Genpuku - Tag der Erwachsenen von Weissquell (Eine FF zu dem WB "Was geschah davor") ================================================================================ Kapitel 7: Youkai ----------------- Glossar: Suikan = jap. Obergewand Sashinuki = jap. Beinbekleidung Leise öffnet Inu Yasha die Tür seines Zuhauses. Zumindest war es das einmal. Nun ist es leer und kalt. Nach dieser Nacht wird er nie wieder hier wohnen. Nach dieser Nacht wird nichts mehr sein wie es war! Mit bitterer Miene betritt er das Zimmer seiner Mutter. Dort drüben hängt ihr kostbarer Kimono den sie nur zu besonderen Anlässen herausholt. Sie wird ihn nie wieder tragen. Unwillkürlich füllen sich seine Augen erneut mit Tränen. Zu frisch noch ist der Verlust. Doch dann fasst er sich wieder. Auf der anderen Seite des Raumes hängt das Gewand seines Vaters; ein roter Suikan samt gleichfarbigem Sashinuki. Er wird es tragen wenn er die anderen aufsucht. Es ist nur angemessen. Behutsam, um seine Verletzungen zu schonen, kleidet er sich ein. Die Blutungen sind bereits zum erliegen gekommen. Er sollte trotzdem etwas suchen, um das Blut zu entfernen, damit das Gewand nicht beschmutzt wird. Suchend blickt er sich um. Und nun fällt ihm auf, was ihm bisher entgangen ist. Das Zimmer ist unordentlich. Nein, eher ungewohnt eingerichtet. Überall stehen Päckchen und gefüllte Säcke herum. Und plötzlich begreift er. Sie hat gepackt! Sie wollte mit ihm fortgehen, vermutlich direkt nach seinem Genpuku. Deshalb war es nicht wichtig, wer von seiner Schwäche erfährt. Inu Yashas Gesicht verliert alle Farbe. Ein gepresster Wutschrei entfährt ihm und er krampft die Fäuste so fest zusammen, dass es blutet. Hätte er das nur früher gewusst, dann wäre das alles nicht passiert! Es kostet ihn alle Kraft, sich aufrecht zu halten. Wie viele Schicksalsschläge muss er heute noch verkraften? Vernehmlich atmet er ein und aus. Doch schließlich rafft er sich wieder auf und verlässt das Haus. Er wird nur noch einmal zurückkehren. Erneut in seinen besten Haori samt Hakama gekleidet, befindet sich Hisao auf dem Weg zum Schrein. Auf Grund der gestrigen Ereignisse, wurde das Genpuku verschoben. Nun halten einige Frauen für die Nichte seines Großvaters Totenwache, der Hanyou ist vermutlich auch bereits tot und damit kann die Zeremonie nun ungehindert stattfinden. Gerade wollte er noch Izuru abholen, doch der wollte nicht mitgehen. Faselte was von „es noch nicht wert sein.“ Dieser Schwächling! Er macht sich noch immer Vorwürfe, wegen des Hanyous. Der Bastard hat es herausgefordert. Er hat nur bekommen, was solche wie er verdienen. Wen soll es schon kümmern, ob nun er es war, der seine Mutter umgebracht hat oder nicht? Früher oder später hätte man ihn ja doch erledigt. Warum also nicht die Gelegenheit beim Schopf packen? Als zukünftiger Daimyou muss man eben manchmal schwere Entscheidungen treffen. Mit sich zufrieden durchquert Hisao die schwach beleuchtete Passage zwischen zwei Häusern. Doch plötzlich stutzt er. Dort vorne steht jemand und versperrt ihm den Weg. Er kann nicht erkennen, wer es ist, aber im Dunkeln wirkt seine Kleidung ziemlich ungewöhnlich. Regungslos steht die Gestalt da und macht keine Anstalten, aus dem Weg zu gehen. Sie blickt zu ihm herüber auch wenn er ihr Gesicht im Schatten nicht erkennt. Ein wenig mulmig wird es Hisao zumute, doch er zeigt seine Furcht nicht. „Wer ist da?“, fragt er laut. „Hallo, Hisao!“, kommt die tödlich kalte Stimme vom Ende der Passage und der junge Mann wird blass. Mit aufgerissenen Augen starrt er zu dem anderen in die Dunkelheit. „Das gibt’s nicht!“, murmelt er kaum hörbar, „Du müsstest tot sein!“ „Was du nicht sagst“, mit diesen Worten kommt die Gestalt geschmeidig auf ihn zu und Hisao läuft es eisig den Rücken herunter. Sofort wendet er sich herum und will flüchten, doch nur eine Sekunde später packt ihn eine klauenbewehrte Hand am Kragen, schleudert ihn gegen die Hauswand und hält ihn dort fest. Hisaos Puls rast. Nun sieht er direkt vor sich zwei goldfunkelnde Augen, die ihm allen Hass entgegenschleudern zu dem sie nur in der Lage sind. „Was.. was willst du?