Erster Schnee = Erster Kuss von Kimie_Yashi (Liebe braucht keine Worte {Shuu ღ Haruka} ~ 1. Platz beim Cover-WB) ================================================================================ Kapitel 4: Eine Nervensäge folgt der Nächsten… ---------------------------------------------- Kapitel 4: Eine Nervensäge folgt der Nächsten… Es war der Weihnachtsmorgen, und alle möglichen Leute rannten in diesen frühen Morgenstunden schon im Hause Safáia herum, um alles für die bevorstehende Weihnachtsfeier am Abend herzurichten. Na ja, eigentlich waren dies auch mehr die Angestellten und Senri, der zusammen mit ihnen in der großen Halle stand und jeden anwies, was wer wo wie genau hinzustellen hatte. Von all dem bekam Haruka allerdings reichlich wenig mit, denn sie lag noch immer in ihrem Bett und schlief friedlich. Doch ihr Schlaf sollte auch nicht mehr lange andauern… „Morgen, Schwesterherz! Kann ich mir deinen Laptop vielleicht für ein paar Stunden ausleihen?“, begrüßte Masato seine Schwester und kam ins Zimmer hineingestürmt, wodurch er die Schlafende aus ihren Träumen riss. Doch ehe Haruka antworten konnte, war ihr Bruder mit dem Gerät auch schon wieder verschwunden. Die junge Frau sah noch zu, wie er den Raum verließ und erhob sich seufzend nach wenigen Sekunden aus ihrem Bett. Das war mal wieder typisch für Masato! Er wusste genau, dass sie nichts dagegen hatte, wenn er sich ihren Laptop auslieh. Trotzdem musste er sie aus ihren Träumen reißen und nun… konnte und wollte sie auch nicht mehr schlafen. Sie konnte sich sehr gut vorstellen, dass Shuu ihn bestochen hatte, damit sie endlich aufstünde. Sollte sie herausfinden, dass dies wahr war, würde er den Weihnachtsabend nicht mehr erleben, dafür würde sie schon sorgen. Leicht verstimmt zog sie sich schließlich an und schlich, noch immer etwas verschlafen, hinüber ins Badezimmer, um sich zu waschen. Während sie so ihre Zähne putzte, fiel ihr auf, wie lustlos sie eigentlich war, und sie wusste auch nicht, was sie bis zum Abend tun sollte. Na gut, eigentlich ja nur bis zum späten Nachmittag, denn vor der Feier würde sie noch ein langes, entspannendes Bad nehmen und sich anschließend fertig machen müssen. Ein erneutes Seufzen entwich ihrer Kehle, als sie sich schließlich im Spiegel betrachtete und das Bad kurz darauf verließ. Als sie schließlich die Küche betrat, um sich ihr Frühstück zu holen, bemerkte sie sofort, dass sie nicht wie Einzige war, die offensichtlich später aufgestanden war. Gut, so spät war es jetzt auch nicht, immerhin zeigte die Uhr gerade einmal zehn an. Trotzdem war sie nicht allein, um in der Küche ihr Frühstück zu sich zu nehmen, denn auch Shuu saß noch dort und genoss einen heißen Kaffee. Mit einem Lächeln im Gesicht betrat Haruka leise die Küche. Er hatte sie noch nicht bemerkt, was auch kein Wunder war, schließlich saß er mit dem Rücken zu ihr. Auf Zehenspitzen schlich sie sich an. Sie hätte auch ganz normal laufen können, denn die Köche machten hinter der Theke genügend Lärm, um eventuelle Geräusche ihrerseits zu übertönen. Nach wenigen Augenblicken stand sie auch schon hinter ihm und er hatte sie noch immer nicht bemerkt. Mit einem schnellen Ruck ließ sie ihre Hände auf seine Schultern hinab, um ihn zu erschrecken. Doch plötzlich stand sie wie versteinert da. „Himmel, Haruka! Musst du mich so erschrecken?“, fragte Shuu, als er sich zu der Jüngeren herumdrehte. Doch sie hatte seine Worte gar nicht mitbekommen, denn etwas ganz anderes hatte in diesem Augenblick ihre volle Aufmerksamkeit. Als Shuu sich zu ihr herumdrehte, sah er wie sie mit einer Hand ihre Kehle berührte und schockiert dreinschaute. „Erde an Haruka! Bist du noch da? Guten Morgen!“, versuchte er sie mit seinen Worten wieder in die Wirklichkeit zurück zu holen, was ihm auch gelang. Kurz lächelte sie ihn an und lief anschließend in der Küche umher, um die benötigten Utensilien für ihr Frühstück zusammen zu suchen. Nachdem sie sich, zusammen mit einer Tasse heißem Tee und einem Toast mit Marmelade, zu ihm gesetzt hatte, schaute Shuu sie erwartungsvoll an. Doch die junge Frau mied seinen Blick und Trank einen Schluck ihres Tees. Aus heiterem Himmel begann Shuu plötzlich zu lachen: „Was ist los mit dir? Erst willst du mich erschrecken und dann nicht einmal mit mir reden?“ Der Grünäugige wusste genau, was mit ihr los war. Er hatte es ihr sofort an ihrem Gesichtsausdruck und ihrer Körpersprache ablesen können. Dennoch bereitete es ihm große Freude, sie damit aufzuziehen und ihr sein Wissen nicht mitzuteilen. Doch Haruka fand das Ganze überhaupt nicht lustig, denn sie kannte Shuu inzwischen gut genug, um zu wissen, dass er schon Bescheid wusste. Mit wütenden Augen funkelte sie ihn an, während sie erneut einen Schluck des Getränks zu sich nahm. Ihr Gegenüber schien jetzt allerdings erst richtig in Fahrt zu kommen: „Och… kann die kleine Haruka etwa nicht sprechen? Du Arme!“ Shuu sprach mit ihr, als wäre sie noch ein kleines Kind, was sie nur noch mehr in Rage brachte. Wenn sie könnte, dann würde sie ihn in diesem Moment richtig anschreien, doch zu seinem Glück musste sie auf dies verzichten. „Hey, sieh es positiv! Immerhin bleibt uns allen und vor allem mir dein Gebrüll erspart. Ach, das wird ein erholsamer Tag!“ Was Haruka an Shuus Worten positiv sehen sollte, wusste sie nicht. Aber nur weil sie kein Wort über ihre Lippen bringen konnte, hieß das noch lange nicht, dass sie sich nicht gegen ihn verteidigen konnte. „Hoffentlich hält das noch etwas länger an, diese Stille ist wirklich sehr entspannend“, meinte er grinsend und lehnte sich in seinem Stuhl zurück, die Hände hinterm Kopf verschränkt. Doch das war zu viel für Haruka gewesen. Wütend erhob sie sich von ihrem Sitzplatz und ging auf Shuu zu, der ihren Weg mit einem immer breiter werdenden Grinsen verfolgte. Er war gespannt darauf, was sie nun tun würde, denn sie konnte ja keinen Laut von sich geben. Doch um dem jungen Mann eins auszuwischen brauchte die Blauäugige ihre Stimme nicht. Den Blickkontakt aufrecht erhaltend nahm sie sich seine Kaffeetasse und schüttete ihm den Inhalt über den Kopf. „Vielen Dank… ich hatte zwar schon geduscht, aber wenn du meinst ich müsste noch einmal drunter, bitte!“, nahm er ihre Aktion locker, erhob sich vom seinem Stuhl und verließ die Küche, um sich kurz unter die Dusche zu stellen; das zweite Mal an diesem Morgen. Doch lange wollte er nicht unter dem warmen Wasser stehen bleiben, sondern lediglich den Kaffee von sich waschen. Aus diesem Grund dauerte es auch nicht lange, bis er wieder aus dem Badezimmer trat, mit lediglich einem Handtuch um die Hüften. Dummerweise hatte er vergessen sich neue Kleidung mit ins Bad zu nehmen, aber sein Zimmer lag ja nur auf der gegenüberliegenden Seite des Flures. Also ging er einfach schnell hinüber und zog sich etwas an. Doch kaum hatte er seine Hose an und das Shirt in der Hand, klopfte es auch schon an der Tür. Verwundert darüber, wer es wohl sein könnte, begab sich Shuu zu dieser, um sie zu öffnen. „Hi, Shuu! Hast du vielleicht Haruka gesehen?