Sunset over Egypt von Sennyo (Even if tomorrow dies) ================================================================================ Kapitel 16: Festlichkeiten -------------------------- „... und deswegen ernenne ich hier und heute den Hohepriester Seth zu meinem Nachfolger, auf dass er unser Volk in ein gutes und strahlendes Leben führe, sollte ich einmal nicht mehr in der Lage dazu sein!“ Festlich gekleidet stand Atemu vor seinen Gefolgsleuten, Seth an seiner Seite. Er griff nach seiner Hand, steckte ihm den Siegelring an und grinste fast dabei, ehe er ihm als Erster gratulierte. Die Massen, überrascht und begeistert zugleich, brachen in überschwänglichen Applaus aus. Sie hatten nicht gewusst, was sie an diesem Abend erwarten würde, doch die Kunde, dass die Thronfolge fest stand, ließ sie vor Freude aufschreien, klatschen und jubilieren. Nur wenige gedachten in diesem Moment Seths früheren Versuchen, die Herrschaft über Ägypten an sich zu reißen. Unter all den applaudierenden Menschen saß Mana, viel zu perplex und durcheinander um mit zu klatschen. Seth ... Pharao? Sicher, die Krone stand ihm zu und sie gönnte ihm den Triumpf, doch sie konnte es kaum glauben, und vermutete daher, sie müsste träumen. Verwirrt versuchte sie, seinen Blick zu fangen, doch es war unmöglich. Seth, noch immer neben dem Pharao stehend, bedankte sich gerade für die Ehre, die ihm zuteil wurde und verbeugte sich leicht, Der Pharao tat es ihm gleich, ehe er sich umdrehte, und das Wort an sein versammeltes Volk richtete. Er erhob die Arme. „Die Umstände sind nicht die besten für ein Fest, und doch möchte ich euch bitten, Freunde, feiert, tanzt, esst und trinkt so viel es euch beliebt. Seid glücklich an diesem Tag und denkt nicht nach!“ Sogleich setzte die Musik ein und Tänzerinnen betraten die Bühne um die Aufmerksamkeit der Massen auf sich zu ziehen. Zufrieden setzte sich Atemu auf seinen Thron und lehnte sich leicht zurück. Lächelnd drehte er sich zu Teana, die an seiner Rechten saß. Er konnte es nicht lassen, eine Hand auf ihren Bauch zu legen. „Ist alles in Ordnung?“, hauchte er seiner Geliebten ins Ohr. Die siebzehnjährige Prinzessin lächelte ihn verliebt an und legte ihre Hand auf seine. „Uns geht es gut, mach dir keine Sorgen“, sagte sie lieb und sah sich um. „Es läuft alles so, wie du es geplant hast, nicht wahr?“ Atemu nickte. „Ja, alle, die erwartet wurden, sind gekommen, sie feiern und lachen“, er lächelte Teana an, „Und ich habe eine wunderschöne Frau an meiner Seite. Dabei kann gar nichts schief gehen“, sagte er schwärmerisch. „Du schmeichelst mir“, antwortete Teana lächelnd, und betrachtete ihren Verlobten aufmerksam. Sein Blick war auf Mana gerichtet, und auch Teana konnte nicht entgehen, was Atemus Aufmerksamkeit auf sich zog. „Ist dir aufgefallen, dass Mana nur Augen für Seth hat?“, fragte sie ein wenig beunruhigt. Der Pharao stimmte ihr zu, sprach ebenso leise wie sie. „Andersherum ist es ebenso“, meinte er. Teana sah ihn an. „Und trotzdem hast du ihn zum Nachfolger ernannt?“ Immer wieder fiel ihr Blick auf Mana. „Die Beiden können niemals zusammen sein ...“ Atemu seufzte leise. Sie hatte Recht, er wusste es genau. Und doch. Was hätte er tun sollen? Im Falle eines Falles würde Seth ohnehin den Thron besteigen, er würde keinen anderen Herrscher dulden. Und außerdem ... „Wen hätte ich denn sonst ernennen sollen?“, fragte er leicht zweifelnd. Teana schüttelte lächelnd den Kopf. Sie wusste genau, was im Kopf ihres Verlobten vor sich ging. „Nein“, sagte sie sanft, „Seth ist schon der Richtige.“ Sie sah kurz zu ihm hinüber, „Vor allem hätte er es niemals zugelassen, wenn du einen Anderen ernannt hättest ...“ Auch sie seufzte nun. „Aber Mana ... sollte Seth Pharao werden, wird seine Partnerin Königin. Das Volk würde sie niemals akzeptieren ... Sie ist nur eine einfache Priesterschülerin.“ Atemu nickte und sah erneut zu seinen Cousin. Hatte er überhaupt die Wahl? „Mir bleibt wohl nichts anderes übrig, als ihn darauf hinzuweisen und, wenn er nicht auf mich hören will, einen anderen Nachfolger zu bestimmen ...“ Teana hielt viel von Atemu und war auch fast immer mit ihm einer Meinung, doch nun widersprach sie entschieden. „Das kannst du nicht machen!