Goodbye, alte Erinnerungen von Norrsken (One-Shot Sammlung) ================================================================================ Ballett ------- Ein tiefer Seufzer entwich der jungen Rose. Auf ihrer Stirn haben sich kindliche Fältchen gebildet, ihre Augenbrauen waren tief ins Gesicht gezogen und der kleine Mund zu einem Schmollen verzogen. Gut das ihre Mutter grade nicht schaute, sonst dürfte sich Rose sicher etwas anhören. Schließlich gab es keinen Grund dafür solch ein Gesicht zu ziehen – nein! Rose sollte nicht so viel auf die Worte ihres Vaters geben und sich einfach mal darauf einlassen, genau. Es würde ihr sicher Spaß machen, wenn sie dem Ganzen eine Chance geben würde. Das behauptete ihre Mutter zumindest die ganze Zeit. Bestätigen konnte Rose das allerdings nicht. Ja, ihr Vater hatte schon im Voraus gesagt, dass es eine bescheuerte Idee war, sie zu so etwas zu überreden, aber Rose teilte diese Meinung erst, nachdem sie sich das eine Stunde lang angesehen hatte. Er hatte definitiv recht gehabt! Zumindest sah sie das so. Hermione Weasley sah es anders. Es war schwer gegen ihre Mutter zu argumentieren. Rose fand einfach nicht die richtigen Worte, dass Hermione sie verstand. Verstand, dass sie von Ballett nichts hielt. Dass Dominique, ihre ein Jahr ältere Cousine, ebenfalls den Ballettunterricht besuchte, war nur ein schwacher Trost. Es machte ihr offensichtlich nicht nur Spaß, nein, sie war auch gut darin. Bei Dominique sahen die Übungen richtig elegant aus. Rose dagegen fühlte sie so, wie ihre Tante Fleur sie einmal im Scherz betitelt hatte - wie ›ein Troll im Porzellanladen‹. Vermutlich hatte Hermione sich erhofft, dass sie ein bisschen graziler würde. Dass sie, statt den Jungs eins auf die Nase zu geben, ein bisschen ruhiger würde. Da sich Rose nicht gegen ihre Mutter behaupten konnte, ließ sie die Ballettstunden über sich ergehen. Nicht aber ohne ab und an zu versuchen, sich davor zu drücken. Ihre kläglichen Versuche, eine Krankheit vorzutäuschen, hatte Hermione zumeist durchschaut. Die Versuche, sich wirklich was einzufangen, waren nur selten von Erfolg gekrönt – blöde Gesundheitsmännchen! Dieses Mal hatte sie sich etwas anderes überlegt. Energisch hatte Rose ihren Vater darum bemüht, dass ihre gute Freundin Alice, sie über Nacht besuchen kann. Die beiden Mädchen waren gute Freundinnen und sahen sich bei vielen Gelegenheiten, aber für einen Übernachtungsbesuch war immer eine gewisse Überredungskunst nötig. Aber bei Ronald Weasley war das etwas einfacher als bei Hermione Weasley. »Rose, komm, es geht zum Ballett«, hatte Hermione ihre Tochter erinnert. Diese stellte sich an den oberen Absatz der Treppe und rief hinab: »Aber Mummy, Alice ist zu Besuch!« Verwirrt war die Mutter an den unteren Absatz getreten und schaute zu ihrer Tochter rauf. Sie war kurz zuvor erst von der Arbeit im Ministerium gekommen und hatte deshalb überhaupt noch nicht mitbekommen, dass sich ein Gast im Haus aufhielt. Zudem hatte ihr Mann wohl auch vergessen, ihr davon zu erzählen. »Rose, du weißt, dass du alle zwei Wochen Ballett hast.« Der Blick, mit dem Hermione ihre Tochter bedacht, bedeutete nichts Gutes. Sie ahnte, dass das Mädchen, sich etwas dabei gedacht hatte, den Besuch auf heute zu legen. »Tut mir leid, ich hab gedacht, ich hätte erst nächste Woche wieder«, log Rose unsicher. Ihre Hände begannen an ihrem Oberteil zu ziehen. Alice, die sich noch im Zimmer aufgehalten hatte, kam nun auch an die Treppe, um besser das Geschehen mitzubekommen. »Guten Tag, Mrs Weasley«, begrüßte sie die Mutter ihrer Freundin, die sogleich ein Lächeln aufsetzte und zurück grüßte. »Hallo, Alice-Schätzchen. Wie geht es deinen Eltern?