A new Story von Sila (Die Geschichte einer Tänzerin~) ================================================================================ Kapitel 12: ~ Ein Korb kommt selten allein ~ -------------------------------------------- „Bald ist es endlich so weit!“, rief Sila über ihre Schulter hinweg, während sie ihre Beine dehnte. „Hmm?“, hörte sie nur aus Philphladers Richtung. Silas Freundin blickte noch nicht einmal von ihren Dehnübungen auf. Sie schien ganz in Gedanken versunken zu sein. „Du freust dich sicherlich schon total, Imôto, oder?!“, Sila war voller Vorfreude. „Ich freue mich? Worauf?“. Sila bemerkte einen lang gezogenen Seufzer von ihrer Nachbarin. Verwundert über Philphladers Desinteresse hielt Sila inne und blickte sie an. Philphlader wirkte so bedrückt. Sila erschrak, denn ein solcher Gesichtsausdruck war selten an ihrer Freundin. Sila ging zu ihr, legte die Hand auf ihre Schulter und fragte verwundert: „Imôto?! Was ist los?“. Nun beendete Philphlader ebenfalls ihre Übungen, seufzte wieder und setzte sich frustriert auf die Bank, die ihr bis jetzt als Beinstütze bei den Dehnübungen diente. Sila tat es ihr gleich, doch sie fragte nicht mehr, sondern saß stattdessen stumm auf ihrem Platz und blickte auf die wundervoll gestaltende Parkanlage. Die Sonne ließ ihre ersten Strahlen wie zum Gruß leuchten, ansonsten herrschte noch allmorgendliche Stille im Park. Wenn Philphlader reden wollte - wusste Sila - dann würde sie es tun, sobald ihr danach war. „Ich habe wieder abgelehnt...“, hörte Sila nach einer Weile der Stille leise Philphlader sagen. Sie wirkte so bedrückt, blickte Sila noch nicht einmal an, sondern starrte nur auf den Boden. „Du hast ... wieder abgelehnt?“, wiederholte Sila langsam. Sie wusste nicht recht was damit gemeint war. Doch plötzlich fuhr sie wie gestochen in die Höhe: „Kiso wieder???“ Philphlader nickte nur. „Oh der Kerl kann es einfach nicht lassen, was?“, schnaufte Sila verärgert, doch zu ihrer Überraschung drehte sich Philphlader verzweifelt zu ihr um. „Was soll ich bloß machen, Neechan? Warum versteht er einfach nicht, dass...“, Philphlader biss sich auf die Lippen und ließ den Satz unvollendet. Sila war wütend! Es stimmte ja, dass sie Kiso selber gebeten hatte ob er Philphlader nicht zur Tanzpartnerin „bekommen“ wollte, doch SO sollte er es nicht anstellen. Kiso war ja total verändert! Sila hatte ihm schon so oft erzählt, dass er Philphladers Freundschaft nach und nach gewinnen musste. Niemals war die Rede davon, dass Kiso mit der Tür ins Haus fallen durfte! Sila begriff seine Handlungsweise nicht. Endlich bekam Philphlader Freude bei den Club- und Partnertänzen mit Kiso. Endlich freute sie sich Teamtänze mit oder gegen Kiso zu tanzen. Endlich akzeptierte sie ihn als guten Freund. Anstelle sich vorsichtig an das Thema „Tanzpartnerschaft“ anzutasten, machte Kiso Philphlader Partneranfragen am laufenden Band. Bei jedem Partnertanz, bei denen die Bedingungen erfüllt wurden, machte er ihr ein Angebot. Silas gut gemeinten Ratschläge wurden zu Bitten und nach und nach nur noch zu empörenden Protesten. Als wären seine Anfragen nicht schon schlimm genug, so erhob dieser Halunke den vollständigen Anspruch auf Philphlader. Zu Silas großem Entsetzen posaunte Kiso überall heraus, dass Philphlader „sein Mädchen“ wäre und die anderen Tänzer ihre Finger von ihr zu lassen hätten. Sila war schlichtweg verwirrt von seiner Handlungsweise. Er war doch SONST nicht so, grübelte sie. „Es tut mir so leid dass Kiso sich so daneben benimmt, Imôto“, sagte Sila leise. Philphlader stand auf und dehnte sich. Nachdem sie fertig war, blickte sie Sila an und bemühte sich zu lächeln: „Es ist nicht deine Schuld, Neechan ... Es fällt mir nur selber so schwer ... ähm ...“, ihre Sätze erschienen keinen Sinn zu haben. Philphlader überlegte WAS ihr denn so schwer fiel? War es trotz allen Anfragen immer noch mit ihm Partnertänze zu tanzen oder lag es daran dass sie tatsächlich arg damit zu kämpfen hatte „Nein!