Mythna von Jeanne-Kamikaze- (Das Erwachen einer neuen Zeit) ================================================================================ Kapitel 12: Axel- In der Hand des Bösen --------------------------------------- 12. Kapitel: Axel In der Hand des Bösen Axel fuhr zusammen und krabbelte auf allen Vieren rückwärts, als der Höllenhund mit großen Schritten auf ihn zukam. Die Köpfe waren gesenkt und der Körper zum Sprung angespannt. Die sehnigen Muskeln spannten sich unter dem samtig glänzenden Fell. Zerberus brüllte und klirrend fielen die Teetassen zu Boden. Der Schwanz, der dem vom Teufel ähnlich sah, schlug zornig hin und her. Der große Hund bleckte die messerscharfen Zähne. Fleischreste hingen zwischen ihnen, obwohl sie sich anscheinend ziemlich lange sich dort befanden, denn sie waren schon leicht verwest. Der Atem von Zerberus wurde zu einer Wolke aus modrigem Geruch nach sich zersetzenden Fleisch, Blut und schlechten Atem und schwebte Axels Kopf. Dem Jungen wurde speiübel und schwindelig von diesem betäubenden Geruch. Der Raum begann sich vor seinen Augen zu drehen. Sein Magen verdrehte sich und die Galle kam ihm hoch. Ein amüsiertes Lächeln lag auf den schmalen Lippen von Dragos. In seinen Augen funkelt das Böse. Ganz vorsichtig wandte Axel den Kopf zu Melanie um. Sie lag noch immer an der Marmorsäule und die Augen waren vor Schreck weit aufgerissen. Blut tropfte leise aus ein paar Wunden in ihren Armen. Ihre Atmung war flach und hektisch. Der Kranz in ihren Haaren war verrutscht- das prachtvolle Gewand zerrissen. Ein flackernder Lichtschein tanzte auf ihrem Körper. „Ich bin ein verwöhntes Kind, Mama, das weißt du doch.“ Das Ziel der Formulierung von Dragos wurde erfüllt. Wut brannte in den gelben Augen der Göttin auf. Der Sinn war sie unvorsichtig zu machen, damit er seinen Plan verwirklichen kann. „Ich will immer Alles und gebe keine Ruhe, bis ich es habe.“ Ein neckisches Grinsen mit versteckter Boshaftigkeit verzog sein Gesicht und es wirkte unecht. Axel schluckte und sein Herz raste nun noch schneller. Ohne Ruhe drehten sich seine Gedanken und Panik erstickte seine Sinne. Sie mussten einen Ausweg finden und zwar schnell. Er blinzelte schnell, so als würde er hoffen, dass es nur ein Traum wäre, doch leider war das alles nur allzu real. Spürte er doch sogar die böse Aura von Dragos, die ihm den Atem nahm. „Und was willst du diesmal, du unartiges Kind?“, fragte Narunia eiskalt. Sie strich sich durch das Haar und setzte sich einen tadelnden Blick auf. Sie stemmte die Hände in die Hüfte und sah nun wirklich aus wie eine Mutter, die gerade mit einem trotzigen Kind sprach. Dragos setzte eine traurige Miene auf, dennoch blieben die Züge hart und die Augen waren kalt. Mit einer rosigen, spitzen Zunge fuhr er sich über die blassen Lippen. Wieder wanderte der Kopf durch den langen Raum. Zerberus stand hinter seinem Herrn und ließ die beiden Shuranas nicht mehr aus den Augen. „Ihr müsst fliehen!“, hallte Narunias sanfte, ernste Stimme in seinen Gedanken und fügte sich in den Gedankenstrom von ihm nahtlos ein. Wäre die Stimme nicht eine andere, hätte es sich glatt um seine Gedanken handeln können. Axel bemerkte, wie Narunia ihn nebenbei eingehend anblickte. Der Junge raufte sich die Haare und warf seiner Freundin einen raschen Blick zu. So richtig mit ihren Gedanken wieder dabei war sie nicht, doch hatte sie sich schon etwas aufgerichtet. Axel legte seine starke Hand an Melanies Arm und Zerberus knurrte warnend. „Wie denn?“, antwortete der Rotschopf hoffnungslos. Er senkte den Kopf und hatte sich bereits in sein Schicksal ergeben. Narunia verdrehte die Augen und sah dann wieder ihren Sohn an. Dieser hatte den Kopf auf die Brust gelegt und schien zu dösen. „Ähem!