Wolfsträume von Scarla ================================================================================ Kapitel 14: Streit ------------------ Lugh Akhtar erschauderte unwillkürlich und duckte sich, wie zur Verteidigung. Er wusste, dass ihm hier keine Gefahr drohte, denn sonst wären Cinder und Soul nicht so ruhig gewesen, doch er spürte, dass auch Sly sich in Verteidigungshaltung begab und Ice die Beine so versteifte, als hätte jemand Stöcke hineingetrieben. Nea drängte sich eng an ihn, während Tariq sich niederkauerte. »Wo sind wir hier?«, fragte der weiße Wolf flüsternd. »Das hier ist das Reich von Cloud und ihren Wolkenjägern.« Cinder setzte sich ruhig nieder, in den Schnee hinein und blickte nachdenklich auf das, was sich vor ihr für ein Schauspiel bot. »Es sieht nicht immer so aus, doch offensichtlich haben sie gute Beute gemacht«, fügte Soul hinzu und ließ ihre Zähne bei einem wölfischen Grinsen blitzen. Wäre Lugh Akhtar ein Mensch gewesen, so wäre er wohl blass geworden. Jetzt starrte er die schwarze Wölfin nur erschrocken an. Die lachte daraufhin laut auf. »Das war ein Scherz«, griente sie. Lugh Akhtars Blick sagte wohl sehr deutlich, dass er ihr nicht glaubte, denn auch Cinder lachte nun. »Das hier ist die Blutebene. Sie sieht immer so aus, jeden Tag, immer dann, wenn Tag und Nacht tauschen«, erklärte sie. Der weiße Wolf indes blickte immer noch steif, aber mit gespitzten Ohren auf die weite Ebene vor sich. Er konnte den Namen mehr als nur verstehen, denn was er sah, sprach seine eigene Sprache. Der Schnee inmitten dieses Tals war rot wie Blut. Es wirkte, als habe jemand ein Blutbad, ein Massenschlachten veranstaltet, und der Schnee hätte den roten Lebenssaft gierig wie ein Schwamm in sich hinein gesogen. »Kommt es… von der Sonne?«, fragte Nea leise an seiner Seite. »Ja. Aber wie genau das von statten geht, weiß ich nicht.« Cinder blickte kurz zu ihr hin. »Es ist auf jeden Fall gruselig. Lasst sie uns durchqueren und dann vergessen«, bat Tariq leise und mit zitternder Stimme. Lugh Akhtar wandte sich zu ihm um und machte einen zögerlichen Schritt in seine Richtung. Der schwarze Wolf machte einen elenden Eindruck. In seinen Augen war etwas zu sehen, was das Herz des weißen Wolfs mit Mitleid erfüllte. Die braunen Augen waren glanzlos und er zitterte leicht. »Was ist los, Tariq?«, fragte er leise, doch der Prinz antwortete nicht. Der weiße Wolf wollte eben noch einmal lauter nachfragen, als der Wind ihm einen fremden Geruch zutrug. »Bewegt euch nicht, das ist Cloud mit ihrem Rudel!« Cinder blickte starr vor sich hin. »Wieso?«, fragte Nea leicht verunsichert, zugleich aber auch seltsam bissig. Doch die graue Wölfin kam nicht mehr zum Antworten, da fegte schon ein achtköpfiges Rudel so nahe an ihnen vorbei, dass sich ihre Fellspitzen berührten und ihnen ein Luftstoß nachfolgend das Fell zerwühlte. Erschrocken starrten sie alle bloß geradeaus. Da kam das Rudel auch schon zurück und umstellte sie. Eine Wölfin mit auffälligem Fell und himmelblauen Augen trat vor sie und knurrte. »Erklärt euch«, grollte sie böse. »Hallo Cloud!