“ zu Kiso zu sagen?! Philphladers Gedanken schwirrten schon seit Tagen und Wochen so herum. Oft fragte sie sich ob sie je einen anderen Zustand gekannt hatte als diesen. Sie war erschöpft. Seit Kiso in dem Tanzinternat aufgetaucht war, hatte sich alles so verändert. So schnell auch noch! Kiso schien an ihrer Tanzpartnerschaft interessiert zu sein. Ja, Kiso sagte immer wie sehr er ihre tänzerischen Fähigkeiten bewundern würde und wie toll es wäre wenn sie als Team zusammen tanzen würden. Doch warum musste man immer gleich eine Partnerschaft daraus machen? Warum konnte man nicht einfach so weiter tanzen, einfach nur Spaß an den Team- und Partnertänzen haben? Warum musste ständig immer wieder die Rede von „Partnerschaft“ sein? Schon alleine das Wort „Partnerschaft“ versetzte Philphlader Gänsehaut. Irgendetwas in ihr zog sie zu Kiso. Sie wusste gar nicht warum. Kiso war zwar wie ein Gentleman – weshalb ihm wohl die Frauen ständig den Hof machen wollten – jedoch gab es auch eine draufgängerische, rebellierende und besitzergreifende Seite an ihm. Mit solch einem Menschen hatte Philphlader nie viel zu tun gehabt. Sie hielt sich sogar immer von „denen“ fern. Doch Kiso war irgendwie anders. So schnell wie Philphlader gar nicht denken konnte, war er in ihr Leben getreten, er stand ihr zur Seite und schütze sie vor den Anmachsprüchen der Tänzer. So langsam gewöhnte sich Philphlader an Kiso, doch dann begann er ihr ständig Komplimente und Anfragen zu machen. Etwas an seinem Blick, an seiner Art, an seinem Verhalten ... Ja sogar wie er redete ... All dies löste ein merkwürdig ungewohntes Gefühl tief in Philphladers Innerem aus. Nein! Sie schüttelte energisch ihren Kopf. Nein! Das würde sie niemals zulassen können. Nie kam ihr ein Mann so nahe und dabei sollte es auch bleiben! Kiso hin oder her! Nie würde sie jemandem so viel Vertrauen schenken... Niemals würde sie sich jemandem wieder SO öffnen. Damals... Philphlader sann zurück. Damals gab es einen jungen Mann, der ihr der Hof machte. Er gewann ihren Respekt und sie war gerne in seiner Nähe. Als er ihr ein Liebesgeständnis machte, stockte ihr das Herz und sie brachte es nicht fertig ihm zu sagen dass sie seine Gefühle nicht teilen konnte, denn sie empfand nicht so wie er. Ihm zuliebe kam sie seiner Bitte um eine Partnerschaft nach. Sie bildete sich ein, dass es normal sei, dass sie so empfinden würde. Sie dachte die freundschaftlichen Gefühle zu ihm wären gut genug für solch eine Beziehung aber sie musste sich täuschen. Eines Tages hob er die Beziehung auf und sagte er würde nichts mehr für sie „fühlen“. 'Fühlen?', fragte sich Philphlader, 'Wenn DAS die Gefühle waren, die er für mich hatte, dann sind es Gefühle, die falsch sind.' Von dem Tage an hielt sich Philphlader fern von Männern. Zwar hatte sie schon mal eine „Tanzpartnerschaft“ aber sie fühlte sich unwohl und kündigte diese recht bald. Egal was Kiso bezwecken würde, er würde sich bei ihr die Zähne ausbeißen! Philphlader hielt nichts von „Gefühlen“! Ja, sie hegte sehr starke, geschwisterliche Gefühle für ihre beste Freundin Sila, jedoch war es bei ihr was anderes. Romantische Gefühle würden doch eh nur verletzen. Wie sehr litt Sila die letzte Zeit wegen Chuckie. Immer noch redete sie von ihm. So viele Lieder und Begebenheiten prägten ihr Herz und ihr Leben! Er hatte sie bitter verletzt! Sila litt immer noch darunter. Und wofür? Philphlader stampfte ärgerlich mit einem Fuß auf den Boden. Nein! Sie würde daraus lernen und alle eingebildeten „Gefühle“ für diesen Tänzer abschalten. Er war ein sehr guter Tänzer und sie genoss es sich mit ihm zu messen oder im Team zu tanzen, aber nicht mehr! Er würde schließlich einsehen, dass es keinen Zweck haben würde sie weiterhin zu fragen und irgendwann aufgeben und sich eine andere Tänzerin anlachen. So war es immer gewesen und Philphlader erwartete auch nichts weiter. Warum sollte er anders sein als die anderen? Philphlader hatte genug von den Gedanken und dem Thema. Sie drehte sich wieder zu Sila um, so schwungvoll, dass ihr volles, langes, pechschwarzes Haar – mit Ausnahme 2 türkisfarbenen Strähnchen - durch die Luft wirbelten. „Du meinst sicher die Ankunft von meiner Schwester?“, rief sie lächelnd und man sah auch ihr eine gewisse Vorfreude an. Sila nickte stürmisch und sprang auch auf. „Oh ja!!! Du hast mir schon soooo viel von Phie erzählt, dass ich schon total gespannt auf sie bin!“ Philphlader lachte. Typisch Sila! Manchmal hatte Philphlader den Eindruck, ihre Freundin würde sich immer mehr freuen als alle anderen. „Sie müsste bald kommen, Neechan ...“, sann Philphlader verträumt nach, „Du wirst meine Neenee (anderes Wort für „große Schwester“) sofort ins Herz schließen...“ **** *** ** * Sila stand in der großen Lobby der Tanzhallen. Sie blickte sich um. 'Kein Wunder', dachte sie, 'dass hier kaum einer beim Tanzen ist... Es ist ja auch eigentlich viel zu spät zum tanzen.' Trotz der späten Stunde hatte Sila heimlich gehofft dass sich vielleicht doch ein paar Mittänzer finden lassen würden, die ihren Lieblingstanzmode „choreography crazy 4k“ mittanzen würden. Sie eröffnete einen Raum und wartete geduldig, doch keiner wollte mit ihr tanzen. Manchmal war es auch zu blöd, dachte sie sich etwas ärgerlich. „Warum kann ich ausgerechnet HEUTE nicht einschlafen?