Please Recall... von -Moonshine- (Shinji ♥ Natsuki) ================================================================================ Kapitel 27: Special #2: Reminiscence Of Lovers' Goodbye ------------------------------------------------------- Wie verabredet klingelte der kleine, schwarze Funkwecker um punkt sieben Uhr morgens. Ein dumpfes Grummeln war zu hören; jemand wälzte sich unruhig im Bett herum und schon im nächstes Moment fuhr ein kräftiger Männerarm unter dem Kissen hervor und fegte den unschuldigen Gegenstand unsanft von seinem Platz. Der Wecker wurde aus der Steckdose gerissen und fiel polternd zu Boden. Verstummte. Unter der Decke waren zufriedene Laute zu vernehmen und der junge Mann, der dort nächtigte, drehte sich auf die andere Seite und setzte seinen Murmeltierschlaf ungestört fort. Um acht Uhr kam Bewegung und Leben in die schlafende Wohnung. Eine ältere Frau schreckte plötzlich aus dem Schlaf hoch und bedachte mit einem wachsenden Gefühl der Panik die Uhr. Sie hatte recht: Sie hatten verschlafen! Die Frau mit den violetten Haaren sprang wie von der Tarantel gestochen auf und riss dabei ihrem Ehemann, der immer noch ruhig neben ihr im Tiefschlaf verharrte, gewaltsam die Decke weg. Dieser rührte sich nun auch, öffnete verschlafen ein Auge, um die Situation abzuschätzen und noch bevor seine Frau ihn zurechtweisen konnte, fiel es auch ihm siedend heiß ein und er tat es ihr gleich, indem er erschrocken aus dem Bett hüpfte und sie voller Hysterie anstarrte. "Wir sind zu spät!", stellte er dann absolut fassungslos fest und seine Ehefrau schüttelte nur verdrießlich den Kopf. "Ich habe es geahnt...", murmelte sie genervt und fing an, durch das Schlafzimmer zu hetzen, nicht wissend, was sie als erstes erledigen sollte. Als sie sich nach einer einsamen Socke bückte, um diese aufzuheben, winkte ihr Mann ab. "Lass nur, ich mach das schon. Geh um weck Shinji, ich kümmere mich derweil um das Frühstück." Der ebenfalls etwas ältere Mann mit den braunen, kurz geschnittenen Haaren, durch die sich auch hier und da ein paar graue Strähnen zogen, war nach dieser kurzen Panikattacke wieder einmal die Ruhe selbst und wusste schnell eine Lösung zu finden, während sich seine Frau wieder einmal verrückt machte und hektisch durch die Gegend hopste. Miyako nickte eifrig, zog sich ihren Morgenmantel über und stürmte aus dem Zimmer, wieder einmal froh, Yamato an ihrer Seite zu haben, der sich immer darauf verstand, in dem schlimmsten Situationen einen kühlen Kopf zu bewahren. "Shhhiiiinnnjjiiiiiiiiiiiii!!!!!!!!!!!!!" In der Wohnung gegenüber, bei den Nagoyas, schaute Chiaki, der mit dem Rest seiner Familie gemütlich am Frühstückstisch saß, stirnrunzelnd von seiner Zeitung auf. "Was war das...?", fragte er verunsichert und blickte in die Runde. Marron und seine Tochter Natsuki wechselten einen vielsagenden Blick und seine Ehefrau lächelte nachsichtig, während Natsuki sich das breite Grinsen nicht verkneifen konnte. "Sie haben verschlafen...", erklärte sie amüsiert und Chiaki nickte verstehend mehrmals mit dem Kopf. "Das war zu erwarten...", murmelte er unbeeindruckt und nahm einen Schluck von seinem Kaffee, bevor er seinen Kopf wieder in den Nachrichten vergrub. Mit einem Ruck saß der junge Mann aufrecht im Bett und blinzelte angestrengt in das Licht hinein, verstand nicht, was um ihn herum geschah. "W... wa...?", nuschelte er verschlafen, doch Miyako ließ ihm keine Minute Zeit, um die Situation zu begreifen. "Steh auf