Die Realität ist einfach grausam von Shoot_the_puppy (written by crazypark & mir) ================================================================================ Kapitel 33: Wenn Sie hier keinen Titel sehen, haben Sie zu wenig getrunken -------------------------------------------------------------------------- Kapitel 33 So das ist es schon: das vorletzte Kapitel *schnief* Vielen Dank an alle fleißigen Kommentarschreiber Danke, danke für eure Unterstützung Viel Spaß beim lesen ^^ *** Wenn Sie hier keinen Titel sehen, haben Sie zu wenig getrunken Daniel Gute Laune war etwas, mit dem weder ich noch die Menschen in meinem Umfeld umgehen konnten. Kaum rannte ich mit einem Lächeln, welches weder gehässig noch in sonst einer Form negativ behaftet war, über den Schulhof, starrten mich meine Mitschüler regelrecht perplex an. Sollten die doch froh sein, dass ich sie mal nicht umbringen wollte, aber man konnte es ja niemandem so wirklich recht machen. Im Handballtraining war es ähnlich. Unser Coach hatte fast schon eine Panikattacke, dabei hatte ich nur meinem Fehler sofort eingesehen und nicht wie sonst drei Stunden mit ihm diskutiert, um danach meinen Frust an den anderen auszulassen. Besagte andere gingen mir ängstlich aus dem Weg, als ob diese fürchteten, ich wäre ein tickende Zeitbombe. Meine Fresse, ich konnte doch auch nichts dafür. Ich war irgendwie gerade nicht in der Lage, den Bösen zu mimen, denn dafür hätte ich dieses riesige Grinsen aus meinem Gesicht verbannen müssen, welches da scheinbar wie festgeklebt war. „Man könnte meinen, du wurdest von Aliens entführt“, unterbrach mich eine bekannte Stimme aus meinen spannenden Gedanken, während ich an dem Kiosk auf unsere beiden Kaffeebecher wartete. Luisa grinste mich breit an und orderte ebenfalls ein koffeinhaltiges Gesöff. „Wieso?“, fragte ich auch noch dümmlich nach. So schlimm konnte es ja echt nicht sein. „Du kaufst für ihn und dich Kaffee.“ „Okay, hast gewonnen.“ Und das auch noch völlig freiwillig. Meine Güte, ich war schon verdammt tief gesunken, aber dafür irgendwie, nun ja, glücklich, oder wie man diesen Zustand auch immer beschreiben sollte. „Das ist so süß“, schwärmte es neben mir. Die Frau sollte mal den Ball flach halten. Ich hatte trotzdem noch meine Grenzen. „Noch so ein Satz und deine Eltern können dich auf dem Friedhof besuchen.“ „Er lebt ja doch noch“, strahlte sie verzückt und wir griffen beide nach unseren erwarteten Bechern. „Ich muss“, grinste ich nur noch zum Abschied und machte mich auf den Rückweg. Zum Glück hatte mich Luisa gut von dem Gedanken abgelenkt, dass Tim sich ja gerade mit diesem tuckigen Franzosen vergnügte. Meine gute Laune milderte zwar meine Mordgelüste gegenüber diesem Froschfresser, aber nur bis zu einem gewissen Grad. Er war aufgestiegen. Vom Ausweiden zum einfachen Abknallen. Leider war beides nicht mehr möglich, denn dieser Baguettefetischist hatte sich schon aus dem Staub gemacht und übrig war nur ein verstört aussehender Tim geblieben. „Und was wollte er?“ „Ich glaube, er hat sich gerade von mir getrennt.“ WTF? Litten Franzosen jetzt schon unter Wahnvorstellungen? Also noch mehr als sonst? „Ihr wart zusammen?“ „Scheinbar“, murmelte Mongo immer noch etwas abwesend. „Soll ich dich trösten?“ Mir fiel kein besserer Spruch zu dieser Situation ein. Das war einfach zu absurd. Jedoch schien es geholfen zu haben, denn ich spürte nun endlich seinen Blick auf mir. „Was?