Mythna von Jeanne-Kamikaze- (Das Erwachen einer neuen Zeit) ================================================================================ Kapitel 15: Die Geburt des Bösen -------------------------------- 15. Kapitel: Dragos (vor 10.000 Jahre) Die Geburt des Bösen Dragos war es leid. Immer wieder dieselbe Leier. Wie sehr er das doch alles hasste. Jeden Tag dasselbe Spiel und das nun seit schon 15 Jahren. Er trabte wütend durch die große Halle von ihrem Tempel. Die Halle endete in einem Kuppeldach mit künstlerischen Bemalungen. Elegant geschwungene Marmorsäulen, die von Blattgold wie feine Adern durchzogen wurden, stützten die Kuppel ab. Ein langer Tisch mit feiner Maserung stand in der Mitte der Esshalle. In den Nischen der Halle versteckt, standen wertvolle Vasen und Skulpturen. Dragos raufte sich durch sein schulterlanges, rabenschwarzes Haar. Kitsch pur und nichts von Belang. Er konnte damit nichts anfangen. Dragos war nun 15 Jahre alt- für nach Menschenstandard und für einen Halbgott nicht besonders alt- dennoch war er bereits mit einem wachen, klaren Verstand, der alles erfasste, gesegnet. Der Jugendliche hatte ein markantes Gesicht mit hohen Wangenknochen. Das schwarze Haar fiel glatt bis zur Schulter hinab. Auch er hatte die schwach gelben Augen seiner Mutter. Er trug einen braunen Stoffwams, der seinen sportlichen Körper verbarg. Braune Lederstiefel rundeten das Aussehen ab. Dragos war intelligent und äußerst begabt, doch genau das gefiel ihm manchmal nicht. Da er „nur“ ein Halbgott war, hatte er nicht die Ignoranz, wie er es nannte, der Götter geerbt, sondern den kritischen Verstand der Menschen. Seine Mutter konnte ihm erzählen was sie wollte. Es war nicht alles gut. Schon seit einiger Zeit veränderte sich das politische Klima gewaltig. Die Luft war von Spannung erfüllt und wenn die Götter weiterhin alles abtaten, weil sie Angst davor hatten endlich mal Taten folgen zu lassen und aus ihrem Alltagstrott auszubrechen, dann würde ein Krieg ausbrechen. Seit Oranum den Fluch über das Land gelegt hatte, war es am Brodeln. Ein Widerstand sammelte sich in den Städten und Wut kochte immer weiter hoch. Die Bevölkerung war sauer auf die Götter, dass sie ihnen so einen Herrscher gesandt hatten, dabei konnten diese gar nichts dafür. Doch die Götter ignorierten das alles und versuchten nur zu beschwichtigen, anstatt zu versuchen die Situation zu verbessern. Lange würde es nicht mehr dauern und dann war es zu spät. Mit einem kräftigen Stoß öffnete der junge Halbgott die schwere Eichentür, die zu einem langen Gang führte. Dragos blieb stehen und ließ seinen wachen Blick wandern. Piräus, das kleine Drachenjunges von Dragos, welches vorher auf einem Fenstersims gedöst hatte, flatterte auf die Schulter von seinem Herrn und brummte zufrieden. Er stupste Dragos mit seiner Nase an. Er war gerade Mal eine Elle lang und hatte azurblaue Schuppen, wo von aber manche auch braun waren. Gelb-braune Augen blickten den Jugendlichen an. Der Schwanz hing über den Rücken des Jungen. Die ledernen Schwingen waren an dem Körper gepresst. Gut dass der Halbgott einem Wams trug, denn sonst würden die Krallen Wunden in seine Schulter schlagen. Gedankenverloren strich der Junge dem Drachen über die Schuppen. Sie waren kühl und glatt. „Dragos, was ist los? Du wirkst so missmutig.