und beeil dich, wir sind spät dran! Gleich müssen wir schon los!", kommandierte sie ihren Sohn herum, wieder in Panik verfallend, während sie nun auch in seinem Zimmer hin und her lief und sämtliche Sachen, die sich auf dem Boden befanden, aufhob, zusammenfaltete oder aufsammelte, um sie in den Wäschekorb zu werfen. Shinji jedoch, immer noch im Halbschlaf, schüttelte verständnislos den Kopf. "Wohin?", wollte er wissen, seine Gedanken waren ganz offensichtlich noch dort, wo auch er vor einigen Minuten noch gewesen war: im Traumland. Miyako hielt inne und sah ihren erwachsenen Sohn, der sich nicht immer so zu benehmen pflegte, verstört an. "Zum Flughafen!", keifte sie dann schließlich und war kurz davor, die Geduld zu verlieren, denn die Zeit lief ihnen davon und es gab noch viel zu tun. Eine Stunde hatten sie bereits verloren und Shinji's Koffer stand immer noch unfertig mitten im Zimmer. Das würden sie niemals schaffen! Bei dem Wort Flughafen allerdings schien Shinji urplötzlich hellwach zu sein. Er riss erschrocken seine Augen auf und suchte nach dem Wecker, um die Uhrzeit zu erfahren, jedoch fand dieser sich nicht an gewohnter Stelle. Auf dem Boden liegend erblickte er ihn schließlich und schlug sich die Hand vor den Kopf. "Oh nein...", murmelte er fassungslos, sich zusammenreimend, was geschehen sein musste. Seine Mutter jedoch ließ ihm keine Zeit, um sich Vorwürfe zu machen. "Mach, dass du auf dem Bett kommst und deinen Koffer fertig packst! Ich predige dir schon seit einer Woche, du sollst dich mit dem Packen beeilen, aber nein, Monsieur muss ja immer alles auf den letzten Drücker erledigen!", schimpfte sie schon wieder, vollkommen außer sich, weil mal wieder alles schief zu laufen schien. "Ja, ja...", murrte Shinji entnervt, schlug die Decke zurück und quälte sich missmutig aus dem Bett. Der Tag fing ja gut an und er fürchtete schon den weiteren Verlauf. Plötzlich lief ein aufgescheuchter Yamato in seinem hellblauen Schlafanzug an Shinji's Zimmer vorbei. Dieser warf seiner Mutter einen irritierten Blick zu, die sich ihrerseits vor seinem Koffer hingekniet hatte und nun alles umpackte. Dabei schimpfte sie leise vor sich hin, das sich verdächtig danach anhörte, dass Männer ohne Frauen absolut unfähig seien, irgendetwas ordentlich hinzukriegen. Der junge Mann seufzte ergeben und sammelte seine Kleidung ein, machte sich auf den Weg ins Badezimmer, wurde an der Tür jedoch fast von seinem Vater umgerannt, der wieder aufgebracht in die andere Richtung lief, ohne auf irgendjemanden zu achten, und wieder in der Küche verschwand. Shinji bemerkte, dass Yamato - im Gegensatz zum ersten Mal - eine schwarze Socke am linken Fuß anhatte, während der Rechte immer noch barfuss war. Er schüttelte belustigt den Kopf und schloss sich für die darauffolgenden Minuten erst einmal im Bad ein. Die Pfannkuchen stapelten sich auf dem Teller und wurden gekonnt von der kleinen Familie übergangen. Chiaki und Natsuki wussten, dass sie nicht für sie bestimmt waren, also begnügten sie sich mit Kaffee, der Zeitung und ein wenig Toast. Während Chiaki abwesend an seiner Tasse nippte und die Sportseite umblätterte, seine Lesebrille auf der Nase, entschied sich Natsuki für den Käse als Brotbelag und Marron summte leise ein altes Kinderlied vor sich hin, als sie die Post, die sie eben unten abgeholt hatte, durchging. Plötzlich hämmerte es an der Tür und Natsuki's Mutter eilte fröhlich von dannen, Chiaki allerdings blickte nicht einmal von seiner