« »Gut! Ich soll schöne Grüße ausrichten«, erwiderte Alice und strahlte. »Mummy, können wir das Ballett nicht heute ausfallen lassen?«, brachte Rose die Unterhaltung wieder zurück aufs Thema und sah flehentlich – aber nicht zu flehentlich! – hinunter. Natürlich würde Hermione Weasley nicht sofort klein beigeben, aber Alice war nun schon hier und nicht mal Rose‘ Mutter war so hart, dass sie das kleine Mädchen nach Hause schickte, um ihre eigene Tochter zum schrecklichen Ballett zu schicken. »Du willst Dominique einfach versetzen?« Hermione versuchte ihrer Tochter ein schlechtes Gewissen einzureden und ein bisschen schaffte sie es auch. Rose biss sich auf die Unterlippe und geriet ins Grübeln, aber knickte nicht ein. Dominique würde auch ohne sie Spaß haben, da brauchte sie sich gar keine Gedanken drüber machen. Und sie sahen sich ja nicht nur beim Ballett. Alice war allerdings, um einiges leichter zu beeinflussen. Sofort zeichneten sich in dem kindlichen Gesicht Schuldgefühle ab und sie wandte sich an Rose. »Ich komm gerne mit!«, bot die kleine Longbottom ohne nachzudenken an. Das verzweifelte Gesicht ihrer Freundin verwirrte sie dementsprechend. »Das ist lieb, Alice«, flötete Hermione Weasley, »wir geben dir einfach ein paar Sachen von Rose und dann machen wir uns auf den Weg. Komm.« Sie kam die Treppe hinauf und ging mit Alice, die an ihrer Seite her hüpfte, in das Zimmer ihrer Tochter. Rose sah ihnen sprachlos nach, bevor sie sich selber in Bewegung setzte. Das war absolut nach hinten losgegangen und ihren Ärger konnte sie nur schwer verbergen. So kam es, dass sie in die Ballettschule fuhren und dort Dominique mit ihrer Mutter Fleur trafen. Dominique freute sich sehr über die Unterstützung von Alice und gab ihr bereitwillig Auskunft über alles, was sie bereits beigebracht bekommen hatten. In den braunen Augen von Alice sah Rose eine Begeisterung aufleuchten, die sich ihre Mutter sicher bei ihr wünschte. Zu mehr als einem skeptischen Blick war die kleine Weasley allerdings nicht imstande. Ein mulmiges Gefühl in ihrem Magen behauptete, dass Alice nun sicher öfter mitkommen wollen würde. Hermione setzte sich zu ihrer Tochter auf die Bank, von der sie zusah wie die anderen Mädchen, darunter auch Dominique und Alice, einige Übungen machten – nur so zum Spaß. »Sieh doch, Rose«, begann sie mit einfühlsamer Stimme, »Alice macht es auch schon ganz viel Spaß. Vielleicht melden Hannah und Neville sie auch an. Dann hast du nicht nur deine Cousine, mit der du zusammen lernst.« Vermutlich sollte das ein Aufmunterungsversuch sein. Ein weiterer Versuch ihr das Ballett schmackhaft zu machen. Doch Rose konnte darüber nur frustriert aufstöhnen. »Mummy«, jammerte sie gequält, »ich mach das noch das Jahr zu Ende, aber dann will ich wirklich nicht mehr.« Zögerlich sah sie zu ihrer Mutter auf, die mit den gleichen braunen Augen zu ihr sah. Ihr Blick hatte etwas Resigniertes. »Na gut«, seufzte sie schließlich, »du hast es dann wenigstens versucht. Aber gib die das Jahr wenigstens auch Mühe und sei nicht so bockig.« Grübelnd zog Rose die Augenbrauen zusammen. »Bekomm ich dann einen Besen?«, erkundigte sie sich neugierig. Wenn sie im Anschluss einen Besen geschenkt bekommen würde, dann würde sie sich richtig Mühe mit dem Ballett geben. »Einen Besen?«, wiederholte ihre Mutter nur verwirrt, worauf Rose etwas genauer wurde. »Wenn ich dann nächstes Jahr kein Ballett mehr lerne, will ich das Tante Ginny mir Quidditch beibringt!« Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)