“, entsetzt sah sie in Atemus violette Augen, „Das gäbe einen Skandal! Jetzt, da du ihn ernannt hast, solltest du deine Entscheidung nicht mehr rückgängig machen, das Volk würde sich verunsichert fühlen.“ Ernst betrachtete er sie. Sie hatte Recht, wieder einmal. Das Volk zu verunsichern entsprach seinem Wunsch in keinster Weise. Bedauern lag in seiner Stimme, als er sprach, „Falls es so sein sollte, können wir diese Liebe nicht gestatten, oder Ägypten wird qualvoll untergehen ...“ Erneut seufzte er, „Seth muss es einfach einsehen, er ist mit der Etikette vertraut. Ich werde mit ihm reden ...“ Während der Großteil der Menge in die Mitte strömte um zu feiern und sich zu unterhalten, blieb Mana an ihrem Platz sitzen und nippte an einem Bier. Immer und immer wieder sah sie zu Seth hoch und grinste still und leise vor sich hin. Noch immer versuchte sie Seths Blick auf sich zu lenken, immer wieder schweiften auch seine blauen Augen zu ihr herüber. Er hatte vorher nicht mehr mit ihr sprechen können und so war er gespannt zu erfahren, was sie von der Sache hielt. Er spürte tausende Augenpaare, die sich auf ihn richteten, spürte die Erwartungen, die all diese Menschen hatten, die Hoffnung, die sie in ihn setzten und er genoss es in vollen Zügen. Als Manas Blick den seinen schließlich traf, lächelte er sie an, erhob sein Glas, schaute in ihre Richtung und trank einen Schluck des Weines, der sich darin befand. Mana tat es ihm gleich. Im Gegensatz zu Seth beließ sie es jedoch nicht bei einem Schluck, sondern leerte gekonnt mehrere Gläser nacheinander und sagte nicht ‚nein‘, wenn ihr noch etwas angeboten wurde. Seth blickte immer wieder zu Mana, doch mindestens ebenso häufig in die Runde, sein Volk betrachtend. Atemu hatte ihn offiziell zu seinem Nachfolger ernannt. Wenn ihm nun also etwas zustoßen sollte, wäre das Überleben des Landes gesichert und er, Seth, wäre Pharao. Letztendlich würde sich sein Geburtsrecht doch noch erfüllen. Er konnte es kaum glauben. So viele unerwartete Möglichkeiten boten sich ihm nun, Wege, die er nie erträumt hatte, eines Tagens betreten zu können. Es machte ihn stolz und nachdenklich zugleich; Seth blickte erst wieder auf, als Atemu sich zu ihm wendete und ihn bat, ihn zu begleiten. Mana blieb auf ihrem Stuhl nicht lange sitzen. Ein paar Mal noch hatte sie versucht, Seths Aufmerksamkeit zu bekommen, doch schließlich fand sie sich damit ab, dass er wohl doch nicht zu ihr kommen, sein Versprechen wohl doch nicht halten würde. Sie fühlte sich einsam am Tisch, verlassen und sie sprach sie dem Alkohol zu. Es war überhaupt nicht ihre Art, doch an diesem Tag empfand sie es als angemessen. Als einer der Priester sich schließlich zu ihr herüber lehnte und sie zum Tanzen aufforderte, lehnte sie nicht ab. Seth hatte nicht damit gerechnet, so vorzeitig den Thronsaal zu verlassen, doch er folgte dem Pharao, wenn auch unverkennbar überrascht. Jene Gäste, deren Weg sie kreuzten und die bemerkten, dass sie den Saal verließen, neigten ihre Köpfe zu den Beiden und tuschelten leise. Atemu störte sich nicht daran, unbeirrt ging er durch den Gang, ehe er sich an einer ruhigen Stelle zu Seth umdrehte. Ernst sag er ihn an, zögerte einen Augenblick. Er wusste nicht, wie er anfangen sollte, doch da er wusste, dass dieses Gespräch unvermeidbar war, fing er schließlich doch an. „Ich hoffe, die weißt, was für Verantwortung du durch diesen Titel übernimmst“, sagte er ernst, „Das Volk vertraut dir, und ich denke, sie werden dich als Pharao akzeptieren, falls es der Zufall will, dass ich meinen Platz abgeben muss.“ Fast ebenso ernst wie der Pharao sah auch Seth diesen an. Er wusste nicht, was das sollte, weshalb Atemu ihm das nun unbedingt während der Feier erzählen musste. Doch er blieb gefasst. „Falls dieser Zufall eintreten sollte, werde ich mein bestes geben um ein guter Pharao zu werden.“ Atemu lächelte. „Daran zweifle ich nicht“, meinte er und sah seinen Priester wieder ernst an. „Aber ein Pharao darf sich keine Fehler erlauben, die dem Volk widerstößig erscheinen können. Die Liste der Benimmregeln ist lang, einiges ist einzuhalten.