“ Sie drehte sich zu hause nur hin und her. Viele Gedanken stürmten auf sie ein, so dass sie kaum Ruhe fand. Da war zum einen die Vorfreude auf die leibliche große Schwester ihrer besten Freundin, die von einer anderen Tanzschule wechseln wollte und zum anderen die Sache mit Kiso und Philphlader. Hinzu kamen immer noch ungewollte Erinnerungen von Chuckie. Wie sehr er ihr immer noch fehlte, konnte sie kaum zum Ausdruck bringen. Es war auch überflüssig, wusste Sila, denn ihre Freundinnen würden sie eh nicht verstehen. Alle waren sauer auf Chuckie und schimpften über ihn. Kiso gegenüber durfte sie noch nicht einmal Andeutungen machen, wenn sie keinen Zornausbruch riskieren wollte. Was sollte sie tun? Bevor sie weiter auf und ab im Apartment lief, wollte sie sich lieber müde tanzen. Doch auch dies schien nicht so zu klappen wie sie vermutet hatte. Ärgerlich deaktivierte Sila die Felder für weitere 5 Mittänzer und benannte ihren Tanzraum neu in „Silas Bunker!“. „Wenn schon keiner mit mir tanzen mag, dann sollen sie auch fern bleiben!“, schnaufte Sila und bestritt die folgenden Tänze ganz alleine, was ihr weder Geld, noch Erfahrungspunkte einbrachte. In ihrer Unvorsichtigkeit vergaß sie jedoch den Bereich für Zuschauer mitzudeaktivieren und so erschrak sie sich über alle Maßen als ein junger Asiat auf der Anhöhe der Zuschauerräume stand. Ohne eine Begrüßung sagte er in ruhigem Ton und in internationaler Sprache: „Silas Bunker? Oje ... Klingt nicht gerade erfreulich. Brauchst du einen Mittänzer oder möchtest du deine Ruhe haben?“ Silas Augen wurden groß und sie starrte diesen ihr unbekannten Tänzer für ein paar Sekunden nur unhöflich an. Erst wollte sie sich ärgern, dass sie vergaß den Zuschauerbereich zu deaktivieren, doch als sie sein Lächeln sah öffnete sie einen der 5 deaktivierten Tanzplätze. Soujirou war so groß wie Sila und sah asiatisch aus. Irgendetwas an ihm erinnerte Sila sofort an Chuckie, auch wenn dieser seine Haare braun gefärbt hatte und größer war. An dem Abend trug Soujirou eine Brille. Sila wunderte sich noch wie jemand mit einer Brille tanzen konnte. Nachdem die beiden Tänzer ihre Namen ausgetauscht hatten fragte Soujirou: „Kommst du von hier?“. Sila nickte und erzählte dass sie nicht weit von hier geboren wurde, jedoch nach dem Tod ihrer Eltern in der Nähe der Tanzschule „SEA“ im Ausland bei einer befreundeten Familie lebte. „SEA? Oh die Tanzschule kenne ich!“, strahlte Soujirou und fügte sachlich hinzu: „Ursprünglich komme ich aus London, geboren wurde ich jedoch in Japan. Tanzen gelernt habe ich auf SEA. Nun wollte ich mal ein kleineres Internat besuchen...“ Gleich beim 1. Tanz merkte Sila dass der Tänzer, der verständlicherweise einige Level unter ihr war, da er noch nicht all zu lange auf dem Internat tanzte, sehr gute tänzerische Fähigkeiten hatte. Soujirou war ein liebenswerter und fröhlicher, wenn auch recht schweigsamer Mann. Er war erstaunliche 6 Jahre älter als Sila selbst und wirkte auf sie recht ernst und erwachsen, wenn sie auch den Eindruck verspürte, dass er manchmal ZU viel grübelte. 'Er scheint einiges durchgemacht zu haben', überlegte Sila, die gerne Menschen beobachtete und dadurch schon einige Dinge erfahren durfte, die sich bewahrheitet hatten. Seit diesem Abend traf Sila häufiger auf den Tänzer. Als er Sila wieder an einem Abend traf, erbat er die Freundschaft und von diesem Tage an waren Soujirou und Sila befreundet. Begeistert stellte sie Soujirou auch Philphlader und den anderen vor. Alle Freunde von Sila waren mehr als erstaunt über sie, denn sie schwärmte von diesem älteren Mann wie ein kleines verliebtes Schulmädchen. Sila selbst bestritt es. Meist jedoch tanzte sie alleine mit ihm oder mit weiteren unbekannten Mittänzern. Merkwürdigerweise waren zu den späteren Zeiten keine anderen Freunde von Sila in den Tanzräumen und so verbrachte sie viel Zeit mit Soujirou. Auf die anderen wirkte er immer sehr ruhig, doch Sila merkte immer mehr, dass er ihr gegenüber so offen war wie zu keinem sonst. Oft fragte sie sich weshalb er gerade zu IHR so offen war. Was Soujirou betraf, so musste sich Sila eingestehen dass die anderen Freunde von ihr doch nicht ganz Unrecht hatten. Dieser Mann hatte sie gefesselt. Vom 1. Augenblick an, als er in ihren „Bunker“ drang, spürte sie ein starkes Interesse für diesen „einsamen Tänzer“. Ihr Interesse – dass wusste sie leider zu gut – war mit Sicherheit aus dem Grund dass er ein Asiat war, denn Sila wurde geradezu von asiatisch aussehenden Menschen wie magisch angezogen. Irgendetwas an ihnen fesselte Silas Interesse. Dazu kam, dass Soujirou sie jeden Tag mehr an Chuckie erinnerte. Schnell merkte Sila wie beliebt Soujirou in seiner einfachen, freundlichen Art bei den Damen war. Vielleicht lag es auch daran, dass er noch keine Tanzpartnerin hatte, vermutete Sila und fragte ihn eines Tages weshalb er keine Partnerin hatte. Diese Frage löste einen tieftraurigen Ausdruck bei ihrem Freund aus. Soujirou deaktivierte die Tür und stand eine Weile still neben Sila. Verwunderung stand in ihren Augen, als sie seinen Blick erwiderte. „Weißt du...“, begann Soujirou, „Ich bin nicht so wie viele Tänzer von hier. Für mich ist es unmöglich eine Tanzpartnerin zu haben, für die ich keine Gefühle hege.“ Sein Blick war immer noch traurig und es schien Sila, als würde er Bilder vor seinem inneren Auge sehen als er ruhig weiterredete: „Es gab eine Zeit auf SEA, da war ich glücklich! Ich hatte eine Partnerin, die auch meine Tanzpartnerin wurde. Ich liebte sie über alles. Wir verstanden uns so gut wie kaum ein anderes Paar. Wir lebten zusammen...“ Nun wandte er seinen Blick ab von Sila, als ertrug er es nicht mehr sie anzublicken. „Aber als es aus war zwischen uns ... nun dann habe ich mir geschworen, dass ich nie wieder eine Tanzpartnerin haben würde, außer ihr!“ Silas Herz schlug ihr bis zum Hals. Sie stand still da und bemühte sich ihre eigenen Gefühle zu ordnen. Irgendwie mochte sie den Tänzer mittlerweile so sehr, dass sie nichts lieber wollte, als seine Tanzpartnerin zu sein. Doch nun schlich sich in ihr die Frage ein, ob sie „nur“ seine Tanzpartnerin sein wollte oder ob sie ernsthaft darüber nachdachte seine Partnerin zu werden. Sila befürchtete jedoch, dass Soujirou ihr eher ein Lückenfüller sein würde, wenn sie diesem Drang nachgeben würde und so verbarg sie ihre Gefühle vollständig. Er erinnerte sie zu sehr an Chuckie, daran gab es keinen Zweifel und dies war auch mit Sicherheit der Hauptgrund warum sie sich so stark zu ihm hingezogen fühlte. Es wäre ungerecht und Soujirou hätte es nicht verdient nur als Lückenfüller angenommen zu werden. Sila blickte Soujirou stumm an. Irgendetwas an dieser Situation kam ihr so vertraut vor. Sie überlegte und bemerkte plötzlich, dass sie vor längerer Zeit eine ähnliche Situation mit ihrem damaligen besten Freund Aron hatte. Ein Lächeln huschte Sila über den Mund. Nein, diese Situation war der Situation damals zwar ähnlich, denn auch Soujirou flüchtete vor den tanzpartnerwilligen Damen, doch empfand Sila anders für Soujirou als damals für Aron. Aron war nichts weiter als ein guter Freund, wie ein Bruder für Sie. Dieser erwachsene Tänzer vor ihr, der in diesem Augenblick eher Jungenhaft wirkte, weckte mehr als nur freundschaftliche Gefühle Sila gegenüber. Doch sie lockte ihn durch ihre Vermutung zum Reden als sie leise sagte: „Du liebst sie immer noch!“ Erschrocken drehte sich Soujirou um und blickte Sila an. Sila lächelte und wiederholte es: „Du liebst sie immer noch...“, doch nun wurde sie ernst, ihre Züge formten einen harten Ausdruck, der eher untypisch für sie war, „und das obwohl sie dich sitzen gelassen hat!“ Seine Augen weiteten sich und er trat näher an Sila heran. „Aber ... das habe ich dir doch gar nicht erzählt! Woher weißt du das?“, fragte er verwundert. Sila zuckte ohne ihr Gesicht zu verändern die Achseln und sagte fest: „Das sieht man dir an! Du bist nicht der Einzige, dem so etwas passiert ist... Sie hat dich verlassen, aber du hängst immer noch an ihr.“ Nun tat sie etwas unerwartetes. Sie blickte ihn fest an, trat ihm so nahe, dass sich die Nasenspitzen fast berührten und sagte: „Vergiss sie! Sonst macht sie dich kaputt!“ Soujirou war so schockiert über Silas Reaktion, dass er sie nur wortlos anstarrte. Doch dann seufzte er nur schwermütig, trat höflich einen Schritt zurück und sagte leise: „Es stimmt... Aber es ist nicht leicht!“ „Nicht leicht, aber auch nicht unmöglich!“, ergänzte Sila, die jetzt wieder lächelte. Sie ging an ihm vorbei und streckte sich erst einmal ausgiebig, drehte ihren Kopf leicht nach hinten, um ihn anzusehen und sagte mädchenhaft: „Suche dir eine Tanzpartnerin. Vielleicht hilft es dir ja dabei das alles hinter dir zu lassen. Weißt du?! Das Leben geht weiter! Außerdem hört dann das ewige 'Willst du mein Partner sein?' auf.