Narben der Liebe von BluejayPrime (Tintenherz) ================================================================================ Kapitel 6: In der Falle ----------------------- „Staubfinger? Glaubst du, dass du aufstehen kannst…?“ Staubfinger grinste schwach. „Wenn ich nein sage, würde das was nützen?“ „Nein.“ Roxane lächelte schwach, beugte sich vor und küsste ihn auf die Wange. „Versuch es, bitte. Wir gehen nicht weit.“ „Was hast du denn vor…?“ Roxane beugte sich vor und küsste ihn behutsam auf die Stirn. „Wir werden zu den Feen gehen.“, sagte sie leise, „Damit sie sich um dein Gesicht kümmern.“ Ein Funke von Staubfingers früherem Humor blitzte in seinen Augen auf. „Feen, hm? Ich weiß, du magst sie nicht besonders… steht es denn so schlimm um mich?“ Roxane lächelte schwach. „Sagen wir, es könnte besser sein.“, sagte sie leise und nahm seine Hand, „Tragen kann ich dich aber nicht, fürchte ich…“ „Du sollst dich auch nicht anstrengen.“ Staubfingers freie Handwanderte zielstrebig über ihren Oberschenkel und blieb auf ihrem Bauch liegen, der inzwischen die sanfte Wölbung einer Schwangeren im vierten Monat angenommen hatte. Roxane legte ihre Hand über seine. „Staubfinger…?“ „Hmh?“ „Ich liebe dich.“ „Ich weiß.“ Er versuchte sich in einem Lächeln; es misslang kläglich. Behutsam strich Roxane ihm mit den Fingerspitzen über den Oberkörper, fuhr die Linie seines Brustbeins nach und strich zärtlich über seine Kehle. Staubfinger schloss mit einem leisen behaglichen Seufzen die Augen. „Wenn du willst, dass wir beide heute noch aus diesem Zimmer kommen, solltest du damit aufhören… Meine Mimik ist zwar gerade nicht die beste, aber andere Teile meines Körpers sind durchaus unbeschädigt.“ Roxanes Fingerspitzen verharrten an Staubfingers Kinn. „Darf ich?“, fragte sie leise. „Ich bitte darum.“, murmelte Staubfinger. Vorsichtig wanderten Roxanes Fingerspitzen über Staubfingers Gesicht, Lippen, Augenbrauen und den Nasenrücken – hier zuckte Staubfinger leicht, ließ sie jedoch gewähren – , bis hin zu den Wunden auf seinen Wangen. Der Schleierkauz hatte sie genäht, so gut es ihm möglich gewesen war. Behutsam fuhr Roxane eine der Nähte mit der Spitze ihres Zeigefingers nach. Staubfinger zuckte erneut, sagte jedoch nichts. Eine Weile herrschte Stille. „Roxane…?“, fragte Staubfinger schließlich leise, und ohne die Augen zu öffnen, „Ist es schlimm?“ „Was?“ Verdutzt sah sie ihn an – es dauerte eine Weile, bis sie begriff, was er meinte. Staubfinger öffnete die Augen wieder und sah sie an. „Versteh‘ mich nicht falsch, bitte.“, sagte er leise, „Ich bin nicht eitel – jedenfalls nicht allzu sehr…“ Er grinste schwach, allerdings nicht im geringsten humorvoll. „Ich meine, ich hab‘ keinen Spiegel gesehen, seit… das passiert ist, ich krieg‘ nur mit, wie es sich anfühlt, und wenn es nur halb so aussieht, wie es sich anfühlt, dann könnte ich es gut verstehen, wenn du…“ „Staubfinger.“ Roxane legte ihm einen Finger auf die Lippen, um ihn zum Schweigen zu bringen. Sie nahm neben ihm auf dem Bett Platz und schloss ihn in die Arme. „Ich liebe dich.“, sagte sie sanft, „Und es ist mir egal, wie du aussiehst, hast du verstanden? Nichts kann etwas an meinen Gefühlen für dich ändern, und Basta und sein Messer schon gar nicht. Und nein, ich finde nicht, dass es schlimm ist.“ Staubfinger lächelte schwach und legte die Stirn an ihre Schulter. „Danke.“, sagte er leise. „Man hat mir gesagt, du hättest einen meiner Soldaten in Flammen aufgehen lassen, mit nichts mehr als deinen Händen.“ Der Natternkopf drehte den Silberkelch in seiner Hand prüfend und wandte sich dann Staubfinger zu, der, flankiert von zweien seiner Soldaten, vor seinem Tisch stand. „Es gibt Leute, die sehr viel Interesse an derartigen Fähigkeiten haben.“ „Nein, wirklich.“, murmelte Staubfinger. Er konnte sich gut vorstellen, wen der Natternkopf meinte – diese Bande von Verrückten, die nur zum Spaß Dörfer niederbrannte und ganze Familien auslöschte, die Roxanes Eltern getötet hatten… „Capricorn wünscht jemanden wie dich sicher in seinen Diensten.“ „Nur über meine Leiche.“, murmelte Staubfinger und bereute es sofort. „So?“ Der Natternkopf hob die Augenbrauen. „Das lässt sich einrichten… sag mir, Junge, wie alt bist du? Zwölf? Dreizehn?“ „Vierzehn.“, knurrte Staubfinger. „Hm.