“, räusperte sich Narunia verärgert und Dragos schreckte aus seinem Nickerchen und blickte sie verschlafen an. Er war eine Provokation, doch Narunia war intelligent genug, um nicht darauf einzugehen. Desinteressiert wandte sie den Blick ab. Zerberus kläffte, doch Dragos hob die Hand, um ihn zurückzuhalten. Sein Blick schäumte vor Wut. Narunia lächelte kalt und schleuderte einen smaragdgrünen Blitz gegen Dragos. Dieser drehte sich in letzter Sekunde weg, der Blitz traf Zerberus genau in der Brust und ließ ihn winselnd zu Boden sinken. Narunia hob die Hand und sprach einen Befehl mit fremder Zunge. Eine weiße Kugel aus Energie sammelte sich vor ihrer Handfläche und schoss schneller als der Schall auf den Höllenfürsten zu. Dieser gähnte gelangweilt, sprach etwas und die Kugel zerschmetterte eine Büste aus hellem Stein. Narunia lächelte noch immer und sprach wieder. Die Kugel, die sich in den Stein gegraben hatte, zitterte und flog nun von hinten auf den Gegner zu. Mit so etwas hatte dieser nicht gerechnet und wurde von einer starken Explosion von den Füßen gerissen. Sein Kopf knallte gegen die Tischplatte und benommen blieb er liegen. Axel erkannte das Zeichen, zog Melanie auf die Beine und rannte, sie hinter sich herziehenden, zum Ausgang. Narunia schritt gemächlich auch ihre Sohn zu. Axel rannte hinter ihren Rücken her und spurtete so schnell er konnte zum Flur zu. Seine Schritte und die von Melanie verhallten in der Ferne. Dragos rappelte sich stöhnend auf. Damit hatte er nicht gerechnet. Verdammt! Verwundert stellte er fest, dass Axel verschwunden war. Dann sah er seine Mutter gut gelaunt Grinsen. Sie pfiff ein fröhliches Liedchen und feixte. Da ging dem bösartigen Sohn ein Licht auf, was vorgefallen war. Sein Gesicht verzerrte sich vor Wut und seine roten Augen glühten wie heiße Lava auf. „Du...!“, knurrte er und auch Zerberus rappelte sich auf den Wink seines Herrn hin auf. Er brüllte wütend, als ein messerscharfer Schmerz durch seinen Körper fuhr. Langsam glitt das rot schimmernde Blut aus seiner Wunde. Er hob den Kopf und schnappte verärgert in die Luft. Sein Schwanz peitschte zornig hin und her. „Du warst dass, du elendiges Miststück.“, fluchte Dragos. Narunia blieb ganz ruhig und gelassen. Sie wusste, dass ihr Sohn stärker war, deshalb hatte sie keine Probleme damit alles zu riskieren. „Ich bin dein Gegner! Ich fordere dich zum Duell!“ Axels Atem flog und er schleifte Melanie hinter sich her, die noch immer neben sich stand. Die beiden rannten über den langen Sternenweg und auch diesmal schien die Tür nicht näher zu kommen. Innerlich fluchte er, denn er hatte jetzt schon große Seitenstreiche. Sein Instinkt wollte die Augen schließen, doch Axel tat es nicht. Es würde ihnen nur schaden. Die rennenden, hastigen Schritte von Axel verklangen in dem unendlichen Raum. Die Sterne funkelten ihnen freundlich zu und die vier Elementsterne glimmen ruhig vor sich hin. Axel interessierte das nicht. Er sah nur nach vorne und dachte nur noch an seine Bewegungen. Es knallte und ein Schrei hallte durch den Raum. Zum ersten Mal seit 10 Minuten blieb er stehen und schnappte nach Luft. Schweiß rann von seiner Stirn. Genervt wischte er ihn weg. Seine Beine waren bleischwer. Er drehte den Kopf über die Schulter und auch Melanie erwachte aus ihrer Trance. Sie blinzelte mehrmals, damit sie endlich wieder richtig gucken konnte. Am wesentlichen Teil des Tempels donnerte eine Explosion und ein Teil des vergoldeten Kuppeldachs flog in die Luft. Steine donnerten zu Boden. Axel weitete seine Augen und er hoffte nur, dass es Narunias Angriff war. Melanie warf ihm einen ängstlichen Blick zu. „Was geht da vor, Axel?“, fragte sie verängstigt und weicht etwas zurück. Ihre Augen schimmerten und sie keuchte. Axel fasste sich an die Beine und blickte von unten zu ihr hinauf. Das Haar klebte in seinem Gesicht und seine Augen blickten zärtlich, aber auch ängstlich in ihre Augen. „Narunia kämpft gegen Dragos, damit wir verschwinden können.