“ Der Junge schnaubte wütend und spähte in die Gänge. Und wie er das war. Auf beiden Seiten endete der Gang im schwummrigen Dämmerlicht. Der schwere, rote Teppich schien leicht zu glühen. Der Gang war hoch und gewölbt. Er erinnerte ein wenig an das Mittelschiff einer großen Kirche. Der Junge schnalzte und beobachtete die Staubflusen, die ruhig über seinem Kopf in der dicken Luft trieben. Wie konnte er gut gelaunt sein, wo ihm das Verhalten seiner Verwandten und Kameraden doch so krank machte? Es war einfach nicht zu aushalten. Es musste endlich etwas geschehen. Jemand musste das Steuer in die Hand nehmen und endlich etwas unternehmen und nich auf ein Wunder warten. „Hey, jetzt drifte nicht wieder in deine Überlegungen ab, sondern erklär mir war los ist!“, meckerte Piräus und zwickte ihm kurz ins Ohr. Dragos zuckte und blickte den kleinen Drachen verwundert an. Piräus war ein Zwergdrache, der nicht viel größer werden würde, als er jetzt war. Zwergdrachen waren eine andere Art von Drachen und Piräus war Dragos einziger und somit auch bester Freund. Er kannte den Sohn der Schicksalsgöttin in und auswendig. Wusste, was er dachte und teilte fast immer seine Meinung. Manchmal kam es aber auch zu heftigen Diskussionen zwischen den beiden und dann war Dragos in seinem Element. Dragos kam nie aus dem Tempel seiner Mutter hinaus. Jeden Tag lief es gleich ab: Lernen, Kämpfen, Magie Training und das jeden Tag. Es ging ihm auf die Nerven. Er wollte endlich aktiv werden und... „Dragos!“, mahnte die Stimme von Piräus. Dragos schüttelte den Kopf. Er ließ sich leicht ablenken und war dann abwesend. „Ja, du hast Recht, Piräus. Ich bin total genervt.“ Der Halbgott setzte sich so ruckartig in Bewegung, dass der kleine Drache fast von seiner Schulter gepurzelt wäre. Piräus gab ein missmutiges, wütendes Gebrummel von sich. Mühsam kletterte er wieder auf die Schulter von Dragos zurück, dabei schlug er mit den Flügeln in die Luft. Der hatte ja wirklich miserable Laune. Das war gar nicht gut, kam aber in letzter Zeit leider häufiger vor. Früher war er ein aufgeschlossener, fröhlicher Junge gewesen, aber seit gut einem halben Jahr wurde seine Laune zusehends schlechter und seine Miene ernster und steinern. Seine Mutter bekam von alle dem nichts mit, denn die war den ganzen Tag damit beschäftigt ihrer Aufgabe nachzugehen und Dragos war ein guter Schauspieler. Er wusste wie er seine schlechte Laune am Abendtisch vor seiner Mutter zu verbergen hatte. Nicht, dass diese die kleinen Seitenhiebe oder Andeutungen ihres Sohnes zu verstehen wusste. Eigentlich, dass musste sich Piräus schmerzhaft eingestehen, wusste Narunia nichts über ihren Sohn. Sie wusste, dass er super intelligent war, das war es dann aber auch schon. Doch wusste sie nicht, dass er sich nach ihrer Liebe und Nähe sehnte. Er war im Prinzip ohne Eltern aufgewachsen und er wollte doch nur wie ein Sohn behandelt werden und nicht wie irgendein Mitbewohner, den man ingnorierte, der vielleicht sogar lästig war. Sie war zu beschäftigt, sagte sie. Das wurmt Dragos schon ungemein. Nur vor Piräus konnte er offen sprechen, aber auch das wurde immer seltener. Der Junge lebte nur noch in seinen Gedanken und Wissen und wurde selbst vor Piräus immer verschlossener. „Man, bist du heute aber übel gelaunt! Ist es wieder wegen deiner Mutter?“ Kameradschaftlich legte Piräus seinen Schwanz um Dragos Hals, doch dieser biss sich nur auf die Lippen und gab kein Wort von sich. Der Zwergdrache verdrehte die Augen. Na prima! So konnte man dem Jungen ja wirklich gut helfen. Er konnte doch keine Gedanken lesen. Manchmal ging ihm sein Herr echt tierisch auf die Nerven. Er öffnete die Flügel und schloss sie wieder. Eine Angewohnheit, die er immer machte, wenn er genervt war. Er reckte den Kopf und betrachtete die mit Holzbalken ausgekleidete Decke. Der Junge passierte ein staubiges Wandgemälde, dem er keine Beachtung schenkte. Es zeigte einen Herrscher, der im prächtigen Nerz gekleidet war und herablassend aus kleinen, braunen Augen auf den Halbgott herabsah. Als Dragos an dem Gemälde vorbei schritt, folgten die Augen ihm. Der Halbgott war nicht blöd und bemerkte das sofort. Der Jugendliche blieb stehen und warf dem Gemälde einen verachtenden Blick zu. Dragos stemmte die rechte Hand in die Hüfte und seine Miene verdunkelte sich noch mehr. Er zog die Augenbrauen herunter und legte die Stirn in Falten, während er auf die goldene Rüstung des Herrschers starrte. „Verschwinde, Oranum! Das hier ist ein Privatgespräch.