“ „Ablenkung soll bei schmerzlichen Trennungen ja helfen“, grinste ich vielsagend und reichte ihm endlich seinen Kaffee. „Und was stellst du dir da genau vor?“ „Zeig ich dir, wenn wir zu Hause sind.“ Wir hatten noch nie den Weg so schnell geschafft, wie an diesem Tag. Im Grunde plätscherten die Tage nur so vor sich hin. Die Schule war wie immer zum kotzen, aber die kleinen Knutschpausen im Keller oder auf dem Klo werteten das Ganze zumindest etwas auf. Das Wochenende verbrachten wir im Grunde nur zu Hause, oder besser gesagt auf der Couch. Die neue Woche begann wie die letzte. Alles war ruhig, irgendwie zu ruhig. Aber das hielt auch nur bis Mittwochabend. Tim fand eindeutig zu viel Gefallen an meinem Bett. Ich schaffte es nur noch äußerst selten, mein Reich gegen seine Angriffe zu verteidigen. Zumindest hatte ich hier wenigstens das Sagen. Genau wie jetzt. Mein Mongo lag unter mir und atmete schon nicht mehr ganz so gleichmäßig, wie es sein sollte. Ich verwickelte ihn gerade wieder in eine regelrechte Knutschorgie, während meine Hände sich ihren Weg über seinen nackten Oberkörper nach unten bahnten, als plötzlich mein Handy klingelte. Das tat es öfter, also ließ ich mich nicht beirren und nestelte weiter an seiner Hose. Der Klingelton erstarb im selben Moment, wie ich meine Hand unter den Stoff schob und ein erregtes Schnaufen von Tim dafür erntete. Die Ruhe hielt leider nicht lange und schon ertönte das nervige Klingeln erneut. Okay, zwei Mal hintereinander war neu. Die meisten konnten sich denken, dass sie mich wohl störten, wenn ich nicht ran ging. Dieses ungeschriebene Gesetz hatte ich schon vor Jahren eingeführt. Wenn es aber weiter nervte, musste es wohl wichtig sein. Das hoffte ich zumindest, denn sonst würde die Gesundheit dieses Individuums demnächst extrem leiden. „Wehe du hörst jetzt auf.“ Ich versuchte ein entschuldigendes Lächeln aufzulegen, zog meine Hand zurück und taste nach meinem Handy, welches irgendwo auf dem Boden in meiner Jeans lag. „Wehe es ist nicht wichtig“, keifte ich sofort in den Hörer, nachdem ich dieses dumme Ding endlich gefunden hatte. Auf der anderen Seite der Leitung erklang ein kurzes Schluchzen. „Luisa?“ „Entschuldige, ich wollte nicht stören.“ Sie versuchte sich zusammenzureißen, aber ich hörte genau, dass sie geweint hatte. Hilfe, ich konnte es nicht ertragen, wenn Weiber weinten. „Ich … Vergiss einfach, dass ich angerufen hatte“, versuchte sie das Gespräch zu beenden. Ich ignorierte gekonnt die tödlich beleidigten Blicke meines Freundes und zog mich so schnell wie möglich an. „Ich hoffe, es dauert nicht lange“, versuchte ich ihn zu beruhigen, aber ich fürchte, für heute hatte ich es verschissen. Zumindest sagte das sein Blick aus. Ich rannte schon fast bis zu dem Haus von Luisas Eltern. Wehe, die war nicht da. Dann müsste ich sie morgen wohl leider töten. Zu ihrem Glück öffnete sie aber die Tür. Ihre Augen waren rot und geschwollen. Ich wusste nicht einmal vor Schreck, was ich genau sagen sollte. Sie scheinbar auch nicht, denn sie lotste mich nur schweigend in ihr Zimmer und hockte sich dort wie ein Häufchen Elend auf ihr Bett. Ich ließ mich neben ihr nieder und starrte vor mich hin. Man, wenn ich etwas nicht konnte, war es trösten. Was machte man denn in solchen Situationen? „Ich wollte euch nicht stören. Tut mir echt Leid“, meinte sie irgendwann leise und versuchte es sogar mit einem Lächeln, was gelinde gesagt ziemlich gruslig aussah. „Kein Ding, entschuldige dich dafür bei Tim. Er war der Leidtragende.