Schattenherz von Uki-kun ================================================================================ Kapitel 2: Raus aus dem Vogelkäfig! ----------------------------------- 2 Raus aus dem Vogelkäfig! Die Dämmerung verschlang die Farben des Gartens vor dem Laubenfenster. An den Grashalmen hatte sich eine dünne Eisschicht gebildet, die der Rasenfläche etwas Gespenstisches verlieh. Sophie betrachtete das alte Fenster mit dem undichten Rahmen. Ein seichter Windzug strich ihr um den Hals. „Es wird jetzt richtig kalt nachts.“, stellte sie fest. Ihre braunen Augen wanderten durch den kleinen Raum zu ihrem Gesprächspartner. Der junge Mann lag auf der Couch am anderen Ende. „Gut kombiniert Watson.“, erwiderte er mit hochgezogener Augenbraue. Sein Blick wanderte ebenfalls zum Fenster. Sophie schmunzelte verächtlich und wickelte sich ihren Schal um den Hals. „Beweg deinen Hintern von der Couch, sonst kommen wir nie los.“, kommandierte sie den Werwolf von seinem Ruhelager fort. Vittorio seufzte ergeben und setzte sich in Bewegung. In der Laube hielt man es ohne Jacke nicht aus. Vittorio war sogar halbwegs froh darüber, endlich an einen wärmeren Ort zu kommen. Sophie hatte auf dem Campus einen Flyer bekommen. Das war nichts Neues. Aber die Leute, die ihn verfasst hatten gaben eine Adresse an, an der man angeblich auf Gleichgesinnte treffen sollte. Mit anderen Worten: Einen Treffpunkt für Werwölfe, Vampire, Hexen und andere andersartige Zeitgenossen. Dem mussten die beiden natürlich nachgehen. Sophie hatte die Hexerei von ihrer Großmutter geerbt. Vittorio, das Werwolfgen von seinem Vater. Ergeben trottete er hinter seiner Sandkastenfreundin her. Die U-Bahn war etwa anderthalb Kilometer von Vittorios Garten entfernt. In der Station roch es nach verschüttetem Bier und Urin. Beinahe unerträglich für eine sensible Werwolfsnase. Sophie seufzte leise als sich ihr Begleiter das Rot-Schwarze Pali über die Nase zog. „Sag mir, wenn du eine Gasmaske brauchst Lupo“. Sophie liebte es ihn aufzuziehen. Aber das beruhte wohl auf Gegenseitigkeit. Zu Vittorios Glück, kam die Bahn nach wenigen Minuten und sie wurden von dem ätzenden Gestank befreit. „Meinst du wir finden da wirklich Leute wie uns?“, fragte die Hexe ruhig als sie schon einige Minuten allein im Abteil saßen. Vittorio zuckte mit den Schultern. „Ich bin kein Hellseher. Aber falls nicht, haben wir wohl eine interessante Fetischbar gefunden“, grinste er unbedarft. Sophie schwieg und senkte den Kopf. Vittorio wusste, was sie sich davon erhoffte. Seine Freundin kämpfte schon seit langem für die Rechte, die ihnen aberkannt wurden. Die Hexen und Hexer hatten es gut. Sie genossen jenen Luxus, den die Menschen ihr Eigen nannten. Aber Tiermenschen und Vampire hatten laut der zuständigen Regierungsbehörte, nicht einmal ein wirkliches Recht auf Leben. Sophie hasste Ungerechtigkeit. „Schau nicht so. Wir gehen doch feiern!“, versuchte der Wolf die Hexe aufzumuntern und blinzelte unschuldig. Die Bahn ratterte und fuhr unaufhaltsam weiter. Sie stiegen an der angegebenen Haltestelle aus. „Witterst du schon was?“, fragte Sophie. „Haha“ „Ich meine es ernst.“ „Achso?“, Vittorio lachte leise. Er nickte in die Richtung, in der er etwas spürte. „Aber hier auf dem Zettel ist eine andere Richtung angegeben.“ Die Hexe hielt ihn am Ärmel der grünen Jacke fest. „Vertrau mir“, der Wolf ging unbeirrt weiter. „Ich vertraue keinen Männern, die glauben, dass sie wissen wo sie lang müssen, obwohl sie noch nie da waren.“ Sophie folgte ihrem Freund trotzdem. „Männern vielleicht nicht. Aber was ist mit Werwölfen?“ Vittorio blickte hinter sich und grinste wölfisch. „Punkt an dich.“, Sophie seufzte tief. Die Sonne war inzwischen gänzlich hinter dem Horizont versunken. Die Straße, die das ungleiche Paar entlang ging war nur durch vereinzelte Laternen beleuchtet. Von etwas weiter fort, hörte man die Geräusche des Stadtzentrums, das sich von ihnen aus auf der anderen Seite der Häuserblocks zu ihrer Rechten befand. „Hier.“, Vittorio bog in eine Seitenstraße ein. „Ich spüre es. Du hattest Recht. Irgendwo hier muss ein Bannkreis liegen.“, Sophie hastete voraus und blieb vor einer alten, unscheinbaren und nebenbei schlecht lackierten Hintertür stehen. „Du meinst, die haben das für Menschen unsichtbar gemacht?“, fragend blickte der Werwolf seine Gefährtin an. „Genau das meine ich.“ Sophie legte die rechte Hand gegen das Holz und schloss die Augen. Die Tür ging knarrend auf und ließ beide in einen schlecht beleuchteten Vorraum vortreten. Eine kleine, dickliche Frau mit leuchtend roten Haaren saß hinter einem merkwürdig verborgen aussehenden Holztisch. „Hallo. Na? Ihr seid neu hier huh?“, stellte sie mit einem breiten Lächeln fest, das ihre Pausbacken noch rundlicher erscheinen ließ. „Ja… ähm…sind wir hier…“. Sophie wurde gar nicht die Chance gegeben auszusprechen. „Ja, natürlich seid ihr richtig hier. Wo sonst, wenn nicht hier?