“, erkundigte sich Ray bei dem jungen Mann, als ihm auffiel, dass er gerade dabei war, sich anzuziehen, „Warum ziehst du dich denn um? … Und warum hast du noch mal geduscht? Deine Haare waren vor einigen Stunden schon nass…“ „Das frage mal lieber deine Schwester! Die war nämlich der Meinung, dass ich noch ne Dusche bräuchte und hat mir meinen Kaffee über den Kopf gegossen“, antwortete ihm der 19-Jährige grinsend. Die Vorstellung allein brachte Ray schon zum Lachen und er ärgerte sich, dass er nicht dabei gewesen war. Doch so wirklich klang das nicht nach seiner kleinen Schwester. Zumindest würde sie so etwas nie ohne triftigen Grund tun: „Einfach so? Oder hast du sie so wütend gemacht, denn das ist sonst eigentlich nicht ihre Art.“ „Nein, nein. Ich bin schon selbst Schuld, aber das war es mir wert. Ich habe sie ziemlich geärgert, weil sie heiser ist und sich deswegen nicht mit Worten wehren kann. Und als Fazit daraus hat sie mir eine Kaffeedusche spendiert. Aber Koffein soll ja gesund für die Haare sein…“, erzählte Shuu ihm lachend, doch seinem Gesprächspartner war das Lachen vergangen. Er sah sogar recht wütend aus und murmelte etwas von: „Das darf doch nicht wahr sein!“ Sofort war Ray aus Shuus Zimmer verschwunden und begab sich wütend auf die Suche nach seiner Schwester. Shuu konnte sich nicht vorstellen, was auf einmal in den Älteren gefahren war oder warum er plötzlich so wütend war. Schnell zog er sich sein Shirt über und folgte Ray die Treppe hinunter, zurück in die Küche, da der Blauäugige sie offensichtlich noch immer dort vermutete. Und er hatte Recht, denn Haruka hatte ihr Frühstück noch nicht beendet und saß noch immer auf ihrem Platz mit Toast und Tee. Sie erschrak ganz schön, als ihr Bruder auf einmal mit zornigem Gesicht hereingestürmt kam und damit begann sie anzuschreien: „Was soll das, Haruka? Warum sagst du mir nicht, dass du heiser bist? Das ist jetzt schon das dritte Mal in diesem Monat, mal abgesehen von den ganzen Hustenanfällen, die du irgendwann immer wie aus dem Nichts bekommst.“ Mit einem schlechten Gewissen senkte sie ihren Blick wieder und schaute in ihre Tasse hinein. Inzwischen war auch Shuu in den Raum getreten und er hatte dank Rays Lautstärke auch jedes einzelne Wort verstanden. „Was? Diese Anfälle hast du schon öfter gehabt?“, fragte er geschockt nach, überhaupt nicht darauf achtend, dass er sich soeben verplappert hatte. „Wie meinst du das, Shuu? Woher weißt du denn davon?“, fragte Ray nun verwundert den junge Mann hinter sich. Denn nach Rays Wissensstand her, konnte Shuu nichts von diesen mitbekommen haben, da ihr letzter ‚Anfall’ vor seiner Ankunft war. Jetzt erst realisierte der Grünäugige seine eben gesagten Worte, doch es kümmerte ihn nun kein bissen mehr, dass er sein Versprechen Haruka gegenüber brach, wenn er Ray jetzt davon erzählte: „Vor vier Tagen, am Mittwoch, hatte sie während der Schulfeier auch einen dieser Hustanfälle… und am Dienstag auch schon!“ „Und das sagst du mir nicht?“, schrie Ray die 18-Jährige erneut an, was sie zusammenzucken ließ. Er machte sich Sorgen um sie. Er machte sich große Sorgen um seine Schwester und wollte nur ihr Bestes. Und sie weigerte sich auch noch, ihm so etwas Wichtiges zu sagen. Er konnte beim besten Willen nicht verstehen, warum sie solche Angst davor, hatte mit ihm darüber zu sprechen. „Los, zieh dir etwas drüber und geh zum Arzt! Ich rufe in der Zwischenzeit bei Doktor Yoshko an, ich bin mir sicher, dass er dich auch an einem Feiertag untersuchen wird“, wies der 23-Jährige seine Schwester an, sich zu erheben. Doch Haruka weigerte sich und schüttelte nur wütend mit dem Kopf. Sie wusste, dass er sie nicht zwingen konnte, schließlich konnte er selbst heute das Haus wegen so etwas nicht verlassen, dafür musste er einfach noch zu viel vorbereiten. Leider täuschte sie sich was das anging… „Entweder du gehst freiwillig zum Arzt oder ich bringe dich dorthin! Los, geh dich anziehen!“, brüllte er sie immer wütender an. Widerwillig gab Haruka nach und erhob sich von ihrem Stuhl, um in ihr Zimmer zu gehen und sich sowohl Schuhe als auch einen Mantel mit Stirnband und Schal zu holen. „Tut mir leid, dass ich dir nichts gesagt habe, Ray! Haruka wollte es nicht und ich hatte ihr eigentlich versprochen, nichts zu sagen, obwohl mir das Ganze ziemlich seltsam vorkam… aber ich wusste nicht, dass es schon so oft vorgekommen ist“, entschuldigte sich Shuu mit schlechtem Gewissen. Ray hingegen seufzte nur und setzte sich auf den Stuhl vor sich: „Es ist nicht deine Schuld, Shuu! … Ich verstehe nur einfach nicht, warum sie es mir nicht erzählen will. Warum nicht einmal mir? Dass sie es Mam und Dad nicht sagen will… okay und Masato vertraut sie solche Dinge ohnehin nicht an. Weißt du… seit sie ein kleines Kind war, ist sie immer als allererstes zu mir gekommen und hat mir alles anvertraut. Wir hatten nie Geheimnisse voreinander… aber seit die Sache mit ihrem Husten angefangen hat…“ „Würde es dir vielleicht etwas ausmachen, wenn ich sie begleiten würde? Dann könntest du hier bei der Vorbereitung helfen und es wäre sicher, dass sie auch zum Arzt geht“, bat Shuu ihn darum seine Schwester begleiten zu dürfen, was Ray ihm auch sehr gerne erlaubte. So schnappte sich Ray schnell das Telefon und rief bei ihrem Hausarzt an, der direkt über seiner Praxis wohnte. Der junge Mann erklärte ihm die Sachlage und alles, was er schon über Harukas Symptome wusste. In der Zwischenzeit war Haruka auch schon wieder hinunter gekommen und war bereit zum Aufbruch. Kurz nickte Ray den beiden Jüngeren zu und deutete ihnen an, dass sie sich schon auf den Weg machen konnten, während er das Gespräch noch fortsetzte. Ihr Weg zur nahe gelegenen Praxis verlief schweigsam. Shuu wusste, dass Haruka nicht sprechen konnte, aber es verletzte ihn schon ein wenig, dass sie sich sogar weigerte, ihn anzuschauen. Er konnte gut verstehen, dass sie nun wütend auf ihn war, weil er sein Versprechen gebrochen hatte. Doch er hatte sich entscheiden müssen. Für das Versprechen, das er ihr gegeben hatte, oder ihre Gesundheit. Und in diesem Moment war ihm die Entscheidung nicht schwer gefallen. Lieber wollte er es in Kauf nehmen, dass sie wütend auf ihn war, als dass diese Anfälle noch zu einer ernsten Gefahr für sie werden würden. „Du wusstest, dass Ray dich zum Arzt schicken würde und deswegen wolltest du nicht, dass ich irgendjemandem davon erzähle, nicht wahr?