“, knurrte der Junge. Der Geist des ehemaligen Herrschers lebte nun schon seit einem Jahr in dem Tempel und tauchte immer genau dann auf, wenn es am wenigsten passte. Wieso er gerade erst jetzt kam, nachdem er bereits seit 5000 Jahren, was für Dragos eine kurze Zeit war, denn Halbgötter konnte fast unendlich alt werden und alterten kaum, verstorben war, verstand der Junge nicht- interessierte ihn aber auch nicht. Das Auftauchen des ehemaligen Herrschers konnte einem auf die Nerven gehen und außerdem wurde Dragos das Gefühl nicht los, dass Oranum ihn verfolgte. Eine milchig schimmernde Plasmakugel, die ständig ihre Form veränderte, kam aus dem Bild heraus. Das Licht verlor sich auf der Oberfläche und lies die Kugel teilweise blau schimmern. Piräus betrachtete die Kugel mit Misstrauen und Abscheu. Der Zwergdrache legte das schmale Haupt mit den zwei Hörnern und der braunen Mähne schief. Eine Staubfluse landete auf seiner Nase und verärgert blies er sie wieder in die Luft. Dragos hob eine Augenbraue und blickte die Seelenkugel des verstorbenen Königs desinteressiert an. Was er wohl diesmal von ihm wollte? Der Junge gähnte herzhaft um deutlich zu machen, dass er an einer Konversation nicht interessiert war. Wie oft der König ihn doch schon beschwafelt hatte, doch mit dem wenig politischen Wissen, was Dragos seines Erachtens hatte, war das alles Müll, den man am Besten direkt in die Tonne kloppte. Wie eine Nebelkugel schwebte das, was von Oranum übrig geblieben war, vor dem Gesicht des Halbgottes und erhellte dieses, so dass seine gelben Augen wie Blitze aufleuchteten. Piräus knurrte warnend und die Oberfläche der Kugel kräuselte sich verärgert. „Hör zu, Dragos...ich...“, begann die hallende Stimme, die so klang, als würde er durch einen Nebel sprechen, den erneuten Versuch Dragos auf seine Seite zu ziehen. Der stöhnte jedoch genervt auf und blickte flehend zum Himmel, der nun zur Nacht wurde, hinauf. Bitte nicht schon wieder. Gab dieser Kerl denn niemals auf? Das gab es doch nicht. Noch nie hatte Dragos einen so nervigen Kerl erlebt. Piräus schnappte zornig nach der Kugel und schlug mit dem Schwanz über Dragos Kopf hinweg, als wolle er die Kugel wie einen Baseball wegschleudern. Blitze schienen aus den Augen von Piräus zu springen. Die Kugel ließ sich fallen und entkam so sowohl den scharfen Zähnen als auch dem Schwanz. Dragos legte seine linke Hand auf den Drache um ihn beruhigen. Er wollte doch bloß seine Ruhe und in der Bibliothek ein bisschen lesen. War das denn zu viel verlangt? Aber nein, es musste natürlich erstmal Stress geben, denn wenn sich Zwei so verhielten wie Öl und Feuer, dann diese beiden. Die konnten sich auf den Tod nicht ausstehen und das ging Dragos tierisch auf dem Keks. Das könnte ja noch heiter werden. „Ganz ehrlich, Oranum, ich habe keine Lust mich mit dir unterhalten. Ich habe miese Laune und nachher sage ich etwas sagen, was ich später bereue. Wenn du also die Güte hättest und verschwinden würdest.