Wintermond von Scarla ================================================================================ Kapitel 10: Neue und alte Bekannte ---------------------------------- Eingeschüchtert blickte Kanoa um sich. Die Stadt war sehr viel größer als alles, was er je in seinem Leben gesehen hatte. Es war eng und laut und viel zu warm für diese Jahreszeit. Es war Spätherbst, doch man hätte meinen können, dass es Sommer wäre. Er war froh, das Kinaya und Kenai bei ihm waren, als sie so gemeinsam durch die engen Gassen der Stadt liefen. »Altena ist die größte und mächtigste aller Zaubererstädten. Sie ist die Hauptstadt der Zauberer des Nördlichen Kontinentes und wohl mächtigste Zauberstadt der ganzen Welt«, erklärte Kunal gerade und man konnte deutlich den Stolz in ihrer Stimme hören. »Sie ist größer als Lanta und somit auch die größte Stadt des Kontinentes. Auf der ganzen Welt kennt man sie und ist beeindruckt von ihrer herausragenden Schönheit und Architektur«, sprach Nikolai weiter. »Fem ist schöner«, fand Kenai trocken und schaute sich geringschätzig um. Kanoa bemerkte aus dem Augenwinkel, wie Kunal Nikolai einen warnenden Blick zuwarf. Er wusste, dass sie ihn davon abhalten wollte, etwas Bissiges zu Antworten. Vermutlich dachte sie, das Kenais Worte reinem Trotz entsprangen, doch in Gedanken gab Kanoa seinem Bruder recht. Fem war schöner. Dort war es nicht so eng und die Hitze staute sich nicht in den Gassen. Auch die vielen Pflanzen wirkten irgendwie nicht so bunt und lebendig, wie er es kannte. Altena war ein seltsamer Ort. »Wieso blühen die armen Blumen noch? Es ist doch schon lange Zeit für den Herbst«, bemerkte Kinaya da. »Wir halten Altena mithilfe der Magie warm. Wir haben hier immer Sommer, die Menschen brauchen hier nicht zu frieren wie bei euch«, erklärte Nikolai und bedachte dabei Kenai mit einem Blick, als wäre er sich nicht sicher, was er tun würde, sollte der Junge abermals widersprechen, doch Kenai schwieg. »Ihr tötet die Natur hier damit«, fand stattdessen Kinaya und betrachtete mitleidig die Pflanzen. »Wie meinst du das?«, wollte Kunal wissen. »Die Natur braucht den Winter, damit sie schlafen kann. Damit alles im Frühling neu erwachen kann, mit all der Kraft, die es im Winter über sammeln konnte«, erklärte das Mädchen. »So ein Humbug, warum sollten wir den Winter brauchen? Altena existiert schon seit Jahrhunderten und es ist noch genauso schön, wie am ersten Tag, das wir hier nur Sommer haben hat dem keinen Abbruch getan«, fand Nikolai. »Das Schlimmste daran ist, das du das wirklich glaubst«, fand Kenai noch, doch in einem solch abschließenden Ton, das keiner mehr wagte, das Gespräch fortzusetzen, wenngleich man Nikolai deutlich anmerkte, das er vor Zorn fast platze. Kunal dagegen wirkte erstaunt, lächelte aber still vor sich hin. Kanoa beobachtete sie aus dem Augenwinkel. Sie war anders als die meisten Leute die er kannte. Sie schien mehr zu wissen als sie sagte und sie sprach lange nicht all das aus, was sie dachte. Er begriff schnell, dass sie in dieser fremden, feindseligen Welt eine Verbündete sein konnte. Oder eine mächtige Feindin. Er konnte sie nicht durchschauen. Er beobachtete sie eine Weile und er wusste dabei genau, das sie durchaus bemerkte, doch ihr wissendes Lächeln wurde eher noch breiter. Er fragte sich, was sie dachte. Schließlich aber wandte er sich wieder wem Weg zu. Er betrachtete die Straßen, durch die sie liefen, genau. Er wusste, dass er die nächsten Jahre hier leben würde. Er hatte schon jetzt schreckliches Heimweh. Dann traten sie auf den weiten Platz hinaus, der direkt vor dem Turm der Zauberer lag, von dem Kunal auf ihrer Reise erzählt hatte. Er und seine Geschwister blieben stehen und begutachteten erst den großen Platz, den Brunnen, der in seiner Mitte stand, und schließlich den riesigen Turm, der bis zu den Wolken zu reichen schien. »Wohnen wir dort drin oder findet dort nur der Unterricht statt?