Die Chroniken von Khad-Arza - Die Herrscher der Geisterwinde von Linchan ================================================================================ Kapitel 2: Das Ende des Kandaya-Clans ------------------------------------- Das Mädchen starrte empor an den hohen, festen Mauern des Lyra-Schlosses, als sie ankamen. Es war ein sehr altes Gebäude, aber gut in Schuss gehalten, und seine mächtige und imposante Erscheinung spiegelte auf den ersten Blick den hohen Status der Familie wider, die darin lebte. Nalani war überrascht, dass sie das Schloss schön fand, obwohl sie den Gedanken hasste, fortan hier leben zu müssen bei diesen Leuten, die sie aus den Armen ihrer Eltern gerissen hatten. Das Schloss hatte nicht das Pompöse, Heimtückische, das Kelar Lyras Augen hatten oder Tabaris fahles Gesicht, nicht die Gnadenlosigkeit der Stimme von Salihah. Es sah aus, als könnte es Schutz und Wärme spenden, etwas, das Nalani hier am wenigsten zu finden glaubte. Die Heimreise war bedrückend gewesen, niemand hatte auch nur ein Wort gesprochen. Nalani hatte sich gezwungen, nicht zu weinen, obwohl sie den Tod ihrer Mutter noch nicht überwunden hatte und der grußlose Abschied von ihrem Vater schmerzte. Auch, wenn die Welt um sie herum schwarz und grauenhaft geworden war, so war sie eine Tochter eines Geisterjägers, ein stolzes Kind, das den bösartigen Lyras keine Gelegenheit geben würde, sie zu tadeln, sie würde sie beschämen. „Ich kümmere mich darum, dass sie ein eigenes Zimmer bekommt,“ verkündete Salihah, als sie aus der Kutsche gestiegen waren. Tabari murrte über die lange Fahrt und rieb sich genervt den schmerzenden Rücken, Kiuk sprach nicht und hielt sich unauffällig am Rock seiner Mutter fest. Nalani stand neben ihm und starrte distanziert ins Nichts. Sie wollte keinen von ihnen ansehen, sie wollte sie niemals in ihre Seele blicken lassen. Sollten sie versuchen, was sie wollten, sie würde hart und erbarmungslos schweigen wie ein toter Stein. „Tu, was du für richtig hältst,“ machte Kelar knapp, ohne seine Frau eines Blickes zu würdigen. „Ich muss ohnehin noch einmal weg mit dem Wagen. – Kutscher, bleib da oben, du kannst gleich weiterfahren, ich habe zu tun!“ „Wollt Ihr Euch nicht einmal ausruhen?“ wunderte sich der Kutscher, und er erntete einen wütenden Blick des Herrn der Geister, der ihn schaudern und erbleichen ließ. „E-entschuldigt, mein Fehler! Ich hätte nicht fragen dürfen, es s-stand mir nicht zu, Herr!“ „Hoch mit dir, du Nichtsnutz!“ schnaubte Kelar Lyra erbarmungslos und stieg gleich wieder in die Kutsche. Salihah sah langsam zu ihm hin und sie spürte, wie der Schatten sich ihrer Seele bemächtigte und sie zittern ließ. „Wohin fährst du?“ fragte sie dumpf. Kelar Lyra schnaubte abermals und schlug die Kutschentür zu. „Nach Tuhuli. Politik, Weib. Bleib bei den Kindern.“ Dann setzte sich die Kutsche auch schon wieder in Bewegung und rollte den Sandweg, der zum Schloss auf den Hügel führte, wieder hinab in Richtung Straße. Salihah sah dem Wagen nach und sie spürte, dass Kiuks Griff an ihrem Rock sich leicht verfesterte. „Mutter, was ist?“ flüsterte der Junge nervös, „Du bist unruhig…“ „Schatten…“ war alles, was Salihah sagte, und sie strich dem Kleinen flüchtig über den Kopf und durch die braunen Haare, „Sie sind in meinem Geist und lassen… nicht los.“ Wie in der Nacht, bevor Haki Kandaya starb… die Geister des Himmels starren wachsam auf uns herunter und werden alles sehen, was geschieht… Sie sah in Gedanken versunken auf Nalani, die noch immer stocksteif da stand. So wie die Augen dieses Mädchens den Tod seiner Mutter gesehen haben. Sie gingen endlich ins Anwesen und während die beiden Jungen sich mit sich selbst beschäftigten zeigte Salihah Nalani ihr zukünftiges Zimmer. Es war groß und schön, größer als ihr altes bei ihren Eltern. Das Mädchen bedankte sich dennoch nur knapp, weil sie sich nicht freuen konnte. Und sie fragte sich, wo der bösartige Dämon von Mann wohl hingefahren war. Ob er wirklich nach Tuhuli gefahren war, die wichtigste Stadt des Kreises Vikhara? Irgendeine innere Stimme hatte ihr gesagt, dass er log. Was war das für ein Mann, der seine eigene Frau anlog? Ob Tabari sie auch belügen würde? „Ich möchte dir etwas sagen, Nalani,“ riss Salihah Lyra sie da aus ihren Gedanken, und sie schrak hoch – Moment, diese Frau war Telepathin… dann konnte sie sicher ihre Gedanken lesen… jetzt würde sie sie sicher bestrafen dafür, dass sie schlecht über ihren Mann gedacht hatte… Salihah kannte die Gedanken des Kindes tatsächlich. „Ja, ich sehe alles, was du denkst,“ sagte sie ruhig. „Und nein, ich werde dich nicht bestrafen, denn was du denkst, ist die Wahrheit. Ein Dämon… das ist es in der Tat, was meinen Mann neuerdings am besten beschreibt.