Kleine Geschichten vom Glücklichsein von In-Genius ================================================================================ Kapitel 2: Das Glück eines Vogelliedes -------------------------------------- Ein Vogel, der sich in die Luft schwingt, hat ein Lied. Ein Mensch, der sich auf sein Glück besinnt, hat auch ein Lied.   Ein Vogel, der am Boden bleibt, vergisst den Klang der Freiheit. Ein Mensch, der nicht zu lieben wagt, weiß nicht, dass er schweben, tanzen, fliegen könnte.   Zoro ließ sich entnervt auf die Planken nieder, lehnte sich gegen die Reling. Schon die ganze Zeit über spukte ihm dieser dämliche Spruch in seinen Gehirnwindungen herum. Warum mussten eigentlich auf dieser bescheuerten Insel überall diese dummen Plakate hängen? Das war doch wohl total für den Arsch! Außerdem wusste er gar nicht, was er mit diesem Spruch sollte. Der ergab doch überhaupt keinen Sinn! Über ihm krächzten mehrere Möwen, die sich in die Lüfte erhoben und auf das weite Meer flogen. Er sah ihnen nach, legte den Kopf leicht schief. »Ein Vogel, der sich in die Luft schwingt, hat ein Lied… Ja, und wenn schon?«, murmelte Zoro und verschränkte die Arme vor der Brust. Sollte es von ihm aus eine Tatsache sein, dass fliegende Vögel piepsten und krächzten und so. Es war ihm doch egal. Er hörte fröhliches Pfeifen aus der Kombüse und erkannte Sanjis Lieblingsmelodie. Sanji pfiff sie immer, wenn er voller Elan in der Küche schuftete. Zoro verstand es zwar nicht, aber Sanji machte Kochen eben Spaß. Das wusste er. Das wussten alle. Für Sanji war Kochen eine Berufung und immer, wenn er so pfiff, wusste Zoro, träumte Sanji vom All Blue, dem Meer, in dem alle Fische der Welt versammelt sein sollten – und Sanji würde ihn finden. Zoro konnte das breite Grinsen und die glänzenden Augen ihres Kochs dabei sehen, wenn er so pfiff. »Kindskopf…«, murmelte Zoro schmunzelnd. Sie alle hatten einen Traum und zusammen würden sie sicher jeden einzelnen erreichen und zu Wahrheit machen. Dazu waren Freunde da; und bei so guten Freunden wie hier auf der Flying Lamb konnten sie sich glücklich schätzen. Von der anderen Seite hörte Zoro Ruffy schräg aber überglücklich pfeifen. Er mümmelte an dem Snack, den Sanji ihm vorab schon gegeben hatte. Zoro grinste leicht: »Ein Mensch, der sich auf sein Glück besinnt, hat auch ein Lied…« Zoro resignierte. Er gab sich geschlagen. Gut, dann war das eben auch so. Den Spruch fand er trotzdem albern und es interessierte ihn nicht die Bohne. Sollten sie doch pfeifen und sich dabei auf ihr Glück besinnen… Interessierte ihn doch nicht. Von der ganzen Grübelei und dem dämlichen Spruch über das Glück angestrengt und entnervt schloss Zoro die Augen, versuchte sich zu entspannen und ein Nickerchen an der Reling zu halten. Wundersamerweise, schließlich konnte Zoro bekanntlich immer und überall schlafen, schlief er tatsächlich ein und schnarchte leise vor sich her. Erst später, als die Sonne schon weit am Horizont gewandert war, schlug er die Augen wieder auf und suchte blinzelnd nach dem, der seine heilige Ruhe und sein heiliges Nickerchen störte. Er fand niemanden. Aber zu seiner Verwunderung sah er eines von diesen lästigen Möwentieren über den Steg watscheln. Skeptisch hob er eine Augenbraue. Er hatte noch nie eine Möwe laufen sehen. Es waren ja auch Vögel, die sollten eigentlich fliegen. Warum diese es nicht tat, war ihm zwar egal, aber es interessierte ihn doch irgendwie. So ein bisschen zumindest. Er erhob sich, entspannte knackend seine Schultern und sprang über die Reling auf den Steg. Die Möwe quiekte und sprang zur Seite, flog aber nicht weg. Erneut zog Zoro seine Braue nach oben. Seltsamer Vogel… »Husch!