“ Jetzt musste sie doch leicht Lachen. Ha, ich war ja gar nicht mal so schlecht. „Also, was war los?“ „Yannick.“ So hieß übrigens ihr komischer Emo von diesem Treffen. Das Date war gut gelaufen und es hatte wohl gefunkt oder was auch immer. Bei ihrem Anblick wohl weniger bei ihm und desto mehr bei ihr. „Was auch immer er gemacht hat, ich schlag ihm gerne eine rein“, stellte ich sofort klar. Emoklatschen ist sicher kein so schlechtes Hobby. Ich sollte doch mal darüber nachdenken. „Er hat eine neue.“ Ihr Ton klang, als ob sie nichts dagegen hätte, wenn ich dem die Zähne ausschlug. „Wie jetzt? Ich dachte ihr wärt zusammen.“ „Ja, das dachte ich auch“, zischte die Frau nur und es folgte eine Phase der Verwünschungen, bei welchem es einem doch recht mulmig zumute wurde. Dann kam erneut die Phase der Tränen. Ich kam mir so hilflos vor, also tat ich das, was die Deppen immer in den Filmen machten: Ich nahm sie einfach in den Arm und ließ sie mein Shirt voll schniefen. Das musste danach definitiv in die Wäsche. Dann kamen wieder die Verwünschungen. Gegen zehn war ich entlassen, aber nur, weil ich versprochen hatte, mit ihr am Wochenende auf die Party zugehen. Annikas Party! Das musste ich nur irgendwie Tim beibringen. Es war ja nicht so, als ob wir etwas anderes vorhatten, aber ich konnte schwer sagen, wie er darauf reagieren würde. Auf der anderen Seite war es nur noch Annika, welche die berüchtigten Partys schmiss, da Nick seit seinem Geburtstag ein striktes Verbot für sämtliche spaßige Aktivitäten kassiert hatte und irgendetwas musste man ja in diesem Kaff machen. An dem Abend war natürlich niemand mehr in der Wohnung zu sehen. Wahrscheinlich war mein Mitbewohner so pissig, dass er sich zu meinem besten Kumpel ausquartiert hatte. Das legte sich wenigstens im Laufe des nächsten Tages, da sich Luisa tatsächlich bei ihm entschuldigte. Meinen Einlauf bekam ich trotzdem. Ich solle doch das nächste Mal gefälligst sagen, was Sache war, bla, bla. Die Welt war doch echt ungerecht, aber wenigstens hatte das rothaarige Monster es gleich noch geschafft, meinen Freund von der Party meiner Ex zu überzeugen. Wenn wir schon beim Thema Ex waren: Ich glaubte so langsam echt, die Frau litt unter einigen psychischen Krankheiten. Es war Donnerstagmorgen. Wir alle vier standen völlig ahnungslos in unserer Raucherecke, als sie plötzlich angestiefelt kam und neben mir stehen blieb. „Guten Morgen, Daniel“, grüßte sie so beschissen freundlich, dass ich mich beinahe an meinem Zigarettenstummel verschluckt hätte. Die anderen ignorierte Annika völlig, als ob sie gar nicht existieren würden. „Ich freu mich schon auf Samstag“, ertönte es noch und schon zog sie, natürlich noch winkend, weiter. Mir wurde sofort etwas mulmig im Bauch. Was war denn bitte das gewesen? Das fragten sich oder mich natürlich auch die anderen, aber ich konnte ihnen leider keine Antwort darauf geben. Ich war vielleicht mal genauso perplex, wie die, aber das schien ja niemanden zu interessieren. Am wenigsten Tim, denn ich musste den ganzen Tag damit verbringen, ihm in sämtlichen mir bekannten Sprachen zu schwören, dass ich keinen Kontakt mehr zu der Pisskuh hatte und Sex gab es auch keinen. Super, da konnte ja die Party kommen. Tim Ich wusste, dass ich überreagiert hatte, spätestens, als Luisa den Grund für Daniels Verschwinden erklärt hatte. Dass er aber auch