“ Er richtete sich auf und zupfte seinen Mantel zu Recht. Sein schwarzer Mantel flimmerte im Sternenlicht und sein Haar glühte. Ein weiterer Knall ließ ihn zusammen zucken und langsam richtete er sich auf und blickte zurück. Ein schwarzer Schatten sprang aus dem Explosionsloch. Geschmeidig wie eine Katze landete Zerberus auf seinen Pfoten. Dragos thronte auf dem kräftigen Rücken des Höllenhundes. Auf dem Rand des Loches hing der schlaffe Körper der Göttin. Axel schrie erneut auf und wich er zurück. Melanie schrie sich die Seele aus dem Leib. Dragos lächelte hinterhältig und seine Augen funkelten sie amüsiert an. „Ach ja, das war ja ein nettes Spielchen, doch nun zu euch.“ Ein kurzer Blick für seine Mutter, doch dann traf die Shuranas sein eiskalter Blick. „Ihr habt doch nicht ernsthaft geglaubt, dass ihr mir entkommen könnt? Böse Kinder!“, tadelte er sie und sein Blick verfinsterte sich. Verrückt! Der Kerl war einfach verrückt! Axel bekam nun richtige Panik. Der hatte doch nicht mehr alle Tassen im Schrank. Sein Herz raste, denn nichts war in seinen Gedanken gefährlicher, als ein verrückter Gegner. Wie um seine Vermutung zu bestätigen, lachte der Hüne irre auf und verdrehte die Augen dabei. „NEIN! DU MISTKERL, DU HAST NARUNIA GETÖTET!“, schrie Melanie. Sie bebte vor Zorn. Sowohl Axel als auch Dragos und Zerberus blickten sie verwundert an. Axel schnaubte. Das letzte was sie jetzt gebrauchen konnten war Heldenmut! Sie mussten eine Lösung für ihr Problem finden, denn nun hatten sie Niemanden mehr, der ihnen half. Er biss sich verärgert auf die Lippen. Dragos schnippte mit den Fingern und strich sich das Haar hinter die Ohren. Er gähnte. Die Kleine beeindruckte ihm nicht im Geringsten. Sie war einfach nur sterbenslangweilig. Typisches Verhalten: Große Klappe, nix dahinter! Ätzend... Theatralisch verdrehte er die Augen und stöhnte. Er beugte sich zu den beiden vor; eine Geste, als wolle er sie ins Vertrauen ziehen. Er hielt seine Hand neben seinen Mund und flüsterte ernst und leise: „Mal ganz ehrlich...meine Mutter war es nicht wert, eine Göttin zu sein. Ständig verkroch sie sich in ihrer Höhle und erlaubte Niemand den Zutritt. Die Welt wird sie nicht vermissen, glaubt mir.“ Axel warf einen Blick zu Melanie die vor Wut schäumte. Dieses, dieses Arschloch. Was fiel ihm ein so über seine Mutter zu reden? Ohne sie würde es ihn gar nicht geben. Ihre Zähne knirschten und ihr Kiefer schmerzte davon. Ihr wurde richtig schlecht, als sie den Kerl sah, wie er selbstsicher und völlig gefühlskalt auf seinem Höllenhund saß. Sie krempelte die Ärmel hoch und wollte auf ihm losstürmen, um ihm mal gehörig die Meinung zu geigen, doch Axel schlang seine Arme um sie und hielt sie zurück. „Lass mich los!“, fauchte sie ihn zornig an. Axel schüttelte genervt den Kopf und hielt sie eisern fest. Es brachte ihr gar nichts, dass sie sich wand wie ein Aal. Er würde sie nicht blindlings in den Tod rennen lassen, so viel stand fest. „Nein! Du wirst sterben, wenn du das tust!“, erklärte er bestimmt und blickte sie ernst an. Seine Stirn lag in Falten und dann warf er einen zornigen Blick auf Dragos zu, der sich genüsslich rekelte und das Schauspiel der beiden Freunde mit Interesse verfolgte. Zerberus hingegen scharrte mit der Vorderpfote und wollte endlich angreifen, doch er musste Dragos gehorchen, da konnte er machen, was er wollte. Er knurrte verärgert und machte seinem Ärgernis Luft. „Willst du Narunia nicht rächen?“ Sie bebte vor Zorn und wehrte sich gegen Axels Klammergriff. Axel biss sich wieder auf die Lippen. Natürlich schmerzte es ihn, dass sie gestorben war, doch es war ihre Entscheidung gewesen. Narunia hatte sich geopfert um ihnen die Flucht zu ermöglichen und nicht, damit sie sich blindlings ins Verderben stürzten. Das würde nur das Andenken ihrer Seele beschmutzen. Er wandte traurig den Kopf ab. Am Ende hatte sie wie eine wahre Göttin verhalten und im Stillen zeugte er ihr seinen Respekt. Er hielt den Kopf andächtig gesenkt und murmelt ein Respektbekenntnis auf Mythanisch. Melanie hörte diese Worte und hörte auf sich in seinen Armen zu drehen. Ihr Körper zitterte, denn sie verstand, was er sagte. Dennoch versuchte sie auf Dragos zu zu rennen, doch Axel drehte sie einmal um 180° und schubste sie in Richtung Ausgang. Melanie protestierte lautstark und strampelte mit den Beinen. „Renn! Du hilfst niemanden damit, wenn du einen Heldentod stirbst. Außerdem könnte ich es nicht ertragen.