Goodbye, alte Erinnerungen von Norrsken (One-Shot Sammlung) ================================================================================ Zum Geburtstag -------------- Hell schien die Sonne auf die schrägen Dächer der Winkelgasse, wodurch sich starke Schatten über den grob gepflasterten Weg zogen. Es war Mitte Mai, weshalb das Treiben aus der kleinen Einkaufsstraße für Zauberer mäßig war. Bis auf die alltäglichen Erledigungen in der Apotheke oder ein Besuch in der Buchhandlung, gab es kaum einen Grund für Zauberer sich zu dieser Zeit in der Winkelgasse aufzuhalten. Für Rose Weasley war dieser Tag jedoch kein gewöhnlicher wie für all die anderen, denn an diesem Maitag war sie elf Jahre alt geworden. Es war ihr elfter Geburtstag und somit ein wirklich besonderer Tag für kleine Hexen und Zauberer. Bald – das stand außer Frage – würde eine Eule im Hause Weasley eintreffen, mit einem Brief für das kleine Mädchen. Eine Einladung, aus Hogwarts, dass sie, Rose Weasley, ab September das renommierte Internat für junge Hexen und Zauberer besuchen durfte, um in verschiedenen Künsten der Magie unterrichtet zu werden. Auf diesen besagten Brief wartete das Mädchen schon eine gefühlte Ewigkeit, denn nach nichts sehnte sie sich mehr, als zu lernen ihre Fähigkeiten zu verbessern, seit dem sie das erste Mal das Bad unter Wasser gesetzt hatte, indem sie einen Schauer beim Baden auslöste. Doch für den Augenblick waren für Rose alle Gedanken an Hogwarts vergessen. Denn an diesem Tag, ihrem elften Geburtstag, würde sich für sie ein noch viel sehnlicherer Wunsch erfüllen. An der Hand ihrer Mutter, Hermione Weasley, hüpfte sie leichtfüßig durch die Winkelgasse. Die Bitte von Hermione, anständig zu laufen, ignorierte das Mädchen. Sie war viel zu aufgeregt und musste der angesammelten Energie auf irgendeiner Weise Luft machen. Hermione konnte ein Seufzen nicht unterdrücken, als sie endlich vor der Tür ihres Zieles standen. Wenn sie ehrlich war konnte die ehemalige Granger besser mit ihrer Tochter umgehen, wenn sie ruhig ins Lesen vertieft war oder ernsthafte Fragen stellte. Das kleine Energiebündel konnte nur ihr Vater im Griff behalten. »Gut, Rosie. Du musst dich jetzt wirklich etwas beruhigen und vor allem Stillhalten können.« »Okay, Mummy.« Wie um ihre Worte zu unterstreichen stand Rose augenblicklich still, wie zur Säule erstarrt, da. Zufrieden über das schnelle Verständnis ihrer Tochter nickte Hermione und öffnete die Tür zum Laden, woraufhin ein helles Glöckchen im hinteren Teil des Geschäfts erklang. In freudiger Erwartung huschten die haselnussbraunen Augen von Rose die Wände entlang über die vielen schmalen Schachteln, die fein säuberlich bis zur Decke getürmt waren. Für einen Augenblick versuchte die kleine Weasley sie zu zählen, kam aber schnell zu dem Schluss, dass sie damit sicher noch bis in die nächste Woche beschäftigt sein würde. Sicher waren es über Tausend Schachteln. Vielleicht sogar Millionen oder gar Unendlich. Aus dem hinteren Teil des Ladens trat ein kleiner Mann hervor. Er war alt, das erkannte Rose an dem schneeweißen Haaren und tiefen Falten. Auf seiner Nase trug er eine dicke Brille und betrachtete die Kundschaft durch halbmondförmige Gläser. »Hallo, Mr. Olivander«, grüßte Hermione den Ladenbesitzer mit einem freundlichen Lächeln. Die silbernen Augen des Mannes, die wie Monde zu leuchten schienen, richteten ihre Aufmerksamkeit auf die erwachsene Frau. »Ah«, ein wissendes Lächeln schlich sich auf die schmalen Lippen, »Hermione Granger – nein – inzwischen natürlich Weasley. Weinrebe. Zehndreiviertel Zoll.« Bestätigend mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen nickte die Angesprochene. Die ehemalige Gryffindor kannte diese Eigenart des Zauberstabherstellers schon und hegte eine gewisse Faszination für diese. Für Rose war das alles ganz neu. Auch, wenn sie von der Familie schon viel erzählt bekommen hatte, war es doch etwas anderes, es selbst zu erleben. Mit großen Kinderaugen starrte sie den bemerkenswerten Mann an, bis er sich ihr zuwandte. »Wir würden gerne für meine Tochter einen geeigneten Zauberstab bei ihnen kaufen, Mr. Olivander. Als Geschenk zum elften Geburtstag.« Euphorisch nickte das junge Mädchen bei den Worten ihrer Mutter. In ihrer Brust schlug ihr Herz vor freudiger Erwartung so heftig, dass sie schon fürchtete es könnte herausspringen. Sie wollte nicht mehr warten. »Aber natürlich. Ja, das sollte kein Problem sein. Wir finden sicher einen geeigneten. Ich habe noch für jeden Kunden, einen hervorragenden Zauberstab gefunden. Sie leisten alle zuverlässige Arbeit, aber natürlich müssen wir erst einmal den finden, der zu der jungen Miss passt. Schauen wir mal.