Sunset over Egypt von Sennyo (Even if tomorrow dies) ================================================================================ Kapitel 19: Nachtgeflüster -------------------------- Warme Sonnenstrahlen fielen durch die Fenster und erhellten den Raum, als Mana leicht grummelnd erwachte. Sie hatte recht lange geschlafen, doch wie lang genau, das konnte sie nicht sagen. Ihr Kopf dröhnte, sie kniff die Augen zusammen und versuchte erfolglos einen klaren Gedanken zu fassen. Sie sah sie um – und erschrak. Sie kannte diesen Raum, doch sie wusste beim besten Willen nicht, was sie hier zu suchen hatte, geschweige denn, wie sie hier her gekommen war. Neben ihr bewegte sich etwas, erschrocken setzte sie sich auf und erkannte Seth. Verwirrt blinzelte sie, versuchte sich zu erklären, was vor sich ging. Entsetzt sah sie an sich herunter und schrie kurz auf. Was lief hier ab?! So schnell sie konnte, griff sie nach der Decke und verhüllte sich. Sie blinzelte wider, kniff dann ihre Augen zusammen und warf sich mit ihrem Kopf in das Kissen. Panisch schrie sie hinein. Wie konnte das nur sein?! Als Seth bemerkte, dass Mana wach war, drehte er sich noch einmal um und tat so, als schliefe er noch. Er lächelte leicht vor sich hin, achtete aber darauf, dass sie sein Gesicht nicht sehen konnte. Er amüsierte sich köstlich. Niemand legte sich ungestraft mit ihm an, auch Mana nicht ... Er wühlte sich unruhig hin und her, gähnte schließlich herzhaft und öffnete die Augen. Mana verschlafen anlächelnd, wünschte er ihr einen guten Morgen. Errötet und verwirrt sah sie ihn an, versuchte sich auf sein Gesicht zu konzentrieren, was jedoch alles andere als einfach war. „W-was ma-ach ich hier?“, fragte sie überfordert und schüttelte leicht den Kopf. Sie verstand es einfach nicht. Und warum hatte sie nichts an?! Sie stockte. Warum hatte er nichts an?! Das war viel schlimmer! Was war hier geschehen?! Verwundert sah Steh sie an. „Wieso was machst du hier? Darf ich mit meiner Verlobten nicht das Bett teilen?“ Entsetzen zeichnete sich auf Manas Gesicht. Was hatte er da gesagt? Verlobte? Sie musste sich verhört haben. „Deiner was?!“, rief sie lauter als beabsichtigt und rutschte unweigerlich von ihm weg. Sie wusste nicht, was sie davon halten sollte, dachte er sich das alles nur aus? Seth zog die Decke ein Stück hoch und setzte sich nun ebenfalls auf. Entrüstet und enttäuscht sah er sie an. „Weißt du das denn nicht mehr?“, fragte er und klang dabei leicht traurig. Er verwirrte sie nur noch mehr, nahm ihr jede Sicherheit, die sie glaubte zu haben. Mit entschuldigenden Augen sah sie ihn an. „Ich weiß kaum noch etwas von gestern ...“, gab sie leise zu und versuchte angestrengt nachzudenken. Wenn nur die Kopfschmerzen endlich nachlassen würden ... „Sicher, dass du dir dass nicht einbildest?“, fragte sie verzweifelt, in der Hoffnung, er hätte geträumt. Sie konnte doch so etwas wichtiges nicht einfach vergessen ... Allerdings hätte ein Traum sie wohl kaum hierher gebracht. „Ist dir die Vorstellung so zuwider?“, fragte Seth kopfschüttelnd, „Nein, ich bilde mir das nicht ein. Atemu wollte, dass ich mich von dir trenne, weil es dem Ruf des Hofes schaden würde ... Aber wir haben uns gestern auf dem Fest verlobt und das Volk war begeistert!