“ „Ihr sprecht schlecht über Euren eigenen Gemahl?“ fragte Nalani verwirrt. Und sie hatte gedacht, die beiden wären auf derselben – bösen – Seite. „Ich spreche die Wahrheit, das ist alles, sei es gut oder schlecht. Lerne, dass gut und schlecht sehr subjektiv sind, das heißt, betrachtet man sie aus einer anderen Perspektive, erscheinen sie einem plötzlich falsch herum. Nicht alles, was du als gut empfindest, empfinden andere Leute auch als gut, und nicht alles, was andere schlecht nennen, muss auch für dich schlecht sein, Nalani.“ „Ist es das, was Ihr mir sagen wolltet?“ fragte die Kleine langsam, und Salihah lächelte sanft. „Nein… ich möchte dir dies sagen: du musst mich nicht fürchten. Ich werde dir kein Leid zufügen und ich habe deinem Vater versprochen, für dich zu sorgen wie für meine eigenen Kinder.“ „Aber Ihr habt mich aus den Armen meines Vaters gerissen!“ keuchte das Kind und trat erbost zurück, „Ihr habt dafür gesorgt, dass ich herkomme, weil Ihr auf keinen Fall wolltet, dass ich länger bei ihm bleibe!“ „Du wirst noch lernen, dass es zu deinem Schutz war. Ich sehe unsichtbare Dinge und höre die Stimmen der Geister lauter als mein Mann oder alle Geisterjäger. Sie gaben mir einst den Namen Seherin… und ich habe gesehen, dass es dein Tod wäre, würdest du länger bei deinem Vater bleiben. – Ich weiß, du denkst, ich lüge, damit du Ruhe gibst. Aber eines Tages wirst du wissen, dass ich die Wahrheit gesagt habe, Nalani.“ Nalani senkte schweigend den Kopf, sodass ihre pechschwarzen, glatten Haare in ihr Gesicht fielen. Salihah fuhr bedacht fort und musterte sie dabei eine Weile. „Du weißt etwas über den Tod deiner Mutter… du hast es gesehen. Du würdest es deinem Vater erzählen… und dann würdest du sterben, weil du es weißt.“ Die Kleine sah sie plötzlich erschrocken an und erbleichte. Sie wusste, dass sie das beobachtet hatte? Natürlich wusste sie es… sie war Telepathin. Nalanis Augen wurden matt. „Ich hasse diese Familie,“ gestand sie dumpf, die Frau vor sich anblickend. Salihah nickte, bevor sie ihr sanft über den Kopf strich. „Ja. Das kann ich dir nicht verübeln. Das täte ich an deiner Stelle auch.“ In der Nacht träumte Nalani von ihrer Mutter. Sie hatte schon einmal von ihrem Tod geträumt, bevor sie gestorben war. Sie fragte sich im Stillen, ob das eine Warnung der Geister gewesen war… aber sie bekam keine Antwort, sie sah nur wieder die grässlichen Bilder, wie Kelar Lyra ihre Mutter erwürgte, wie er sie zu Boden stieß und auf sie spuckte, als wäre sie ein schändliches Stück Dreck gewesen. Und wieder hörte sie seine abwertenden Worte: „Du wirst als erste sterben, Schlampe… dann dein Mann… dann nach und nach die anderen großen Clans, bis nur noch der Lyra-Clan übrig ist, als einziger Fähig, das Chaos… zu beherrschen!“ Als letztes sah sie das Gesicht ihres Vaters und wie er sie fassungslos anstarrte… dann stürzte ein blutiger Himmel auf ihn herab und das Bild ihres Traums ertrank in Dunkelheit. Nalani schrak aus dem Schlaf hoch und keuchte heftig, als sie ihren Puls noch immer vor Schreck rasen spürte. Dann erst registrierte sie ihre Umgebung und erinnerte sich, dass sie nicht mehr bei ihren Eltern lebte, sondern bei den Lyras. Sie lag in dem großen Bett in ihrem Zimmer und atmete heftig ein und aus. Ihr Kopf schmerzte und als sie sich aufsetzte, wurde ihr schwindelig. Draußen regnete es in Strömen und der Wind peitschte die Tropfen gegen die dünnen Glasscheiben des Fensters. Es war nur ein Traum… redete die Kleine sich unglücklich ein, um sich zu beruhigen, Nur ein böser Traum. Die Geister meinen es nicht gut mit mir… Sie erhob sich langsam, taumelte erst einmal und schlich dann benommen aus dem Zimmer hinunter in die Küche, um ein Glas Wasser zu trinken. Als sie gerade das Glas geholt und mit dem leichten Wasserzauber Alara das Getränk hinein gezaubert hatte, stellte sie verdutzt fest, dass sie nicht als einzige wach war. Tabari saß in der Ecke der Küche auf einem Stuhl am Fenster und starrte jetzt erstaunt zu ihr herüber, wie sie da mit ihrem Wasserglas stand. Er hatte auch ein Glas. „Was machst du denn hier?“ fragte er sie und klang nicht halb so abwertend, wie er es gerne gehabt hätte – irgendwie konnte er nicht so imposant reden wie sein Vater. Er hasste das… wenn er versuchte, sich Respekt zu verschaffen, machte er sich bloß lächerlich. „Ich konnte nicht schlafen und wollte etwas trinken,“ antwortete Nalani prompt und wunderte sich über die dämliche Frage. „Das siehst du doch. Also geht es mir genau wie dir.