Sunset over Egypt von Sennyo (Even if tomorrow dies) ================================================================================ Kapitel 4: Hass --------------- Ungeduldig hatte sie alles beobachtet, ungeduldig auf eine Wendung gehofft, doch nichts dergleichen war geschehen. Das Mädchen mit dem langen weiß-blauen Haar hatte weder gezögert noch überstürzt gehandelt. Sicheren Schrittes war sie losgezogen, direkt in den Palastgarten. So leicht würden Mana und Seth nicht davon kommen, sie hatten es sich viel zu einfach vorgestellt, doch Kisara würde sich nicht abschütteln lassen. Wie konnte sie kampflos aufgeben? Es passte nicht zu ihr. Wort für Wort hatte sie den dreien gelauscht, sie beobachtet und nur auf eine Gelegenheit gewartet, sich zu zeigen. Nun als Akim die zwei anderen offenbar soeben in tiefe Verlegenheit gestürzt hatte, sah sie ihre Chance gekommen. Mana wirkte wie aus allen Wolken gefallen, als sie Kisara hinter Akim auftauchen sah. Eben noch hatte sie ihn verlegen zur Rede stellen und alles bestreiten wollen, nun jedoch.. Dass er alles gesehen hatte, war noch zu verkraften, er war zwar nervig, aber würde sich sicher nichts weiter dabei denken. Bei Kisara allerdings sah die Sache anders aus. Sie wusste, was sie gesehen hatte und sie wusste auch, was das zu bedeuten hatte. Seth verriet mit keinem Anzeichen, dass es ihn störte, Kisara so schnell schon wieder zu sehen. „Wieso bist du hier?“, fragte er kalt, ohne Anteilnahme und ohne Verständnis. „Hatte ich dir nicht zu verstehen gegeben, dass ich dich nicht mehr sehen will?“ Sie ging ihm auf die Nerven, klammerte viel zu sehr, hing sich an etwas, das längst verloren war. Und dafür würde sie den Preis zu zahlen haben, Rücksicht war nicht das, was den Hohepriester auszeichnete. „Ich habe dich beobachtet!“, fauchte das Mädchen wutentbrannt, „Dich und das Weib da!“ ihr zittrige Hand zeigte auf Mana. Empört stieß diese einen Laut aus, Seth jedoch blieb ganz ruhig. „Ist dir nicht klar, was du damit anrichtest? Du solltest wissen, dass das ein unverzeihliches Vergehen ist!“ Die Drohung in Kisaras Stimme war nicht zu überhören, doch das änderte an Seths abwesender Haltung nicht das geringste. „Ich weiß nicht, was du meinst“, sagte er schlicht, und für ihn war das Gespräch damit beendet. Nicht so für Kisara. „Du solltest nicht mit mir spielen, Seth!“, fauchte sie ungehalten, ihr Haar wehte leicht und mit Zorn in den Augen starrte sie Mana an, die ebenso entgeistert zurückstarrte. ‚Du Drache‘, dachte sie mit Genugtuung, ‚Kein Wunder, dass Seth sich von dir getrennt hat‘. „Wer sagt, dass ich mit dir spiele?“ Der Ausdruck des Priesters war kalt, offen und ohne jede Gnade. „Habe ich einen Grund zum spielen?“ Seine Worte waren schneidend wie die unzähligen Scherben ihrer verlorenen Liebe. „Fordere mich nicht heraus, Seth! Glaubt nicht, du könntest dir alles erlauben nur weil du Hohepriester bist!“ Doch auch diese Worte verfehlten ihre Wirkung, Seth blieb ganz ruhig. „Aus welchem Grund sollte ich dich herausfordern?“ Kisara sah ihn verachtend an. Er regte sie auf, sie eisige Art machte sie krank. „um deine Ehre zu verteidigen?“, fauchte sie, „Es rechtmäßiger Thronerbe stehst du ganz schön dumm da!“ Mit jedem Wort wurde ihre Stimme lauter, schriller. „Und außerdem versuchst du dein Gesicht zu wahren, um nicht zugeben zu müssen, dass du verliebt bist!!“ Sie schrie, lauter als je zuvor. „Und zwar in ein kleines Mädchen!“ Manas Mund fiel auf. Erschrocken sah sie zu Seth, damit hatte sie wirklich nicht gerechnet. Sie erhoffte sich von ihm eine Antwort, irgendeine Reaktion seinerseits, doch er dachte nicht daran, darauf einzugehen. „Als rechtmäßiger Erbe habe ich eine bedeutend bessere Position als du, Straßenkind!