Zeitung auf, wie Natsuki feststellte, als sie ihrem Vater einen heimlichen, nervösen Blick zuwarf. "Da bin ich!", strahlte Shinji vergnügt und betrat die Küche mit ausgebreiteten Armen, jedoch rührte sich niemand vom Fleck. Natsuki und Chiaki schienen keineswegs beeindruckt oder begeistert von seinem Auftauchen zu sein. Chiaki blätterte wieder um und Shinji war, als bedachte ihn Natsuki mit einem mitleidigen Blick. Der junge Mann hielt inne und ließ die Arm sinken. "Ich bin zum letzten Mal für lange Zeit hier, da darf ich doch ein bisschen mehr Begeisterung erwarten?", erklärte er verstört und blickte von Chiaki zu seiner Tochter und wieder zurück. Der Chefarzt seufzte laut und faltete die Zeitung langsam und umständlich zusammen, richtete dann sein Augenmerk auf den empörten Jungen, der vor ihm stand. "Oh, wir sind begeistert", versicherte Chiaki ihm ruhig. Shinji runzelte die Stirn und suchte nach dem Anzeichen eines Lächelns, doch es blieb aus. "Wirklich begeistert, dass wir demnächst innerhalb unserer eigenen vier Wände vor deinen Fressattacken sicher sind", fuhr Chiaki weiter fort und das erwartete Grinsen zeichnete sich nun deutlich auf seinem Gesicht ab und klang auch nicht ab, als Marron ihn wieder mit ihrem allseits bekannten, tadelnden "Chiaki!" ermahnte. Shinji schien erleichtert und empört zugleich, doch sein Zustand hielt nicht lange an, denn schon hatte er den Berg an Pfannkuchen erblickt und seine Augen begannen zu leuchten. "Die sind für dich, Shinji", lachte Marron vergnügt bei seinem Anblick. "Du kannst sie alle haben." Er sah aus, wie ein kleiner Junge, der gerade erfahren hatte, dass Weihnachten und sein Geburtstag dieses Jahr auf denselben Tag fallen würden und machte sich ans Essen. "Danke, Marron", mümmelte er zwischen zwei Pfannkuchen. "Ich wusste schon immer, dass du die Bessere von euch beide bist." Bei diesen Worten nickte auffällig mit dem Kopf zu seiner Linken, wo Chiaki saß und erbost aufblickte, doch Marron legte schnell die Hand auf dessen Schulter, tätschelte sie und lächelte Shinji geschmeichelt an. "Die Frage erübrigt sich doch wohl", fügte sie gespielt herablassend hinzu, und Chiaki verdrehte genervt die Augen, wandte sich wieder seiner Morgenlektüre zu, während Natsuki vergnügt gluckste. Ihre Eltern erinnerten sie stark an sich selbst... Auf einmal flog die Tür zur Küche mit einem lauten Krachen auf, alle fuhren erschrocken zusammen und eine wütende, im Gesicht rot angelaufene Miyako deutete mit ihrem Zeigefinger anklagend auf Shinji. Sie atmete einen kurzen Moment tief durch, während alle Blicke auf ihr ruhten. "SHINJI!!!!!!!!!!!", donnerte sie schlussendlich und der Genannte sprang sofort wie ein Soldat von seinem Platz auf und blieb stocksteif stehen. Zornig stakste seine Mutter auf ihn zu, vorbei an Marron, die verdattert in ihrer eigenen Küche stand. "Aber... wie...?", setzte sie an, doch Miyako unterbrach. "Du hast die Tür offen gelassen", informierte sie sie kurz angebunden, während sie Shinji mit ihrem Blick durchbohrte. Er schluckte und versuchte es mit einem unsicheren Grinsen, aber das half ihm nicht weiter. "Das ist also deine Vorstellung von Packen?! Du sitzt hier und vergnügst dich bei einem fremden Frühstück und ich kümmere mich um deinen Koffer?", keifte sie den armen Jungen an, der unter ihren Worten immer kleiner zu werden schien. Natsuki schaute ihn amüsiert an. "Du fliegst ins wenigen Stunden und hast noch nicht einmal gepackt?", fuhr sie dazwischen