“, flüsterte er ihr leise ins Ohr. Melanie zuckte zusammen und ein Schauer lief an ihrem Rücken hinab. Sie hob zu einer Erwiderung an, doch die messerscharfe Stimme von Dragos schnitt dazwischen: „Wer flüstert der lügt.“ Er gluckste und wischte sich mit dem Arm über den Mund. Doch sofort verfinsterte seine Miene sich. „Es gibt für euch kein Entkommen. Schließe dich mir an, Axel und ich lasse deine Freundin am Leben, ansonsten...“ Er lächelte heimtückisch und tätschelte Zerberus wie ein Junge seinen süßen Welpen und kraulte ihn hingebungsvoll hinterm Ohr. Ein zufriedenes Bellen hallte wieder. Zerberus Köpfe fletschten die Zähne und leckten verlangend über ihre Zähne. „...wird sie ein schöner Snack für meinen süßen Freund hier. Denk bloß an Camizu.“ Ein böses Lachen entfuhr der Kehle von Dragos und Axel schreckte zusammen. Er riss die Augen weit auf und blankes Entsetzen spiegelte sich in ihnen wieder. Angst flutete in ihm auf. Er spürte, wie die Kälte, die von Dragos ausging, nach ihm griff und ihm erneut den Atem nahm. Er keuchte und seine Augen sind nun so groß wie Tennisbälle. Bloß das nicht! Er zitterte und ließ die verdutzte Melanie los. Er zitterte und Tränen brannten in seinen Augen. Nein! Er hatte es doch verdrängen wollen. Die Bilder legten sich wieder wie eine undurchdringliche Wand vor seine Augen. Tosende Flammen, die nach neuem Brennstoff suchten; in wilder Panik flüchtende Menschen, die schrieen; ein riesiger, schemenhafter Schatten am fernen Horizont, der in einer gigantischen Flammenwand flackerte. Man hörte das Knacken von zerberstenden Knochen und das Platschen von auseinander spritzenden Blut und Eingeweiden. Er zischte und knarrte, als die heiße Luft nach oben stieg. Axel spürte wieder die unglaubliche Hitze auf seiner Haut, die ihm umfing und sein Blut zum brodeln brachte. Er hörte wieder das schaurige Heulen des Monstrums, was das ganze Dorf hinunterschlang. Kinder weinten und der Geruch von zerborstenen Holz und verkohlter Luft stieg mit der Luft in die Höhe. Ein starker Wind pfiff durch die Gassen, als die Luft von außen, auf Grund des Unterdrucks, eingezogen wurde. Häuser zerbarsten und das Pflaster wurde von den Straßen gerissen. Sein Körper zitterte unter der erneuten Last dieser Erinnerungen. Er sank zu Boden und wimmerte vor Angst. Melanie blieb verdattert stehen und blickte zwischen Dragos, welcher erfreut grinste und dem völlig verängstigen Axel hin und her. „Wa...warst du dass damals? Hast du mir alles genommen? Hast du mich dazu gebracht mich zu verschließen und mir zu schwören, mich nie wieder zu öffnen, damit ich nicht noch einmal von solchen Gefühlen zerrissen werde? War es deine Schuld, dass ich mein Versprechen an mich selbst brechen musste? Habe ich dir das alles zu verdanken?“ Zu Erst war seine Stimme nichts weiter, als ein von Tränen und Verzweiflung erstickter, geflüsterter Hauch, doch mit jeder Frage wurde seine Stimme gefasster und zorniger, bis er am Ende fast schrie. Er richtete sich langsam auf und blickte dem Höllenfürsten direkt in die Augen. Alle Angst fiel wie eine Schneeschicht, die beim Aufstehen von einem herabfällt, wenn man aufsteht, von ihm ab und sein Blick war nun so kalt, wie der von Dragos. Dragos legte neckisch den Kopf schief und klopfte mit seiner starken Hand im Takt einer unhörbaren Musik auf den stählernen Oberschenkel. Er pfiff scheinheilig und wandte den Kopf von Axel ab, wie ein Kind. „Junge, ist du dir überhaupt bewusst, was du mir da vorwirfst?“ Er blinkte ihn nun empört an und hob beleidigt den Kopf zur nicht vorhandenen Decke. „Das ist ja allerhand, aber ja...