«, wollte Kinaya wissen. »Ihr wohnt dort auch. Ihr werdet in dreier oder viererzimmern untergebracht, immer fünf Zimmer haben einen Gemeinschaftsraum zur Verfügung. Aber das werden euch alles eure Paten erklären. Jetzt zeigen wir euch erst einmal eure Zimmer. Ihr habt auch noch ein paar Wochen, um euch in aller ruhe einzuleben, erst am Tag vor der Sonnenwende werdet ihr richtige Zauberschüler«, erklärte Nikolai. »Unsere Paten?«, fragte Kanoa erstaunt nach. Er hatte erwartet, dass ihre Meister ihnen alles erklären würden. »Ja. Andere Zauberlehrlinge, die aber schon länger in der Lehre sind. Sie erklären euch, wie das Alltagsleben verläuft, welche Regeln es gibt und so. Eure Meister bringen euch den magischen Teil bei, sie kümmern sich um den Rest.« Diesmal kam die Erklärung von Kunal. »Wann lernen wir sie kennen?«, wollte Kinaya sogleich wissen. »Bald. Aber erst einmal eure Zimmer und eure Zimmergenossen. Eure Paten werden im Laufe des Tages dann zu euch kommen«, antwortete Nikolai, während sie langsam über den Platz gingen. Er war nicht so voll wie in den Straßen und Kanoa fragte sich, ob das alles Zauberer sein mochten. Dann waren sie beim Turm angelangt. Zwei Männer flankierten die Tür. Sie tauschten Blicke mit Kunal, stellten sich ihnen jedoch nicht in den Weg. Dann betraten sie zum ersten Mal den Turm der Zauberer und blieben sogleich wie vom Donner gerührt stehen. Sie wussten alle drei, was ein beeindruckendes Farbenschauspiel war, doch das leuchtenste Nordlicht war kein Vergleich zu dem, was sie hier sahen. Eine Explosion aus Milliarden von Farbschattierungen tobte vor ihren Augen. Selbst das Nordlicht war nur ein farbloses Glimmen gegen dem, was sich ihnen hier bot. Sie standen lange da und staunten, denn keiner von ihnen hatte jemals so viele Farben, ein so wunderschönes Leuchten gesehen. Sie hätten noch stundenlang hier stehen und starren können, doch Nikolai und Kunal holten sie bald aus den tiefen ihrer Gedanken zurück in die Wirklichkeit. Sie schoben sie durch das Licht auf die große Freitreppe zu. »Was ist das für ein Licht?«, wollte Kenai mit heiserer Stimme wissen. »Das weiß keiner so genau. Das Licht entsteht durch die Glasscheibe, die über der Tür eingelassen ist, aber niemand weiß, woher sie ist«, erzählte Nikolai mit einem seltsamen Ausdruck in den Augen. Kanoa war sich nicht sicher, was er bedeuten mochte, doch auch in Kunals Augen sah er diesen Ausdruck. Er würde wohl nichts Gutes bedeuten. Und das verstand er nicht. Das Licht beruhigte ihn, er mochte es. Er löste in ihn Gefühle und Erinnerungen aus, die durchweg positiv waren, auch wenn er es nirgendwo direkt festmachen konnte. Einem Gefühl folgend schaute er zu Tiamat hinab, die neben ihm saß und ebenso wohlwollend auf das Licht hinabblickte, wie auch er. Sie schaute zu ihm hoch und verzog die Schnauze kurz zu einem zähnefletschenden Lächeln. Sie schien sehr gut zu wissen, was es mit dem Licht auf sich hatte. Kanoa jedoch fragte nicht, sondern folgte der kleinen Gruppe, die jetzt die Treppe hinaufstieg. Sie mussten ein ganzes Stück laufen, bevor sie zum ersten Raum gelangten. Kunal öffnete die Tür und ließ sie eintreten. Dies schien der erste Schlafraum zu sein, denn es standen drei Betten, drei Schränke und drei Schreibtische hier. »Hier wirst du wohnen, Kinaya. Deine Mitbewohner sind scheinbar alle ausgeflogen, aber so hast du Zeit, deine Sachen auszupacken«, erklärte Kunal mit einem Lächeln. Kinaya nickte zögernd und schaute sich um. »Welches ist mein Bett?