Sunset over Egypt von Sennyo (Even if tomorrow dies) ================================================================================ Kapitel 88: Fäden ----------------- Danke für eure Geduld und auch für euer Daumendrücken ^^ (Hats wer gemacht? XD) Ich habe am Montag meine Bachelorarbeit abgegeben und heute gibts wie versprochen wieder ein neues Kapitel ^^ Viel Spaß ^^ Kapitel 88 – Fäden Oh, wie ihn allein die Gedanken an das Kommende in Ekstase versetzten, ihn verzückten und die Aufregung in ihm fast ins Unermessliche steigen ließ, es war kaum begreifbar und erst recht nicht nachvollziehbar. Und doch genoss Cyrus jede einzelne Sekunde. Das ägyptische Volk war einem Angriff schutzlos ausgeliefert. Müde noch von der vergangenen Schlacht und sich dem Siege gewiss, konnte niemand damit rechnen, dass die Gefahr ihnen immer näher kam. Die Sonne war zwar erneut aufgegangen, doch sie brachte nur wenig Licht. Schwere Schwaden eines dichten Nebels verhinderten, dass der Hauch des Lebens den Boden erreichte. Cyrus hatte seine diebische Freude daran. Viel zu lange hatte er gewartet, zwar war er sich in all der Zeit stets bewusst gewesen, dass all die Warterei nur den Zweck gehabt hatte, im richtigen Moment zuschlagen zu können, doch er war es Leid geworden. Jetzt, da er endlich die Zügel in die Hand nehmen konnte – und es waren stramme Zügel, die er sich nun nicht mehr nehmen ließ – war er mit Feuer und Flamme dabei. Er konnte es kaum erwarten. Ungeduld zerfraß ihn. Sein Hass auf den Palast war grenzenlos. Das Land, das sie an sich gebunden hatte, weil ihr Bruder hier verschollen war. Das Land, in dem der Hohepriester lebte, der die Sklaverei über ihre Familie gebracht hatte. Das mächtigste Reich der Zeit. Es stand kurz vor dem Fall. Und nur er wusste es. Doch nicht mehr lange. Bald schon würden sie es verstehen. Er konnte sich das Lachen nicht verkneifen. Noch immer begleitete er die libyschen Truppen unter der Führung dieses tragisch gescheiterten Priesters, noch immer lenkte er aus dem Verborgenen ihre Wege, und sorgte dafür, dass ihnen eine Aura von Schrecken voraus ging. Die Stadtmauern kamen immer näher. Er konnte sie aus seiner hohen Position heraus bereits sehen und auch sie würden es schon sehr bald erkennen. Er würde dafür sorgen, dass sie angemessen empfangen werden konnten, wenn sie die Stadt schließlich erreichten. Die Magie der Nebel lag in seiner Hand. Und er war mehr als gewillt, sie einzusetzen. Niemand würde ihnen entkommen, dafür würde er sorgen. Und dann würde ihm der Triumph zukommen. Ihm ganz allein. „Gehen wir in den Garten?“ Ihre Frage riss ihn mit einer solchen Gewalt aus seinen Gedanken, dass es ihn selbst überraschte, wie weit er entfernt gewesen war von diesem Ort. Der Ort der Erinnerungen... Er hatte mit aller Macht versucht, sich auf das zu konzentrieren, was getan werden musste, und wider Erwarten schien es ihm auch gelungen zu sein – bis zu ihrer irritierenden Frage, die ihn wieder aus dem Konzept gerissen hatte. Gequält richtete er seinen Blick auf. Mana saß noch immer auf seinem Stuhl, doch die Schriftrollen beachtete sie in keinster Weise. Ungeöffnet lagen sie noch immer dort, wie sie wohl schon seit einigen Stunden gelegen. Etwas entgeistert blickte er sie an, seufzte schließlich, atmete noch einmal tief durch, eher er zur Antwort ansetzte. „Es tut mir Leid, ich habe jetzt keine Zeit“, sagte Seth und wiederholte damit die Worte, die er ihr bereits gesagt hatte, „Nachher gehen wir hinaus, in Ordnung?“ Wenn nur Adalia sich um sie kümmern würde, dann wäre ihm eine große Last abgenommen. Doch die Priesterin war nicht hier und jemandem anderes wollte er Mana nicht anvertrauen. Da blieb nur er selbst. Und er hatte keine Zeit. Er arbeitete jetzt schon für geraume Zeit, doch die Aufzeichnungen nahmen kein Ende. Kurz sah die Brünette ihn ernst an, senkte dann jedoch den Kopf, nickte leicht und murmelte eine Entschuldigung. „Ich halte dich nicht länger auf“, erklärte sie förmlich, legte schließlich ihre Hand unbeholfen auf sein Knie und strich kurz darüber, lächelnd. Er verfluchte sich selbst dafür, dass ihm ihre Berührung gefiel, dass alles in ihm nach mehr schrie. Diese Entwicklung war überhaupt nicht förderlich. Er hatte sie am Vorabend viel zu