“ Er schwieg, sah sie erst an und drehte dann den Blick wieder zum Fenster. Was wollte die Göre jetzt hier` Er wollte seine Ruhe. Er wartete darauf, dass sein Vater zurückkam… nach dem beunruhigenden Traum, den er gehabt hatte, war ihm schlecht gewesen und er konnte seit Stunden nicht mehr einschlafen. Jetzt, wo er über den Traum nachdachte, fragte er sich, wieso Nalani hier war. „Hast du schlecht geträumt?“ fragte er sie unverhofft, und sie blinzelte, nahm einen Schluck Wasser und nickte. „Ja. Ich habe von… meinem Vater geträumt.“ Sie ließ den Teil mit ihrer Mutter bewusst aus, weil sie sich an Salihahs Worte erinnerte. Vielleicht war es nicht gut, wenn jemand wusste, was sie gesehen hatte. Tabari sah sie an. Von ihrem Vater? Sein ungläubiger Blick schien nach einer Erläuterung zu suchen und das Mädchen senkte den Kopf. Sie erzitterte. „Ich sah… seinen Tod…“ Der Junge erhob sich perplex. „Das kann nicht sein!“ schnappte er, „Du kannst unmöglich das gleiche geträumt haben wie ich…“ Jetzt war sie es, die perplex war. Sie hielt inne und starrte zurück. „Du hast – das auch gesehen?“ flüsterte sie tonlos und erzitterte, während sie beide einander nur entsetzt anstarrten. Dann ließ sie plötzlich das Glas fallen und schlug keuchend die Hände vor den Mund. Der Schwindel kehrte mit aller Macht zurück und ließ sie taumeln. „Mein Vater… e-er ist tot!“ keuchte sie aufgelöst, „Niemals haben zwei Menschen gleichzeitig den gleichen Traum, wenn es bedeutungslos ist-…!“ Sie taumelte rückwärts und Tabari streckte schon alarmiert die Hand nach ihr aus, weil sie blass wurde und aussah, als würde sie ihn Ohnmacht fallen; jemand kam ihm damit zuvor, sie aufzufangen. „Mutter…“ Salihah war hinter der Kleinen aufgetaucht und hatte sie festgehalten, ihren Sohn sah sie verwundert an. „Was ist denn hier los?“ fragte sie, „Feier in der Küche mitten in der Nacht?“ „Wir haben beide denselben Traum geträumt,“ berichtete Tabari verwirrt, „Ist das nicht ein seltsames Zeichen?“ Salihah runzelte die Stirn. Nalani in ihren Armen zitterte am ganzen Körper, drehte sich plötzlich um und vergrub wimmernd das Gesicht in Salihahs Nachthemd, ungeachtet der Tatsache, dass sie keinem traute, der Lyra hieß; es war instinktiv. „Vater!“ stammelte sie neben sich, „I-ich will zu meinem Vater…“ „Shhh…“ machte die Frau und strich ihr über den Kopf, „Still jetzt. Ihr geht jetzt beide wieder ins Bett, ihr solltet nicht wach sein. Ja, du auch, Tabari, jetzt gleich.“ Sie ging mit Nalani wieder nach oben, die völlig aufgelöst war, während Tabari noch immer verwirrt in sein Zimmer zurück schlurfte. Wieso, verdammt, konnte seine Mutter nicht einmal einfach antworten, statt um den heißen Brei herumzureden? Aber er hatte ihr nichts zu sagen, er war nur ein Kind. Und das ärgerte ihn. Unerwarteterweise kam sie nach einer längeren Zeit, die er wach in seinem Zimmer gesessen hatte, zu ihm. Er sah sie blöd an. „Was ist?“ „Was hast du gesehen, Tabari?“ fragte sie zurück. Er brummte. „Thono Kandayas Tod… ich weiß nicht, wieso ich sowas sehe, was tangiert mich das?“ „Und du hattest einen Krampf dabei?“ murmelte sie dann. Der Junge nickte zögernd. „Was… bedeutet das, Mutter?“ Sie verließ das Zimmer. An der Tür hielt sie noch einmal inne. „Dass deine zukünftige Frau eine außergewöhnlich starke Sehensgabe besitzt.“ Als Kelar Lyra zurück zum Anwesen kehrte, war die Sonne längst aufgegangen. Im Sommer dauerte der lichte Tag ziemlich lange in Dokahsan. Vor dem Schloss traf er unerwartet auf seine Frau Salihah, die am Tor stand mit einem Botschafter zu Pferd. Der Botschafter peste samt Gaul davon, als der Herr der Geister am Tor eintraf, und er sah erst dem Pferd und der Staubwolke im Sonnenlicht nach und dann zu seiner Frau. „Was war das denn für ein Fratz?!“ fragte er sie scharf, „Was war das für eine Botschaft, die du geschickt hast?“ „Die Zählungen für die Senatoren in Yiara,“ sagte sie prompt und sah ihn verwundert über die Frage an, „Du magst dich Herrscher von Lyrien nennen, de facto allerdings sind wir zuständig für den Bereich Vikhara und den Schutz der Menschen hier.“ „Und de facto erlaube ich nicht, dass eine Frau hinter meinem Rücken meine Politik betreibt!“ zischte er grantig, „Nennen? Nennen?! Ich nenne mich nicht so, Weib, und den Senat werde ich aus Yiara vertreiben, so viel ist sicher. Als ob die irgendwas unter Kontrolle hätten! Wegen des dämlichen Senats und den schwafelnden alten Männern kam doch der Krieg!