“. Sila lachte herzlich auf. Soujirou war verwirrt. Er hatte noch nie jemanden kennengelernt der so war wie Sila. Manchmal schien sie ihm so unberechenbar zu sein. Sie konnte von einem Moment auf den anderen beängstigend ernst und dann wieder fast kindlich wirken. Soujirou fragte sich ob ihn je ein Mensch so sehr verwirrt hatte wie diese Tänzerin. Ihre Fröhlichkeit jedoch steckte an, wie immer wenn er das Lächeln oder Lachen dieser Dame sehen durfte. Es tat ihm so gut, er konnte es nicht verbergen. Nach ihrer Reaktion auf seine Vergangenheit wurde er nun neugierig. Sicher, er wusste von einem Chuckie, der ihr wohl das Herz gebrochen hatte und er sah auch wie sehr sie sich an die Erinnerung an ihn klammerte, aber er wollte doch noch mehr erfahren und so fragte er: „Was ist mit dir? Du bekommst doch auch Anfragen am laufenden Band. Deshalb verkriechst du dich ja auch so oft in deinem 'Bunker' oder tanzt mit MIR Partnertänze.“ Sila verstummte, ihr Herz begann wieder einmal schneller zu schlagen. Ein schneller werdender Schlag des Herzens hatte jedoch nicht mehr so große Macht über Silas äußerlichen Ausdruck und so merkte es Soujirou auch nicht. Sie verschränkte ihre Arme hinter dem Rücken und lächelte. „Ich habe noch nicht den richtigen Partner gefunden... Vielleicht bin ich aber auch einfach noch nicht bereit dazu, wieder ein Teil von der Geschichte eines anderen zu werden.“ Sila sah so unschuldig aus, so als würde ihr der Satz nichts bedeuten, doch in ihrem Inneren bebte alles, denn die Erinnerung an Chuckies Antwort auf ihre Frage: „Ist es eine neue Geschichte?“ lautete „Ja! Und wir werden sie GEMEINSAM schreiben!“. Es war eine der schmerzhaftesten Erinnerungen an ihn. Soujirou blickte Sila verdutzt an. „Welche Geschichte?“ „Huch? Kennst du den Ausdruck denn nicht?“ „Nicht das ich wüsste“, gab Soujirou etwas schüchtern zurück. Sila überlegte wie sie ihrem Freund – auch noch in der internationalen Sprache - erklären konnte was sie damit meinte. „Äh ... nun ... Man nehme mal an, dass jeder Mensch seit der Geburt eine eigene Geschichte (des Lebens) beginnt. Jede Entscheidung und jeder neue Charakterzug gestaltet und formt diese Geschichte.“ Soujirou nickte, wodurch Sila fortfuhr: „Treffen sich 2 Menschen, so bekommt einer eine Rolle in der eigenen Geschichte. Manchmal verbinden sich auch 2 Geschichten und werden zu einer, zum Beispiel wenn 2 Mensch den Bund fürs Leben eingehen...“ „Ich verstehe...“, bemerkte Soujirou und lächelte. „Ihr habt aber merkwürdige Redewendungen.“ Sila lachte. Es schien als hätte es das ernste Thema davor nicht mehr gegeben. „Sag mal...“, unterbrach Soujirou die daraufhin entstandene Stille: „Welche Rolle spiele denn ich in deiner Geschichte?“ Sila wandte sich ruckartig zu Soujirou um. Ungewollt merkte sie wie Röte in ihr Gesicht stieg. „Wie welche Rolle?“, bemühte sie sich so zu tun, als wüsste sie nicht was hinter seiner Frage steckte. „Na du erklärtest mir ja was hinter dem Begriff 'Geschichte' von eben zu verstehen ist. Dann nehme ich mal an, dass du auch deine eigene Geschichte hast. Ich bin also die Person, die du kennengelernt hast...“, fuhr Soujirou unbeirrt fort „Da stellt sich mir also die Frage, welche Rolle ICH in DEINER Geschichte spiele.“ Sila wurde plötzlich heiß und kalt gleichzeitig. Wieso stellte er nur so doofe Fragen?! Sie überlegte hin und her was sie darauf erwidern sollte. Am liebsten hätte sie ihm ins Gesicht gerufen „Mein Tanzpartner, ist doch klar!“, doch aus irgendeinem Grund verdrängte sie mal wieder ihre wahren Gefühle und antwortete endlich: „Die Rolle, die du gerne haben möchtest.“ Sie lächelte sanft und hoffte, dass Soujirou vielleicht doch so denken würde wie sie, doch er wurde nachdenklich. „Welche ich gerne haben möchte? Nun ... Ich habe keine Ahnung. Such du mir einfach eine Rolle aus.“ Oh dieser Kerl! So ging das doch nicht! Sila war frustriert. Wieso waren Männer immer nur so blind?! Sie seufzte still und beschloss ihr Geheimnis für sich zu behalten. Vielleicht brauchte Soujirou auch einfach nur noch mehr Zeit um sich an Sila zu gewöhnen. Schließlich kannten sie sich erst wenige Wochen, wenn sie auch diese fast täglich zusammen getanzt und trainiert hatten. Wer weiß, dachte sie sich, vielleicht würde er sich ja so sehr an ihre Anwesenheit gewöhnen, dass er doch noch über eine Tanzpartnerschaft nachdenken würde... wer weiß, überlegte sie mit roten Wagen, vielleicht würde dann auch mehr daraus werden. Sie wusste genau, dass Soujirou sie mochte. Er hatte auch seine Freunde und viele weibliche Verehrerinnen, aber er war immer bei Sila. Sobald er informiert