“, versuchte er ein Gespräch mit ihr zu beginnen, doch sie zeigte auf seine Worte hin keinerlei Reaktion. „Hör zu, Haruka! Ich weiß, ich hatte versprochen, keinem davon zu erzählen, aber… als ich von Ray gehört hatte, dass es schon öfters passiert ist und anscheinend auch immer wiederkommt, ist es mir einfach so herausgerutscht. Ich kann verstehen, dass du jetzt wütend auf mich bist, aber…“ „Wütend ist noch gar kein Ausdruck“, brachte Haruka irgendwie krächzend hervor. Doch Shuu verstand ihre Worte sehr gut, auch wenn er überrascht war, dass sie überhaupt etwas über ihre Lippen brachte. „Ich will doch nur dein Bestes, genauso wie Ray. Er macht sich wirklich sehr große Sorgen um dich und das nicht nur, weil du diese Anfälle hast,… sondern auch weil du ihm nichts davon erzählst, obwohl du das, laut ihm, früher immer getan hast“, redete er auf sie ein, doch sie blieb stur und stellte auf Durchzug. Sie benahm sich wie ein kleines Kind. Ein kleines Kind, das nicht zum Arzt wollte, weswegen auch immer… „Hast du Angst, zum Arzt zu gehen? Oder wovor fürchtest du dich?“, wollte Shuu nun von ihr wissen. Denn wenn sie sich schon wie ein Kind benahm, könnte es auch genauso gut sein, dass sie sich wie Kinder vor einem Arztbesuch fürchtete. Seine Worte ließen sie schwer schlucken und sie wandte ihren Kopf noch weiter von ihm ab. Zwar antwortete sie ihm nicht, doch nun wusste Shuu zumindest, was der Grund war, und irgendwie fand er es nun etwas niedlich. „Wie süß, klein Haruka hat Angst vor dem Onkel Doktor…“, begann er wieder damit sie aufzuziehen. Doch schnell bemerkte er, dass er damit etwas zu weit gegangen war und sie sich wirklich fürchtete. Noch immer den Kopf von ihm abgewandt, strich sie sich mit ihrer rechten Hand einmal kurz übers Gesicht. „Weint sie etwa? Aber warum? Habe ich sie damit wirklich so sehr verletzt?“, fragte sich Shuu in Gedanken und wollte es auch gleich wieder gut machen. Lächelnd, nicht grinsend, ergriff er ihre linke Hand, was sie etwas aufschrecken ließ. „Du brauchst keine Angst zu haben, okay? Ich bin mir sicher, dass es nichts Schlimmes ist. Wir gehen jetzt da hinein, du lässt dich untersuchen und Medizin verschreiben. Und ehe du dich versiehst, sind wir schon wieder auf dem Rückweg, alles klar?“, versuchte er ihr Mut zuzusprechen, als sie vor dem Eingang standen. Etwas zögernd folgte Haruka ihrem Begleiter hinein. „Hallo Haruka, schön dich zu sehen… auch wenn die Umstände nicht so erfreulich sind“, begrüßte der Doktor das junge Mädchen und geleitete die beiden jungen Erwachsenen in sein Behandlungszimmer. Widerwillig ließ sich Haruka von Shuu in das Zimmer bringen. Am Liebsten wäre sie wieder umgekehrt und verschwunden, was ihr allerdings dank des jungen Mannes nicht möglich war. „Setz dich doch bitte hierher!“, forderte er sie schließlich auf, auf dem Patientenstuhl Platz zu nehmen, während er Shuu einen normalen Stuhl anbot, „Bitte, setzen Sie sich doch auch! … Sind Sie Harukas Freund?“ „Was? Ähm… nein! Mein Name ist Shuu Kataya und ich komme aus LaRousse. Ich bin nur zu Besuch und da Ray noch so viel zu tun hat, habe ich ihm angeboten, mit Haruka hierher zu kommen“, erzählte Shuu seine Beziehung zu der Blauäugigen. Lächelnd nickte der noch recht junge Arzt ihm zu und wandte sich anschließend an die 18-Jährige, da er nun mit der Untersuchung beginnen wollte. „Hm… also so kann ich nichts Ungewöhnliches feststellen, und auch das Abtasten deines Halses hat nichts Eindeutiges ergeben…“, äußerte sich Herr Yoshko nachdenklich. „Und was bedeutet das nun?“, wollte Shuu neugierig wissen, ebenso wie Haruka, die aber verständlicherweise keinen Mucks herausbrachte. Mit einem leichten Schubs rollte der Gefragte mit seinem Drehstuhl zurück und drehte sich zu seinem Schreibtisch um, auf dem sich diverse Unterlagen befanden. Auf einem der Zettel trug er schließlich etwas ein, unterschrieb und reichte das Klappbrett zusammen mit seinem Kugelschreiber an Haruka. „Ich würde gerne eine so genannte direkte Kehlkopfspiegelung bei dir durchführen, um ganz sicher zu sein, dass es auch wirklich nichts Ernstes ist. Allerdings brauche ich dafür dein Einverständnis! Das Ganze wird so aussehen, dass du eine Narkose bekommst und ich mir mit Hilfe eines Endoskops deinen Hals von innen anschaue und einige Gewebeproben entnehme. Du brauchst aber keine Angst haben, das ist vollkommen harmlos“, erläuterte ihr Arzt sein weiteres Vorhaben. In Gedanken versunken starrte die Blauäugige auf den Zettel und wusste einfach nicht, ob sie dem zustimmen sollte oder nicht. Auch wenn er ihr versicherte, dass es harmlos wäre, so war sie sich dennoch nicht sicher und hatte so ihre Zweifel. Aus den Augenwinkeln heraus sah sie zu ihrem Begleiter hinüber, der sie allerdings nur ermutigend und wartend anlächelte. Er wollte wohl von ihr, dass sie zustimmte. Doch so einfach war das nicht, denn sie hatte sehr große Angst. Nicht nur vor dem eventuellen Ergebnis, sondern auch vor dem Narkosemittel, das in ihren Körper eingreifen würde… Noch einmal schaute sie zu Shuu hinüber, doch sein Anblick veränderte sich für sie nicht. Er schien sich sicher zu sein, dass alles gut werden würde und sie keine Angst zu haben bräuchte… Noch immer etwas zögernd nahm Haruka schließlich den Stift und unterzeichnete die Unterlagen. „Sehr schön! Ich gehe mal davon aus, dass du heute schon etwas gegessen oder getrunken hast, nicht?“, erfragte Herr Yoshko, woraufhin er von der Angesprochenen ein leichtes Nicken als Antwort erhielt, „Nun gut, dann können wir vor morgen nichts machen. Du darfst zwölf Stunden vor der Narkose keine Nahrungsmittel oder Flüssigkeiten zu dir nehmen, damit dein Magen vollkommen geleert ist und während der Narkose nichts in deine Luftröhre gelangt. Sorg auf jeden Fall dafür, dass dich jemand begleitet, den du kennst und dem du vertraust. Es ist immer beruhigend für den Patienten, wenn er nach dem Aufwachen das Gesicht eines vertrauten Menschen sieht. Nach dem Eingriff wirst du dich erst einmal sehr müde fühlen und am Besten legst du dich zu Hause noch etwas hin. Tu nichts, das dich zu sehr anstrengt! Und zwei Stunden danach darfst du auch wieder etwas essen, trinken schon nach dem Aufwachen… ähm… habe ich noch etwas vergessen? Hm… ach ja! Am Besten kommst du morgen Früh so um zehn Uhr wieder hierher… oder sagen wir lieber um Zwölf, dann kannst du heute bis etwa Mitternacht feiern, okay?“ „Okay“, antwortete Haruka mit leiser Stimme. „Ich gehe auch davon aus, dass, wenn du deine Stimme in den nächsten zwei Tagen schonst und so wenig wie möglich sprichst, du dann auch in der Lage sein wirst, am Dienstagabend euer Stück aufzuführen.“ Wieder erhielt er ein Nicken als Antwort und Haruka erhob sich anschließend von dem Patientensessel. Die beiden wurden daraufhin noch bis zur Tür begleitet und verabschiedet, bevor sie sich anschließend auf den Heimweg machten. Kaum waren die beiden jungen Erwachsenen auf dem Safáia Anwesen angekommen, stürmte ihnen am Eingang auch gleich schon Ray entgegen, der sie entweder gesehen oder auf sie gewartete haben musste. Doch viel erklären brauchten sie ihm nicht, denn er schien schon mit Herr Yoshko gesprochen zu haben. Seit sie nun wieder zu Hause angekommen war, saß Haruka in ihrem Zimmer. Die Tür hatte sie verschlossen und sie hörte sich immer und immer wieder das selbe Lied an. Gedankenversunken saß sie auf ihrer Fensterbank und blickte hinaus in die Ferne. Inzwischen hatte sie jegliches Zeitgefühl verloren, doch dies interessierte sie nicht im Geringsten. Andernfalls hätte sie auch einfach auf die Uhr schauen können. Wenn ich dir sagte, eine Schönheit wie dich, findet sich im ganzen Universum nicht… Auf einmal vernahm die junge Frau ein Klopfen an der Tür, doch sie kümmerte sich nicht weiter darum. Wer auch immer es war, er sollte sie einfach in Frieden lassen! „Haruka, mach bitte die Tür auf!