“, winkte Dragos ab und Piräus nickte heftig zustimmend. Dragos verdrehte theatralisch die Augen und drehte der Kugel den Rücken zu. Diese schwirrte direkt um den Körper des Jungen herum und war wieder vor ihm. Unwirsch haute er die Kugel mit einer Handbewegung weg. Er ignorierte sie und setzte seinen Weg fort, dass die Kugel ihn noch immer umschwirrte und vor seinen Augen hüpfte, versuchte er dezent zu ignorieren und Piräus gab sich betont hochnäsig. Die Bibliothek war ein runder Raum, der in zwei Etagen aufgeteilt war, wo die Regale bis zur Decke reichten. Die abgestandene Luft roch nach Leder. Durch große Fenster drang das fahle Mondlicht in den Raum und die Strahlen trafen sich genau in der Mitte des Raumes, wo ein großer Tisch stand. Dragos blickte sich lange um und suchte nach dem Regal, wo das gesuchte Werk stehen könnte. Wo war es bloß versteckt? Es gab unzählige dicke in Leder gebundene Wälzer und ihre Buchrücken starrten den Jungen mit leeren Blicken an. Schließlich fuhr er sich durch das glatte Haar und kraulte danach seinen Drachen kurz, der genüsslich den Kopf zur Seite drehte, damit der Junge ihn auch wirklich gut kraulen konnte. Dragos Blick war angenervt und seine helle Haut schien im Mondlicht zu strahlen. Er blinzelte und entdeckte die richtige Ecke. Oranums Plasmakugel war ihm nun gerade sogar Recht, weil sie ihn als Erleuchtung diente und er deshalb keine Fackeln anzünden musste, die ihn hätte verraten können. Dragos war ohne das Wissen seiner Mutter in der Bibliothek, denn er hatte beschlossen, Bücher aus dem verbotenen Regal zu lesen, das hinter einer geheimen Tür versteckt war. Dieses Regal enthielt Werke über den Ursprungs Mythnas, welches von den drei Ursprungsgöttinnen selbst hinterlassen wurden, und vieles mehr von dem seine Mutter meinte es wäre nichts für ihn. Aber Dragos Neugierde war stärker und lechzte danach auch endlich diese Werke lesen zu dürfen. Er neigte sein Haupt und betrachtete die kahle Backsteinwand, die eher unauffällig war. Nichts wies daraufhin, dass dahinter eine geheime Tür mit dem Wissen des Universums aufbewahrt wurde und bald würde auch er es wissen. Sein Herz pochte vor Aufregung wie wild. Nervös befeuchtete er seine Lippen. Sein Körper zitterte vor freudiger Erregung. Die Kugel, die Oranums Seele darstellte, warf ein fahles Licht wie das eines Irrlichtes auf die Mauer. Die Plasmakugel hüpfte vor dem Gesicht des Halbgottes auf und ab und tauchte ihn in lange Schatten. Piräus gab ein verunsichertes Geräusch von sich und schlug mit dem Schwanz hin und her. Die Luft sauste an Dragos Ohren vorbei, als der kleine Drache mit den Flügeln schlug und der Stoß wehte sein rabenschwarzes Haar in sein Gesicht. Der Halbgott holte tief Luft und trat auf die Wand zu. Deutlich konnte er nun die Rillen in dem Stein erkennen. Schnell warf er noch einmal einen Blick über die Schulter und horchte gebannt, wobei er dachte, dass sein Herz noch bis draußen zu hören war. Nichts. Die Luft war rein, auch wenn sie etwas stank. Wenn keiner der Götter bereit war etwas zu unternehmen, dann würde er etwas tun. So streckte er seine Hand aus und wollte gerade den Mechanismus betätigen, als Piräus ihn innehalten ließ. „Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist, Dragos. Diese Kammer ist immerhin nicht umsonst verboten.“, quiekte er und warf einen nervösen Blick zu allen Seiten. Die rechte Hand von Dragos verharrte in der Luft und zitterte leicht. Der Junge schürzte die Lippen und warf dem kleinen Drachen einen bösen Blick zu. „Du kleiner Feigling! Willst du, dass Mythna untergeht?“ Piräus ließ den Kopf hängen und schlug beschämt die Augen nieder. Oranum sauste wie ein durch geknalltes Glühwürmchen um seinen Kopf, bis der Jugendliche ihn mit einer Hand einfing. Der ehemalige Herrscher würde ihn noch verraten. Noch einmal lauschte er, doch es war nichts zu hören. Erleichtert atmete er auf und die Anspannung fiel von seinem Körper herab. „Genau, Dragos! Wir beide zusammen...