und konnte nicht umhin, eine kleine Prise Spott in ihrem Tonfall zurückzuhalten, doch in ihrem Blick lag nicht die gewöhnliche Verachtung, an die Shinji sonst gewöhnt war. Er öffnete den Mund, um sich zu verteidigen, doch Miyako fuhr schon fort. "Fliege ich etwa nach England oder was?", wollte sie entzürnt wissen und wies ihm dann mit der Hand zum Ausgang. "Du gehst jetzt deine restlichen Sachen einräumen oder du fliegst nirgendwohin!", drohte sie, wie man kleinen Kindern zu drohen pflegte, und sah zufrieden mit an, wie Shinji verzweifelt seufzte und mit hängenden Schultern, wie ein geprügelter Hund, den Rückzug antrat. Als er aus der Küche entschwand, seufzte nun auch Miyako erschöpft und die zornigen Züge fielen von ihrem Gesicht ab. Sie sah müde aus und lehnte sich kurz gegen einen Küchenschrank. "Alles in Ordnung?", fragte Marron besorgt und näherte sich ihrer besten Freundin. Chiaki indessen hatte sich erhoben und murmelte etwas von "nach der Haustür schauen", während er die Küche verließ. "Der Junge macht nichts als Ärger", beschwerte sich Miyako, doch sie klang gar nicht mehr so wütend wie noch eben gerade. "Wie soll er da so weit weg von Zuhause zurechtkommen?", äußerte sie ihre Zweifel und blickte Marron fragend an, die ihr ein aufmunterndes Lächeln schenkte. "Das wird er schon hinbekommen. Du musst ihm einfach mehr zutrauen", riet die der violetthaarigen Frau, die immer noch skeptisch schien. Dann jedoch nickte sie langsam und stellte sich wieder aufrecht hin. "Wenn er allein zurechtkommen MUSS, wird er das schon, nicht wahr?", versicherte sie sich und Natsuki's Mutter nickte nun ihrerseits. "Das wird er ganz sicher." Natsuki wandte den Kopf von den beiden Frauen ab. Und sie? Sie würde auch zurechtkommen müssen. "Wir haben es tatsächlich geschafft!", sagte Miyako fassungslos und sah nun zum ersten Mal an diesem Morgen einigermaßen erleichtert aus. Sie hatten Shinji's Koffer am Check-in Schalter abgegeben und hatte nun noch eine gute halbe Stunde, bevor er an Bord gehen konnte. Yamato legte beruhigend den Arm um die Schultern seiner Frau. "Wie ich es dir gesagt habe." Er konnte sich ein genüssliches Gähnen nicht verkneifen. Die zwei Familien standen unweit eines der im Flughafen so viel verbreiteten Zeitungskiosks herum und mittlerweile war die Müdigkeit in den Gesichtern von Yamato und Miyako nur allzu deutlich zu erkennen. Viel zu lange haben sie sich gestern Abend noch aufhalten lassen und waren natürlich viel zu spät ins Bett gekommen, doch war noch einiges zu klären gewesen, bevor Shinji aufbrechen konnte. Dieser stand angespannt und mit den Händen in den Hosentaschen neben seinen Eltern und starrte stumm, angestrengt in eine andere Richtung, schien in seinen Gedanken versunken, während Natsuki ihren Blick bedrückt auf den Boden gerichtet hatte und genauso schweigsam war wie Shinji. Marron beobachtete die beiden eine Weile lang und holte dann ihre Geldbörse heraus. "Natsuki-chan?", fragte sie, während sie in ihrem Portemonnaie herumkramte. Ihre Tochter blickte auf. "Dort hinten ist ein kleiner Kaffeestand, würdest du uns vier Kaffee holen?" Sie drückte dem überraschten Mädchen einen Geldschein in die Hand und lächelte ihr zu. Natsuki nickte bereitwillig und Marron fügte hinzu: "Shinji, hilfst du ihr beim Tragen?" Während der mürrische, alte Mann hinter der Theke kassierte und mit langsamen Bewegung die Kaffeebecher füllte, stellte sich Shinji direkt hinter Natsuki, sodass Chiaki nicht sehen