“, erklang Shuus Stimme hinter der Holztür. Widerwillig entschloss sich Haruka irgendwann doch dazu, ihm die Tür zu öffnen. Doch kaum hatte sie die Tür entriegelt und die Klinke kurz hinunter gedrückt, um sie einen Spalt weit zu öffnen, ging sie wieder wortlos zurück zur Fensterbank. „Na? Wie geht es dir?“, wollte er von ihr erfahren, doch Haruka schenkte ihm keine Beachtung. Shuu hatte mit solch einer Reaktion schon gerechnet. Grinsend verschränkte er die Arme vor der Brust und lehnte sich, cool wie immer, gegen die nun wieder geschlossene Tür. … wäre dieses Kompliment nichts im Vergleich zur Wirklichkeit. „Musst du mich jetzt ausgerechnet mit deiner Musik nerven? Eigentlich dachte ich, dass ich jetzt endlich einmal Ruhe vor dir haben würde, wo du keinen Mucks herausbringen kannst. Aber nein! Die Dame muss sich ja vier Stunden am Stück immer und immer wieder den selben Song anhören…“ Aus wütenden Augen funkelte Haruka ihn an und erhob sich anschließend von ihrem Sitzplatz, um von ihrem Schreibtisch Block und Stift zu holen. Mit diesen Utensilien verfasste sie eine Nachricht für ihn, drückte ihm den Block in die Hände und ging zu ihrem Bett. „Bist du nur gekommen, um mich zu ärgern? Wenn ja, dann verschwinde wieder und lass mich in Frieden! Außerdem ist es meine Sache, was ich höre oder nicht!“, las der Grünäugige die Nachricht vor und blickte anschließend von der Notiz zu dem Mädchen hinüber, „Also eigentlich hat Ray mich geschickt, um dir zu sagen, dass du dich fertig machen sollst. Keine Ahnung, warum ich jetzt schon zu dir sollte, denn die Feier beginnt ja erst in zwei Stunden. Aber so wie ich dich einschätze, bist du der Typ Mädchen, der schon Stunden vorher vor dem Spiegel steht und sich fragt, was er anziehen und wie er sich schminken soll etc. … hab ich nicht Recht?“ Genervt verdrehte die Angesprochene ihre Augen und erhob sich wieder von ihrem Bett, um in Richtung Tür zu gehen, als sie noch einmal von Shuu aufgehalten wurde: „Moment! Wie lange hast du bitte vor das Bad zu blockieren?“ Schnaufend wandte sie sich zu ihm herum, nahm ihm den Notizzettel aus der Hand und schrieb erneute etwas darauf. Doch dieses Mal blieb sie vor ihm stehen und wartete auf seine Antwort. „Um deine ‚Erwartungen’ zu erfüllen, werde ich jetzt erst einmal ein schönes, langes Bad nehmen und mich anschließend in aller Ruhe anziehen und frisieren. Erwarte also nicht, dass du vor Beginn der Feier noch einmal ins Badezimmer kommst! Na meinetwegen, dann weiß ich jetzt zumindest, dass ich nicht endlos vor der Tür darauf warten muss, dass du endlich mal herauskommst!“, kommentierte er noch immer grinsend und als er sah wie Haruka sich wieder von ihm entfernen wollte, fügte er noch hinzu, „Ach übrigens, du schuldest mir noch einen Tanz!“ Erschrocken blieb Haruka stehen und schaute den Grünäugigen, nachdem sie sich wieder beruhigt hatte, verwirrt an. Doch mehr wollte Shuu ihr nicht sagen und verließ somit, vor Haruka selbst, das Zimmer. Noch immer irritiert folgte sie ihm schließlich hinaus, nachdem sie noch kurz ihre Anlage abgeschaltet hatte, und begab sich anschließend ins Bad, um sich fertig zu machen. Doch lange blieb das Zimmer nicht unbetreten, denn nach einigen Minuten trat erneut eine Person in dieses ein. Die Person verließ das Zimmer aber nach wenigen Augenblicken wieder, nachdem sie den Gegenstand an sich gebracht hatte, den sie gesucht hatte. Die Weihnachtsfeier war schon in vollem Gange und auch Shuu befand sich schon seit längerer Zeit auf dieser, zusammen mit seiner Familie, Herrn und Frau Safáia und Masato. Doch von den älteren Geschwistern fehlte jede Spur, was Shuu doch etwas stutzig machte. Natürlich konnte es gut möglich sein, dass Haruka noch immer nicht fertig war, diese Möglichkeit wollte Shuu keinesfalls ausschließen, aber dann hätte er zumindest Ray bei der Begrüßung der Gäste sehen müssen. Vor etwa einer halben Stunde hatte er Kanata und Keru getroffen. Doch nach einer kurzen Begrüßung waren auch die beiden irgendwohin verschwunden und er wusste nicht wohin. Gelangweilt hielt der junge Mann zusammen mit seiner jüngsten Schwester Ausschau nach seinen Freunden, doch Fehlanzeige, sie schienen alle wie vom Erdboden verschluckt zu sein. „Verdammt! Das darf doch jetzt nicht wahr sein, warum ist der denn auch wieder eingeladen worden?“ In Shuu begann plötzlich wieder eine unbändige Wut aufzusteigen, als er sah, wer da gerade zusammen mit seinen Eltern die riesige Halle betreten hatte. „Wo ist bloß Haruka? … Egal, wenn ich auf ihn aufpasse, dann kann ich auch so dafür sorgen, dass ihr nichts geschieht“, dachte sich der 19-Jährige und folgte, soweit es unauffällig ging, diesem Gast, während Aiko zu ihrer Familie zurückging. Plötzlich ging das Licht aus und eine spieluhrartige Musik erklang, zu der eine Frau mit hoher Stimme sang. Scheinwerferlicht schaltete sich ein und erleuchtete den Boden vor der großen Treppe, vor der ein bestimmter Bereich markiert worden war, den man nicht betreten sollte. Zwar wusste noch immer niemand warum, aber die Erklärung würde sicherlich gleich folgen. Dann wanderten die Lichter hinauf zur Decke und erleuchteten eine Gestalt, die dort oben auf einem Sessel stand und langsam herabgelassen wurde, wobei die Lichter ihr folgten. Sofort brachen die Gäste in Applaus aus, das allerdings nach kurzer Zeit wieder verklang und die Person begann, zur Musik zu singen. „Liebes Publikum, hört, was geschehen kann. Wer sein Herz vergibt, vergibt manchmal auch sein Leben. Aber wenn einer so innig liebt, kann er dann wirklich sterben? Kommt und hört mir heute zu!“ Es war Ray, der offensichtlich etwas vorführen wollte… Lässig sprang er von dem Sessel hinunter, als dessen Beine den Boden berührten und sang weiter, während die Sitzgelegenheit wieder schnell hinaufgezogen wurde. Jetzt wusste er zumindest, was der Ältere den ganzen Tag vorzubereiten hatte und weswegen wahrscheinlich auch Haruka und ihre beiden Freunde Kanata und Keru sich noch nicht haben blicken lassen. Um Ray herum befanden sich ziemlich viele Tänzerinnen und Tänzer, die sich allerdings alle nur in dem markierten Bereich befanden. Jetzt konnte sich jeder auch erklären, weshalb dieser Teil der Festhalle nicht genutzt werden durfte. „Die Geschichte erzählt von einem Jüngling, der im Stillen verrückt nach einer Schönen war. Sie war so wunderschön, dass sie für ihre Schönheit in der ganzen Welt berühmt war. Dies ist die Geschichte dieser beiden. Sie heißt 'Flammende Liebe'.