“ Wow ... Mana sah ihn fasziniert an. Das alles war gestern geschehen? Es klang so unwirklich. Verunsichert grinste sie. „ich weiß nicht, was ich sagen soll ...“, meinte sie schüchtern und genau so war es auch. Aber wenn das wirklich wahr war, dann freute sie sich darüber. „Aber du weißt schon noch, dass du durch deine Prüfung gefallen bist, oder?“, fragte Seth und genoss ihr entsetztes Gesicht. „DIE Prüfung?!“, schrie sie erschrocken auf, „Durchgefallen?!“ Das durfte einfach nicht wahr sein, sie hatte soviel Arbeit damit gehabt, all die Sachen zu lernen und nun war sie nicht einmal mehr eine Priesterschülerin? „Natürlich!“, antwortete Seth verwundert, „das war doch der Sinn an der Sache!“ Sie konnte es nicht fassen. Was denn für ein Sinn? Alles, wofür sie gekämpft hatte, war zerstört. Seth blickte in ihr verzweifeltes Gesicht. „Du hast doch gesagt, du wolltest immer mit mir zusammen sein. Weder als Priesterschülerin noch als Priesterin wäre das jemals möglich gewesen.“ Entschuldigend blickte sie ihn an. Sie wollte verstehen, nicht ungerecht sein. Schließlich erklärte er ihr ja nur, woran sie sich nicht erinnern konnte. „Ich will auch mit dir zusammenbleiben“, meinte sie leise, „Ich wünschte nur, ich wüsste was war ...“ Seth nickte traurig. „Aber du musst dich doch an einen Tag wie den gestrigen erinnern können“, sagte er nachdenklich, „Erst unser Gespräch, als Atemu uns trennen wollte, deine Prüfung, die ich extra vorgezogen habe, um dich durchfallen zu lassen ... und du konntest ja auch wirklich gar nichts ...“, er lächelte leicht. „Dann unsere Verlobung vor dem versammelten Volk ... weißt du davon überhaupt nichts mehr?“ Er unterbrach sich mit einem tiefen Seufzen. „Ich habe ja gewusst, dass du einiges getrunken hattest, aber ...“ Schließlich sah er auf. „Aber an die Nacht kannst du dich doch noch erinnern, oder?!“ Die ganze Zeit über hatte sie ihm traurig zugehört, sie versuchte irgendetwas davon als ihre eigene Erinnerung wieder zu erkennen, doch sie war so weit davon entfernt, dass ihr die Tränen kamen. Der gestrige Abend musste total schön gewesen sein, doch sie wusste es nicht. Wenn sie nur nicht so viel getrunken hätte ... Sie sah erschrocken auf, blinzelte sich die Tränen weg. Die Nacht?!! „Wa-warum?“, fragte sie entgeistert und machte einen Satz zurück. Das konnte nicht sein ... „Du kannst doch nicht daran erinnern?“, fragte Seth erschüttert, „Dabei war das unsere erste Nacht ...“ Das konnte nicht wahr sein, dachte Mana verzweifelt und lief wieder hochrot an. „Ni-icht wirklich, oder?“, stieß sie leicht schrill hervor. Ihr erstes Mal und sie war so betrunken, dass sie sich nicht erinnerte?! Das musste ein Alptraum sein ... Sie kniff die Augen zusammen, schüttelte hoffnungslos den Kopf. „Ich kann mich an den Abend stückchenweise erinnern ...“, versuchte sie zu erklären, „Aber an die Nacht überhaupt nicht ...“ Sie schluchzte leise. „Es tut mir Leid ... Aber es war sicher sehr schön ...“ Es fiel ihr wirklich nicht leicht, das zuzugeben, aber was sollte sie sonst machen? Seth zog sie in seine Arme, hob ihren Kopf und küsste sie kurz. „Das war es“, bestätigte er ihre Vermutung. Für einem Moment lang überlegte er, ob er zu weit ging, doch bereits im nächsten Augenblick verwarf er diesen Gedanken wieder. Mana kam sich dumm vor, er konnte ihr alles erzählen und sie konnte nur nicken. Ihr erstes Mal. Sie rutschte nervös hin und her. Sie hatte geglaubt, das würde sovieles verändern ... Es musste am Alkohol liegen, dass sie nichts davon spürte. Schließlich fand sie ihr Lächeln wieder. „Dann bleiben wir jetzt für immer zusammen?