konnte, wie sie sich miteinander unterhielten. Er war froh, ein paar wenige Minuten mit dem Mädchen alleine zu sein. Die letzten Tage waren sehr hektisch und sie waren nicht dazu gekommen, sich richtig voneinander zu verabschieden und jetzt, am Flughafen, hatte er auch keine Möglichkeit gesehen, bis Marron, die wunderbare Marron, ihm eine Ausrede geliefert hatte. "Ich würde mich ja anständig von dir verabschieden...", setzte er an und seine Stimme war kaum mehr als ein Raunen, doch Natsuki konnte ihn bestens verstehen und sogar heraushören, wie er bei diesen Worten praktisch anzüglich grinste. "...aber ich fürchte, dein Vater dreht mir dann den Hals um...", beendete Shinji seinen Satz, halb belustigt, halb besorgt und warf einen Blick über seine Schulter hinüber zu Chiaki, der ihn aus Argusaugen beobachtete. Schnell wandte sich Shinji wieder von ihm ab und spürte dessen Blick noch allzu deutlich im Rücken. Natsuki lachte. "Was für ein großer Verlust", spöttelte sie, während sie zwei der bereits gefüllten Becher entgegennahm. Shinji verzog das Gesicht. Immer noch diese Abwehrhaltung! Dann wurde sie wieder ernst und schaute den schmollenden Jungen an. "Ich bringe es ihm schonend bei. Wenn du weg bist", informierte sie ihn und drückte ihm den Kaffee in die Hände. "Vorsicht, heiß." Shinji betrachtete die dampfenden Kaffeebecher und wandte sich dann wieder an die 16jährige. "Dann bin ich wenigstens außer Reichweite", stellte er pragmatisch fest, machte aus Versehen eine unkontrollierte Handbewegung und Kaffee schwappte über den Becherrand. "Vorsicht!", warnte Natsuki ihn noch einmal, eindringlicher und nahm die letzten beiden Pappbecher, die der alte Mann ihr grimmig hinhielt. Das Mädchen drehte sich nun ganz zu dem 20jährigen um und beide blickten sich für einen kurzen Augenblick in die Augen. Natsuki warf einen schnellen Blick hinter Shinji, doch ihr Vater hatte anscheinend das Interesse verloren und stand nun an einem Zeitschriftenstand, wild mit Yamato über etwas diskutierend. Marron und Miyako verfolgten das Ganze mit amüsierten Blicken und schienen sich ganz offensichtlich zu vergnügen. Blitzschnell stellte sich Natsuki auf die Zehenspitzen und drückte Shinji einen kurzen, aber sanften Kuss auf die Wange auf. Vollkommen überrascht angesichts dieses unerwarteten Ereignisses weiteten sich seine Pupillen und Natsuki meinte zu erkennen, dass seine Gesichtsfarbe ein paar Nuancen dunkler wurde. Die dunkle, duftende Flüssigkeit schwappte wieder über und erwischte dieses Mal einen seiner Schuhe, doch Shinji schien das gar nicht mitzubekommen. Ein dümmliches Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus und er grinste den mürrischen Kaffeeverkäufer entzückt an, doch Natsuki stieß ihm leicht ihren Ellbogen in die Seite. "Komm schon", murmelte sie drängend und ging mit ihrem Kaffee voraus, während Shinji vertrottelt hinter ihr herwankte, vollkommen fassungslos in Anbetracht seines Glücks, dass nicht er dieses Mal - sondern SIE - die Initiative ergriffen hatte. Das, was da passiert war, war ein großer, großer Schritt nach vorne. "Mach's gut, Shinji. Pass auf dich auf. Wir werden dich vermissen", verabschiedete Marron sich lächelnd von dem Sohn ihrer besten Freundin, doch Chiaki fiel ihr ins Wort. "Du vielleicht. Ich bin froh, wenn ich den Kühlschrankinhalt endlich für mich habe", sagte er trocken, doch dann griff er nach Marron's Handtasche und zog ein Buch hervor, drückte es Shinji in die Hand, der ihn verblüfft