heimlich aus dem Zimmer, den Flur hinunter und die Treppe hinab, den Fahrstuhl meidend, wo die Entdeckungsgefahr größer schien. Nachdem er unentdeckt aus dem Krankenhaus entkommen war, wanderte er nun erneut ziellos durch die Straßen von Domino. Hier und dort fand er in einer Mülltonne etwas zu essen und trank Wasser aus einem Brunnen. Er hatte keinen Cent mehr in der Tasche und betteln wollte er nicht. Also musste er entweder auf der Stelle einen Job finden oder kläglich verhungern. Doch wer stellte schon einen schäbig aussehenden Obdachlosen ein? Yami lief verzweifelt weiter durch die Straßen, bis er irgendwann von einer lauten Menschenmenge aus seinen trüben Gedanken geweckt wurde. Er blickte hinüber, konnte aber durch die vielen Leute wenig erkennen. Lediglich das modern aussehende, riesige Gebäude, vor dem sie standen, war weithin sichtbar. In großen Lettern stand darauf “Seto Kaibas Spielewelt”. Doch nun schaltete sich ein Bildschirm ein, der sich an der Wand des Gebäudes befand, um auch den weiter hinten Stehenden das Geschehen zu vermitteln und ein Lautsprecher verkündete: “Meine Damen und Herren, und natürlich vor allem Kinder”, begann der Redner etwas umständlich, der mit seiner großen Sonnenbrille und dem schwarzen Anzug eher wie ein Leibwächter wirkte. “Die Kaiba-Corporation möchte Ihnen heute ein ganz besonderes Unternehmen vorstellen: Seto Kaibas Spielewelt - ein riesiges Gebäude von an die 3000 qm² mit den verschiedensten Spieleebenen- und Landschaften, auf jeder Etage eine neue Welt zu entdecken! So abwechslungsreich, dass einem nie langweilig wird. Hier findet jeder ein Spiel nach seinem Geschmack! Aber das ist noch nicht alles: Außerdem gibt es zwei besondere Höhepunkte - einer davon befindet sich buchstäblich in schwindeleregender Höhe und zwar auf der Dachplattform - nämlich unsere Duel-Monsters Arena voll ausgestattet mit der neuen Holografie-Technologie der Kaiba-Corporation!” Die Menge staunte, klatschte und jubelte und vor allem die Kinder flippten aus und schrien als ginge es darum, den Weltuntergang zu begrüßen. “Pft, was soll daran so toll sein?”, zuckte Yami die Schultern, konnte im Stillen jedoch nicht seine Anerkennung unterdrücken. Aber ihm waren andere Dinge jetzt wichtiger - sein Magen knurrte. Trotzdem blieb er stehen und hörte weiter zu. Warum wusste er selbst nicht so genau. Vielleicht wusste er einfach nicht, was er sonst tun sollte. Der Redner hatte inzwischen weiter die Vorzüglichkeiten der Kaibarischen Spielewelt gepriesen und kam nun auf den zweiten Höhepunkt zu sprechen: “. . . Im Keller befindet sich diese einmalige holografische Landschaft, die sich beliebig verändern lässt, in der man jetzt jedes Spiel, das man bisher nur an einem flachen Computerbildschirm oder mit einer Virtu-Brille spielen konnte, praktisch live erleben kann, als befände man sich wirklich in einer anderen Welt! Dies ist bisher einmalig weltweit, da holografische Technologie derart ausgefeilt bisher nur beim Militär eingesetzt wurde. Sie werden daher Zeugen einer Revolution der Spieletechnolgie, die damit ein nie gekanntes Ausmaß an virtuellem Erleben erreicht hat”, endete der Redner, die Menge klatschte begeistert und die Kinder tobten. Als sich die Leute wieder einigermaßen beruhigt hatten, fuhr der Mann fort: “Als Höhepunkt der Eröffnung des heutigen Tages, findet ein - wie Sie sicher bereits aus den Medien erfahren haben - mehrstündiges Duel-Monsters Duell auf der Dacharena statt, dessen Gewinner gegen den Weltmeister Seto Kaiba antreten darf. Dem Sieger winkt dieser Pokal, den Sie bereits die ganze Zeit neben mir stehen sehen”, der Redner deutete kurz auf die Figur neben sich, die wie ein kleiner, weißer Drache aussah, “und freier Eintritt in Seto Kaibas Spielewelt für ein ganzes Jahr! Und sollte es dem Sieger des Turniers