“ Der König verstummte, als dieser ihn mit verabscheuendem Blick ansah. Das hübsche Gesicht war nun von der Wut entstellt. „Halt du bloß deine Klappe! Du hast uns das alles eingebrockt.“ Die Kugel schien beschämt drein zu sehen. Sie neigte sich schräg und Dragos wurde die Neugierde nun zu groß, also beschloss er nun endlich die Tür zu öffnen. Wie ein lästiges Insekt scheuchte er Oranum weg und fuhr nun mit der Hand in den bröckelnden Rillen entlang, wobei in fließendem Mythanisch sprach: „Wissen des Hier und Jetzt- des Diesseits und Jenseits, was die Erleuchtung bringt. Wissen von Gut und Böse; Licht und Schatten; Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Ich erbitte um eure Erkenntnis des Universums. Gewährt mir Einlass, damit ich Antworten auf meine Fragen finde.“ Piräus zitterte, als er die magische Aura spürte, die von dem Geheimgang ausging. Überall dort, wo der intelligente Junge mit seinen Fingern entlang strich, fingen die Rillen weißlich an zu glühen und ein starker Wind blies das schwarze Haar von Dragos zurück. Dragos schloss seine Augen und holte tief Luft. Die Wand zehrte von seiner Lebensenergie. Wer hätte gedacht, dass diese geheime Kammer so gut gesichert war. „Dragos, treib es nicht zu weit!“, fiepte Piräus ängstlich. Endlich hatte er es geschafft, also entgegnete Dragos auch Nichts. Er strich über die letzte Rille und dann leuchtete die Rune „Wissen“ in der Wand. Es knarrte und dann bewegte sich die Wand auseinander. In den nächsten Stunden brütete Dragos im schwummrigen Licht von Oranum, der ständig auf ihn einredete, über einige der alten Dokumente. Die alten Pergamentseiten knisterten leise, als Dragos sie in Windeseile umblätterte. Seine Mondaugen flogen geradezu über das Papier. Piräus hielt in der Zwischenzeit Wache. Irgendwann entdeckte er die Schriften über die heiligen Waffen und den Ort, wo sie aufbewahrt wurden. Alles war ganz genau beschrieben und Dragos Augen wurden immer größer. Das war es! Total genial. Mal sehen, was dieses Buch noch zu bieten hatte, doch so weit sollte es nicht kommen, denn plötzlich schlug Piräus Alarm, aber Dragos hatte es auch schon gehört. Schritte kamen direkt auf die Bibliothek zu. Er schlug das Buch zu. Mist! Wieso ausgerechnet jetzt? Dragos fluchte, verstaute das Buch und verschwand aus der dunklen Kammer. Ein Sturm zog auf und es goss wie aus Kübeln. Dunkle Wolken verhangen den Himmel und der Wind rüttelte an den Fensterläden. Helle Blitze warfen den großen Raum in ein dunkles Schattengewand und gaben ihm etwas Geisterhaftes. Dragos erwachte mit dem ersten Donnerschlag aus seinem unruhigen Schlaf. Er war schweißgebadet und sein Pony hing verklebt in seinem Gesicht. Der Palast bebte unter dem gewaltigen Donnergrollen. Dragos keuchte und fühlte sich wie gerädert. Seine Mutter hatte ihn erwischt und eine Woche Zimmerarrest hatte es ihn eingebracht. Ätzend. Das würde die langweiligste Woche seines Lebens werden. Außerdem hatte sie ihm eine Standpauke gehalten und leider war Dragos zu intelligent um einfach abzuschalten. Er musste ja gleich mit seiner verehrten...er verzog das Gesicht...Mutter streiten und diskutieren. Das war nicht schlau gewesen, das wusste er nun, aber es war nun mal seine Art. Er seufzte. Genervt strich er sich das Haar aus dem Gesicht und verschränkte die Arme hinterm Kopf. Einige Zeit beobachtete er wie die Schatten auf der Decke tanzten. Irgendetwas war hier merkwürdig, doch er wollte einfach nicht draufkommen, was es war. Irgendwie hing hier in der Luft. Eine Art von Aura, die ihn beklemmte. Geistesabwesend biss er sich auf die Lippen und starrte konzentriert die Decke an. Nach ungefähr einer halben Stunde hielt