«, grüßten Soul und Cinder zeitgleich und stürzten sich schweifwedelnd auf die elfenbeinweiße Wölfin. Die ignorierte die Schwestern ebenso, wie sie Neas und Tariqs Anwesenheit nicht zur Kenntnis nahm. Ihre komplette Aufmerksamkeit erhielten lediglich Ice, Sly und Lugh Akhtar. »Habe ich mich unklar ausgedrückt? Erklärt euch!«, knurrte sie böse und machte einen Satz nach vorne, sodass sie direkt vor Sly stand und ihn so böse anblickte, als wäre alles Übel dieser Welt ganz und gar alleine seine Schuld. »Ich, ähm, wir…« Sly brach verdutzt ab und grinste ein hilfloses Wolfsgrinsen. »Cloud, das sind Freunde«, lachte Cinder und stupste sie sanft in die Seite ihrer Schnauze. »Freunde!« Sie sprach das Wort aus, als wäre es etwas schmutziges, ekliges. »Von dir hätte ich mehr erwartet, Cinder. Und von dir auch, Soul.« »Was meinst du?«, wollte die aschgraue Wölfin verblüfft wissen. »Schau sie dir doch an! Der eine ist von den Biestern aus Blutmond, der zweite ist ein Fuchs und, das ist ja mit Abstand das Schlimmste! Der dritte ist BLAU!« Wäre die Situation als solche nicht schon völlig Absurd gewesen, hätten sie jetzt alle wohl laut losgelacht. So jedoch schauten die Drei sich hilflos und verdutzt an. »Ich bin aber nicht blau.« Sly ließ die Ohren hängen und schaute so Mitleid erregend, wie es sonst nur ein junger Hund zu tun vermochte. Da schaute nun auch Cloud verdutzt und die Anspannung, die zuvor noch fast greifbar in der Luft gelegen hatte, löste sich in einem lauten Lachen. Es dauerte einige Augenblicke, bis sich alle wieder beruhigt hatten und nicht alle hatten zuvor mitgelacht, doch irgendwann wurde es wieder stiller. »Dann stellt mir doch einmal eure Freunde vor«, bat Cloud und setzte sich elegant in den Schnee, während der seine blutrote Farbe verlor und langsam in ein gräuliches Blau wechselte. »Nun, dein Blutmondmitglied nennt sich Lugh Akhtar, der Fuchs ist Sly und der blaue ist Ice.« Cinder wurde von Cloud unterbrochen. »Sly und Ice? Die beiden Einzelgänger aus den südlichen Gebieten?« Ihre Augen blitzten gefährlich, als sie das fragte. »Ja«, bestätigte Ice und er und Sly spannten sich kaum merklich, als erwarteten sie einen Angriff. »Ich… habe schon von euch gehört…« Sie ließ nicht erkennen, ob dies Gutes oder Schlechtes bedeutete, doch wandte sich nun ihre Aufmerksamkeit Nea zu. Sie sagte nichts, sondern betrachtete das rotbraune Fell abfällig, bevor sie ihren Blick Tariq zuwandte. Sie schaute ihn nur für einen Augenblick an, da machte sie einige Schritte zurück und knurrte. »Er ist krank«, knurrte sie. »Krank?«, fragte Lugh Akhtar verwundert und schaute zu seinem Freund zurück. »Eine Erkältung, Cloud. Du willst ihn doch deswegen gewiss nicht davon jagen, oder?« Cinder stellte sich zwischen die elfenbeinfarbenen Wölfin und den schwarzen Prinzen. Cloud dachte einige Momente lang nach, dann verneinte sie. »Solange er sich von meinen Leuten fernhält, darf er wohl bleiben. Ich nehme an, ihr alle wollt bleiben?«, fragte sie misstrauisch. »Ja. Nur für diese Nacht, wir wollen nach Norden. Zurück zu Duana«, erklärte Cinder. »Übermorgen ist das Leitwolftreffen. Du wirst für Schattenfang anwesend sein, oder?