wurde, dass sie sich zum Tanzen angemeldet hatte, kam er zu ihr. Partnertänze tanzte er nur mit ihr, selbst wenn seine langjährige Freundin NJAngel dabei war. Gut, eigentlich benahmen sie sich fürchterlich kindisch und ärgerten sich ständig, doch Sila wusste, dass sie tief im Inneren sehr gute Freunde waren. Beide erinnerten Sila so sehr an Chuckie und seine Arbeitskollegin Summer. Sie fehlten ihr immer noch schmerzlich, doch es gab Hoffnung, merkte sie. Seit sie Soujirou kennen gelernt hatte, dachte sie immer weniger an Chuckie. So langsam trat er in den Hintergrund. Es war ein tolles Gefühl, endlich freier zu sein. Doch zu ihrem großen Ärger war nun Soujirou immer mehr im Vordergrund. Sobald sie ihn wieder sah, tat ihr Herz einen Satz nach oben und sie konnte sich die ersten Tänze so gut wie gar nicht konzentrieren. Diesen Zustand kannte sie noch nicht einmal Chuckie gegenüber. Soujirou, der gemerkt hatte, dass Sila tief in Gedanken versunken war, machte sich bemerkbar. „Ich merke schon. Ich bin einfach nur der Ruhestörer, der Nachts in deinen 'Bunker' eingedrungen ist.“ Sein Sinn für Humor, war Sila nicht fremd, wusste sie doch wie gerne er sie mit „ihrem Bunker“ ärgerte. Sie besann sich wieder und antwortete nun schlicht: „Ich teile dir vorerst die Rolle meines besten männlichen Freundes zu!“ „Wie bitte?“, wunderte er sich. „Heißt dein bester männlicher Freund nicht Aron?“ Sila winkte ab und antwortete schnell. „Ach vergiss Aron... Er war mein bester Freund, das stimmt. Doch seit er geheiratet hat und bei internationalen Wettbewerben tanzt, habe ich jeglichen Kontakt zu ihm verloren.“ Soujirou seufzte. Sila hatte den Eindruck dass ihm diese Rolle nicht gefiel, so bemühte sie ihn doch noch aus der Reserve zu locken: „Du kannst aber auch jemand anders sein...“ Er hob den Kopf: „Zum Beispiel?“ Ah! So war das nicht geplant, ärgerte sich Sila. ER sollte IHR sagen wer er sein wollte. Nun hatte sie genug und antwortete leicht gereizt: „Wie wäre es mit Tanzpartner?“ Nun blickte Soujirou völlig verwundert in ihre Augen. Anscheinend hielt er es für einen Scherz, denn er fing an zu lachen. „Okay okay, ich habe verstanden! Anscheinend bleibt mir wohl keine Wahl als den besten Freund anzunehmen!“ Auf Silas fassungslosen Ausdruck antwortete er ernst: „Ich werde keine andere Tanzpartnerin haben als meine Ex-Freundin... auch nicht um mich vor den Anfragen der anderen Tänzerinnen hier zu schützen!“ „Nervt es dich denn nicht?“, fragte Sila ungeduldig. „Ich komme schon klar. Habe keine Probleme damit 'Nein!' zu sagen! Außerdem...“, fügte er hinzu und stupste sie an die Nase „... habe ich ja dich. Du hast mich noch nie gefragt!“ Sila kämpfe um Fassung. Manchmal wünschte sie sich diesem Mann einfach vor das Schienenbein zu treten. So wenig Verstand, schien er manchmal in Sachen Frauen und deren Gefühle zu besitzen! Sila drehte sich beleidigt um und sagte bissig: „Pha! Dann will ICH auch keinen Tanzpartner!“ Damit war die Unterhaltung beendet, doch Sila bereute noch lange ihre letzten Worte. Auch wenn Soujirou so tat, als hätte es die Worte nie gegeben, so befürchtete Sila, dass sie sich nun eine Tanzpartnerschaft mit Soujirou gänzlich verbaut hatte. Sie tanzten weiter und Sila bemühte sich immer in seiner Nähe zu sein in der Hoffnung, dass er vielleicht doch auf die Idee kommen würde, sie um eine Tanzpartnerschaft zu bitten. Auf jeden Fall – nahm sich Sila vor – würde sie um Soujirou kämpfen und falls er sie brauchen würde, würde sie zur Stelle sein. **** *** ** * Es war scheinbar ein Tag wie sonst auch. Philphlader tanzte gemeinsam mit Kiso einen Clubtanz nach dem anderen. Es war ihr ganz recht, dass sie Club tanzten, denn bei diesem Tanz erfüllten sie nicht bei jeder Gelegenheit die Voraussetzungen für eine Tanzpartnerschaft und somit verringerte sich Kisos Fragen um ihre Einwilligung. Obwohl Philphlader es überhaupt nicht mochte, dass Kiso so sehr auf eine Partnerschaft bestand und auch seine Komplimente machten ihr, die sie von ruhiger, schüchternder Art war, sehr zu schaffen. Doch auf der anderen Seite wollte sie seine Anwesenheit nicht missen. Es war einfach zu verwirrend. Kiso war so gar nicht der Typ Mann, mit dem sich Philphlader normalerweise zeigen lassen würde, geschweige denn immer als Tanzpartner für einen Tanz wählen würde. Lag es daran, dass Kiso der Ziehbruder von Sila war, dachte sie? Nein! Sie wusste, dass es überhaupt nichts mit ihrer besten Freundin zu tun hatte. Philphlader hatte sich einfach so sehr an diesen energiegeladenen Gentleman, der