nie mal eine kurze Erklärung abgeben konnte. Das hätte ihn maximal 10 Sekunden gekostet. Aus diesem Grund schmollte ich auch noch eine Weile. Er sollte ruhig wissen, dass ich nicht wie selbstverständlich die Beine für ihn breit machte. Ich fürchtete nur, dass er das erst begreifen würde, wenn ich ihm das genau so verbal begreiflich machte. Und dann noch die anstehende Party bei Annika, der Ausgeburt der Hölle, wie ich mich freute! Das konnte aus reichlicher Erfahrung eigentlich nur in einem Desaster enden. Und die Frau besaß eindeutig zu viel Geld, dass sie mindestens ein mal im Monat eine Party schmeißen konnte. Dummes Bonzenkind. Aber was tat man nicht alles, um eine Freundin aufzuheitern. Es würde nur eine Menge an Leuten da sein, die etwas gegen mich und meine Beziehung zu Daniel hatten und mir am liebsten im passenden Moment ein Messer in den Rücken rammen würden. Ich würde jedenfalls definitiv keine Getränke von irgendwem annehmen, noch mich in Gespräche jeglicher Art verwickeln lassen und erst recht nicht irgendwo alleine rumstehen. Denn dann würde ich am Ende in die nächste dunkle Ecke gezogen und abgeschlachtet werden. Gerade Fritto und Annika hatten mir bewiesen, wozu sie fähig waren. Dass mich Annika überhaupt auf ihrer Feier duldete, konnte auch nichts gutes heißen. Dass mein Freund willkommen war, war ja klar, aber warum auch ich? Es war doch ein leichtes mich einfach auszuschließen. Vielleicht sollte ich mich mit Stichwaffen ausrüsten. Im Laufe der Woche kam mir aber ein besserer Gedanke. Ich ging am Freitag zum Friseur. Das war bei meinen langen Zotteln auch dringend von Nöten. Ich ließ mir meine schwarzen Loden aufhellen und abschneiden. So richtig kurz, sodass mir keine Ponysträhnen mehr über den Augen hingen und auch an den Seiten und im Nacken ließ ich sie ein gutes Stück absensen. Mit etwas Glück würde mich morgen kein Schwein erkennen, bzw. würde ich einfach in den Massen, die mit Sicherheit da sein würden, untergehen. Ich betrat unsere Wohnung und begab mich in die Küche, wo Daniel irgendetwas kochte. Es roch jedenfalls lecker und mein knurrender Magen erinnerte mich sogleich daran, dass ich heute noch nicht viel gegessen hatte. „Man kann deine Augen sehen“, war seine einzige Bemerkung zu meinem neuen Haarschnitt. Immerhin war es ihm aufgefallen und sein Gesichtsausdruck, als er mich entdeckt hatte, sagte so viel mehr als seine Worte. Ich glaub, es gefiel ihm. „Setz dich, Essen ist gleich fertig.“ Ich tat wie mir geheißen und freute mich darüber, von Daniel bedient zu werden. Von mir aus konnte seine positive Stimmung für immer andauern. „Mir graut's vor morgen“, gab ich während des Essens zu und wurde von Daniel mit einem undefinierbaren Blick bedacht. Wenn ich an die letzte Party von Annika zurückdachte, wurde mir schlecht. Dasselbe ging wohl auch meinem Mitbewohner durch den Kopf, der sein Gesicht grimmig verzog. „Wenn die irgendetwas anstellen sollten, werde ich sie niedermetzeln.