“ Er grinste. „...ich bekenne ich in allen Punkten der Anklage für schuldig. Ich habe dir dein Leben zur Hölle gemacht und ich war es auch, der dafür sorgte, dass du die Schreie deiner Freunde auch heute noch in der Stille der Nacht hörst und keine Ruhe findest.“ Er bleckte seine Zähne und Axel vermutete, dass es ein Grinsen sein sollte, doch es sah eher nach einem Vampir aus, der nach Blut gierte. Axel ballte die Hand zur Faust und seine Fingernägel schnitten in sein Fleisch. Er war es also gewesen. Er war es gewesen, der ihn immer schweißgebadet aus dem Schlaf aufwachten ließ. Er bebte vor Wut, doch die Erinnerungen waren zu stark. Er konnte nichts tun. Da fiel ihm sogar ein, was das überhaupt bedeutete. Was für eine Macht er hatte. Er spürte auch, wie Melanie neben ihn sich auch nicht mehr bewegen konnte. Zerberus knurrte erneut verlangend. „Wie lautet deine Entscheidung?“ Wie ein drohendes Schwert hing die grollende Stimme über Axels Kopf. Er wusste nicht, was er tun sollte. Es wäre einfacher ja zu sagen, doch dann würde er seine Prinzipen verwerfen und sich, Melanie und Narunia verraten und das war noch ausgeschlossener. Er suchte den Blick seiner Freundin und fand ihn auch. Sie zitterte vor Angst, doch ihre Haltung war entschlossen. Axel konnte sich vorstellen, wie es in ihr aussah. Einerseits war der Wunsch zu leben groß, doch er las in ihren Augen, dass sie nicht wollte, dass er die Seiten wechselte. Axel blickte ihr traurig in die Augen und sein Blick bat um Verzeihung. Dann blickte er entschlossen Dragos an und sagte mit gefasster Stimme: „Nein!“ Dragos Gesicht, welches ihn vorher gleichgültig angesehen hatte, verzog sich zu einer zornigen Fratze. Er nickte seinen tierischen Gefährten zu. Dieser freute sich sichtlich. Noch bevor Axel sich versah, züngelte ein Flammenstrahl nur Zentimeter an seinem Ohr vorbei. Das Feuer war schneller als der Schall und Axel hatte keine Zeit mehr um auszuweichen. Er blieb stocksteif- sogar etwas zu gerade. Seine Augen waren weit geöffnet und es knisterte laut in seinem Ohr, als die Flammen seine Haare verbrannten. Nun flammten wieder die Erinnerungen auf und durch die Flammen waren sie stärker denn je. Die Farben der Erinnerungen wirkten nun noch echter, Axel roch die starken Gerüche noch mehr. Die Schreie waren noch lauter und klarer zu verstehen. Die Erinnerungen flammten nur kurz auf und verloschen mit dem Feuer. Axel hatte nicht gehört, dass Melanie geschrieen hatte, doch er sah es an ihrem geöffneten Mund. Er konnte sich nicht rühren. Sein Körper schien auf dem Boden festgefroren zu sein und er konnte sich nicht bewegen, so sehr er es auch versuchte. Er war erstarrt- sogar sein Geist schien gelähmt zu sein. Der Druck und die Gewissensbisse, die die Ereignisse in dem kleinen Dorf Camizu in ihm hervorrufen, sind zu stark für sein Gemüt. Axel wurde die Tragweite erst jetzt bewusst. Er hatte es mit einem Gegner zu tun, der seine eigenen Gefühle kontrollieren konnte. Gegen so einen Gegner hatte er keine Chance. Ohne weiter auf den verrückten Kerl zu achten, nahm er Melanies Hand und rannte mit ihr davon. Er hörte auf nichts mehr- weder das wütende Gebrüll von Zerberus, den spitzen Schrei von Melanie, noch die donnernde Stimme von Dragos. Er rannte- rannte einfach davon- davon vor seiner Vergangenheit. Er dachte nichts mehr und rannte in heilloser Panik davon. Fünf für ihn endlos erscheinenden Minuten später kam die Tür, die zum Wolfsstamm führte näher, doch es würde noch Ewigkeiten dauern, bis er sie erreichen würde, denn er hatte kaum noch Kraft. Selbst das Adrenalin, was in seinem Körper zirkulierte, half ihm auch nicht mehr weiter. Ein weiterer Aspekt, der die Situation richtig schwierig machte, war, dass nicht nur er sich bewegte. Mit jedem Schritt den er tat, bewegte sich auch Zerberus. Das bedeutete, sobald seine Füße den Boden berührten, wurde er von den Erzitterungen des riesigen Höllenhundes direkt wieder in die Luft geschleudert. Er konnte einfach keinen Boden gut machen, doch die Anstrengung blieb dieselbe. Einmal hatte er sogar das Gleichgewicht verloren und hätte fast einen Purzelbaum geschlagen. Nur mit gerade nach vorne gestreckten Beinen hatte er es verhindern können. Nun rannte er weiter und holte wirklich alles raus, was sein Körper zu bieten hatte. Doch so allmählich ließ sein durchtrainierter Körper ihn im Stich. So viel hatte er ihn noch nie abverlangt. „KIRARAN!