jedoch auch genau so draufgängerisch wie höflich sein konnte, gewöhnt, dass sie sich einen Partnertanz ohne ihn kaum noch vorstellen konnte. Er brachte sie zum Lachen oder auch zum ärgern. Er brachte sie in Verlegenheit, aber er schaffte es auch ihr Herz zum schnelleren Schlagen zu bringen. Ein Blick, ein Wort reichte immer häufiger aus um sie ihrer Fassung zu berauben. Philphlader gab sich die größte Mühe um diesen Zustand vor allen anderen zu verbergen. Sie schaffte es! Sogar vor Sila brachte sie es fertig völlig kalt auf Kisos penetranten Anfragen zu reagieren – zumindest solange dieser in ihrer Nähe war. Es konnte natürlich auch sein, dass Sila viel zu beschäftigt mit ihren eigenen Gefühlen war, bemerkte Philphlader. Denn seit sie diesen Soujirou kennen gelernt hatte, tanzte sie fast nur noch mit ihm. Natürlich suchte Sila die Gesellschaft ihrer Freunde auf aber ... es war einfach nicht mehr das Selbe. Sila schwärmte die ganze Zeit nur für diesen Soujirou. Ihre ganze Aufmerksamkeit galt ihm. Schon alleine der Name bewirkte, dass Philphlader ihre Nase rümpfte. Sie konnte gut nachvollziehen dass Kiso diesen Tänzer nicht mochte. Philphlader wusste nicht weshalb, sie wusste auch dass es Sila sicher verletzten würde, doch Philphlader konnte diesen Soujirou immer weniger leiden. Wieso war Sila nur so von ihm eingenommen? Er sagte doch kaum ein Wort, wenn andere dabei waren. Plötzlich fiel ihre Aufmerksamkeit auf Kiso, der in ein hitziges Gespräch mit einem neu dazugekommenen Tänzer verwickelt war. Sie konzentrierte sich den Grund des gereizten Gesichtsausdruckes von Kiso zu erfahren. Dummerweise begriff sie erst zu spät, dass sie selbst der Grund der Streitigkeit war. „Sag mal, tickst du nicht richtig in deinem Kopf? Von einem NOOB (das größte Schimpfwort eines jeden guten Tänzers) wie DIR lasse ich mir noch lange nicht vorschreiben welche Tänzerin ich zur Partnerin wähle!“, schleuderte der Neuankömmling Kiso entgegen. Philphladers Augen wurden groß. Das würde mit Sicherheit Ärger bedeuten, so viel war klar. Kiso würde solch eine Äußerung von einem Level 16 Tänzer niemals einfach so über sich ergehen lassen. Er würde sogar noch einem Level 32 Tänzer genau so kontern, wie diesem Unglücksknaben. Philphlader seufzte als sie merkte dass alle anderen Mittänzer gebannt auf die Situation starrten. Kisos Level war gerade mal 8 und ihrer war Level 24. Oft gab es Tänzer, die Kiso nicht als ihren Tanzpartner akzeptierten weil sie dachten, dass er ein Anfänger war. Bei Kisos Temperament und seinem eigenen Ärger darüber dass er auf seinem neuen Internat wieder zu einem Anfänger degradiert wurde, machte die Situation nicht gerade einfacher. „Noob?!“, zischte nun Kiso und seine Augen wurden ganz schmal „du hast doch überhaupt keine Ahnung wen du vor dir hast! Wenn ich dir sage dass Philphlader MEIN Mädchen ist, dann hast du es gefälligst auch zu akzeptieren! Zwing mich nicht, dich hier vor allen Leuten in Grund und Boden zu tanzen!“ Der Rivale lachte verächtlich auf „Du und MICH in Grund und Boden tanzen? Du prollst dich aber ganz schön auf, wegen der Hübschen da. Versuchst wohl dich an eine angehende Profitänzerin ranzuschmeicheln, was?!“ „Wag es ja nicht so über Phil zu reden!“, konterte Kiso voller Zorn. „Sonst was? Hmm?“, doch bevor Kiso erwidern konnte, wechselte sein Gegner grinsend das Thema. „Wenn sie wirklich dein Mädchen ist, wie du meinst, wieso bist du dann nicht IHR Tanzpartner?“, sein Gesicht verzog sich zu einer grinsenden Fratze. Mit der letzten Aussage hatte er Kisos wunden Punkt getroffen. Schon seit Monaten konnte er nicht mehr schlafen, kaum richtig essen, weil diese Tänzerin seine Gedanken erobert hatte. Es begann als er sie zum 1. Mal sah. Diese Tänzerin hatte in ihm etwas ausgelöst, das er lange begraben konnte, das er sehr lange verstecken musste. Doch es war anders als beim ersten Mal, als er diese Gefühle hatte. Es war neu, aber es war auch genau so überwältigend. Kiso hatte sich seinerzeit geschworen, dass er nie wieder den gleichen Fehler wie vor etlichen Jahren begehen würde und so sagte er nun offen und frei heraus was er wollte. Er wollte Philphlader zur Tanzpartnerin. Es war ihm egal was andere von ihm dachten und er wusste auch dass sie wirklich besser tanzte als er, doch er hatte sein Ziel vor Augen und nichts und niemand würde ihm Philphlader wegschnappen! In hochgestauter Wut griff Kiso nun nach dem Halsausschnitt seines Rivalen und es hätte keine 3 Sekunden gedauert bis dieser freche Kerl eine Faust im Gesicht gespürt hätte, wenn