« Rose beobachtete gespannt, wie Mr. Olivanders ein Maßband hervorholte. »Welche ist denn ihre Zauberhand?« Im ersten Moment davon überrumpelt selbst von dem alten Ladenbesitzer angesprochen worden zu sein, schnappte die kleine Weasley hörbar nach Luft, bevor sie zu einer Antwort ansetze. »Rechts! Ich schreib mit rechts.« Das Maßband begann seine Arbeit zu vollrichten, und Rose war schon oft gemessen worden. Von ihren Großmüttern und auch ihrer Tante Fleur, wenn sie Kleider für sie nähen wollten. Das Messen nun war allerdings sehr viel anders. Die Maße ihres Armes und ihrer Elle zu nehmen konnte das Mädchen noch nachvollziehen, aber wozu von Ohr zu Ohr und der Abstand ihrer Nasenlöcher beitragen sollte war ihr ein Rätsel. Mit den zusammengetragenen Maßen wandte Mr. Olivander sich schließlich den vielen Schachteln an der Wand zu und schien sich über seine Wahl sorgfältig Gedanken zu machen. Die haselnussbraunen Augen von Rose folgten jeder seiner Bewegungen besonders aber den Händen, wie sie über die Seiten der kleinen Kartons strichen. Ihre eigenen kleinen Hände waren zu Fäusten geballt und sie spürte, wie ihre Handflächen langsam feucht wurden. Sie wollte sich entspannen, aber die Aufregung beherrschte ihren Körper. Endlich hatte Mr. Olivander sich entschieden und zog eine zwischen den vielen Schachteln hervor. Darin befand sich ein graziler Stab aus dunklem Holz. »Ulme und Drachenherzfaser, elf Zoll, recht flexibel.« Der alte Ladenbesitzer legte Rose den verzierten Stab in die Hand und wartete. Fasziniert starrte das Mädchen auf das Zauberwerkzeug und rührte sich nicht. Es brauchte einen Moment, dass sie sich erinnerte, den Zauberstab zu testen. Zaghaft hob sie ihre Hand, fing den ermutigenden Blick ihrer Mutter auf, wodurch sie das Holz mit sehr viel Schwung schnippen ließ. Mr. Olivander schüttelte den Kopf und nahm den Zauberstab gleich wieder an sich. Der nächste Stab, den er der kleinen Weasley reichte war aus einem sehr viel helleren Holz gemacht. »Hier. Weißbuche und Einhornhaar, zehn Zoll, federt etwas.« Nicht mehr so ehrfürchtig wie beim ersten Mal nahm Rose den Zauberstab entgegen und schwang ihn gleich. Es passierte nichts, sie spürte nichts, was sie sich etwas lächerlich vorkommen ließ. Unsicher blickte sie ihre Mutter an, die aber weiterhin bloß zuversichtlich lächelte. Auch der Zauberstabhersteller bemerkte den unsicheren Blick des Mädchens. Er nahm den Stab wieder an sich und sprach zu Rose: »Nur keine Sorge. Wir finden schon den geeigneten. Für die einen braucht es länger, bei den anderen geht es sehr schnell.« Tief in Gedanken versunken drehte sich Mr. Olivander wieder den Schachteln zu. Rose starrte ihn dabei unbewusst an und war schrecklich gespannt. Es brauchte einige Minuten bevor er einen neuen Stab hervorholte, um ihn ihr zu reichen. »Das eben war noch nicht ganz das wahre, aber mit diesem könnte es schon viel besser gehen. Zeder und Einhornhaar, zehndreiviertel Zoll, relativ geschmeidig.« Rose nahm den Zauberstab in die Hand und fühlte wie eine angenehme Kühle ihren Körper durchströmte. Als tauchte sie in Wasser ein. Mit einem sanften Schlenker traten schimmernde Seifenblasen aus der Spitze des Zauberstabes und Rose begann unwillkürlich darüber zu strahlen. Mr. Olivander schien das Mädchen ab da mit ganz anderen Augen zu sehen, als sie seinen Blick auffing. Ein wissendes Lächeln lag auf seinen Lippen. »Nun. Mit dem Ergebnis können wir sehr zufrieden sein. Ja, dieser hier scheint für sie gemacht zu sein, Miss Weasley. Ein wirklich guter Stab. Natürlich sind sie alle gut, aber Zedernholz-Zauberstäbe haben ihre ganz besonderen Vorlieben bei ihren Besitzern.« »Vorlieben?«, hakte Rose naiv nach, die nicht ganz verstand, worauf der alte Mann hinaus wollte. Dieser führte aber gerne für seine kleine Kundin weiter aus: »Ja, wissen sie. Zedernholz-Zauberstäbe wählen zumeist Hexen und Zauberer mit Charakterstärke und einer besonders ausgeprägten Loyalität. Und um ihre Liebenden zu beschützen können sie zu furchterregenden Gegnern werden. Ich bin sehr gespannt, was ihnen die Zukunft bringen wird, Miss Weasley.« Mit großen Kinderaugen sah die Elfjährige den Zauberstabhersteller an. Die silbernen Augen schienen sie, nun, da der Zauberstab sie erwählt hatte, durchleuchten zu können und bis auf ihr Innerstes zu analysieren. Dass sich über den Zauberstab so viel über den Zauberer sagen ließ erstaunte Rose und sie hielt das magische Holz achtungsvoll in den Händen. Sie wollte keinen anderen mehr. Dies war ihr Zauberstab. Aus Zeder, mit Einhornhaar, zehndreiviertel Zoll und relativ geschmeidig. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)