“ „Nein, das war ein Kultur- und Rassenproblem, nicht das des Senats,“ bemerkte Salihah trocken. „Willkommen zurück übrigens. Wieso hast du in Tuhuli übernachtet?“ Sie bezweifelte stark, dass er in Tuhuli gewesen war. Und sie wusste, dass sie sich auf dünnes Eis begab, als sie fortfuhr; andererseits gab es keinen anderen Weg. „Was ist mit Thono Kandaya passiert? Ich habe keine angenehmen Dinge gesehen, nur Tod und Schatten. Tabari und Nalani haben heute Nacht beide von Thonos Tod geträumt. Findest du das nicht auch beunruhigend?“ Kelar Lyra zog eine Braue hoch. „Ich finde es beunruhigend, dass die Kinder Visionen haben, die ich nicht habe!“ bemerkte er nach einer langen Pause – zu lang für Salihahs Geschmack, und sie verengte kaum merklich die Augen. Dann ist es so, wie ich befürchtet habe. Dann war es also richtig, die Botschaft nach Tuhuli zu schicken und den übrigen Geisterjägern zu berichten, was hier vor sich geht… „Du glaubst, mit Thono wäre etwas geschehen, Salihah? Deine Augen haben sich schon einmal geirrt.“ „Wann das?“ lachte sie, ihm den Rücken zukehrend, und er packte ihren Arm und zerrte sie zurück zu sich und dem Tor, ehe sie weggehen konnte. „kehre mir ja nicht den Rücken!“ warnte er sie verärgert, „Du hast gesagt, der Clan würde fallen, und er tut es nicht.“ „Pff,“ machte sie kaltblütig, „Noch nicht, Kelar. Und lass mich los… du kannst mir keine Angst einjagen. Darin warst du schon immer grottenschlecht.“ Sie zeigte ein warmherziges, nostalgisches Lächeln, ehe sie sich aus seinem Griff befreite und dabei sanft mit den Fingern über seine Hand strich. Er rührte sich nicht und sie ging ins Schloss hinein. „Wir sollten Tabari und Nalani offiziell verloben, bevor was Schlimmeres passiert,“ sagte er entrüstet, „Irgendjemand hat es offenbar auf Geisterjäger und ihre Familien abgesehen…“ Nalani saß auf einem Stuhl am Fenster ihres neuen Zimmers und sah hinaus. Von hier aus hatte sie einen Blick auf den Sandweg, der zum Anwesen führte. Es lag auf einem Hügel und daher hatte sie aus ihrem Zimmer einen wunderschönen Ausblick auf die Landschaft. In der Ferne sah sie kleine Dörfer und ganz schwach den Rauch von Kochfeuern. Sie fragte sich, was das für Menschen waren in den Dörfern hier. Ob sie sich nicht bedroht fühlten von dem großen Schloss hier oben? Kiuk kam zu ihr. „Warum sitzt du hier ganz alleine?“ fragte er sie scheu, und sie sah weiter aus dem Fenster. „Ich warte auf meinen Vater.“ „Aber… denkst du nicht, dass es etwas dauert, bis der hier mal vorbeikommt?“ wunderte sich der Junge etwas verwirrt, und sie senkte den Kopf. „Mein Vater ist tot.“ Kiuk erschrak und fuhr zurück. „Was?! – Wie kannst du das wissen? – Ich meine, warum…?“ „Ich habe es in einem Traum gesehen… und ich glaube, es war nicht bloß ein Alptraum.“ „Du meinst, du kannst Dinge sehen, die unsichtbar sind?“ Der Kleine war erstaunt, „So wie meine Mutter? Sie sagt, normalerweise ist man älter, wenn man anfängt, Dinge zu sehen, und nicht alle Schamanen können es gleich gut.“ „Ich weiß es nicht,“ meinte Nalani unglücklich. „Ich werde hier sitzen und warten.“ Kiuk schwieg eine Weile etwas bedrückt. „Und… wie lange willst du das tun? Wenn er tot ist… kann er doch gar nicht kommen.“ Sie hatte keine Gelegenheit, etwas zu antworten. Wieder einmal war es Salihah, die das Gespräch unterbrach, als sie zur Tür herein kam. „Nalani, komm bitte mit mir. Ich werde mit dir zu deinem Vater fahren, jetzt gleich. Kiuk, du bleibst hier.“ „Jetzt gleich?“ fragte Nalani perplex und drehte sich langsam um, und die Frau nahm sie an der Hand und zog sie mit sich. „Rasch. Keine Zeit zu verlieren.“ Kiuk wunderte sich über die Wortkargheit seiner Mutter, während diese mit der kleinen Nalani die Treppe hinab eilte und das Anwesen verließ. Draußen fuhr eine Kutsche vor, in die die beiden einstiegen, wie der Junge aus dem Fenster verfolgen konnte. Als der Wagen weg war, brüllte Kiuks Vater durch das Schloss. „Wo ist meine Frau?!“ empörte er sich wutentbrannt unten in der Halle, eines der Putzmädchen am Kragen packend und schüttelnd. Das Mädchen schrie vor Angst und wagte nicht, zu antworten. „Wo ist sie, du Nutte, eben war sie noch da!“ „I-ich weiß es nicht, Herr! D-die Herrin ging h-hinauf, das ist alles, was ich weiß! B-bitte tötet mich nicht…“ „Ach, bah!“ schimpfte Kelar Lyra wütend, warf die Frau zu Boden und sie knallte schreiend mit dem Kopf gegen die steinerne Wand. Der Mann fuhr herum zur Treppe, auf der seine beiden Söhne jetzt verwirrt über den Lärm standen und ihn ansahen. „Kiuk! Du Nichtsnutz, wo ist deine Mutter?! Sonst hängst du doch immer an ihrem Rock!