gelingen, sogar Seto Kaiba zu schlagen, so verspricht dieser, dem Gewinner jeden Wunsch zu erfüllen - mit Ausnahme der seiner Firma, natürlich”, witzelte der Redner und die Menge lachte. Yami hatte bei den letzten Worten die Ohren gespitzt, als die Sprache auf den Preis fiel. Zu schade, dass es kein Geld zu gewinnen gab. Allerdings sah dieser Pokal auch sehr wertvoll aus. Wenn er den gewinnen könnte, würde er ihn verkaufen können und erstmal über die Runden kommen. Doch wie konnte er sicher sein, zu den Teilnehmern zu gehören? Hier waren so viele Leute anwesend, von denen sich sicher auch viele an dem Spiel beteiligen wollten, dass es unmöglich war, dass alle teilnehmen konnten. Er horchte auf, als plötzlich Seto Kaiba, der bisher nur stumm daneben gestanden hatte, als wolle er sich aus allem heraushalten, vortrat und über das Mikrofon an seinem Headset zu sprechen begann: “Nun, auch ich begrüße Sie natürlich herzlich zur Eröffnung meiner Spielewelt. Sie fragen sich sicher, wer alles an dem heutigen Duel-Monsters Turnier teilnehmen wird.” Yami runzelte die Stirn. Kaiba machte in Original einen genauso arroganten Eindruck wie im Fernsehen und es schien, als würde er sich nur aus Notwendigkeit an das Publikum wenden und nicht, weil er wirklich Lust hatte, die Leute zu begrüßen. “Das ist kurz erklärt”, fuhr er fort. “Die Teilnehmerzahl ist auf 100 beschränkt und wird durch das Los bestimmt. Die Lose können Sie in der Empfangshalle kostenlos erhalten, wo übrigens auch Getränke und Kuchen zur Verfügung stehen. Das Spiel beginnt um 14:00 Uhr. Nur diejenigen, die ein Los mit einer Zahl von eins bis hundert gezogen haben, werden Eintritt zur Dachterrasse erhalten.” Ein enttäuschtes “ohhh”, ging durch Menge, da wohl einige gehofft hatten, beim Spiel live zusehen zu dürfen. Kaiba ließ sich nicht irritieren, erklärte das Gebäude für eröffnet und nahm ohne eine lange Zeremonie die große Schere zur Hand, die schon die ganze Zeit neben dem Pokal auf dem Tisch gelegen hatte, schnitt das große, rote Band durch, das um den Eingang des Gebäudes gespannt war und erklärte seine Spielewelt für eröffnet. Gerade noch rechtzeitig konnte er sich in Sicherheit bringen, bevor die Menge ihn überrannte. Es schien, als sei er plötzlich durch eine Geheimtür vom Erdboden verschwunden. Yami wartete nun etwas ab, bis die meisten Leute das Gebäude betreten hatten und folgte anschließend. Neugierig sah er sich um und bevor er etwas anderes tat, stürzte er sich erstmal auf den kostenlosen Kuchen und die Getränke. Erst danach holte er sich an einem Stand ein Los. Dort musste er seinen Namen angeben und auch ein Foto machen lassen, da er keinen Ausweis hatte, um sicherzustellen, dass er sich nicht mehrere Lose abholte. Das wäre aber auch gar nicht nötig gewesen, da Yami Glück hatte und die Zahl 43 zog. Ungefähr zwei Stunden vergingen mit Warten, in denen Yami sich dazu zwingen musste, nicht zuviel Kuchen zu essen, damit ihm hinterher nicht schlecht wurde. Dafür legte er sich aber einen Vorrat an, den er in Servietten wickelte und sich in die Manteltaschen stopfte. Nur für den Fall, dass er das Turnier nicht gewinnen würde, auch wenn er sehr gut in Duel-Monsters war, man wusste ja nie. Endlich war es soweit, dass das Turnier begann. Die ersten Spiele waren so einfach, dass er dabei hätte schlafen und trotzdem gewinnen können. Nachdem aber die schlechtesten Teilnehmer ausgefiltert worden waren, musste er doch mehr Aufmerksamkeit auf das Spiel lenken. Aber selbst jetzt fiel es ihm noch leicht. Mit einem leichten Lächeln erinnerte er sich daran, wie er Zuhause immer stundenlang Duel-Monsters gespielt hatte und seine Eltern deswegen mit ihm geschimpft und ihn einen Nichtsnutz genannt hatten. Offenbar zahlte sich das lange Training jetzt doch aus. Erst in den letzten Runden wurde Yami