“, die alte Dame machte eine geschmeidige Bewegung mit der Hand und an der Wand neben ihnen bildeten sich Risse, die bald eine weitere Tür enttarnten, welche behände aufglitt. „Viel Spaß!“, wünschte die Alte, während Vittorio und Sophie eintraten. Die Tür führte in einen kleinen Barraum, in dem sich einige Lebewesen tummelten. Sie als Menschen zu bezeichnen wäre nicht ganz korrekt gewesen. Ein Vampirpärchen saß auf einem Sofa und war … miteinander beschäftigt. Beide bluteten an verschiedenen Stellen. Verstand doch einer die Vampire. In der Bar standen einige Tische verteilt, an den Wänden Sofas und an der Bar normale Hocker. Nebenan war eine kleine Tanzfläche, von der her Musik dröhnte. „Hier halt ich’s aus!“, rief Sophie begeistert und warf sich ins Gewühl, während Vittorio sich selbst überlassen wurde, was ihm allerdings nicht besonders viel ausmachte. Nachdem ich lange genug überlegt hatte, was ich nach meinem Erwachen alles tun konnte, entschied ich ins Birds Nest zu gehen und mich grundlos zu betrinken. Ich bin knappe 1,60 groß, was bedeutet, dass mein Körper nicht allzu viel Alkohol verträgt. Ich saß an der Bar und starrte auf meinen Blut-Wodka-Mix. Von der Tanzfläche schallte unpassender Weise ein Cover von Who wants to love forever. Während sich die Pärchen aneinander schmiegten und irgendetwas taten von dem ich nichts wissen wollte, suhlte ich mich in meinem Selbstmitleid und meiner Einsamkeit. „Who dares to love forever, when love must die…“ , grummelte ich säuerlich, die derzeitige Liedzeile mit. Wenige Sekunden später realisierte ich, in meinem benommenen Zustand, dass jemand neben mir Platz genommen hatte. Er bestellte irgendwas. Ich kann es nicht genau erklären. Aber wenn ich etwas getrunken habe, wächst in mir der Drang Schutz suchen zu müssen. Ich bin allein nicht lebensfähig glaube ich manchmal. Ich wandte den Kopf und betrachtete meinen neuen Sitznachbarn. Ich witterte Werwolf. „Hi“, sagte ich zurückhaltend und senkte den Blick zaghaft. Ich war nie sonderlich gut darin, mich jemandem anzunähern. Aber heute Abend wollte ich nur jemanden, der mit mir sprach. „Hey! Was geht?“, grinste mein Gegenüber. „Der Nervenkitzel hält sich in Grenzen“, erwiderte ich und musste kurz lächeln, wobei ich völlig absichtslos meine Fangzähne entblößte. Langsam bekam die Situation etwas Lächerliches. So stützte ich den Kopf auf die Hand und blinzelte hinüber zur Tanzfläche. „Ich bin zum ersten Mal hier. Eine Freundin von mir hat an der Uni, so einen Wisch aufgegabelt auf dem stand, dass es die Bar hier gibt. Aber die Adresse…“ Ich musste aufgrund, der Erklärungen meines Gesprächspartners leise kichern. „Das ist Absicht, damit Menschen nicht in der Gasse rumwuseln. Jemand, der hier her gehört spürt wo er hin muss.“ Mein trüber Blick blieb auf dem Werwolf hängen. „Mein Name ist Dante.“, sagte ich dann und nippte an meinem Drink. „Vittorio Sanchez!“, freute sich der Wolf. Wenn er verwandelt gewesen wäre, hätte er wohl mit dem Schwanz gewedelt. Werwölfe waren schon interessante Kreaturen. Dennoch glitten meine benebelten Gedanken, immer und immer wieder zu Samuel. Wir waren so oft zusammen hier gewesen. Wie oft hatten wir zu jenen Vampirpaaren gezählt, die auf einem der Sofas saßen und damit beschäftigt waren einander zu …arg! Ich warf einen verbitterten Blick auf die Tanzfläche. Ich verengte die Augen wütend und stand auf. Ehrlich gesagt, verstand ich nicht, wo diese auf einmal aufkochende Wut gegen mich selbst her kam. Ich knallte das Geld auf den Tresen und fuhr mir durchs Haar. Ich muss völlig durcheinander gewirkt haben. Vielleicht war ich auch sauer auf Samuel. Er hatte es ausgenutzt, dass ich schwach gewesen war. So wie immer. Er hatte mich mit einem einzigen Kuss in die Knie gezwungen… mich in sein Bett geschleift. Ohne mich verabschiedet zu haben fand ich mich auf der Straße wieder. Ich lehnte an der Wand neben der Eingangstür … Ich konnte nicht mehr an mich halten. Ich rannte weiter fort von den Häusern und sank schließlich, die Hände seitlich an den Kopf gepresst, auf die Knie und schrie. Ich schrie Samuels Namen und verfluchte ihn. Er hatte mich verführt, meine Schutzmauern eingerissen und mich dann allein gelassen. Es war mir egal ob er wirklich die Schuld trug. Ich war allein. Ich schlug meine Hände auf den Asphalt, bis sie bluteten. „Darf ich wissen was das wird?“, fragte eine sanfte Stimme hinter mir und ich fuhr herum. „Warum bist du… Vittorio?“ Was wollte er von mir? Er war mir gefolgt. Warum folgte man einem Vampir, den man erst fünf Minuten kannte? Ich verstand das alles nicht. Die Welt um mich herum begann sich zu drehen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)