“ Plötzlich tauchte währenddessen Haruka auf und winkte den einzelnen Gästen zu, als ob sie ein großer Filmstar wäre. Und was dieses riesige Plakat, das im Hintergrund heruntergelassen wurde, zu bedeuten hatte, darauf konnte sich Shuu auch keinen Reim machen. Aber wahrscheinlich sollte es genau das bedeuten. „Hm… seltsam… von ihren Bewegungen her würde ich sagen, dass das gar nicht Haruka ist… aber es ist ihr Gesicht. Egal, sie sieht in dem Kleid wirklich wunderschön aus“, dachte sich Shuu erst verwundert, dann verträumt und beobachtete weiterhin das Schauspiel. Gerade in dem Moment ging es weiter und zum Vorschein kamen erneut Haruka und Ray, dieses Mal trug sie allerdings ein anderes, rosafarbenes Kleid, während Ray sich einfach nur wieder das Jackett drüber gezogen hatte, das er ganz am Anfang schon getragen hatte. „Des Jünglings einziger Wunsch, seine einige Sehnsucht war, die Schöne zu treffen und mit ihr die Farben der Liebe zu erleben. Er wusste nicht, wie naiv das war. Doch was weiß die Wüste vom Meer? Warum war das so? Was war der Grund? Davon erzählt diese Geschichte.“ Die beiden tanzten als Paar unter vielen, wobei jeder, der keine Hauptfigur war, anscheinend eine Maske trug, damit die Zuschauer ihre Aufmerksamkeit dem wichtigen Geschehen ohne Probleme folgen konnten. Mit einmal Mal wurde es wieder vollkommen dunkel, doch nicht für lange, denn eine erneute Szene spielte sich nun ab. Während Ray dort stand und auch nur diese Ecke erleuchtet war, wurde ein rollender Kasten hinter ihn geschoben, in dessen Inneren man einen Raum sehen konnte. In diesem Zimmer befanden sich Haruka und ein Mann… Keru, die gemeinsam passend zu Rays Gesang spielten, wobei die Blauäugige erneut ein anderes Gewand trug. „Die Geschichte erzählt von einer anmutigen Schönheit, die ihr Herz bereits vergeben hatte. Doch der Jüngling war ahnungslos. Und so musste sein Traum irgendwann böse enden. Diese Geschichte von Träumen, die zerplatzten, sie heißt 'Flammende Liebe'.“ Nun wurde es wieder dunkel und die Aufmerksamkeit lag auf den nicht zu identifizierenden Tanzpaaren, während alle, sogar Ray, der bis gerade eben noch auf der Treppe gesessen hatte, verschwunden waren. „Das kann doch nicht sein? Wie kann sich Haruka bitte innerhalb so kurzer Zeit so schnell umziehen? Und ihre Haare sehen auch immer aufwendig gemacht aus. Selbst wenn es Perücken sind, kann sie sich trotzdem nicht in fünf Sekunden komplett umgezogen haben…“, ging es Shuu durch den Kopf, der durch diese Tatsache vollkommen verwirrt war, denn jedes dieser spielenden Frauen hatte Harukas Gesicht, womit sie es sein müsste. Doch etwas ganz anderes fand Shuu auch noch seltsam. Bei der ersten ‚Haruka’, hatte er irgendwie nicht das Gefühl, dass sie es war und bei der Dritten in dem fahrenden Raum auch nicht. Bei der Zweiten hingegen schon! Was hatte das nur zu bedeuten? „Liebes Publikum, hört, was passieren kann. So sehr man lacht, so sehr kann man auch weinen. So wahnsinnig sie ihn liebte, so sehr wurde sie betrogen. Kommt und hört mir heute zu. Die Geschichte erzählt von einer unschuldigen Schönen, deren Geliebter in Wirklichkeit ein Schwindler war. Nachdem sie ihm ihr Herz geschenkt, fand sie eines Tages durch die Hand des Untreuen den Tod. Diese Geschichte voller Leid, sie heißt 'Flammende Liebe'.“ Mit einem glücklichen Lächeln war Haruka, in einem schwarzen Kleid, die Treppe hinuntergeeilt und wurde von Keru wie eine Braut auf den Arm genommen und herumgewirbelt. Doch plötzlich ließ er sie wieder auf den Boden und ging eher wütend als glücklich mit ihr um und stieß sie auf die Treppe, wobei gleichzeitig an dessen Geländer Feuer aufging. Natürlich war es keine echten Flammen, sondern nur Stoffe, die mit Hilfe von rötlichem Licht und Windmaschinen das Feuer darstellen sollten. Anschließend ging Keru von ihr weg und zwei Eisentore wurden zwischen den beiden aufgestellt, wobei das eine ein Fenster besaß. An diesem stand auch kurz darauf Haruka und spielte die verängstige, flehende Frau, die eingeschlossen war. Doch Keru kümmerte es nicht und er verschwand einfach wieder. „Ein Mörder begreift jedoch nicht, dass so ein Verbrechen nie verjährt. Wie ein Mal, das nie vergeht, klebt das Blut an seinen Händen. Als die Schöne getötet wurde, kam einer dazu und war für sie da. Doch retten konnte er sie nicht mehr. Wie beweinte die Liebe diesen Verlust! Die Geschichte erzählt von einem, der den Mörder kennt und der wiedergeboren wurde. Das Leben sagt, der Mörder soll begreifen, dass schon des Todes Schatten über ihm schwebt. Von Wiedergeburt und Karma erzählt diese Geschichte. Sie heißt 'Flammende Liebe'.“ Die gesamten Gäste brachen in begeistertem Applaus aus, Klatschten, jubelten und pfiffen, nachdem die Musik verstummt und die Vorführung beendet war. Kurz wurde noch einmal vollkommen das Licht gelöscht, um dann wieder das normale einzuschalten, welches auch vor der Vorführung an gewesen war. Die Truppe war verschwunden und einige Männer entfernten nun die markierte Absperrung. Nach gefühlten zehn Minuten etwa gesellten sich auch die Hauptdarsteller zu den Gästen. „Na? Wie fandet ihr es?“, wollte Ray gleich von seinen Eltern und den Katayas wissen. Shuu hatte sich inzwischen auch wieder zu seinen Eltern gesellt, nachdem er gesehen hatte, dass Ray, gefolgt von Haruka, auf seine Familie zuging. „Es war einfach phantastisch! Ich bin ja schon so sehr auf das Stück in zwei Tagen gespannt“, lobte Ayana voller Freude die Aufführung. Dies hörten Haruka und Ray natürlich sehr gerne. „Also wenn man es genau nimmt, dann kennen Sie nun das Stück, das wir am Dienstag aufführen werden!“, berichtete der junge Mann, doch seine Aussage hinterließ bei allen Anwesenden nur ein großes Fragezeichen. „Da bist du ja, mein Junge! Sag, wie hat dir das Schauspiel deiner wunderschönen Freundin gefallen?“, richtete sich Shunto mit einem breiten Grinsen an seinen Sohn. Sowohl der Angesprochene als auch die junge Frau liefen auf diese Bemerkung hin rot an. „Dad!“, beschwerte sich der junge Mann, noch immer mit einem Rotschimmer auf seinen Wangen, „Was soll das immer? Haruka und ich sind nicht zusammen, verstanden!“ „Noch nicht, aber wer weiß… vielleicht eines Tages…“, erwiderte der Ältere daraufhin, wobei sein Grinsen noch breiter wurde. „Ich glaub es einfach nicht… los, komm schon!“ Damit ergriff Shuu die Hand der Blauäugigen und entfernte sich mit ihr von ihren Familie. Während Haruka ihn vollkommen verwirrt anschaute und sich von ihm mitziehen ließ, brach der Rest der Familie in amüsiertes Gelächter aus. Nach einigen Metern hatte Haruka sich wieder gefangen und aus seinem Griff befreit. Dies veranlasste Shuu, sich zu ihr herumzudrehen, und er erkannte sofort, was los war. Sie blickte ihn mit fragenden Augen an und vollführte mit ihren Händen ebenfalls eine fragende Geste. Noch immer sprach sie kein Wort, da sie dieses, soweit es möglich war, vermeiden wollte, um ihre Stimme zu schonen. Dies verleitete Shuu zu einem Grinsen. Langsam ging er auf sie zu und verbeugte sich etwas vor ihr: „Dürfte ich um diesen Tanz bitten? Vergiss nicht, du schuldest mir noch einen!