«, wollte sie wissen. »Das dort, rechts am Fenster«, antwortete Kunal, lächelte noch einmal beruhigend, dann ließen sie Kinaya alleine. Sie mussten noch ein ganzes Stück weitergehen, bevor sie zum Schlafraum der beiden Jungen kamen. Es lag sehr weit oben und als sie das Zimmer betraten stellten sie sogleich fest, das es größer war, als das von Kinaya. Und es war auch nicht leer, ein Mädchen war gerade dabei, in paar Bücher auf ein Regalbrett zu stellen. »Das ist euer Zimmer und das hier ist eure Mitbewohnerin Eden«, erklärte Nikolai. »Wir wohnen mit einem Mädchen zusammen?«, fragte Kanoa erstaunt. »Ja. Wir erwarten, dass ihr euch anständig verhaltet«, lächelte Kunal. »Warum mit ihr? Warum nicht mit Kinaya?«, wollte Kenai unwillig wissen. »Weil sie zu jung ist. Aber das lasst euch lieber von eurem Paten erklären.« Damit war das Gespräch beendet und Nikolai und seine ehemalige Meisterin verließen den Raum. Kenai und Kanoa starrten missgelaunt die Tür an. Ihnen war egal welchen Grund das haben mochte, es störte sie. Kanoa schaute seinen großen Bruder kurz an und erkannte sofort, das Kenai im Begriff war, sein Missfallen auch lautstark zu äußern. So legte er ihm schnell beruhigend die Hand auf den Arm, wandte sich dann dem Mädchen zu, das sie neugierig anschaute. »Auch angehende Zauberlehrlinge?«, wollte sie wissen. »Du bist also auch noch keine Zauberin?«, fragte er. Eden verneinte und legte das letzte Buch auf das Regal. »Nein. Ich kam kurz nach dem letzten Sonnenfest hierher und die Eidssprechung findet immer am Abend vor dem nächsten Sonnenfest statt. Somit war ich etwas zu spät, aber das macht nichts. So habe ich mich zumindest schon einmal ausreichend eingelebt«, lächelte sie. »Stehen außer uns schon viele andere Lehrlinge fest?«, wollte Kenai wissen. »Ja, Ikaika sagte gestern, das es dieses Jahr dreizehn sein werden. Es sind selten so viele und die magische Zahl wird uns sicher glück bringen.« Darauf warfen sich die Brüder nur wortlos einen Blick zu. Kanoa wusste, das Kenai an dasselbe dachte wie er. Wie sehr wünschten sie sich, dass sie das Glück jemand anderes hätten geben können. Doch sie schwiegen. Stattdessen machte Kanoa ein paar Schritte durch den Raum, während Tiamat an ihm vorbeilief und auf das Bett sprang, das dem Fenster am Nächsten war. »Kommen wir zu praktischeren Dingen, wie heißt ihr?«, wollte Eden wissen und lehnte sich an ihren Schreibtisch. »Ich bin Kenai und mein Bruder heißt Kanoa«, erklärte der ältere und überlegte, welches Bett dann wohl seines sein würde, denn das Tiamat nicht Grundlos den Fensterplatz in Beschlag genommen hatte, war ihm sofort klar gewesen. »Eure Hunde müsst ihr nachher übrigens in den Stall bringen, wir dürfen hier keine Haustiere haben, außer ihr bekommt die offizielle Erlaubnis eines Hochmagiers oder des Gildenmeisters«, erklärte sie und deutete eindeutig bedauernd auf Tiamat und Gaia. »Dann werden wir auch im Stall wohnen«, antwortete Kanoa und trat ans Fenster, um hinauszuschauen. Die Aussicht war schier atemberaubend. Er konnte zwar nicht so weit sehen, wie in Irian, wo nur der Horizont die Ferne verbarg, aber er sah Wälder, Flüsse, Seen und Berge. Er fragte sich, ob man sie in der Stadt einsperren würde, oder ob sie durch die weite Landschaft streifen durften. »Im Stall wohnen? Das ist nicht euer ernst, oder?« Eden wirkte irritiert. »Doch. Gaia und Tiamat begleiten uns schon seit Jahren. Sie sind keine Hunde, sie sind Freunde«, antwortete Kenai und schien entschieden zu haben, was scheinbar sein Bett war. Eden protestiere nicht, also schien er richtig geraten zu haben. »Ich denke nicht, dass euren neuen Meistern das recht sein wird«, vermutete sie. »Und? Was sollen sie tun um uns zu bestrafen? Uns nicht ausbilden? Da zittern wir ja schon vor angst«, antwortete Kenai verächtlich. »Wollt ihr etwa keine Zauberer werden?« »Es spielt keine Rolle«, mischte sich Kanoa ein. »Wieso das?