“ „Sie ist fort mit Nalani…“ meldete Kiuk verwundert, „Hat sie dir das denn nicht selbst gesagt? U-und Nalanis Vater ist tot!“ „Ist mir doch egal! Du Stück Dreck, wohin ist sie und wieso mit der Göre?!“ Er stampfte die Treppen schneller hinauf als die Kinder zurückweichen konnten, und ehe Kiuk Zeit hatte, wegzulaufen, bekam er einen mächtigen Schlag ins Gesicht und stürzte hustend zu Boden. Tabari erbleichte und trat sicherheitshalber zurück, auch wenn er von seinem Vater bisher nie Schläge kassiert hatte – so wütend hatte er ihn noch nie erlebt… „I-ich… s-sie wollten… z-zu Nalanis Vater… g-glaube ich…“ wimmerte der kleine Bruder am Boden, und sein Vater schlug ihn erneut. „Geh in dein Zimmer und lass dich nicht wieder blicken, bis ich es dir erlaube! LOS, SOFORT!“ Ungeachtet der blutenden Nase rannte das Kind verängstigt davon. Kelar schnaubte und sah zu Tabari, der schockiert seinem Bruder nachsah – aber jetzt sofort ein kaltes, zustimmendes Gesicht machte, als Vater ihn anblickte. „So ist es recht, der kleine Stinker hat nichts anderes verdient, Vater!“ sagte er gehorsam. Kelar Lyra schnaubte. „Spar dir die Schleimerei!“ blaffte er den Ältesten an, „Wenn deine Mutter nach Hause kommt, kann sie was erleben… du solltest dich innerlich von ihr verabschieden, Tabari. Ich ziehe ernsthaft in Erwägung, sie zu töten für ihren Verrat!“ Salihah wusste genau, was sie erwarten würde, wenn sie nach Hause kehrte – ohne die Zustimmung ihres Mannes wegzufahren war unerhört und ihr Ungehorsam entehrte ihren Mann über alle Maßen. Aber das war ihr gleichgültig, denn es standen viel schlimmere Dinge auf dem Spiel. Als sie nach langer Fahrt mit Nalani das Anwesen von deren Eltern erreichte, fanden die beiden Frauen davor vier Männer stehen, die in schwarze Umhänge gehüllt waren. Neben ihnen lag eine notdürftig aus Holz gebastelte Bahre, auf der Nalanis Vater lag, die Augen in den Himmel gerichtet. „Vater! Vater!“ schrie das Mädchen außer sich und stürzte kopflos voran, sobald es die Kutsche verlassen hatte, warf sich über die Leiche ihres Vaters und fing an zu weinen. „Warum passiert das alles?! Ich möchte nicht, dass sowas passiert…“ „Oh nein… du liebe Güte,“ machte einer der Männer zutiefst bedrückt, die anderen drei sahen sich ratlos an. Salihah stieß zu ihnen. „Dann hat Nomboh die Botschaft also brav weitergeleitet, die ich ihm geschickt habe,“ erkannte sie richtig, „Die Botschaft von Thonos Tod… und ihr seid alle gekommen, Geisterjäger. Ich danke euch für eure Mühe.“ „Die Geister spielen uns böse Streiche,“ sagte einer der Männer beunruhigt. „Von uns hatte keiner eine Ahnung.“ „Kelar… wird das Glück seiner Geister bald schon verlieren,“ bemerkte sie dumpf und so leise, dass Nalani es nicht hören konnte, die noch bei ihrem Vater kauerte. „Wir alle können uns denken, wer für Thonos und Hakis Tod verantwortlich ist.“ „Ja, und es ist beunruhigend,“ murmelte ein anderer Mann und linste auf den toten Mann und seine Tochter, „Es ist nicht so, dass der Kandaya-Clan unbedeutend gewesen wäre, sie waren mächtig. Und jetzt werden sie sterben, denn dieses Mädchen ist die letzte Kandaya – die bald Lyra heißen wird.“ „Kelar ist besessen von bösen Geistern,“ orakelte ein dritter Mann und nahm jetzt erst die schwarze Kapuze ab, die er getragen hatte, sodass seine schwarzen Haare zum Vorschein kamen. „Du solltest ihn besser unter deiner Fuchtel halten, Salihah, sonst müssen wir bald alle um unsere Frauen und Kinder bangen! Wir sehen zu, wie der Mann, der uns anführen soll als Herr der Geister, zum Monster mutiert.“ „Das ist er schon lange, Zoras… und ich weiß nicht, wie lange ich ihn noch festhalten kann.“ Diese Nachricht war ernüchternd. „Dabei bist du die einzige, auf die er je gehört hat,“ machte der angesprochene Zoras Chimalis stirnrunzelnd, „Ein Jammer, Salihahchen.“ „Nicht in dem Ton, ich bin älter als du,“ sagte sie knapp. „Ich bin gegen Kelars Willen und ohne sein Wissen gekommen, weil ich möchte, dass ihr euch das Mädchen anseht. Sie ist Schwarzmagierin – oder wird eine sein, genau wie ihr Vater. Ihre Sehensgabe ist erstaunlich groß.“ „Du kommst gegen Kelars Willen hierher?“ fragte einer der Geisterjäger erschrocken, „Oh weh, du wirst uns alle umbringen!“ „Halt die Klappe, Nomboh,“ machte Zoras Chimalis grantig. Sein jüngerer Bruder Nomboh raufte sich schnaubend die braunen Haare. „Ich wette, er plant jetzt, den Rest von uns auch noch die Radieschen von unten wachsen sehen zu lassen und dann die Macht über ganz Dokahsan – ah, Lyrien, entschuldigt – an sich zu reißen!“ „Hör auf, zu wetten, das nervt.