“ Alles nur wegen eines Tanzes? Er hätte sie doch auch schon bei ihren Eltern fragen können, dann wäre sie zumindest nicht so verwirrt gewesen… Dennoch ergriff sie lächelnd seine dargebotene Hand und wurde anschließend das letzte Stück bis zur Tanzfläche geführt. Auf dieser nahmen die beiden ihre Tanzstellung ein und Shuu begann damit, sie sicher zu führen. „Euer Stück eben war super und das alles, obwohl du nicht einmal singen konntest!“, lobte er sie, während er ihr diese Worte mit sanfter Stimme ins Ohr flüsterte, „Aber eine Frage hätte ich schon noch. Wie konntest du dich so schnell, so oft, in so kurzer Zeit umziehen? Tut mir Leid, wenn du jetzt mit mir reden musst, aber über diese Sache zerbreche ich mich schon die ganze Zeit den Kopf.“ Lächelnd blickte Haruka ihren Tanzpartner an, als sie ihren Kopf wieder auf seine Schulter legte und ihm mit schwacher, leiser Stimme ins Ohr flüsterte: „Du hast einen sehr guten Blick. Zwei von den Mädchen war ich überhaupt nicht! Ich habe mich mit Kanata immer abgewechselt. Sie trug eine Maske mit meinem Gesicht. Wer schafft es bitteschön sich in fünf Sekunden umzuziehen?“ „Ganz meine Rede!“, stimmte Shuu ihr leicht lachend zu und dachte für sich im Stillen: „Dann war mein Gefühl doch keine Einbildung …“ Und so tanzten die beiden noch zu ein paar Liedern, die von der Band gespielt wurden. Doch da kam Shuu plötzlich etwas ganz anderes in den Sinn: „Verdammt! Wegen des ganzen Trubels habe ich ihn aus den Augen verloren und vollkommen vergessen… zumindest bin ich jetzt bei Haruka, also ist er nicht hier. Und so lange ich bei ihr bin, brauche ich ihn nicht weiter zu verfolgen!“ „Haruka, Schätzchen!“, ertönte plötzlich eine männliche Stimme, die die beiden Tänzer auseinander schrecken ließ. Als sie sich beide in die Richtung herumdrehten, aus der die Stimme gekommen war, erblickten sie einen großen, schlanken Mann mit langem, violettfarbenem Haar und einem Monokel über dem rechten Auge, der auf sie zukam. Kaum war er bei ihnen angekommen, ergriff er auch gleich Harukas Hände und begann erneut drauf loszuplappern: „Haruka, Liebes! Das war wirklich eine perfekte Aufführung. Du warst einfach atemberaubend, schade nur, dass du nicht selbst gesungen hast. Das wäre das Tüpfelchen auf dem ‚i’ gewesen! Aber du sahst bezaubernd aus, genauso wie in deinem jetzigen Kleid!“ Die Angesprochene lächelte ihn nur etwas schief an und nickte zum Dank für sein Lob. Aber er hatte Recht, dieses Kleid stand ihr sehr gut und sie liebte es. Es war mal nicht in Rottönen gehalten, sondern war komplett schwarz und hatte lediglich zwei große, rote Rosen darauf. Ihre Haare trug sie nun nach der Vorstellung wieder glatt und offen. Und Shuu fand, dass dies am Besten an ihr aussah. Doch nun war es an der Zeit, dass sich Shuu einschaltete: „Das wäre etwas schwierig geworden, da sie zur Zeit keine Stimme hat.“ „Und wer bist du?“, fragte der Mann, der etwas verwundert darüber war, dass ein Fremder sich in sein Gespräch mit Haruka einmischte. Doch Shuu blieb dennoch freundlich und antwortete ihm, während er die Hände der Blauäugigen aus denen des Mannes befreite: „Mein Name ist Shuu Kataya. Ich bin ein sehr guter Freund von Haruka und für den heutigen Abend ihr Bodyguard! Und mit wem habe ich das Vergnügen?“ Auf diese Frage hin stellte sich der Mann wieder aufrecht hin und begann etwas mit seinem Gehstock herumzufuchteln. Dies sollte ihn wohl, ebenso wie sein Monokel, elegant und reich erscheinen lassen. Auf einmal verneigte er sich etwas und sprach: „Ich bin der große Oyajide Roséron und gleichzeitig Harukas größter Fan. Ich habe jedes einzelne ihrer Stücke gesehen, aufgezeichnet und original Schnappschüsse gemacht! Außerdem unterstütze ich sie jedes Jahr mit einer großen Spendensumme.“ Da fiel Haruka etwas ein, dass sie Oyajide unbedingt fragen wollte. Also zog sie Shuu an sich heran, um ihm etwas ins Ohr zu flüstern, das er dann wiederum den Mann vor ihnen fragen sollte: „Haruka würde gerne willen, ob Sie ohne Ihren Bruder gekommen sind?“ „Natürlich ist mein Brüderchen auch wieder anwesend. Er kommt doch jedes Jahr mit, obwohl ihn diese Feier eigentlich nicht interessiert… na ja… wahrscheinlich ist er wieder am Buffet und schlägt sich aus Frust den Magen voll. Wenn du ihn siehst, beachte ihn einfach nicht, okay!“, antwortete der Herr, der gerade wieder Harukas Hände ergreifen wollte, als sie alle auf einmal eine Stimme vernahmen, die nach Herrn Roséron rief. „Oh, dein Daddy ruft… da will ich doch mal schnell zu ihm. Ich freue mich schon auf deine Aufführung am zweiten Weihnachtstag, wir sehen uns dann dort!“, meinte der Violetthaarige und machte sich auf zu Senri, doch zuvor hatte er Haruka noch einen Handkuss gegeben. „Der Kerl hat voll den Dachschaden…“, bemerkte der Grünäugige und wandte sich wieder Haruka zu. Diese lächelte ihn an und zuckte mit den Schultern, denn dieses Theater kannte sie schon zur Genüge. „Und was machen wir jetzt? Möchtest du noch tanzen?“, fragte er sie nun, denn er wäre ihr gerne noch weiterhin so nah wie zuvor. Haruka erging es nicht anders und so nickte sie ihm zustimmend zu, noch immer glücklich lächelnd. Doch kaum hatten die beiden jungen Erwachsenen wieder begonnen, sich zur Musik zu bewegen, kam der nächste Störenfried ihres Tanzes. Und zu allem Überfluss war es sogar Ray, der nun zusammen mit dem Mikrofon auf der Bühne stand und eine Ansage machte, weswegen die Musik auch verstummte. „Sehr verehrte Gäste! Als allererstes möchte ich mich noch einmal bei Ihnen bedanken, dass Sie zusammen mit uns den heutigen Abend verbringen. Und als Zweites…“, auf Rays Gesicht schlich sich ein leicht fieses Grinsen, „Ihnen hat, nach ihrem vorherigen Applaus zu urteilen, unser Stück vom heutigen Abend gefallen. Nun, dies soll aber nicht unser Einziges bleiben! Denn wie ich soeben erfahren habe, gibt es unter uns noch jemanden, der ein Lied singen möchte. Einen großen Applaus bitte für Shuu Kataya!“ „WAS?“, fragte dieser geschockt und Haruka schaute ihn nur erstaunt an. „Moment! Ich habe nie auch nur im Entferntesten oder ansatzweise gesagt, dass ich irgendetwas vorführen möchte…“, beschwerte sich Shuu, der versuchte, das Ganze wieder richtig hinzubiegen. Doch wirkliche Unterstützung erhielt er nicht, denn seine Eltern grinsten ihn nur auffordernd an und Haruka schob ihn schon in Richtung Bühne. Widerwillig begab er sich schließlich auch auf diese und nahm von Ray das Mikrofon entgegen. „Was soll das? Das wirst du noch büßen, Ray!“, drohte der 19-Jährige mit zu Schlitzen zusammengezogenen Augen. Doch Ray überhörte seine Drohung einfach und schob ihn erst einmal zu einem Tisch, auf dem eine Liste mit Liedern lag: „Ja ja… such dir lieber einen Song aus und fang an!“ Genervt ließ der Grünschopf seinen Blick über die einzelnen Songtitel gleiten, als er an einem haften blieb. „Das ist doch das Lied, das… das nehme ich!