« »Nein. River ist jetzt der Rudelführer. Ich begleite bloß einen Freund«, antwortete sie unruhig und peitschte nervös mit der Rute. Cloud beobachtete sie nachdenklich, doch ließ sie sich auch dieses Mal nicht ansehen, was sie dachte. Irgendwann zuckte sie mit dem Ohr und machte einen Satz zurück. »Ihr wisst, wo das Rudellager ist, wir erwarten euch da«, erklärte sie und fegte davon, bevor jemand antworten konnte. Ihr Rudel folgte ihr sofort, wie auf einen stummen Befehl hin. »Ich dachte, es sei eher unüblich, dass man fremden Wölfen hilft, wenn man in einem Rudel ist…«, merkte Lugh Akhtar an. »Bei Cloud ist das etwas anders. Sie ist seit Jahren schon mit Soul und mir befreundet, und ich wage ja zu behaupten, dass sie mit River früher eine engere Beziehung hatte, als die Beiden zugeben würden.« Cinder zwinkerte mit ihrem blinden Auge und setzte sich wieder. »Seid ihr auch aus dem gleichen Rudel?« Sly schaute sie fragend an. »Nein. Aber die Welpen der drei nördlichen Rudel waren damals alle sehr gut befreundet. Allerdings gab Duana auch Cloud und ein paar anderen Freunden aus den anderen Rudeln die Schuld an meinem >Tod<. Deswegen ist die ganze Situation auch ein wenig… angespannter. Nichtsdestowenigertrotz sind wir weiterhin alle gut befreundet und das Cloud hier Leitwölfin ist, vereinfacht das ganze ungemein. Allerdings…« Sie wandte sich Tariq zu. »Mit deiner Erkältung solltest du wirklich nicht zu nahe an ihr Rudel kommen, sie könnte sonst ein wenig rüde reagieren.« Tariq zuckte mit den Ohren, sagte aber nichts. Stattdessen beschlossen sie gemeinsam, dass sie sich nun einen Schlafplatz suchen wollten. Jedoch nicht in der Nähe des Rudels, sie wollten ihr Glück nicht überstrapazieren. Sie fanden einen gemütlichen Platz, bei ein paar Felsen, der mit Tannen so umgeben war, dass auf der kleinen Lichtung kaum Schnee lag und der Wind nicht bis zu ihnen hin drang. Cloud kam eine Stunde nachdem die Sonne komplett untergegangen war zu ihnen und sprach lange mit Cinder und Soul. Die drei hatten sich ein wenig abseits auf den Felsen niedergelassen und die ernsten Blicke sprachen ihre eigene Sprache. Das Gesprächsthema schien nicht gerade angenehm zu sein. »Worüber sprechen sie?«, wollte Nea leise von Lugh Akhtar wissen. »Ich weiß es nicht«, antwortete er und zuckte mit dem Ohr. Dann schaute er zu Sly und Ice hinüber, die ebenfalls ein wenig abseits saßen. Der blaue Wolf sprach leise auf den Fuchswolf ein, der wiederum schüttelte ab und an den Kopf, antwortete aber nicht. Auch worum es in diesem offensichtlichen Streitgespräch ging, wusste er nicht. »Sag mal, Nea…« Er wandte sich wieder seiner Freundin zu. »Ja?«, fragte sie und lehnte sich an ihn. Der weiße Wolf überlegte einen Moment, welche Frage er zuerst stellen sollte, doch als er Tariq allein außerhalb der Lichtung im Schnee liegen sah, da war es klar. »Weißt du, was mit Tariq ist? Er ist so… seltsam. Eine Erkältung hat er weiß Gott oft genug gehabt, als er damals für eine Weile bei mir gewohnt hat, aber so habe ich ihn trotzdem noch nicht erlebt…« Der weiße Wolf legte sich in den Schnee. Nea schwieg darauf eine Weile und legte ihre Schnauze in seinen Nacken. »Das ist… nicht so einfach, Lugh Akhtar…«, meinte sie leise. »Wieso? Was… ist denn mit ihm?« Er verrenkte sich fast den Hals bei dem Versuch, sie anzuschauen. »Es liegt nicht an seiner Erkältung. Ich glaube, Tariq ist… unglücklich und fühlt sich zurückgesetzt«, erklärte sie vorsichtig. »Wieso?