“ „Aber er hat immer recht,“ bemerkte der dritte Mann, Hakopa aus dem Kohdar-Clan, „Hat Nomboh je eine Wette verloren, Zoras?“ „Erinner ihn nicht daran, sonst erzählt er uns wieder stundenlang, wie er früher immer sein Taschengeld an seinen Bruder und seine Wetten verloren hat.“ Der vierte und älteste Geisterjäger, Minar Emo, ein Mann mit schwarzen Haaren und schmalen, blauen Augen, sah jetzt zu Salihah. „Dann wollen wir Thono angemessen bestatten und uns danach seine Tochter ansehen. Wenn du schon sagst, ihre Sehensgabe ist groß, muss sie gewaltig sein… du bist hier diejenige, die mit fünf Jahren die Zukunft sehen konnte, obwohl du nicht einmal Schwarzmagierin bist.“ Sie bauten den Scheiterhaufen für Nalanis Vater direkt neben dem seiner Frau auf. Als das Feuer brannte und die fünf Erwachsenen und das Kind davor standen, schwiegen alle andächtig. Nalani zitterte, aber Salihah hielt sie sanft an den Schultern fest, damit sie nicht umfiel. „Wieso lebe ich, während meine Eltern tot sind?“ fragte sie leise, „Ich wäre lieber auch tot… dann wäre ich wieder bei ihnen und nicht in dieser grausigen Welt…“ „So darfst du nicht sprechen,“ mahnte Salihah sie, „Du wirst sehen, das Leben hat auch seine sonnigen Tage. Wir alle erleben Dinge, die trübe sind. Als ich meine Eltern verlor, war ich noch kleiner als du. Es war Krieg und viele Kinder haben ihre Eltern verloren. Das macht es nicht weniger schlimm… aber du bist nicht die einzige, die dieses Leid erfahren musste. Ich wünschte, ich hätte es dir ersparen können…“ Sie ließ sie überraschend los und Nalani drehte sich schaudernd zu ihr und den vier Geisterjägern um, die sie eine Weile musterten. „Jetzt erzähl uns ganz genau von deinem Traum der letzten Nacht, Nalani. Und ich möchte alles hören, du wirst nichts auslassen. – Auch nicht den Tod deiner Mutter.“ Das Kind erstarrte und die Männer sahen sich an. „I-ihr wusstet, dass ich von meiner Mutter geträumt habe?“ keuchte sie perplex. „Gewöhn dich dran, Salihah weiß alles,“ bemerkte Nomboh Chimalis amüsiert. Nalani schnappte verwirrt nach Luft. Ja, sie war Telepathin… aber… sie hatte gewusst, dass ihr Mann Haki Kandaya getötet hatte? Wenn sie das wusste, wieso wollte sie, dass sie es erzählte? Sie tat es dann einfach. Sie hörte auf den Instinkt in ihr, der ihr sagte, sie sollte es tun. So berichtete sie von jedem Detail ihres Traumes. Die Männer und Salihah hörten ihr aufmerksam zu und warteten geduldig, wenn die Kleine in der Mitte stockte und sich überwinden musste, weiterzusprechen. Als sie alles erzählt hatte, fühlte sie sich plötzlich leichter… als hätte sie einen Sack mit schweren Steinen auf dem Rücken getragen und hätte ihn endlich ablegen dürfen. „Euer Mann… war gestern nie in Tuhuli… nicht wahr?“ fragte sie am Schluss, „Und Ihr wusstet, dass er hierher fahren würde, um meinen Vater zu töten…“ „Ich wusste es nicht, Nalani. Ich hatte nur eine böse Vorahnung, ich wusste nicht genau, was er vorhatte.“ „Ihr wusstet, dass er meine Mutter getötet hat… ich habe es gesehen… jetzt hat er auch meinen Vater getötet.“ „Dass er es bei deinem Vater war, kann niemand beweisen,“ meinte Nomboh Chimalis langsam, „Das ist ja das Problem. Und du solltest dafür sorgen, dass er nie erfährt, was du gesehen hast… wenn er das erfährt, wird er dich umbringen und das wäre ein Jammer. Das Ende des Kandaya-Clans ist eine Tragödie.“ „In ihrem Alter bereits Vorahnungen zu haben ist ungewöhnlich,“ meldete Zoras murmelnd, „Das Mädchen muss in der Tat ein überdurchschnittliches Sehvermögen haben. Hast du schon früher Dinge gesehen im Traum, die wahr geworden sind?“ Nalani senkte den Kopf. „Ja…“ machte sie leise, „Den… Tod meiner Mutter habe ich auch gesehen. Ich… hielt es für einen Alptraum. Aber ich sah einen Dämon hinter ihr, einen Dämon mit Reißzähnen und bösen Augen. Ich erkannte den Dämon in dem Herrn der Geister wieder… das war das erste Mal, dass ich das Gefühl hatte, etwas zu ahnen.“ „Die inneren Augen sind eine sehr starke und gefährliche Waffe der Schamanen,“ meinte der schwarzhaarige Mann ernst, „Achte gut auf das, was du siehst, Nalani Kandaya, und lerne Ahnung von Lüge zu unterscheiden. Niemand wird dir das besser beibringen können als Salihah.“ Er sah zu der Frau und sie zeigte ein kurzes Lächeln, ehe sie sich zu Nalani herunterbeugte. Das Kind wich ihrem Blick störrisch aus. „Ich vertraue niemandem!“ verkündete sie, „Schon gar nicht Euch! Auf welcher Seite seid Ihr eigentlich? Mal seid Ihr nett zu mir, mal reißt Ihr mich aus Vaters Armen, dann deckt Ihr Euren Mann, der meine Mutter ermordet hat, dann tut Ihr aber Sachen gegen seinen Willen…!