“, dachte sich der junge Mann und zeigte es Ray, der grinsend die CD einlegte das Karaokelied abspielte. „Seit ich dich fand, bin ich verloren. Will es dir sagen, wie fang ich's an? In welcher Sprache gibt es Worte, um dich zu beschreiben?“ Erstaunt blickte Haruka zu Shuu hinauf, dem das alles gerade ziemlich peinlich war. „Wenn ich dir sagte, eine Schönheit wie dich, findet sich im ganzen Universum nicht, wäre dieses Kompliment nichts im Vergleich zur Wirklichkeit. Seit ich dich fand, bin ich verloren.“ Wusste er es etwa? Wusste er, dass es ihr Lieblingslied war, und hatte es deswegen ausgesucht? Oder hat er es nur gewählt, weil sie es den ganzen Tag über gehört hatte und er es nun auswendig konnte? „Deine Anmut erstrahlt in vollem Glanz. Dein Gesicht fließt über davon. Die Wolken deiner braunen Haarpracht fallen prunkvoll herab. Dein wehender Schal ist wolkengleich. Deine Arme umarmen das Mondlicht. Das Mondlicht der Schönheit. Wenn ich dir sagte, dass es diesen Liebreiz nirgendwo sonst gibt oder geben wird, wäre dieses Kompliment nichts im Vergleich zur Wirklichkeit. Seit ich dich fand, bin ich verloren. Wenn ich dir sagte, meine Seelenverwandte, dass du eine Nymphe bist oder eine Fee, wäre dieses Kompliment nichts im Vergleich zur Wirklichkeit.“ Nachdem er das Lied beendet hatte und nur noch der Abspann an Melodie zu hören war, begannen alle im Saal auch ihm begeisterten Applaus zu spenden. Mir einem kurzen: „Vielen Dank!“, verschwand Shuu auch so schnell wie möglich wieder von der Bühne, da es ihm noch immer irgendwie unangenehm war. Vor der Bühne stand noch immer Haruka, die auf ihm gewartet hatte und ihn nun fröhlich anlächelte. „Was?“, fragte er sie und blickte sie skeptisch an, „Nein! Behalt es lieber für dich, ich will es gar nicht wissen! Kommst du mit? Ich brauche dringend etwas zum Trinken!“ Als Bestätigung erhielt er ein Nicken und so begaben sich die beiden in Richtung Buffet. Während Shuu sich und Haruka Bohle einschenkte, verging dem Mädchen die ganze Zeit über nicht das Lächeln. Dem Grünäugigen war klar, dass sie nie Ruhe geben würde, bis sie es ihm gesagt hatte: „Also schön, sag schon, was du mir sagen willst!“ Dankend nahm sie ihre Glas entgegen und näherte sich wieder seinem Ohr, damit er sie auch verstehen konnte: „Warum hast du ausgerechnet dieses Lied gewählt? … Weißt du etwa, dass es mein Lieblingsstück ist oder hat du es gewählt, weil du es nach dem heutigen Tag ohnehin schon auswendig kannst?“ Damit entfernte sie sich wieder von ihm und wartete gespannt auf seine Antwort. Doch diese Frage zauberte Shuu ein erneutes Grinsen ins Gesicht, bevor er antwortete: „Was denkst du denn? Das würde mich doch noch viel mehr interessieren!“ Damit hatte die 18-Jährige nun überhaupt nicht gerechnet, und während sie so darüber nachdachte, zeichnete sich ein rötlicher Schimmer auf ihren Wangen ab, was Shuu ihre Gedanken verriet. Doch bevor er noch irgendetwas sagen oder tun konnte, wurden die beiden nun zum dritten Mal durch eine Person unterbrochen. „Haruka, Schätzchen!“, ertönten erneut diese Worte. Irritiert blickte Shuu sich um, konnte aber die gesuchte Person nirgends erblicken, weswegen er nachfragte: „Etwa schon wieder diese Oyajide?“ „Nein… viel schlimmer!“, antwortet Haruka daraufhin mit normaler Stimme und wollte sich sofort hinter Shuu verstecken. Doch zu ihrem Leid brachte es ihr nichts, denn die Person fand sie ohne Mühe. Und erneut ging die ganze Prozedur los… Harukas Hände wurden von einem großen, schlanken Mann mit ebenfalls langen, violettfarbenen Haaren erfasst, wobei auch dieser daraufhin begann wie ein Wasserfall zu plappern: „Meine Güte, habe wir uns lange nicht mehr gesehen, nicht wahr? Das letzte Mal bei deiner letzten Winteraufführung, nicht? Obwohl wir so gute Freunde sind, sehen wir uns nur ein oder zwei Mal im Jahr, ist das nicht traurig? … Och und wen haben wir denn da? Ist das etwa dein Freund? Er scheint ja genauso begabt zu sein wie du, wenn man das nach der eben aufgeführten Nummer so sagen kann…“ Mit wütenden Augen funkelte Haruka den Mann an und befreite sich aus seinen Händen. Obwohl sie ihre Stimme eigentlich an diesem Abend so gut wie gar nicht benutzen wollte und wenn, dann nur sehr leise, brachte sie der Grauäugige doch dazu ihn mit wütender Stimme, in normaler Lautstärke anzubrüllen: „Hör auf damit, Harley! Du weißt genau, warum ich dich nicht sehen will. Immerhin hast du nicht bloß einmal versucht, unsere Auftritte zu sabotieren und damit zu ruinieren. Also spar dir dein Theater und lass mich und meine Freunde endlich in Ruhe, verstanden!“ Dies machte jedoch auch den Mann, Harley, wütend und er begann nun zu zischen: „Sprich gefälligst respektvoller mit mir, immerhin unterstütze ich dich jedes Mal mit einer Menge Geld, also sein dankbar!“ „Unterstützen tut uns dein Bruder, aber gewiss nicht du! Ich weiß genau, dass, wenn es nach dir ginge, wir kein einziges Stück mehr aufführen würden. Deswegen versuchst du auch ständig, uns zu sabotieren“, zischte Haruka ebenfalls wütend zurück, denn sie kannte das Verhältnis zwischen den beiden Brüdern ganz genau. Verärgert kaute Harley auf seiner Serviette und murmelte unverständliche Worte, bevor er sich schließlich dazu entschied abzuziehen. „Okay… der war noch seltsamer als Oyajide… das war sein Bruder, nicht wahr?“, meinte Shuu nach einigen Minuten, unter anderem, um die Stille zwischen ihnen zu durchbrechen und Haruka so schnell wie möglich auf andere Gedanken zu bringen. Die Gefragte nickte bloß wieder und setzte sich anschließend in Bewegung, nachdem sie ihr Glas auf dem Tisch abgestellt hatte. „Hey? Warte auf mich!“, rief er ihr nach und folgte ihr; egal wohin sie heute Abend noch gehen würde, er würde sie zu ihrer eigenen Sicherheit überall hin begleiten. Haruka jedoch schien ihn gar nicht zu hören und lief einfach zielstrebig weiter. Sie verließ den Festsaal und stieg die Treppen hinauf zu ihrem Zimmer, Shuu dicht hinter ihr. Irgendwann drehte sie sich schließlich doch noch zu ihm herum und fragte: „Folgst du mir eigentlich überall hin?“ „Ich halte es einfach für sicherer. Ich habe vorhin einen Gast entdeckt, von dem ich nicht möchte, dass er dir zu nahe kommt! Und da du momentan nicht einmal deine Stimme richtig benutzen kannst…“, versuchte er ihr zu erklären, doch er bemerkte auch, dass es sie etwas störte, so sehr von ihm bemuttert zu werden, was er auch sehr gut verstehen konnte. Aber sie kannte ihn nun einmal nicht so gut wie er… oder zumindest nicht mehr… „Meinetwegen… aber allein ins Bad darf ich noch, oder?“, fragte sie ihn ironisch. Doch hätte er ihre Frage nun tatsächlich verneint, dann wäre sie wirklich ausgerastet und hätte dadurch sicherlich keine Rücksicht mehr auf ihren angeschlagenen Hals genommen. Natürlich hatte Shuu diese Frage nicht verneint, allerdings folgte er ihr dennoch weiterhin hinauf bis zu seinem Zimmer, in dem er etwas ‚erledigen’ wollte, während Haruka neben ihrem eigenen ins Bad ging. Gerade als der Grünäugige sein Zimmer wieder verlassen hatte, ging er direkt zu Boden. Jemand hatte ihm einen kräftigen Schlag ins Gesicht versetzt. Er spürte sofort wie sich eine warme Flüssigkeit einen Weg aus seiner Nase suchte. Mit nun schmerzendem Kopf versuchte er die Blutung zu verhindern und sich wieder zu erheben. Als er sich der Richtung zuwandte, aus der er die Faust abbekommen hatte, konnte er niemand anderen erblicken, als jenen Gast, den er ursprünglich mal verfolgen wollte. Nun hatte dieser offensichtlich ihn und Haruka verfolgt… „Haruka! Was ist mit ihr?