“ Der Natternkopf erhob sich. „Vierzehn, so. Und schon bereit, für einen Haufen verlauster Spielleute zu sterben?“ Staubfinger zog es vor, darauf nicht zu antworten. „Dir ist natürlich klar, dass der Mord an einem meiner Soldaten mit dem Tod bestraft wird.“, fuhr der Fürst fort, ging langsam um den Tisch herum und blieb dicht vor Staubfinger stehen, „Du willst doch nicht sterben, oder, Junge?“ Staubfinger ließ sich mit einem leisen Stöhnen auf einem Baumstumpf nieder und schloss die Augen. Als er sie wieder öffnete, hockte Roxane besorgt vor ihm. „Geht es…?“ Staubfinger nickte schwach. „Geht schon.“, murmelte er Roxane seufzte leise und strich ihm über die Stirn. „Staubfinger, wir dürfen nicht hier bleiben.“, sagte sie leise, „Wir haben höchstwahrscheinlich Capricorns Männer schon auf unserer Spur…“ „Ich weiß.“ Staubfinger grinste schwach, stellte sich jedoch wieder auf die Beine. „Scheint so, als würde Basta sich mächtig ärgern, hm?“ „Das kannst du laut sagen.“ Roxane küsste ihn auf die Wange und nahm seine Hand. „Glaubst du, wir können uns wieder den Spielleuten anschließen?“ „Das ausgerechnet aus deinem Mund…?“ Staubfinger hob Gwin hoch, der versuchte, an seinem Bein empor zu klettern, und setzte ihn auf einen umgestürzten Baum. „Ich weiß nicht.“, fuhr er leise fort, „Ich meine, natürlich würden sie uns beide mit Kusshand aufnehmen, aber Capricorn würde keinen Halt vor ihnen machen. Und die Spielleute haben einem Angriff relativ wenig entgegen zu setzen…“ „Das liegt daran, dass ihr keine Waffen tragen dürft. Zu Recht, wie ich finde, ihr benutzt sie ja doch nicht.“ Basta klappte sein Messer auseinander und machte einen Schritt auf Staubfinger zu, der nach Roxanes Hand griff. „Und offenbar lernt ihr ja auch nicht, wie man im Wald Spuren verwischt, oder?“ Roxanes Druck auf seine Hand verstärkte sich, als Staubfinger sie mit sanfter Gewalt ein Stück hinter sich schob. „Ich hoffe übrigens nicht, dass ihr mich für so dumm haltet, allein gekommen zu sein…“ „Nein, wie kämen wir dazu.“, murmelte Staubfinger. Hier gab es nicht zufällig irgendwo Feuer in der Nähe oder dergleichen? „Kein Feuer.“, wisperte Roxane, „Kein Feuer und wir haben keine Waffen…“ „Ich weiß.“ Staubfinger wagte nicht, die Lippen zu bewegen, um Basta nicht darauf aufmerksam zu machen, doch Roxane hatte ihn verstanden. Sie schluckte; die Fingernägel ihrer freien Hand krallten sich schmerzhaft in seine Schulter. Sie zitterte. Basta nickte leicht und offensichtlich hocherfreut. „Und allein unterwegs seid ihr auch noch… wie nett. Cockerell, Schlitzer, Flachnase, haltet sie fest. Den Feuerfresser können wir dem Schatten vorwerfen, und das Mädchen…“ Basta schnalzte mit der Zunge. „Für sie fällt uns sicherlich auch noch irgendein Verwendungszweck ein, nicht wahr?“ Das Grinsen auf Bastas Gesicht zeigte deutlich, wie er sich diesen Verwendungszweck vorstellte. „Nein!“ Roxanes Stimme zitterte, doch als sie hinter Staubfinger hervortrat, reckte sie tapfer das Kinn. „Was muss ich tun, damit ihr ihn laufen lasst?“ Basta zog einen Mundwinkel hoch. „Sieh an, das sind ja ganz neue Töne… da muss er dir aber mächtig den Kopf verdreht haben.“ „Roxane!“, zischte Staubfinger, „Falls du das vorhast, was ich denke, dann vergiss es! Das lasse ich nicht zu!“ Roxane drehte sich zu ihm um; sie lächelte schwach, jedoch ohne einen Hauch von Freude darin. „Staubfinger…?“ Flüchtig berührten ihre Lippen die seinen, bevor sie hastig einen Schritt von ihm zurücktrat. „Ich lasse mich von dir nicht aufhalten.“, sagte sie leise. Basta verdrehte die Augen. „Ihr zwei seid ja so romantisch… leider hat mich Capricorn beauftragt, euch beide so schnell wie möglich beiseite zu schaffen. Was für eine Verschwendung.“ „Basta!“ Roxanes Stimme klang nahezu hysterisch. „Basta, bitte…“ Genüsslich ließ Basta den Blick über sie schweifen, doch bevor er antworten konnte, mischte Cockerell sich ein. „Wir haben jetzt keine Zeit für sowas, Basta. Lass uns den Schatten rufen, damit er uns den Jungen vom Hals schafft, dann haben wir das schon mal erledigt…“ Basta verzog das Gesicht, nickte jedoch. „Also gut, also gut… aber den Schatten ruft ihr, mit sowas befass‘ ich mich nicht.“ Cockerell verdrehte die Augen. „Dein verdammter Aberglaube wird dich noch ins Grab bringen.“ „Red keinen Unsinn, fesselt sie, damit sie nicht verschwinden.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)