nahe an sich heran gelassen, viel näher als gut für sie war. Und er hasste sich dafür. Er bereute jedes Wort, das er zu viel gesagt hatte. Jedes einzelne. All das geschah nur, weil er es nicht geschafft hatte, sich zusammenzureißen. Immer wieder nur, weil er zu schwach war. Der Versuch, sich auf die Rolle in seinen Händen zu konzentrieren, scheiterte kläglich. Immer wieder wollte er aufschauen, zwang sich aber jedes Mal im letzten Moment noch dazu, es nicht zu tun. Es musste eine Folter für sie sein, doch er konnte es nicht ändern. Er wusste nicht wie er es anstellen sollte, ohne alles nur noch schlimmer zu machen. Als er die Schritte auf dem Gang vernahm, war es wie eine Erlösung, auf die er nicht mehr gehofft hatte. Der lang erwartete Klang, der endlich ertönte, um ihn aus der Apathie zu reißen. Adalia. Es konnte nur Adalia sein, die endlich kam um ihm die Aufgabe abzunehmen, Mana zu beschäftigen. Sie Aufgabe, die er ihr abgetragen hatte, bevor er in den Krieg gezogen war. Sie war diejenige, die am ehesten verstehen musste, was hier im Palast zurzeit los war. Die Schritte kamen näher, es klopfte an der Tür. Er hob den Kopf, als er Mana durch den Raum poltern sah, die Rolle, die sie gerade noch schuldbewusst hatte öffnen wollen, wurde achtlos beiseite geworfen. Leicht lächelnd schüttelte er den Kopf, stand er auf und hob das Pergament vom Boden wieder auf. Wenn Adalia erst da war, dann würde es klappen. Erleichterung durchströmte ihn. Mana öffnete die Tür voller Vorfreude. Adalia – „Kisara!“, rief seine Verlobte fröhlich aus und der Priester musste blinzeln. Er hatte fest mit Adalia gerechnet, die Anwesenheit der Weißhaarigen überraschte ihn über alle Maßen. Allerdings nicht unangenehm. Er fühlte sich durchaus erleichtert, die junge Frau zu sehen. Mana schien alles andere als überrascht zu sein, ganz im Gegenteil. Sie lief auf sie zu, hüpfte freudig vor ihr auf und ab und warf sich ihr dann förmlich in die Arme, die die andere etwas zögerlich um sie schloss. Nicht nur Seth wunderte sich über diese Vertrautheit, wie er ihn dem Blick der Blauäugigen erkennen konnte, die ihre Verwirrtheit jedoch gut genug überspielte, damit Mana es nicht sah. Ihn konnte sie nicht täuschen. „Freust du dich?“, fragte Kisara, die fast sofort auf Manas Spiel eingegangen war, ehe sich ihr Blick schließlich hob. Ihre Augen suchten nach Seth, schienen regelrecht nach Bestätigung zu rufen, und es schien eine Hoffnung in ihren Augen zu brennen, die sie noch nicht aufgegeben hatte. Seth betrachtete sie schweigend. Die beiden Frauen so zu sehen, die sich nie nahe gestanden hatten, war ein eigenartiges Gefühl. Es war nicht richtig. Es sollte nicht so sein. Dies war eine künstlich geschaffene Atmosphäre, die nur aufrecht erhalten werden konnte, solange man sie immer wieder stabilisierte. Sie hatte keine Natürlichkeit. Es gab keine Sicherheit. Die Schriftrolle, die Seth gerade aufgehoben hatte, legte er zur Seite – was bei Mana ein entzücktes Lächeln auf die Lippen zauberte – und trat näher. Mana grinste Kisara an, packte ihre Hand und zog die Weißhaarige in Seths Gemach, ohne auf dessen Zustimmung zu warten. Sie hüpfte aufgeregt zwischen beiden hin und her, strahlte übers ganze Gesicht. Es war beinahe niedlich, doch auch dieses Strahlen besaß keinerlei Natürlichkeit in Seths Augen. Fürs erste jedoch fiel seine Aufmerksamkeit auf Kisara, die fast schüchtern vor ihm stand und sich in ihrer Haut nicht so recht wohl zu fühlen schien. „Hast du sehr viel zu tun?“, fragte sie höflich und diskret, „Ich will nicht stören...“ Kisara senkte leicht den Blick, deutete auf diese Weise eine Verbeugung an. Die Förmlichkeit irritierte ihn ein wenig, doch er achtete nicht weiter darauf. Er nickte zustimmend. „Es ist erstaunlich viel, ja“, gab er zu, „Der Pharao scheint nicht bei der Sache zu sein...“ Er betrachtete sie einen Moment. Sie hatte nichts von ihrer Schönheit verloren. Sie war noch immer jung und attraktiv und mächtig, trotz des Standes, den das Leben für sie gewählt hatte. Sie hatte Einfluss. Und Mana schien ihr zu vertrauen. War es da nicht möglich... Er sah ihr in die Augen, wartete darauf, dass sein Blick sie gefesselt hielt. „Würdest du...