“, durchfuhr es Shuu wie einen Blitz und er schaute sich nach der jungen Frau um, die er allerdings nirgends erblicken konnte. Doch aufgrund des gelöschten Lichts auf dem Gang konnte er erkennen, dass im Badezimmer noch immer das Licht brannte und Haruka sich somit noch in diesem befinden musste. „Ich habe dir doch gesagt, dass du mich schneller wieder sehen würdest, als dir lieb sei“, sagte die Person grinsend und schlug Shuu ein weiteres Mal zu Boden, doch dieses Mal blieb er geschafft liegen. Doch da vernahmen die beiden das klickende Geräusch des Badezimmerschlosses und kurz darauf trat Haruka aus diesem hinaus auf den Gang. Da ihre Augen sich noch nicht an die Dunkelheit des Flures gewöhnt hatten, konnte sie auch nicht erkennen, wer sie so grob am Handgelenk gepackt hatte und nun hinter sich herzog. „Shuu…? Shuu lass los, du tust mir weh!“, bat sie mit schwacher, aber verständlich Stimme den jungen Mann sie doch loszulassen. Doch diesen interessierten ihre Worte überhaupt nicht, oder hatte er sie tatsächlich nicht gehört? Nun begann sich die Blauäugige noch stärker gehen seinen Griff zu wehren, als ihr plötzlich auffiel, dass es sich gar nicht um Shuu handelte. „Kiro? Was machst du denn hier?“, fragte sie geschockt nach und begann nun noch stärker sich gegen ihn zu wehren. „Tja, nach 13 Jahren sind wir nun endlich alle wieder auf der Weihnachtsfeier deiner Eltern vereint, nicht wahr Haruka?“, gab der Violettäugige grinsend von sich und zerrte sie weiterhin mit sich. Haruka verstand seine Worte nicht. Was meinte er mit ‚alle’? Sie hatte ihn vor 13 Jahren kennen gelernt, das war wohl wahr. Aber wen meinte er denn noch? Doch darüber konnte sie sich auch später Gedanken machen, denn nun musste sie erst einmal von ihm loskommen. Auf einmal ertönte eine weitere Stimme, die sie nur zu gut kannte, es war die von Shuu. „Lass sie los, Kiro, oder du wirst es bitter bereuen“, drohte Shuu ihm erneut und hatte sich inzwischen wieder aufgerappelt. Sowohl der Angesprochene als auch Haruka drehten sich herum und blickten in den Gang hinter ihnen. Dort stand Shuu, eine Hand an seiner Nase und mit der Anderen stützte er sich an die Wand. „Shuu…“, kam es geschockt über Harukas Lippen, als sie den jungen Mann dort so stehen sah. Der Blauschopf begann herzhaft zu lachen: „Wer will mir etwas antun? Du vielleicht? Du kannst doch nicht einmal richtig stehen, wie willst du mir dann etwas antun?“ „Na warte!“, brüllte der Grünäugige aufgebracht und rannte auf Kiro zu, den er ohne mit der Wimper zu zucken erneut zu Boden schlug. Dies artete in einer Schlägerei aus, gegen die Haruka nichts unternehmen konnte. Doch da kam ihr der rettende Einfall. Schnell öffnete sie die Tür neben sich und holte aus dem Raum ihr Handy, mit dem sie so eilig wie möglich ihren Bruder anrief und ihm die Lage schilderte. Es dauerte auch nur wenige Minuten, da stand der 23-Jährige zusammen mit zwei Sicherheitsleuten im nun erleuchteten Gang und zerrten die beiden Kämpfer auseinander. Shuu beruhigte sich schnell wieder, was man von Kiro nicht unbedingt behaupten konnte. Was nun mit Kiro geschehen würde, konnte Haruka nicht sagen, es interessierte sie aber auch nicht. Mit Rays Hilfe brachte sie Shuu in sein Zimmer und legte ihn auf sein Bett. Noch immer hielt er sich stöhnend die blutende Nase und so entschloss sich Haruka, den Erste-Hilfe-Kasten aus dem Badezimmer zu holen und Shuu zu verarzten. Er ließ sich in aller Ruhe von ihr das Blut wegwischen und verarzten. Shuu genoss es sogar richtig, so von ihr behandelt zu werden, und schloss seine Augen. Es herrschte Stille zwischen den beiden, während Haruka ihn behandelte. Doch irgendwann durchbrach sie diese mit ihrer leisen Stimme: „Vielen Dank, dass du mir schon wieder geholfen hast. Du hattest mal wieder Recht… ich bin richtig froh, dass du mir gefolgt bist!“ „Hör auf dich immer zu bedanken, das ist doch selbstverständlich!“, erwiderte dieser darauf mit noch immer geschlossenen Augen. „Für mich ist es nicht selbstverständlich und deswegen möchte ich mich bedanken!“ Lächelnd nahm sie ihre Hände von seinem Gesicht, nachdem sie fertig war, und näherte sich ihm. Dies bekam er allerdings nicht mit, da er seine Lider noch immer geschlossen hatte. Schnell gab sie ihm zum Dank einen kurzen Kuss auf seine Wange und erhob sich von der Bettkante. Erstaunt hatte Shuu seine Augen weit aufgerissen, blickte aber nun nur den Rücken von dem Mädchen an. Er war zu überrascht, um irgendetwas zu sagen und bevor er es auch konnte, sprach Haruka wieder: „Es… es ist schon nach elf Uhr. Ich… ich gehe lieber ins Bett. Gute Nacht, Shuu!“ Mit diesen Worten schloss sie schnell die Tür hinter sich, brachte den Kasten zurück ins Bad und machte sich bettfertig. Lächelnd schaute ihr Patient ihr nach, auch wenn er nichts weiteres mehr sah als seine geschlossene Tür. „Gute Nacht, Haruka!“, flüsterte er und setzte sich auf, um sich selbst ebenfalls umzuziehen. Doch da fiel ihm eine Tüte auf, die zuvor noch nicht in seinem Zimmer gestanden hatte. Neugierig ging er auf diese zu und holte aus ihrem Inneren ein verpacktes Geschenk heraus. Auf der Karte, die an dem Geschenk befestigt war, stand sein Name geschrieben und eine Nachricht der Person, von der es war. Lieber Shuu! Fröhliche Weihnachten! Ich hoffe, dir gefällt dein Geschenk, ich habe mir wirklich Mühe gegeben… In Liebe, Haruka Es war also von Haruka! Diese Tatsache machte den jungen Mann nur noch neugieriger auf den Inhalt, und kurz darauf war er auch schon ausgepackt. „Wow, dieses Mädchen steckt wirklich voller Talente, auch wenn man es ihr nicht ansehen mag…“, dachte sich der Grünäugige lächelnd. Doch bevor er sich noch weiterhin mit dem Geschenk beschäftigen konnte, wurde er durch eine Melodie unterbrochen. „Hallöchen Schwesterherz! Fröhliche Weihnachten!“, begrüßte er die Frau am anderen Ende der Leitung. „Dir auch eine fröhliche Weihnacht, Shuu! Und? Hast du es ihr schon gegeben?“ ღ ღ ღ ღ ღ ღ ღ ღ ღ ღ ღ ღ ღ ღ ღ ღ ღ ღ ღ ღ ღ ღ ღ ღ ღ ღ ღ So, für alle diejenigen, die sich das Video und die Melodie von den Songs anschauen wollen, hier die Links: http://de.youtube.com/watch?v=yl11TT_ySR8 (Rays & Harukas Aufführung) http://de.youtube.com/watch?v=gF7-1aUarkU (Shuus Song) Bitte beachtet, dass die Songs auf hindi sind! Hoffe, es hat euch gefallen und es sollte lang genug gewesen sein, nicht? Kommis mit Lob/Kritik oder was auch immer... her damit ^-^ Bis zum nächsten & letzten KP dann, eure Kimie ^.^o Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)