“ Akim sah von Seth zu Kisara und wieder zurück. Er wusste, sein Herr war streng, verachtend und kalt, doch so hatte er ihn noch nie erlebt. Kisara tat ihm Leid, sie verdiente es nicht, so behandelt zu werden. Kurz entschlossen nahm er das völlig verdutzte Mädchen in seine Arme. „Mach dir nichts daraus“, meinte er tröstend, „Der ist schon die ganze Zeit so komisch..“ Eigentlich hatte er helfen wollen, doch Kisara stoß ihn gereizt von sich. Er fiel zu Boden. „Lasst doch nicht immer eure Laune an mir aus!“, meckerte er beleidigt und stapfte davon, jede Pflanze rausreißend, an der er vorbei kam. „Glaubst du, ich lasse mich so einfach abservieren?“, Kisara funkelte Seth aus hassvollen Augen an. „Du solltest mich nicht unterschätzen!“ Wütend schloss sie die Augen und legte die Hände zusammen. „Nicht doch, pass du lieber auf, dass du mich nicht unterschätzt..“, er sah sie bedrohlich an, drehte sich dann zu Mana um, die noch immer nicht verstand, was passierte, und nahm ihre Hand. Gerade als sie sich auf den Weg zurück zum Palast machen wollten, öffnete Kisara ihre Augen, die nun eisblau leuchteten. Hinter ihr erschien der Weiße Drache. „Ich werde dich nicht einfach an diese Mana verlieren!!“, schrie sie, „Entweder du wählst mich, oder den Tod!“ Seth griff nach seinem Millenniumsstab, starrte den Drachen an. „Dem Tod bin ich schon mehrfach entgangen“, sagte er schlicht, „Das solltest du eigentlich wissen.“ Schrilles Lachen war die Antwort. „Du hattest es noch nie mit mir zu tun! Und ICH weiß, wie man dich schwächen kann!“ Sie grinste böse, hob die Hand. Der Drache folgte ihrer Bewegung, schlug eindrucksvoll mit seinen gigantischen Schwingen. Kisaras Blick lag lastete auf der Priesterschülerin, die grummelnd vor sich hinmurmelte, ihren Stab in der Hand hatte und Kisara verfluchte. „Was bildet die sich eigentlich ein? Einfach zu kämpfen.. Wir haben doch gar nichts gemacht! So ein Drecksstück, Straßenkind passt gar nicht..“ Als der Drache angriff, war Mana nicht bereit ihn abzuwehren. Seth jedoch hatte es kommen sehen und den Angriff mit seinem Stab abgeblockt, noch bevor etwas geschehen konnte. „Kisara!“, rief er sauer, „Damit hilfst du dir kein bisschen!! Völlig entgeistert starrte Mana zuerst auf den Drachen und dann auf Kisara. „Spinnst du?!“, rief sie empört, wurde jedoch von der Angesprochenen ignoriert. „Ich will dich nicht an dieses Gör verlieren!!“ Seth zu verlieren, war eine Sache. Doch ihn an jemanden wie Mana zu verlieren, konnte sie nicht ertragen, wollte sie nicht zulassen. Tränen schossen ihr in die Augen, der Drache verschwand. „Verstehst du das nicht...?“ Erbarmungslos sah der Priester sie an. „Und deswegen willst du sie umbringen? Meinst du, das bringt dir was? Bist du völlig bescheuert?!“ Unglauben stand ihm ins Gesicht geschrieben, er schüttelte den Kopf. Niemals würde er ihr das verzeihen. Niemals wieder würde er ihr vertrauen. Mit einem letzten vernichtendem Blick musterte er sie, dann drehte er sich zu Mana um. „Ist bei dir alles in Ordnung?“ Er sah sie besorgt an. Das Mädchen nickte. „Lass uns gehen..