“ „Das Leben spaltet sich nicht in zwei Seiten, in gut und böse, Nalani,“ belehrte die Frau sie. „Und oftmals ist es sehr viel komplizierter, auf einer Seite zu stehen, als es sich anhört. Ich verlange nicht, dass du mir jetzt vertraust, Nalani. Aber eines Tages wirst du es müssen, denn es gibt niemanden anderes, der mit deinem Vertrauen sorgsam umgehen würde. Klarstellen möchte ich hier, dass ich nicht Dienerin meines Mannes bin. Ich diene nur Vater Himmel und Mutter Erde und sie sagen mir, was ich tun muss. So haben sie mir gesagt, dass ich dich aus diesem Haus holen muss… so haben sie mir gesagt, ich solle alle benachrichtigen, sich vor Kelar in acht zu nehmen, denn er ist gefährlich und vor allem unberechenbar.“ Nalani sah sie nur an und war unglücklich. Sie wusste nicht, was sie tun sollte… wem sie trauen sollte. Ihr Instinkt bestätigte ihr zwar, dass Salihah ihr nichts Böses wollte, aber wer wusste das schon genau…? Die Frau wandte sich von ihr ab und den Männern zu. „Gebt acht,“ sagte sie dumpf, „Ich tue mein Bestes, um die Bestie in ihm… unter Kontrolle zu halten. Aber es wird immer schwerer, weil sie stärker wird und… der Mensch in ihm, der er einmal war, immer schwächer. Und wir müssen dafür sorgen, dass er nicht die Senatoren erwischt, die wird er sich als nächstes vornehmen wollen.“ „Yiara ist Hakopas Aufgabe,“ meinte Nomboh Chimalis, „Du kümmerst dich um den Senat.“ „Und wer kümmert sich um meine Frau und meine Söhne?“ „Die schickst du zu uns,“ entgegnete der Mann, „Das Haus ist groß genug, da passen alle rein. – Wie alt sind die beiden eigentlich jetzt?“ „Barak ist sieben und Tare fünf, aber sie haben beide in etwa zwei Monden Geburtstag. – Wir haben jetzt keine Zeit für Kaffeeklatsch.“ „Hach, wie schnell die groß werden. Wir müssen uns ranhalten, Minar ist schon Opa und unsere sind alle noch so klein.“ Minar Emo verdrehte die Augen. „Du hast Nerven, ich bin ja auch etwas älter als ihr.“ Er drehte sich zu Salihah und verneigte sich artig. „Wir werden sehen, was zu tun ist, und solange die Augen offen halten. Du wendest dich sofort an die Chimalis-Brüder, wenn etwas passiert, sie sind bei euch am dichtesten dran und außerdem haben sie die Botschaftsfedern.“ „Achte auf das Mädchen,“ riet Zoras Chimalis der Frau dumpf, „Sie hat einen starken Geist… und eine mächtige Sehensgabe. Sie wird einmal eine mächtige Magierin sein, wenn du dafür sorgst, dass sie es werden kann.“ „Ich danke euch,“ machte die Frau noch mit einer artigen Verneigung, bevor sich die Versammlung langsam auflöste. Minar Emo blieb zurück. „Ich werde die fünftägige Totenwache halten für Thono,“ versprach er, „Er war ein guter Mann. Und Salihah, lass dich nicht aufspießen von deinem Mann dafür, dass du unerlaubt hergekommen bist… du bist doch die einzige Vernünftige da…“ Sie musste leise lachen, nickte dann und schickte sich mit Nalani ebenfalls zum Gehen. Es war tiefste Nacht, als sie das Anwesen der Lyras erreichten. Die ganze Fahrt über hatten sie geschwiegen. Nalani wollte mit niemandem reden, weder mit Salihah noch mit sonst jemandem. Sie dachte an ihre Eltern, die sie nie wiedersehen würde, und sie dachte an Kelar, den Mann, der sie getötet hatte. Und sie hasste ihn dafür, sie hasste ihn so sehr, dass es schmerzte und ihr schlecht wurde, wenn sie nur an ihn dachte. Eines Tages werde ich dich auch töten! Schwor sie sich verbittert, Eines Tages wirst du bluten für das, was du getan hast… du bist kein weiser Mann, der ein Herr der Geister sein sollte, du bist eine größenwahnsinnige Bestie! Salihah sah die Gedanken des Mädchens, sagte aber nichts dazu, das wäre jetzt unklug gewesen. Sie schob sie sanft vor sich her hinein ins Anwesen. In der Halle brannte Licht. In einer Tür stand Kelar und schien bereits darauf geartet zu haben, dass die beiden zurückkehrten. „Nalani… geh rasch nach oben und ins Bett,“ sagte Salihah dumpf, „Es ist spät geworden.“ Zum Glück ging die Kleine ohne Widerrede hinauf, während Kelars Gesicht bedrohlich finster wurde. Er verschränkte die Arme und stierte seine Frau an, die nur da stand und zurück sah, bis Nalani oben verschwunden war und die Zimmertür geschlossen war. Dann ging die Frau an ihrem Mann vorbei in die Stube, schweigend. „Spät geworden ist es, in der Tat,“ zischte er, als sie an ihm vorbei ging, bevor er ihr folgte und die Tür hinter sich schloss. Sie blieb stehen und drehte sich zu ihm um, während er sich wutentbrannt vor ihr aufbäumte. Dann schlug er ihr mit solcher Kraft ins Gesicht, dass sie rückwärts taumelte, aber sie konnte sich auf den Beinen halten und keuchte, als ein grauenhafter Schmerz in ihrem Gesicht aufflammte. „Du dreckige Hure erledigst nicht nur meine Politik hinter meinem Rücken!