“ „Dann musst du wohl in meiner Nähe bleiben“, gab ich zu bedenken. Das letzte mal, wo er mich allein gelassen hatte, war es ja nicht sehr gut geendet. Ich kam mir vor, wie ein Kind, was nicht in der Lage war, auf sich selbst aufzupassen. Die Option mit den Waffen wurde attraktiver. „Muss ich wohl“, grinste er aufgrund meiner kindlich-naiven Bitte. Noch zwei Stunden bis zu meiner Hinrichtung. So kam ich mir jedenfalls vor, wenn ich an die bevorstehende Fete dachte. Zur Beruhigung hatte ich Gras geraucht und Daniel gleich mit, mit der Begründung, dass es schlecht war, wenn man allein in dem Zustand verweilte. Nun etwas entspannter war ich bereit, den Weg zum Galgen anzutreten. Daniel sah wie immer umwerfend aus, was mich nicht unbedingt beruhigte, da sich die alte Hexe mit Sicherheit wieder an ihn heften würde. Von weitem hörten wir schon lautes Geschrei und ich fragte mich, ob die sich da drinnen wohl gegenseitig töteten und Daniels Aufgabe übernahmen. Dagegen einzuwenden hätte ich nichts. Im Haus war es proppenvoll und ich hatte den Eindruck, dass die Schreie vielleicht von abgeklemmten Gliedmaßen herrührten. Trotz der Massen schaffte es die Höllenfürstin persönlich uns nach ein paar Augenblicken zu entdecken und Daniel in die Arme zu springen. Ich schaute mir das Schauspiel mit finsterer Miene an und spielte mit dem Gedanken, ihr eins überzubraten, wenn sie nicht gleich den von mir vorgeschriebenen Mindestabstand von 50 Metern einnahm. „Ich freu mich ja so, dass du gekommen bist“, flötete sie übertrieben freundlich. „Erschienen“, korrigierte sie Daniel schief grinsend. Besagte Fürstin der Finsternis blinzelte irritiert und schien nicht so recht zu raffen, worauf er hinaus wollte. „Zum Kommen bring nur ich ihn“, grummelte ich leise vor mich hin. Ich brauchte im Grunde auch keine Waffen, die Hände zum Würgen reichten völlig. Als die Kotzkuh sich immer noch nicht von ihm entfernen wollte, sorgte endlich Daniel dafür und schob sie von sich. „Danke für die Einladung, ne. Wir stürzen uns dann mal ins Getümmel.“ Daniel schnappte sich meine Hand, zog mich durch die Massen und ließ die entsetzte Annika einfach stehen. Innerlich lachte ich mich gerade schlapp. Stehen blieben wir erst, als wir die Quelle unseres Freudenspenders für den heutigen Abend entdeckt hatten: Jede Menge Kästen Bier. Mein Herzblatt sah aus wie ein kleines Kind, dem man eine Fahrt nach Disneyland versprach und ich ging jede Wette ein, dass meine Augen genauso leuchteten. Ungeniert fielen wir über die Flaschen her und exten die erste davon. Ein Grundpegel war schließlich die Basis eines jeden guten Abends. „Ich hasse dieses Weib“, murmelte ich vor mich hin, doch Daniel schien mich verstanden zu haben, denn er grinste mich an. „Eifersüchtig?“ Das fragte der auch noch. Frechheit, das machte er doch nur, um mich aufzuziehen. Trotzdem gab ich ein „klar“ von mir. Immerhin entsprach es ja der Wahrheit, auch wenn er sie schon kannte. Konnte ja nicht schaden, ihm das mitzuteilen. Er erwiderte nichts mehr drauf, sondern reichte mir die nächste Flasche. „Auf einen lustigen Abend“, stieß er mit mir an. Witzig. Ich war froh, wenn ich hier unbeschadet wieder weg kam, von Freude konnte da kaum die Rede sein. Wir standen noch eine Weile in der Küche und unterhielten uns mit einigen Kerlen aus unseren Stufen. Leute, die wir nur flüchtig kannten und die nicht viel bis nichts von unserem Drama mitbekommen hatten. Erstaunlich, dass es noch Leute gab, die auch ohne Klatsch und Tratsch existieren konnten. Aber den Bierflaschen in ihren Händen und ihrem glasigen Blick nach zu urteilen waren sie eh so drauf wie wir. Beruhigend zu wissen, dass es noch halbwegs normale Menschen auf unserer Schule gab. „Moin Alter“, begrüßte mich Nick, der plötzlich mit Luisa neben uns zum Stehen kam. Luisa sah immer noch leicht mitgenommen aus, lächelte uns aber strahlend an und versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. Ja, ja, Gefühle konnten schon etwas Schreckliches sein. „Daniel, ich muss dir Tim unbedingt entführen und ihm etwas zeigen.