«, zischte Zoro dem Vogel entgegen und machte ruckartig einen Schritt auf ihn zu. Wieder quiekte und sprang der Vogel, flog aber immer noch nicht weg. »Husch! Husch!«, zischte Zoro wieder und schnappte nach dem Vogel. Erschrocken piepste die Möwe, ließ sich aber von Zoro fangen und in den Händen halten. Endgültig von dem Federvieh verwirrt zog Zoro beide Brauen nach oben. Der Vogel war doch echt dämlich! »Flieg!«, meinte Zoro und warf den Vogel kurz hoch. Der quiekte und kreischte nur und schien fast einen Herzinfarkt zu erleben, so kam es Zoro zumindest vor. Er schüttelte leicht den Kopf und beäugte die Flügel der Möwe. Die schienen allerdings gesund und voll funktionstüchtig zu sein. Er zuckte mit den Schultern und beugte sich wieder hinunter um den dümmlichen Vogel wieder frei zu lassen. Doch die Möwe saß nur vor seinen Füßen auf dem Steg und sah treu-doof zu ihm hinauf. »Geh!« Er hatte ja prinzipiell nichts gegen Tiere – Chopper war ja eigentlich auch ein Elch und er persönlich bezweifelte manchmal, ob Ruffy wirklich menschlichen Ursprungs war – aber er hasste Tiere, die ihm auf die Pelle rückten und ihm auf den Senkel gingen. Und genau das tat dieses behämmerte Federvieh zu seinen Füßen. »Verschwinde schon!«, er trat nach der Möwe, auch wenn er sie nicht treffen wollte, nur verjagen. Die Möwe sprang nur aufgeregt und entrüstet kreischend zur Seite. Zoro verdrehte die Augen. Wenn diese Möwe schon immer so war, wunderte es ihn, dass sie überhaupt bisher überlebt hatte. Das war ja echt unglaublich! Zoro legte den Kopf leicht schief, hatte wieder das Plakat vor Augen: Ein Vogel, der am Boden lebt, vergisst den Klang der Freiheit. Zoro zog seine Brauen zusammen. Konnte es sein, dass dieser Vogel echt so dumm war und nicht wusste, dass er weg fliegen müsste? Sein Leben schützen sollte? Zoro schüttelte resignierend den Kopf. Wie konnte ein Vogel eigentlich so blöde sein? Wie konnte die Natur nur so etwas Behämmertes hervorbringen? Das ging echt über seinen Verstand. »Dummes Ding…«, brummte er. Mit einem letzten Blick auf die Möwe wandte er sich um und stieg wieder auf das Deck der Flying Lamb. Wenn die Möwe bisher so viel Glück gehabt hatte, sollte sie weiter darauf hoffen. Zoro schlurfte in die Kombüse, wollte sich seinen Rum gönnen. Nach der Einkaufstour und dieser dämlichen Möwe hatte er sich den Alkohol redlich verdient. Dass er zwischenzeitlich schon erholsam geschlafen hatte, verdrängte er kurzerhand. War ja auch nicht so wichtig. Er setzte sich mit der Flasche in der Hand auf die Bank und sah Sanji eine Weile zu, wie er in der Kombüse herumwuselte und fuhrwerkelte. Auch wenn Zoro glaubte, dass Sanji im Moment nichts Wichtiges machte, war es schon erstaunlich und fast schon bewundernswert, wie Sanji durch die Küche schwebte und mit leichter, zaubernder Hand seine Arbeit tat. Zoro legte leicht den Kopf schief und auf seinem Gesicht zeichnete sich unbemerkt ein Lächeln. Sanji wandte sich zu ihm um, erwidert sein Lächeln und fragte, während er zu ihm herüberkam: »Was schönes passiert? Du lächelst so…« Sanji beugte sich zu ihm nieder, hauchte einen sanften Kuss auf Zoros Lippen: »Ist die Welt untergegangen, dass du dich so freust…?