“, setzte er an, machte dann aber eine kurze Pause und dachte kurz nach. Vielleicht war es zu viel verlangt, doch ihm fehlten die Alternativen. „Könntest du Mana in der Zwischenzeit beschäftigen?“, fragte er und sah nicht, wie der Glanz in ihren Augen durch seine Worte vollständig erlosch. Es war unglaublich interessant gewesen. Die Erfahrungen, die er mit der Priesterin gemacht hatte, waren eine unglaubliche Quelle von Erheiterung gewesen. Sie war im Nachteil gewesen, das musste er fairer Weise zugeben, und es war nicht einmal grundsätzlich sein Verdienst gewesen. Es nagte ein wenig an ihm, doch letztendlich war es auch nicht von Bedeutung. Bakura stand noch immer an der Stelle, an der er gestanden hatte, als Adalia gegangen war und schmunzelte vor sich hin. Es war einfacher gewesen, als er gedacht hatte. Die Priesterin hatte keine andere Wahl gehabt, als ihm zuzustimmen, das war ihm durchaus bewusst. Lässig drehte er eine Schriftrolle in seiner Hand. Natürlich hatte er zuvor eine genaue Kopie angefertigt, und die Originalrolle behalten. Wie hätte er dazu kommen sollen, einen solch eindeutigen Beweis einfach aus der Hand zu geben? Es gab ihm Handlungsfreiheit. Nicht nur, dass er dadurch besonders gute Verbindungen zum Palast bekam, es gab ihm auch Narrenfreiheit. Er konnte verlangen, was immer er wollte; wenn nicht erwünscht war, dass er die Informationen über Mana preisgab, mussten sie alle seine Forderungen erfüllen. Nahm es der Sache nicht den Reiz? Nein. Er hatte die ganze Nacht dafür genutzt, darüber nachzudenken, und war zu dem Schluss gekommen, dass er seine Möglichkeiten nutzen würde. Zu sehen, wie der Hohepriester vor ihm zitterte, war doch wirklich eine äußerst angenehme Vorstellung. Obwohl er dadurch vermutlich wieder die Wut der Priesterin auf sich zog. Es war fast niedlich, wie sehr sie ihn vergötterte, und wie blind sie war für all seine Dummheiten. Stiller Gehorsam nur um in seiner Gunst aufzusteigen... Es war naiv. Und genau das war der Grund, weswegen sie niemals gewinnen konnte. Sie würde immer an zweiter Stelle bleiben, das hatte sie nur noch nicht verstanden. Sie würde es schon noch verstehen. Und wenn sie erst ihre Aufgabe erfüllt hätte... nun, erst dann würde es wirklich beginnen. Das eigentliche Spiel zwischen ihnen. Es war so nahe. Sie würde ihn betrügen. Natürlich würde sie es tun. Er selbst würde es an ihrer Stelle tun. Und doch würde sie die Fäden ziehen, an denen das Schicksal hing. Deswegen hatte er sie gehen lassen mit dieser fadenscheinigen Aufgabe. Sie hatte Potential. Sie hatte Mut. Sie wagte es, für das zu kämpfen, was sie für richtig hielt. Sie wagte es, sich allen zu widersetzen. Selbst ihm. Nur Seth nicht, das war der eine Haken, der alles lenken würde. Er hatte es in ihren Augen gesehen in dem Moment, da sie erfahren hatte, dass das Kind der Prinzessin tot war. Er hatte es gewusst, ganz genau so wie er gewusst hatte, dass diese zwei anderen Priester niemals zu ihm zurückkehren würden. Sie waren feige, besessen zwar von ihren Ideen, doch sie spielten so schlecht, dass es sich nicht einmal lohnte, eine Herausforderung in ihnen zu sehen. Doch Adalia war anders. Sie würde ihm noch viel Freude bereiten. Er musste tatsächlich zugeben, er freute sich darauf, sie wiederzusehen, war mehr als gespannt auf die Entwicklungen, die Taten, die da kommen würden. Er hatte ihr diese eine Chance gegeben, die einzige, die sie bekommen konnte. Die eine Möglichkeit, seine Wünsche zu erfüllen, auch wenn sie noch immer glaubte, es wäre ihre eigene Intention. Vermutlich würde sie es irgendwann verstehen. Er hoffte es, wenn er ehrlich zu sich selbst war, und das war er immer. Sie war die eine Variable, die er frei bewegen konnte, ohne dass seine Handschrift darin zu erkennen war. Er lachte auf, als eine Reaktion seines Millenniumsgegenstandes ihn aufmerksam werden ließ. Die Magie, die er vorerst im Verborgenen gehalten hatte... Sein Millenniumsring sagte ihm, dass etwas geschehen würde. Ein weiterer Gegenstand war ganz nahe, kam mit zunehmender Bestimmtheit näher. Lässig ließ Bakura sich auf seinen Thron fallen, lehnte sich zurück und genoss die Stille. Die Stille, die unweigerlich auf einen Knall folgte und die Stille, die der Katastrophe den Weg ebnete. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)