“ „Und ich muss dir dringend was erzählen“, hörte ich Luisa noch sagen, als mich mein Kumpel auch schon wegzerrte. „Was ist los mit dir? Hast du ein Gespenst gesehen?“ „So etwas in der Art“, antwortete er verschwörerisch. Okay, jetzt hatte ich ein wenig Angst. Er schleppte mich durch die Menschenmassen, bis er irgendwann Halt machte und auf zwei Personen deutete, die sich angeregt unterhielten und sich eindeutige Blicke zuwarfen. Es handelte sich dabei um niemand Geringeres als Pierre und Glitzerboy. Das war also sein neuer toller Freund? Als Nick neben mir zu glucksen anfing, hielt auch ich nicht mehr länger durch und fing an loszuprusten. Oh man, da hatten sich ja echt zwei gefunden. Zwei Fliegen mit einer Klappe war der passende Spruch, der mir dazu in den Sinn kam. „Ich muss dir aber auch noch etwas erzählen“, sprach er schon wieder so geheimnisvoll. „Also wenn es genau so witzig ist, wie das gerade, dann nur raus damit.“ „Na ja, es ist etwas komplizierter“, begann er und erzählte mir dann davon, dass er sich wohl in seinen neuen Dealer verschossen hatte. Wenn das mal keine vielversprechende Grundlage für eine harmonische Beziehung war...oh je. Zu allem Überfluss hatte er auch keinen Schimmer von seiner sexuellen Ausrichtung. „Ich weiß nur, dass er heute hier ist.“ „Und wie soll ich da helfen?“, fragte ich ihn auch sogleich. „Du könntest mitkommen, wenn ich ihn anspreche. Allein trau ich mich nicht“, lächelte mein Gegenüber verlegen und ich fragte mich, ob er sich zwischenzeitlich den Verstand weggekifft hatte. „Du tust gerade so, als hättest du noch nie mit ihm geredet“, sagte ich verwirrt. Ich verstand sein Problem nicht so recht. „Na ja, dabei handelt es sich ja nur um geschäftliches...“ Ich seufzte ergeben und wir machten uns gemeinsam auf die Suche nach seinem Schwarm. Es dauerte auch nicht lange, bis wir ihn fanden und uns zu ihm gesellten und es verging noch weniger Zeit, bis Nick sich intensiv mit dem Dealer unterhielt und ich mir reichlich überflüssig vorkam. Wozu brauchte er mich noch gleich? Toll, so hatte ich mir den Verlauf nicht vorgestellt. Einen von drei Punkten für den heutigen Abend hatte ich schon mal nicht einhalten können und mir wurde sogleich mulmig zumute, erst recht, als ich Uschi entdeckte. Schnell verschanzte ich mich in das nächstbeste Zimmer. Dabei handelte es sich zufällig um das Gäste-WC, in dem sich ein schwarzhaariges Mädel vor dem Spiegel neu schminkte. War mir aber gerade herzlich egal, als ich die Tür abschloss. Verwundert hielt sie in ihrem Tun inne und schaute mich fragend an. „Sorry“, meinte ich, „ich bin gleich wieder weg, lass dich nicht stören.“ Sie zuckte mit den Schultern und fuhr fort, sich die Augen anzumalen. Die Gesprächigste schien sie ja nicht zu sein. Ein wahres Wunder für die weibliche Spezies. Sie strahlte auch eine angenehme Ruhe aus und ich hatte nicht den Eindruck, dass sie eine weitere Kandidatin war, die über mich herfallen wollte. „Du kommst nicht von hier oder?“ Im gleichen Moment, in dem die Worte meinen Mund verließen, fiel mir auf, dass das nach einem ziemlich schlechten Anmachspruch klang. „Nein, aus einem Nachbardorf. Eine Freundin hat mich hierher geschleppt“, sagte sie, ohne ihre Schminksession zu unterbrechen. „Annika?