“, schrie Melanie und öffnete mit einer Druckwelle die Tür. Die Tür explodierte und zerbrach in tausend Stücke. Sie lächelte und Axel nickte ihr anerkennend zu. Sie rannten durch die Tür und hasteten so schnell sie konnten den langen Flur entlang. Hell klangen ihre Schritte auf dem Gestein. Das Geheule der Wölfe hörte man hier nur ganz leise. Es klang ruhig- wie an einem normalen Tag. Von der Gefahr, die sich von oben herantrampelt ahnten sie noch nichts. Axel schwang sich auf das Geländer und rutschte, sein Gewicht immer richtig verlagernd, hinunter, um seine Kräfte zu schonen und schneller zu entkommen. Hinter sich hörte er das dumpfe Geräusch von Melanie, die ebenfalls am Geländer hinunter glitt. Ein donnerndes Knurren ließ den Berg erzittern, als Zerberus mit Verdruss und Missgunst feststellte, dass er nicht durch den kleinen Türrahmen passte. Geschmeidig wie eine Katze sprang er vom Geländer herunter und Melanie landete hinter ihm. Er hörte ihren schnellen Atem in seinem Ohr. Zwei Wölfe lösten sich aus dem Fellkugel. Es waren Shurum und Traian, die mit besorgten Mienen auf sie zu trotten. „Melanie, Axel, was ist hier los? Ihr seht aus, als wäret ich einem Gespenst begegnet!“ Axel drehte sich zu Melanie um. Sahen sie das? Ihr Haar war an einer Seite versenkt und roch streng nach Qualm. Sie war aschfahl und ihre Lippen waren blass. Ihre Augen zitterten noch immer und ihr Körper auch. Axel sah an sich hinab. Sein Gewand war zerrissen und verbrannt. Er fühlte sich einfach nur müde. Eine bleierne Schwere lag auf ihm. „Das haben wir auch, Shurum...hol bitte Wildheart und Destiny. Wir haben was zu berichten, aber zunächst müssen wir hier raus.“ Damit ließ er die beiden Wölfe stehen, die im verdutzt nachsahen. Melanie seufzte einmal kurz und folgte ihm. Wenig später schlossen Wildheart und Destiny zu ihnen auf und Axel berichtete knapp, was vorgefallen war. Sofort verschwanden die beiden wieder, um sich etwas einfallen zu lassen. Die panische Flucht der beiden blieb von den Wölfen natürlich nicht unbemerkt. Als die beiden die große Halle durchquerten, sich durch die schwach flimmernden Gänge schlängelten, ging ein verwirrtes Geheule durch die breite Masse. Panik breitete sich unter den Wölfen aus und sie rannten noch hektischer hin und her. Axel interessierte es nicht. Er war nur mit sich selbst beschäftigt. Er wollte nur weg, alles andere war ihm egal. Das Gras wog stark im Wind und vereinzelt wurde es von dem Sturm aus dem Boden gerissen. Der starke Wind fauchte wie eine Katze, der man auf dem Schwanz getreten war. Axel trat aus dem Ausgang des Gebirges und sein Gewand flatterte stark im Wind. Er ließ den Blick über die Ebene schweifen. Wie eine Welle breitete sich der Wind über das trockene Gras aus. Es knarrte und donnernd rollten ein paar kleinere Steine vom Berg hinab. Axel warf einen Blick zu den dunklen Wolken hinauf, die nun noch dichter und unheilvoller um den Berg schwebten. Blitze zuckten aus ihnen und erhellten die Ebene in einem gleißenden Licht. Der Donner folgte direkt und ließ die Erde zittern wie bei einem Erdbeben. //Das Wetter passt zumindest perfekt!//, dachte Axel genervt und machte sich auf dem Weg um den Vorsprung zur Ebene hinunter zu klettern. Wohin sie flüchten sollten? Er wusste es nicht, doch ehrlich gesagt, glaubte er nicht so Recht daran, dass ihnen die Flucht überhaupt gelingen würde. Aber er wollte es wenigstens versucht haben. Noch einmal fuhr er sich nervös mit der Zunge über die Oberlippe und rutschte dann den steilen Abhang hinab. Melanie blieb ihm dicht auf den Fersen. Eine Flucht würde sich als äußerst schwierig erweisen, da alles ja schön von Gebirgen eingekesselt war. Er rannte weiter und hörte die Schritte von Melanie hinter sich, doch so sehr ihm der Gedanke abstieß, auch das war ihm in diesen Moment egal. Er wollte bloß weg von dem Mann, der ihm wieder die Schmerzen seiner Vergangenheit ertragen ließ. Wieder einmal rannte er davon, davon von der Schuld, die er sich gab. „Warum hast du das getan, Axel?