“, fragt der junge Mann ängstlich. Inu Yasha hebt seine andere Hand und lässt die Knöchel knacken. „Ich bin sicher das weißt du, Dreckskerl! Du hättest mich eiskalt krepieren lassen, nicht wahr? Wird Zeit, dass ich mich mal revanchiere.“ „Bi... bitte!“, Hisao bekommt es jetzt ernsthaft mit der Angst zu tun, „Ich tue alles was du willst, aber lass mich leben!“ Inu Yasha lächelt schaurig: „Alles?“ „Alles! Aber bitte verschone mich!“ „Also schön!“, kommt es finster von dem Hanyou, „Zieh deine Sachen aus!“ Hisao starrt ihn mit fassungslosem Blick an. „Na los!“, zischt Inu Yasha wütend. Mit zittrigen Fingern beginnt Hisao die Knoten seines Hakamas zu lösen und seinen Haori auszuziehen. „Weiter!“, befiehlt der Hanyou kalt. Mit bleichem Gesicht entledigt sich der junge Mann sämtlicher seiner Kleider und schließlich steht er nackt und frierend in der Gasse, notdürftig seine Blöße bedeckend. „Reicht das? Kann... kann ich jetzt gehen?“, fragt er kleinlaut. „Ob das reicht?“, kommt es verächtlich von Inu Yasha, „Das glaubst du doch wohl selbst nicht!“ Mit einem raschen Griff hebt er die Kleidungsstücke auf. „Was hast du jetzt vor?“, fragt Hisao ängstlich. Inu Yashas Miene ist tödlich berechnend. „Ich werde die Sachen verbrennen. Denn wenn man deine zerfetzte Leiche doch irgendwann findet, dann könnte man dich vielleicht an deiner Kleidung erkennen. So muss ich nicht Gefahr laufen, dass du irgendwann mal ein anständiges Begräbnis bekommst.“ Ein ängstlicher Schrei entfährt Hisao und dann knicken ihm zitternd die Knie weg. „Nein bitte!“, fleht er, „Tu das nicht! Ich will kein böser Geist werden!“ „Aber das bist du doch schon längst“, entgegnet Inu Yasha bitter. „Es tut mir leid!“, heult Hisao, „Ich schwöre ich werde dich nie wieder schikanieren oder nur schlecht über dich reden. Ich schwöre es bei meiner Ehre!“ „Welche Ehre?“, meint Inu Yasha verächtlich, „Du besitzt doch gar keine Ehre.“ Und dann holt er blitzschnell mit seiner Klaue aus. Seine Zähne sind grimmig gefletscht und sein Blick ist tödlich. Vor Panik zitternd schreit Hisao auf. Dies ist sein Ende, das weiß er. Und er weiß, er hat es verdient. Irgendwann musste es wohl soweit kommen. Und diese Erkenntnis setzt ihm so stark zu, dass er sich würgend vor seine Füße erbricht. Gleich werden ihn die Klauen des Hanyous in Stücke reißen, er kann es praktisch schon spüren. Doch nichts geschieht. Zittrig wagt Hisao es, aufzuschauen. Vor ihm ist Inu Yasha in die Hocke gegangen und blickt ihm ernst in die Augen. „Du dachtest wirklich, ich tue es, nicht wahr? Du dachtest wirklich, ich bring dich um.“ Es ist eine Feststellung. Verdattert starrt Hisao ihn an. Inu Yasha schüttelt leicht den Kopf: „Ich bin nicht wie du!“ Dann erhebt er sich wieder: „Ich wollte immer nur ein Mensch sein. Aber wenn Mensch sein, heißt, wie du zu sein, dann bin ich lieber ein Youkai!“ Er wendet sich zum Gehen. „Ich werde von hier verschwinden, aber vorher wirst du noch etwas für mich tun!“ Hisao starrt ihn regungslos an. Noch einmal blickt Inu Yasha sich um: „Du wirst den anderen etwas von mir ausrichten und zwar wortwörtlich, sonst muss ich noch einmal zurückkommen! Sag ihnen, ich scheiße auf ihr Genpuku! Ich brauche eure Anerkennung nicht länger! Ich weiß wer ich bin und ich brauche keinen neuen Namen. Mein Name ist Inu Yasha und ich werde ihn mit Stolz tragen! Und ich verdanke es euch, dass ich von nun an alles daran setzen werde, ein wahrer Youkai zu werden, denn kein Youkai könnte schlimmer sein, als Menschen wie ihr! Lebt damit!“ Mit diesen Worten klemmt sich Inu Yasha Hisaos Kleidung unter den Arm und mit einem schnellen Sprung ist er aus dem Gesichtsfeld des nackten, verängstigten Jungen verschwunden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)