mal richtig gefordert. Trotzdem gelang es ihm, auch diese siegreich zu meistern, bis er mit seinem letzten Gegner im Finale stand. “Na du Clown?”, sprach der ihn gleich frech an. “Was ist denn das für ‘ne schräge Frisur? Und überhaupt, bist du gerade aus dem Müll gestiegen?”, machte sein Gegner sich über ihn lustig. Yami erwiderte jedoch nur gelassen: “Kannst du auch spielen oder nur dumm daherreden?” Der Junge mit den grünen Haaren und der mit Insektenfigürchen verzierten Brille wurde rot vor Ärger. “Na gut, dir wird deine arrogante Art schon noch vergehen, du Punk!”, beruhigte sich der Junge jedoch schnell wieder und grinste frech. “Übrigens, man nennt mich Weevil Underwood, merk dir den Namen, du Pappnase, denn er wird dein Untergang sein!”, zeigte er mit dem Finger auf ihn. “Nun, dann fang an”, erwiderte Yami ungerührt. Er konnte solche arroganten Typen nicht ausstehen, aber wozu sich über sie aufregen? Um ihre Streitlust zu befriedigen? Der würde eh gleich merken, dass Yami kein so leichter Gegner war, wie er dachte. Doch Yami merkte zu seinem Leidwesen, dass Weevil nicht nur große Töne spucken konnte, sondern auch sehr gut spielte. Viel besser als all die anderen Duellanten hier. Kurz darauf erfuhr er auch, weshalb: Weevil war beim letzten Landesturnier zweitbester - nach Seto Kaiba - geworden, wie er durch den Moderator ihres Spieles erfuhr, der das Duell für die vielen Zuschauer um sie herum und das Fernsehen kommentierte. Hinzu kam noch, dass Yami nur wenige sehr gute Karten, wie zum Beispiel den Schwarzen Magier, besaß. Der Rest war eher durchschnittlich bis nicht erwähnenswert. Weevil dagegen schien sein Deck mit Superkarten nur so gespickt zu haben. Da half wohl nur ein Trick weiter, dachte sich Yami, nachdem der Anfang des Duells so schlecht für ihn verlaufen war. Bald kam jedoch ein Punkt, an dem nicht nur die Zuschauer, sondern auch er selbst zu zweifeln begann, ob es überhaupt noch möglich war, zu gewinnen. Verzweifelt besah er sich noch einmal alle Karten, die er auf der Hand hatte und machte sich klar, was für ihn auf dem Spiel stand. Für Weevil mochte es nur um den Rum und den Preis gehen, aber das war nicht lebenswichtig für ihn. Yami selbst wusste allerdings keinen anderen Ausweg mehr - wenn er hier nicht gewann, wie sollte er dann über die Runden kommen? Nach Hause zurückkehren würde er auf keinen Fall, lieber wollte er sterben. Er konzentrierte sich ganz auf das Spiel und Weevil begann schon, ihn zu verspotten und zum Aufgeben zu bewegen, da er so lang überlegte. Dann jedoch kam ihm eine Erleuchtung. Er machte einen Spielzug, der scheinbar keinen Sinn ergab und nur seine Verteidigung in der nächsten Runde noch aufrechterhalten würde. “Man, was bist du für ein Jammerlappen?”, spottete Weevil. “Hast noch nicht mal die Größe, aufzugeben, wenn dein Spiel schon so gut wie verloren ist!” “Wir werden ja sehen, wer hier verliert”, gab sich Yami scheinbar selbstsicher und verschränkte die Arme vor der Brust. Seto Kaiba beobachtete derweil das Duell interessiert. Konnte der Neuling etwa noch mit einer Überraschung aufwarten, oder spuckte er nur große Töne? Die einzige Chance, die er selbst sah, würde eine Riesenportion Glück und Können erfordern. Kaiba zuckte die Schultern. Der Neue hatte eigentlich so gut wie verloren. Warum sah er eigentlich noch zu und gönnte sich nicht noch eine kleine Pause, bis er selbst gegen den Sieger antreten musste? Entgegen seinen Gedanken richtete sich sein Blick jedoch wieder zur Arena. Er musste ja zugeben, dass es ihm lieber gewesen wäre, wenn er nicht gegen Weevil Underwood spielen müsste. Dieser lausige Insektenfan war ihm einfach zuwider. Außerdem hatte er ihn vor ein paar Wochen schon mal geschlagen, das würde ziemlich langweilig werden. Kaiba, sowie die meisten anderen Zuschauer, staunten nicht