“, fragte ich sofort. Die Frau kannte irgendwie jeden. Kein Wunder bei ihren einflussreichen Eltern. Die Unbekannte war mittlerweile fertig mit Nachbessern und meinte: „Sie heißt Uschi.“ Ja, ganz toll, wahrlich! Das war genau das, was mir gefehlt hatte und die Olle war es mit Sicherheit auch, die gerade gegen die Tür klopfte und fragte, ob Sam fertig sei, da sie auch mal rein müsste. Verdammt, ich saß in der Falle, was nun? Aus dem Fenster konnte ich mich nicht stürzen, da es zu klein war, um hindurch zu passen und das Abflussrohr vom Klo war noch winziger. Einen Schrank gab es auch nicht. Scheiße, ich müsste mich nun wohl oder übel dem Grauen schlechthin stellen. Oh Gott, sofort fiel mir wieder diese eine Nacht ein, aus der ich zum Glück keine Details mehr wusste. Aber die Gewissheit, mit einem Weib Sex gehabt zu haben, ließ mich immer noch gruseln. Seit meiner Ansage hatte sie meine Gegenwart weitestgehend gemieden, doch das würde sich nun ändern. Mein Talent war wirklich klasse. Ich trat nach dem Mädchen namens Sam nach draußen und wurde sofort von Uschi mit großen Augen gemustert. Die Situation musste für sie sicher reichlich verwirrend sein. „Hi“, begrüßte sie mich unsicher. Herrgott, ich wollte weg von hier und zwar schleunigst! Sie sah mich wehleidig an und schien etwas loswerden zu wollen. „Können wir kurz reden?“ Hatte ich es doch gewusst. Mein Vorhaben, ihr nicht zu begegnen, hatte sich hiermit erledigt. Ich sperrte mich nun schon zum zweiten Mal mit einem weiblichen Wesen im Bad ein. Irgendetwas lief eindeutig schief. „Rede!“, forderte ich sie auf und verschränkte die Arme vor der Brust. Ich traute ihr nicht über den Weg und nur weil sie mir nichts zu trinken anbot, hieß das nicht, dass ich sicher war. Verflucht noch eins, ich hatte Schiss vor einem Mädchen. „Ich wollte dich um Verzeihung bitten“, nuschelte sie und ihr schien diese Bitte extrem unangenehm zu sein. Ich war nun wirklich baff. Was ging derzeit ab? Erst die Aktion von Pierre und jetzt Uschis. Hatten die alle was geraucht? „Ich wollte an Silvester nur etwas mit dir trinken. Ich hatte keine Ahnung, dass Anni etwas ins Glas getan hatte, ehrlich.“ Ja, ja, das wusste ich bereits alles, nur eins verstand ich nicht: „Hast du dich nicht gewundert, dass ich auf einmal...na ja, du weißt schon...“ Im Gegensatz zu mir dürfte sie sich noch erinnern. Ich konnte mir nur zusammenreimen, wie das alles zustande gekommen war. Gott, ich wollte kotzen. Wenigstens war das Klo nicht weit weg. „Ein wenig, aber ich war zu dem Zeitpunkt schon ziemlich betrunken“, antwortete sie zerknirscht. Okay, das erklärte wirklich einiges. „Tut mir leid, auch das mit Daniel.“ Dass sie Bescheid wusste, hatte sie mir ja schon zu Silvester klar gemacht, jedoch wusste ich nun auch, dass Annika und Uschi keinen Schimmer hatten, dass Daniel und ich wieder ein Paar waren. „Ist okay, Entschuldigung akzeptiert.“ Sofort hellte sich ihr Gesicht auf. „Wirklich? Danke!“ Und schon tat sie etwas, wofür ich meine Worte am liebsten zurückgezogen hätte: Sie fiel mir um den Hals. „Wollen wir noch was trinken?“, fragte sie freudig, bevor ihr wohl die Tragweite ihrer Frage bewusst wurde. „Lass mal. Ich geh dann auch wieder.“ Und das tat ich auch, ehe ihr noch ein anderer Gedanke kam, mich festzuhalten. Schnell drängte ich mich an ihr vorbei, um mich auf die Suche nach meinem rettenden Anker Daniel zu machen. TBC Kommis? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)