«, fragte er verblüfft und schaute mit fragenden Augen auf den schwarzen Wolf. Nea seufzte und stupste ihn in den Mundwinkel. »Ach, mein weißer Wolf… Es ist so, Tariq ist ein Prinz. Ja, er benimmt sich nicht so, er ist viel lieber und aufgeschlossener, als die Hohen Herren in Lanta, aber er ist es dennoch. Und als Prinz ist er es gewohnt, dass sich alles um ihn dreht. Dazu ist er noch ein Einzelkind. Es hat vermutlich niemals in seinem Leben eine Zeit gegeben, wo er nicht wichtig war. Alles hat ihn immer betüddelt und bemuttert, und selbst als wir damals nur zu dritt unterwegs waren, ist es dennoch immer mit um ihn gegangen. Jetzt aber nicht. Jetzt bist nur du wichtig. Und mit einem Mal ist auch nicht mehr er dein bester Freund, denn mit einem Mal gibt es Sly. Und für die anderen ist er auch nicht mehr, als jeder andere. Mit einem Mal ist er gewöhnlich und seinen besten Freund hat er auch noch verloren. Er hat einfach das Gefühl, dass er überflüssig ist«, versuchte sie zu erklären. »Aber das ist doch schwachsinnig. Du bist doch auch nicht anders, als sonst, und dir muss es doch ähnlich gehen«, fand er und sprang auf. Doch da fiel ihm wieder seine andere Frage ein, die er Nea stellen wollte. Wieso sie Cinder gegenüber so abweisend war. Doch nun fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. »Du bist auf Cinder eifersüchtig.« Sogleich verengten sich Neas Augen und sie legte die Ohren an. »Wieso sollte ich?«, knurrte sie schnippisch. Da lachte der weiße Wolf leise. »Ich glaube es nicht. Du bist eifersüchtig auf Cinder! Aber wieso?« Sie zog die Lefzen hoch, knurrte ihn böse an, ließ dann jedoch die Ohren hängen und senkte den Blick. »Weil sie dir näher steht, als ich es tue. Und das will ich nicht. Lugh Akhtar, ich…« »Aber das tut sie doch gar nicht«, unterbrach er sie sanft. »Wie könnte sie auch? Ich kenne sie doch erst seit ein paar Tagen. Du wirst immer meine beste Freundin sein.« Da stand die rote Wölfin auf, bedachte ihn mit einem eiskalten Blick und stolzierte mit einem gefauchten »Idiot!« steifbeinig davon. Lugh Akhtar blickte ihr verwundert nach. Er verstand nicht, was er falsch gemacht hatte, dass sie so böse war. So schaute er ihr noch einen Moment lang nach und lief dann zu Tariq hinüber. »Ich verstehe die Frauen einfach nicht. Da versichert man ihnen ewige Freundschaft und sie wird böse«, beschwerte er sich leise und setzte sich neben seinen Freund. »Könnte daran liegen, dass du ein Idiot bist«, antwortete der schwarze Wolf. »Ja, das hat sie auch gesagt… warum allerdings nicht. Dass du hier im Schnee liegst, ist übrigens nicht gerade förderlich für deine Erkältung.« Der weiße Wolf beugte sich zu Tariq hinab und stupste ihn an. »Ich weiß, aber es ist ja doch egal. Wen interessiert es schon, ob ich gesund bin, oder nicht? Dich gewiss nicht«, schnappte der. »Wie kommst du denn darauf?«, fragte Lugh Akhtar ruhig. Durch Nea kam dieser Ausbruch nicht gerade unvorbereitet. »Stell dir vor, ich bin nicht dumm. Ich weiß, was vor sich geht, auch wenn keiner mit mir reden mag!