“ spuckte er sie wütend an und seine Augen bohrten sich nur so in ihr hübsches Gesicht. Sie zeigte keinerlei Regung, fasste nur leicht benommen nach ihrer blutenden Lippe. „Du verlässt ohne meine Erlaubnis das Anwesen, Salihah, weil du wusstest, ich würde nicht zulassen, dass du mit der Göre wegfährst – sieh mich an, du dreckige Schlampe!“ Er schlug sie erneut mit der flachen Hand, dass es laut klatschte. Dieses Mal packte sie sein Handgelenk und starrte grimmig in sein Gesicht zurück. „Tu, was du nicht lassen kannst,“ zischte sie, „Aber wage es ja nicht wieder, mich eine Hure zu nennen, Kelar! Du kannst nicht mit mir umgehen wie mit einer billigen Sklavin, ich bin deine Frau.“ „Das ist mir gleich, du Verräterin! Was treibst du mit der Göre, ohne mich einzuweihen?!“ „Du treibst doch viel mehr ohne mich einzuweihen…“ erwiderte sie prompt, und er starrte sie an. „Wir sind zu ihrem Vater gefahren, um ihn zu bestatten. Er ist tot, falls es dir entgangen ist. Rein zufällig, versteht sich.“ „Ja, ich hab eine Feder von Chimalis bekommen, bevor du wiederkamst,“ knurrte Kelar Lyra und riss sich aus ihrem Griff los, sein Hemd zurecht rückend. „Na, um so besser, tss.“ „Verlauf mich nicht für dumm, Kelar,“ warnte sie ihn düster, „Ich weiß, dass du nicht in Tuhuli gewesen bist… dir passt es doch ganz gut, ein Clan weniger, der dir Konkurrenz machen könnte bei deinem Ego-Trip.“ Sie hätte fast noch einen Schlag kassiert, aber er riss sich zusammen und hielt mit der Hand kurz vor ihrem Gesicht inne, ergriff nach ihre Haare auf dem Kopf und zerrte sie dichter an sich heran, um sie wütend anzustarren. Sie keuchte vor Schmerz und starrte ihn ebenfalls an, packte dann mit ihren Händen seine Hand auf ihrem Kopf, um sie herunterzudrücken und den Schmerz zu verringern. „Du wagst es, so mit mir zu sprechen…?!“ zischte er zornig, „Nimm das Gör von Thono Kandaya nicht zu sehr in Schutz, meine Liebe, sie ist nichts weiter als Tabaris Verlobte. – Zukünftige Verlobte. Wir sollten die Zeremonie bald machen, bevor das dumme Ding auf die Idee kommt, wegzulaufen! Das würde sie teuer bezahlen, das schwöre ich dir.“ Salihah schnaubte. „Lass mich los, was ist in dich gefahren?! Erinnere dich zur Abwechslung mal daran, dass du nur ein Mensch bist, Kelar, und kein Gott!“ „Dreh dich um!“ befahl er ihr grantig und schob sie an der Schulter bereits herum, bis sie ihm freiwillig den Rücken kehrte und sich schnaubend an der Kommode vor sich abstützte, als er sich von hinten gegen sie drückte und verärgert an ihrem Kleid zu nesteln begann. „Warum können wir nicht wie früher wie normale Menschen miteinander sprechen?“ murmelte sie lustlos, während er verärgert an dem edlen Stoff des Kleides zerrte und das Aufknoten dann aufgab und einfach ihren Rock hochzerrte und über ihren Rücken warf. „Das ist nicht der richtige Zeitpunkt für deine Psychotherapien!“ fauchte er, „Und wieso kannst du nicht was anziehen, das ein normaler Mann aufkriegt?!“ „Wenn selbst ich minderwertige Frau das schaffe…“ stöhnte sie sarkastisch und keuchte dann, als er sie nach vorn schob und seine Hände nach ihren Brüsten fassten. „Du solltest dankbar sein, dass du noch am Leben bist…“ raunte er ihr ins Ohr und sie blinzelte, ein Schauer überkam sie beim rauhen Klang seiner Stimme direkt neben ihrem Gesicht. „Du regelst hinter meinem Rücken Dinge und hetzt die Leute gegen mich auf, weil es dir Spaß macht, mich am Boden zu sehen, du gestörte Sadistin!“ Er fasste fester nach ihren Brüsten und sie stöhnte leise. „Wer tötet denn aus reiner Machtgier Menschen und fühlt sich dabei großartig…? Wer ist der gestörte Sadist von uns, hm?“ Er ließ sich nicht mehr zu einem Kommentar herab und stieß sie gewaltsam gegen die Kommode, ehe seine Hände ihre Brust verließen und über ihren Rücken hinab glitten. „Du wirst deine Dankbarkeit schon noch zeigen, Salihah…“ zischte er dann grantig, indem er ihre Unterwäsche nach unten schob, „Und du solltest nicht an der Richtigkeit meines Tuns zweifeln“ Oh doch, das tat sie. Und sie würde es immer tun, das wusste sie in diesem Moment zum ersten Mal sicher. Und zum ersten Mal wusste sie sicher, dass es keine Hoffnung dafür gab, dass er den Wahnsinn je wieder los würde, mit dem die Geister bereits ihre Strafe für seine Vergehen begonnen hatten… __________________ muahaha XD kelar ist so ein arschkeks XDDD Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)