nicht Philphlader dazwischen gegangen wäre. Ihre Hand ruhte auf Kisos Fäusten, die den Kragen seines etwas überrumpelten Gegners fest umklammert hielten. Sie sagte keinen Ton, sondern schaut Kiso nur voll in die Augen. Dieser Blick reichte aus um Kiso wieder zur Besinnung zu bringen. Er blickte verwundert zu der schönen Tänzerin mit den blauen Augen und bemerkte jetzt erst dass er kurz davor war eine Regel der Hausordnung zu verletzen. Eine Rauferei auf dem Internatsgelände war strengsten verboten und wurde hart bestraft, ohne auf den Grund der Schlägerei zu achten. Ein dankbarer Blick von Kiso war Philphladers Belohnung für ihr Eingreifen. Erst als er den Jüngling - der gerade mal im Alter von Philphlader zu sein schien - losließ, hörte er die sanfte, ruhige Stimme von Philphlader: „Lass gut sein, Kiso. Er hat doch keine Ahnung! Komm, DEM müssen wir nichts beweisen!“, damit hakte sie ihren Arm in seinen ein und beide verließen den Raum. Kiso war so verwundert über Philphladers Verhalten, dass er sogar vergaß seinem Gegner einen letzten giftigen Blick hinterher zuwerfen. Draußen an der frischen Luft angekommen setzte sich Philphlader auf eine hübsche Steinmauer, die einen der vielen großen Springbrunnen umrandete. Kiso stand nicht weit von ihr entfernt, hielt die Hände in seinen Hosentaschen und blickte etwas grimmig drein. Philphlader spürte, dass er sich immer noch über die Worte des ungehobelten Tänzers ärgerte. Warum nur wollte er unter allen Umständen IHR Partner sein? Philphlader konnte ihn nicht verstehen. Es gab allerhand Damen, die Kiso schöne Augen zu machen begannen, gewiss weil er immer sehr freundlich und höflich war und sie auch immer „Lady “ oder „Ladies“ nannte. Doch sobald Kiso auch nur den Hauch von einem Flirtversuch wahrnahm, machte er unmissverständlich klar, dass nur Philphlader SEIN Mädchen war. Bei dem Gedanken durchdrang eine ungewohnte Wärme die Wangen der Tänzerin und sie bemühte sich die Gedanken weg zu schleudern. Die Gesellschaft von Kiso löste in ihr von Tag zu Tag merkwürdigere Gefühle aus. Schüchtern blickte sie zu dem großen Tänzer empor, denn sie selber war recht klein. Er war stark und gut gebaut. Sein Blick hatte meist etwas rebellisches, doch der Charakter war hauptsächlich höflich und zuvorkommend, auch wenn er es gerne versteckte oder nutze um jemanden zu ärgern oder sich mit jemanden zu messen. Plötzlich bemerkte Kiso den Blick von ihr und sein Gesicht veränderte sich zu einem sanfteren, fragenden Ausdruck. „Mmh?“, war seine einzige Reaktion darauf, doch Philphlader wurde wieder rot und drehte den Kopf zur Seite: „Ach ich ...“, stammelte sie, „Ich finde nur... du brauchst dich nicht wegen seiner Aussage zu grämen, Kiso. Du bist ein guter Tänzer und hast es nicht nötig von so einem möchtegern Fortgeschrittenen Tänzer etwas anderes auf die Nase gebunden zu bekommen. Hör da doch einfach nicht hin.“ „Aber er hatte doch recht! Wenn ich wirklich SO ein guter Tänzer bin, wie du es sagst, warum bitteschön weigerst du dich immer noch mich als deinen Tanzpartner zu akzeptieren? Bin ich dir immer noch nicht gut genug?“, Kisos Stimme hatte einen Hauch von Verwirrung. Er setzte sich neben Philphlader und drehte ihren Kopf vorsichtig wieder in seine Richtung. In ihrem Blick sah er jedoch einen leichten Schatten. Ihre Züge wurden traurig, als sie leise sagte: „Ach Kiso! Es ... Es hat doch überhaupt nichts mit deinen Fähigkeiten zu tun! Verstehst du es denn nicht?! Ich KANN einfach nicht die Tanzpartnerin von dir sein! ... Gib es doch endlich auf!“, mit einem Satz sprang sie wieder auf die Füße und lief zurück in Richtung der Tanzhallen. Kiso starrte ihr schockiert entgegen. Am liebsten wäre er ihr hinterher gelaufen und hätte sie ganz fest in seinen Armen gehalten und zu einer Antwort gezwungen, doch er wusste, dass es sie nur verletzen würde. Oft verstand er einfach nicht was in ihrem Kopf vor sich ging. Manchmal war sie so sehr auf seine Nähe erpicht aber nur um ihm dann wieder vor den Kopf zu stoßen oder ihm einen Korb zu geben, wie ihm schien. Warum baute sie immer nur so eine Mauer um sich, wenn er sich bemühte ihr seine ehrliche Zuneigung zu zeigen? Kiso grübelte und grübelte. Was konnte er tun um sie zu überzeugen, dass er kein Spielchen mit ihr spielte, wie er es vielleicht zu Beginn vor hatte? Hätte Kiso die Tränen, die Philphladers Wangen herunterkullerten gesehen, dann wäre er sicherlich noch verwirrter gewesen... Ende Kapitel 12: ~ Ein Korb kommt selten allein ~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)