« Tariq sprang auf und warf sich Zähnefletschend zu Lugh Akhtar herum. »Ich denke, dass du einfach nur eine Menge in Dinge rein interpretierst, die gar nicht zutreffend sind, mein Freund«, versuchte der weiße Wolf, den Schwarzen zu beruhigen, doch erreichte er damit eher das Gegenteil. »Ach, jetzt bin ich dein Freund? Jetzt, wo Sly nicht mit dir seine Zeit verbringt, sondern mit Ice? Weißt du was? Du kannst mich mal! Du hast deine neuen Freunde, also lass mich und Nea jetzt endlich in Ruhe! Du begreifst sowieso nicht, was wirklich wichtig ist!« Der schwarze Wolf brüllte wie ein Löwe. Lugh Akhtar machte zwei Schritte zurück, begegnete seinem Freund aber dennoch mit Ruhe. »Aber so ist es doch gar nicht, Tariq…«, wollte er weiter sprechen, doch der unterbrach ihn ruppig. »Nenn mich nicht Tariq«, knurrte er kalt. »Nenn mich Prinz Fjodor. Du hast nicht mehr das Recht, mich als Freund zu bezeichnen.« »Gut, dann eben Prinz Fjodor«, antwortete der weiße Wolf deutlich kühler und stellte sich gerade hin. Unwillkürlich sträubte sich sein Fell. »Habe ich nun Eure Erlaubnis, zu sprechen, Mylord?« »Ich will deine Lügen gar nicht hören. Ich bin es leid von dir belogen zu werden, Makani.« Der junge Prinz wandte sich verbittert ab. »Ich belüge dich aber nicht. Ich möchte mit dir reden.« Traurig blickte Lugh Akhtar zu Boden. »Bitte hör mir doch zu.« »Natürlich, mal wieder soll ich dir zuhören. Hast du mir jemals zugehört? Für dich bin ich doch immer nur ein lästiges Kind gewesen, einst gut genug dazu, dir die Langeweile zu nehmen, doch jetzt wirfst du mich weg, wie ein altes Kleidungsstück.« »Das ist doch nicht wahr.« Der Wolf flüsterte nur noch traurig und wandte sich ab. »Du solltest mich doch besser kennen… Du bist mein Freund, immer schon gewesen…« »Sei einfach ruhig. Nea und ich gehen zurück und schließen uns Ikaikas Rudel an, solange bis wir einen Weg über die Mauer zurück nach Hause finden«, knurrte der schwarze Wolf. »Was tut ihr?« Fassungslos starrte Lugh Akhtar ihn an. »Wir gehen zurück.« Tariq blickte in den nachtenden Himmel. »Und Nea kommt mit dir? Wieso hat sie es mir nicht gesagt?«, fragte der weiße Wolf mit großen Augen. »Weil du ein Idiot bist. Weil du nicht zuhörst. Weil du denkst, dass du immer alles weißt, alles kannst und so viel besser bist, als wir.« »Das stimmt doch gar nicht...« Lugh Akhtar kauerte sich auf dem Boden nieder. Tariq antwortete darauf nicht mehr, sondern blitzte ihn von oben herab böse an. Dann schnaubte er und ging mit gesträubtem Fell und steifen Beinen zu Nea, die unter den Tannen saß und wütend vor sich hin starrte. Eine ganze Weile später kam Ice zu ihm. Das war das erste Mal, dass der blaue Wolf zu ihm kam. Er setzte sich neben ihm in den Schnee und schaute auf das weiße Fell hinab. »Warum versinkst du hier in Selbstmitleid?«, fragte er hart. »Mein bester Freund hasst mich und die Frau, die mir so wichtig ist, wie nichts auf der Welt, will mit ihm gehen, ohne mir auch nur ein Wort davon gesagt zu haben.« Lugh Akhtar vergrub seine Schnauze zwischen die Pfoten. »Und deswegen liegst du hier herum und lässt alles geschehen, ja?« Ice seufzte und setzte sich. »Was soll ich denn sonst tun? Tariq spricht nicht mit mir und Nea offensichtlich auch nicht.