schlecht, als Yami doch noch ein Ass aus dem Ärmel zauberte und das mit Hilfe des Schwarzen Magiers. Diese Karte allein hätte aber noch nicht gereicht, um Weevil zu besiegen, doch eine Zauberkarte stärkte den Magier und eine weitere lockte den Gegner in die Falle. In der nächsten Runde brauchte Yami nur noch angreifen und dem Spiel ein Ende setzen. Weevil hoffte, doch noch eine gute Karte zu ziehen, die ihn retten würde. Doch leider vergebens. Niedergeschlagen und erschrocken, da ihn schon ewig niemand mehr geschlagen hatte - außer dem Weltmeister Seto Kaiba - ließ er beinahe seine Karten fallen und sah so aus, als würde er gleich in Tränen ausbrechen. Doch er riss sich zusammen und fluchte stattdessen auf Yami und schwor ihm fürchterliche Rache. Seto Kaiba lächelte leicht - etwas, was er nur selten tat. Dieser Yami hatte es dem Volltrottel ja ganz schön gezeigt. Gegen ihn selbst hatte er natürlich keine Chance, aber vielleicht würde es ja wenigstens ein interessantes Duell werden. Yami dagegen konnte sein Glück noch kaum fassen. Für ihn zählte nur, dass er den Pokal gewonnen hatte und weiterverkaufen konnte, um die nächsten Tage zu überleben und sich ordentlich einzukleiden, damit ihn jemand nach einem Vorstellungsgespräch auch einstellte und nicht als Penner einstufte. Da er erst sechzehn war, würde er sich aber dennoch etwas einfallen lassen müssen, da Kinderarbeit ja verboten war. Allerdings kam ihm jetzt auch wieder in den Sinn, was demjenigen winkte, der Seto Kaiba schlagen konnte: Derjenige bekam einen Wunsch von dem jungen Firmenchef erfüllt. Yami fragte sich, warum jener keinen konkreteren Preis genannt hatte. Immerhin könnte er sich da alles Mögliche wünschen, wenn er gewann, oder nicht? Fürchtete Kaiba nicht, dass man das ausnützen könnte? Oder war er einfach so sicher zu gewinnen, dass es ihm egal war? Jetzt war jedenfalls erstmal eine halbe Stunde Pause und Yami nutzte diese, um seinem schon wieder knurrenden Magen einen kleinen Imbiss zuzuführen - bloß nicht zuviel, damit er gleich noch denken konnte - und sich auf der Toilette das Gesicht zu waschen. Das war gar nicht so einfach, da ihn nach dem gewonnenen Turnier eine ganze Menge Leute von allen Seiten bestürmten und alles Mögliche von ihm wollte. Bevor die Pause um war, schaffte er es noch gerade so, ein Schlupfloch zu finden und dem Trubel zu entkommen. Das anschließende Spiel gegen Seto Kaiba verlief wie im Traum. Yami konnte es noch gar nicht fassen, gegen den Weltmeister spielen zu dürfen. Das hätte er sich bis vor kurzem nie erträumen lassen, da ihm seine Eltern immer verboten hatten, seine Zeit mit solch “lächerlichen” Turnieren zu verschwenden. Und nachdem er ausgerissen war, hatte er wahrlich andere Sorgen gehabt. Er bekam das Spiel nur halb mit, machte alles wie automatisch. Seto Kaiba redete - abgesehen von ein paar ziemlich arroganten Bemerkungen - auch nicht viel, als dass er Yami aus seinen Gedanken gerissen hätte. Umso verwunderlicher war es, als er plötzlich aus seiner Trance erwachte und die Chance in seiner Hand sah, um Seto Kaiba zu schlagen. Gerade noch rechtzeitig, beinahe hätte er das doch glatt übersehen und die einmalige Gelegenheit vertan. Er hatte nämlich noch die fünf Teile von Exodia im Deck, die ihm sein Großvater geschenkt hatte, bevor er an einem Herzinfarkt gestorben war. Bisher waren sie ihm als nutzlos, ja geradezu als Ballast erschienen, da man sie einzeln so gut wie nicht verwenden konnte und die Chance, sie alle auf einmal in der Hand zu haben, verschwindend gering war. Doch hatte er sich einfach nicht von der letzten Erinnerung an seinen Großvater trennen können. Und jetzt, da hatte er plötzlich alle fünf Teile von Exodia auf einmal auf der Hand! Damit hatte er automatisch das Spiel gewonnen. Er konnte es kaum fassen! “Was ist? Weißt du