“, fragte sie schüchtern. „Wo wir doch schon dem ganzen Volk unsere Verlobung verkündet haben“, antwortet er lächelnd, „Ja, davon gehe ich aus.“ Mana atmete auf. Wenn das so war, dann konnte sie damit leben, ihr erstes Mal mit Seth und ihr erstes Mal überhaupt nicht mitbekommen zu haben. Seth drückte sie an sich und grinste vor sich hin. Er konnte sich das Lachen kaum noch verkneifen, dieses ganze Gespräch war genau so abgelaufen, wie er es sich vorgestellt hatte, wenn nicht sogar noch besser. Verwirrt blinzelte Mana. Was war nur los? So lustig war die Sache nun auch nicht, oder? Gab es noch mehr an das sie sich nicht erinnern konnte? „Was hast du?“, fragte sie durcheinander, „Was grinst du so?“ Ohne Unterlass schaukelte er sie hin und her. „Soll ich dir mal etwas verraten?“, fragte er grinsend, „Etwas ganz intimes?!“ Erneut schoss die Röte in Manas Wangen. Sie wollte endlich den Grund erfahren, warum das eigenartige Lächeln sich nicht von seinem Gesicht wischen ließ. Und trotzdem. Wollte sie es wirklich genau erfahren? Schließlich nickte sie, leicht widerwillig, in der Hoffnung, die Überraschungen für diesen Tag endlich hinter sich zu haben. Er zog sie lächelnd dichter an sich heran. „Du bist noch Jungfrau“, hauchte er in ihr Ohr. Scharlachrot bohrte Mana ihren Kopf in seine Schulter, kniff ihre Augen zusammen. „W-w-wieso?“, quiekte sie kopfschüttelnd, „Und wo-woher?!“ Er lächelte. „Wir haben nicht miteinander geschlafen, letzte Nacht“, erklärte er, „Dazu wärst du zu betrunken gewesen.“ Leicht grinsend sah sie ihn an, versuchte ihre Unsicherheit und ihre Verwirrtheit zu überspielen. „Und woher willst du wissen, dass ich noch nie ...?“, sie stockte leicht, „Und warum erzählst du mir dann so etwas?!“ Ja, das war eindeutig die wichtigere Frage. Sicher, sie war betrunken gewesen und sie konnte sich nun auch an das meiste nicht mehr erinnern, aber trotzdem. Sie verstand es nicht. Das war doch total fies, so mit ihr zu spielen, er musste es schon geplant haben, sonst hätte er sich nicht nackt neben sie gelegt. Er blinzelte verträumt. „Niemand legt sich ungestraft mit mir an oder macht sich über mich lustig“, erklärte er sachlich. Auf ihr Gesicht legte sich ein Lächeln. Hatte sie das etwa getan?, überlegte sie belustigt, hatte sie des Priesters heilige Ehre beleidigt? Es war nur allzu deutlich, dass dieser Gedanke sie amüsierte. „Und nun weiß ich auch, dass du noch unberührt bist“, sagte er und wischte damit schlagartig ihr Lächeln wieder weg. Warum tat er das? Sie grummelte vernehmlich, drehte sich beleidigt und zickig weg. „Ja und?!“, fauchte sie. Seth schloss sie in seine Arme. „Niemand legt sich mit mir an“, wiederholte er sich. Leicht lächelnd kuschelte Mana sich an ihn und ließ das Thema vorerst auf sich beruhen. Sie kicherte leicht. „Wir sind verlobt!“, freute sie sich, unfähig zu glauben, dass dies alles wirklich wahr sein könnte, nie hätte sie auch nur gewagt davon zu träumen. „Schockiert dich das so?