« »Weil wir auch ohne Magie unser Schicksal finden können. Zumal einer von uns schon einen festen Platz haben wird und da brauchen wir die Magie nicht zwingend«, erklärte er weiter und setzte sich dann zu Tiamat, die Eden aufmerksam beobachtete. Die wirkte verwirrt, ging aber nicht weiter darauf ein. Stattdessen setzte sie sich auf ihr eigenes Bett und betrachtete die Jungen genau. »Ihr seid also Brüder, ja? Woher kommt ihr?«, erkundigte sie sich stattdessen. »Ja. Wir haben auch noch eine Schwester, die mit uns in die Lehre gehen wird, Kinaya. Wir kommen aus Irian. Du sprichst einen südlichen Dialekt, woher kommst du?« Kanoa schaute seinen Bruder verwundert an. Woher wusste Kenai, das sie einen südlichen Dialekt sprach? Er kannte nur den Dialekt aus Forea und aus Altena, alles andere war neuartig und fremd für ihn. »Aus der Hafenstadt Kare. Mein Vater kommt aus dem Kaiserreich und kümmert sich hier in Altena um die Angelegenheiten einiger Lords«, erklärte sie. »Du bist also aus Navarre?« »Nein, nicht wirklich. Nur mein Vater, meine Mutter stammt aus dem Zauberreich Altena. Ich bin hier geboren und aufgewachsen, ich war nur ein paar Mal für Besuche im Kaiserreich, mehr nicht«, antwortete Eden. »Auf jeden Fall bist du gänzlich anderes Klima gewohnt, als wir«, stellte Kanoa fest und zog Tiamat auf seinen Schoß. »Stimmt, Irian ist eines der Eislande im Norden. Da ist man bestimmt ständig am frieren, immerhin liegt ja das ganze Jahr über Schnee!« »Nur, wenn man sich nicht vernünftig anzieht. Außerdem liegt dort nicht das ganze Jahr über Schnee, wir haben genauso Frühling, Sommer und Herbst, wie ihr auch. Sie haben nur einen anderen Stellenwert«, antwortete Kenai kühl. Kanoa wusste genau, was seinen Bruder störte. »Warten wir erst einmal ab, vielleicht kann uns ja irgendwer erklären, warum wir nicht mit Kini ein Zimmer teilen dürfen«, sprach er deswegen. »Weil wir die drei Ältesten sind und es geht immer nach dem Alter«, antwortete Eden prompt. »Weißt du, wenn du zu allem eine Meinung hast, dann würde ich es vorziehen, wenn du diese Meinung auch ab und an für dich behalten würdest«, fand Kenai. »Versteh das bitte nicht falsch, das ist nicht böse gemeint, aber es reicht, wenn Maria und unsere Mutter schon immer alles besser wissen und sofort ein oder zwei Antworten parat hatten. Wenn wir also schon hier sind, dann würden wir es vorziehen, zumindest diesen Unarten der Erwachsenen zu entgehen«, beeilte sich Kanoa zu entschuldigen. »Oh, entschuldigt bitte. Ja, ich weiß, was ihr meint«, nickte sie. Einige Augenblicke herrschte darauf Schweigen, dann stand Kenai wieder auf und trat ebenfalls ans Fenster. Er überblickte die Stadt und Kanoa konnte an seinem Gesicht ablesen, was er dachte. Wie sehr hatte sich sein Bruder gewünscht, hierher zu kommen und plötzlich hatte es keine Bedeutung mehr. Plötzlich horchten Tiamat und Gaia auf. Sie lauschten einen Moment und Kanoa wollte sie eben fragen, was sie denn hörte, als sie aufsprang und durch das Zimmer lief. Geschickt sprang Tiamat auf die Klinke, sodass sich die Tür öffnete und die Brüder folgten den beiden Wesen. Auf Edens Ruf, der ihnen nach erscholl, antworteten sie nicht. Sie liefen schnell durch den Turm, die langen Treppen hinauf, immer und immer höher, bis sie schließlich in einen Saal kamen, der sich über die ganze Länge des Saals erstreckte. Von hier aus führte nur noch eine Treppe hinauf. Langsam gingen die Tiere vorwärts, liefen wie hypnotisiert die Treppe hinauf und die Brüder folgten ihnen. Schließlich standen sie auf einer Plattform auf der Spitze des Turms. Es wehte ein eisiger Wind und eine dünne Eisschicht hatte sich auf dem Stein gebildet. Und in der Mitte standen zwei Gestalten, die im dämmrigen Zwielicht des Spätherbstes nicht gleich zu erkennen