Post Me von In-Genius ================================================================================ Prolog: In Train ---------------- Die Landschaft flog an seinem Fenster vorüber. Flüchtig sah er das Grün vorbeischweben, wie sich die Büsche und Bäume zu einem langen Band vermischten. Nur manchmal von dem Braun und Weiß der Stämme unterbrochen, zog es an seinem Fenster entlang. In seinen Ohren hörte er seine Lieblungsmusik dröhnen und der Bass erschütterte sein Trommelfell. Der Zug schien sich rhythmisch anzupassen und im Takt zu ruckeln. Gelangweilt kaute er auf seinem Kaugummi herum. Schon seit drei Stunden saß er hier und war noch immer nicht angekommen. Er wusste nicht, was er tun sollte, um sich die lange Zeit zu vertreiben. Man konnte ja auch nichts machen, als einfach nur gelangweilt in einem Abteil zu sitzen und sich von den grünen Schlieren draußen einnebeln zu lassen. Dabei war er so nervös und aufgeregt. Heute war es endlich so weit. Heute würde er ihm zum ersten Mal wirklich gegenüber treten, ihn wirklich sehen und mit ihm sprechen können. Sie waren nicht mehr auf ein paar Zeichen auf einem Monitor als Verbindung angewiesen, nicht auf ein paar Kabel und elektrische Impulse, die sie verbanden. Sie würden sich heute gegenüber stehen, wirklich mit einander reden, sich sehen – sie könnten sich sogar berühren! Auf eine unbestimmte Art und Weise beunruhigte ihn diese Vorstellung ein wenig. Seine Hände zitterten und er hatte das Gefühl, als wäre das eine Brötchen am Morgen, für seinen Magen schon zu viel gewesen. Aber es blieb auch noch die Frage offen, ob sie sich wirklich verstehen würden – so in Wirklichkeit. Es war vielleicht ja doch etwas anderes, wenn man sich plötzlich tatsächlich gegenüber saß und nicht noch so viele Kilometer getrennt und nur durch das Internet verbunden war. Trotzdem freute er sich genauso sehr über seinen Besuch. Auch, wenn er eigentlich nur endlich da sein wollte, überwog seine Freude Sanji bald wirklich zu sehen; endlich seine Stimme zu hören, seinen Bewegungen zu folgen oder auch einfach nur seinen Geruch aufnehmen zu können. Ihre Freundschaft würde etwas Handfestes bekommen. Sie könnte auf etwas Gemeinsames zurückgreifen, wenn das Wochenende vorbei wäre. Sie hätten etwas zusammen erlebt. Er freute sich wirklich darüber. Als Sanji ihn gefragt hatte, ob er nicht zu seinem Geburtstag kommen wollte, hatte er sein Glück kaum fassen können. Auch wenn ihn so etwas wie Angst befallen hatte und noch immer befiel, wenn er darüber nachdachte. Sie beide trennten Welten, auch wenn sie sich schon fast über ein Jahr kannten. Er schmunzelte leicht. Er wusste schon kaum noch, wie es angefangen hatte. Er hatte sich irgendwann einmal in einem Forum über Kampfsport angemeldet. Er wusste zwar nicht mehr warum, aber heute war er froh, dass er es getan hatte. Denn in einem Thread hatte er Sanji kennen gelernt – oder viel mehr, hatten sie die ersten Worte gewechselt. Es war um Kickboxen und Schwertkampf gegangen und was besser war. Natürlich hatte er auf Schwertkampf gesetzt. Er liebte diesen Sport. Sanji hatte Kickboxen verteidigt, denn das liebte er. Sie hatten sich heftig darüber gestritten und waren sogar beleidigend geworden. Deswegen waren sie aus dem Thread geworfen worden, aber ihren Streit hatte das nicht beendet. Sie hatten ihn einfach über ICQ weiter geführt. Er grinste in sich hinein. Zwischen ihren Streitgesprächen hatte sich eine Freundschaft entwickelt. Sie waren sich näher gekommen, erzählten sich alles und teilten alles miteinander. Dass es bisher nur virtuell war, störte keinen von ihnen. Und nun war er von Sanji zu dessen zwanzigsten Geburtstag eingeladen worden. Er konnte es wirklich kaum fassen. Seine Freunde hielten ihn für verrückt, dass er so große Stücke auf einen Fremden hielt. Oft hatte er schon versucht ihnen zu erklären, dass Sanji kein Fremder