“ Er verschränkte die Arme hinter seinem Rücken. „Wie stehst du zu Mana?“ Seth musterte Atemu ganz genau. Er glaubte zu wissen, worauf dieses Gespräch hinauslaufen sollte, und doch ließ er sich nichts anmerken. „Darf ich fragen, was sie damit zu tun hat?“, erwiderte er stattdessen, darauf bedacht höflich zu bleiben. Atemu verdrehte die Augen. „Du weißt sehr wohl, was ich meine ... Ich bin nicht blind, Seth.“ Er sah ihn ehrlich an. „Und ich weiß auch, dass du ihr einiges verdankst. Aber sie ist zu jung, sie ist eine Priesterschülerin, zukünftige Priesterin. Sie hat Gelübde abgelegt, die eine Beziehung ausschließen. Ich will niemandem die Liebe verbieten, aber wenn sie mit dir zusammen ist, und du Pharao wirst, wird das Volk dich niemals akzeptieren.“ Seth verriet durch keine Regung, was diese Worte für ihn bedeuteten, er ließ den Blick auf Atemu nicht sinken, und nickte verstehend. „Sollte ich Pharao werden, werde ich dem Willen des Volkes gerecht werden ... So wahr ich hier stehe.“ Doch Atemu war nicht zufrieden. Er seufzte. „Seth, glaubst du, das Volk achtete nicht schon jetzt auf dich? Meinst du nicht, es gibt schon genug Gerüchte?“ Die eisblauen Augen verloren ihren Glanz, wurden immer kälter. „Ich werde mich dem Willen des Volkes beugen“, sagte Seth. „Ich würde es ihr so bald wie möglich sagen“, antwortete Atemu, „Es tut mir Leid für euch, aber dies ist nicht mein Wille. Du weißt, dass Mana auch mir etwas bedeutet, sie ist eben ein wunderbarer Mensch. Aber sie verdient etwas besseres als ein Ägypten, dass durch sie dem Untergang geweiht ist.“ Mit diesen Worten ließ Atemu ihn stehen, drehte sich um und machte sich auf den Weg zurück zum Thronsaal und zu seiner Teana. Seth verharrte einen Moment, ehe auch er sich umdrehte und Atemu in einigem Abstand folgte. Er hatte Recht, so etwas hatte sie wirklich nicht verdient. Seth seufzte. Wollte er die Position als Thronfolger unter diesen Umständen wirklich haben? Konnte er der Macht, die ihm dadurch sicher war, widerstehen? Er wusste es nicht, konnte es einfach nicht sagen. Er wusste nur, dass er Mana nicht verlieren wollte. Er musste es ihr sagen, so schnell es ging, er durfte sie nicht weiter belügen, nicht länger ihre Gefühle ausnutzen. Er wusste, dass er ihr das Herz brechen würde ... Es waren wirklich ereignisreiche Tage ... Schneller als erwartet traf er auf Mana. Verschwitzt und außer Atem kam sie aus dem Thronsaal gelaufen, direkt auf ihn zu. Sie schwankte merklich und lachte ihn an, als sie ihn schließlich erkannte. Erschrocken und entsetzt sah er sie an. Ausgerechnet jetzt hatte er sie nicht sehen wollen, hatte einfach nur eine Weile für sich haben wollen, um in aller Ruhe nachdenken zu können ... Doch nun ... „Was ist denn mit dir passiert?“, fragte er fassungslos, unfähig zu entscheiden, ob er nun über sie lachen sollte, oder nicht. Wenn sie nun einer von den Gästen sah ... „Warum?“, fragte Mana lallend und warf sich freudig kichernd in seine Arme. Seth drückte sie leicht von sich und zog sie weiter in eine Ecke, an der weniger Bedienstete und Gäste vorbeikamen. Er sah sie besorgt an. „Wie viel hast du getrunken?“, fragte er streng. Mana kicherte. „Nicht viel!“, behauptete sie und sah ihn dann enttäuscht an. „Du bist nicht zu mir gekommen ...“ Seth sah sie nicht an. Nun war wohl der Augenblick der Wahrheit gekommen. „Es tut mir Leid, Mana ... Ich hatte meine Gründe ...“ Das betrunkene Mädchen sah ihn verwirrt an, kämpfte stark dagegen an, dem Alkohol zu unterliegen. „Aber du hast es mir versprochen!“ Sie griff nach seinen Händen und sah ihn fragend an. Er schaute sie für einen Moment wieder an, konnte aber den Blick nicht lange halten und sah sofort wieder weg. „Es ging nicht, versuch doch, mich zu verstehen ...“, sagte er leicht seufzend, „Meine Position erlaubt es mir nicht, frei über meine Handlungen zu entscheiden ...“ Mana wankte kurz, fing sich dann aber wieder. „Wie ... wie meinst du das?“ Erneut seufzte Seth, blickte sie dann mit leeren Augen an. „Es war ein Traum, Mana ...“, langsam drehte er sich von ihr weg, „Nun ist es an der Zeit, aufzuwachen ...“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)