nicht mehr weiter? Kein Wunder, aus dieser Situation gibt es keinen Ausweg, du solltest besser aufgeben, bevor du dich noch blamierst!”, forderte Seto Kaiba ihn herablassend auf, vor sich drei Weiße Drachen mit Eiskaltem Blick aufgerichtet. Yami blickte auf und seine Augen funkelten. “Bricht er jetzt in Tränen aus?”, fragte sich Kaiba genervt, bis er erkannte, dass es Triumph war, der ihm entgegenblitzte. Irritiert fragte er sich, was das bedeuten könnte, war es doch unmöglich, ihn jetzt noch zu besiegen. “Kaiba, ich halte in meiner Hand”, während er sprach, legte Yami seine fünf Exodia-Teile auf das Spielfeld, um sie durch das Holografiesystem projizieren zu lassen, “den Sieg.” Mit diesen Worten war die letzte Exodia Karte platziert und das einzigartige Monster erschien auf dem Feld. “Nein!” Kaiba ließ seine Karten fallen. “Das kann nicht wahr sein!” Mit offenem Mund sah er zu, wie seine drei weißen Drachen vernichtet wurden und sein Punktekonto damit auf Null fiel. Stille. Die Zuschauer konnten nicht fassen, dass soeben der Weltmeister geschlagen worden war, hatte doch niemand damit gerechnet. Auch mit dem Aufruf von Exodia hatte niemand gerechnet, da dieser nur äußerst selten gelang. Nach einem endlosen Moment des Schweigens, brach das Publikum jedoch in frenetischen Jubel aus und feierte den neuen Weltmeister. Seto Kaiba war immer noch fassungslos und weiß wie eine Wand. Dabei war doch alles ganz harmlos gewesen - er hatte bloß ein nettes kleines Turnier zu Werbezwecken für die Eröffnung seiner neuen Spielewelt veranstalten wollen. So eines von diesen harmlosen Turnieren, die er im Handumdrehen gewann. Das alles war doch bloß ein Spaß gewesen! Und jetzt sollte er plötzlich seinen Weltmeistertitel verloren haben? Das dürfte einfach nicht wahr sein! Das war ein böser Alptraum! Jetzt kam ihm in den Sinn, dass er zu allem Überfluss auch noch versprochen hatte, dem Gewinner jeden Wunsch - außer seiner Firma - zu erfüllen. Nachdem er sich wieder einigermaßen von seinem Schreck erholt hatte, stieg Kaiba nun die Zornesröte ins Gesicht. Doch er musste sich beherrschen, um keinen schlechten Eindruck in der Öffentlichkeit zu machen, weshalb er sich zurückhielt. Bebend vor Wut, aber äußerlich halbwegs charmant, presste er eine Gratulation hervor und erkundigte sich, was Yami sich denn wünsche. Yami, der gar nicht mit diesem Sieg gerechnet hatte, überlegte einen längeren Moment. Sollte er sich nun viel Geld wünschen? Und wie viel könnte er verlangen? Oder sollte er besser…? “Seto Kaiba, ich weiß, mein Wunsch ist ungewöhnlich”, begann er nun, woraufhin sich Angesprochener schon die schlimmsten Horrorszenarien ausmalte. “Ich möchte gern eine Anstellung in Ihrer Firma haben. Und zwar für mindestens ein Jahr.” Wieder schwieg die Menge vor Verblüffung. Wieso wünschte sich dieser Junge denn einen Job und nicht Geld oder einen tollen Preis? Kaiba kämpfte ebenfalls mit seiner Verwirrung. War der Junge denn blöd, oder was sollte das? Nein, so dumm konnte er nicht sein, denn dann hätte er ihn nicht geschlagen. Aber immerhin, das rettete ihn aus der Patsche. Wenn der so bescheiden war… Außerdem war das doch eine gute Werbung für seine Firma. Kaiba grinste fies. Dieser Yami würde noch sein blaues Wunder erleben. “Also gut”, erklärte er. “Versprochen ist versprochen. Du wirst eine Anstellung in meiner Firma bekommen. Du kannst gleich morgen anfangen”, lachte Kaiba. Aber es war ein Lachen, welches Yami ganz und gar nicht geheuer war. Vielleicht hätte er sich doch besser einen anderen Preis gewünscht? “Bis dahin werde ich mir schon einen entsprechenden Job für dich ausgesucht haben. Komm um 20:00 Uhr in mein Büro im Erdgeschoss, dann sage ich dir, wann und wo du dich morgen einzufinden hast!”, befahl er hochnäsig. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)