Dragos es nicht mehr aus und stand aus dem Bett auf, dass er dabei Piräus, der zuvor seelenruhig am Fußende geschlafen hatte, aus dem Bett schmiss, bemerkte er gar nicht. Der Zwergdrache grummelte etwas verschlafen und trottete in seinen Korb neben Dragos Ebenholznachtisch, wo er sich zusammenrollte und weiter schlief. Wieder erhellte ein Blitz das Zimmer, welches nur mit einem großen Bett, einem Nachttisch, Piräus Korb, mehreren Bücherregalen, einem Schreibtisch und einer Sitzecke möbliert war. Dragos blieb für einen kurzen Moment vor seiner Bettkante stehen, damit seine Augen sich an die alles zu verschluckende Dunkelheit gewöhnten. Wieder grollte es und nun schien das Gewitter direkt über dem Palast zu sein. Sein muskulöser Körper strahlte unter dem hellen Licht des Blitzes. Da es den ganzen Tag über heiß gewesen war, trug er nur eine Unterhose. Langsam ging Dragos auf die Balkontür zu, die fast komplett aus Glas bestand. Da es dunkel in seinem Zimmer war, konnte er genau erkennen, was da draußen vor sich ging. Die Bäume schienen sicht tief vor dem Sturm zu verbeugen, wie vor einem König. Ihre, durch das fehlende Licht schwarz schimmernden Kronen, berührten fast den Boden. Welche Ironie! Der Regen trommelte laut auf das Steindach des Palastes und die Tropfen waren gar nicht mehr von einander zu unterscheiden. Alles war pechschwarz und man könnte meinen, dass die Welt unterginge. Dragos lehnte seinen Kopf gegen das kalte Glas und schloss seine Augen. Seit er das Kapitel über die heiligen Waffen gelesen hatte, begann ein Plan in seinem Kopf zu wachsen wie ein Samen, der zu keimen begann. Ein so verrückter Plan, dass er schon fast gelingen könnte. Immer weitere Formen nahm er an und immer mehr Einzelheiten fügten sich wie ein Puzzle in seinem Kopf zu einer einzigartigen Idee zusammen. Dragos Herz flatterte und sein Geist arbeitete, doch nach außen hin wirkte das Bild so ruhig. Es wirkte, mal abgesehen von dem Sturm, so friedlich wie er an der Scheibe gelehnt stand und die Augen geschlossen hatte. Alles war sich Dragos wünschte war jetzt etwas Ruhe zu finden und sich erst morgen weiter damit zu befassen, doch das gönnte sein Verstand ihm nicht. Narunias Sohn hob seinen Arm über seinen Kopf und donnerte so fest mit seiner Faust gegen das Glas, das es zu zittern begann. Wie sehr wünschte Dragos sich mit irgendwem über seinen Plan zu reden, doch wer würde ihm schon zuhören? Seine Mutter? Der Junge blähte seine Nasenflügel und schnaubte verächtlich. Der warme Atem kondensierte auf der Scheibe und klebte als Nebel an ihr. Als ob ausgerechnet seine Mutter diesen Plan gutheißen würde. Dieser Gedanke klang so absurd in seinem Kopf, dass er fast zu lachen angefangen hätte. Oranum vielleicht? Hinter den Lidern versteckt, rollte Dragos mit den gelben Augen. Der würde gleich mit ihm zusammenarbeiten wollen um irgendwann in einer Nacht- und Nebelaktion sich seiner Existenz zu entledigen um wieder Herrscher werden zu können. Wahrscheinlich würde er sogar Dragos Körper als Behälter für seine Seele verwenden. Ihm schauderte vor Ekel allein bei der Vorstellung. Oranum konnte ihn nicht täuschen. Er mimte zwar immer auf reumütige und nette Seele, doch er wusste es besser. Es tat dem ehemaligen König überhaupt nicht leid, was er Mythna angetan hatte. Er war ein machthungriger Kerl, der über Leichen gehen würde um sein Ziel zu erreichen und dabei würde Dragos niemals mitmachen. Der Halbgott drehte sich um und lehnte sich nun mit dem Rücken gegen das Glas. Er warf einen sanften Blick auf Piräus. Sein bester Freund würde ihm auch niemals helfen, denn der Plan war riskant und der Kleine machte sich viel zu große Sorgen um ihn. Dragos wusste