“, hallte eine traurige Stimme in seinem Kopf wieder und er zuckte zusammen. Es war die Stimme eines kleinen Jungens, der längst nicht mehr existierte. Der Gedanke ließ sein Herz zersplittern. Wieder flackerten die Bilder vor seinen Augen auf, doch er erlöschte sie schnell. Salimar und Strahlentau kamen über eine Gebirgsausläufer herangesprengt. Die Hufe donnerten auf dem Boden, doch sie kamen nicht annähernd gegen das Himmelsgrollen an. Das Fell wirkte nicht ganz so glanzvoll wie sonst, denn es war stockfinster. Die beiden Reittiere blieben nicht stehen und die Shuranas schwangen sich auf den Rücken und passten sich direkt dem Rhythmus der fegenden Hufe an. Es platschte und es klang wie nach einem Vulkanausbruch. „Verräter!“ Diesmal zuckten zornige Männerstimmen durch Axels Kopf. Der Junge bebte. Er verkrampfte sich auf Salimar. Nein! Ein Blitz zuckte durch seinen Kopf. Ein schmerzendes Gefühl durchflutete seinen Körper. Wieso ließ sie ihn nicht einfach in Ruhe? Seine beschissene Vergangenheit...er mochte nicht mehr. Wieso konnte er sie nicht einfach ruhen lassen? Er würde später noch genug Zeit haben darüber nachzudenken. Später...falls sie überleben würden. Er biss sich schmerzhaft auf die Lippen um sich in die Realität zurück zu holen. Das war nun verdammt fehl am Platze. Er sollte nun nicht im Selbstmitleid versinken. Er schaute zum Himmel hinauf. Er war rot gemalt, wie mit einem viel zu nassen Pinsel, vom Regen. Es war ein blasses und dennoch leuchtendes Rot, wie von einem Feuer. Feuer...wie sehr er dieses Element doch hasste. Es ließ ständig die Erinnerungen in ihm hochleben, wie in einem Horrorbilderbuch. Er hatte genug gelitten, er wollte nun endlich glücklich sein, doch es war ihm nicht vergönnt. Anscheinend war ihn noch nicht einmal die Liebe vergönnt, denn Melanie schien sauer auf ihn zu sein. Verdammt! Er fluchte und beugte sich tiefer in Salimars Mähne. Ein Grollen ließ die Ebene erzittern und Axel wandte den Kopf um, sah weg und trieb Salimar noch mehr an. Dragos und Zerberus kamen aus dem Berg gesprungen. Anscheinend gab es oben eine Öffnung, wie bei einem Vulkan. Zerberus brüllte ein kampfbereites Brüllen und spurtete mit riesen Sprüngen über die Ebene. Wieder sprudelte die Angst in Axel hoch und nun gab Salimar alles, was er konnte. Strahlentau preschte Rechts an ihm vorbei. Melanie lag tief über die helle Mähne gebeugt und das Gewand flatterte. Ihre Haare waren vollkommen zerzaust. Ein Feuerstrahl zuckte über die weite Steppe und entfachte das trockene Gras. Knisternd breiteten die zunächst kleinen Funken immer weiter hoch und eine Flammenwand schoss aus der Erde. Axel blickte mit verängstigten Augen dem Feuer entgegen. Er konnte nicht mehr ausweichen. Sein Leben zog an ihm vorbei und sein Herz schlug in seinem Hals. Er schrie auf. Es war aus und er schloss die Augen. Sein Geist wartete bloß noch auf den kurzen Schmerz und dann auf das ewige Nichts. Doch soweit kam es nicht. Ein weiterer, heißer Feuerwall zischte hinter ihm vorbei und lenkte den ersten ab. Die Luft flimmerte und flüchtete in den Himmel hinauf. Axel öffnete die Augen und hörte den wütenden Aufschrei von Dragos. Ihre Reittiere hatten sich nicht verunsichern lassen und rannten weiter. Axel vernahm hinter ihn das Rauschen wie von großen, ledernen Schwingen. Ein Schwall rasend schneller Luft ließ seine Haare wehen. Axel wollte gar nicht sehen, was hinter ihm war. Sicher ebenfalls nichts Gutes. Außerdem spürte er eine Veränderung in seinem Reittier. Die Ohren spielten nach hinten und die Bewegungen wurden etwas unbeholfener. Es schien so, als wolle er mit aller Kraft versuchen jemanden zu beeindrucken. Salimar bog nach links ab und Strahlentau nach Rechts. Axel war verwundert. Wieso taten sie das? Ein rubinroter Drache flog zwischen den beiden hindurch. Er flog ganz dicht über dem Boden und kraftvoll hielten ihn seine großen Schwingen in der Luft. Sein Schwanz ruderte durch die Luft, damit er das Gleichgewicht hielt. Axel riss die Augen aus. Wow, war das ein Anblick! Unglaublich! „Wow!