“, fragte der Priester und drückte sie fester an sich. Ja, sie waren verlobt. Und ja, es war alles sehr schnell gegangen, doch er bereute seine Entscheidung nicht. Noch nicht. Mana schüttelte entschieden den Kopf. „Nein, natürlich nicht!“, rief sie vergnügt und aufgeregt, stockte dann und sah ihn erschrocken an. „Aber das würde ja bedeuten ...“, setzte sie an. „Wenn du Pharao wirst ..“ Könnte es wahr sein? „Wenn ich Pharao werde, dann wirst du zur Prinzessin“; sagte Seth, der sofort verstanden hatte, was sie meinte, und blickte in Manas ehrfürchtiges und beeindrucktes Gesicht. „Die Aufstiegschancen in diesem Gewerbe sind enorm, nicht wahr?“, fragte er lächelnd. „Allerdings!“, pflichtete sie ihm bei. „Glaubst du denn, ich krieg das hin?“, fragte sie. Die Verantwortung, die sie dadurch bekommen würde, war alles andere als gering. Sie sollte dann an seiner Seite herrschen? Es war kaum zu glauben, vor einem Tag noch war es ihr Ziel gewesen, eines Tages Priesterin zu werden, nicht aber Königin. Seth setzte sich vernünftig auf sein Bett, sah sie nachdenklich an. In seinen Gedanken ging er den letzten Abend noch einmal genau durch. „Also ... an der Etikette wirst du noch zu arbeiten haben“, sagte er lächelnd, ehe er fortfuhr: „Du wirst lernen müssen, wie man sich in der Öffentlichkeit benimmt, was man tut und was man besser lässt. Schließlich wirst du ständig beobachtet werden, wenn du an meiner Seite bist.“ Verwirrung machte sich breit. Konnte sie sich denn nicht benehmen? Das klang alles so anstrengend. Fragend betrachtete Mana ihn. „Und wie soll ich das lernen?“ Sie wollte den Erwartungen unbedingt entsprechen, schließlich hatte er ihr vor versammeltem Volk sein absolutes Vertrauen zugesichert. „Ich weiß, du kannst dich benehmen, aber du darfst dich auch nicht verunsichern lassen ... und das muss man lernen, dass kann man nicht einfach.“ Er dachte ernsthaft darüber nach. „Am besten wäre es, du bekommst Unterricht“, schloss er und erntete damit alles andere als Begeisterung. „Waaas?“, entgegnete Mana erschrocken. „Warum das denn?!“ Kaum war sie keine Priesterschülerin mehr, sollte sie etwas anderes lernen? Nichts anderes hatte Seth erwartet. Er schüttelte den Kopf. „So etwas lernt man nicht von einem Tag auf den anderen“, versuchte er sie zu beschwichtigen, „Und ich kann dir nicht alles nebenbei erklären.“ Er konnte es wirklich nicht, selbst wenn er gewollt hätte. Seine Pflichten als Hohepriester waren äußerst zeitraubend, er musste Tag und Nacht bereit sein, sollte der Pharao nach ihm verlangen. „Muss das sein?!“, fragte Mana widerwillig und atmete tief durch. „Nein, es muss nicht sein“, antwortete der Priester etwas enttäuscht, „Aber wenn du die Gewohnheiten und Gepflogenheiten nicht kennst, dann fürchte ich, kann ich dich kaum irgendwo hin mitnehmen.“ Überrascht sah sie ihn an und nickte dann. Natürlich. Wie konnte sie nur vergessen? Sie sollte das nicht tun, um später in irgendeinem Tempel zu verschwinden, sondern um eventuell, sollte der zufall es so wollen, an Seths Seite als Königen zu regieren. „Entschuldige“, sagte sie leise und meinte es auch so wie sie es sagte. „Ich werde mir Mühe geben, alles zu lernen, ja?“ Wie zur Versöhnung drückte sie ihm einen kurzen Kuss auf die Lippen. Er nickte lächelnd. Welch ein Glück, dass ich sie nicht selbst unterrichten muss, dachte er still. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)