nämlich nicht, ob er den Plan überleben würde. Nun warf er einen sehnsüchtigen Blick aus dem Fenster nach draußen. Wie gerne würde er hinaus und die Welt erkunden, doch sowohl sein Körper als auch sein Geist waren in den kargen Mauern dieses Palastes eingesperrt. Er hatte alles was er wollte und trotzdem war er nicht frei. Dragos beobachtete einen Vogel, der gegen den starken Wind kämpfte. Auch er wäre gern so frei wie dieser Vogel. Der junge Halbgott seufzte und zwang sich den Kopf abzuwenden. Der Anblick bereitete ihn viel zu große seelische Schmerzen. Einige Zeit blieb er an der Balkontür stehen und betrachtete wie die Blitze lange Schatten auf die Wände zeichnete. Irgendwann gab er dann dem Verlangen in seinen Innern nach. Leise öffnete er die Balkontür und schlüpfte hinaus. Sofort prasselte der Regen auf seine Haut. Dragos schritt an das Geländer, legte seine Arme darauf und bettete seinen Kopf darauf. Dunkle Wolken trieben am Himmel entlang und verschluckten den Mond. Ein starker Wind zeugte eine Gänsehaut auf Dragos muskulösen Körper, doch er bemerkte es nicht. Ebenso wenig bemerkte er, wie er durchweicht wurde und dass sein Haar nun klitschnass war. Es mag seltsam klingen, doch mitten in diesem Sturm und umgeben von den Bergen, fand Dragos Geist zumindest etwas Ruhe und er fühlte sich hier zumindest ein wenig frei. Er fand den Gedanken tröstlich, dass er nicht das einzige unruhige Wesen in dieser kalten Nacht war. Als er fühlte, wie der Regen durch sein Haar wehte, da hatte er den Wunsch, seine Arme auszubreiten und davon zu fliegen. Er seufzte schwer und pustete sich den Pony aus der Stirn. Die Naturkatastrophen wurden echt immer schlimmer. Weit entfernt hörte er einen der vielen Wölfe heulen, doch der Sturm verschluckte das Geschrei und entführte es in die Weiten des Landes. Der Regen lief an seinem Rücken hinab, doch dem schenkte der Sohn des Schicksals keine Beachtung. Er genoss den kalten Wind der Nacht und dass heute mal nicht alles perfekt war. Ein kleines Lächeln stielte sich über das Gesicht des nun wie ein sich freuender Junge wirkenden Dragos. Wenn sein Plan funktionieren würde, dann wäre dies bald vorbei. Vielleicht nicht morgen oder übermorgen, aber irgendwann. Er drehte sich um und lehnte sich mit dem Rücken über das kalte Steingeländer und schaute zum Himmel hinauf. Wie Tränen liefen die Regentropfen an ihm hinab. Vielleicht würde es noch einige Jahre oder Jahrtausende dauern, denn sein Plan bestand aus mehreren riskanten Teilen, die sich durchaus ziehen konnten, denn er durfte nicht den geringsten Fehler machen, doch bisher war das in seinen Konstruktionen überhaupt nicht möglich. Aber ihm war es egal, wie lange der Plan dauern würde, er würde noch lange auf dieser Welt verweilen und hatte Zeit. So schnell würde Mythna nicht untergehen und es war besser, als wenn es so bleiben würde, wie jetzt. Völlig durchgefroren und durchnässt, aber schon wesentlich ruhiger im Geiste, ging er zurück in sein Zimmer und kuschelte sich dann unter seine warme Decke. Sein Körper zitterte, doch er war glücklich. Es gab ein Ziel in seinem Leben und das war so beruhigend. Es dauerte nun nicht mehr lange, dann schlief der Junge ruhig vor sich hin, denn es war ein schöner Traum einer besseren Welt, die er kreieren würde. Dass diese Gedanken naiv waren und das Unheil herauf beschwor, dass das Schicksal Mythnas maßgeblich veränderte, ahnte er nicht- konnte er ja auch gar nicht. Woher denn? Wer hätte denn ahnen können, dass eine Person, diese Freude und zweifelslose Genialität so schamlos nutzen würde, um das genaue Gegenteil zu erzeugen? Dragos sicherlich nicht... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)