waren. Und doch, als Kanoa einen Schritt auf sie zumachte, erkannte er Nevar und er wusste, dass der Frost sein Verdienst war. Aber nicht der kalte Wind. Er wusste nicht wieso, aber den schrieb er sogleich dem anderen Mann zu, den er jedoch nicht kannte. Die Männer schienen sie nicht zu bemerken, sie blickten auf die Stadt hinab und sprachen leise miteinander, während Gaia und Tiamat sich zu ihnen setzen. Auch Kenai und Kanoa kamen hinzu, ohne ein einziges Wort zu sagen, und blickten hinab auf die Stadt, die von hier oben noch trostloser und grau wirkte, als sie es sowieso schon tat. »Wir haben auf euch gewartet«, sprach Nevar und schaute wohlwollend auf die beiden Jungen hinab. »Wieso?«, wollte Kenai wissen. »Weil die Nornen euch ein großes Schicksal bestimmt haben. Noch nie zuvor stand das Schicksal eines Menschen so früh fest. Zumindest nicht, wenn es so fest mit dem Schicksal unserer Herren verwoben ist«, erklärte der Fremde. »Kennt ihr unser Schicksal?«, wollte Kanoa wissen. »Ja, einen Teil schon. Euer ganzes Schicksal aber kennen nur die Nornen.« »Was habt ihr damit zu tun?«, fragte Kenai. »Wir werden immer mal wieder ein Auge auf euch haben und euch dann auch ein paar Fragen beantworten«, lächelte Nevar. »Und wenn wieder die Zeit kommt, zu der ihr hier nichts zu suchen habt?« Kanoa lächelte. Er erinnerte sich noch gut an seine Begegnung mit Nevar. »Altena ist Niemandsland, das haben die Zauberer selbst so gewollt. Hier ist es sich gleich«, lächelte der Mann mit dem weißen Haar. Kanoa nickte und auch Kenai, der eigentlich noch so unendlich viele Fragen hatte, schwieg still. »Wir werden uns bald wieder sehen, Kanoa«, sprach Nevar und wie er es schon einmal getan hatte, verwehte er wie Schneeflocken im Wind. Auch der andere Mann lächelte noch einmal, ließ sich dann nach hinten vom Turm hinabfallen. Erschrocken stürzten die Jungen hinzu, doch als sie hinabblickten gewahren sie keine Gestalt, die unaufhörlich gen Erdboden fiel, um dort zerschmettert zu werden. Stattdessen blies ihnen für ein Moment ein eiskalter Wind entgegen, der ebenso schnell wieder verschwand, wie er gekommen war. Schließlich schauten die Brüder einander an, waren sich nicht ganz sicher, was sie davon halten sollten, und wandten sich schließlich um, schauten sich nach Tiamat und Gaia um. So bemerkten sie auch nicht die Männer, die nicht gerade begeistert auf die Brüder blickten. »Was habt ihr hier oben zu suchen, wer seit ihr?«, fragte einer von ihnen. Erschrocken schauten die Jungen zu ihnen und sie wussten beide, dass sie jetzt gewiss großen Ärger bekommen würden. Sie sollten recht behalten. Wenn man gerade ganz neu irgendwo hinkommt, dann ist es eine denkbar schlechte Idee, gleich am ersten Tag ein nicht erlaubtes Haustier zu halten, in einen Bereich zu laufen, der für Schüler verboten ist, sich dabei vom Meister der Zauberergilde persönlich erwischen zu lassen und das ganze auch noch mit übernatürlichen Schnee- und Windgestalten erklären zu wollen. Ich versichere euch, tut es nicht, es glaubt euch keiner, selbst wenn es wahr ist. Entsprechend schlecht verlief also unser erster Tag und die, die folgten, sollten nicht besser laufen. Wir galten schon jetzt als Störenfriede und hatten uns auch bei unseren Paten und Meistern, die die Verantwortung für unser Tun hatten, nicht gerade beliebt gemacht, wenngleich gerade unsere Paten die Geschichte mit einem gewissen Humor betrachteten. Wobei ich denke, dass auch das dazu beigetragen hat, wie nahe mein Pate und ich mir letztlich einmal stehen würden. Es war ein aufregender Tag, der nicht optimal verlief und den ich dennoch niemals ändern würde. Er stellte gewisse Weichen, die genau so, wie sie letztlich standen, richtig waren. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)