« Der weiße Wolf schaute mit seinen Nordlichtaugen zu ihm hoch. »Davon lässt du dich wirklich so unterkriegen? Ich weiß, dass du Nikolais Schüler bist, Sly hat es mir erzählt. Dir ist bisher doch nun wirklich alles in den Schoß gefallen, jetzt tu doch endlich einmal selbst etwas dafür, dass es weiter bergauf geht«, fand der blaue Wolf mitleidlos. »Mir ist gar nichts in den Schoß gefallen«, antwortete Lugh Akhtar verbittert. »Ach nein? Das sehe ich aber anders. Bis mich ein Zauberer als Lehrling angenommen hat, musste ich weit mehr tun, als mich einfach nur finden lassen. Ich habe seit Jahren hart trainiert und ich bin trotzdem bloß Durchschnitt. Vielleicht einen Hauch besser, aber an dich werde ich niemals herankommen. Die… die einzige Frau, die mir wirklich etwas bedeutete, beachtet mich nicht mehr als einen Käfer, während deine Herzdame nur noch deutlicher werden kann, indem sie es ausspricht. Mein bester Freund hört nicht auf mich, obwohl er genau weiß, dass ich recht habe, während dein bester Freund gerade verzweifelt nach einem Rat schreit und alles dafür tun würde, dass du ihm den endlich auch einmal gibst. Und jetzt sag mir noch einmal, dass dir nicht alles in den Schoß fällt.« Ice verzog die Lefzen zu einem wölfischen, freudlosen Grinsen. Lugh Akhtar schaute ihn nachdenklich an. »Siehst du es jetzt ein? Einmal laufen auch für dich die Dinge nicht ganz so leicht. Also steh jetzt auf, vertrag dich mit Tariq und frag ihn endlich danach, was ihn wirklich beschäftigt. Und dann erteil ihm den Rat eines Freundes, nicht einen, den er gerne hören möchte. Danach gehst du zu Nea und sprichst nicht das aus, was in deinem Kopf ist, sondern das, was in deinem Herzen wohnt, das ist nämlich viel, viel wichtiger.« Damit stand Ice auf und gesellte sich zu Cinder, die unruhig um die Felsen herumstrich. Lugh Akhtar schaute ihm nach, zuckte dann mit dem Ohr und stand langsam und zögernd auf. Er beobachtete erst Ice und Cinder und ahnte, von welcher Frau der blaue Wolf gesprochen hatte. Doch hatte er nicht vor, sich dort einzumischen, das war eine Sache zwischen der aschfarbenen Wölfin und Ice. Stattdessen lief er langsam zu Nea und Tariq hinüber, die ihn misstrauisch und alles andere als freundlich beäugten. »Ich will mit euch reden«, erklärte er so fest, wie es ihm möglich war. Gott sei dank zitterte seine Stimme dabei nicht. »Wir aber nicht mir dir«, antwortete Tariq böse, doch der weiße Wolf schüttelte entschieden den Kopf. »Das war keine Bitte, Prinz Fjodor«, erklärte er und ein seltsamer Mut erfüllte sein Herz. »Das war eine Ankündigung. Ihr beide werdet jetzt hier bleiben und ich werde mit euch reden. Und wehe euch, dass ihr mir wieder aus dem Weg gehen wollt. Vergesst nicht, ich bin immer noch durchaus in der Lage, euch mithilfe meiner Magie zu zwingen.« Obwohl es eine vollkommen unverhohlene Drohung war, klang seine Stimme nicht danach. Im Gegenteil, sie war ruhig und fest, und stand im kompletten Gegensatz zu seinem Inneren, den dort tobte ein Sturm der Unsicherheit und Unruhe. Durch dieses selbstsichere Auftreten jedoch, waren Nea und Tariq durchaus dazu bereit, ihn anzuhören. Keiner widersprach mehr, stattdessen schauten sie ihn fragend an und warteten auf das, was er zu sagen hatte. Und so setzte sich der weiße Wolf nieder. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)