« Der Blonde grinste keck. Zoro hob seine Augenbraue. Irgendetwas stimmte nicht. Irgendetwas stimmte hier ganz gewaltig nicht! Sanji konnte den Witz mit dem Weltuntergang gar nicht wissen. Abgesehen davon, dass er ihn nicht zu küssen hatte, so ganz nebenbei… Sie waren nur Freunde, nichts weiter. »Kochlöffel? Alles klar soweit?«, fragte er schroff klingend, aber irgendwie besorgt. War Sanji krank? Verhext? Verrückt? Er wollte aufspringen, Sanji zur Ordnung rufen; doch nur diese Frage verließ seine Lippen. Sanji nickte, lächelte liebevoll: »Natürlich, warum auch nicht?« Zoro hätte ihm genug Gründe nennen können, aber er beließ es dabei. So glücklich und zufrieden wie Sanji gerade lächelte, hatte Zoro ihren Smutje noch nie gesehen. Er persönlich hätte auch geglaubt, dass er den Blonden erst und nur dann so glücklich und zufrieden sehen würde, wenn er den All Blue entdeckt hätte. Was bisher noch nicht der Fall gewesen war, da war sich Zoro sicher. Absolut sicher. Hoffte er zumindest… Sanji küsste noch einmal weich Zoros Lippen und wandte sich dann fröhlich und voller Glück nahezu schwebend wieder seiner Arbeit zu. Er tänzelte durch die Kombüse und mit leichten, fliegenden Bewegungen verrichtete er die so einfach aussehenden Handgriffe, die doch um so viel komplizierter und schwieriger waren, als sie einem erschienen.Immer wieder warf er Zoro einen verliebten, glücklichen Blick zu. Zoro wusste nicht recht mit dieser Situation umzugehen. Glaubte Sanji, sie wären ein Paar? Liebte Sanji ihn? Es schien so… Sanji schien um so viel glücklicher, fröhlicher, ausgelassener zu sein. Zoro hätte nie gedacht, dass etwas so kleines und flüchtiges wie Liebe so etwas Großartiges hervorrufen könnte. Er schüttelte leicht den Kopf. »Hast du was, mein Schatz?«, fragte Sanji besorgt und er musterte Zoro argwöhnisch. Er strich sanft über Zoros harte Gesichtszüge, »Liebster?« Zoro schüttelte wieder leicht den Kopf, wollte Sanji sagen, dass er sich irrte. Aber so einen glücklichen, bezaubernden Sanji wollte er auch nicht so vor den Kopf stoßen… Er sah auf die Planken unter seinen Schuhen und stammelte zusammenhanglose Worte, Sanjis Namen. Sie waren Freunde, nicht mehr. »Was denn?«, fragte Sanji. »Das geht so nicht…«, murmelte Zoro. »Was denn? Dass du in meiner heiligen Kombüse schläfst? Das geht echt nicht!« Zoro blinzelte irritiert. Schlafen? War er eingeschlafen? Hatte er nur geträumt? Erleichtert atmete er aus. Nur ein Traum…   Ein Vogel, der sich in die Luft schwingt, hat ein Lied. Ein Mensch, der sich auf sein Glück besinnt, hat auch ein Lied.   Ein Vogel, der am Boden bleibt, vergisst den Klang der Freiheit. Ein Mensch, der nicht zu lieben wagt, weiß nicht, dass er schweben, tanzen, fliegen könnte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)