“ Geschickt zog er sie auf die Füße. Und ohne sie eines weiteren Blickes zu würdigen, ließen sie Kisara einfach stehen. Das Mädchen sah ihnen noch hinterher, sowohl traurig als auch wütend zugleich. Wie hatte es nur soweit kommen können? Sie verstand es nicht. Sie wusste nicht, weshalb er sie so hasste. Sie wusste nicht, weshalb zwischen ihnen alles so schief gelaufen war. Es war doch so schön gewesen.. Völliges Vertrauen, Zweisamkeit zwischen Gleichgesinnten. Doch nun.. Kisara seufzte, senkte ihren Kopf. Hinter ihr ertönten Stimmen, jemand fluchte. Ein junger Mann war über die Pflanzen gefallen, die Akim aus der Erde gezogen hatte. Sie drehte sich zu ihm um, blickte in sein erstauntes und von Staub und Sand bedecktes Gesicht. Er richtete sich auf, kam ihr entgegen. Kisara verdrehte die Augen, Small Talk war das letzte was sie im Augenblick gebrauchen konnte. Sie wollte weg, wollte sich umdrehen und gehen, doch er kam ihr zuvor. „Warte doch!“, rief er ihr nach, „Vielleicht kannst du mir helfen!“ Das Mädchen blieb stehen. „Wer seid Ihr?“, fragte sie misstrauisch, und voller Unlust. Er trug kaum mehr als ein paar Tücher, Fetzen fast, die seinen Körper bedecken und ihn vor der heißen Sonne schützten. Der Mann keuchte, wirkte erschöpft. „Mein Name ist Xerxes“, antwortete er schnell, „Ich bin ein Bote von der libyschen Grenze. Ich habe eine wichtige Nachricht für den Pharao.“ Er musterte sie skeptisch, sein Blick lag auf ihrer weißen Haut. „Du scheinst fremd hier zu sein“, stellte er sachlich fest. Genervt verdrehte sie ihre blauen Augen, schüttelte den Kopf. „Ägypten ist meine Heimat. Ich weiß nicht, wieso Ihr hier seid, oder wo ihr her kommt, aber ich habe wichtigere Dinge zu tun..“ Sie wollte wirklich nicht mit diesem Fremden diskutieren. Der Tag war auch so schon schlecht genug gelaufen. „Der Pharao, wie kann ich ihn finden?!“ Beharrlich blieb er an ihrer Seite, ihre unhöfliche Art ignorierend. Kisara sah ihn an, blieb aber nicht stehen. „Der Palast ist nicht gerade klein, Ihr werdet ihn schon finden..“, genervt blickte sie in die Richtung und wies ihm damit den Weg, „Und wenn Ihr am Hohepriester vorbeikommen solltet, dann fragt ihn, ob er nur an meinem Drachen interessiert war.“ Xerxes blieb stehen, sah sie verwirrt an. „Dein Drache?“ Dieses Mädchen hatte nicht nur eine ungewöhnliche Hautfarbe, sondern auch einen eigenwilligen Sinn für Humor. Kisara jedoch meinte es ernst, auch wenn er nicht verstand, weshalb sie sich so aufregte. „Mein Ka“, meinte sie patzig und wünschte sich nichts sehnlicher als endlich allein zu sein. Sie hatte wirklich keine Lust mehr auf ihn. Doch er ließ nicht locker, fragte immer weiter. Seufzend erklärte sie es ihm. „Ich beherrsche dieses Monster. So lange, bis es gebannt wird. Ich existiere nur zusammen mit dem Drachen.“ Es ging ihn wirklich nichts an. „Und wenn er gebannt wird? Was geschieht dann? Stirbst du dann?!“ Das Mädchen nickte nur. Er sah sie mitfühlend an. „Wer würde ihn dann bannen?“ Langsam reichte es Kisara, sein geheucheltes Mitleid brauchte sie nicht, wollte sie auch nicht haben. Er kannte sie nicht einmal, und doch fragte er sie nach ihrer halben Lebensgeschichte. Ihr Blick schien Bände zu sprechen, jedenfalls begann er sofort sich zu rechtfertigen. Er habe sich nur gefragt, wer so etwas tun würde, wenn er ihr doch dadurch das Leben nähme. Erneut schüttelte Kisara den Kopf. „Wer den Drachen bannt, der kann ihn kontrollieren..“ Ein unerwartetes Lächeln legte sich auf seine rauen Lippen. Kontrolle über den Drachen? Ohne darauf zu achten, was Kisara denken würde, fragte er, was er wissen wollte. „Wie kann man den Drachen bannen?“ Als Antwort bekam er eine heftige Ohrfeige. „Glaubt nicht, ich sei dumm!“, fauchte sie ungehalten, drehte sich um und stapfte davon. „Ich hätte es wissen müssen!“ Obwohl er sie nicht mehr hören konnte, fluchte sie weiter, „Männer sind doch alle gleich!!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)