für ihn war, sondern ein Freund. Sein bester Freund. Er wusste, dass es seltsam klang und sie verstanden ihn auch nicht so recht. Er konnte es auch nicht genau fest machen. Aber trotz der Ferne, die sie stets trennte, waren sie sich so unglaublich nah. Es war ihm fast so, als ob er Sanji schon sein ganzes Leben lang kannte. Er konnte sich nicht mehr vorstellen, wie er ohne ihre Freundschaft auskommen konnte. Sie war so frei, so ungezwungen. Manchmal redeten sie (schrieben sie viel mehr) tagelang nicht miteinander und dann wieder beichteten sie sich ihre herzlichsten, innersten Wünsche und Geheimnisse. Es war ihm eine Erleichterung mit Sanji. Er konnte ihn anschreien und ärgern, ihn aufziehen und necken oder in Rage bringen und wütend machen und oft zahlte Sanji es ihm heim, doch nichts erschütterte ihre Freundschaft, wenn sie sich brauchten und sich alles von der Seele beichteten. Dabei basierte ihre Freundschaft, ihre Unterhaltungen nur auf dem Buchstabensalat auf ihren Monitoren. Wenn er so darüber nachdachte, erschien es ihm wie ein Wunder. Wie konnten zwei Menschen sich in so einem großen, nicht existenten Raum wie dem World Wide Web treffen und so eine tiefe und starke Freundschaft entfalten? Er vertraute Sanji so viel mehr Dinge und so viel genauer, dichter an als er es bei Ace je geglaubt hätte. Nur eines hatte er Sanji gegenüber noch nie erwähnt. Obwohl es ihm eigentlich immer egal war, was andere von ihm dachten. Bei Sanji war das anders. Er wollte, dass Sanji nur das Beste von ihm dachte, wollte ihn nicht vergraulen oder verlieren, nur weil er in irgendeiner Weise anders war. Er lebte in ärmlichen Verhältnissen. Das sah vielleicht nicht für jeden wie ein Grund aus Panik zu schieben, aber er wusste, dass Sanjis Stiefvater ein Nobelrestaurant besaß. Ein ausgesprochen gut gehendes Nobelrestaurant. Sanji war von Haus aus nur das Beste gewöhnt, auch wenn er selbst behauptete, sein Stiefvater wäre knauserig und geizig. Für Zoro aber klang Sanjis Leben nach dem Paradies. Zoro wollte Sanji nicht wegen so etwas trivialem wie Geld verlieren, doch er hatte oft genug schon Leute erst groß prahlen hören, wie tolerant und aufgeschlossen sie wären, wie sehr sie jedem eine Chance geben würden – und dann sahen diese einen nicht einmal mit dem Arsch an. Er kannte doch solche Snobs! Auch wenn er nicht glaubte, dass Sanji eben so ein Snob und Schnösel war, wollte er es lieber nicht riskieren. Man musste ja nichts heraufbeschwören. Zwar hatte er auch immer gesagt, er würde sich nie mit solchen Leuten abgeben – Sanji war anders. Er zwang seine Gedanken wieder auf die Fahrt. Nur noch eine Haltestelle, dann wäre er da. Dann würde er endlich Sanji begegnen. Er konnte das Zittern seiner Hände kaum mehr kontrollieren, sich kaum beruhigen. Er war einfach viel zu aufgeregt und nervös. Er! Dabei prahlte er doch immer, wie cool und abgebrüht ruhig er in jeder Situation blieb, sein konnte Bei Sanji war eben alles anders. Die Frauenstimme schallte aus dem Lautsprecher und sagte seine Station an. Hier musste er raus! Hier wartete Sanji auf ihn! Zoro schüttelte über sich selbst den Kopf. Er benahm sich wie ein kleines Kind, das auf Weihnachten wartete… Er schnappte sich seine Reisetasche, zog sie unter seinem Sitz hervor und zog sie zum Ausgang, stellte sich ungeduldig davor. Er konnte es kaum abwarten. Schleppend fuhr der Zug in den Bahnhof ein, kam schleichend langsam auf dem Gleis zum stehen. Zoro zögerte, die Tür zu öffnen; da wurde sie schon von außen aufgedrückt und Zoro von anderen Passagieren hinaus auf den Bahnsteig gedrängt. Er sah sich verwirrt um. Wo war Sanji? War er überhaupt gekommen? Würde er ihn abholen? Wollte er ihn überhaupt wirklich bei sich haben? Vielleicht war es auch ein Missverständnis? Tausend Fragen schwirrten durch seinen Kopf. 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