“, entfuhr es auch Melanie. „CANZOR!“, grollte die Stimme von Dragos durch das Tal und sie schien vom Himmel zu kommen. Mit einem kräftigen Flügelschlag entfachte der Drache einen kleinen Wirbelsturm unter seinen Flügeln und flog einen halben Looping, drehte sich einmal halb um die eigene Achse. Danach legte er die Flügel an die glänzenden Schuppen und stürzte, eine heiße Flamme speiend, auf den Höllenhund zu. Zerberus stieß die Vorderpforten vom Boden herab und schnappte nach Canzor. Canzor flog eine Schraube und versetzte dem Hund einen Prankenhieb. Axel sah nicht hin. Er wollte die Chance nutzen, doch dann spürte er wieder die eisige Kälte an ihm hoch kriechen, dabei brannte das Feuer überall und warf tanzende Schatten auf die Umgebung. Es fühlte sich an wie der eisige Atem des Todes, der nach ihm griff. Was allen während der Aufregung völlig entgangen war, dass Dragos nicht mehr auf Zerberus saß. Leise hatte eine dunkle Wolke sich von den anderen gelöst und glitt nun lautlos auf Axel und Melanie zu. Je näher die Wolke kam, desto mehr verschwand die Wärme. Man bekam das Gefühl, dass man nie mehr glücklich werden würde. Es war so ein eisiger Klammergriff, den man sich unmöglich entziehen konnte. Ganz behutsam kam die Wolke herab, waberte hinter Axel und nahm Gestalt an. Axel hörte ein Rascheln hinter sich und ein rasselnder Atem drang an sein Ohr. Panik erstickte ihn. Etwas verschloss seinen Mund, sodass er noch nicht einmal schreien konnte. Mit einem starken Ruck wurde er vom Rücken gezerrt. Er krachte auf dem Boden. Er versuchte sich aufzurappeln, doch Jemand drückte ihn brutal zu Boden. „Ich habe doch gesagt, dass ich das bekomme, was ich will.“, flüsterte eine gefährliche Stimme in sein Ohr. Axel zitterte stark und hätte gewimmert, wenn man ihm nicht den Mund zu halten würde. In seinen Augen spiegelte sich blanke Panik wieder. Melanie schrie, doch Axel hörte nur das Rauschen seines rasenden Blutes. Eine kräftige Hand packte in seine Haare und zerrte ihn in eine zu aufrechte Haltung. Axel entlud den Schmerz in einen riesigen Schrei. Er wurde fest an einen Körper gepresst. Dragos hatte sich hinter ihm materialisiert und presste seine Handfläche gegen seinen Mund. Der Junge bekam keine Luft mehr und der Atem ging extrem flach und hektisch. Die noch nicht vollkommen hergestellten Konturen waberten und leckten um seinen Körper. Eine Gänsehaut bildete sich auf seinen Armen und ihm wurde abwechselnd heiß und kalt. Momentan überwog aber die erstickende Kälte. Axel wimmerte. Er hörte Canzor brüllen und Melanie wieder einmal Schreien, doch er beachtete nichts. Er hatte einfach zu große Angst. Angst vor dem, was nun unausweichlich war. Strahlentau sprengte herum und Melanie versuchte ihn mit ausgestreckter Hand festzuhalten. „Ich werde dich schon noch gehorsam machen!“ Tränen rollten aus den grünen Augen von dem Jungen. Welche Pein würde ihn erwarten? War sein Leben nicht schon schlimm genug gewesen? Er sah seine Freundin ihm etwas zu rufen, doch er verstand sie nicht. Nun war es zu spät. Axel wurde von der Kälte übermannt und fiel in Ohnmacht. Dragos zerrte ihn mit sich in die Dunkelheit. Das letzte was er wahr nahm war der schrille Schrei von Melanie, die seinen Namen kreischte. Danach wurde alles schwarz und er versank im Nichts. Eine schwarze Pfütze bildete sich unter seinen Füßen und Dragos versanken in ihnen. Sie verschwanden von der Kampffläche. Der Junge war nun in der Hand des Bösen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)