anstarrte. "Mit diesem Buch schafft man es bis zum Chefarzt", brüstete sich Natsuki's Vater, Shinji grinste und Marron verdrehte die Augen. "Hör nicht auf ihn. Er ist ein alter Spinner", riet sie ihm wieder und umarmte den 20jährigen zum letzten Mal. "Wir sehen uns dann im nächsten Jahr", grinste nun auch Chiaki, legte einen Arm um seine Frau und zog sie ein bisschen weiter weg, damit sich auch Yamato und Miyako in Ruhe von ihrem Sohn verabschieden konnten. Natsuki war, seitdem sie vor zehn Minuten vorgab, zur Toilette entschwunden zu sein, noch nirgends aufgetaucht. Marron konnte nur hoffen, dass sie es rechtzeitig zurück schaffte und auch Shinji schien unaufmerksam und wandte den Kopf in alle Richtungen, um nach ihr Ausschau zu halten. Als auch Yamato und Miyako Shinji umarmten und zurücktraten, während Miyako sich ihre Tränen wegwischte und versuchte, tapfer zu lächeln, waren schnelle Schritte zu hören und Natsuki kam einige Meter entfernt von Shinji zum Stehen. Marron reagierte sofort und noch ehe Chiaki begriff, was passierte, zog sie ihn hektisch mit sich und zeigte ihm, indem sie seinen Kopf gegen eine Fensterscheibe drückte, in einem Schaufenster ein paar Armbanduhren unter dem Vorwand, dass ihr ein ganz besonderes Exemplar davon sehr gefiel. Miyako und Yamato, die sich diskret zurückgezogen haben, stießen hinzu und auch Miyako begeisterte sich für das edle Stück, während Chiaki verwirrt ins Schaufenster blinzelte und nicht verstand, was die Frauen, die ihn so urplötzlich belagerten, von ihm wollten. Natsuki’s Atem ging schnell, sie war offensichtlich gelaufen. "Ich hab mich verlaufen", erklärte sie und atmete noch einmal tief durch, doch Shinji sagte nichts, er betrachtete sie nur mit einem sanften Lächeln, mit leichter Neugier im Gesicht. Wollte sie nur ansehen und sich so viel wie möglich merken, wollte sich am liebsten alles in die Netzhaut brennen, um nicht ein einzelnes Detail zu vergessen. "Hör zu...", begann Natsuki und fühlte sich plötzlich wieder sehr unsicher und ungeschützt. Shinji bemerkte ihre Unsicherheit, doch er stand still, sah sie an und hörte zu. "Also...", stammelte sie, ihr Blick huschte hin und her, doch sie schaffte es, ihn auf Shinji zu fixieren. Sie schaute ihn fest an, hatte sich einigermaßen wieder gesammelt. "Wenn du zurückkommst..." Shinji hob unmerklich eine Augenbraue. "...darf ich dir dann etwas sagen?" Im ersten Moment verblüfft, machte seine perplexe Miene einem herzlichen Lächeln Platz. "Natürlich darfst du...", versicherte er ihr leise und seine Worte klangen freundlich und liebevoll und Natsuki hatte das eigenartige Gefühl, eben diese Situation schon einmal durchlebt zu haben. Einige Sekunden lang sahen sie sich an und hatten beide das Empfinden, der Gegenüber wusste, was der jeweils andere dachte, doch dann hörten sie Chiaki's grimmige Stimme, der sich über seinen halbleeren Kaffeebecher beschwerte, und waren auf der Stelle wieder in der Realität. "Bis bald, Shinji", sagte Natsuki beherrscht, leise und sog die Luft ein, um sich noch so lange wie möglich zusammenzureißen. Es war ihr nun völlig egal, ob sie jemand beobachtete oder nicht. Alles erschien absolut gleichgültig... "Bis bald, Natsuki-chan." Shinji nickte und schenkte ihr ein leises Lächeln, dann drehte er sich um und trat an den Schalter, reichte der reizenden Frau vom Bodenpersonal seine Bordkarte und verschwand kurz darauf in den Tiefes des Flughafens. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)